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Tenshi

von

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Kapitel 1~

Als ich meine Augen öffnete, dämmerte es bereits.

Ich muss wohl eingeschlafen sein.

Meine Augen waren von den zuvor stundenlang vergossenen Tränen trocken und brannten.

Ich war auf der wunderschönen Lichtung im Wald, mein Zufluchtsort, wo ich immer für mich alleine war!

Ich schrieb dort oft Gedichte, lies meinen Gefühlen freien lauf oder dachte einfach nur über Gott und die Welt nach.

Meistens blieb ich den ganzen Tag hier, ich wusste das ich Daheim nicht willkommen war.

Als ich meinen steifen Körper endlich dazu bewegen konnte, mich aufzusetzen, bemerkte ich eine reglose Gestalt einige Meter neben mir liegen.

Es war ein Junge, ungefähr in meinem Alter.

Er schlief und dabei sah er so wunderschön aus…!

Ich schüttelte schnell meine Gedanken ab.

Ich bewegte mich vorsichtig auf ihn zu und blieb neben ihm knien.

Mit dem Zeigefinder tippte ich ihn ein paar Mal auf die Schulter, bis er erwachte.

«Was willst du auf meiner Lichtung?» fragte ich ihn mit ungewollt schroffer Stimme.

Verwirrt schaute der Junge mich an, ich konnte seine Augenfarbe nicht erkennen, da es jetzt bereits zu dunkel war.

Aber ich sah seine extrem blasse Haut.

Er sah aus wie ein Engel….doch irgendetwas trübte das Bild. Ich kam nicht dahinter was es war.

«Das ist also deine Lichtung, ja?» fragte er mich, noch immer leicht benommen.

Bei seiner Stimme, die so samten und harmonisch war, bekam ich am ganzen Körper eine Gänsehaut.

Ich antwortete nicht auf seine Frage, ich überspielte sie einfach mit einem Lächeln.

«Ich bin Masahiro!», ich hielt ihm meine Hand hin, Die er zögernd entgegen nahm.

« Mein Name ist Ryo, freut mich dich kennen zulernen.» Bei seiner Berührung zuckte ich zusammen, seine Haut war weicher als Seide es je hätte sein können, kalt aberwundervoll.

Die Kombination mit seiner Stimme war einfach atemberaubend.

Leise japste ich nach Luft und lies seine Hand, auch wenn ich das ungern tat, wieder los.

Fragend schaute er mich an und schnell setzte ich meine leblose Maske wieder auf.

«Wie hast du die Lichtung gefunden?» Ryo senkte den Blick, anscheinend war es ihm unangenehm darüber zu sprechen. Plötzlich sah er mich mit schockierten, weit aufgerissenen Augen an, stand auf und war im Wald verschwunden.

Ich sprang ebenfalls auf, wollte seinen Arm packen, doch er war weg.

Viel zu spät kam ein „Warte!!!“ aus meinem Mund. Es war kaum mehr als ein Flüstern!

Niedergeschlagen stand ich auf der Lichtung, alleine, so wie ich es immer wollte.

Doch jetzt wollte ich etwas ganz Anderes; ich wollte in Ryos Armen liegen, ihn küssen…..

Und zu guter letzt fing es auch noch an zu regnen! Das machte mir nichts aus, ich bewegte mich nicht vom Fleck.

Ich genoss einfach die Kälte des Regens, er machte meine Tränen nicht sichtbar.

Immer noch starrte ich in die Stelle im Wald wo mein Engel verschwunden war.
 

Ich wusste nicht warum mich diese Begegnung mit dem Jungen namens Ryo so mitnahm.

Ich weinte früher oft, doch irgendwann konnte ich nicht mehr.

Ich verstand nicht warum gerade er mich wieder dazu gebracht hatte, vor allem weil er gar nichts getan hat.

Ich konnte ihn auch nicht vergessen, sobald ich meine Augen schloss, sah ich sein schockiertes Gesicht.

Oft fragte ich mich wo er gerade war oder was er wohl machte.

Nach einiger zeit sah ich aber ein, dass es sinnlos war, einer kurzen Begegnung hinterher zu trauern. Wir weinen ja schließlich nicht jedem Menschen hinterher dem wir auf der Straße oder im Supermarkt begegnen.

Ich gab es auf, ich versuchte ihn aus meinen Gedanken zu verdrängen.

Irgdenwann vergaß ich ihn ganz und ich konnte mich wieder auf meine alltäglichen Probleme konzentrieren.

Kapitel 2~

Es war eisiger Winter

Obwohl ich die Hitze im Sommer nicht mochte, und die Kälte im Winter bevorzugte, war es trotzdem zu kalt um auf meiner Lichtung zu bleiben.

Also verkroch ich mich in das kleine Dachbodenzimmer in unserem haus.

Hier war es staubig,aber gemütlich fand ich zumindestens.

« masahiro, komm sofort hier runter!!!» rief meine Mutter zornig durchs haus.

Leise stöhnte ich auf «hmm, nicht schon wieder».

Langsam trottete ich die Treppe runter und blieb in einiger Distanz zu meiner Mutter stehen.

« was gibt’s?» fragte ich desinteressiert.

« wo warst du die ganze zeit?» sie kam einige schritte auf mich zu « was denkst du dir eigentlich wer du bist? Du treibst dich den ganzen tag draußen rum und drückst dich hier vor deinen aufgaben. An mir bleibt mal wieder alles hängen. Ich bin ja immer die doofe die den Haushalt macht !»

jedes mal dasselbe, gleich fing sie wieder an mir was von Verantwortungsbewusstsein zu erzählen und ich solle mir doch ein Beispiel an meinem ach so tollen Bruder Tamaki nehmen.

So war es auch, angepisst verdrehte ich die Augen und unterbrach meine Mutter mitten im Satz.

Ich war so gereizt dass ich sie richtig anfauchte.Das war wohl ein Fehler.

« lass mich doch einmal damit in ruhe, ich hab es satt das du mich nicht so akzeptieren kannst wie ich bin. Ich bin nicht wie dein Vorzeigesohn Tamaki» seinen Namen sagte ich hasserfüllt, ich hoffte das meine Mutter die Verletzlichkeit in meiner stimme nicht bemerkte.

Zornig sprach ich weiter« ich hab so die schnauze voll davon das ich andauernd dein Kindermädchen sein muss. Lass mich doch einfach mein eigenes leben führen»

Stille!!!

«Verschwinde aus meinen Augen, ich will dich nicht mehr sehen. Du bist eine Schande für die ganze Familie». Sie war sehr darauf bedacht sich zusammen zu reißen und mich nicht gleich wie mein Stiefvater zu verprügeln.

Ich hatte sie mit meinen Worten gekränkt, doch es war mir egal

~

als ich meine Sachen gepackt hatte und bereits draußen herum irrte, war mir ganz genau bewusst das ich wieder Krankenhaus reif geprügelt worden wäre, wäre ich nach ein paar stunden wieder heim gekehrt. Diesmal zog mich nichts zu meinen Eltern zurück.

Ich hatte es so satt andauernd mit dem ach so tollen Tamaki verglichen zu werden.

Tamaki war 3 Jahre älter als ich und bereits mit 20 Jahren einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner Tokios.

Er hatte eine wunderschöne Frau geheiratet die ihm gehorchte wie ein Hündchen. Tamaki war der ganze stolz der Familie im Gegensatz zu mir.

Darf ich vorstellen: Masahiro Fujioka, 10 Jahre alt und ab jetzt obdachlos. Ich wollte keinen anderen Familiennamen annehmen, ich behielt den meines verstorbenen Vaters.

Sein tot stürzte mich endgültig ins Ruin.

Meine Seele wurde vorher schon beansprucht aber der tot von dem wichtigsten Menschen in meinem leben tötete meine Seele ganz und gar. Ich tauchte in die tiefen von Gefühlslosigkeit, Taubheit und Blindheit.

Ich war anders als die normalen Schüler an unserer Schule. Ich war gerne allein und schrieb alles auf was mich bewegte. Ich hatte einen anderen Geschmack, einen anderen Style hörte andere Musik.

Ich war eben nicht das was die Leute kannten.

Also ein perfektes Opfer von Mobbing und Gewalt. Ich wurde sehr oft sehr heftig gemobbt und zusammengeschlagen und daheim gab’s noch mal zusätzlich eine auf den Deckel von Tamaki weil ich mich wieder habe verprügeln lassen. Als ich schon keinen mut mehr hatte in die schule zu gehen-meine Noten waren sowieso misserabel-konnte ich auch nicht mehr daheim bleiben. Tamaki wurde immer prutaler, er brach mir schon so einige Knochen. Mutter bekam das nie mit. Ich sagte auch nichts weil ich wusste, dass das die Situation noch schlimmer machen würde. Zu meinem Vater konnte ich damals nicht gehen, er hatte ein schwaches Herz, er hätte es nicht verkraftet. Und irgendwann, als ich mit meinem Vater einen Spaziergang im Wald machte-das war unsere letzte gemeinsame Aktivitiät, bervor er immer schwächer wurde- entdeckten wir diese Lichtung. Wir fanden so wunderschön, dass wir den halben tag dort verbrachten.

3 Monate später fand ich mich in einem schwarzen Anzug auf seiner Beerdigung wieder. Seit dem geht es mit mir bergab.

Ich hab jede Nacht wach gelegen, hatte Angst davor meine Augen zu schließen.

Ich weinte stundenlang. Als ich irgendwann nichts mehr fühlte, weder Trauer noch schmerz, schrie meine Seele bereits nach Hilfe.

Ich wollte so oft schreien, doch es ging nicht. Ich konnte keine einzige träne mehr vergießen. Ich wollte nicht weiterleben, es gab nichts mehr was mich hier auf dieser Welt hielt.

Ich fing an mich selbst zu verletzen. Mit jedem schnitt wurden die wunden tiefer und meine Verzweiflung größer.

Als ich nichts mehr spürte außer dieses endlos große schwarze loch in meiner Seele und die klaffende wunde in meinem Herzen, versuchte ich die Löcher zu füllen.

Ich fing an zu rauchen,wurde süchitg. Kettenraucher. Mehrere schachteln am tag. Ich bekam stündlich Fressattacken, ich schlang alles in mich hinein, darauf folgte der Brechreiz, wenn der ausließ musste ich eben nachhelfen.

Ich kippte mir oft die Birne voll, solang bis ich fast bewusstlos in meinem bett lag. Das Einzigste was ich damit erreichen konnte war das ich meine Lunge verpestete und meine Leber vergiftete. Auf meiner haut an Armen und Beinen war kein einziger Millimeter mehr frei von Narben oder frischen Wunden.

Keiner bemerkte es.

Und so viel ich ins Meer. Ich war tot.

~

ich wusste immer noch nicht wo ich schlafen sollte und so durchforstete ich die Straßen nach einer Möglichkeit zum schlafen. Als ich ein überdachtes Bushäuschen entdeckte lies ich mich schließlich dort nieder.

Ich wusste dass es eine sehr kalte Nacht werden würde und dass ich wahrscheinlich kaum schlafen würde.

Das war auch gut so, da konnte ich mir Gedanken darüber machen wie ich jetzt weiter verfahren sollte.

Kapitel 3~

Plötzlich öffnete ich meine Augen, ich war im sitzen eingenickt.

Ein immer näher kommendes Geräusch lies mich aufhorchen.

Meine nasenspitze spürte ich nicht mehr, genauso wie meine Finger.

Der Grund der mich aufschrecken ließ kam immer näher, eine Frau so um die 30, kam die Straße entlang.

Sie war groß und schön, sah doch noch recht jung aus bei genauerem betrachten schätzte ich sie jetzt auf Anfang 20.

Sie hatte ebenholz schwarze haare die ihr gewellt auf die Schulter fielen.

Jetzt war sie kaum mehr als 5 Meter von mir entfernt, sie sah mir direkt in die Augen und lief auf mich zu.

«Hey kleiner, muss dir nicht kalt sein? Wenn du auf einen Bus wartest der letzte ist schon lange gefahren!»

«Nein, ich warte nicht auf einen Bus», ich versuchte höflich zu klingen, sie musste meine leblose Stimme nicht hören «Machen sie sich keine sorgen um mich Ma’am»

«Kann ich dich irgendwo mit hinnehmen, mein Wagen steht gleich da hinten?»

«Nein, danke, es geht schon machen sie sich keine Gedanken. Ich wüsste nicht wo ich hin könnte.»

«Hast du kein Zuhause?» fragend sahen mich ihre eisblauen Augen an, sie funkelten und waren voller Leben,Hoffnungen und Träumen.

Man konnte ihr fast bis in die Seele blicken durch ihre Augen.

«Nein, seit Heute nicht mehr.» Verärgert senkte ich den Blick, sie sollte die Wut in meinen Augen auch nicht sehen.

Mir fiel es im Allgemeinen sehr schwer vor Anderen meine Gefühle zu zeigen.

«Oh» brachte sie nur heraus.

In meinem Blickwinkel sah ich das sie den kopf schräg legte, wahrscheinlich dachte sie nach.

«Gut, komm steh auf,» sie reichte mir ihre Hand.

«Ich wohne alleine, meine Wohnung ist groß genug für 2 Personen und ein Gästezimmer habe ich auch. Du kannst vorerst bei mir wohnen!» sie lächelte mich an.

«Ma'am das müssen sie wirklich nicht….» sie unterbrach mich:«jetzt hab dich nicht so, du brauchst mich auch nicht mit Ma’am anzusprechen, ich bin Kizuko. Es macht mir nichts aus, ich würde mich über ein bisschen Gesellschaft freuen.»

«Das ist wirklich sehr nett von ihnen,ma...ähm Kizuko, aber ich will ihnen nicht zur Last fallen»

Ohne Worte ergriff sie mein Handgelenk und zerrte mich auf die Beine. Mit der anderen Hand raufte sie meine Sachen zusammen und zerrte mich die Straße entlang hinterher.

Ich wollte stehen bleiben, doch diese Frau war stärker als sie aussah.

Als wir an einem silbernen Auto ankamen, öffnete sie die Beifahrertür und schubste mich in ihren Wagen.Hastig lief sie um ihr Auto und setze sich hinters Steuer.Mit einer Handbewegung schmiss sie meine Sachen auf die Hintersitze. Sie drehte den Schlüssel im Zündschloss und fuhr mit quietschenden Reifen los.

Plötzlich kam in mir die Euphorie hoch und ich begann leise zu kichern.

«Was gibt es denn da zu lachen?» sagte sie selber mit ersticktem Lachen.

«Wissen sie,dass das gerade einer Entführung ähnelte?»

«Ja?Ähm ja. Dessen bin ich mir bewusst!»

Jetzt fing sie lauthals an zu lachen und ich stimmte nach kurzer zeit in ihr Lachen ein.

Wir lachten sehr lange, ich bekam gar nicht mit wohin die Fahrt ging.

Eine Fahrt ins Ungewisse.

Kapitel 4~

Kapitel 4
 

Irgendwann verstummte unser Gelächter.

Eigentlich war mir gar nicht zu lachen zu Mute, aber Kizukos lachen war so ansteckend, da konnte man gar nicht anders.

Ich fragte sie wo sie eigentlich wohne und sie meinte nur: «Siehst du da vorne die Tore? Da wohne ich»

Als wir in die Auffahrt ihres Hauses fuhren staunte ich nicht schlecht. Das Haus war sehr groß, modern und weiß angestrichen. Das konnte man sogar in der Dunkelheit erkennen.

Kizuko drückte mir meine Sachen in die Hand und lief vor zu ihrer Haustür.

Ich lief ihr nach kurzem zögern hinterher.

Als wir eintraten stand ich auf einmal in einem riesigen offenen Raum mit einer hohen Decke.

In der Mitte des Raumes war eine Sitzgruppe platziert, bestehend aus 2 riesigen Sofas und 2 einladende Sessel. Inmitten der Möbel stand ein moderner Wohnzimmertisch.

Weiter hinten im Raum stand ein langer Esstisch mit mehreren Stühlen.

Überall standen grüne Topfpflanzen und bunte Blumensträuße.

Neben der Eingangstür führte eine Treppe hoch ins Obergeschoss.

Kizuko sagte: «Du kannst deine Sachen erstmal auf das Sofa legen, ich zeig dir erstmal wo alles ist, und zum Schluss auch dein Zimmer.»

Ich tat was sie sagte und folgte ihr durch das sehr modern eingerichtete Haus. Sie scheint viel Geld zu verdienen, aber danach wollte ich nicht fragen, später vielleicht mal.

Als wir letzten Endes wieder im Wohnzimmer- man könnte auch schon Empfangssaal dazu sagen- ankamen nahm ich meine Klamotten vom Sofa und folgte ihr in die oberste Etage.

Ganz am Ende des dunklen Ganges war mein Zimmer- das Gästezimmer.

Es war groß und sehr freundlich eingerichtet.

Nachdem sie mich fragte ob ich Hunger habe und ich mit nein antwortete, wünschte sie mir eine Gute Nacht und lies mich allein.

Das war mich auch recht so, da konnte ich erstmal meine wirren Gedanken ordnen.

An Schlaf war gar nicht zu denken, ich wusste genau das ich diese Nacht wieder kein Auge zubekommen würde.

~

Als ich mir eine Jogginghose und ein altes T-Shirt angezogen hatte, fühlte ich mich schon etwas wohler. Es war 1:23 Uhr. Ich war bereits seit ungefähr 3 Stunden hier. Kizuko hatte noch mal kurz mit mir geredet. Sie schlief jetzt in ihrem Schlafzimmer. Sie meinte sie habe einen langen Arbeitstag hinter sich und morgen müsse sie auch wieder früh raus. Sie sagte auch, sie käme morgen auch erst wieder gegen 22 Uhr nach Hause.

Unter diesen Umständen konnte ich mir auch vorstellen, etwas länger hier zu leben. Ich hatte hier meinen Freiraum und war fast den ganzen Tag allein. In dem Gästezimmer war es dunkel, nur das Mondlicht erhellte den Raum. Nervös biss ich auf meiner Unterlippe herum. Ich saß mit angewinkelten Beinen auf dem Bett und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand. Ich legte mein Kinn auf meine Knie und umklammerte meine Beine mit den Armen, ich blickte an eine Stelle im Raum, ohne sie wirklich zu sehen. Ich war so in Gedanken versunken das ich das Zimmer nicht mehr wahrnahm. Ich durchlebte gerade ei verdrängtes Erlebnis. Es war nicht wie ein Déjà-vu, eher wie ein Film den man zurückspulen und dann erneut abspielte.
 

Ich hörte seine Schritte, ich hörte wie er die Treppe hochkam. Mein Herz ging schneller, ich schnappte nach Luft. Ich geriet in Panik. Ich rannte wild im Raum herum, ich suchte ein Versteck, er durfte mich nicht finden! Als sich die Tür öffnete blieb ich wie versteinert stehen, mein ganzer Körper versteifte sich vor Angst. Ich drehte mich langsam um und musste der grinsenden Visage meines Peinigers ins Gesicht sehen. Ein dreckiges Lachen erfüllte den Raum. Er hastete auf mich zu und schlug mich zu Boden. Dann zerrte er mich an den Haaren wieder hoch. Er schmiss mich auf mein Bett und versetzte mir einen Schlag in die Magengegend. Er öffnete meine Hose, ich versuchte seine Hände abzuwehren, ich strampelte wild mit meinen Beinen rum, in der Hoffnung ihn zu treffen. Ich verfehlte ihn wieder und wieder! Er schlug mir mehrere Male ins Gesicht. Ich sah Sterne vor den Augen. Ich vernahm ein Flüstern an meinem rechten Ohr: «Du kannst dich nicht wehren. Du bist zu schwach. Und falls du es doch wieder versuchen wirst, du Missgeburt, dann werde ich dir noch mehr wehtun. Wenn du nur einen einzigen Mucks von dir gibst, werde ich dich zum Schweigen bringen, für immer!!! Und jetzt sei ein lieber Junge und zieh dich aus.»

Mechanisch zog ich mich bis auf meine Boxershort aus. Er stand vor mir und küsste mit seinen widerlichen Lippen meinen Körper. Sein heißer Atem brannte wie Gift auf meiner Haut. Ich spürte wie mir die Tränen die Wangen runter flossen. Er schlug mich erneut, ich landete auf dem Bett. Ich konnte mich vor Schmerzen kaum bewegen. Ich sah dass er sich bereits ausgezogen hatte. Nackt kam er auf mich zu. Benommen wollte ich aufstehen und fliehen, doch er warf sich schon auf mich und riss mir auch noch das letzte Stück Kleidung vom Leib. Seine Küsse wanderten an meinem Körper auf und ab. Mir war ganz elend. Ich schluchzte und weinte noch mehr.

«Wäh! Ich kann deine flennende Fratze nicht ertragen. » Er drehte mich mit Gewalt auf den Bauch und band meine Hände mit irgendwas an mein Bett. Ich presste mein Gesicht ins Kissen um die Tränen und Schmerzensschreie zu ersticken.

Dann ein Filmriss!!!

Ich saß zitternd in der Dusche. Das Wasser prasselte ununterbrochen auf meinen von Blutergüssen und Platzwunden übersäten Körper.

Neben mir lag ein Messer. Das Wasser, das in den Abfluss floss war blutrot.

Wieder ein Heulkrampf. Erneut griff ich zum Messer.
 

Ich war wieder in der Gegenwart.

Ich lag zusammen gekugelt auf dem Bett. Das Kissen war ganz nass. Ich richtete mich auf, wischte mir mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. Ich schlich mich ins Bad, zog mich aus und nahm eine kalte Dusche. Ich konnte noch jetzt jeden Stoß in mir spüren, obwohl es schon einige Zeit her war. Ich fühlte mich so dreckig, ich ekelte mich vor mir selbst. Das Verlangen mich selbst zu Verletzen war wieder da. Ich sank zu Boden und kauerte mich in der großen Dusche zusammen. Vielleicht würde mich so endlich der Schlaf holen. Zusammengerollt auf der Seite liegend und mit kaltem Wasser umgeben…..

Kapitel 5~

Als ich erwachte, lag ich noch immer auf dem Boden der Dusche. Kurz darauf merkte ich dass ich zitterte, ich richtete mich auf, stellte das Wasser ab und wickelte mir ein Handtuch um die Hüfte. Im Spiegel sah ich mein Gesicht. Ich konnte meinen Anblick nicht ertragen. Diese toten, leeren und leblos grünen Augen. Ich hasste sie. Ich hatte braune Haare, die mir nass im Gesicht klebten. Meine Lippen waren blau vor Kälte. Schnell trocknete ich den Rest meines eiskalten Körpers ab, zog mich an und ging wieder hoch. Als ich jetzt auf die Uhr schaute, war es 4:09 Uhr. Kizuko müsste in gut 20 Minuten aufwachen. Ich kuschelte mich ins Bett und deckte mich bis zum Kinn zu, in der Hoffnung dass ich aufhörte zu zittern.

Irgendwann lies das Zittern nach und ich war in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen,

~

Ich wurde durch ein lautes Knallen geweckt. Ich stand auf, ein bisschen zu schnell. Mir schwirrte der Kopf und der Raum begann sich zu drehen. Halt suchend schwankte ich zum Schreibtisch und setze mich auf den Stuhl. Erst jetzt registrierte ich, dass ich höllische Kopfschmerzen hatte. Ich hörte jemanden die Treppe hoch poltern. Ich öffnete die Tür einen Spalt und sah wie eine dunkle Gestalt in einen Raum am Anfang des Flures huschte.

Es war eine kurze Zeit still, dann hörte ich Schranktüren zu fallen. Dann sah ich wie jemand ins Bad rannte, ich hätte die Tür noch weiter öffnen müssen, um zu erkennen wer es war, aber dann hätte man mich bemerkt. Ich hörte wie Wasser lief. Vielleicht hatte Kizuko etwas vergessen. Ich warf schnell einen Blick auf die Uhr. Sehr unwahrscheinlich. Als ich wieder durch den Spalt lugte, sah ich nichts mehr. Ich hörte gerade noch wie die Haustür erneut mit einem lauten Knall ins Schloss fiel. Ich schlich die Treppe runter und sah mich um. Niemand da! Wer das wohl war? Vielleicht Kizukos Freund. Ich ging in die Küche und durchforstete den Kühlschrank nach etwas Essbaren. Man sah Kizukos Kühlschrank an, dass sie kaum daheim aß. Als ich schließlich eine Schüssel Schokoflakes gegessen hatte, ging ich hoch ins Bad um mir die Zähne zu putzen. Ich erschrak leicht, als das Waschbecken voll Blut war. Wer immer auch hier war, er hat eine Sauerei hinterlassen. Ich spülte das Blut weg und machte mich frisch.

Ich machte mir nicht mehr sonderlich viele Gedanken über den Besucher im Haus. Ich vergaß es einfach. Als ich aus dem Bad kam, seufzte ich. Es war sehr still im Haus. Man hörte draußen nur den Wind, der gegen die Hauswand peitschte.

Ich verspürte den Drang raus zu gehen, aber draußen tobte ein Schneesturm. Das konnte ich wohl vergessen. Ich wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Das erste Mal seit langen war mir langweilig. Eigentlich genoss ich es alleine zu sein. Ich mochte immer die Stille. Doch das war heute anders. Ich hätte meine Gedanken in Worte fassen und aufschreiben können, doch ich versuchte sie auszublenden. Es waren schreckliche Erinnerungen.

Nach einem weiteren Seufzen ging ich letzen Endes ins Wohnzimmer und pflanzte mich schwungvoll auf die Couch. Ich entdeckte auf dem Wohnzimmertisch einen Zettel. Ich öffnete ihn, darin stand mit fein säuberlicher Schrift geschrieben:« Hey Kleiner, ich hoffe du hast gut geschlafen. Ich komme erst gegen Morgen nach Hause. Ich hab dir auf den Esszimmertisch Geld hingelegt. Du kannst dir davon was zu Essen kaufen. Gegen Abend kommt mein Neffe. Er verbringt seine Ferien bei mir. Ich hoffe ihr lernt euch kennen und werdet gute Freunde.

Gruß, Kizuko ♥»
 

Ich war kurz irritiert, aber dann freute ich mich, dass sie sich liebevoll um mich kümmerte, obwohl wir uns nicht mal kannten. Ich schloss sie jetzt schon in mein Herz. Ich wusste dass sie das kaum zu spüren bekommen würde, so was fiel mir verdammt schwer.

Erleichtert darüber, dass ich nun doch einen Grund hatte raus zu gehen, nahm ich mir das Geld und ging zum Supermarkt um die Ecke. Ich nahm all das mit was mir in die Hände fiel. Kizuko hatte mir genügend Geld da gelassen, so dass ich mit zwei Einkaufstüten wieder im Haus ankam. Ich räumte alles in den Kühlschrank und fing an mir was Leckeres zu kochen.

Ich musste oft für mich kochen, da meine Mutter es nicht tat. Der Tod meines Vaters trieb sie in die Alkoholsucht. Ich war oft auf mich allein gestellt. Ich begann das Gemüse zu zerkleinern. Kurze Zeit später war mein Essen fertig und ich setzte mich mit dem Teller vor den Fernseher.

Kapitel 6~

Kapitel 6
 

Ich erledigte den Abwasch, schaltete die Klotze aus und beschloss in mein Zimmer zu gehen.

Ich setze mich an den Schreibtisch und versuchte ein Gedicht zu verfassen.

Ich starre auf das leere Blatt Papier. Ich umklammerte den Kuli, wollte zu schreiben anfangen, doch ich hatte eine totale Blockade. So ein Scheiß! Verärgert ging ich wieder runter. Ich beschloss meinen besten Freund anzurufen. Ich nahm Kizukos Telefon und wählte. Es klingelte zwei Mal und dann nahm jemand ab. Was für ein Glück er ging gleich dran.

„Hey Jake, ich bin’s…!" Und schon ratterte er einen ganzen Roman runter.

„Mensch, Masahiro! Warum kommst du nicht mehr in die Schule. Die Lehrer fragen schon nach dir. Wo bist du? Deine Mutter meinte du seist abgehauen. Geht es dir gut? Ist alles ok bei dir?" Ich antwortete gleich um noch mehr Fragen zu verhindern: „Ja Jake mir geht es gut, bei mir ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen, du altes Waschweib." Ein lächeln ging mir über die Lippen als er sich darüber aufregte. Jake war 16. Er zog mit 12 hier her. Seit dem waren wir unzertrennlich. Er war das genaue Gegenteil von mir. Er hatte immer ein Lächeln auf den Lippen und wusste genau wie er mich aufheitern konnte. Als ich hörte wie die Haustür sich öffnete, drückte ich ihn schnell weg. Ich drehte mich um und starrte meinem Engel in die Augen.

Vor Schreck lies ich das Telefon fallen. Er sah genauso schockiert aus, konnte sich aber schneller wieder fangen. Mit fester Stimme fragte er: „Was willst du denn hier?" Ich brachte keinen Ton raus. Er hob das Telefon auf und ging in die Küche. Ich hörte nur Bruchteile der Unterhaltung. Aufgrund der gesprächsteile nahm ich an, dass er mit Kizuko sprach.

Also war Ryo Kizuko Neffe. Immer noch schockiert setze ich mich auf die Couch. Ich war total verwirrt. Ich musste mich wieder unter Kontrolle bringen. Diesmal war es anders, nicht wie auf der Lichtung. Damals gingen mir tausende fragen durch den kopf, aber jetzt war da nichts als leere. Als Ryo wieder herein kam setze er sich auf die Couch mir gegenüber. Ganz gelassen lehnte er sich zurück. Total angespannt saß ich da, kerzengerade. Nervös zupfte ich an meinem Hemd. „Ok, wir sollen also Freunde werden, ja?" Seine stimme klang so kalt. So hatte ich sie gar nicht in Erinerung. Vielleicht war es auch nur zu lange her. Also langsam wurde mir die Situation unangenehm. Er saß einfach nur da und sah mich prüfend an. Es bildete sich eine falte zwischen seinen brauen.

„Hmmm" brachte er heraus. Ich wusste nicht warum, aber das war zu viel. Ich sprang auf, sprintete die Treppe hoch und knallte die Tür meines Zimmers, wenn auch ohne Absicht.

Was war nur mit mir los? Wo war meine Maske aus Kälte, Teilnahmslosigkeit und Arroganz geblieben? Sonst ging mir so was doch immer am Arsch vorbei. Ich versuchte nicht daran zu denken dass noch eine Person im haus war. Ich schnappte mir meinen MP3-Player und pflanzte mich aufs bett. Ja, diese Musik brauchte ich jetzt, laute schreie, Gitarren und ein schnelles Schlagzeug. Also suchte ich mir ein Lied von meiner Lieblingsband "-OZ-" raus und lies mir den kopf Volldröhnen. Ich schloss die Augen, so konnte ich mich besser auf die Musik konzentrieren und die wirren Gedanken in meinem kopf beiseite schieben. Nur die Musik, konzentriere dich nur auf die Musik. Ich versuchte mir die einzelnen Instrumente vorzustellen, ich wollte mich zwanghaft ablenken. Das Schlagzeug. Bum bum- bum bum. Ein schneller Beat. Die Gitarren. Der Sänger. Ryo. NEIN!!!

Ich schlug die Augen auf und musste erschrocken feststellen, dass ich beobachtet wurde.

Kapitel 7~

Keiner sagte etwas! Ich war nicht in der Lage Ryo in die Augen zu sehen. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Er hatte nichts Engelhaftes mehr an sich. Nun trug er die Maske, die ich in den letzten Tagen vergeblich suchte. Ich konnte gar nicht glauben, dass ich erst vor 4 Tagen von daheim weggelaufen bin.

Es hatte mich noch keiner gesucht. Ich glaube das war auch besser so. Um ehrlich zu sein genoss ich die Zeit ohne meine Familie richtig. Auch wenn ich sie noch nicht richtig auslebte. Ryo richtete sich auf, setzte sich neben mich auf’s Bett und sagte: „Und? Willst du mir jetzt meine Frage beantworten?“ Er sah mich nicht an. Er saß einfach nur da. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich wusste nicht ob ich überhaupt einen Ton heraus bringen würde. „ D…..Du meinst….warum ich hier bin?“ Ich schluckte schwer, als ich die Worte nur so dahin gekotzt hatte. „Ja, was’n sonst?“. Wieder schluckte ich. In mir breitete sich Bedrücktheit aus. Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, war meine Story fast schon erbärmlich. Sie noch mal in meinen Ohren zu hören ließ mich zweifeln. Hab ich etwa überreagiert? „…..und dann kam wer?“ Ryo sah mich jetzt an, ich konnte sein Ausdruck nicht deuten. „Kizuko. Dann kam deine Tante und hat mich entführt.“ Meinte ich leblos. „Sie hat WAS getan? Komm, verarsch mich nicht!“ „Tu ich nicht, es grenzte an eine Entführung.“ Wieder sagte ich es mit monotoner Stimme, als sei es das normalste auf der Welt.

Dann war es still!

Ich hörte wie Ryo sich ein Lachen verkniff und kurz darauf gluckste.

„Oh man, du solltest dich jetzt mal sehen! Du siehst voll süß aus. Und du ziehst eine Schnute.“ Ryo lachte nun richtig laut. Die Stille die den ganzen Tag im Haus herrschte, wurde durch sein Gelächter durchbrochen. Ich hatte ihn noch nie Lachen sehen. Der Anblick seiner vollkommenen Schönheit raubte mir den Atem. Scharf sog ich die Luft ein. Ich merkte wie ich knallrot anlief. Schnell ging ich ins Bad und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Das lies mich heftig nach Luft schnappen, obwohl ich kaltes Wasser gewohnt war. NEIN. Wie konnte das sein? Wie konnte mir ein Junge so den Verstand rauben? Wie konnte eine Person mich dazu bringen, mich wie eine verliebte Tussi da stehen zu lassen? Vor allem, warum fühlte ich mich so stark zu Ryo hingezogen? Ich schüttelte wild den Kopf, in der Hoffnung die Gedanken mit weg zu schütteln. Als ich hoch in den Spiegel sah, bemerkte ich das Ryo mir gefolgt war und sich an den Türrahmen lehnte. „Du bist echt merkwürdig“, wieder bildete sich eine Falte zwischen seinen Brauen. Ich glaubte, das tat es immer wenn er nachdachte, oder wie in meinem Fall, wenn er versuchte mich zu verstehen.

Verzweifelt suchte ich in meinem Kopf nach etwas, womit ich, auf das vorhin eingeworfene Kommentar, kontern konnte. Vergebens!!!

Stattdessen schaltete sich mein Denken komplett aus, ich machte zwei große Schritte auf Ryo zu und küsste ihn. Erst bemerkte ich wie er sich verkrampfte, dann aber auf den Kuss einließ.

Seine Lippen öffneten sich leicht und ich spürte seinen heißen Atem an meinen Lippen. OH GOTT!!! Er roch so gut. Sein süßlicher Atem benebelte meine Sinne. Ich sog den lieblichen Geruch ein. Ich hatte das Gefühl mein Herz würde jeden Moment aus meiner Brust springen. Doch nichts geschah. Ich wollte mich aus dem Kuss lösen, der doch länger anhielt als ich anfangs erwartete. Ich konnte nicht. Ryo bewegte sich rückwärts durch das Zimmer auf das Bett zu. Er ließ sich fallen und riss mich mit runter. Ich lag in seinen Armen und küsste ihn gierig. Als sich mein Denken verfrüht wieder einschaltete, löste ich mich von ihm los und blieb keuchend neben dem Bett stehen. Was hatte ich da gerade getan? Oh mein Gott ! Verdammte Scheiße. Ich habe einen Jungen geküsst. Aber ich hab es so gewollt und wollte ihn eigentlich weiter Küssen. Doch als ich seine Reaktion auf mein losreißen sah, war ich so perplex, dass mein Atem stockte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2010-08-13T10:57:39+00:00 13.08.2010 12:57
Wann gehts endlich weiter???
Ich will wissen wie er reagierte...
*gespannt bin*
Von: abgemeldet
2009-06-07T10:30:28+00:00 07.06.2009 12:30
..Ich bin abgrundtief schlecht darin Kommentare zu verfassen.

..Mir gefällt deine FF wirklich, man kann sich echt gut in Masahiro hineinversetzen & mir gefallen die Metaphern ~♥

Bitte schreib weiter ♥


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