Kill von Natsuki13 ================================================================================ Kapitel 8: Wo ist Zero? ----------------------- Wo ist Zero? Der Mann in der schwarzen Maske unterdrückte einen Fluch. Es reichte schon, dass das Zielobjekt entwischt war, in einer Wohnung verschwunden war. Aber nein, es musste auch unbedingt IHRE Wohnung sein! Sein Chef würde ihm das Fehl über die Ohren ziehen, da musste er nicht einmal zu einer WahrsageYumi gehen, um dies zu wissen. Nach einigem Überlegen zog der Unbekannte die Maske runter und stopfte diese in seine hintere Hosentasche. Dann ging er entschlossen zur besagten Tür und läutete ein Mal. Kurze Zeit später erschien eine junge, schöne Frau vor ihm und sah ihn fragend an. "Ja? Was wollen Sie?", fragte sie mit einer weichen, melodischen Stimme. "Nun ja, wissen Sie, hier gab es eine Schlägerei, die fast zu einer Schiesserei wurde, und einer meiner Kumpels wurde dabei verletzt.", log der Unbekannte ohne mit der Wimper zu zucken. "Man hat mir gesagt, dass einer der Schläger hierher geflohen sei. Ich habe vor, diesen Typen der Polizei zu übergeben. Haben Sie hier nichts gehört, was auf eine laufende Person hindeuten könnte?" Die junge Frau hob ihren Kopf und sah ihn mit ihren braunen Augen an. Er musste schlucken. Dieser Blick zwang ihn dazu, von Innen zu verbrennen. "Tut mir leid." Ihre Stimme hingegen klang immer noch belegt. "Aber ich habe niemanden gesehen." Der Mann lächelte künstlich, in der Hoffnung, die Frau würde es als echt abkaufen. "Na dann, nichts für Ungut. Vielen Dank für die Auskunft und haben Sie noch einen schönen Tag." "Ihnen auch einen schönen Tag und viel Glück bei Ihrer Suche.", lächelte die WohnungsbesitzeYumi freundlich. Danach verschwand sie in dem Appartement und schloss hinter sich die Tür. Der Mann hingegen fluchte in sich hinein. Nun konnte er es vergessen, seinen Auftrag erledigen zu können. Warum musste der Typ ausgerechnet bei DER landen? Nun war dieser Leutnant unerreichbar, denn diese Frau durfte nicht angerührt werden. Andererseits… andererseits hatte er nun sich selbst Probleme aufgehalst, denn sein Boss würde ihm diesen Fehler nicht verzeihen. Was sollte er nun bloss tun??? Nagami Otaro hätte sich selber schlagen können. Wie konnte er nun solch einen Fehler machen? Er war der Kriminalhauptkommissar der Abteilung für politische Verbrechen. Von dem Departement für schwere körperliche Verbrechen hatte er den Ermittler Zero Osa zur Hilfe erhalten und als dieser aus heiterem Himmel Unmengen an Yen auf seinem Konto hatte, die übrigens eines unbekannten Ursprungs waren, hatte er, Otaro, den Beamten unverzüglich zu sich gerufen. Er hatte ihn schon in der Hand, aber er war so dumm gewesen und war auf das bleiche Gesicht Osas reingefallen. Natürlich war Zero so schlau gewesen, nach dem er in sein Büro gehen konnte, nicht mehr zum Kriminalhauptkommissar zurück zu kommen sondern abzuhauen. Das hätte wohl jeder gemacht. Alles schön und gut, wenn da nicht ein Problem wäre – der Typ war nicht mehr zu finden. Osas Auto – eine silberne Toyota Corola – stand vor dem Polizeirevier. Zu Hause war er logischerweise ebenfalls nicht. Und seine Ex-Freundin Mitsuki Kamara hatte nicht die leiseste Ahnung, wo ihr ehemaliger Freund sich zurzeit befand. Eine Sackgasse. Nun, einen Tag nach Zeros Verschwinden, wurde er, Otaro, zum General gerufen. Das würde noch heikel werden, denn der General verstand keine Fehler. Besser gesagt, Fehler jeglicher Art waren strengstens untersagt. Wenn aber dennoch etwas passierte, konnte der Schuldige schon mit der Suche nach einem neuen Job anfangen. °Kein Wunder, dass der schon sechs SekretäYuminen gehabt hat…°, schoss es dem Kommissar unwillkürlich durch den Kopf. Hoffentlich war der General guter Laune, sonst würde Nagamis Polizeikarriere hier und jetzt ein Ende nehmen. Ein überaus erbärmliches und ehrenloses Ende. "Mr. N, Guten Tag." "Hallo, Kleines. Wie geht es dir?" "Ganz gut, danke der Nachfrage. Und Ihnen, Mr. N?" "Danke, ich kann auch nicht klagen. Was gibt es denn, dass du mich plötzlich am helllichten Tag anrufst?" "Ich wollte Sie darum bitten, mir in der nächsten Zeit nur auf mein Handy und nicht auf meine private Telefonnummer anzurufen. Ist das möglich?" "Möglich ist es, aber was ist der Grund für solch eine Bitte?" "Eine Freundin von mir hat sich mit ihrem Mann gestritten. Zu ihren Eltern will sie nicht und vom Ehemann braucht sie momentan ein wenig Abstand, damit sie sich beide abkühlen könnten." "Das wird natürlich wer weiss wie lange dauern, habe ich Recht?" "Leider. Meine Freundin ist recht stur, was Streitigkeiten angeht." "Aber deine Aufträge wirst du wohl erfüllen können, oder?" "Natürlich. Ich habe schliesslich immer in paar gute Ausreden auf Lager. Nicht zu vergessen, dass sie immer Schlaftabletten zu sich nimmt." "Dann ist es gut. Aber pass auf, dass es nicht zu lange dauert." "Ich werde mich bemühen, so schnell wie möglich wieder alleine in der Wohnung zu sein. Haben Sie irgendwelche Neuigkeiten?" "Nicht wirklich." "Neue Aufträge?" "Keine. Im Moment ist alles ruhig. Sobald es etwas geben wird, werde ich dich informieren." "Gut. Vielen Dank, Mr. N." Minako und Kyo sassen gerade in der Kantine und versuchten das Gebräu, welches man dort unter der Bezeichnung "Kaffee" servierte, runterzuschlucken, als ein völlig verstörter Zack in den Raum gestürzt kam. Schnell hatten seine blauen Augen seine Arbeitskollegen ausfindig gemacht und keinen Moment später stand er schon vor ihnen. Kaum beim Tisch angekommen, sprudelten schon die Worte aus dem jungen Mann wie ein Wasserfall in den Bergen: "Zero ist verschwunden!" Minako, die gerade einen Schluck von der Brühe in ihrer Tasse genommen hatte, verschluckte sich augenblicklich und sah ihren Mitarbeiter mit grossen Augen an. "Wie verschwunden?", fragte sie dumm. "Seit wann?", wollte auch Kyo wissen, der ebenfalls total verblüfft über die Nachricht war. Kurz hatte Zack den beiden die Tatsachen geschildert, die er selbst mitbekommen hatte. nach dem der Siebenundzwanzigjährige geendet hatte, meinte Kyo: "Nein, das kann nicht sein. Zero ist zwar kein Engel, aber Korruption ist mit Abstand das Letzte, was man ihm unterstellen könnte. Da steht er härter zu seinen PYumizipien als der Fuji auf seinem Platz." "Das stimmt.", gab Minako ihrem Mitarbeiter Recht. "Man kann Zero nicht bestechen. Sie könnten ihm gleich zehn Millionen Yen überweisen, das würde nichts bYumigen, ausser dass Zero noch verbissener an dem Fall arbeitet, als es schon zuvor der Fall gewesen ist. Er ist sturer als ein Esel und, wenn er sich mal sagt, er würde diesen oder jenen Fall zu Ende bYumigen, dann wird er dies auch tun. Da kann man ihm noch so viel Geld als Bestechung zuschicken, es würde sowieso nichts nützen." Zack seufzte. "Schön, dass wir dies geklärt haben. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass Zero abgehauen ist." "Und sich irgendwo versteckt hält.", vervollständigte Minako den Satz ihres ehemaligen Mitschülers. "Die Frage ist nur, warum er abgehauen ist." "Das ist doch klar.", meinte Kyo, während er die fast ungerührte Tasse von sich schob. Nach dem so genannten "Kaffee" war ihm eher danach, sich so schnell die Zähne zu putzen… oder sich gleich zu übergeben. "Er will seine Unschuld beweisen.", fuhr der Beamte ernst fort. "Schliesslich kann er das schlecht hinter Gittern machen." "Da ist was dran.", gab Zack nachdenklich von sich. Währenddessen erhob sich Kyo: "Auf jeden Fall denke ich, dass Zero sich in der nächsten Zeit melden wird. Da bin ich mir zu neunundneunzig Prozent sicher." Mit diesen Worten verschwand der Ermittler aus der Cafeteria. Minako sah ihm nachdenklich nach und meinte dann mit einem besorgten Unterton zu niemand bestimmten: "Ich hoffe nur, es geht ihm gut…" Einen Moment später spürte die Beamtin, wie eine grosse Hand sich auf ihre Schulter gelegt hatte. Aber noch überraschter was die junge Frau, als sie sah, wem diese Hand auch gehörte. "Mach dir keinen Kopf.", sagte Zack fast sanft. "Ihm geht es bestimmt prima… nun, der Situation entsprechend.", fügte er lächelnd hinzu. Auf diese Worte hatte Minako nichts zu erwidern. Daher nickte sie nur, schob die halbvolle Tasse von sich und ging zusammen mit ihrem Arbeitskollegen zurück an den Arbeitsplatz. Unterwegs holten sie sich noch je einen Becher Kaffee aus dem Automaten. Der war wenigstens halbwegs geniessbar. Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er mit Blei gefüllt. Zusätzlich spürte er ein Porchen in seinen Schläfen, welches den Schlägen der Schmiedehämmer Konkurrenz machte. Von irgendwo weit her hörte er ein Auto vorbeifahren. Zero versuchte wenigstens ein Auge aufzumachen, doch dieses Vorhaben erwies sich schwieriger zu sein, als er es vorher angenommen hatte. Er konnte gerade noch seinen tonnenschweren Kopf leicht zur Seite drehen und kaum merklich mit den Fingern zu zucken. Zu mehr war er nicht zustande. "Hören Sie mich?", ertönte eine sanfte und vorsichtige Stimme, die ihm irgendwie bekannt vorkam. Ein "Ja" wollte ihm einfach nicht über die Lippen kommen. Alles, was er gerade noch herausbYumigen konnte, war ein tiefes Brummen. "Wissen Sie, was passiert war?", fragte die eindeutig weibliche Stimme weiter. Kaum merkliches Kopfschütteln, worauf ein Seufzen zu hören war. "Ich hätte es wissen sollen. Es ist noch viel zu früh, so was zu fragen. Schlafen Sie lieber noch eine Weile, das wird Ihnen gut tun." Er hörte zwar noch keine Schritte, aber er spürte förmlich, dass diese Frau nun weggehen würde. Dabei brauchte er sie noch… Zero wusste nicht, woher er die Kraft genommen hatte. Tatsache war aber, dass er es geschafft hatte, ein "Warten Sie…" zu krächzen. Erneut startete der junge Mann den Versuch, seine Lieder wenigstens für einen Spalt zu öffnen. Dieses Mal wurden seine Mühen belohnt, denn er schaffte es, sein Vorhaben durchzusetzen. Dummerweise blendete ihn die Mittagssonne, so musste er seine Augen wieder schliessen. Die Frau hingegen kam näher an das Bett und setzte sich an dessen Rand – das könnte der Achtundzwanzigjährige hören und spüren. "Benötigen Sie etwas? Haben Sie einen Wunsch?", erfassten seine Ohren ihre Frage und auf einmal schämte er sich für das, was er dieser netten Frau sagen wollte. Dennoch musste er es einfach machen, sonst würden die Folgen schlimmer aussehen. "Ich… ich muss…", krächzte er und brach dann doch ab. Wie konnte man wohl am besten formulieren, dass er mal aufs Klo musste? Peinlicher konnte die Situation gar nicht sein. Zwar handelte es sich dabei um ein ganz natürliches Bedürfnis eines Menschen, aber trotzdem… Der junge Mann nahm seinen gesamten Mut zusammen. Würde er darum nicht fragen, müsste seine RetteYumi die gesamte Bettwäsche waschen und dies würde schlimmer sein, als einen dummen Satz auszusprechen. Nicht zu vergessen, dass es äusserst undankbar wäre, eine Schweinerei zu veranstalten, nach dem die Frau so nett und hilfsbereit zu ihm war. "Ich muss… mal… auf die… Toilette.", flüsterte er kaum hörbar. Sein Körper hatte zwar nicht die Kraft dafür, aber innerlich verkrampfte er sich. Wie sie wohl reagieren würde? Würde sie wütend werden? Unschlüssig? Ratlos? "Ich verstehe." Zu seiner eigenen Überraschung klang die Stimme alles andere als genervt oder ratlos. Im Gegenteil, sie war immer noch sanft und auf eine gewisse Art verständnisvoll. So, als wäre er ein kleiner Junge, der seiner Mutter gesagt hatte, er hätte in der Nacht ins Bett gepinkelt. Das Bett, in dem er sich momentan befand, bewegte sich etwas – ein Zeichen dafür, dass die Frau aufgestanden war. Dann hörte er ihre sich entfernenden Schritte. Was hatte sie nun vor? Würde sie ihm irgendwie aufs Klo helfen? Oder hatte sie da eine andere Idee? Fast fragte er sich, wie diese Frau ihn wohl ins Badezimmer transportieren wollte. Aus einem unerklärlichen Grund hatte er das Gefühl, seine RetteYumi sei zierlichen Körperbau. Während seiner Grübelei merkte er gar nicht, wie die Zeit vergangen war. So überraschte es ihn, als er nach kurzer Weile wieder die weichen Schritte der Frau wahrnehmen konnte. Durch seine geschlossenen Lieder merkte er, wie ein Schatten auf sein Gesicht geworfen wurde. Also öffnete er erneut die Augen für einen Spalt. Der Spalt war wohl nicht breit genug, denn die Sicht war total verschwommen. Allerdings konnte diese auch an seinen tierischen Kopfschmerzen liegen. "Ich muss Sie leider ausziehen.", sagte die Frau ernst. Anscheinend wollte sie die Situation möglicht schmerzlos für sein Ego gestalten. Zero musste zugeben, dass er äusserst dankbar seiner RetteYumi war. So machte sein Kopf eine Bewegung, die einem Nicken ähnlich war. Die Unbekannte schien verstanden zu haben, was er andeuten wollte. Das schloss er daraus, dass sie die Decke zur Seite geschoben hatte. Vom Ventilator wehte eine kühle Briese auf seine Beine und dies war der Moment, an dem er verstanden hatte, dass er die ganze Zeit über nur in seinen Boxershorts gelegen war, wenn man die Bandagen nicht zählte. °Da gibt's ja fast gar nichts zum Ausziehen.°, dachte der junge Mann etwas sarkastisch. Zwei vorsichtige Hände, welche den Rand seines einzigen Kleidungsstückes gepackt hatten, holten ihn aus seinen Überlegungen heraus. Ein kurzes Zögern – war es Unschlüssigkeit oder ein prüfender Blick? Doch dann aber spürte er, wie sein Becken angehoben wurde… worauf er ein Zischen unterdrücken musste. Sein Bein tat bei jeder noch so kleinsten Bewegung höllisch weh. Hoffentlich hatte sich die Wunde nicht entzündet… Die Person, auf die er nun angewiesen war, machte eine Pause. Sie wartete ab, bis seine Schmerzen vorbei waren. Kaum war dies der Fall, schon wurde das letzte Fetzen Stoff, welches seine Unterwäsche darstellte, entfernt und er präsentierte wohl oder übel seine Blösse… wenn auch nicht ganz freiwillig. °Nun weiss sie wirklich alles über mich.°, schoss Zero unwillkürlich durch den Kopf. Es war ja nicht so, dass er sich noch nie vor einer Frau ausgezogen hatte, aber der Sachverhalt war da "ein Bisschen" anders. Zum ersten Mal in seinem Leben schämte er sich dafür, nackt zu sein. Währenddessen spürte er, wie eine Hand sein Penis nahm und diesen in ein Gefäss legte. "Ich warte draussen.", hörte er noch, ehe die Tür zuging und der nun ehemalige Beamte sich selbst überlassen wurde. Dieser war der Dame überaus dankbar, denn mit dieser kleinen Geste bewahrte sie die letzten armseligen Überreste seiner Würde als Mann… °Ich denke, es wird wohl langsam an der Zeit, dass ich reingehe.°, dachte die junge Frau, die sich um den verletzten Ermittler Zero Osa kümmerte. Da sie die bisherige Zeit auf dem Sofa vor dem Fernseher verbracht hatte, stand sie auf und begab sich zum Schlafzimmer. Leise öffnete sie die Tür einen Spalt breit und lugte vorsichtig hinein. Zufrieden stellte sie fest, dass ihr Patient friedlich und tief schlummerte. °Na den Göttern sei Dank, er ist eingeschlafen. Das wurde aber Zeit, dass sein Körper ihm klar macht, was gut für ihn ist.° Die Frau machte die Tür nun ganz auf und trat in das Zimmer ein. Ihr Blick bewunderte unwillkürlich den auf dem Bett liegenden Mann. Selbst zur Hälfte in Bandagen und recht demoliert sah der Schwarzhaarige zum Anbeissen aus. Das etwas markante Gesicht, die nicht zu breiten Augenbrauen, die leicht grösseren Augen und nicht zu vergessen die vollen, ja, sinnlichen Lippen. Solche Lippen hatte sie schon immer küssen wollen, dennoch hielt sich die junge Dame zurück. Wie würde denn das aussehen, wenn sie einen total – na ja, nicht ganz "total", aber das spielte nicht wirklich eine so grosse Rolle – unbekannten Mann küssen würde. °Ich soll mich lieber an die Arbeit machen. Die erledigt sich ja schliesslich nicht von selbst.°, sagte sie zu sich in Gedanken und trat näher an das Bett. Mit einer Serviette bewaffnet putze die junge Frau sein bestes Stück und entfernte die kleine Brattpfanne, welche Zero als Toilette gedient hatte. Dann zog sie ihm die schwarzen Boxershorts an, damit das Kleidungsstück sich auch am entsprechenden Platz befand – nämlich auf den Hüften des Verletzten. "Das wäre geschafft.", meinte sie leise zu sich, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte. Sie gratulierte sich selber für die Idee mit der Pfanne, während sie das besagte Gefäss abwusch. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten, bis ihr Patient wieder aufwachte… wobei sie sich fast dazu zwang, nicht an den Adoniskörper des Schlafenden zu denken. Je weiter die Sache ging, desto stärker wurde das ungute Gefühl in ihr. Sie konnte nicht genau sagen, warum sie dieses Gefühl hatte, aber es nagte an ihr wie ein Wurm, wie ein Parasit, der ihren Lebenssaft saugte, um selber weiter existieren zu können. Irgendetwas war da faul im Busch, das spürte sie mit all ihren Sinnen, den sechsten, siebten und achten inbegriffen. Der übertrieben panische Kunde war da wohl das beste Beispiel. Seit sie mit Mr. N zusammenarbeitete, ging so Vieles schief, dass sie schon aufgehört hatte zu zählen. Früher war dies nie der Fall. Und dabei arbeitete sie mit ihm gerade mal ein halbes Jahr! Keiner ihrer vorherigen Vermittler brachte sie mit solch schlimmen Kunden zusammen. Bei Mr. N sah die Sache ganz anders aus, denn seine Kundschaft wurde von Mal zu Mal schlimmer. Der jetzige Angsthase von einem Minister war der schlimmste von allen. Sie liess einen Seufzer von sich hören. °Qingfu… in was bin ich da bloss reingeritten?° Etwas missmutig schob sie die Tasse mit Kaffee von sich. Ihr war wirklich jegliche Lust auf das lateinamerikanische Getränk vergangen. So widmete sie die junge Frau wieder ihren trübsinnigen Gedanken. Mr. N hatte ihr später noch mal angerufen, wobei er ihr einen neuen Auftrag vermittelte und wie nebenbei erwähnte, dass der Ermittler Osa verschwunden war. Hatte der auch etwas gespürt und war abgehauen oder lag es an etwas anderem? Sie wusste es nicht und den Ermittler selbst konnte sie natürlich schlecht fragen. War der vielleicht untergetaucht, wie er etwas herausgefunden hatte, was er nicht wissen sollte? Fragen, nichts als Fragen. Und nicht die geYumigste Aussicht auf wenigstens eine Antwort. Verwünscht sollte der Auftrag doch sein! Und der Auftraggeber gleich mit dazu. Es wäre besser gewesen, hätte sie den Typ statt Yukio umgelegt. Damit hätte sie dem Land einen grossen Dienst erwiesen und sich selbst eine Menge Nerven gespart. Und nicht zu vergessen, sie würde dann nicht in der Scheisse sitzen, in der sie sich gerade befand. Nur leider war daran nichts mehr zu ändern… Als er seine Augen erneut öffnete, waren seine Lieder nicht mehr so schwer. Zwar hatte er nach wie vor Kopfschmerzen, doch waren diese nicht mit den vorherigen zu vergleichen. Da er nun ganz wach war, entschloss er sich, den Raum, in dem er sich momentan befand, genauer zu "untersuchen". Das Bett stand bei der Wand, rechts von Zero befand sich auf etwa zwei Meter Entfernung die Tür. Bei der Wand dem jungen Mann gegenüber befand sich das Fenster. Wenn er sich aufrichten würde, könnte er das Panorama hinter der Fensterscheibe ansehen. Rechts von Fenster stand ein Kleiderschrank. Mehr befand sich im Zimmer nicht, abgesehen von einem kleinen Nachttischchen mit einer Lampe und einem aufgeschlagenen Buch. Weiche Schritte, vorsichtiges Knarren der Tür. "Oh, Sie sind ja wach." Er wandte seinen Blick zur Seite... und meinte, mit seinem Kopf sei nicht alles in Ordnung. An der Türschwelle stand ein wunderbares Geschöpf. Schwarze, gerade Haare umrahmten das leicht gebräunte Gesicht, die etwas breiteren Augenbrauen unterstrichen das Feuer der brauen Augen. Nun wusste der Beamte auch, warum ihm die Stimme seltsam bekannt vorkam. "Sie sind es?", entfuhr es ihm überrascht. "Wen haben Sie denn erwartet? Die Mutter Theresa?", fragte sie amüsiert und etwas spöttisch. "Nein.", meinte er nun lächelnd. "Aber Sie habe ich auch nicht erwartet." "Die Welt ist klein, Osa-san.", resümierte die junge Frau, während sie mit einem geschmeidigen Gang auf das Bett zukam und sich auf dessen Rand setzte. "Woher kennen Sie meinen Namen?" "Ich habe mir erlaubt, Ihre Kleider durchzuchecken und habe dabei Ihren Ausweis gefunden. Bitte verzeihen Sie mir diese Frechheit." Er hob die Hände. "Ist schon gut, das ist kein Problem. Wäre ich an Ihrer Stelle, hätte ich dasselbe getan. Schliesslich müssen Sie ja wissen, wen Sie da zu sich ins Haus geholt haben." Beim letzten Satz lächelte er vielsagend, worauf die Frau lachen musste. "Wollen Sie denn nicht wissen, bei wem Sie da gelandet sind?" "Ich habe gehofft, Sie würden sich ohne meine Aufforderung vorstellen.", antwortete Zero, immer noch im selben Ton. "Inagawa, Revi.", meinte die nun nicht mehr Unbekannte langsam. "Ein schöner Name.", versuchte er ihr zu schmeicheln, woraus aber nichts wurde. Seine Bemerkung wurde schlicht und einfach ignoriert. "Sind Sie hungrig?", wollte die WohnungsbesitzeYumi wissen. "Ich…", setzte er gerade an, als er plötzlich von einem knurrenden Geräusch unterbrochen wurde. Verlegen schlang Zero die Arme um seinen Bauch, während die junge Frau lachen musste. "Können Sie aufstehen? Oder soll ich Ihnen das Essen ins Bett bYumigen?" "Als erstes könnten Sie mir meine Kleider bYumigen." Auch er musste nun lachen. Die Situation war einfach zu komisch und er fühlte sich so richtig ausgelassen. "Danach sehen wir, was wir machen." "Einverstanden.", nickte Frau Inagawa ihrem Patienten zu und verschwand für kurze Zeit aus dem Zimmer. Nachdem sie wieder da war, half die junge Dame ihm gleich mit dem Anziehen. "Dafür, dass Sie drei Tage lang geschlafen haben, können Sie sich erstaunlich gut bewegen.", warf Fräulein Revi nebenbei ein. Der Ermittler hingegen erstarrte augenblicklich. "Wie lange?", fragte er halb flüsternd. "Drei Tage.", wiederholte die junge Frau brav. "Heute ist der sechsundzwanzigste September." Seine Augen weiteten sich überrascht. So lange war er also schon weg. Der nun ehemalige Ermittler versank in seinen Gedanken. Suchte man ihn? Vermutlich schon. Schliesslich war er nun ein Krimineller. Zumindest für die Führungskräfte der Tokio-Polizei. Und seine Arbeitskollegen? Seine Freunde? Seine Familie? Glaubten sie auch, er sei ein Verbrecher, er habe sich bestechen lassen? Sein Vater – da war er sich sicher – würde dies gewiss nicht glauben. Kyo würde diesem Mist ebenfalls keinen Glauben schenken. Minako? Höchstwahrscheinlich auch nicht. Zack? Nun, der war neu, vielleicht sogar noch ganz grün hinter den Ohren, siebenundzwanzig Jahre hin oder her. Mitsuki? Bei der hatte er nie durchblicken können. Selbst nach fünf Jahren Beziehung konnte er nicht einschätzen, was dieser Frau durch den Kopf ging. Während er so vor sich hingrübelte, wurde er von Frau Inagawa genau beobachtet. Sie merkte, dass ihr Patient nervös und leicht geschockt war, wusste aber nicht, wie sie ihm helfen konnte. Den Grund für seine Reaktion hingegen konnte sie sehr gut nachvollziehen. "Ihre Angehörigen machen sich bestimmt Sorgen.", meinte sie langsam. "Möchten Sie vielleicht jemanden anrufen?" Endlich hatte er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt. "Ich denke, es wäre besser, wenn wir zuerst etwas essen würden. Dann könnte ich Ihnen alles erzählen. Das wäre doch gerecht, meinen Sie nicht?" Der jungen Frau blieb nichts anderes übrig, als einfach nur zu nicken und dem verletzten Mann in die Küche zu helfen. Gut, dass einer der Stühle um den Tisch so stand, dass man im Rücken den Kühlschrank hatte. So konnte Fräulein Inagawa seinen Patienten dagegen anlehnen, ohne dass er gleich umkippte. Sobald dies erledigt war, machte die junge Frau sich daran, das Essen zu wärmen. Inzwischen war es zwei Uhr nachmittags und die Journalistin verspürte einen deutlichen Hunger, hatte sie doch seit dem Morgen nichts ausser einem Teeküchlein gegessen. Das Mahl verging im Schweigen. Revi wagte es nicht, irgendetwas zu fragen, um den Mann vor ihr nicht zu überfordern, und Zero dachte nach, wie er es ihr am besten beibYumigen konnte. Wie er in seinen Gedanken versunken war, merkte er gar nicht, dass er schon längst fertig gegessen hatte und nun mit den Stäbchen in der leeren Schale herumstocherte. Erst als eine feine Hand ohne jegliche Vorwarnung in seinem Blickfeld erschien, erwachte er aus seiner Starre. "Ich mache nur schnell den Abwasch.", sagte die WohnungsbesitzeYumi, während sie mit sanfter Gewalt Zeros Schale und seine Stäbchen zu sich nahm und diese zum Waschbecken brachte. "Lassen Sie das bitte und setzen Sie sich zu mir.", bat er sie und hob müde, aber entschlossen die Lieder. Die junge Frau setzte sich ohne Widerworte zu ihm, ein Handtuch auf dem Schoss legend. So begann der junge Mann seine Erzählung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)