Bittersweet Sin von Bass93 (German version) ================================================================================ Kapitel 1: Manche Wunden heilen nicht... ---------------------------------------- Adam schlenderte durch die bewohnten Straßen, sein Blick glasig und leer. Zwei Monate war dieser Vorfall nun her. Zwei Monate war es her... zum einen kam es ihm wie eine Ewigkeit vor... zum anderen als wäre es erst gestern gewesen. Er wusste noch genau, wie sich die Ketten angefühlt hatten. Er wusste noch, wie erleichtert er war, als die Polizisten ihn dort herausgeholt hatten. Und eines würde er ganz sicher niemals vergessen. Das Opfer, dass Lawrence gebracht hatte, um zu seiner Familie zurückzukehren. Vor seinen Augen hatte er sich den Fuß abgesägt. Verzweifelt und von aller Hoffnung verlassen. Adam erinnerte sich genau an seinen Ausdruck – voller Tränen, schreiend und brennend darauf, sich zu befreien, wie ein wildes Tier. Der abnormale Schmerz schien ihm nichts ausgemacht zu haben, im Gegenteil. Adam glaubte, er hatte ihn nicht mal gespürt. In dem Moment hatte er wohl nur an seine Frau und seine Tochter gedacht. Was Adam jedoch am meisten verfolgte, waren seine letzten Worte. „Ich werde dich doch nicht anlügen...“ Adam schluckte. Obwohl mittlerweile schon zwei Monate dazwischen lagen, spürte er all diese grässlichen Gefühle immer noch. Den harten, kalten Boden, den Gestank von Schweiß, Schmutz und Metall... den Geschmack von Blut... Er biss sich auf die Unterlippe. Er hatte sich vorgenommen, all das hinter sich zu lassen, doch er schaffte es nicht – er konnte es nicht. Es war nicht nur die Angst, die ihn daran fesselte... mehr oder weniger war es auch Lawrence... er wusste bis heute nicht, was mit ihm geschehen war. Es war das letzte mal, dass er ihn gesehen hatte. Sie waren in diesem Badezimmer so etwas wie Freunde geworden. Sie kannten sich kaum, und doch hielten sie zusammen, um ihr Leben zu retten. Und genau das hatte ihn mit Lawrence verbunden. Er würde wohl nie wieder der aufgeweckte Fotograf sein, der er einmal war... Der junge Mann seufzte. Er hatte furchtbares Leid erlebt. Leid, dass sich andere in ihren schlimmsten Albträumen nicht ausmalen konnten. Wie weit gehen die Menschen, um ihr Leben zu retten? Welchen Teil opfern sie, um weiter zu leben? Diese Fragen schossen ihm durch den Kopf wie ein Meteorregen. Er konnte an nichts anderes denken. Er biss sich auf die Unterlippe. Es war wie jeden Tag auch. Er nahm sich vor, es zu vergessen – doch wieder gelang ihm das nicht. Er trottete am Schaufenster eines Juwelierladens vorbei, und ein kurzer Blick hinein zwang ihn, stehen zu bleiben. Er blickte in das Glas hinein, sah sein Spiegelbild vor sich. Was war nur aus ihm geworden? Sein einst gesunder Körperbau hatte sich verändert, er war entsetzlich dünn geworden. Sein einst glänzendes, dunkles Haar hing schlaff und fade an seinen Ohren herunter, es war gewachsen. Seine einst fröhlichen, lebhaften Gesichtszüge hatten sich in einen traurigen Ausdruck verwandelt. Sein Gesicht hatte den Ausdruck einer einsamen, kalten Schneelandschaft, oder einer riesigen, grauen Betonwand. Sein naturgegebenes attraktives Gesicht zierten nun Blässe, Trauer und Einsamkeit. Am meisten hatten sich jedoch seine Augen verändert. Adam presste seine Nase leicht gegen das Glas, um sie besser zu sehen. Obwohl das Glas nicht den gleichen Effekt wie ein Spiegel hatte, sah er genau, wie sie sich verändert hatten. Sie hatten immer noch die unbeschreibliche, graublaue Farbe, und doch waren sie anders als vor zwei Monaten. Trüb. Leer. Glasig. Als ob man ein Licht gedämmt hätte. Adam seufzte. Er schüttelte den Kopf, um wieder zur Besinnung zu kommen, und schlenderte weiter, bis er an ein Eiscafé kam. Ausdruckslos blickte er hinüber. „Ein Kaffee weckt mich vielleicht auf...“ Er lief zur Theke, bemerkte, wie hinter ihm zwei junge, hübsche Mädchen kicherten, ihn ansahen, immer wieder, heimlich. Damals hätte er zumindest zu ihnen herüber gelächelt, aber heute interessierten sie ihn gar nicht. Heute war alles anders. „Was kann ich Ihnen bringen?“ Adam hörte ihn nicht einmal. Sein Blick blieb an einem Rohr kleben, dass an der Hauswand befestigt war. Seine Augen waren weit aufgerissen, er spürte, wie die Kälte, die Erinnerung in ihm aufstieg. Er musste sich zusammen reißen, um nicht laut loszuschreien, als ihn plötzlich eine Stimme aus den Gedanken riss. „Sir?“ Adam sah auf. Der Mann an der Theke hatte ihn erneut gefragt. Er hatte eine seiner dunkelbraunen Augenbrauen in die Höhe gehoben, seine braunen Augen schimmerten skeptisch. „Oh, tut mir wirklich leid. Einen Kaffee... bitte...“, murmelte Adam verlegen. Der Barkeeper erkannte einen rosanen Schimmer auf seinen blassen Wangen, lächelte ihn an. „Ach, ist doch nicht weiter schlimm! Sie hatten heute wohl einen harten Tag...“, meinte er, drehte sich um und lief zu einer Kaffeemaschine. Adam seufzte tief. Hart war sein Tag nicht gewesen. Nur wie jeder andere auch. Ungewollt drehte er den Kopf wieder zu dem Rohr. Eigentlich wollte er es gar nicht, er hatte durch die Entführung eine Abneigung gegen Rohre entwickelt. Jedoch zwang ihn irgendwas, er konnte sich einfach nicht zurückhalten. Die furchtbaren, kalten Bilder drangen wieder in seinen Kopf, seine Lippen begannen zu zittern. Langsam schien die laute, fröhliche Welt um ihn herum zu verschwinden, und das kalte Bild eines Badezimmers umringte ihn. Adam wurde bleich, er konnte nicht verhindern, was mit ihm geschah. Die Erinnerung war stärker als er. An dem Rohr erschien eine Kette, daneben eine Säge... Sein Zittern wurde stärker, und ganz plötzlich spürte er, wie ihn jemand an der Schulter berührte. „WEG VON MIR!“ Wie der Blitz drehte er sich um und schlug die Hand weg, die ihn angefasst hatte, und starrte in das entsetzte Gesicht des Kellners. Er hatte ihm doch tatsächlich den Kaffee aus der Hand geschlagen. „I-Ich wollte Ihnen nur ihren Kaffee geben, Sir!“, stammelte der Ärmste verwirrt. Alle Leute hatten sich zu ihnen umgedreht, teils verwirrt, teils neugierig. Völlig entsetzt über sich selbst starrte Adam auf die zerbrochene Tasse und die Kaffeelache, die ihm nun zu Füßen lagen. Als würden Sklaventreiber ihn von hinten auspeitschen, warf er sich zu Boden und versuchte, die Scherben aufzusammeln. „Das tut mir furchtbar leid! Bitte, entschuldigen Sie! Ich bezahle den Schaden, keine Sorge! Oh Gott, tut mir das leid...“, stammelte er hastig und hob mit zitternden Händen die Scherben auf, legte sie vorsichtig auf den Tresen. Der Kellner sah ihn verwirrt an, nickte dann jedoch verständnisvoll. „Ist schon in Ordnung, Sir! Machen Sie sich keine Sorgen, ich mache das schon! Sie sollten sich ausruhen“, sagte er und brachte die Scherben weg. Adam zitterte wie Espenlaub, das war nicht seine Absicht gewesen. Beschämt sah er zu Boden, er hasste sein Leben. Seit zwei Monaten hasste er es. _____________________________________ So, liebe SAW Fans! Das war das erste Kapitel! Ich hoffe, euch hat es gefallen. Über Lob, Kritik, Anregungen und sonstiges freue ich mich immer! Kapitel 2: Déjà Vu ------------------ Adam lief, nein, eher rannte die Straßen bis hin zu seiner Wohnung entlang. Das alles eben war ihm nicht nur furchtbar peinlich gewesen, auch hatte er sich wieder an zu viel erinnert als er eigentlich wollte. Das hatte es ihm wieder einmal bewiesen. Er konnte es nicht vergessen. Egal, wie sehr er sich auch bemühte. Als die Polizei ihn gefunden hatte, hatte er bereits aufgehört zu schreien. Seine Retter hatten ihn weinend aufgefunden. Er hatte sich verzweifelt über Zeps toten Körper gebeugt und aus zwei Gründen bitterlich geweint. Aus Todesangst und aus Sorge um Lawrence. Und wieder errötete er. Die Todesangst war berechtigt. Allerdings wusste er nicht so genau, weshalb er sich Sorgen um Lawrence machte. Nicht nur, dass dieser hochnäsige, zu sehr von sich selbst überzeugte Arzt ihm auf die Nerven ging weil er alles besser wusste... sondern auch, weil er ihn gar nicht kannte. Adam wusste eigentlich überhaupt nichts über ihn. Vielleicht war es dieses süße, freundschaftliche Versprechen, das er ihm am Ende gemacht hatte. Vielleicht war es aber auch... die Nähe zu ihm gewesen... seine kalten, und doch so weichen Hände zu spüren... Sein Geruch... vermischt mit Schweiß und Blut, aber doch einzigartig... männlich... Seine Augen... ein klares Blau, tief wie Wasser selbst... Wieder spürte er, wie die Hitze in seinem Gesicht aufstieg und seine Wangen sich rosa färbten. Er schluckte. Wieso nur fühlte er seinen gesamten Körper kribbeln wenn er an Lawrence dachte? Dieser Mann war die ganze Zeit über nichts als ein nerviger Besserwisser gewesen! Am Ende jedoch hatte er sich als Freund erwiesen. Nun war er tot. Adam war sich mehr als sicher, dass Lawrence tot war. Entweder war er an dem massiven Blutverlust gestorben... oder vielleicht durch... Jigsaw. Adam schluckte. Er wusste nicht, dass Jigsaw nicht tötete. Er wusste nur, dass dieser Mann ihn hatte einsperren wollen weil er es nicht über sich gebracht hatte, sich ebenfalls den Fuß abzusägen. Adam spürte gewaltigen Hass in sich aufsteigen. Er hatte ihnen beiden unvorstellbares Leid zugefügt. Lawrence wäre vor Sorge um seine Familie fast gestorben. Dieser Gedanke brachte Adam zum seufzen. Lawrence war tot. Daran bestand kein Zweifel für ihn. Betrübt holte Adam die Schlüssel zu seiner Wohnung heraus und wollte gerade aufschließen, als ihm jemand ins Auge stach. Eine Frau. Sie war etwas weiter weg, auf einem Parkplatz in der Nähe seines Hauses. Ende zwanzig schätzte er. Braunes Haar, Pferdeschwanz, lockere Kleidung. Schneidendes Funkeln in den Augen. Adam konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden. Es war, als hätte er sie schon mal gesehen. Ihr Gesicht ließ ihm keine Ruhe. Adam ließ seine Hand vorsichtig in seine Tasche wandern. Sie berührte seine Kamera, und für einen kurzen Moment spielte er mit dem Gedanken, sie zu fotografieren. Er wusste selbst nicht, warum. Dies war eine fremde Frau, und sie hatte nichts Außergewöhnliches an sich, das es wert war, mit einem Foto festgehalten zu werden. Urplötzlich hatte sie zu ihm aufgesehen. Er konnte selbst aus der Ferne erkennen, dass sie ihn ansah. Adam schluckte. Ihm war es unangenehm. Sie hatte irgendetwas Erschreckendes an sich. Schnell wand er sich von ihrem Blick ab, schloss die Haustür auf und knallte die Tür hinter sich zu. „Geschieht mir recht“, dachte er sich. Die Frau hatte ihn schließlich nur deshalb angesehen, weil er damit angefangen hatte. Er seufzte, vergrub sein Gesicht in einer Hand. Er hatte sich vollkommen verändert. Er war ein anderer Mann geworden. Damals hätte er nie einfach so eine Frau angestarrt. Dafür hätte sie schon atemberaubend hübsch sein müssen. Alles war anders geworden. „Faulkner!“, holte ihn eine tiefe Stimme aus seinen Gedanken. Adams Blick schreckte hoch. Vor ihm stand sein Vermieter. Alt, dick und bucklig, aber trotzdem eine Stimme, die das ganze Land aufwecken könnte. Adam holte tief Luft. Was jetzt kam, wusste er genau. „Ja, Mr. Hobbs?“ Der alte Mann stampfte auf ihn zu. „Die Miete ist fällig, Faulkner! Spätestens morgen will ich das Geld in meinem Briefkasten sehen! Ich kann nicht ewig Verspätungen dulden, denken Sie etwa, dass ich noch hundert andere Untermieter habe!“, brummte er ihn an. Adam seufzte. „Natürlich, Sir. Morgen ist das Geld da, Sie haben mein Wort“, nuschelte er entkräftet. Er war müde und lustlos, und der ewige Druck seines Vermieters erleichterte es ihm nicht, mit seinem Verdienst klarzukommen. Mr. Hobbs nickte. „Gut. Da das ja nun wieder einmal von mir persönlich geklärt werden musste, können Sie jetzt gehen.“ Adam verdrehte die Augen. „Zu gütig...“, murmelte er und trottete langsam die Treppen hoch. „Ach, und... Faulkner?“ Adam seufzte erneut und drehte seinen Kopf zu ihm. „Ja, Mr. Hobbs?“ „Essen Sie was und gehen Sie duschen. Sie sehen nicht gerade sexy aus.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen wand Adam sich von ihm ab und lief nach oben. Wie dünn, blass und entkräftet er aussah, wusste er. Das musste ihm niemand auf die Nase binden. In seinem Wohnzimmer angekommen schleuderte er seine Tasche schwach auf die Couch und zog sein Hemd aus. Es landete auf dem Boden, während er langsam Richtung Bad ging und sich den Rest seiner Kleidung entledigte, bis er gar nichts mehr trug. Er drehte das Wasser auf und ließ auf seinen unbedeckten, schmächtigen Körper prasseln. Er dachte nach. Zwei Monate... und noch immer war es nicht verdrängt... Sanft lehnte er sich an die Duschwand, spürte nichts als kalten Stein und Wasser. Wonach er sich allerdings sehnte, war ein Körper. Ein starker, warmer Körper, der an ihm festhielt, der ihm zeigte, dass er nicht allein sein würde. Als Lawrence das Badezimmer verließ, hatte Adam nicht nur die nackte Angst seinen Körper entlang fahren spüren, sondern auch die Trauer. Wenn sie sich auch nur für wenige Stunden gekannt hatten – Adam war sich sicher, das mehr dahinter steckte. Ihre Hände hatten sich berührt. Seine waren warm und verschwitzt gewesen, die von Lawrence kalt und zitternd. Er war durch den Blutverlust kreidebleich im Gesicht geworden, doch sein warmer, unregelmäßiger Atem hatte gezeigt, dass er noch lebte. Zumindest, dass sein Leben am Seiden Faden gehangen hatte. Adam fuhr sich Trübsal blasend durch sein nasses Haar und presste seinen Rücken and die Duschwand. Es kam, wie es kommen musste. Nun schoss ihm Lawrences Stimme durch den Kopf. Seine Worte. „Du wirst wieder gesund werden... ich werde Hilfe holen...“„Keine Sorge, ich schicke jemanden her... versprochen...“ Adam kniff die Augen zusammen. Er wollte nicht daran denken, doch sein Kopf konnte es nicht verbannen. „Ich werde dich doch nicht anlügen...“ Nun war er kurz davor, zusammenzusacken. Er weinte. Er wollte nicht wahrhaben, dass Lawrence tot war. Und doch war es sich dessen bewusst. Er stellte das Wasser ab, trocknete sich und zog sich Jeans und Hemd an. Sein Haar war noch nass, aber das störte ihn nicht. Und ganz plötzlich fiel sein Blick auf das Shirt, das er damals in dem Badezimmer getragen hatte. Die weiße Farbe war von Staub und Schmutz bedeckt, dunkle Blutspuren zeichneten sich darauf ab. Seit Adam aus dem Badezimmer gerettet wurde hatte er es nicht einmal gewaschen. Er kniete sich hin und hob es behutsam hoch. Obwohl es absolut unmöglich war, dass Lawrences Duft irgendwie daran haftete, sog er den Duft des Shirts ein. Doch was er roch war nichts als Schmutz, Schweiß und Blut. Er legte sich auf seine Couch, gab keinen Laut von sich. Lawrences Stimme war immer noch in seinem Kopf, leise und sanft rüttelte sie seine Erinnerung wach. Er zog die Knie an und ließ sich in das Leder der Couch sinken. Schlaf ließ vieles vergessen. Träume lenkten ab. Adam hoffte, dass dies eine Lösung für ihn war. Er schloss die Augen, und es verging nicht viel Zeit, bis er ins ewige Schwarz des Schlafes gezogen wurde. Kalte, schmutzige Hände hatten die seinen umschlossen, hielten sie fest und still. Tiefe, blaue Augen sahen in die seinen, waren verdeckten von einigen dunkelblonden Haarsträhnen. Seine Lippen öffneten sich, um zu ihm zu sprechen. „Du wirst wieder gesund werden... ich habe nur deine Schulter verwundet... ich muss los und... Hilfe holen...“ „Keine Sorge... ich schicke jemanden her... versprochen...“ „Ich werde dich doch nicht anlügen...“ „Ich liebe dich...“ Adam riss die Augen auf. Kalter Schweiß lag auf seiner Stirn, sein ganzer Körper bebte, sein Herz schlug so schnell, dass es drohte, aus seiner Brust heraus zu springen. Er sah aus dem Fenster. Tiefschwarze Nacht. Sein Blick fiel auf die Uhr. 22 Uhr 53. Er sprang von der Couch hoch, zog sich sein Hemd über Er nahm seine Autoschlüssel, lief aus dem Haus und stieg in seinen Wagen. Egal, wie viel Zeit noch vergeht... ich werde es nie vergessen, dachte er. Während der Fahrt hätte er noch die Zeit gehabt, nachzudenken. Ob es das Richtige war. Doch kein anderer Ausweg wollte ihm in seiner Verzweiflung einfallen. Er war an der Brücke angekommen. Ein paar Augenblicke vergingen bevor er sich der Rehling näherte. Seine Hände umschlossen das Eisen, er blickte auf das dunkle Wasser hinab, das nach ihm zu schreien schien. Gerade, als er den Mut dazu aufgebracht hatte, über die Rehling zu steigen, wurde er aufgehalten. Er spürte einen festen Griff an seinen Armen, jemand drückte ihm die Handgelenke hinter seinem Rücken zusammen, und noch bevor er um Hilfe schreien konnte, presste ihm jemand ein Tuch auf den Mund. Ein Tuch mit Chloroform. „Tut mir leid, Adam...“ Adams Kopf wand sich in alle Himmelsrichtungen, und bevor er das Bewusstsein verlor, hatte er nach hinten und in ein Gesicht geblickt. In das Gesicht einer Frau. Kapitel 3: Treffen mit dem Teufel --------------------------------- Kapitel 3 – Treffen mit dem Teufel Adam blinzelte schwach, seine Augenlider fühlten sich schwer und leblos an. Langsam bewegte er seinen Hals, doch noch bevor er sein Umfeld erblicken konnte, hatte ihm jemand das gleißende Licht einer Lampe direkt ins Gesicht gehalten. Reflexiv kniff er die Augen zu, ein schwaches Stöhnen entglitt seiner Kehle. Es vergingen mehrere Sekunden bevor er sie wieder öffnete, doch als es soweit war, konnte er nichts mit seiner Situation anfangen. Vor ihm stand eine Frau, sie war diejenige, die die Lampe hielt. Adam stutzte. Es war ohne Zweifel die Frau vom Parkplatz. Er wollte aufstehen und sie fragen was vor sich ging, doch erst jetzt bemerkte er, dass er an einen Stuhl gefesselt war. Seine Gliedmaßen fühlten sich taub an, doch das hinderte Adam nicht daran, panisch zu werden. Er hatte seine Stimme wiedergefunden. „Was soll das! Wo bin ich hier!“ Seine Hände waren an die Rückseite des Stuhls gebunden, auf dem er saß. Er schrie. „Ich sagte was soll das! Warum...?!“ Erst jetzt erkannte er, wer sie war. Es war Amanda. Die junge Frau, deren Haare er damals komplimentiert hatte. Vor zwei Monaten... in der Nacht, als er entführt worden war. Seine Verwirrung stieg. Seine Angst ebenso. Sie hatte ihn entführt. „Was mache ich hier? Wieso tun Sie das, was haben Sie mit mir vor!“ Immer wieder neue Fragen, aber nicht eine wurde beantwortet. Alles, was sie sagte, war: „Frag nicht mich, sondern ihn.“ Sie tat einen Schritt zur Seite, und zum Vorschein kam ein Mann. Groß, blass und fahl. Angst stieg in Adam auf, seine Augen weiteten sich. Er kannte diesen Gesicht. Er kannte diesen Mann. Vor ihm stand die Person, die inmitten des Badezimmers aus der Blutlache aufgestanden war und ihn allein hatte sterben lassen wollen. Vor ihm stand Jigsaw. Mit einem prüfenden Blick betrachtete er ihn durch seine glasigen Augen, verzog keine Miene. Adam hingegen begann vor Angst zu zittern. Er spürte allein bei seinem Anblick sein Herz rasen. „Wiedersehen macht Freude, Adam. Doch Sie sehen eher verstört aus. Und ich glaube, das hat etwas mit Ihrer momentanen Lage zu tun“, sagte er leise. Verzweifelt versuchte Adam, sich von den Fesseln loszureißen, schrie. „Was ist mit euch! Ihr seid doch wahnsinnig!“ John schüttelte den Kopf. „Die Frage ist, was mit Ihnen ist, Adam“, entgegnete er. Adam brannte innerlich. „Sie! Sie kranker Irrer! Wissen Sie, was Lawrence Ihretwegen getan hat?! Er hat sich verdammt noch mal den Fuß abgesägt! Und er war bereit, mich zu töten! Ist das Ihr Hobby? Geilen Sie sich daran auf?! Sie sind ein verdammtes, blutgieriges Tier!“, fauchte er ihn an. John seufzte und sah betrübt an die Decke. „Genau aus diesem Grund sind Sie hier, Adam. Sie haben immer noch nicht verstanden, worum es in meinem Spiel eigentlich geht. Und Sie haben Ihren Test nicht bestanden. Sie sollten sich glücklich schätzen, normalerweise gebe ich keine zweite Chance“, erklärte er kühl. Wimmernd warf Adam den Kopf in den Nacken, zappelte wild umher. „Was hab ich Ihnen denn nur getan!“, schrie er hilflos. Der Ausdruck auf Johns Gesicht änderte sich in keinster Weise. „Es geht nicht um mich. Mir haben Sie gar nichts getan. Was Sie anderen getan haben ist der springende Punkt“, sagte er. Adam ballte die Fäuste, sein Zappeln und Ziehen verstärkte sich. „Nie habe ich jemandem was zuleide getan, hören Sie! Keiner ist durch mich zu Schaden gekommen!“, raunte er. John hab eine Augenbraue. „Was ist mit Dr. Gordon?“ Die Luft in Adams Lungen schien zu ersticken. Er konnte nicht antworten, nur in Gedanken schwelgen. Lawrence... allein sein Name füllte nun seinen Kopf. Er starrte John an. Dieser sah aus, als wolle er ihm nun unverblümt ins Gesicht grinsen. Doch er tat es nicht. Es war, als wäre sein Gesicht nichts weiter als eine starre, bleiche Maske, durch die ein Paar eisblaue Augen ihn anstarrten wie die eines Kampfhundes, der einen Einbrecher in die Enge getrieben hatte. John nickte. „Sie wissen genau, was ich meine. Sie kennen den Fehler, den Sie begangen haben. Sie haben sein Leben auf Fotos festgehalten, um sie dann an einen ehemaligen, schizophrenen Detective auszuliefern“, sagte er in der gleichen monotonen Stimmlage wie immer. Adam sah beschämt zu Boden. Er wusste, dass er Recht hatte. Und genau das war es, was ihm zu schaffen machte. John holte ihn aus seinen Gedanken heraus. „Nun, Sie können es gutmachen. Ihre Zeit zu büßen ist gekommen.“ Adams Kopf schnellte hoch, hilflos sah er Amanda an. „Bitte! Helfen Sie mir, der Typ spinnt doch! Helfen Sie mir!“, flehte er sie an. Amanda schüttelte hilflos den Kopf. „Ich kann nicht... tut mir leid...“, sagte sie beinahe wimmernd. John hob die Hand. „Sehen wir doch mal in das Gesicht eines Voyeurs...“, sagte er leise und umfasste Adams Kinn, drehte sein Gesicht von links nach rechts. Adam versuchte, sein Kinn aus seinem Griff zu entreißen. „Fassen Sie mich nicht an, Sie Teufel! Sie sollen mich nicht anfassen!“, fauchte er ungehaten, sein Kopf wand sich wild umher wie eine Katze, die versuchte, sich aus einem zugenähten Sack zu befreien. „Hmm...“, murmelte John. „Augen in der Farbe des Regens... aber getrübt wie dunkle Gewitterwolken...“ „Ich sagte Hände weg, Sie mordgeiles Arschloch!“ John zog seine Hand ruckartig zurück. Adam hatte versucht, ihn zu beißen. „Ich habe mich schon gefragt, wo Ihr Lebensgeist hin ist. Gestern noch haben Sie ausgesehen, als ständen Sie kurz vorm Exitus“, sagte er. Adam brüllte nicht mehr. Er seufzte, sah auf den Boden. „Das bringt doch alles nichts. Na los, bringen Sie mich um. Ich habe mich entschieden, ich bin bereit, zu sterben“, sagte er leise. John blinzelte. „Nein, sind Sie nicht. Welchen Grund hätten Sie, sterben zu wollen? Sie sind unversehrt aus dem Badezimmer gekommen“, sagte er. Erneut fühlte Adam die Hitze in sich aufsteigen. Ungewollt färbten sich seine Wangen puterrot. „Ja, Sie haben vermutlich recht“, seufzte er. John sah Amanda vielsagend an. „Was sagst du dazu, Amanda? Du weißt, dass ich niemandem so sehr vertraue wie dir. Was verdient er? Den Tod? Das Leben? Eine Strafe?“, fragte er. Amanda schluckte. Sie hob nicht den Kopf, einzig ihre Augen sahen zu ihrem Patron auf. „Ich... ich denke, er verdient eine zweite Chance...“, sagte sie zaghaft. John nickte. „Die soll er kriegen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Spiel sein Leben verändern wird“. Adam fauchte wie eine aufgebrachte Katze. „Ein Spiel? Sie nennen das ein Spiel? Sie sind so ein Schwein!“, fuhr er ihn an. „Das ist krank! Sie sind doch nicht besser als andere, indem Sie sie entführen und zu Tode quälen!“ Diesmal verzog John das Gesicht. „Sie haben sich kein wenig verändert. Immer noch dasselbe aggressive Kind wie vor zwei Monaten!“, stellte er verärgert fest. Er verließ den Raum, nur Amanda blieb bei ihm. Wieder begann Adam, ungestüm zu zappeln. „Bitte, lassen Sie mich gehen! Wer weiß, was der Kerl mir antut!“, flehte er. Amanda schüttelte wild den Kopf. „Ich kann nicht, das sagte ich doch! Ich kann ihn nicht enttäuschen, das will ich nicht!“ Adam sah sie ungläubig an. „Sagen Sie bloß der Kerl bedeutet Ihnen was!“ Amanda wimmerte, nickte. „Ja, er bedeutet mir alles! Und er tut das einzig Richtige! Er ist der Einzige, der mich versteht und dem ich irgendwie am Herzen liege!“, sagte sie unter aufkommenden Tränen. „Auch ich musste ihn verdienen. Auch ich musste einen seiner Tests bestehen. Und du wirst es auch tun müssen!“ Die Verzweiflung in Adam wuchs. „Bitte! Amanda, richtig? Wenn Sie mich lassen würden, könnte ich Ihnen helfen! Glauben Sie mir! Was es auch ist, ich werde es mir anhören und versuchen, Ihnen zu helfen!“, bot er ihr an, sah sie mit flehenden und verängstigten Augen an. „Amanda, bitte! Sie müssen das nicht tun! Lassen Sie mich gehen!“ ,,Aufhören!“, kreischte sie und nahm mit beiden Händen ihre Pistole, zielte auf ihn. Sie ließ kurz mit einer Hand ab, um sich die Augen abzuwischen, hielt dann aber wieder die Waffe fest umschlossen. „Das hier ist meine Bestimmung! Ich arbeite mit John zusammen, und du wirst niemals Schuldgefühle in mir hervorrufen!“ Adam zitterte als er die kalte Spitze der Pistole auf seiner Stirn fühlte. Amanda versuchte, ihn so zornig wie möglich anzusehen. „Also, keine krummen Dinger, Widerstand und Flucht ist zwecklos! Wage es dir, irgendwas Falsches zu tun, und ich jag dir das Ding ins Hirn!“, drohte sie gefährlich. Ängstlich nickte Adam. Auch wenn er versucht hatte, sich umzubringen... die Angst vor dem Tod war da. Amanda ließ die Pistole sinken. „Gut. L-lass es einfach über dich ergehen und lern gefälligst deine Lektion!“, sagte sie barsch und folgte Jigsaw aus dem Raum. Adam blieb allein zurück, dachte über das nach, was Jigsaw zu ihm gesagt hatte. Amanda hatte ihn John genannt. Das muss sein bürgerlicher Name sein, dachte Adam. Aber das tat für ihn nichts zur Sache. Für ihn würde er immer Jigsaw bleiben. Er würde für Adam niemals etwas anderes sein als der psychopathische, blutgeile Serienkiller, der dafür bekannt war, „Lektionen“ über das Leben zu erteilen. Was Adam jedoch am meisten zu schaffen machte, war die Tatsache, dass er recht hatte. Denn er war Lawrence gefolgt, um dessen Fotos and Detective Tapp auszuliefern. Und dies bereute er nun so sehr, dass es ihm Schmerzen in der Brust bereitete. Ein kleines, aber doch spürbares Stechen in seinem Herzen. Das also nannte man Schuldgefühle. Ekelhaft, entschied Adam. Schuldgefühle vermischt mit Angst. Er dachte über den Traum nach, den er gehabt hatte, bevor Amanda ihn entführt hatte. Nicht nur Lawrences letzten Worte waren darin vorgekommen. Er hatte noch etwas gesagt, was in Wahrheit nicht passiert war. Drei kleine, aber doch unendlich große Worte. Die drei womöglich größten Worte der Welt. Adam schluckte, errötete wieder. Er schämte sich für das, was er empfand. Nie zuvor hatte er so empfunden. Vorsichtig betrat Amanda Johns Zimmer. Sie wollte ihn nicht stören. Die Angst, ihn wieder verlieren zu können, war einfach zu groß. „John?“ Langsam drehte sich der berühmt berüchtigte Jigsaw zu ihr um. Er betrachtete sie prüfend. Er blinzelte. Es war, als hätte er sie gescannt wie ein Computer. „Irgendetwas bekümmert dich, Amanda. Möchtest du mir sagen, was es ist?“, fragte er behutsam. Er näherte sich ihr in langsamen Schritten. „Ist es wegen Adam?“ Amandas Stirn lief rot an. „Vielleicht...“, nuschelte sie. „John... ich frage mich nur... ob wir das Richtige tun...“ John sah auf sie herab. Er überragte sie deutlich. Er überragte die meisten. „Amanda, dieser junge Mann hat sich in fremde Leben eingemischt, die ihn nichts angehen... somit ist er nichts weiter als ein Spitzel, ein Informant. Er muss seine Lektion lernen. Sei unbesorgt... wir machen keinen Fehler“, erklärte er. Amanda seufzte. „Aber er hat ihn doch nur fotografiert. Da draußen gibt es Schweine, die morden, und vergewaltigen, und betrügen...“ John hob ihr Kinn behutsam an. „Das ist mir bewusst. Aber Adams Weste muss reingewaschen werden. Glaub mir, noch ist sie voller Flecken. Du hast ihn doch vorhin gesehen. Er weiß nicht, was er will. Er hat die emotionale Reife von einem Rhinozeros, zumindest zeigt er das nach Außen hin...“ Amandas besorgter und hilfloser Gesichtsausdruck blieb. Sie wollte John ja helfen. Sie wollte seine Nachfolgerin werden. Aber Adam wollte sie nicht wehtun... nicht ihm. In ihren Augen hatte er kein furchtbares Verbrechen begangen. Sich selbst fand sie sehr viel schlimmer. „Dies ist nicht dein Test, Amanda“, sagte er und legte sanft einen Arm um sie. „Deine Prüfung ist vorbei. Du hast sie bestanden und verdienst es, zu leben.“ Nun sah sie endlich zu ihm auf, nickte. „Danke, John...“ Eine Weile blieb es still in ihrem Raum. Keiner der beiden sagte etwas. Bis Amanda seufzte. „Was machen wir mit ihm?“ John erhob sich. „Mach dir keine Gedanken, ich habe schon einen Plan. Noch sträubt er sich wie ein Fohlen, dem man zum ersten Mal Zügel anlegen will. Aber glaube mir... auch dieses Kind kann ich erweichen... und ihn dazu bringen, andere zu schätzen...“ TBC... Kapitel 4: Rache um jeden Preis ------------------------------- @Todeshauch: Freut mich, dass sie wenigstens einem gefällt ;) Kapitel 4. Rache um jeden Preis Der Morgen brach an. Zumindest konnte Adam es an der Uhrzeit erkennen. An der Wand war eine fabrikneue, weiße Uhr. Sie ähnelte der in dem Badezimmer. Durch sie allein verlor Adam sein Zeitgefühl nicht. Es waren keine Fenster in seinem Raum, weshalb er weder Sonnenstrahlen noch Mondschein sehen konnte. Die ganze Nacht war er gefesselt gewesen, hatte geschrieen und gezappelt, doch es hatte natürlich nichts gebracht. Wenigstens ein Gutes hat der ganze Scheiß, dachte er sich. Weder Jigsaw noch Amanda hatten in dieser Nacht seinen Raum betreten. Es wurmte Adam gewaltig. Sie wussten genau, dass er nicht fliehen konnte. Deshalb kontrollierten sie ihn nicht. Es gab keinen Ausweg für ihn. Er war ihr Gefangener. Er seufzte. Was sie mit ihm anstellen würden, wusste er noch nicht. Er wollte es auch gar nicht wissen. Was er jedoch wusste war, dass der Albtraum von Neuem begonnen hatte. Allerdings hatte er nicht verstanden, weshalb sie ihn erneut gefangen genommen hatten. Seit diesem Vorfall vor zwei Monaten hatte er niemandem mehr hinterherspioniert. Er wollte mit Spionage nichts mehr zu tun haben, und trotzdem war er wieder hier. Um Hilfe zu schreien brachte nichts. Niemand konnte ihn hören. Er wusste nicht einmal, in was für einem Gebäude er eigentlich war. Der Raum allein jedoch sah schon ziemlich rustikal aus. Schimmel an den Ecken, einzelne Spinnweben und ein unangenehmer Geruch, der in der Luft lag. Überall roch es nach altem Holz. Die Tür öffnete sich plötzlich. Es war ein Mann, allerdings nicht Jigsaw. Kleiner, brünett, mit einer großen Wunde auf der rechten Gesichtshälfte. Mit schnellen Schritten kam er auf ihn zu und nahm die Lampe in die Hand, hielt sie ihm ins Gesicht und beugte sich über ihn. „Hallo, Kleiner!“ Adam konnte noch nicht sehen, wer es war. Wieder musste er zuerst seine Augen zukneifen, da er das Licht nicht gewöhnt war. Es war ungefähr wie die Lampen in dem Badezimmer damals, bloß kleiner, und nicht ganz so grell. Allerdings in keinster Weise beruhigender. „Mann, lassen Sie das!“, stöhnte er und blinzelte langsam, blickte in das Gesicht des Mannes vor ihm. Er erkannte ihn nicht. Die Wunde bedeckte beinahe seine gesamte rechte Gesichtshälfte, sein rechtes Auge war geschwollen und zugekniffen. „Na, erkennst du mich wieder? Also, ich freue mich, dich zu sehen!“, sagte er. Adam verdrehte die Augen. „Nein, ich erkenne Sie nicht! Und da Sie anscheinend mit diesen zwei Geisteskranken gemeinsame Sache machen, will ich Sie auch gar nicht kennen!“, raunte er. Der Mann schüttelte den Kopf. „Du bist nicht nett zu mir. Das kränkt mich. Wo ich Jigsaw doch erst mal die ganze Zeit anquengeln musste, dass er dich zu mir holt“, sagte er und rümpfte die Nase. „Jetzt kann ich’s dir endlich heimzahlen, du Bazille!“ Verwirrung stand Adam ins Gesicht geschrieben, doch sie verflog schnell. Er seufzte genervt. „Ist nichts Neues. Ich hab jedem was angetan. Ich bin Schuld an allem Unheil dieser Welt“, sagte er kühl. „Sagen Sie schon, was habe ich Ihnen getan?“ Der Fremde strich sich mit der Hand über seine Wunde, kam Adams Gesicht näher. „Es gibt Regeln. Er war zu spät, und du hast mich nicht tun lassen, was ich tun musste“, flüsterte er fast. Und nun schoss Adam die Erinnerung zurück in den Kopf, seine Augen weiteten sich. Zep Hindle. Der Mann, von dem er gedacht hatte, er hätte ihn getötet. „S-Sie leben?? Aber ich... ich hatte doch... Sie... warum... wie...!“, stammelte er verwirrt. Zep gluckste vergnügt. „Dachtest du, du bist der Einzige, der aus dem Badezimmer rausgeholt wurde? Ich war nicht tot... allerdings war ich schwer verletzt. Gehirnerschütterung, Schädelbasisbruch... und sieh dir bitte mal mein Auge an!“, knurrte er und zeigte auf sein wundes rechtes Auge. „Das warst alles du! Und das Gift wurde mir nebenbei auch entfernt... aber alles nicht von dem lieben Dr. Gordon... das waren Ärzte, die nicht so hinterhältig mit ihren Familien umgehen!“ Adam zuckte zusammen. Er wusste dass Lawrence seine Frau hintergangen und seine Tochter vernachlässigt hatte. Aber den Tod hatte er deswegen nicht verdient. „Reden Sie gefälligst nicht so über ihn! Sie wissen gar nichts über Dr. Gordon!“ Zep knurrte. „Ich weiß genug! Mehr als du auf jeden Fall! Ich hab mit dem Scheißkerl in der selben Klinik gearbeitet, falls dir das entgangen sein sollte!“ Nun wurde Adam wütend. Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. „Er ist kein Scheißkerl! Er hat sich furchtbare Sorgen um seine Familie gemacht! Dr. Lawrence Gordon war ein fürsorglicher und guter Mann!“ Zep knirschte aufgebracht, schlug die Lampe ruckartig mit seiner Hand zu Boden. „Dr. Gordon ist nichts weiter als ein egoistisches, selbstgefälliges Schwein!“ Adam blieb trotz diesem Wutanfall von seinem Gegenüber unbeeindruckt. Er hatte Lawrence am Telefon zu seiner Tochter sprechen hören. So konnte nur ein besorgter, liebevoller Vater sprechen. Und auch um seine Frau war er besorgt gewesen. Er hatte vor Sorge weinen müssen. Er war bereit gewesen, einen Teil seines Körpers für das Leben seiner Familie aufzugeben. Dann plötzlich schoss Adam ein anderer Gedanke durch den Kopf. „S-sie sagten ‚ist’?“ Zep sagte nichts. Das war für Adam Antwort genug. „Lawrence ist am leben?“ Er fühlte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel und sich ein wohliges Gefühl in seiner Magengrube breit machte. Lawrence war nicht tot! Zep spuckte auf den Boden. „Natürlich lebt der Mistkerl! Hätte nicht gedacht, dass er’s bis nach draußen schafft... wurde von nem alten Mann gefunden und ins Krankenhaus gebracht... ist mittlerweile wieder mit seiner Familie vereint...“, erklärte er knapp. Adams Gesicht erhellte sich. „Er hat also die Polizei hergerufen...?“ Zep lachte auf. „Mach dich nicht lächerlich, Kleiner! Der hat dich total vergessen! Hat nur an seine Familie gedacht in dem Moment!“, gluckste er. Adam ließ sich von ihm nicht einschüchtern. „Doch, das hat er! Er hat mir versprochen, mir zu helfen! Nur er kann es gewesen sein!“, sagte er. Zeps Lachen wurde nur noch lauter, er sah belustigt an die Decke. „Du bist richtig naiv, Kleiner. Das ist ja so süß. Aber bleiben wir realistisch. Dieser Mann hat Frau und Tochter. Wieso sollte ihn dann also das Wohlbefinden eines Jungen kratzen, der ihm hinterher spioniert ist und ihn an einen Detective verraten hat?“ Daran hatte Adam nicht gedacht. Der Stein, der ihm eben vom Herzen gefallen war, plumpste gnadenlos wieder drauf. „A-aber... wer hat dann... ich bin doch...“ Zep grinste ihn breit an. „Das kann jeder gewesen sein, Kleiner. Wer würde schon einen hübschen Happen wie dich einfach sterben lassen? Das wäre doch eine furchtbare Vergeudung...“, hauchte er und näherte sich seinem Gesicht. Ohne Zeit zu verlieren ging Adam auf Opposition. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Wenn Sie nicht sofort zwei Schritte nach hinten gehen beiße ich Ihnen die Nase ab!“ Zep grinste. „Das kannst du nicht, Kleiner. Glaub mir... um dich leiden zu sehen würde ich alles tun...“, sagte er, rieb seine Wange an der des Jungen. Adam zappelte. „Weg von mir, du schleimige Kröte!“, knurrte er. Zep lachte. „Gefällt dir nicht, das hab ich mir gedacht. Ich bin ja schließlich nicht dein liebster Doktor“, sagte er. Adam schluckte, wurde puterrot im Gesicht. „W-was?!“ Zep sah ihm ins Gesicht. „Tu nicht so als wüsstest du nicht, wovon ich rede. So wie du ihn verteidigst... so wie du dich hast gehen lassen in den letzten Tagen...“ Er grinste. „Wie du mich angegriffen hast, nur um ihn zu beschützen...“ Adam war froh, dass die Lampe kaputt am Boden lag. So konnte Zep zumindest nicht sein tiefrotes Gesicht sehen. Wieder näherte sich sein Gesicht dem seinen. „Ich mache dein Leben hier zur Hölle. Im Vergleich zu mir wird Jigsaw zärtlich mit dir umgehen“, flüsterte er. Adam mochte diese Nähe zu ihm nicht. Dieser Mann war ihm genauso unheimlich wie Jigsaw es war. „Verdammt, geh endlich weg von mir!“, schrie er. Zep wich zurück, blinzelte. „Verstehe. Du stehst wohl nicht auf mich. Schade“, sagte er. „Oh Gott, jammerschade.“ Amanda kam herein, seufzte genervt. „Zep, lass den Jungen in Ruhe. Anordnung von John. Und von mir übrigens auch!“, sagte sie. Zep lachte. „Reg dich nicht auf, Mandy! Ich hab dem Kleinen kein Haar gekrümmt. Im Gegenteil, ich war richtig lieb zu ihm...“, sagte er und grinste Adam an. Nun kam auch Jigsaw herein. „Zep, es reicht jetzt. Mr. Faulkner ist nicht deine Angelegenheit, hilf mir lieber statt ihn zu stören.“ Zep zuckte mit den Schultern, und dann drehte John seinen Kopf zu Adam hin. „Ich bitte um Vergebung, Adam. Es tut mir leid, dass Mr. Hindle sich manchmal nicht im Griff hat. Es kommt nicht mehr vor“, sagte er leise. Adam verzog keine Miene. „Ich muss pinkeln!“, sagte er starr heraus. John nickte. „Natürlich, davon werde ich Sie nicht abhalten. Jemand wird Sie mit auf die Toilette begleiten“, sagte er. Zep grinste. „Ich kann das doch machen! Glauben Sie mir, den lasse ich nicht entkommen!“ John schüttelte den Kopf. „Nein, Zep. Ich hätte lieber, dass Amanda das macht“, sagte er. Adam knurrte. „Ja, wäre mir selbst auch lieber!“ Zep lachte leise, hob eine Augenbraue. „Wieso das? Hast du was zu verbergen, Kleiner?“ Gerade wollte Adam ihn anschreien als Amanda ihn losmachte und ihm die Pistole an die Schläfen hielt. „Los jetzt! Und beeil dich gefälligst!“, befahl sie und führte ihn bis hin zur Toilette. Auf dem Weg dorthin war Adam in Gedanken versunken. Es war keine Lüge, dass er auf die Toilette musste. Auch war ihm bewusst, dass sämtliche Fluchtversuche zwecklos waren. Doch er dachte nur an eines. Lawrence war am leben. Und dies motivierte ihn selbst auch dazu, weiter zu leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)