Kill von Natsuki13 ================================================================================ Kapitel 7: Grosse Schwierigkeiten --------------------------------- Am nächsten Tag nahm Zero den Umschlag mit zur Arbeit. Es war einfach zu gefährlich, diese Fotos unbeaufsichtigt liegen zu lassen, dafür war das Beweismaterial viel zu wichtig. Auch wenn der Ermittler noch keine Ahnung hatte, was er mit diesen Bildern machen konnte, so war er sich sicher, dass sie noch einiges verbarten. Die eigentliche Arbeit bestand darin, dieses Etwas herauszufiltern und wie ein Puzzlestück hinzuzufügen und auf diese Art des Rätsels Lösung näher zu kommen. So landete das besagte Couvert zwischen mehreren Mappen in die Tasche des Beamten und wurde anschliessend aufs Polizeirevier genommen. Der Morgen sollte nicht so schön ausfallen, denn kaum hatte er die Tür seines Büros aufgemacht, schon hörte er sein Telefon läuten. Aus Erfahrung wusste Zero, dass ein Tag, der mit einem Anruf anfing, selten gut verlief, und doch nahm er den Hörer ab. "Osa.", sagte der Mann, wobei er zur selben Zeit versuchte, seine leichte Sommerjacke auszuziehen. "Endlich konnte ich Sie erwischen, Herr Osa.", ertönte die genervte Stimme des Kriminalhauptkommissars Nagami Otaro, des momentanen Chefs des Ermittlers. Der war wirklich alles andere als guter Laune, da musste man nicht einmal raten. "Sie kommen sofort in mein Büro, haben Sie mich verstanden?" "Jawohl.", konnte Zero gerade noch parieren, als der Hörer auf der anderen Seite der Leitung schon abgelegt wurde. °Das verheisst nichts Gutes.° Ohne seine Jacke und Tasche im Büro zu lassen schnellte er zum Chef. Je näher er zum besagten Raum kam, desto mulmiger es ihm im Magen wurde. Hatte er was angestellt? Hatte er einen schwerwiegenden Fehler bei der Ermittlungsarbeit begannen? Er war hier zwar nur vorübergehen, aber für diese Zeit, die er auf dem Revier hier verbrachte, musste sich Zero wohl oder übel den Launen des Hauptkommissars beugen, ob er es nun wollte oder nicht. Als er endlich vor der Tür stand, hatte er das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen, so schlimm war es um ihn. Doch er schluckte die schlechte Vorahnung runter und ermahnte sich zur Ruhe. Er war doch ein Mann, verdammt noch mal! So biss der Beamte sich die Zähne zusammen und trat in Otaro-samas Büro ein. "Herr Osa, da sind Sie ja.", lautete die überraschend freundliche Begrüssung. "Guten Morgen, Herr Nagami.", antwortete Zero vorsichtig. Die Situation gefiel ihm immer weniger. Zuerst das Gebrülle und nun die Samthandschuhe? Nicht gut, das war überhaupt nicht gut. "Wie läuft es mit der toten Politikerin? Wenn ich mich nicht täusche, arbeiten Sie schon seit drei Wochen an dem Fall." "Genau so ist es, Herr Nagami." Der Ermittler kam sich wie bei einem Militärverhör vor. Wozu zum Geier hatte man ihm diesen Tribunal organisiert? "Wir überprüfen jede noch so unwahrscheinliche Version und auch meine Kollegen aus der Abteilung für schwere körperliche Verbrechen helfen uns dabei, in dem sie von einer anderen Richtung die Informationen bearbeiten und uns so entgegenkommen sollten. Leider haben wir bis jetzt keinen Erfolg." "Uhu.", brummte der Kriminalhauptkommissar, die Hände zusammengefaltet. Einige Zeit herrschte Stille, doch dann erhob der Ranghöhere der beiden die Stimme: "In diesem Fall möchte ich Sie fragen, wie die zehn Millionen Yen auf ihrem Konto gelandet sind? Und wie hat man es geschafft, den Weg dermassen zu blockieren, dass man nicht einmal herausfinden konnte, von welchem Konto man Ihnen das Geld überwiesen hat." Zero stand da wie vom Donner gerührt, die Augen gross wie zwei Untertassen. Zehn Millionen Yen?!!! Solch eine Summe hatte er noch nie in seinem gesamten Leben verdient! Und er konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemandem so viel Geld ausgeliehen hatte – konnte er gar nicht, denn auf seinem Konto hatte es nie mehr als zehntausend Yen gegeben, die er dann für seinen Wagen ausgegeben hatte. Derweilen sah sein Chef ihn seelenruhig an. "Und? Wissen Sie, woher dieses Geld kommt?" Wahrheitsgemäss schüttelte der Gefragte den Kopf. Nein, das war ihm schleierhaft, woher die Kohle kam, jedoch zweifelte Zero nicht einen Sekunde lang daran, dass diese Summe nicht mit den rechten Dingen zusammengekommen war. Herr Nagami faltete die Hände. Sein Gesichtsausdruck war dabei alles andere als glücklich. "Wollen Sie mich hier auf den Arm nehmen? Seit vier Wochen höre ich von Ihnen nichts zum Fall Nakamura und gestern habe ich mitgeteilt bekommen, dass es auf Ihr Konto aus heiterem Himmel zehn Millionen Yen geschneit hat. Wie würden Sie auf meiner Stelle reagieren?" Schweigen. "Na gut.", meinte der Kriminalhauptkommissar. "Dann habe ich eine andere Frage an Sie: Wo waren Sie gestern gegen halb sieben Uhr abends?" "In meinem Auto, auf dem Weg nach Hause.", antwortete der Ermittler verblüfft. Diese Frage brachte ihn genau so aus dem Konzept wie die vorherigen. "Kennen Sie einen gewissen Yoshi Kitsune?" Eine schlechte Vorahnung breitete sich in ihm aus. "Ja, Herr Nagami." "Zu Ihrer Information: Gestern Abend um sieben Uhr fand man im Oto-Bezirk die Leiche eines jungen Mannes. Er wurde erdrosselt. Seinen Dokumenten zufolge hörte er zu seinen Lebzeiten auf den Namen Yoshi Kitsune." Die gesamte Farbe wich Zero aus dem Gesicht. Yoshi. Der Kleine, der ihm immer auf Schritt und Tritt folgen wollte, dessen Vater er auf gewisse Art und Weise gerächt hatte, der so eifrig dabei war, ihm, Zero, zu helfen, war nun tot… "Das… Das ist nicht wahr…", krächzte der Beamte, während er um sein Gleichgewicht kämpfte. Das Blut war in seinen Adern gefroren, sein Herz hatte ausgesetzt, die Kehle wurde trocken, die Handflächen hingegen feucht. Der Kriminalhauptkommissar sagte nichts dazu. Das einzige, was er machte, war eine kleine Geste, mit der er einige Fotos auf den Tisch schmiss. Mit tauber Hand nahm der Beamte eines der Bilder und dachte, er würde gleich umkippen. Der Ermittler sah ein ihm sehr wohl bekanntes Gesicht, das Gesicht eines jungen Mannes, dessen Lachen alle um ihn herum angesteckt hatte. Allerdings war dieses Gesicht nun von allen möglichen Emotionen verlassen, die sonst leuchtenden Augen sahen starr vor sich hin, ohne irgendwelche Zeichen des Lebens aufzuweisen. Dem Ermittler war es so, als würde er wieder das ansteckende Lachen hören. Doch er wusste ganz genau, dass er, Zero, dieses Lachen nie mehr hören können würde, denn der Besitzer dieses Lachens war nun tot. Und er war schuld daran… Derweilen beobachtete ihn der Kriminalhauptkommissar mit zunehmender Sorge. Herr Osa war eigentlich kein Mann mit schwachen Nerven. Die Mitteilung über den Tod dieses jungen Mannes namens Yoshi Kitsune schien ihm wirklich nah zu gehen. Auf jeden Fall sah das Verhalten des Beamten alles andere als gespielt. Oder aber auch er war ein geborener Schauspieler und konnte dieses Talent gezielt einsetzen… "Fühlen Sie sich nicht gut?", fragte er daher. Nun hing alles von Osas Reaktion ab. Zero schluckte, obwohl ihm dies schwer gefallen war. Er selbst war schuld am Tod Yoshis, nur er alleine. Hätte er ihn nicht zu seinem Agenten gemacht, wäre das alles nicht so ausgegangen. Yoshi wäre noch am Leben und würde immer noch mit seiner Ausstrahlung und seinem Charme alle in seinen Bann ziehen. Nur wenn er, Zero, besser auf ihn aufgepasst hätte… Der Polizist war dermassen erschüttert, dass er nicht einmal eine einigermassen vernünftige Antwort geben konnte. Selbst nicken und den Kopf schütteln fiel ihm schwer. Sein Chef bemerkte dies ebenfalls, daher hackte er nicht weiterhin auf dem Beamten, sondern meinte: "Haben Sie irgendwelche Medikamente bei Ihnen?" Der Gefragte zwang sich leicht zu nicken. "Gehen Sie und trinken Sie es. In zehn Minuten will ich Sie hier in einem vernünftigen Zustand sehen." "Jawohl.", krächzte der nur noch, als er den Raum verliess. Im Gang lehnte Zero sich an die Wand. In seinem Kopf drehte sich alles. °Ruhig, ganz ruhig.°, sagte er zu sich selber, während er langsam und tief durchatmete. Nach kurzer Weile konnte er wieder einigermassen rational denken, seine Atemzüge waren nicht mehr so zittrig, wie es zuvor der Fall war. Also, was hatte er da alles so Schönes? Aus heiterem Himmel waren auf seinem Konto ganze zehn Millionen Yen gefallen. Yoshi wurde, kurz nach dem er ihn im Oto-Bezirk abgesetzt hatte, umgebracht. Der Fall Nakamura bewegte sich keinen Millimeter. Kaum hatte man eine gute Version, schon wurden alle Enden abgehackt. Würde jetzt jemand behaupten, das alles sei nur ein Zufall, würde Zero denjenigen ohne nachzudenken für einen naiven Idioten erklären. °Nein, das ist alles andere als ein Zufall.°, dachte er. °Das wirkt zu unrealistisch. Aber Nagami glaubt mir so oder so nicht, egal was ich sagen würde. Kamui würde vielleicht noch glauben, aber das würde nicht viel nutzen. Wahrscheinlich eher schaden.° Er sah sich um. Der Gang war vollkommen leer. So lehnte er noch zusätzlich seinen Kopf an die kalte Mauer der Wand. Er hatte einen Entschluss gefasst. °Ich muss von hier verschwinden. Und das so schnell wie möglich.° Mit einem Ruck löste der Beamte sich von der Wand und ging auf sein Büro zu. Doch mitten auf dem Weg blieb er stehen. Es könnte fatale Folgen haben, sollte jemand ihn in seinem Büro entdecken. Kyo würde da sicher ausfragen, warum er so bleich herumlief, vor seinem Kindheitsfreund konnte Zero einfach nichts verstecken. Nichts Neues, aber in einer Situation wie diese mehr als nur unpassend. Noch während der Ermittler sich diese Gedanken machte, marschierte er entschlossen an der Tür seines Büros vorbei. Es war besser so. Sein Auto konnte er auch nicht mitnehmen, das war zu riskant. Mit Hilfe des Nummerschilds würde man ihn im Null Komma nichts finden können. Daher nahm er die U-Bahn. Vielleicht würde er dort jemanden finden, bei dem er übernachten oder sogar eine gewisse Zeit lang leben konnte. So paradox dies auch zu sein vermochte, aber auf diese Art und Weise hatten schon viele Ermittler versucht, das Vertrauen der potentiellen Zeugen für sich zu gewinnen. Zero setzte sich in den erstbesten Zug. Sein Ziel war, eine ledige, allein wohnende Frau um die fünfundvierzig zu finden. Sie sollte eine Romantikerin sein und keine feste Beziehung haben. Eine, welche die Zuneigung eines Mannes misste, welche ihre nicht ausgelebte Gefühlswelt und die romantischen Fantasien mit hilfe der Liebesromanen nährte und immer noch auf ihren Prinz auf dem weissen Schimmel wartete. Für hin und wieder Sex und eine gewissen Portion an Zärtlichkeiten und Zuneigung würde der Ermittler für eine Zeit lang eine Bleibe, Essen, Trinken und einen Schlafplatz erhalten können. Schon in der Polizeiakademie war er dafür bekannt, besonders gut mit Frauen umgehen zu können. Woher er dies hatte, wusste er selbst nicht, doch sobald Zero Frauen befragen oder deren Vertrauen gewinnen musste, schmolzen die Ladies unter seinem Blick. Die meisten sagten, er hätte das gewisse Etwas an sich, denn viele haben versucht, ihn zu kopieren, scheiterten aber daran. Der Trick war, all dem, was man schwafelte, auch selbst zu glauben. Wenn man sagte, man sei ein Kunstkönner, sollte man ein Basiswissen besitzen und fest davon überzeugt sein, die Wahrheit zu sagen. Selbst wenn die Frau klein und dick ist und über ein Mondgesicht verfügt, war es wichtig, etwas zu finden, was einem doch gefiel. Auf keinen Fall an eine andere Frau denken, wenn man die Fette, die Alte oder wen auch immer verführt. Jede Frau ist besonders, man müsste nur finden, was genau an ihr so besonders sei. Mit dieser Methode wollte Zero sich nun ein Versteck für die nächste Zeit finden… Aber anscheinend war das Glück an dem Tag wirklich nicht an seiner Seite. Er hatte schon vier Stunden in der U-Bahn verbracht, immer wieder die Züge wechselnd, jedoch ohne Erfolg. Er war hungrig, müde und einfach nur kaputt. Noch ein Mal würde er eine Strecke fahren, noch ein einziges Mal. Falls er dann immer noch kein Glück haben würde, müsse er sich was einfallen lassen… "Endstation!", brüllte ihm ein altes Weib direkt ins Ohr. Erschrocken und noch etwas benommen sah er sich um. Wie konnte dies schon die Endstation sein, wenn er doch erst vor kurzem eingestiegen war? Dann verstand er. Ohne dies zu merken war er auf dem Sitz des Wagons einfach eingeschlafen! Das gab es doch nicht, er hatte tatsächlich seine letzte Chance wortwörtlich verschlafen! Wie dämlich konnte man denn überhaupt sein? Sich innerlich verfluchend versuchte er aufzustehen, als die alte Frau wieder zu meckern anfing: "Diese jungen Leute von heute, einfach typisch. Saufen schon am helllichten Tag. Komm schon, beweg dich. Ich habe keine Lust, dich selber zu schleppen." Mit diesen Worten bugsierte die Frau Zero regelrecht aus dem Wagen. Der flüchtende Ermittler erwiderte nichts dazu. Er hatte weder Lust noch Kraft sich mit diesem alten Weib zu streiten. So verliess er die U-Bahn und schlenderte die Strasse entlang. Er hatte keine Ahnung, wohin er gehen sollte. Und genau so wenig wusste er, was er in dieser Situation machen konnte. °Du hast dich in einen ganz schönen Schlamassel reingeritten, Alter.°, sagte er zu sich selbst. Er konnte es drehen und wenden wie er wollte. Er war nun ein Krimineller auf der Flucht, auch wenn er in Wirklichkeit unschuldig war. Sein Magen knurrte so laut, dass er sich fast die Ohren zuhalten musste, seine Bewegungen waren träge. Wenn er nicht bald etwas zu essen kriegen würde, würde er noch mitten auf der Strasse umkippen. Schliesslich war das Einzige, was er an dem Tag zu sich genommen hatte, eine armselige Tasse Kaffee. Nicht gerade viel, aber schliesslich hatte sich Zero auf Sangos belegte Brötchen eingestellt, mit denen sie am Tag zuvor gedroht hatte. °"Ich werde extra zu dir aufs Revier kommen, damit du auch was abkriegst."° Ja, das hatte die Beamtin gesagt. Das hatte er nun davon, nicht gefrühstückt zu haben. Wenn es doch hier irgendwo eine Imbisbude geben würde… °Nein, zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.°, ermahnte Zero sich selbst. Vorher musste er einen Ort der Zuflucht finden. Dies hatte zu dem Zeitpunkt die grösste Priorität. Der junge Mann lief gerade an einem Wohnblock vorbei, als er plötzlich etwas hinter sich hörte. Ein flüchtiger Blick nach hinten, den er wagte, als er zu einer Kreuzung abbog, verriet ihm, dass er verfolgt wurde. OK, auch schön. Der Beamte war einfach zu erfahren, um zu zeigen, dass er von der Beschattung bescheid wusste, und ging des ruhigen Schrittes weiter. Ja nichts anmerken lassen, ganz normal gehen, total lässig und… na ja, doch nicht so total lässig, war er doch auf der Flucht, aber dies konnte sein Verfolger ja auch nicht wissen. Und es bestand ja immer noch die Möglichkeit, dass Zero sich nur was einbildete und der Mann lediglich auf dem Weg zu sich nach Hause war, schliesslich war es ja auch ein Quartier, wo Menschen wohnten, sich entspannten und die Zeit mit ihren Familien verbrachten. Es konnte durchaus sein, dass dieser Mann niemand weiteres als ein Familienvater war, der sich nach einem harten Arbeitstag beeilte, seine Frau und seine Kinder in die Arme zu nehmen… Doch beim Eingang in den einen Wohnblock angekommen, wurde er plötzlich gepackt und in die Dunkelheit des Treppenhauses gezogen. Im nächsten Moment wurde sein Kopf unter der Wucht eines Faustschlages zurück geschleudert, so dass der Ermittler auf den Treppen landete und benommen vor sich hinschaute. Zuerst fühlte sich seine Wange wie betäubt an, dann kam der Schmerz und der unverkennbare Geschmack Blutes in seinem Mund – die Innenseite seiner Backe wurde mit dem Schlag stark an seine Zähne gepresst und war deshalb geplatzt. Na das war vielleicht ein toller Anfang einer Unterhaltung. Benommen lehnte sich Zero gegen die Wand und versuchte seinen Angreifer zu erkennen. Sein Versuch scheiterte, da es im Treppenhaus stockfinster war und der Angreifer selbst zusätzlich noch eine Maske trug. Aber auch die Tatsache, dass der (noch) Beamter sich schnell vor dem nächsten Schlag schützen musste, trug ihren Anteil bei. °Verdammt noch mal, wer ist das?°, fragte er sich, während er sich von den Schlägen schützte. Er hatte automatisch eine Haltung angenommen, die den besten Schutz der Organe bieten konnte. Doch irgendwann wurde es dem jungen Mann zu bunt. "Jetzt reicht es aber!", knurrte er laut und schlug seinem Gegner ebenfalls ins Gesicht, worauf dieser zurücktaumelte. Unten am Treppenansatz angekommen blieb Zeros Opponent stehen, was dem Ermittler die Zeit gab, sich etwas zu erholen. Er spuckte zur Seite, um wenigstens irgendwie die Menge des Blutes in seinem Mund zu verringern. Doch als der junge Mann wieder aufschaute, wurden seine Augen gross… denn genau in dem Moment hatte sein Angreifer eine Pistole hervorgezogen. "Ach du heilige Scheisse.", wisperte er noch. Dann hatte er keine Zeit mehr, zu den Heiligen zu beten, denn eine Kugel verfehlte ihn nur knappe Zentimeter. Leise fluchte er vor sich hin, als er sich duckte, und, während er die Treppe raufraste, dachte Zero fiebrig nach, wie er aus dieser Situation lebendig rauskommen wollte. Da es aber Freitagabend war, waren die meisten Leute sicher irgendwo unterwegs am Saufen. So würde ihm niemand helfen können. Und falls doch irgendjemand zu Hause wäre, würde es ihm trotzdem nicht viel nutzen. Der Täter benutzte einen Dämpfer. So waren praktisch keine wirklich lauten Geräusche zu hören. "Gr…", knurrte er, fiel auf ein Knie und hielt sich sein Oberschenkel. Der Schütze hatte es doch geschafft, ihn zu treffen. Zwar handelte es sich dabei um einen Streifschuss, jedoch spürte er schon jetzt, wie die Wunde ihn langsamer werden liess. °Verdammt noch mal, in was habe ich mich da bloss reingeritten?°, fragte er niemand Bestimmtes. Doch genau so gut hätte er den Attentäter fragen können, wer diesen angeheuert hat, um ihn, Zero, umzulegen. Voller Sorge merkte er, wie sein Bein taub wurde. Der Schock des Schusses paralysierte die Nerven, so dass er sein Bein kaum noch bewegen konnte. Aber er musste es schaffen. Er musste es einfach tun, sonst würde dies gravierende Folgen haben. Im besten Fall würde er schwer verletzt im Krankenhaus landen, im schlimmsten hingegen… Nun, die Radieschen sahen von unten sicher interessant aus. Ein weiterer Schuss ertönte knapp über seinem Kopf und spornte ihn dazu an, sich weiter zu bewegen. Schliesslich hatte er nicht die geringste Lust, ein Loch mehr im Kopf zu haben. Nun, allgemeint irgendwo in seinem Körper war ein zusätzliches Loch unerwünscht. Zu schade dass dieser Schütze nicht so mit der Meinung des Ermittlers Osa einverstanden war. Er zwang sich weiter nach oben zu bewegen. Keine Ahnung auf welchem Stockwerk er sich nun befand, aber es war ihm überaus klar, dass er irgendwann mal das Dach erreichen würden… und dann würde es für ihn kein Entkommen mehr geben. "Arg!", stöhnte er schmerzerfüllt auf und musste sich an die Wand anlehnen. Der letzte Schuss hatte seine Seite getroffen und hinterliess eine klaffende Wunde. Zero vermutete stark, dass die Kugel sich immer noch in seinem Körper befand. Das war schlecht. Würde man die Kugel nicht bald und chirurgisch korrekt aus der Wunde entfernen, bestand die Gefahr einer Blutvergiftung und diese Option wollte dem Beamten nicht wirklich gefallen. Zum gelähmten Bein kamen noch die zitternden Hände und der unendlicher Schmerz der neuen Wunde. Der Schock, der von der Verletzung kam, lähmte fast seinen gesamten Körper. Wenn Zero schon vorher nicht gerade schnell war, da er von seinem angeschossenen Bein behindert wurde, konnte er sich nun jegliche Möglichkeit, hier heil herauszukommen, gleich abschminken. Aus irgendwoher genommener Kraft schleppte er sich einige weitere paar Stufen hoch und lehnte sich anschliessend völlig erschöpft gegen eine Tür. Vor seinen Augen verschwamm alles, sein Atem war nicht mehr als ein blosses Keuchen. Es gab für ihn kein Entkommen mehr, in seinem momentanen Zustand konnte er von Glück und Wunder reden, die letzen Stufen überhaupt geschafft zu haben. Er schloss die Augen und lauschte den Schritten des Killers, die langsam auf ihn zukamen. Es war, als käme der Sensemann höchstpersönlich die Stufen rauf, um sich seiner zu bemächtigen. Er hörte schon förmlich das Klappern der Knochen und das Rattern der Sense auf dem Betonboden. °Werde ich so sterben?°, fragte er sich selbst. °Nicht als ein alter Mann, der schon das ganze Leben gelebt hat? Ohne eine richtige Familie zu haben? Ohne Frau und Kinder? Einfach so, weil jemand mich unbedingt loswerden wollte?° Diese Fragen schwirrten in seinem Kopf und zum aller ersten Mal in seinem Leben hatte er Angst davor, allein zu sein. Er hatte grosse, ja, fast panische Angst davor, allein zu sein. Das war ihm bis zu dem Zeitpunkt noch nie passiert, egal wie gefährlich die Kombination war, um einen Verbrecher zu fangen. Egal, wie gefährlich die Verbrecher selbst waren. °Andererseits… so wird wenigstens niemand verletzt.°, dachte er noch, als er die Schritte schon ganz nah bei sich hörte. Binnen weniger Momente schossen Bilder durch seinen Kopf. Seine Mitarbeiter, die auch seine Freunde waren. Sein armer Vater, der immer noch wie ein Büffel schuften musste, um sich wenigstens das Existenzminimum sichern zu können. Mitsuki, die er schon sein ganzes Leben lang kannte und mit der er im Grunde genommen sich gut verstand, selbst als er die Beziehung beendet hatte. °Lebt wohl, ihr alle. Ich werde euch vermissen, wenn ich dies können werde…° Aus irgendeinem Grund kam ihm das Gesicht der Unbekannten in den Sinn, die er schon zwei Mal getroffen hatte. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. °Ich wünschte, ich hätte dich näher kennen gelernt.° Dann schloss er die Augen, ergab sich seinem Schicksal. Nun würde er sterben, das wusste er ganz genau. Es war unvermeidlich… Das Holz hinter seinem Rücken gab plötzlich nach und, ehe er es realisiert hatte, landete er hart mit dem Rücken auf dem Boden. Und da er an dem Tag ein so wahnsinniges Glück hatte, schlug er beim Aufprall zusätzlich den Kopf an einer Kante an. Vermutlich hatte es sich dabei um einen Kleiderschrank gehandelt, aber dessen konnte der Ermittler sich nicht wirklich sicher sein. Seine gesamte Umgebung verschwamm, er wusste nur, dass er in einer Wohnung war, wusste aber nicht in welcher. Das Letzte, was er noch wahrgenommen hatte, waren schwarze, lange Haare und ein Gesicht, welches er zu seinem Leideswesen nicht zuordnen konnte, denn es sah aus wie ein grosser Fleck in schwarzer Umrandung. Dann versank alles in der Dunkelheit, sämtliche Geräusche verstummten… Hat lange gedauert, aber ich habe schlussendlich doch ein Kapi hochladen können =) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)