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Skarrokkai

Überarbeitung einer älteren Story
von

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Vorwort des Autors

Einige Hinweise Vorweg:

-Diese Geschichte sollte, wenn alles gut läuft, in den nächsten drei Monaten fertig sein.

-Wenn sich ein Beta-Leser freiwillig meldet, wird es zwar länger dauern, dafür kann ich aber ein ansprechenderes Schriftbild präsentieren (Korrekte Groß/ Kleinschreibung ist meinem 10-Finger-Schreiben zum Opfer gefallen und ich bekomms auf den Tod nicht hin, es mir selbst wieder so anzutrainieren, dass ich auch wirklich nurnoch Substantive groß schreib...)
 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und viel Spaß beim Lesen...

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Seid gegrüßt, geschätzter Leser. Bestimmt steht Ihr in einem der vielen Gänge der Großen Bibliothek, umgeben von dem schweren Duft gealterten Papiers. Und Ihr fragt euch, ob dieses dünne, schlecht gebundene Buch die Mühe, es ernsthaft zu Lesen, überhaupt Wert ist. Nun denn, Ich erkläre Euch gern, was es mit diesem Bündel alten Pergaments auf sich hat.

In Euren Händen haltet ihr einen Blick in die Vergangenheit unserer Welt, Skarrokkai. Und damit ist keinesfalls jene Vergangenheit gemeint, die ihr auf eigene Faust in den Fluten des Flusses der Zeit erkunden könnt.

Dieses Werk erzählt von Dingen, die selbst in fernster Vergangenheit schon Legenden waren. Wenn sie nicht im Sand des Sees der Mythen versickert ist, hat sie sich längst in den Weiten des Ozeans verloren.

Lest Ihr dieses Buch, taucht Ihr in eine Zeit ein, in der Wolken noch Paläste trugen, in der „ewig“ nur einen Wimpernschlag andauerte und die menschliche Existenz eine unerhörte Neuheit war.

Ihr mögt über das Fallen der Göttertränen schon vieles Gehört haben, doch all das ist nur ein kurzes Märchen. Eine Geschichte, die mit den klassischen Worten „Vor langer langer Zeit...“ eingeleitet wird und deren Wahrhaftigkeit sich in den trüben Untiefen der Legenden verläuft.

Doch dieses dünne Buch kann Euch genau diese Geschichte erzählen, wenn Ihr denn geneigt seid, es zu lesen. Ihr werdet über Dinge lesen, an die sogar die Zeit selbst sich nicht mehr zu erinnern vermag. Und verfasst vom ältesten Magier der Geschichte.
 

Und nun, wenn ihr so gütig wäret, setzt euch an einen der vielen Tische der Großen Bibliothek und blättert zur nächsten Seite.
 


 

Irdial, Historiker und Bibliothekar der Großen Bibliothek.

Das Dorf der Regenmacher

Weit östlich des Skarrokkai lag ein kleines Dorf. Nur zehn Hütten, im Kreis angeordnet, bewohnt von zehn Familien. Nunja, damals empfand man diese Grösse nicht als „klein“. Immerhin lebten gut fünfzig Menschen in dem Dorf- in heutigen Verhältnissen entspräche das einer kleinen Stadt.

Um die Hütten herum erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen eine karge Savanne. Nur in direkter Nähe zu dem Dorf fand sich fruchtbarer Boden- halb bevölkert von Antilopenhaften Nutztieren, halb zum Ackerbau genutzt. Die Menschen hatten Wasser mit sich in die Östliche Steppe gebracht. Ihre Magie rief Regen, der hier sonst so selten war, herbei. Und wo die Sonne sonst das Land so sehr austrocknete, dass sogar der Boden aufbrach, spendete sie hier Leben.
 

Auf einem der drei brachliegenden Felder, dass das Dorf umgab, saß ein junger Knabe im Schneidersitz. Er starrte in den viel zu blauen Himmel und versuchte sich an all die Dinge zu erinnern, die er für die Magie, die von ihm verlangt wurde, beachten musste.

„Stell dir einen einzelnen Regentropfen vor, der herunter fällt.“, murmelte der Knabe und warf frustriert einen Kiesel vor sich aufs Feld.

„Konzentriere dich und lass dich nicht von der Hitze beeindrucken“ Wieder ein Kiesel.

„Erinnere dich an das prasseln des Regens auf die Felder.“ Eine Wolke Staub wirbelte auf, als sich der Knabe schwunghaft aufrichtete. „Das ist doch alles Sinnlos!“, brüllte er frustriert. Einige Tritte in den Staub mehr machten seiner Wut auf sich selbst und auf die Sinnlosigkeit seiner Bemühungen Luft. Bald würde es an der Zeit sein, das Regenmachen für Heute aufzugeben. Er sah sich nach dem Dorf um- und tatsächlich war sein Vater schon auf dem Weg zu ihm.

„Zenaro, sei nicht so aufgebracht. Alle im Dorf wissen, dass du das Talent zum Regenmacher besitzt. Und viele aus meiner Generation haben Monate gebraucht, bis sie Erfolg hatten.“, der Vater hatte den Knaben, Zenaro, erreicht und nahm ihn tröstend in den Arm.

„Ich weiss, dass es schwer ist. Regen hervorzubringen, wenn dir die Sonne auf die Haut brennt. Aber ich will, dass du mein Nachfolger wirst. Und bevor du übst, Feuer zu beschwören, musst du beweisen, dass du, wenn du es nicht schaffen solltest, trotzdem schon nützlich fürs Dorf bist.“

„Warum denn? Ich bin sicher, dass ich viel schneller ein Feuer zum brennen bekomme, als einen Regentropfen auf die Erde fallen zu lassen!“, jammerte Zerano. Sein Vater würdigte die Beschwerden seines Sohnes keiner Antwort und führte ihn zurück ins Dorf.

„Dass du der erste deiner Generation bist, der die Regenprüfung ablegt, sollte dich doch beruhigen. Keiner deiner Freunde wird für fähig genug gehalten, diesen Zauber überhaupt zu probieren. Und du hast doch erst zwei Wochen für diese Magie geopfert. Bevor du dichs versiehst wird es Regnen. Und dann darf ich dich endlich als meinen Lehrling annehmen.“

„Dann verrate mir wenigstens, wie es sich anfühlt, dem Regen näher zu kommen!“, verlangte Zenaro frustriert.

„Wenn du anfängst, dir die ersten Tröpfchen eines Schauers einzubilden, bist du kurz vor deinem Ziel.“, sagte der Vater mit einem Zwinkern.

Im Dorf wurde Zenaro schon von seinen Freunden erwartet. Er löste sich von der Seite seines Vaters und rannte ihnen entgegen. „Sag nicht, dass immer noch nichts passiert ist!“, sagte Iriel, das jüngste Mädchen im Dorf. „Wenn DU schon so lange brauchst, dann schaffen wir das doch nie!“

„Ach das verlangt doch auch gar keiner. Und vergiss nicht- Magie ist für jeden verschieden schwer. Nur weil unser Angeber von den Alten als erster für würdig gehalten wird, heisst das nicht, dass er den Zauber am schnellsten hinbekommt.“, munterte Alerat sie auf.

Alerat sah Zenaro einen Moment abschätzend an. „Scheinst ja ziemlich kaputt vom Nichts tun zu sein... Hast du wenigstens noch einen kleinen Funken Magie in dir?“

Noch bevor sich Zenaros Verwirrung auf seinem Gesicht ausbreiten konnte, holte Alerat mit seiner Hand aus und lies sie schnell herab schnellen. Mit der Bewegung kam ein heftiger Windstoss auf, der Zenaro von den Füssen fegte.

„Also wirklich, du willst es regnen lassen und du widerstehst nicht einmal einem kleinen Windhauch? Da habe ich dich ja ganz schnell überholt!“, lachte Alerat. Ein paar Kinder waren zu Zenaro geeilt, um ihm wieder auf zu helfen.

Dieser sah Alerat mit einem grimmigen Lächeln entgegen. „Du weisst ja, was jetzt kommt.“, sagte er, hob seine Hand und Schickte alle Kinder, die auf seiner Seite des baldigen Kampffeldes waren, in die Schlacht gegen all die Unglücklichen, die um Alerat herum standen.

Zenaros Vater war derweil in seine Hütte zurückgekehrt und hörte nur sehr entfernt das freudige Schreien der Kinder und das Heulen der Windmagie, die sie entfesselten.

„Er hat noch immer keine Fortschritte gemacht, Herano?“, fragte eine Stimme hinter ihm. „Mein Sohn gibt sein bestes. Und es ist nicht so, dass es in meiner Generation viele Leute gegeben hätte, die den Regen schon nach drei Wochen hätten beschwören können.“, sagte Herano und drehte sich zu Sartha um.

Die Dorfälteste sah Herano unergründlich an. „Rede dir die Situation nicht schön. Meine Eltern hatten es schon als spät empfunden, als die Kinder die Magie des Regens erst nach dem Verlust all ihrer Milchzähne beherrscht hatten.

Und nicht nur das Regenmachen! Bei einigen der Kinder- Muniels junge Tochter zum Beispiel- Scheint nicht einmal das Talent zum Zaubern vorhanden zu sein... Herano. Dein Sohn hat von all diesen Kindern noch das meiste Talent. Aber wenn selbst er sich so schwer tut, dann können wir nicht zulassen, dass er dein Nachfolger wird.“, die Älteste trat an Herano heran und legte ihm voller Mitleid die Hand auf die Schulter. Dieser sah traurig in ihr faltiges Gesicht.

„Aber er strengt sich doch nur deswegen so an, damit er einmal meine Kunst übernehmen kann!“, sagte Herano verzweifelt. Doch Sartha schüttelte voller Mitleid den Kopf.

„Du weisst genau so gut wie ich, dass von den Kindern im Dorf höchstens fünf den Zauber meistern können. Und selbst wenn sie ihn dann beherrschen wird er ihnen schwerer fallen als uns Alten.“, flüsterte sie mit zitternder Stimme.

Herano nickte widerstrebend. Er sah sich um. Sie beide standen im Eingangsbereich. Hier ging Herano auch seiner Arbeit nach. Ein Amboss stand nahe des Eingangs. Und kaum zwei schritte vom Amboss entfernt nahm der Hochofen und ein kleiner Berg Kohle einen Großteil des Raumes ein. An der Wand beim Amboss hingen schwere Hammer und Zangen. Mit gebrochener Stimme sagte Herano nach einer Weile: „Bis die anderen ihn eingeholt haben... bis einer derjenigen, die sowieso nicht genug Magie in sich tragen groß genug ist, um mein Lehrling zu werden... darf ich ihn so lange unterrichten?“

Sartha seufzte schwer. „Das kann doch nicht dein Ernst sein. Herano. Der Junge wird es bestimmt besser verkraften, wenn du ihm nicht zuerst seinen Traum leben lässt, nur ihn ihm dann wieder wegzunehmen. Hälst du das nicht für grausam?“

„Grausamer als ihn jeden Tag dort draussen anzulügen, bis er den Regen fallen lassen kann?! Er erträgt die Hitze und die Frustration, weil er denkt, er könne danach Schmied werden! Seit er stehen kann beobachtet er mich mit leuchtenden Augen, wann immer ich den Hammer fallen lasse! Wie kann ich Zenaro einfach die Früchte seiner Arbeit, wie kümmerlich sie auch sein mögen, einfach verwehren?!“, schrie Herano und Tränen standen ihm in den Augen.

„Dank der Kimuran hat er seine Mutter nie kennengelernt! Er hatte nie ein Auge für die Arbeit auf dem Feld- wie denn auch, wenn die Person, die ihm das Sprechen beigebracht hat, nie dort war? Und ich habe es in seinen Augen gesehen! Nicht in meiner Generation noch in der zwischen mir und Zenaro hatte einer dieses Funkeln! Er spürt das Leben, das im Feuer wohnt! Er ist wohl der Einzige im Dorf, der meine Tradition wirklich fortführen kann! Zerano ist mein Sohn! Und er soll- wenn auch nur für einen Tag- seinen Traum haben dürfen!“, Herano trat in die Kohlen neben dem Ofen und wirbelte schwarzen Staub auf, dann sackte er zusammen und lies einige unterdrückte Schluchtzer aus seiner Kehle.

Sartha legte ihm bedächtig eine Hand auf die Schulter. „Die Kimuran werden innerhalb des nächsten Mondwechsels wiederkehren. Das haben sie stets getan. Wenn Zerano es schafft, vor ihrer Ankunft Regen zu erzeugen, darf er den Rest der Zeit bei dir lernen. Doch ganz gleich, wann genau uns dieser Angriff trifft, danach wirst du dich seinen Pflichten nicht länger in den Weg stellen. Lass ihn seinen Traum leben, wenn er denn so wichtig ist. Aber dann ertrage auch, ihn ihm wieder zu nehmen. Das ist dann ebenfalls deine Aufgabe. Bedenke das.“

Damit verließ sie Herano, welcher sich mühsam wieder aufrichtete und mit belegter Stimme „Danke“ sagte. Ob es die Ohren der Ältesten erreicht hatte, konnte er nicht sagen. Er wischte mit seinem Ärmel übers Gesicht, atmete tief durch und holte einige Brocken Erz aus seiner Vorratskiste. Er brauchte Ablenkung. Und es würde wohl nichts schaden, wenn die Kimuran gegen ein weiteres Schwert antreten würden...
 

Als sich Zerano am nächsten Morgen mit gequältem Gesichtsausdruck auf den Weg zu seinem brach liegenden Feld machte, hielt sein Vater ihn zurück. „Wann hast du das letzte mal gebadet?“

„Kurz bevor ich mit dem Regenmachen angefangen habe. Ist es denn schon wieder soweit?“, fragte Zenaro ein wenig ängstlich.

„Bist du immer noch Wasserscheu? Giess dir wenigstens einen Kübel Wasser über den Kopf. Du stinkst als würdest du deine Tage mit dem Vieh verbringen!“ Er drückte Zenaro in die Richtung des Kübels. Er wandte sich dem Schwertstahl zu. Doch erst als er hörte, wie das kostbare Nass auf den Boden plätscherte und sein Sohn sich von ihm Verabschiedete, konnte er sich wirklich auf das Metall konzentrieren.

Es würde einen Nachmittag vergehen müssen, bis er den Kübel wieder mit Wasser gefüllt hatte. Von dieser Verschwendung bekamen die anderen Bewohner hoffentlich nicht viel mit. Doch vielleicht war das Gefühl der Nässe von Nutzen, um Zenaro in die richtige Richtung zu leiten. Und jeder Tag zählte.
 

Am ende des Tages aber hatte sich noch immer keine Regenwolke über Zenaros Acker gebildet. Herano wusste nicht, ob er nicht einfach bloss ein Narr gewesen war, als er seine Hoffnungen in diesen töricht simplen Hinweis gesteckt hatte.

Er hatte erwartet, Zenaro so niedergeschlagen wie gewohnt zu sehen. Doch zu seiner Überraschung war sein Sohn äußerst gut gelaunt.

„Heute habe ich schon den Duft von frisch gefallenem Regen in der Nase gehabt!“, freute sich der Kleine, während er mit ungewohntem Schwung neben Herano zurück ins Dorf lief.

„Wunderbar! Ich sage dir: Keine Woche wird vergehen, dann hast du den ersten Schauer geschafft!“, es fiel Herano sehr schwer die Erleichterung aus seiner Stimme zu vertreiben. Wenn er Zenaro jetzt schon sagte, dass mit jedem verstreichenden Tag sein Traum etwas kürzer würde, wäre das der Tod seines Fortschrittes.
 

Zerano sah zu seinem Vater auf, kurz bevor sie das Dorf erreichten. „Hast du mir mit absicht befohlen, mich heute früh zu waschen?“, fragte er ein wenig anklagend.

„Du weisst, dass du mir nicht mehr Hilfe geben darfst! Sonst werde ich am Ende noch von den anderen damit aufgezogen, dass ichs ohne dich nie gelernt hätte!“, erklärte er seinem Vater hochnäsig. „Und wenn mich Alerat mein Leben lang damit aufziehen würde, da könnte ich noch so gut schmieden- das würde ich nicht ertragen!“

„Du hast einfach nur gestunken. Aber wenn es dir wirklich geholfen hat, legst du vielleicht deine Wasserscheu ab.“, sagte Herano und zerzauste ihm das Haar.

Wie es bereits Gewohnheit war, warteten schon Zenaros Freunde am Rande des Dorfes auf ihn. Sofort löste sich der Junge von seinem Vater. „Da bist du ja endlich! Die alte Sartha erzählt wieder aus der alten Zeit! Komm endlich!“ „Beeil dich du Schlafmütze!“

Zerano rannte zu seinen Freunden und rief ihnen keuchend entgegen: „Dann lauft doch schonmal vor! Ich hole euch sowieso ein...“

„Das wünschst du dir!“, brüllte Alerat und rannte, dicht gefolgt von den anderen Kindern, zur großen Feuerstelle im Zentrum des Dorfes.

Über Kisten und Säcke hinweg, unter Leitern hindurch und an fluchenden Erwachsenen vorbei ging die Jagd. Die kleineren Kinder konnte Zenaro zwar einholen, doch als er mit dem rechten Fuß an einer Kistenkante hängen blieb, ging er hart zu Boden.

Ein wenig humpelnd erreichte er als letzter das bereits flackernde Feuer inmitten des Dorfes.
 

„... Folemas setzte die Kraft seiner ewigen Flamme in den Kern der Welt und half Solas beim Formen des Mondes. Doch als Solas den Mond über den Himmel zog, erlosch er nach nur einem Monat. Deshalb schuf er erneut eine Himmelskugel. Doch diese Kugel machte er viel kleiner und ließ sie von Folemas mit viel heißeren Flammen füllen. Dann schloss er einen Packt mit Folemas: Dieser sollte beide Himmelskugeln- die Sonne und den Mond immer dann erneut entfachen, wenn sie zu erlöschen drohten. Dafür band Solas das Licht auf alle Ewigkeit an die Hitze.“, Sarthas Stimme schwang in einem Monotonen Sprechgesang durch die Stille der hereinbrechenden Nacht. Zerano, wie alle anderen Kinder, saß bei der Dorfältesten und lauschte gespannt den Erzählungen aus der Zeit der Götter.

„Aus diesem Grund bringt uns Feuer auch Licht. Und der große Mond erlischt so langam, dass selbst wir sehen, wie sich das Feuer langsam aus ihm heraus stiehlt. Und da der Mond so groß ist, kann Folemas ihn auch nur langsam mit den kalten Flammen befüllen.

Bis Sonne und Mond ihren gewohnten Lauf aufgenommen hatten, hatte Wetaas über die Welt geherrscht. Er hatte den ganzen Himmel mit Regenwolken bedeck. Weder in den alten Höhlen, noch in unserer heissen Wüste war etwas anderes als Wasser zugegen. Selbst der Skarrokkai soll in jener Zeit dem Regen ausgesetzt gewesen sein. Doch als Solas und Folemas ihre Arbeit an Sonne und Mond beendet hatten und beide Kugeln über den magischen Wolken von Wetaas aufhängten, da war es um den Regen geschehen.

Aus diesem Grund hegt Weraas einen Groll sowohl gegen Solas als auch Folemas. Deswegen löscht alles Wasser Feuer. Und Regen verdeckt stets Mond und Sonne.“

„Aber Sarthas! Warum kommt dann aus dem Regen manchmal ein Blitz hervor?“, fragte Iriel. Sorfort ging ein zischendes „Psst“ durch die Reihen der Kinder. Iriel war erst fünf Jahre alt und hatte noch nicht vielen Erzählungen lauschen dürfen. Sie wusste nicht, dass Sarthas zwar normalerweise sehr freundlich war, bei Unterbrechungen allerdings sehr ungehalten reagierte.

„Iriel! Ich erzähle diese Geschichten seit fast zehn Sommern. Glaubst du nicht, dass ich schon alle Fragen gehört habe? Denkst du, dass ausgerechnet du jetzt etwas bemerkst, dass meine Geschichten nicht erklären könnten?! Ich erzähle euch keine Märchen, meine Kleine! Dies sind alte Wahrheiten und natürlich erklären sie auch Blitz und Donner!“ Srathas aufgebrachte Stimme war für sich allein genommen nicht sonderlich einschüchternd. Doch der Unterschied zu ihrer monotonen Stimme beim Erzählen war so groß, dass es den Kindern fast wie ein kreischender Schrei der Wut vorkam. Mitleidig sah Zenaro zu Iriel hinüber, der die Tränen in den Augen standen. Alerat, der direkt neben ihr saß, nahm sie tröstend in den Arm.

„Nun denn.“, sagte Sarthas und fand sich schnell wieder in ihren Erzählerischen Singsang, „Wenn Wetaas den Versuch unternimmt, den Mond oder die Sonne einen ganzen Tag lang durch seinen Regen zu verdecken, werden Folemas und Solas wütend und entfachen einen großen Scheiterhaufen über dem Regen. Seine Flammen schlagen manchmal so hoch, dass sie selbst durch den stärksten Regen schlagen können. Wertaas Regenwolken sind so weit ausgebreitet, dass er diesen Schlag nicht sofort bemerkt, und so dauert es manchmal eine Weile, bis sein Schmerzensschrei ertönt. Diesen Schrei kennen wir als Donner.

Doch wissen Folemas und Solas wohl, dass die Flammen des großen Scheiterhaufens die Erde verbrennen würde, sobald sie den Regen besiegt haben. Deshalb löschen sie ihn stets, bevor Wetaas sich ganz geschlagen gibt und den Regen auflöst.“, Sarthas bedachte Iriel mit einem fragenden Blick. „Ich hoffe, deine Fragen sind jetzt beantwortet, Kind.“ Als Iriel zögerlich nickte, lächelte Sarthas kurz. „Gut. Und merke dir für die Zukunft: die alten Geschichten beantworten alle Fragen, wenn du ihnen nur geduldig lauschst.“ Als Iriel ein weiteres Mal nickte, breitete sich ein freundliches Lächeln auf Sarthas Gesicht aus. „Sehr gut.“

Die Älteste klatschte in die Hände und richtete sich auf. „Nun denn, meine Lieben. Das ist genug für diesen Abend. Ihr habt Morgen wieder viel zu tun, also lauft schnell zu euren Familien und Esst euch satt!“
 

Bevor sich Zenaro auf den Weg zu seinem Vater machte, lief er erst zu Iriel und Alerat. Das kleine Mädchen war noch immer den Tränen nahe und so beschlossen die beiden Jungen, sie gemeinsam zur Hütte ihrer Familie zu begleiten. Als Alerat bemerkte, dass Zenaro noch immer hinkte, verfiel auch er in einen humpelnden Gang.

Zuerst bemerkte Iriel davon nichts, doch als sie die beiden Jungen aufeinmal hinter sich gelassen hatte und sich nach ihnen umsah, begannen beide mit zitternder Stimme über den Fluch des Alters zu reden, wie es die älteren Dorfbewohner gern taten.

Es hatte die gewünschte Wirkung- bald zog auch Iriel ein gespielt lahmes Bein hinter sich her und beschwerte sich lautstark, dass sie gern wieder Jung wäre und erneut durch die Felder hüpfen wollte.

Erst als sie das kleine Mädchen mit ihren Eltern allein gelassen hatten, wandte sich Alerat an Zenaro: „Du solltest Sartha wegen deines Beines besuchen. Was ist dir denn passiert, dass du so schlimm humpelst?“

Zenaro verzog das Gesicht und machte eine wage Geste in Richtung Dorfzentrum. „Ich bin dort hinten gestürzt. Es wird nichts ernstes sein- bestimmt werde ich in zwei Tagen nichts mehr spüren.“

Alerat legte Zenaro eine Hand auf die Schulter und sah in streng an. „Du weisst, dass die Kimuran bald angreifen werden. Versprich mir, dass du Sartha einen Blick darauf werfen lassen wirst. Iriel trauert manchmal immer noch, dass sie ihn nie kennengelernt hat. Du wirst diesmal auch bei der Verteidigung vor den Kimuran helfen. Und wir alle wollen dich auch wieder zurückkehren sehen.“

Zenaro sah seinen Freund einen Moment lang in die Augen, dann nickte er und sagte: „Morgen Abend werde ich zu der Alten gehen. Keine Sorge.“

Dann wandte er sich um und humpelte so schnell wie möglich zur Schmiede zurück. Sein Vater würde schon warten. Über die Schulter rief er Alerat noch einen Gutenachtgruß zu, dann verschwand er hinter einer der anderen Hütten.
 

Am nächsten Tag saß Zenaro wieder auf seinem Feld und starrte in den verhöhnend blauen Himmel. Er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und schloss die Augen.

Er stellte sich den Himmel vor, so blau und Wolkenfrei wie er ihn eben noch gesehen hatte. Langsam, fast unmerklich, sammelte sich Hochnebel zu Wolken. Sie wurden grösser und dunkler, ballten sich vor der Sonne zusammen und nahmen ihr langsam ihren schein.

Zenaro stellte sich vor, er sitze nun in der angenehmen Kühle des Wolkenschattens und spürte sogar eine leichte Gänsehaut vor Kälte über seinen Rücken kriechen.

Immer dunkler ließ er die Wolken ins einem Geist werden. Er lies einen kühlen, verheißungsvollen Wind über das Land wehen. Ein erstes platschen. Dann ein zweiter Tropfen. Ein dritter wurde vom Wind in sein Gesicht getragen.

Zenaro wischte über die Stelle, auf der sich in seiner Phantasie der Tropfen gesammelt hatte. Er hielt inne. Dort war wirklich ein Tropfen! Überrascht und aufgeregt öffnete Zerano die Augen. Sein Blick wanderte von der nassen Fingerkuppe zum Himmel.

Die dunklen Wolken seiner Phantasie hatten sich tatsächlich auch in der Realität gesammelt! Mit klopfendem Herz schloss er wieder die Augen. „Regne!“, murmelte er „Regne! Regne! RegneRegneRegne!“

Ein Blitz zuckte zu Boden, begleitet von sofortigem Donner. Und von einem Moment zum anderen war Zerano völlig durchnässt. Er stieß einen jubelnden Schrei aus. Er hüpfte auf und ab, das Schmerzen in seinem Knie kaum noch registrierend. Gestern hatte er es sich nur eingebildet. Heute war es Wirklichkeit! Abertausend Regentropfen prasselten auf seine Haut ein und tränkten das Feld mit kühlem Wasser.

Schon waren die ersten Dorfbewohner von den anderen Feldern bei ihm. Sie umarmten ihn, ließen ihn hochleben. Bald hatte sich das ganze Dorf um ihn geschart und von allen Seiten kamen Glückwünsche. Doch erst als sein Vater ihm voller Stolz auf die Schulter klopfte und sagte „Du hast es geschafft, mein Sohn“ wusste er, dass er nie wieder auf diesem Feld sitzen würde. Glücklich ließ er sich von seinen Freunden auf den Schultern zurück ins Dorf tragen.
 

Herano und Sartha blieben ein wenig zurück. „Er hat diese Magie schneller gemeistert, als ich es erwartet hatte. Hast du ihm geholfen?“, fragte Sartha bedächtig und blickte abschätzend zu Herano hinüber.

„Nicht so sehr, dass er damit solche Fortschritte hätte machen können. Als ich die Wolken am Himmel gesehen habe, hätte ich das noch mit meinen Hilfestellungen erklären können. Doch schon lange nicht mehr haben die Kinder den Regen am selben Tag beschworen, an dem sie das erste mal die Wolken hervorgebracht haben.“

Sartha nickte nachdenklich. „Vielleicht sind doch mehr Kinder zum Regenmachen in der Lage, als ich dachte. Es könnte sein, dass in ihnen eine neue Art der Magie heranwächst... Schließlich ist das hier“, sie deutete in den Himmel, aus dem hin und wieder neue Blitze schlugen, „Kein einfacher Regenschauer mehr. Er hat sofort ein Gewitter beschworen.“

„Schön, wenn er dich beeindruckt hat.“, sagte Herano. „Ich freue mich derweil einfach nur darauf, ihn als Schmied in die Lehre zu nehmen...“
 

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Das nächste Kapitel sollte in etwa einer Woche folgen.



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