Shadow von nufan2039 ================================================================================ Prolog: -------- Shadow. Bei einem Menschen, der sich diesen Namen wählt, erwartet man zwangsläufig jemanden, der nicht auffällt, der unscheinbar ist. Der Mann jedoch, der diesen Namen trägt ist weder unauffällig noch unscheinbar und doch ist dieser Name für ihn sehr passend. Denn Shadow ist ein Schatten seiner selbst, doch um das zu verstehen, muss man den jungen Mann kennen lernen, der Shadow einst war. Kapitel 1: Steven Cold ---------------------- Steven Cold wurde am 28.09.2037 in eine sehr reiche, britische Familie hinein geboren. Sein Vater war schon mit 25 ein Selfmademillionär, der mit einer Produktionsidee genau den Nerv der Zeit getroffen hatte. Er und seine Frau waren typische Neureiche. Sie machten sich nur noch Gedanken um ihr Geld, wie sie es am Besten vermehren konnten, am Besten anlegen konnten und wie man es am Besten ausgab. Alles sollte nur noch das Beste sein. Auch ihre Familie sollte vorzeigbar und perfekt sein. Als dies schon bei der ersten Geburt, bei Steven, geklappt hatte, und dieser, wie gewünscht, ein Junge geworden war, sollte ein Mädchen folgen. Tiffany-Chanel kam zur Welt, als Steven drei Jahre alt war. Die Kinder bekamen alles, was sie wollten, so lange sie dann still waren und die Wünsche ihrer Eltern erfüllten, in dem sie zum Musik- und Kunstunterricht gingen und auch verschiedene Sportvereine besuchten. Als Steven 6 geworden war, zog es die Familie in die USA. Die Eltern waren der Ansicht, dass man, wenn man einen gewissen Lebensstandart erreicht hatte, nicht im altmodischen England bleiben sollte, sondern das frische LA mit seinen frischen Ideen und seinem frischen Flair genießen sollte. Steven und Tiffany sollten jedoch nicht lange etwas von all der Frische haben, denn sie kamen kurz nach dem Umzug zurück nach Europa, genauer gesagt, in ein Internat in Spanien. Dort schickte man seine Kinder zu dieser Zeit hin, wenn man etwas von sich hielt. Auch die kleine Tiffany wurde schon getrennt von ihren Eltern, denn sie konnte dort in einen Förderkindergarten gehen und anschließend gleich die Schule des Internats besuchen. Ihre Eltern sahen die beiden nur in den Ferien und auch dann oft nur ganz kurz, denn sie erklärten, dass sie nun Urlaub bräuchten, ihre Kinder hätten diesen ja das ganze Jahr. Steven war sehr beliebt auf dem Internat, er war sehr hübsch, er hatte das Gesicht eines Engels, wie alle beteuerten, er war auch intelligent und sportlich und somit eroberte er alle im Sturm. Auch seine kleine Schwester war in Spanien äußerst beliebt. Auch sie sah aus wie ein kleiner Engel und stand ihrem Bruder in nichts nach. Aber es wunderte auch niemanden, denn Steven war immer für seine kleine Schwester da, er war es, der sie tröstete, wenn mal etwas schief ging und er war es, der mit ihr ein ernstes Wort sprach, wenn sie den Bogen mal überspannte. Eigentlich erzog er seine kleine Schwester, denn seine Eltern versäumten dies ja. Das einzige, worum sich die Eltern sorgten, war die Verplanung der Zukunft ihrer Kinder. Für die beiden stand fest, dass ihr kluger, gut aussehender Sohn eines Tages die Geschäfte des Vaters übernehmen würde und das ihre wunderschöne Tochter in guten Kreisen verheiratet sein würde und vielleicht Kunst und Kunstgeschichte studieren würde, damit sie entweder selbst eine namenhafte Künstlerin sein konnte oder erfolgreich eine Galerie leiten würde. Und als die Eltern erfuhren, dass ihre beiden Kinder mit der seltenen Gabe der Magie beschenkt waren, beschlossen sie, dass es Zeit war, sie wieder nach LA zu holen und dort eine renommierte Schule besuchen zu lassen, wo sie auch zu diesem Thema etwas lernen konnten. Zu diesem Zeitpunkt war Steven 15 Jahre alt und seine zwölfjährige kleine Schwester hatte es schwer mit dem Schulwechsel. Während Steven sich auf der Privatschule wieder in den Sunnyboy der Schule verwandelte, in dem er dem Laufteam und der Basketballmannschaft beitrat, begann Tiffany zu rebellieren. Sie wirkte leicht depressiv und trug hauptsächlich Kleidung im Gothstil. Steven verstand, dass er hauptsächlich deshalb beliebt war, weil er reich, sportlich und gut aussehend war. Er wusste, welche Wirkung er mit seiner braungebrannten Haut, dem blonden Haar und den strahlendblauen Augen auf Mädchen hatte und wie diese Wirkung verstärkt wurde von einem schnellen Wagen und der richtigen Kleidung, auch wenn er diese immer nur mit seiner Schwester kaufte, da er sich nicht für Kleidung interessierte. Er interessierte sich ausschließlich für die Wirkung seiner Kleidung. Er wusste auch, dass er nicht nett sein musste, denn er wurde umso mehr vergöttert, wenn er es nicht war. Wer nett ist, verliert, schien das Motto an dieser Privatschule zu sein. Und auch wenn Steven sehr beliebt war, mochten ihn nicht besonders viele. Dennoch wurde er immer wieder der König auf den Schulbällen und seine jeweiligen Begleiterinnen sonnten sich in seinem Glanz. Tiffany war trotz ihrer so entgegen gesetzten Ausstrahlung sein Augapfel und das wussten alle. Niemand hätte ihr je ein böses Wort an den Kopf geworfen und niemand hätte es je gewagt, etwas Schlechtes über sie zu sagen. Steven liebte seine Schwester mehr als alles andere auf der Welt, mehr als das Geld, die Beliebtheit oder sich selbst. Wenn sie ihn brauchte, ließ er alles stehen und liegen. Er sorgte dafür, dass sie immer sicher überall ankam und auch das sie sicher wieder nach Haus kam. Er sorgte dafür, dass sie einige Regeln befolgte und dass sie nicht schon mit 13 Jahren die ganze Nacht ausblieb. Dies, so sah er es, war seine Aufgabe; dafür zu sorgen, dass seine Schwester gut und sicher erwachsen werden würde. Doch er sollte scheitern als er 18 war und seiner fünfzehnjährigen Schwester etwas Schlimmes zustieß. An jenem Abend, an dem sich sein ganzes Leben und auch das von Tiffany für immer ändern sollte, setzte er Tiffany bei einer ihrer Freundinnen ab. Er selbst fuhr los, um sich mit einigen Freunden zu treffen und einen schönen Abend zu genießen. Als er sie, wie gewohnt, gegen dreiundzwanzig Uhr abholen wollte, öffnete niemand. Steven hörte jedoch Stimmen und sah Licht brennen, so beschloss er, es hinten zu versuchen, bei der Terrassentür. Auch im Wohnzimmer schien niemand zu sein, doch da die Tür geöffnet war, ging er hinein und sah sich vorsichtig um. Er wusste nicht, warum, doch er hatte das Gefühl, dass etwas geschehen war. Er lauschte angespannt, denn er befürchtete, ein Einbrecher sei in das Haus eingedrungen. Doch statt eines Einbrechers, war es seine Schwester, die er hörte. Sie wimmerte leise und als er sich nach ihr umsah, fand er sie zusammengekauert hinter dem Sofa. Ihre Kleidung war zerstört und sie blutete stark an verschiedenen Stellen, so dass Steven zunächst nicht verstand, was vorgefallen war. Stella, die in dem Haus wohnende Freundin von Tiffany, kam mit einigen anderen Mädchen lachend aus der Küche, „Na Tiff? Hast du schon genug oder kann George noch mal ran? Er steht darauf, wenn du schreist!“, sie sah sich suchend nach Tiffany im Wohnzimmer um. George war Stellas älterer Bruder. Steven kannte ihn aus seinen Anfangszeiten an der Privatschule. George und er waren sogar Freunde gewesen, bis Steven merkte, wie krank George war. Die letzten zwei Jahre hatte dieser im Gefängnis verbracht, da er die Finger nicht von Mädchen lassen konnte. Er hatte nicht nur eines vergewaltigt und dieses Mal hatte George, der inzwischen nachweislich geisteskrank war, sich an Stevens kleiner Schwester vergriffen. Steven begriff, dass Stella und ihre Freundinnen anscheinend zugesehen und nicht eingegriffen hatten. Er strich seiner Schwester sanft über den Kopf, bevor er sie auf den Arm nahm, um mit ihr das Haus zu verlassen. „Ste…Stev…Steven?!“, stotterte Stella, als sie ihn nun sah und begriff, dass er verstanden haben musste, was geschehen war. Doch Steven dachte im Moment nur an Tiffany, er dachte daran, dass sie schnell ins Krankenhaus musste und dass er ihr helfen würde, über diesen Scheiß hinwegzukommen. Er dachte nicht an die Polizei und auch nicht an Rache, doch Stella schien zu fürchte, dass er die Cops informieren würde. Natürlich hätte er das gemacht, später, wenn Tiffany sicher im Krankenhaus versorgt worden wäre, doch etwas anderes hatte er im Augenblick nicht im Sinn. Er brachte seine Schwester zu seinem Wagen und legte sie vorsichtig auf die Rückbank, um sie nicht noch zusätzlich zu verletzen. Sie sah schlimm aus und es zerriss ihm das Herz. Stella, die sich vor den Konsequenzen fürchte und Panik bekam, wollte sich rechtfertigen. „Steven! Sie wollte es so! Glaub mir das! Wenn sie wieder fit ist, wird sie dir das bestätigen. Die kleine Schlampe steht halt auf Vergewaltigungssex!“, in diesem Moment verlor Steven die Fassung. Seine Schwester war sanft und rein, auch wenn sie versuchte, anders zu wirken. Wenn das einer wusste, dann war er es. Sie hatten nie Geheimnisse voreinander, auch keine pikanten und wenn sie auf solchen Sex gestanden hätte, so hätte sie ihm davon erzählt. Im Gegenteil, sie hatte ihm erst vor kurzem erklärt, dass sie Angst vor dem ersten Mal hätte und nicht wüsste, wann es der richtige Zeitpunkt sei. Er hatte gesagt, dass sie das dann spüren würde und er war sicher, dass dies an jenem Abend nicht der Fall gewesen war. Steven drehte sich sehr langsam zu Stella um, die auf dem Gartenweg stand. Er wirkte einen Zauber auf sie, einen der Zauber, von denen er bislang nur gelesen hatte. Dieser Zauber wirkte wie Säure und an ihrem Bauch begann sich ihre Haut von ihrem Körper zu lösen. Sie schrie fürchterlich, während er sie an den Schultern zurück ins Haus bugsierte und sie fragte, was sie denn habe. Er erklärte verständnislos, sie stünde doch auf Perverses. Als Steven nach fünf Minuten das Haus wieder verlassen hatte, lebte keiner der fünf Menschen in diesem Haus noch. Ihre Gedärme lagen im ganzen Haus verstreut und ihre verzerrten Gesichter würden Bände sprechen. Die vier Mädchen waren relativ schnell, wenn auch nicht schmerzlos gestorben, doch für George hatte er sich ganze drei Minuten genommen. Ruhig stieg er in seinen Wagen, er war sich bewusst, dass die Nachbarn wegen der Schreie die Polizei verständigen würden und er war sich auch bewusst, dass man ihn gesehen hatte und ahnte, was geschehen war. Er fuhr Tiffany ins beste Krankenhaus der Stadt, um dann Geld und Kleidung zu holen, um zu fliehen. Er hoffte, dass sich die Eltern vernünftig um seine Schwester kümmern würden. Er wusste, dass er gehen musste, damit er nicht verhaftet werden würde. Steven nahm den ersten Flug, der die Stadt verließ, er führte ihn nach Seattle. In dieser Nacht war nicht nur Tiffany-Chanel Cold zerstört worden, auch Steven war nicht mehr der, der er gewesen war. Er war nun jemand, der 5 Menschen kaltblütig getötet hatte und das, ohne es zu bereuen. Er wusste, dass er es nie bereuen würde. Doch er fürchtete, was diese Tat aus ihm machen würde und er fürchtete, dass es ein großer Fehler war, seine Schwester allein zurück zu lassen. Kapitel 2: Shadow wird "geboren" -------------------------------- Steven war nicht so dumm gewesen, Kreditkarten oder anderes, nachvollziehbares Geld mitzunehmen. Er hatte ja die Tresorkombination seines Vaters gekannt und so hatte er sich das Bargeld genommen und noch einige Schmuckstücke, die er in Seattle verkaufte. Er verzichte bei seiner Wohnung auf jeden Luxus und stieg in einem ziemlichen Loch ab. Sein Vermieter erklärte, ihm sei egal, was Steven trieb und wo er herkam, solange dieser seine Miete zahle und die Polizei nicht auftauchen würde. Aber da Steven diese Wohnung nicht als dauerhafte Lösung sah, erwartete er nicht, eine der beiden Bedingungen nicht erfüllen zu können. Doch schnell wurde ihm klar, dass er nicht schnellstmöglich das Land verlassen musste. Seine Eltern hatten anscheinend genug gezahlt, so dass er nicht gesucht wurde und in Ruhe ein neues Leben beginnen konnte. Er machte sich nicht weiter Gedanken darüber, was seine Eltern geregelt hatten, denn er musste mit ganz anderen Dingen klar kommen. Es schien, als sei er gänzlich verändert und das nicht, weil er Menschen getötet hatte und sich um seine Schwester sorgte, nein er war aggressiv, seine Magie war nahezu ausschließlich böse. Wenn ihn jemand nervte, dann entsorgte er diesen Jemand einfach. Seine Opfer sahen furchtbar aus, als hätten wilde Tiere sie angefallen und doch wusste Steven genau, was er tat. Es tat ihm nicht leid, auch nicht, wenn er jemanden umbrachte, weil er ein wenig zu aufdringlich war. Es interessierte ihn alles nicht mehr. In ihm war nur noch Wut, aus etwas anderem bestand Steven nicht mehr und sein Problem war, dass er selbst nicht genau wusste, gegen wen sich diese Wut richtete. Er war zu einer gefühlskalten, skrupellosen Hülle geworden und in seinen ersten Wochen in Seattle richtete sich all diese Wut hauptsächlich auf Menschen, die ihn an das Geschehene erinnerten. So wurden viele Mädchen vor dem Schicksal verschont, dass seine eigene Schwester hatte erleiden müssen. Auch in Seattle sollten seine Taten nicht unbemerkt bleiben, doch Steven musste sich keine Gedanken machen, da seine Morde hervorragend in das Bild einer ansässigen Gang passten. Er ging nicht davon aus, dass ihnen es etwas ausmachen würde, wenn ihnen ein paar bestialische Morde mehr zugeschrieben worden. Und er hatte auch nicht Unrecht. Die Living Dead Dolls juckte es kein bisschen, denn niemand versuchte einen von ihnen für diese Morde festzunehmen. In Seattle gab es soviel Kriminalität, dass die Polizei ohnehin überarbeitet war. Das organisierte Verbrechen hatte seinen Hauptsitz in dieser Stadt gefunden und nahezu jede Mafiaorganisation, egal welcher Herkunft, hatte zumindest einen Zweitsitz hier. Zudem half der Ruf der LDD’s, sich die Polizei vom Hals zu halten, denn auch wenn mal einer von ihnen festgenommen wurde, so war dieser nicht lange in Gewahrsam, denn entweder ließen sie denjenigen aus Angst von Allein wieder gehen, nahmen mit Freude eine Bestechung an, ließen sich erpressen, denn jeder wusste, dass die Dolls ohne mit der Wimper zu zucken auch die Familien der Polizisten zerstören würden, so lange, bis man den Gefangenen gehen lassen würde oder die Dolls befreiten denjenigen einfach selbst. Doch, da Steven sich keine Gedanken darum machte, wen er gerade umbrachte, kam es dazu, dass sich die Dolls doch dafür interessierten, wessen Taten ihnen ein recht großes Problem eingehandelt hatten. Steven war eines Abends von einem merkwürdigen Mann verfolgt worden, dieser Typ kam ihm seltsam vor und als er sich umdrehte, um ihn loszuwerden, drückte dieser ihm ein Messer an den Hals und verlangte mit italienischem Akzent nach Stevens Geld. Dieser schloss kurz die Augen, denn er wollte sich beruhigen, auch wenn er Leute schon für weniger getötet hatte, so wollte er die Sache ruhig angehen. Doch anstatt sich zu beruhigen, ließ er das Messer in der Hand des Italieners so heiß werden, dass dieser nicht einmal in der Lage war, es fallen zu lassen. Danach ging alles ziemlich schnell und Steven nahm das Geld des Toten, während er sich fragte, weshalb ein Typ mit soviel Bargeld es nötig hatte, ihn zu überfallen. Auch dieser Mord war den Dolls zugeschrieben worden und handelte ihnen eine Menge Probleme mit der Mafia ein, zu welcher der Italiener gehört hatte. Man erklärte ihnen den Krieg und sie konnten diesen nur mit viel Geschick bei den Verhandlungen abwenden. Eine der Abmachungen war, dass sie sich um den Täter angemessen kümmern würden und niemand bei den Dolls zweifelte daran, dass dieser leicht zu finden sei, denn immerhin gab es eine Region in Seattle, wo dieser Typ öfters zugeschlagen hatte. Es war nahe liegend, dass er dort zu finden sei. Es war Hollow, welche die Aufgabe hatte, herauszufinden, wer der Typ war und auch zu beschließen, was die Dolls mit ihm anfangen wollten. Denn sie war seit kurzem diejenige, welche die Dolls bei Verhandlungen und auch solchen Problemen repräsentierte und berechtigt war, solche Entscheidung zu fällen, die nahezu alle im gemeinsamen Haus der Dolls zu akzeptieren hatten. Hollow fand den Jungen, der verantwortlich war, in Steven Cold. Sie erkundigte sich nach ihm und fand heraus, was er in LA getan hatte und wie sich sein Leben entwickelt hatte und kam zu dem Schluss, dass sie ihm das Angebot machen würde, den Dolls beizutreten, statt ihn ohne ein Gespräch zu töten. Denn sie sah, was er für ein Potential hatte, während sie ihn beobachtete und sie sah, dass er eine zerrüttete Seele war, wie es bei den meisten Dolls der Fall war. Sie ahnte, dass sie diese Entscheidung einigen im Haus, den Ältesten zumindest, erklären müsste. Doch sie hätte es als Verschwendung empfunden, einen solchen Menschen zu eliminieren, ohne zu bedenken, dass seine Fähigkeiten eine Erweiterung für die Dolls sein konnten. So kam es, dass Hollow eines Abends in Stevens bescheidener Wohnung auf ihn wartete. Sie saß im Dunkeln auf einem seiner Sessel und beobachtete die Tür, durch die er kommen musste. Ihre eisblau-fliederfarbenen Augen waren auch das Erste, was Steven wahrnahm, als er das Licht in seiner Wohnung angemacht hatte. Sie fixierten ihn und er ahnte sofort, dass er sich zurück halten sollte. Er betrachtete den Rest von Hollow, die in seinen Augen eine merkwürdige Erscheinung war. Ihre Haut war sehr blass und wirkte, als sei sie aus Porzellan. Ihr Haar war altmodisch gelockt, wie bei einer alten Puppe aus dem achtzehnten Jahrhundert und ihre Kleidung war zwar äußerst sexy und doch merkwürdig. Es wirkte auf ihn, als sei sie tatsächlich eine lebendig gewordene Puppe. Er hatte durchaus schon von den Living Dead Dolls gehört, er wusste, dass sie es waren, denen seine Morde zugeschrieben wurden, doch er hatte keine Ahnung, wie diese Dolls wirkten, sich kleideten oder was sie verkörperten. Er wusste nicht, dass der Name Programm war und so wusste er auch nicht, dass er einer Doll gegenüber stand. Hollow stand auf und trat etwas näher an Steven heran, sie sah ihm dabei fest in die Augen und musterte ihn. Sie war darauf gefasst, dass er sie angreifen würde, erkannte jedoch, dass er es nicht vorhatte. „Du bist nicht ganz, was ich erwartet hatte, als ich mich auf die Suche nach dir gemacht hatte. Ich dachte, ich würde einen Typen finden, der entweder sehr vom Leben gezeichnet ist und verbraucht wirkt oder einen, der ein wenig geisteskrank wirkt. Kurz: Ich habe mit jemanden gerechnet, zu dem deine Art zu töten passt und nicht mit einem Teenie, der aussieht, als würde er gleich die Promqueen für den Ball abholen. Aber ich habe mich schlau gemacht über dich, Steven.“, sie machte eine kurze Pause, bevor sie weiter sprach: „Du hast uns eine Menge Dinge angehängt, mit denen wir nichts zu tun haben. Das hat uns Probleme bereitet und dafür musst du die Rechnung tragen. Im Normalfall würde ich dich einfach töten und damit wäre das Thema erledigt, aber ich habe dich eine Weile beobachtet und das gibt dir folgende Möglichkeit: Werde ein Living Dead Doll oder stirb!“. Als sei sich sicher gewesen, dass Steven sie nicht hinterrücks angreifen würde, um dann aus der Stadt zu fliehen und die Dolls hinter sich zu lassen, drehte sie ihm den Rücken zu und spazierte zurück zu dem Sessel, um sich in ihm niederzulassen, während er nachdenken konnte. Es war nicht so, dass Steven dieser Gedanke nicht gekommen wäre. Im Gegenteil. Er war sich ziemlich sicher, dass er diese Frau töten konnte, doch er wusste nicht, ob sie allein bei ihm war und ein paar Zweifel hegte er doch, denn wenn er sie so einfach töten könnte, wäre sie nicht diejenige, die ihm den Vorschlag unterbreiten würde. Er war sich sicher, dass er auf keinen Fall den Mord an einer Doll überleben würde und so musste er nun entscheiden, einer von ihnen zu werden oder zu sterben. Er entschied sich für das, was weniger schmerzhaft sein würde und willigte ein, ein Doll zu werden. Hollow lächelte zufrieden und stand auf. „Dann pack deine Sachen! Es ist Zeit für einen Umzug!“ wie zur Unterstreichung ihrer Worte fiel etwas Putz von der Decke, während sie sich die verfallene Wohnung ansah. Sie wartete, während er seine Sachen zusammensuchte und führte ihn dann zu ihrem Wagen, einem Kleibus, der offensichtlich einst als Leichenwagen gedient hatte. Während der Fahrt klärte Hollow Steven auf über das Haus und seine Bewohner, über Rangordnungen der einzelnen Mitglieder und über die Regeln, die es im Haus gab. Steven begann zu ahnen, dass er vielleicht nicht so ganz in das Haus passen würde und er wusste nicht, ob sie ihn akzeptieren würden. Er sprach es an und Hollow sah ihn etwas überrascht an, legte den Kopf schief und erklärte, dass sie ihn einigen der Ältesten schon vorstellen müsse, aber wenn er eine Lösung für seine Sorge hätte, diese jedem Recht wäre. Sie war auch der Überzeugung, dass sein gutes, unversehrtes und puppenunübliches Aussehen für niemanden ein Problem darstellen würde, doch Steven fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken. Er fand eine Lösung mit Hilfe seiner Magie. Er erklärte Hollow, dass er davon ausging, dass keiner von ihnen seinen richtigen Namen trug und auch, dass sie wohl dem entsprächen, was ihr Name verkündete. Er wusste noch nicht, welcher der vielen Bedeutung von Hollow diese veranlasst hatte, diesen Namen zu wählen und als er sie fragte, lachte sie und erklärte, dass bei ihr die Namensfindung nahe liegend war. Ihr Nachname sei Hole, was ja Loch bedeute und so sei Hollow, was eine ähnliche Bedeutung habe, doch nahe liegend. Und dennoch bestätigte sie seinen Verdacht, dass die Namen oft etwas mit dem Verhalten oder dem Aussehen zu tun hätten. Steven beschloss vorerst als Schatten bei den Dolls zu leben, er wollte sich mit seiner Magie unsichtbar machen und dann als Schatten sichtbar sein. Hollow hielt dies für eine gute Idee und erklärte ihm, dass er hierbei bestimmt Unterstützung von den älteren Dolls erhalten würde. Als sie bei dem Haus an den Docks ankamen, sah sich Steven einem gigantischen Puppenhaus gegenüber und wusste, dass dies nun für den Rest seines Lebens sein Heim sein sollte. Eine der Regeln besagte nämlich: Einmal ein Doll, immer ein Doll. Im Haus war es sehr ruhig und Hollow erklärte, dass ein Großteil der Meute heute Nacht ein Ding drehen wollte und vermutlich noch unterwegs sei. Sie bat ihn in die Küche, wo sie ihm das gangübliche Tattoo im Nacken, einen Strichcode mit personeller Codierung, verpasste. Nachdem sie das erledigt hatte, stellte sie ihn den Älteren vor, die Hollow für den „Fund“ beglückwünschten und Steven bei seiner Idee unterstützten. Als am Morgen die restlichen Dolls, welche in Stevens Augen wirklich außergewöhnlich aussahen, mit ihrer gebleichten Haut, den vielen Narben und kosmetischen Modifikationen, im Haus eintrudelten, lernten diese nicht den gutaussehenden Steven Cold kennen, sondern einen Unsichtbaren Typen, der sich Shadow nannte. Und abgesehen von dem Schatten, den er warf, war auch nichts von ihm zu sehen. Kapitel 3: Time goes by ----------------------- Am Anfang seiner Zeit bei den Living Dead Dolls hatte Steven seine Probleme. Er war es nicht gewohnt, unbemerkt zu bleiben und die Dolls, die zu diesem Zeitpunkt noch in der Gang waren, waren auch nicht immer aufgeschlossen. Und auch der Anblick mancher Mitbewohner Stevens ließ ihn erschaudern. Er musste sich noch daran gewöhnen, dass vieler Mitglieder seiner „neuen Familie“ entstellt waren und einige sich das selbst zugefügt hatten. Manche von ihnen sahen einfach aus wie Ghule, die jeden Augenblick in sich selbst zusammenfallen würden, doch anderen fehlte die Haut auf einer Seite des Gesichts oder hatten Narben, die nie richtig verheilt waren. Ein knappes Jahr bemerkte ihn eigentlich niemand so wirklich, man erschrak sich, wenn man gegen den unsichtbaren Shadow stieß, aber da er selten sprach, wurde er manchmal regelrecht vergessen. Die einzigen, mit denen er zu dieser Zeit sprach, waren Hollow, Bloody Hurricane, ein Vampir, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte und trotzdem ausgesprochen gut zu den Dolls passte, auch wenn es immer hieß, dass Vampire unbescholten aussähen, so war dieser mit Narben übersäht. Im Haus herrschte ein ständiges Kommen und Gehen und es schien, als sei es eine Zeit des Wechsels. Die Dolls gab es nicht nur in Seattle, sondern auch in anderen Teilen der Welt und so verabschiedeten sich manche der Seattler Dolls, um in zum Beispiel Japan ihr Glück zu versuchen, während Dolls aus unter anderem England nach Seattle kamen. Jedoch schien es einen Kern zu geben, dieser bestand aus den Ältesten, Bloody Hurricane, Jack the Ripper, seines Zeichens ebenfalls Vampir und Shadow war lange Zeit unsicher, ob es sich nicht vielleicht um den ursprünglichen, wahren Jack handelte und fand seine Vermutung sogar eines Tages bestätigt und Hollow. Diese war zwar nicht annähernd so alt wie die anderen, sie war vielleicht drei Jahre älter als Shadow selbst und doch lebte sie schon ihr ganzes Leben bei den Dolls und somit war ihre Meinung nie unrelevant. Dieser Kern schien dauerhaft in Seattle zu bleiben und da Shadow ohnehin niemanden allzu sehr auffiel, fiel es ihm nicht schwer, sich ein Bild von jedem Einzelnen und seiner Rolle im Haus zu machen. Hollows Rolle war ziemlich deutlich. Sie vertrat die Gang bei Verhandlungen und war somit ziemlich mächtig im Haus. Manchen Mitbewohnern gefiel dieser Umstand nicht, vor allem jenen nicht, die zwei, drei Jahre älter als Hollow waren und nicht einsahen, dass diese so viel Verantwortung übernehmen durfte, nur weil sie bei den Dolls war, seit sie ein halbes Jahr alt war. Doch der Rat der Ältesten vertraute Hollow, denn schließlich waren sie es gewesen, die das Mädchen im Sinne der Dolls er- und aufgezogen hatten. Hollow war der Inbegriff einer Doll. Doch um die Gemüter zu beruhigen, stand Bloody Hurricane ihr zur Seite und sie nahmen die Position des Verantwortlichen (nach Außen hin) gemeinsam ein. Auch im Haus war ihr Rang somit recht hoch und man hörte auf die Anweisungen der Beiden. Aber sie übernahmen auch viel Verantwortung und auch die Versorgung der anderen. Die Ältesten bestanden aus ganz unterschiedlichen Leuten, zum Beispiel einem Voodoopriester namens Macumba und einer Hexe, die sich Walpurgis nannte und noch anderen, merkwürdigen Gestalten. Unter anderem ein Mann namens Wolfgang, der anschienend alles protokollierte und ein Mann, denn man Puppetmaster nannte. Tatsächlich schienen diese beiden jeder Veränderung im Haus wahrzunehmen, auch wenn Shadow sie nicht mehr zu Gesicht bekam nach seiner ersten Nacht im Haus. Überhaupt war kaum einer der Ältesten mal zu sehen, sie schienen sich aus dem Meisten heraus zu halten. Alle anderen im Haus waren einfache Gangmitglieder, wenn man das so nennen wollte. Jeder war gut in seinem eigenen Bereich, die meisten im Töten. Doch das Faszinierende an den Dolls war, dass sie eigentlich weniger wie eine Gang waren als eine Familie. Eine Hollow war für viele, vor allem die Jüngeren Mitglieder eine Art Mutter, die sich um das Wohl aller sorgte und Bloody, wie der Vampir abgekürzt wurde, war der strenge und doch geliebte Papa. Bloody war auch derjenige, der dafür sorgte, das Hollow trotz ihrer vielen Aufgaben eigene Träume verfolgte und ein Medizinstudium begann. Das schien sein Metier zu sein, die Schulbildung der Bewohner. Und so gab es Omas, Opas, Cousinen und Cousins im Haus und alle waren füreinander da. Shadow fügte sich mit der Zeit immer besser in die Gruppe ein, die sich in seinen Augen allerdings auch sehr positiv veränderte. Neue Gesichter sorgten für einen neunen Schwung und eigentlich ging es ihm immer gut und er lachte viel. Doch in seinem Hinterkopf tobte immer ein Sturm. Denn irgendwas in Shadow wollte wissen, was aus seiner Schwester geworden war, ob sie sich gefangen hatte und wie es ihr ging. Er wollte für sie da sein und sie bei sich haben, auch wenn er daran zweifelte, dass Tiff sich bei den Dolls wohl fühlen würde. Aber er hielt sich selbst zurück, er hatte zu viel Angst, dass er sich eingestehen müsste, dass er versagt hatte. Dass seine Schwester allein, ohne ihn, nicht klargekommen war, dass sie wohlmöglich schon gar nicht mehr lebte. Und seine Angst war es, die ihn an Seattle band und ihn davon abhielt, nach LA zu fliegen und nach seiner Schwester zu sehen. Er machte sich keine Sorgen, dass er ins Gefängnis müsste oder sich auch nur für seine Taten verantworten müsste, nein, er wusste, dass er die Dolls im Rücken hatte, egal was geschehen würde und er wusste, dass er seine Magie inzwischen unter Kontrolle hatte, dass er jederzeit unsichtbar sein konnte und außerdem wusste er auch, dass seine Schwester, egal wie es ihr ergangen war, nicht böse auf ihn sein würde. Er wusste einfach, dass Tiffs und seine Beziehung zu stark war, als dass sie ihm seine Flucht vorwerfen würde. Vermutlich konnte sie sein Verhalten besser verstehen als er selbst, denn er konnte es sich nicht verzeihen. Er hasste sich für seine Feigheit und seine Entscheidung. Und je mehr Zeit verging, desto mehr hasste er sich für alles, was er getan hatte, nachdem er George, Stella und deren Freundinnen umgebracht hatte. Und eigentlich hasste er sich schon für den Zeitraum davor, indem er dachte, er würde seine kleine Schwester beschützen, aber nie daran zweifelte, dass sie gute Freunde auserwählt hatte. So verbrachte Shadow seine Zeit damit, im Haus der Dolls herumzugeistern. Sichtbar war er nur, wenn er in seinem Zimmer war und schlief oder wenn er das Haus verlassen hatte und allein durch die Straßen Seattles wanderte. Er fing sich, wenn auch nur scheinbar, begann wieder Ziele zu verfolgen, begann halbherzig ein Studium und blieb unsichtbar. Es war nicht so, dass er den Dolls nicht vertrauen würde, nein, er hatte sich einfach daran gewöhnt und ein wenig fürchtete er, dass man ihm übel nehmen würde, dass er am Anfang Angst hatte, sich zu zeigen. 6 Jahre nachdem er seine Schwester verlassen hatte, vertraute er sich endlich seinen Freunden an und diese waren es auch, die ihn davon überzeugten, dass er nach LA müsste, um endlich zu überprüfen, was geschehen ist, nachdem er die Stadt verlassen hatte. Er hatte keine Probleme, den Aufenthaltsort von Tiffany ausfindig zu machen und doch war es großer Schock, als er sich schlau machte, was geschehen war. Seine Eltern hatten seine Schwester in eine psychiatrische Anstalt gesteckt. Nach ihrem Aufenthalt im Krankenhaus war Tiff für gerade mal zwei Wochen zu Haus gewesen. Natürlich verkraftete sie in diesem kurzen Zeitraum nicht, was ihr widerfahren war und auch nicht, dass Steven fort war. Schlimmer noch, sie verkraftete nicht, dass ihr Bruder sich nach seiner grauenvollen Tat selber umgebracht haben soll. Nun verstand Shadow, warum er nie von der Polizei verfolgt worden war. Seine Eltern hatten seinen Tod inszeniert und seiner Schwester nicht die Wahrheit gesagt. Ihm war klar, dass sie die Verantwortung für seinen Tod bei sich gesucht hatte. Und nachdem die Eltern merkten, dass Tiff eine gesellschaftliche Belastung darstellte, schoben sie sie einfach ab in eine Nervenheilanstalt. Für Shadow war klar, dass seine Eltern dafür büßen mussten, aber noch klarer war ihm, dass er seine Schwester aus dieser Anstalt holen musste. In ihrer Akte las er nämlich, dass sie einen der Pfleger auseinander genommen hatte, natürlich gab es keine Erklärung, weshalb sie das getan hatte, es stand nur in der Akte, dass die Erklärungen der Patientin wahnwitzig seien. Zum ersten Mal in seinen fünf Jahren bei den Dolls löste er seine Unsichtbarkeit vor den anderen und packte wutentbrannt seine Sachen, nachdem er seinen Laptop mit einem Knall zugeklappt hatte. Einer der „neueren“ Dolls, der inzwischen ein guter Freund von Shadow war, Showdown, ein rothaariger, vielbenarbter Choleriker, tat es ihm gleich. Er begleitete Shadow, denn er kannte dessen Geschichte und ahnte, dass er seine Hilfe vielleicht gebrauchen könnte. Der Flug dauerte Steven zu lang, zu nah war nun das Wiedersehen mit seiner kleinen Schwester. Er hoffte, nein er betete, dass sie keinen Nervenzusammenbruch bekommen würde, wenn sie ihn sah, denn schließlich hielt sie ihn für tot. Für ihn stand fest, dass er Tiffany mit zu den Dolls nehmen würde, denn er war sich gar nicht mehr so sicher, ob sie sich dort unwohl fühlen würde. Kapitel 4: Befreiungstat! ------------------------- Steven hatte immer Bedenken gehabt, dass er in LA sofort festgenommen werden würde, sobald er auch nur einen Fuß aus dem Flugzeug setzen würde, doch da seine Eltern alle mit falschen Informationen gefüttert hatten, brauchte er sich nun keine Gedanken machen. Er und Showdown machten sich ohne Umwege auf den Weg zu der Klinik, in der seine Schwester nun schon seit 6 langen Jahren verweilte. Er rechnete mit allem und vor allem rechnete er mit dem Schlimmsten, aber das war ihm egal, denn er konnte sie nicht dort lassen, nun, da er wusste, dass er nicht hätte ohne sie gehen sollen. Shadow und Showdown legten sich keinen Plan zurecht, denn sie gingen davon aus, dass es kein Problem sein dürfte, in eine Nevenheilanstalt zu kommen, sie waren schon in ganz andere Gebäude eingedrungen, doch sie sollten sich täuschen. Natürlich konnte Shadow nicht einfach zur Rezeption gehen, seinen Ausweis ziehen und sagen: „Hallo. Ich bin Steven Cold, ich möchte gern meine kleine Schwester, Tiffany-Chanel Cold besuchen.“, denn Steven Cold war tot und wenn man das irgendwo wusste, dann in der Klinik, in der man seine Schwester behandelte. Und auch sonst war dieses Gebäude bewacht als sei es eine Justizvollzugsanstalt statt einer Klinik. Shadow musste sich schnell etwas einfallen lassen, denn sein Geduldsfaden drohte bereits zu reißen und er wusste, dass ein Showdown noch viel weniger Geduld hatte als er selbst. Während sie das Gebäude beobachteten fiel Steven auf, dass die Wäsche außerhalb gewaschen wurde und dass die Männer, die die Wäschereiwagen fuhren aussahen, als seien sie Pflegepersonal. Er musste Showdown nur auf die Wagen hinweisen, da hatte dieser schon verstanden. Sie fingen den nächsten Wagen, der zu der Klinik wollte, noch in der Nähe der Wäscherei ab, entledigten die Männer ihrer Kleidung, nachdem sie sich der Männer entledigt hatten, und fuhren den Wagen weiter zur Klinik, wo sie ohne Probleme passierten. Sie brachten die frische Wäsche ins Gebäude und machten sich dort dann auf die Suche nach Tiffany. Aus den Akten kannte er ihre Zimmernummer. Mit ein wenig Magie täuschten sie den Wachmann vor Tiffanys Abteilung, man hatte sie in die Station gesteckt, in der sonst nur Massenmörder landeten, und Shadow war kurz vorm Platzen. Er wusste, dass seine Schwester nicht ohne Grund getötet hatte. Was auch immer der Pfleger getan hatte, er hatte ohne Frage seinen Tod verdient. Während sie sich ihrer Zimmertür näherten, dachte Steven über Tiff nach. Er rief sie sich in Erinnerung und hoffte, dass sie wenigstens ansatzweise noch seine Tiffany war. Ihm war klar, dass ihre Haare nicht mehr schwarz gefärbt sein würden, sie mussten inzwischen wieder blond sein und vermutlich noch länger als sie es früher gewesen waren. Er vermutete, dass sie nicht mehr lachen würde und dass sie verdammt still sein würde, im Vergleich zu der jugendlichen Tiff, die bis zu jenem Abend in seiner Schwester gesteckt hatte. Vor ihrem Zimmer blieb Shadow stehen. „Hier ist es?“, fragte Showdown vorsichtig. Shadow kannte ihn so gar nicht. Er wusste, dass Showdown sich vermutlich zusammenriss, damit sie nicht beide kurz vorm Ausrasten standen. Shadow nickte langsam. „Bist du denn bereit?“, Showdown sah von seinem blassen Freund zu der geschlossenen Tür. „Ja.“, antwortete Shadow fest und drückte die Klinke herunter. Er öffnete vorsichtig die Tür und sah sich in dem spartanischen Zimmer um. Es gab nur ein Bett und einen Schrank. Bis auf diese beiden, buchefarbenen Dinge, war alles weiß. Die Wände, der Boden, die Fenster, die Bettwäsche, alles. Steven wusste, dass dieses Zimmer anders ausgesehen hätte, wenn es nach Tiff gegangen wäre und er wusste auch, dass ihre Eltern die Mittel gehabt hätten, dafür zu sorgen, dass alles ein wenig mehr nach Tiffanys Wünschen gelaufen wäre. Aber es war niemand im Zimmer. Er drehte sich zu Showdown um und schüttelte den Kopf. „Weit kann sie ja nicht sein.“, sagte dieser, nachdem er einmal tief ausgeatmet hatte. Zu der Station gehörte ein Garten und als sie draußen ankamen, saß nur eine Person unbeweglich dort. Vorsichtig näherte sich Shadow dieser Person, teils aus Angst, dass diese apathische Person tatsächlich seine Schwester sein könnte, teils, damit sie nicht zu Tode erschrank, wenn plötzlich jemand hinter ihr auftauchte. Als er vor dem Mädchen hockte, sah er nur die blonden, dichten Haare unter der Kapuze der schwarzen Kapuzenjacke hervorgucken. „Tiffany?“, fragte er vorsichtig, doch das Mädchen bewegte sich nicht ein Stück. Er hatte seine Schwester seit 6 Jahren nicht gesehen, sie war in der Zwischenzeit von einem Teenie zu einer Frau geworden, er konnte noch nicht sagen, ob es sich bei dem Mädchen um seine Tiff handelte. Vorsichtig wollte er ihr die Haare aus dem Gesicht streichen, um ihre Augen zu sehen, doch da zuckte sie zurück. „Tiff? Bitte. Ich muss wissen, ob du das bist.“, sagte er beruhigend und näherte sich erneut mit seiner zitternden Hand ihrem Gesicht. Irgendwas in seiner Stimme musste sie dazu bewegt haben, dass sie ihn gewähren ließ. Er musste nicht einmal eine Sekunde in ihre Augen sehen, um seine kleine Schwester zu erkennen. Und auch in ihren Augen blitzte etwas auf. „Komm! Wir bringen dich fort von hier!“, forderte er seine kleine Schwester auf und sie stand langsam auf. Sie zuckte etwas zurück, als sie Showdown erblickte, doch Shadow machte ihn, Tiff und sich selbst unsichtbar, so dass sie nicht lange über Showdowns Aussehen nachdenken musste. So kamen sie recht weit. Sie hatten nur einen Mann ausschalten müssen, der Alarm schlagen wollte, weil er gesehen hatte, wie sich die Tür geöffnet hatte, ohne dass jemand dahinter war. Erst kurz bevor sie aus dem Gebäude heraus wollten, waren sie aufgehalten worden. Sie kämpften sich ihren Weg aus dem Gebäude und es floss eine Menge Blut. Wie damals, sechs Jahre zuvor, handelte Shadow intuitiv und bekam nicht viel mit von dem, was er tat. Bereits als sie am Flughafen mit einem magisch gefälschten Aussehen auf ihren Flug nach Seattle warteten lief es im Fernsehen: „Colds etnlarvt. Haben sie den Tod ihres mörderischen Sohnes vorgetäuscht? Heute wurde Tiffany-Chanel Cold aus der Nervenheilklinik entführt, in der sie seit der grausamen Nacht vor sechs Jahren, wir berichteten damals, betreut wurde. Täter scheint ihr tot geglaubter Bruder Steven Cold zu sein, der damals 5 Menschen auf grausamste Art und Weise ermordet hatte. Steven Cold, so hieß es, habe noch in der gleichen Nacht Selbstmord begangen, doch nun scheint er wieder aufgetaucht zu sein. Er und ein bisher unbekannter Mann, der starke Ähnlichkeiten mit einem gesuchten Schwerverbrecher aus Seattle hat, sollen in die Klinik eingebrochen sein und dort die hilflose Tiffany herausgeholt haben. Auf ihrem Weg nach draußen haben sie viele Mitarbeiter des ahnungslosen Pflegepersonals getötet. Eine der Überlebenden berichtete der Polizei von den beiden Männern, die sie gesehen hatte, nachdem ein angewandter Unsichtbarkeitszauber fallen gelassen wurde. Nach ihrer Aussage handelte es sich ohne Frage um den Bruder der Entführten und ein Mitglied einer berüchtigten Gang in Seattle…“ Tiffany hörte Musik, denn Steven hatte ihr die Nachrichten ersparen wollen. So hatte er ihr seine Musik gegeben und sie gebeten, sie sich anzuhören. Er konzentrierte sich auf seinen Zauber, der die Drei für jeden anderen am Flughafen ganz anders aussehen ließ. Erst im Flugzeug nahm sich Shadow die Zeit, über das nachzudenken, was nun folgen würde. Ihm war klar, dass viel Arbeit auf ihn und Tiff zukommen würde und er wusste, dass sie beide mit den vergangenen Jahren klar kommen mussten. Er hoffte, dass sie sich im Haus einleben würde und nicht von den vielen, unterschiedlichen und dominanten Charakteren eingeschüchtert sein würde. Vorsichtig legte er einen Arm um seine Schwester, als diese im Flugzeug eingeschlafen war und sah etwas besorgt der Zukunft entgegen. Kapitel 5: Midnight Shadow -------------------------- Kaum, dass sie in Seattle waren, bekam Tiffany ihr eigenes Zimmer, direkt neben dem von Shadow und die beiden hatten ihre Ruhe, als sie sich in dieses zurückgezogen hatten. Es dauerte, bis die beiden wirklich sprachen und dennoch verstanden sie sich. Steven war sehr vorsichtig im Umgang mit Tiff, doch sie verschloss sich nicht vor ihm. Er durfte sie in den Arm nehmen und beiden liefen die Tränen, so saßen sie ewig, so kam es ihnen vor. „Ich wusste, dass sie gelogen hatten. Ich wusste, dass du dich niemals umgebracht hättest…, egal was war…“, flüsterte sie, nachdem sie einander losgelassen hatten. Stevens Lippen zitterten leicht und es fiel ihm schwer, noch etwas zu sehen, da sich in seinen Augen erneut die Tränen sammelten. „Ich wusste, dass du mich nie allein gelassen hättest…“, murmelte Tiffany und sah ihren Bruder durch ihre dichten Haare hindurch an. „Aber, ich habe dich allein gelassen. Ich habe dich verlassen, als du mich am Dringendsten gebraucht hä…“, doch Tiffany ließ ihren Bruder nicht aussprechen. Sie wollte nicht hören, wie er selbst sich fertig machte. In ihren Augen hatte ihr Bruder nichts falsch gemacht. Nein, ihre Eltern waren es, die Fehler hätten zugeben müssen, ihre Eltern und sonst niemand. Sie hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und sah ihn eindringlich an. Steven konnte nur erahnen, wie sie ihn ansah, doch er verstand. Er wusste, dass sie ihm keine Vorwürfe machen würde, im Gegenteil, sie war dankbar. Sie wusste, dass er im Gefängnis noch weniger für sie da gewesen wäre, dass sie einander nie wieder gesehen hätten. Jemand wie Steven, so wie er damals gewesen war, hätte das Gefängnis nicht überstanden. Sie hatte die ganze Zeit über gespürt, dass ihr Bruder noch lebte und sie wusste, dass er kommen würde, um sie zu holen. Auch hatte sie geahnt, dass er nicht mehr der Sonnenschein sein würde, der er einst war und auch das sorgte sie nicht. Die ganze Nacht saßen sie beisammen. Sie schwiegen viel und doch erfuhren sie auch von den letzten Jahren des jeweils anderen. Steven erzählte Tiffany seine Geschichte von dem Punkt an, als er in Seattle gelandet war. Tiffany wunderte es nicht, dass er sich damals für die unsichtbare Gestalt entschied, wo er doch niemals sich hätte den Dolls anpassen wollen. Sie erfuhr, dass er für immer ein Doll sein würde, denn diese Gang verließ man nie wieder, wenn man einmal Mitglied war und für Tiffany stand fest, dass auch sie die Dolls niemals wieder verlassen würde. Sie erklärte ihm, warum der Pfleger sterben musste, den sie auf den Gewissen hatte. Sie hatte kein schlechtes Gewissen. Der Mann war ihr an die Wäsche gegangen. Nie wieder sollte jemand so etwas mit ihr anstellen. Nie wieder wollte sie etwas erleben wie damals in der Nacht, in der ihr Innerstes gestorben war. Tiffany erzählte ihm auch, wie es war, als sie aus dem Krankenhaus nach Haus kam. Erst dort hatte die Polizei sie aufgesucht, vorher hatte man alles von ihr ferngehalten. Auch erfuhr sie erst durch die Polizei von dem angeblichen Selbstmord ihres Bruders, natürlich erst, nachdem sie die Ereignisse der Tatnacht schildern sollte. Tiffany hatte damals geschildert, was George ihr angetan hatte und auch, dass ihre angeblichen Freundinnen ihn dazu angestachelt und sogar zugesehen hatten, doch an etwas danach habe sie sich nicht erinnert. Das war gelogen, das wusste sie auch damals schon. Sie dachte, sie könnte Steven schützen, da sie ja schließlich die einzige Zeugin gewesen war. Sie wusste noch sehr genau, wie ihr Bruder sie fand. Sie hatte gesehen, dass seine Welt zusammenbrach, als er verstand, was geschehen war. Sie sah seine Selbstvorwürfe und wusste, dass er sie nie in das Haus gelassen hätte, wenn er gewusst hätte, dass George wieder da war. Sie hatte damals alles gesehen und verstanden. Erst, nachdem er sie auf den Rücksitz abgelegt hatte, konnte sie nur noch erahnen, was weiter geschehen ist. In dieser Zeit war sie aber auch ohnmächtig geworden und war erst wieder im Krankenhaus aufgewacht, in welchem ihre Mutter neben ihrem Bett saß und theatralisch weinte, während der junge Arzt sie tröstete. Tiffany erzählte ihm, wie es ihr in der Klinik ergangen war, wie verlogen ihr seine Beerdigung vorgekommen war und auch, wie sie sich geweigert hatte, auch nur mit einem der Psychiater zu sprechen. Sie sagte auch, dass sie innerlich immer mehr eine unüberwindbare Mauer aufgebaut hat und dass diese auch bleiben wird. Steven sei der Einzige, dem sie noch traut, dem sie immer getraut hat. In sein eigenes Zimmer ging Steven erst, nachdem Tiff schon längst fest eingeschlafen war. Mit offenen Augen lag er im Bett und dachte nach. Er fragte sich, wie sich sein Leben und das seiner Schwester entwickelt hätten, wenn er mit ihr zusammen geflohen wäre. Wenn er sie nicht allein zurück gelassen hätte. Und wenn er zwischendurch mal einschlief, so wachte er bereits fünf Minuten später, schweißgebadet, wieder auf. In den nächsten Wochen bekam kaum jemand im Haus der Dolls die Beiden zu Gesicht. Zu viel Zeit musste aufgeholt werden und auch wenn diese dann nur gemeinsam verbracht wurde, ohne sich auszutauschen. Shadow verbrachte diese Zeit oft mit Lesen für die Uni oder am PC, während Tiffany endlich wieder ihrem Hobby, dem Zeichnen, nachgehen konnte. Manchmal unterhielten sie sich auch. Mit jemand anderes sprach Tiffany auch nicht, nur mit Steven. Im Haus gewöhnte man sich daran, einen Shadow zu sehen, denn er wollte nicht, dass seine Schwester nach ihm suchen musste. Er blieb für alle sichtbar und kein einziger hatte ein Problem damit, auch nicht damit, dass er sich so lange versteckt hatte. Es waren drei Monate vergangen, als Tiffany ihren Bruder ansah und beobachtete. Er war gerade in ein Buch über Kindspsychologie vertieft und wirkte dennoch so, als sei er nicht bei der Sache. Sie wusste, dass er innerlich noch immer viel Wut hatte, auf sich, auf das Schicksal, auf alles. Aber vor allem auch auf diejenigen, auf die auch sie eine unaussprechliche Wut hatte. „Jetzt!“, sagte sie bestimmt, nachdem sie sich die Strähnen aus dem Gesicht geschoben hatte, damit ihr Bruder ihren Blick sehen konnte. Er sah ein wenig verwirrt auf und blickte seine Schwester an, doch er verstand recht schnell und nickte. Mit dem nächsten Flieger machten sie sich auf den Weg nach LA, denn an Geld mangelte es ihnen nicht. Sie sorgten sich nicht, dass man sie erkennen würde, denn bevor sie nicht im Haus der Eltern waren, würden sie sich nicht in ihrer wahren Gestalt zeigen. Ein Täuschungszauber sorgte dafür, dass niemand auch nur erahnen würde, wer sie wirklich waren. Im Haus der Eltern sahen sie sich nicht sonderlich um. Sie verbanden nichts mit diesem Haus, denn auch als sie dort drei Jahre lebten, waren sie nie zu Haus an diesem Ort. Sie wussten, dass sie im Arbeitszimmer auf ihren Vater warten konnten, dorthin führte ihn immer sein erster Weg. Hinter seiner Tür stand ein schwarzes Ledersofa, auf welches sie sich setzten und warteten. Sie sprachen nicht. Im Flugzeug hatte Steven sie einmal gefragt, ob sie sicher sei, das tun zu wollen. „Wieso? Du nicht? Ich tu es auch allein.“, war Tiffanys Antwort kühl gekommen. Die Zeit verging langsam und gleichzeitig schnell, so wie es ist, wenn man etwas erwartet und zugleich noch hinauszögern will. Es war nicht so, dass Steven davor zurückschreckte, seine Eltern zu töten. Oh nein, dem war nicht so. Im Gegenteil, es war wie es für die meisten Kinder an Weihnachen war. Sie konnten den Tag kaum erwarten, aber je schneller er kam, desto schneller war er auch vorbei. So war es auch für Shadow und Midnight Shadow. Dies war der Name, den Tiffany inzwischen erwählt hatte, ihr Dollname zu sein, denn dieser war noch schwieriger ausfindig zu machen, als der Schatten, welchen man tagsüber sehen konnte. Ein Schatten in der Nacht ist unscharf, nicht so klar und deutlich. Sie und ihr Bruder wussten, dass nach dieser Tat nichts mehr aus ihrer Vergangenheit existieren würde, dass sie von einem richtigen Neuanfang abhalten könnte. Sie hörten den Schlüssel im Schloss und die beflügelten Schritte ihres Vaters. So war er immer gegangen, wenn er ein Geschäft erfolgreich zum Abschluss gebracht hatte. Er pfiff fröhlich und schmiss die Tür zu seinem Arbeitszimmer regelrecht auf. Seine Aktentasche warf er dabei unachtsam auf das Sofa. Shadow fing sie leise auf, bevor sie ihm ins Gesicht schlagen konnte. Der groß gewachsene Mann, der das Zimmer betreten hatte, bemerkte die beiden Gäste nicht, die er hatte und schaltete fröhlich seinen PC ein, bevor er nach dem Hörer seines Telefons griff. Erst dann traf sein Blick den seines Sohnes, welcher den Blick von seinem Vater zu dem Telefon wandern ließ, woraufhin dieses zu schmelzen begann. Entsetzt warf Richard Cold das Telefon beiseite und versuchte seine Gedanken zu ordnen. „Ste…, Steven…, oh…, Tiffany…“, stammelte er und sah seine Kinder schon fast ängstlich an. Er wusste, dass er hierzu auch allen Grund hatte. „Steven und Tiffany? Die gibt es nicht mehr. Steven ist vor über 6 Jahren gestorben, er hat sich umgebracht, hast du das vergessen, Dad? Und mich habt ihr abgeschoben und vergessen!“, zischte Tiffany, „Für euch bin doch auch ich schon lange tot.“ „Wir wollten doch nur…“, begann ihr Vater zögerlich, wurde jedoch von Steven unterbrochen. „Was wolltet ihr? Unser bestes? Das wolltet ihr nie? Jedenfalls nicht für uns, sondern immer nur von uns. Glänzen sollten wir und unser Glanz sollte auch nicht eine einzige matte Stelle bekommen! Du warst nie ein Vater! Niemals! Für dich waren wir Statussymbole, Trophäen…“ „Und du wirst unsere Trophäe sein, Dad!“, flüsterte Tiffany und lächelte kalt. Ihre Augen waren, wie schon die ganze Zeit, hinter ihrem dichten Haar versteckt. Der Vater der beiden sollte noch fünf Minuten leben, bevor sein letzter Schrei seiner Kehle entglitt, doch waren es die schlimmsten Minuten gewesen, die sich ein menschliches Wesen auch nur ansatzweise vorstellen konnte. Ihre Mutter ließ noch lange auf sich warten, doch es verwunderte die Beiden nicht. Auf sie warteten die Beiden in der Küche. Ihre Mutter kam vermutlich von einem Treffen mit ihren Freundinnen und auch wenn sie dort immer viel tranken, so war ihr erster Gang auch zu Haus der in die Küche, in welcher sie sich ein Glas Gin gönnte. Sie stolperte erst mitten in der Nacht ins Haus und machte in der Küche kein Licht. Ein paar gewohnte Griffe, das Ansetzen des Glases, bevor sie es fallen ließ, da Shadow das Licht angemacht hatte und ihre Tochter ihr gegenüberstand. „Guten Abend, Mom!“, machte auch Steven auf sich aufmerksam. „Das tut ihr nicht! Ihr werdet eurer eigenen Mutter nichts antun!“, rief die ernüchterte Barbara Cold aus. „Nicht? Dann frag doch mal Dad.“, forderte Tiffany ihre Mutter auf und stieß die Tür zum Arbeitszimmer auf. Es fiel nur wenig Licht in den Raum und doch konnte man sehen, dass das Zimmer voll getrockneten Blutes war. Auch ihre Mutter starb langsam und musste dabei erfahren, was aus ihren Kindern geworden war. Sie hatte zwei Kinder zur Welt gebracht und dann verpasst sich darum zu kümmern, dass sie keine verbitterten Killer sein würden. Im Haus der Dolls zurück wussten sowohl Tiffany als auch Steven, dass sie wieder anfangen mussten, ein Leben zu führen, mit dem sie klar kommen konnten. Ihnen war bewusst, dass sie nie wieder ein normales Leben führen würden, selbst wenn sie es gewollt hätten, so waren sie nun Living Dead Dolls. Tiffany und Steven gab es nicht mehr, sie waren Midnight Shadow und Shadow gewichen und waren nichts weiter, als Namen, welche ihnen die Möglichkeit boten, zu studieren, Verträge zu unterschreiben und auch offiziell zu existieren. Beiden war nicht klar, wie es weiter gehen würde, doch Steven war sich nun sicher, dass es auf jeden Fall nicht ruhig zugehen würde und dass sie beide vielleicht auch wieder ein wenig Halt finden konnten. Epilog: -------- Shadow begann wieder, sich auf sein Studium zu konzentrieren. Es lag nicht an seinen Noten, dass er nicht fertig wurde, sondern daran, dass er das Studium nicht ernst genug nahm. Immer wieder ging er Tage lang mit seinen Kumpels aus dem Haus aus, trank mit ihnen bis zur Besinnungslosigkeit und kümmerte sich um nichts weiter, außer darum, dass seine Schwester so glücklich war, wie es ihr denn überhaupt möglich war. Noch immer ertrank er regelmäßig in Selbstvorwürfen und immer wieder durchbohrte es sein Herz, wenn er sah, wie schwer seine Schwester sich tat. Sie konnte zu Niemandem wirklich Vertrauen aufbauen, sie hatte keine Angst vor den anderen Dolls und doch hielt sie diese auf Abstand. Sie war fasziniert von den vielen Persönlichkeiten im Haus, sie saß häufig auf einer der vielen Treppen im Haus, um das Geschehen zu verfolgen, auch, wenn sie selbst sich nie einbrachte. Sie zeichnete die anderen Gangmitglieder. Sie genoss das Beobachten und doch sorgte sich Shadow um sie. Er wünschte sich nichts mehr, als dass sie wieder ein wenig zu sich fand, doch merkte nicht, dass nicht nur sie sich dabei im Weg stand. Nein auch er war ihr dabei im Weg. Er sah in ihr oft ein rohes Ei. Ein zerbrechliches Ding, dem man das Leben leichter machen musste. Er besorgte ihr, was sie brauchte. Er begleitete sie, wenn sie das Haus verließ. Es vergingen drei Jahre auf diese Art und Weise. Sie lebten, natürlich taten sie das. Nicht nur das, sie lachten, sie hatten Spaß, sie machten sich selbst viel vor. Zwischenzeitlich hatte Hollow in ihrem Studium eine Beziehung mit ihrem Professor angefangen. Dieser ist ein „Meister“ in Sachen Psychologie und schon immer fasziniert von den Dolls. Hollow war mittlerweile mit ihrem Studium fertig und der Prof, wie ihn die Dolls liebevoll nannten, oft bei ebendiesen zu Haus. Er interessierte sich sehr für die Geschichten der einzelnen Mitglieder der Gang und vor allem Tiffany beschäftigte ihn sehr. Es überraschte ihn ein wenig, als diese ihn von allein ansprach. Wenn auch nicht eindeutig. Man merkte, dass sie endlich wieder jemand sein wollte. Sie wollte ausbrechen aus ihrem „Kopfgefängnis“. Inspiriert war sie, da Shadow sein Studium tatsächlich beendet hatte und in seinem Beruf etwas Lebensfreude wieder gefunden hatte. Er erzählte ihr keine Geschichten von Arbeit, denn er war als Sozialarbeiter oft mit Kindern beschäftigt, die genauso unter ihrer Vergangenheit litten, wie es Tiffany tat. Einige der Geschichten hätten sie auch aufwühlen können und so erzählte er ihr nur von dem, wo sie keine Verbindungen aufbauen konnte. Er unterstützte sie, wo er nur konnte, denn auch er wollte, dass sie wieder zu sich finden konnte oder eben ein neues Ich aufbauen konnte. Der Prof bat Shadow, ihm die ganze Geschichte von damals zu erzählen, damit nicht Tiffany alles noch mal detailliert durchleben musste. Natürlich erklärte sich Shadow dazu bereit, er wollte Tiff doch helfen. Während er dem Professor alles berichtete, wurde diesem nur allzu bewusst, dass Steven noch längst nicht abgeschlossen hatte mit all dem, was damals geschehen ist. Er konnte gar nicht darüber wegsehen, dass Steven noch immer in seinen Selbstvorwürfen gefangen war. Mechanisch gab er wieder, was damals geschehen war, ohne jede Emotion, denn ansonsten hätte es alles wieder aufgerissen, was er in all den Jahren mit Überspielen und Verdrängen mühevoll zugekleistert hatte. Natürlich konnte der Prof nicht zulassen, dass Shadow sein Leben lang so weiter machte und so schlug er vor, auch mit ihm zu arbeiten. Shadow machte dicht. Er wollte nichts davon hören. Er war ein Dickkopf, welcher der Ansicht war, keine Hilfe brauchen zu können. Er hatte doch nur Tiff helfen wollen, niemand hatte etwas davon gesagt gehabt, dass auch er sich mit seiner Schuld auseinandersetzen sollte. Doch Tiffany wollte nicht, dass er dicht machte. Sie war immer schon die Dominantere gewesen und so fiel es ihr nicht schwer, ihren Bruder zu erpressen. Sie wusste, dass sie sein schwacher Punkt war und wie sehr er sich wünschte, dass sie mit der Vergangenheit abschließen konnte und sie wusste, dass er genauso gut wie sie selbst wusste, dass sie es ohne professionelle Hilfe nicht schaffen konnte. „Gut! Dann hörst du auf!“, sagte sie bestimmt, „Aber ich mach dann auch nicht weiter!“ „Natürlich tust du das! Das eine hat nichts mit dem Anderen zu tun. Ich brauche keine Hilfe!“, erklärte Shadow und wollte gehen. „Dann brauche auch ich keine Hilfe! Dann komm auch ich klar!“, schloss sie und wartete ab. Es dauerte keine Woche, bis Steven sich geschlagen gab. „Du hast gewonnen!“, erklärte er, bevor er sich mit dem Prof zusammensetzte. „Gut.“ Die Vergangenheit hinter sich zu lassen ist kein einfacher Schritt. Und man wird abwarten müssen, ob die Geschwister es schaffen werden, doch sie sind auf dem richtigen Weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)