Rockin' Heaven von _Sky_ ================================================================================ Kapitel 15: ------------ 15 Marika sackte in sich zusammen. Ihr ganzer Körper zitterte. Das konnte nicht war sein. Was passierte hier nur? Sie konnte keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen. Das Einzige, was ihr noch im Kopf herumschwirrte, war der Gedanke an ihre Familie, ihrer Mutter. Sie war so voller Sorge, weil es ihrer Tochter in letzter Zeit immer schlecht ging. Aber Marika hatte ihr nichts erzählt. Sie hielt es nicht für wichtig. Ihr Stiefvater, der immer für sie da war aber sich niemals in ihre Angelegenheiten eingemischt hätte. Und ihr Vater. Immer hatte er ihr gesagt, sie solle vorsichtig sein, nicht im Dunkeln draußen herumlaufen, wenn es nicht nötig war. Er hatte sie so oft gewarnt und was war? Sie saß in einem Keller. Gefangen von einem Mörder, der sich an seinem Bruder rächen wollte, ihrem Freund. Aber wieso nur? Chris stand, seid sein Bruder den Raum verlassen hatte, an ein Regal gelehnt und hatte bis zu diesem Zeitpunkt kein Wort von sich gelassen. Marika starrte die ganze Zeit auf den Boden vor ihr. Wie lange sie wohl schon dort waren? Sie schreckte leicht auf, als sich ihr Freund plötzlich neben sie gesetzt hatte. Seinen Arm um sie gelegt, versuchte er sie anscheinend zu beruhigen. Sie sah auf, genau in seine Augen. Nach wenigen Sekunden wendete er seinen Blick ab. Anscheinend konnte er ihr nicht in die Augen sehen. „Was ist hier los, Chris?“, fragte sie heiser. Chris suchte die richtigen Worte. Er wusste nicht, wie er es ihr erklären sollte. „Es ist lange her. Mein Bruder war nicht immer so. Ich kann dir auch nicht sagen, wann er so geworden ist.“ Marika lauschte seinen Worten genau und versuchte jedes einzelne zu verinnerlichen. „Solange ich denken kann, haben wir in dieser Stadt, in diesem Haus gelebt. Wir hatten nie Probleme, ganz im Gegenteil. Wir haben immer ein schönes Familienleben geführt. Bis zu meinem zwölften Geburtstag.“ Er hielt inne und lächelte dann. „Meine Mutter hatte den ganzen Tag in der Küche gestanden und Kuchen gebacken. Im ganzen Haus roch es danach und im Garten und schmückte mein Vater mit mir zusammen für die Feier mit meinem Freunden am Nachmittag. Ich war den ganzen Tag total aufgeregt. Daniel war nicht da. Er war schon früh am Morgen zu seiner Freundin gefahren. Er war schon Monate zuvor immer so komisch gewesen und dass er dann einfach so, ohne mir überhaupt zu gratulieren abgehauen war, passte unseren Eltern natürlich gar nicht. Sie stritten sich zu der Zeit viel und ich stand oft zwischen den Fronten.“ „Das muss schrecklich gewesen sein.“, unterbrach ihn Marika. Er zuckte die Schultern. „Der Tag verlief eigentlich schön. Meine Freunde kamen dann am Nachmittag. Wir hatten viel Spaß. Bis Daniel mit Healy kam. Die Beiden waren schon lange zusammen gewesen und wir verstanden uns super. Unsere Eltern waren mit der ganze Sache überhaupt nicht einverstanden. Healy war erst 15 Jahre und Daniel schon fast 18. Sie stritten sich und es fielen viele böse Worte. Irgendwann rastete Daniel total aus. Schmiss mit einer Blumenvase nach unserer Mutter und verschwand dann wieder mit seiner Freundin. Es schien so, als ob er diesen Abend nicht mehr nach Hause kommen würde. Irgendwann in der Nacht bin ich dann aufgewacht, weil ich nicht richtig atmen konnte. Mir kam ein komischer Geruch in die Nase. Ich bin aufgestanden und öffnete die Tür zum Flur. Alles war voller Rauch. Ich konnte kaum was erkennen. Das Erste, an das ich dachte, waren meine Eltern. Um so mehr ich nach vorne in Richtung Treppe ging, umso heißer wurde es. Meine Augen brannten fürchterlich. Mir wurde klar, wo das Feuer begonnen hatte.“ „Im Schlafzimmer deiner Eltern.“ „Ich versuchte die Tür zu öffnen. Dabei hab ich mir die Hände verbrannt.“ Das erklärte die Handschuhe. „Ich muss dann ohnmächtig geworden sein. Ich weiß nur noch, dass ich im Krankenhaus aufgewacht bin. Die Polizei hat mir dann nur erzählt, dass es Daniel gewesen sei, sie aber den Grund nicht wussten. Ich konnte das nicht glauben. Mein Bruder hätte Vieles gemacht, aber so was. Aber er hatte ja selbst gestanden. Ich wüsste nur gern ,warum er das alles getan hat.“ Marika schossen Tränen in die Augen. Kein Wunder, dass er so verschlossen war. Endlich verstand sie ihn und konnte einschätzen, was wohl in ihm vorging. Ein Klatschen war zu hören. Daniel kam wieder in den Raum. „Wow Chris. Das war so...ich finde gar keine Worte.“ Chris war aufgestanden. „Was soll das Daniel. Sag mir, was dich so krank gemacht hat.“ „Du weißt nichts, kleiner Bruder.“, sagte er völlig missbilligend und betonte zusätzlich die letzten beiden Worte. „Du standest doch immer im Mittelpunkt bei unseren Eltern. Immer nur Chris hier, Chris da. Daniel geh doch mal zur Apotheke und hol deinem Bruder Hustensaft. Daniel lass deinen Bruder in Ruhe, er ist doch kleiner. Bla bla. Egal was ich gemacht hat. Es passte ihnen nicht.“ „Das stimmt nicht.“, widersprach Chris. „Oh doch. Genauso mit Healy. Wir waren glücklich und sie verstanden das nicht. Das passte ihnen nicht ins Bild. Und das ich sie dann noch zu deiner Geburtstagsfeier mitgebracht hab. Das war ja das Letzte.“, schrie er förmlich. „Aber das wollte ich mir nicht länger bieten lassen. Nicht mit mir. Also bin ich in der Nacht ins Schlafzimmer geschlichen und hab das Feuer gelegt. Ihr solltet brennen. Ihr alle. Nur mein kleiner Bruder hatte ja mal wieder unglaubliches Glück. Aber diesmal nicht. Diesmal kannst du mir nicht entkommen.“ Er lachte in einem grausamen Ton. „Und du. Kleine süße Marika. Du musst leider auch sterben.“ „Lass sie in Ruhe. Sie hat damit nichts zu tun.“ „Falsch. Du hast sicher von den beiden gehört, die ich kurz vor meinem Ausbruch erlöst habe?“ „Umgebracht wohl eher.“, widersprach Marika. „Wie auch immer. Sie stehen für unsere Eltern. Du, mein lieber Bruder, lebst ja noch. Für dich brauch ich kein Opfer. Und Sie. Schau sie dir an. Das Gesicht, klar und rein.“ „Was?” Marika verstand kein Wort. Was wollte dieser Verrückte nur von ihr? „Healy. Du siehst ihr verdammt ähnlich.“, erklärte Chris. „Genau.“, stimmte sein Bruder ihm zu. „Ich konnte mir denken, was er vor hatte. Und als ich dich damals das erste Mal sah, war mir sofort klar, dass er dich auswählen würde.“ „Du bist schlau. Ja, ich hab dich lange beobachtet. Jeden Schritt.“ Deswegen war Chris immer in ihrer Nähe gewesen. Er wollte sie vor seinem Bruder beschützen. „Du bist krank.“, war das einzige was Marika dazu noch sagen konnte. Daniel ging auf sie zu. „Ach wirklich? Findest du? Ja, wie Healy. Genau das Gleiche hatte sie damals auch gesagt. Vor Gericht, als sie gegen mich aussagte. Dieses kleine Miststück.“ Er wollte Marika greifen, doch Chris ging dazwischen. In Bruchteilen von Sekunden zog Daniel ein Messer aus der Tasche und rammte es seinem Bruder in den Bauch. „Diesmal richtig.“, flüsterte der Mörder ihm ins Ohr, dann zog er das Messer wieder raus und Chris sackte zu Boden. Sofort rannte Marika zu ihm und hielt ihn fest. „Chris.“ Er spuckte Blut und hielt sich die klaffende Wunde am Bauch. Daniel hatte den Raum in der Zwischenzeit wieder verlassen und die Tür verriegelt. Marika schleppte ihren schwer verletzten Freund zur naheliegenden Wand und lehnte ihn an diese. „Keine Sorge. Wir kommen hier schon raus. Bitte, du musst nur durchhalten.“ „Es tut mir Leid. Ich hätte....von...“ Er hustete stark. „Nicht sprechen.“ Ein starker Geruch kam ihr in die Nase. „Was ist das?“ Sie wand ihren Blick Richtung Tür und sah Rauch durch den Türspalt kommen. „Oh Gott. Der hat das Haus angezündet. Er will uns echt umbringen, Chris.“ Ihr Freund reagierte nicht mehr. Er schien das Bewusstsein verloren zu haben. Marika musste bitterlich weinen. Was war jetzt? Sie würden dort unten ersticken. Sie nahm Chris in den Arm, küsste ihn an der Stirn. Sie wollte nicht sterben und er sollte es auch nicht. Sie konnte keine Hilfe erwarten. Keiner wusste, dass sie dort unten waren. Sie musste sich also selbst was einfallen lassen. Das Erste war erst einmal Chris in die stabile Seitenlage zu legen. Unten war man ja am Besten vor dem Rauch in Sicherheit. Dann die Tür. Sie musste diese irgendwie auf bekommen. Alles ziehen und dagegen schlagen und treten half nicht. Sie suchte in den Regalen irgendetwas, das ihr helfen konnte. Farbeimer, Bretter, Tücher, Werkzeug. Vielleicht damit. Sie nahm verschiedene Dinge aus dem Werkzeugkasten. Nur leider hatte sie keine Ahnung, wie sie diese Gegenstände benutzen sollte. Es half ihr nicht. Dann fiel ihr die Haarnadelmethode ein. Es war ein normales Schloss und sie hatte glücklicherweise gerade an diesem Tag eine Hochsteckfrisur. Alles wegen der Arbeit in der Pizzeria. Sie nahm zwei und stocherte und drehte in dem Schloss hin und her. Sie ging einfach nicht auf. „Los! Geh schon auf, du dummes Teil!“, schrie sie die Tür an und schlug noch einmal mit der Faust dagegen. Ein leises Klacken war zu hören und die Tür ließ sich öffnen. „Danke!“ Sie drehte sich noch einmal zu ihrem Freund. Er lag immer noch an der selben Stelle. Um so höher sie hinauf stieg, umso schlimmer wurde das Kratzen im Hals. Sie musste unaufhörlich husten und ihre Augen brannten fürchterlich, so, dass sie kaum etwas erkannte. Endlich oben angekommen, konnte sie nur um Haaresbreite einem fallenden Treppenteil ausweichen. Der gesamte obere Teil des Hauses brannte und so war das Erdgeschoss völlig verraucht. Das Feuer breitete sich nun langsam auch im unteren Teil der Treppe aus. Sie musste sich beeilen. Sie drehte sich Richtung Ausgang. Dort stand er. Der Tod in Person. Daniel starrte sie mit irrem Blick an und hob die Hand mit dem Messer. Langsam näherte er sich. Marika war starr vor Angst. Sie merkte wie wieder ein Hustenanfall langsam ihre Kehle hinauf rann. Gleich würde sie schrecklich Husten müssen und dann würde er ohne Skrupel auf sie einstechen. Er holte aus, bereit zuzuschlagen und diesem Moment fiel ein Stück von der Decke hinunter. Marika nutzte die Chance und rannte ins Wohnzimmer. Sie müsse nur auf die andere Seite und dann wäre sie schon draußen. Dann fiel ihr das Foto wieder ein. Sie konnte und wollte es nicht hier drinnen verbrennen lassen. Sie lief zu der Stelle, wo das Bild an der Wand hing. Sie nahm es ab und sah noch einmal kurz nach, ob es noch in Ordnung war. Dann merkte sie seine Gegenwart. Als sie sich zum einzigen Ausgang drehte, stand er vor ihr, versperrte ihr den Weg. „Was nun?“, krächzte er. Der Rauch hatte auch ihm schon schwer zugesetzt. Aber er war schon so psychisch labil, dass er es gar nicht mehr registrierte. „Du kannst ihn nicht retten und dich auch nicht! Ihr werdet hier drin verrecken!“ Sie schüttelte, mit dem Arm vor dem Gesicht, den Kopf. Sie durfte nicht mehr so viel von dem Rauch einatmen. Links von ihr erkannte sie lodernde Flammen. Sie müssen so schnell es ging hier raus und Hilfe holen, sonst würde Chris hier wirklich nicht mehr lebendig rauskommen. Irgendwie musste sie an ihm vorbei kommen. Der einzige Weg war, ihn zu überrumpeln. Sie musste ihn k.o. schlagen und dann hätte sie freie Bahn. Leichter gesagt, als getan. Sie hatte schließlich einen völlig durchgeknallten Kerl vor sich, der sie abstechen wollte. Ihre Augen brannten immer noch wie Feuer und sie musste sich zwingen, sie offen zu halten. Ihm schien das alles nicht zu beeindrucken. Es störte ihn in nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil. Er starrte sie unentwegt an, um nicht einen ihrer Schritte zu verpassen. Sie fasste Mut und ging langsam Richtung Sofa, das sich rechts von ihr befand. Er lächelte schelmisch. Anscheinend wartete er nur auf den richtigen Augenblick. Marika war gerade am Tisch angekommen, da kam er schnellen Schrittes auf sie zu. Ihr Herz blieb in diesem Moment stehen und sie packte nur das Tablett, das hinter ihr auf dem Tisch stand und schlug es ihm mit voller Kraft gegen den Kopf. Er fiel zu Boden und ließ das Messer fallen. Ihr Chance! Aber er reagierte schneller und hielt ihr Bein fest, so dass sie stürzte. Das Foto rutschte quer durchs Wohnzimmer in den Flur. Er richtete sich auf. Was nun? Sie sah panisch hin und her. Das Messer lag direkt vor ihr. Bevor er sie packen und hochziehen konnte, griff sie zu diesem. Er hatte sie an den Schultern gepackt. „Was ist los Marika? Hast du Angst?“, fragte er größenwahnsinnig und schuppte sie mit voller Kraft an die Wand. Schmerzen zogen sich ihren ganzen Körper entlang, aber sie musste durchhalten, für sich und für Chris. Sie konnte es schaffen, nur nicht aufgeben. Das hätte sie sonst auch nicht getan. Einen kurzen Moment war ihr schwarz vor Augen geworden. ‚Reiß dich zusammen Marika!’, befahl sie sich. Ihr Sehvermögen kam zurück und schon hatte er sie wieder gepackt und schlug sie immer wieder mit dem Rücken an die Wand. Marika versuchte sich loszureißen, schaffte es aber nicht. Ihre Kraft hatte sie verlassen. Er stieß sie zur Seite, so dass sie wieder zu Boden fiel. In diesem Moment setzte ihr Gehirn völlig aus. Sie sah ihn nur auf sie zukommen und im nächsten Moment hatte er das Messer in der Brust. Sie hatte einfach ausgeholt und es ihm reingerammt. Sein Blick wurde leer und das Blut lief ihm aus dem Mund. Dann sackte er in sich zusammen und blieb regungslos auf dem Boden liegen. Marika brauchte einige Minuten, um sich wieder zu sammeln und zu registrieren, was eigentlich los war. Sie musste raus, Hilfe holen. Der Rauch war dicker geworden, das Feuer größer. Sie tastete sich in den Flur und ließ sich schwer hustend auf den Boden fallen. ‚Nur noch ein kleines Stück. Du hast es gleich geschafft!’, machte sie sich Mut. Sie krabbelte vorsichtig unter dem Rauch lang und entdeckte so auch das Bild, was ihr zuvor runter gefallen war. Sie schnappte es und robbte dann bis zur Eingangstür. Sie zog sich mit voller Kraft am Griff hinauf. Ihre Beine fühlten sich an wie Gummi und der Husten wurde auch nicht besser. Mit einem Ruck öffnete sie die Tür und fiel nach draußen. Die frische Luft war Balsam. Langsam konnte sie auch wieder besser sehen. Sie versuchte sich nach oben zu drücken. Alles war nur noch wie in einem Traum. Es kam ihr nicht mehr wie die Realität vor. Eine komische Gestalt half ihr nach oben. Er sah auch wie eine riesige rote Ameise. Er hob sie hoch und trug sie vom Haus weg. Er setzte sie erst wieder an einem Krankenwagen ab. Jetzt realisierte sie, was das für eine Person war. Ein Feuerwehrmann. Sofort redete ein Arzt auf sie ein. Sie verstand kein Wort. Es war ihr auch egal, was der quatschte. Sie mussten ihren Freund retten, aber sie konnte nicht sprechen. Sie versuchte es ein paar Mal aber es kam einfach kein Ton heraus. „Marika!“ Eine vertraute Stimme. Ihr Vater schloss sie in den Arm und gab ihr eine Flasche Wasser. „Trink! Dann geht’s dir wieder besser.“ Sie konnte gar nicht mehr aufhören. Das kalte Nass löschte im wahrsten Sinne den Brand in ihrem Hals. Es schmerzte leicht und sie merkte wie ihre Stimme wiederkehrte. Sie musste wieder husten. „Ganz ruhig. Es alles okay.“ Sie schüttelte den Kopf. „Chris..“, kam nur ganz leise und verkrüppelt aus ihrem Mund. „Er ist da noch drin...Du...du musst ihn da...raus holen.“ Er lauschte aufmerksam. „Wo?“ „Keller...“ Wieder ein starker Hustenanfall. Ihr Vater nickte und rannte zu einem der Feuerwehrmänner. Marika wurde schwindelig und schlecht. Das Sitzen viel ihr sichtlich schwer. Liegen. Das war schön. Sie starrte in den Himmel. Im nächsten Moment war auch schon alles schwarz Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)