Doch nicht deine Lily (not Lily) von Visu_Angel_Nori ================================================================================ Kapitel 1: Lily oder...Cassandra? --------------------------------- Ihre langen rotbraunen Haare wehten im Sturm. Es war Herbst, also war ein Sturm nichts ungewöhnliches. Der Wind der an den Bäumen rüttelte und sie ihres Blätterkleides entledigte zog auch an ihrem Umhang. „Lily!“ rief die Stimme hinter ihr erneut. Und trotz des rauschenden Windes waren die Rufe zu verstehen. Sie ignorierte es weithingehend. Die Stimme klang zunehmend verzweifelter. „Lily! Was soll das?“ Schonwieder. Lily. Einzig das Wetter schien sie zu verstehen, denn der Wind wich einen strömenden Regen. Die dazugehörige Düsternis und der dunkelgraue Himmel, die das Unwetter brachte interessierten sie nicht. Ihre Schritte klangen gleichmäßig und dumpf auf dem modrigen Boden. Schon seit einigen Minuten war kein Ruf mehr zu hören. Hatte er es aufgegeben? Eher aus Reflex blieb sie stehen. Ihre nassen Haare ringelten sich um ihr blasses Gesicht. Der Umhang war inzwischen durchgeweicht. Warum? Fragte sie sich. Warum blieb sie stehen, obwohl sie doch nicht wollte? Wegen ihm? Der Verzweiflung in seiner Stimme? Ein Geräusch hinter ihr riss sie aus ihren Gedanken. Sie wiederstand dem Drang sich umzudrehen. „Du bist doch verrückt…Bei so einem Wetter!..Lily!“ Nein, das war sie nicht. Was ihn anging und den Abstand zwischen ihnen hatte sie sich getäuscht. Sie rannte los. Weg. Weg von ihm. Von allem. Von Lily. Nur sie wusste es, wusste es wirklich. Nur Lily kannte die ganze Wahrheit. „Warte doch!“ Der unebene Boden ließ sie Straucheln und der regen erschwerte ihr vorankommen. Sie rannte also Blindlinks weiter doch das Warum geisterte immer wieder in ihrem Kopf herum. Hatte sie Angst vor der Wahrheit? Vor seiner Reaktion? Beinahe wäre sie gestolpert. Die Schritte hinter ihr wurden lauter, kamen also näher. Und zu allem Überfluss verfing sich ihr Umhang jetzt auch noch in einem Busch. Die nassen Haare versperrten ihre Sicht und so stürzte sie ungalant. „Hab ich dich endlich…“ er rang nach Luft „Hast du dir was getan?“ Sie schüttelte nur den Kopf. Der Klang seiner Stimme war ihr so vertraut, dass es wehtat. Er kam langsam näher „Lily?“ Sie schloss ihre Augen. Hoffte sie das das alles nur ein Traum war? Das sie aufwachen würde? Oder das er verschwand? „Ich habe mir Sorgen gemacht, du warst in letzter Zeit so komisch…“ Er ließ sich ihr gegenüber auf dem Boden nieder, da sie keine Anstalten machte sich zu erheben. Sorgen um mich? Nein, dachte sie, nicht um mich um Lily. Wo sie noch eben gehofft hatte einen Traum zu haben, war ihr nun klar geworden wie unsinnig es doch war. Sie war doch schon längst aufgewacht! Als er erneut keine Antwort bekam wunderte er sich doch sehr, sie war sonst nie um eine verlegen. Unterdessen wagte sie es nicht ihn anzusehen, aus Angst er könnte ihren Entschluss, ihr Vorhaben doch noch ins Wanken bringen. Da sie scheinbar auch nicht reagierte schob er sein Gesicht in ihr Blickfeld, so musste sie doch auf irgendeine Weise reagieren. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Und nun sah er sie auch noch so an. So verzweifelt, sofern sie es richtig Deuten konnte, denn eine Gardine aus schwarzen Haaren verdeckte den größten Teil seines Gesichts. Sie wich seinem Blick aus. Er musste es doch merken, es doch erkennen, dass sie nicht Lily war..nicht die für die er sie hielt! Jetzt zwang er sie, mit einer fast zärtlichen Geste, ihm in die Augen zu sehen. In seinem Bick lag so viel Gefühl, das es ihr unnormal vorkam. Er der immer so distanziert und kühl war. Hatte er sich wirklich so verändert seit sie gemeinsam lernten und einige zeit zusammen verbrachten? Seit sie sich fast drei Mal in einer Woche trafen? Seit sie Lily war? Ob es wohl sein könnte, dass er sich verliebt hatte? In sie? Nein. In Lily. Eine Träne stehl sich über ihre Wange und ging im Regen verloren. „schau mich bitte nicht so an…“ brachte sie mühsam über die Lippen. Sie flüstere, aus Angst ihre Stimme würde beben. Sie schwiegen, doch seine Hände weilten noch auf ihren Wangen. Als ihre Hände die seinen berührten waren diese eiskalt, ob vom Regen oder aus anderen Gründen konnte er nur raten. Ihre Blicke trafen sich. Etwas hatte sich verändert. Die Fröhlichkeit, die sonst in ihren Augen stand, war einer tiefen Traurigkeit gewichen. Bei diesem Anblick wollte sein Herz zerspringen. Auch der strahlende Glanz in ihren Augen war verschwunden und ließ sie so matt und unwirklich erscheinen. Das himmelblau ihrer Augen war zu Eis erstarrt. Es dauerte nicht lange da wusste er was es war: Lilys Augen waren NICHT blau! Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Als er zum sprechen ansetzte legte sie ihm einen Finder auf die Lippen und gebot ihm so zu schweigen. Kurz danach ersetzte sie ihren Finger durch ihre Lippen. Es war ein flüchtiger Kuss. Auch ihre Lippen waren kalt. War sie schon immer so? Er fragte sich wann sie wohl so geworden war, die Lily die er kannte war…Nein, SIE war NICHT LILY! Aber wer war sie dann? Noch ehe er diesen Gedanken zu Ende bringen konnte hatte sie sich aufgerappelt und einige Schritte zwischen sie gebracht. Wusste Lily was für ein Spiel sie mit ihm trieb? Er sprang auf. Bei dem Gedanke daran, dass Lily es wohlmöglich sogar gewollt hatte erfasste ihn die Wut. Sie versuchte Distanz zwischen sie zu bringen und er wollte grade dies nicht, denn er hatte das Gefühl verraten worden zu sein. Von Ihr und…und von Lily…Es dauerte nicht lange und er hatte sie tatsächlich eingeholt. Der Regen war nur noch ein nieseln. Sie stand dort auf einer kleinen Wiese und sah irgendwie verzweifelt aus, doch er schritt unentwegt und immer noch wütend auf die blasse Gestalt zu. Sie wusste nicht recht was sie tun sollte als er sie an ihren schmalen Schultern packte und sie schüttelte. Sie versuchte erst gar nicht sich zu verteidigen, denn mit all dem hätte sie rechnen müssen. War das vielleicht der Grund warum sie so lange geschwiegen hatte? Ein scheinbar nie enden wollender Strom aus Beleidigungen und Vorwürfen hagelte auf sie herab. Sie schloss lediglich die Augen und ließ es über sich ergehen. Schweigend. Was blieb ihr auch anderes übrig? Sie hatte es ja auch verdient… Während dessen versank die Sonne in den prächtigsten Farben im schwarzen See. In dem Dämmerlicht des schwindenden Tages schien ihre haut fast durchscheinend. Unter ihren dichten Wimpern kämpften sich Tränen hervor, die sie am liebsten niemals jemandem gezeigt hätte. Erst als er einen nassen Tropfen auf seinem Handrücken spürte hielt er inne. Sie hatte inzwischen ihre Augen wieder geöffnet. Um sich zu vergewissern hob er ihr Gesicht, so das sie erneut gezwungen war ihn anzusehen. Es waren Tränen die über ihre Wangen kullerten und dort glitzernde Spuren hinterließen. Er lies seine Arme sinken. „Weiß sie es?“ fragte er und rang sichtlich um Fassung. Da sie Sarkasmus momentan für unangebracht hielt bekam er nur ein nicken als Antwort. „Rede gefälligst mit mir!“ fuhr er sie an und hob seine Zauberstab um dem ebengesagten Nachdruck zu verleihen. „Liebst du Lily so sehr?“ fragte sie, so unverblümt das er beinahe aufgelacht hätte. Sie rechnete halb mit einer seiner patzigen Antworten, doch er schwieg. „Sie liebt dich nicht…jedenfalls nicht so wie du sie liebst…“ Ihre Worte waren ihm nichts neues. Er wusste ja das Lily nicht ihn liebte. Und er war es inzwischen gewohnt von Krone und Tatze damit aufgezogen zu werden. Langsam begann es ihm zu dämmern das sie sich ziemlich unwohl fühlen musste, wenn er sie doch immer Lily nannte. „Wie lange geht das schon so? ich meine…“ er wusste einfach nicht wie er es ausdrücken sollte, doch sie verstand was er meinte. „Fast zwei Jahre…“ Zwei Jahre! Und obwohl er ihr so oft in die Augen sah, hatte er sie nicht erkannt! Sie musste sich wahrscheinlich inzwischen mehr als nur unwohl fühlen. War das wohlmöglich der Grund warum sie so traurig war? Man brauchte nicht viel Einfühlungsvermögen um das zu bemerken. Sie sah ihn an. Zwei Jahre…wieder ging ihm so viel durch den Kopf. War es denn wirklich Lily die er liebte? „Ich hätte das nicht machen sollen…das hätte uns wohl viel erspart.“ Brach sie das Schweigen das sie zu erdrücken schien. In seinen Augen stand ein unerwartetes Verständnis. Der Wind frischte wieder auf und riss an den nassen und auch verdreckten Umhängen. Sie tret einen Schritt auf ihn zu, der keine größer Entfernung hätte überbrücken können. Vorsichtig berührte sie seine Wange. „Ich wollte für dich da sein, weil Lily es nicht konnte. Ich wollte dir das geben was Lily nicht konnte.“ Während sie das sagte hielt ihr Blick ihn gefangen und die tiefe Traurigkeit darin kündete von Pein. „Ich wollte dich lieben…“ die letzten Worte waren nicht mehr als ein flüstern. „Ich wollte deine Lily sein, aber ich kann das nicht länger…Ich bin nicht Lily. Ich war so dumm zu glauben du würdest es bemerken…“ Ihm wurde schlagartig klar, dass er sich total verrannt hatte. Das er nicht Lily liebte, sondern dieses blasse Mädchen das nun vor ihm stand. Warum nur hatte er das nicht früher bemerkt? Sie nicht früher erkannt? Oder hatte er es nur nicht wahrhaben wollen? Grade als sie sich von ihm abwenden wollte griff er nach ihren Händen und zog sie zu sich. „Ich habe mich verlaufen…“ sagte er „Und du hast mich wiedergefunden. Ich war so sehr auf Lily fixiert…Ich meine, ich habe nicht bemerkt…“ Sie befreite sich aus seinem Griff „Bitte hör auf…“ Sie klang verzweifelt. „Ich weis das du nicht bemerkt hast das ich blaue Augen habe, ich weis auch das du nicht bemerkt hast das ich mich ganz anderes ausdrücke und ich weis, dass ich es nicht ertragen kann wenn du noch weiter redest! Ich bin nicht Lily Evans!“ Er schaute sie nun seinerseits traurig an, schwieg aber. Seiner Meinung nach war es nur richtig das sie ihn nicht haben wollte, nicht nach allem was er ihr angetan hatte, denn er hatte ihre Seele krank gemacht. Sie ging ohne ein weiteres Wort. Seit ihrer Schulzeit, ihrem letzten treffen im siebten Jahr, waren schon viele Jahre vergangen, das man meinen müsste das die Zeit alle Wunden heilt. Aber das stimmt nicht. Nur sie allein wusste, das sie den einzigen der ihr am Herzen lag verlassen hatte. Das er die Krankheit und zugleich die Heilung war. Damals hatte sie die Schule zwar nicht verlassen aber sie hatte ihn verlassen. Jetzt nach dem so viel passiert war, angefangen mit dem Dunklen Lord und dem Mord an Lily und James, über die Festnahme von Sirius und Harrys Unterbringung bei den Dursleys, hatte sie doch schon zu viele Dinge erlebt um das Leid der Welt nicht zu kennen, doch ihre eigenes Leid vermochte alle das nicht zu überspielen, zu verdecken. Nichts vermochte das. NICHTS. Sie saß wie jeden Abend auf der kleinen Bank hoch auf den Klippen und starrte aufs Meer hinaus. Ihre Augen waren durch rote Ränder verunziert. Sie hatte noch immer nicht gelernt mit dem Schmerz umzugehen. Und egal wie sehr sie sich auch wünschte mit Lily zu reden, es würde nie wieder gehen. Nicht solange sie Lebte. Sie konnte sich einfach nicht akzeptieren das ihre beste Freundin Tot war und das mit ihr auch das Herz des Mannes gestorben war, den sie selbst so liebte. Ihre Gedanken gingen wieder einmal den schmerzhaften Weg zurück zu jenem Herbsttag. Ihr langes braunrotes Haar wehte im Wind. Sie saß reglos dort und ihre Haut war blasser als zuvor. Warum er ausgerechnet hier her gekommen war konnte er nur erahnen, dieser Ort war wohl ziemlich passend für jemanden der allein sein wollte. Nun wusste er das er es nicht war. Warum musst er sie ausgerechnet hier wiedertreffen? Nach all den Jahren in denen er vergeblich auf eine Erklärung gehofft hatte. In denen er sie vergessen wollte. Schließlich hatte sie ihn verlassen. Denn nicht er ist gegangen, nicht er ist einfach verschwunden! Am Anfang hatten sie sich noch zufällig getroffen, beim Einkaufen in der Winkelgasse zum Beispiel, doch nach dem Tod von Lily und James…Die ersten tage war sie noch bei ihm, vielleicht aus Mitleid, aber dann war sie einfach verschwunden. Er seufzte. Das Rauschen des Meeres war zu laut als das sie den Seufzer gehört hätte doch drehte sie sich um. Sie blinzelte einmal, zweimal, dreimal. Er stand immer noch da. Noch zu überrascht um auch nur ein einziges Wort zu sagen stand sie auf. Langsam ging sie auf ihn zu. Er konnte schon von weitem sehen das sie geweint hatte. Ihre Augen waren rot und blutunterlaufen. Von den schwarzen Ringen unter ihren Augen ganz abgesehen. Die Zeit hatte ihrer Schönheit nicht geschadet nur ihre Züge waren etwas härter, ihre haare länger und ihre Haut blasser. Einige Meter vor ihm blieb sie stehen. Konnte ihren Augen noch nicht trauen. Sielte ihre Sehnsucht ihr wieder einen dieser fiesen Streiche? Oder war es dieses Mal ihre Einsamkeit? Ganz vorsichtig ging sie einen Schritt nach dem Anderen näher auf ihn zu. „…Severus…“ es war nicht mehr als ein flüstern. Erneut rannen Tränen aus ihren Augen. Ein erstickter Schluchzer. Er stand einfach nur da. Mit zitternden Fingern strich sie ganz vorsichtig über seine Wange, so als hätte sie Angst das er sich sofort wieder in Luft auflöste. „Ja, Cassandra“ auch seine Stimmer war kaum mehr als ein Flüstern. Das leise Lächeln, dass sich auf ihren Lippen ausbreitete stand im Gegensatz zu ihren verheulten Augen. Nachdem sie sich sicher war das er kein Traum war trat sie noch einen schritt näher an ihn heran und legte die Andere Hand auf seine Brust, dahin wo sein Herz schlug. Sie hatte ihm bis eben nur auf seinen Hals geschaut, jetzt sah sie zu ihm auf, schaute ihm in die Augen. All die Jahre die sie in Einsamkeit verbracht hatte schienen wie weggeblasen. Alles was sie hätte sagen wollen war vergessen. Und auch er schien die Jahre, in denen er sich für seine Blindheit geschämt hatte, vergessen zu haben. Für einen Augenblick gab es nur sie beide. Er zog sie in seine Arme und hielt sie eine ganze Weile so. Sie schwiegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)