Mitten ins Schwarze von Schnueffelnase ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Mitten ins Schwarze Kapitel 1 ~~Yamatos Sicht~~ Sou .... Ich hätte mich nicht darauf einlassen sollen. Sou .... Doch nun war es zu spät. Als seine Lippen die meinen berührten, wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab. Er berührte mich, bis tief unter meine Haut und irgendwo, weit verborgen in mir drin spürte ich, dass ich es wollte. Dass ich mich schon seit vielen Jahren danach sehnte. Ich stöhnte ein letztes Mal, dann bäumte ich mich auf und ließ mich erschöpft zurückfallen. Doch seine Hände fanden sofort wieder den Weg zu mir. Er war viel geschickter, als ich, in diesem seltsamen Moment. Zärtlich strich er über mein Haar, bettete sich an meine Seite und drückte meinen Kopf an seine Brust. "Sou ...." flüsterte ich. Doch er sagte nichts, hielt mich nur fest und das war alles, was ich jetzt brauchte. Ich seufzte. Was würde mein kleiner Bruder nur dazu sagen? ~~Katsura & Kouichi~~ „Hey Katsura, träumst du?“ Verärgert blickte Kouichi seinen Vizepräsidenten an. „Du hast mich doch hierher bestellt, also pass nun auf, wenn ich schon extra gekommen bin.“ Er wühlte in seinen Unterlagen und tippte verheißungsvoll auf einen grün umrandeten Zettel. „Das sind die Aufteilungen.“ Er wartete kurz, nur ein paar Sekunden, um sich zu vergewissern, dass sein Gegenüber ihm diesmal die volle Aufmerksamkeit schenkte. „Ich habe sie nach den Leistungen der letzten Wochen eingeteilt. Gleich viel Schwache und Starke in jedem Team, damit wir keine Problemfälle haben werden. Es darf ja nicht sein, dass einer dem anderen total nachhängt, bloß weil wir die Guten für sich zusammenstecken.“ Er überreichte den Zettel dem anderen. „Was sagst du dazu?“ Katsura, nur halb aus seiner Gedankenwelt entschwunden, blickte verträumt auf das Stück Papier. Er überflog die Einteilungen und nickte ab. „Das ist gut, Kouichi.“ sagte er und hoffte, der andere möge nicht durchschauen, dass er auch jetzt nur halb bei der Sache war. „Katsura.“ Kouichi hatte sich vorgebeugt. „Du hast gar nicht richtig draufgeschaut.“ Sein Ton verriet den Missmut, den er ob dieses Mangels an Interesse empfand. Resignierend lehnte er sich zurück. „Eigentlich ist es mir egal, ob du richtig hinschaust oder nicht. Ich bin davon überzeugt, dass alles so stimmt.“ Ein Seufzer entrang seinem Mund. „ Aber bestimmt denkst du schon wieder an Sou.“ fügte er in Gedanken hinzu. Plötzlich war Katsura wach. „Nein, nein.“ dementierte der schwarzhaarige Junge. „Du hast ja Recht. Als dein Vizepräsident muss ich mich genauso engagieren und nicht ….“ Er errötete. „Aber diesmal würde ich dir gern vertrauen. Ich glaube, du hast alles richtig eingeteilt.“ Lächelnd schlug Kouichi die Hände zusammen. „Na dann.“ sagte er. „Ist ja alles klar.“ Er winkte nach einem Kellner und verlangte nach der Rechnung. “Du wirst mir verzeihen.” sagte er. “Aber ich muss nun gehen. Meine Mutter bringt mich um, wenn ich ihr wieder nicht beim Einkauf helfe.” Er legte ein paar Scheine auf den Tisch. “Dein Eis geht auf mich.” “Danke.” “Kein Problem, Katsura.” Er lächelte. “Wir sehen uns morgen.” Katsura fühlte sich schuldig. Er, nur er allein, hatte Kouichi bedrängt, zu kommen und mit ihm die Pläne für die nächsten Wochen zu besprechen, doch kaum saß er in Ruhe im Eiscafé, überrannten ihn die Gedanken an Sou und sosehr er auch wollte, sie ließen ihn nicht los. Er musste einfach an ihn denken. Nun war Kouichi sauer, auch wenn er es nicht zeigte. Katsura wusste das und er wusste auch, warum. Wie naiv konnte er sein? Natürlich durchschaute Kouichi ihn sofort. Sein Freund war schließlich nicht bescheuert und er kannte ihn nun lange genug, um die Zeichen zu kennen, die darauf hindeuteten, dass Katsura gedanklich in den Armen seines Geliebten lag. Natürlich war er sauer. Katsura seufzte. “Wie würde ich auch reagieren, wenn ich den Menschen, den ich am meisten liebe, nicht haben könnte?” ~~Yamato & Sou~~ Es war schon später Nachmittag, als im Hause Kobayakawa mit einem Ruck die Tür geöffnet wurde. “Yamato.” schallte eine Stimme durch den Flur. “Ich bin wieder zu Hause, mein Junge. Bitte komm runter. Ich habe ein neues Regal gekauft und brauche deine Hilfe.” “Vater.” flüsterte der Junge. “Mein Vater ist wieder da.” Er streckte sich. Sou lag noch schlafend neben ihm und atmete ganz leicht. Vorsichtig tippte er ihn an. “Hm?” machte es. “Ich hab es schon gehört …. Dein Vater, ja?” Er setzte sich auf. “Ach herrje.” Verschlafen schaute Sou an sich herunter. “Ich bin ja noch ganz nackt. So kann ich deinem Vater nicht gegenübertreten.” Er lachte und hauchte seinem verlegenen Freund einen Kuss zu. “Nun geh lieber runter, nicht dass er uns noch so sieht.” Der schwarzhaarige älteste Sohn der Familie reagierte sofort. Er war zwar noch etwas durcheinander und wusste weder, was genau geschehen war, noch, was nun geschehen sollte, doch immerhin war er klar genug im Kopf, um zu wissen, dass er nicht wollte, dass sein Vater einen entblößten jungen Mann in seinem Zimmer fand. Er war gerade aus der Tür getreten, als er seinen Vater am obersten Absatz der Treppe entdeckte. “Ah, da bist du ja.” sagte sein Vater. “Ich wollte eben zu dir kommen, weil ich dachte, du hast mich nicht gehört.” “Doch, doch.” habe ich. Verwundert merkte er, dass er stammelte. “Ich war bloß .... über, über einem .... Buch .... eingeschlafen.” Er schaute seinen Vater nicht an. “Mist.” dachte Yamato. “Das durchschaut er doch sofort.” Innerlich glühte er. “Was hab ich mir nur dabei gedacht? Ich habe mit dem Geliebten meines kleinen Bruders geschlafen.” Halb verstört tappelte er die Trepper herunter. “Ein Buch, soso.” Sein Vater grinste in sich hinein. Yamato hatte Glück. Sein Vater hatte zwar bemerkt, dass etwas nicht stimmte, doch griff er die Idee Buch, ohne zu fragen auf, machte daraus eine Zeitschrift und dachte dabei an jene, die auch er in seiner Jugend gelesen hatte und über denen man durchaus einmal das Gefühl für die Zeit verlieren konnte. “Dass der Junge sowas liest. Nein, nein.” Er schüttelte den Kopf. “Eben war er noch so klein und schon schaut er sich nackte Frauen an.” Lautlos lachend folgte der Herr des Hauses seinem Sohn nach draußen. ~~Yamatos Sicht~~ Nach einer halben Stunde stand ich wieder vor meinem Zimmer. Wir hatten das Regal nicht nur hereingeräumt, sondern gleich den ganzen Flurbereich umgestaltet, damit es einen guten Platz im Haushalt finden konnte. Ich hatte mich gewundert, weil Sou sich die ganze Zeit nicht blicken ließ, doch dachte ich an Nichts Schlechtes. “Vermutlich will er seine Anwesenheit vor meinem Vater verbergen.” dachte ich. Warum eigentlich? Mein Vater kannte ihn doch und mit Sicherheit hätte es ihn nicht verwundert, wenn mein bester Freund aus Schulzeiten in unserem Haus hockte. Ich überlegte und kam auf den Gedanken, dass Sou mit seinem Verhalten vielleicht doch auf der sichereren Seite war. Denn wäre er ähnlich nervös gewesen wie ich, dann hätte mein Vater vielleicht doch weitergedacht, als mir lieb war. Ich öffnete meine Tür und trat ein. Doch zu meiner Überraschung erwartete mich kein geduldig ausharrender Sou. Stattdessen lag auf meinem Schreibtisch ein Zettel und schon von weitem erkannte ich die mir vertraute Schrift. “Yamato ich glaube, es ist besser, wenn ich gehe. Ich werde versuchen, mich im Erdgeschoss aus einem der Fenster zu stehlen. Katsura ist so sensibel. Wenn er mich heute hier sieht, in dem Zustand, dann ahnt er nichts Gutes und das möchte ich ihm ersparen. Er sollte nichts davon erfahren. Das möchtest du doch auch, oder? Stell dir vor, er wäre sauer auf uns beide. Das muss nicht sein. Nicht wegen diesem einen Mal. Sou.” “Dieses eine Mal.” Die Worte ergriffen mich. Sie schlugen mich und trieben mir die Tränen in die Augen. “Dieses eine Mal.” flüsterte ich. Ich las sie immer wieder. “Dieses eine Mal ….” Was war nur mit mir los? Noch gestern hätte ich keine solchen Gedanken an Sou verschwendet. Noch gestern war Sou für mich nur ein guter Freund. Doch heute wusste ich es besser. Ich hatte es gefühlt, an diesem Nachmittag, an dem wir vereint waren. Wieso hatte ich es nie bemerkt? Es hatte sich doch angedeutet, in all den Jahren. Die Freude, wenn ich ihn erblickte, die Trauer, wenn ich ihn nicht sah. Ich hatte es für eine Freundschaft gehalten und nicht daran gedacht, dass die Gefühle, die ich hegte, nur im Entferntesten mit der Liebe im Bunde waren. Doch heute wusste ich es besser, heute war es nicht mehr so einfach. Ich konnte mir nicht mehr einreden, dass ich mich auf ihn als einen Kameraden freute. Erschöpft und mit mir selbst im Zweifel legte ich mich wieder auf mein Bett und schon nach wenigen Minuten holte mich der Schlaf wieder zu sich. ~~Katsura~~ Katsura war noch eine Weile sitzen geblieben, bevor er sich entschließen konnte, aufzustehen und nach Hause zu gehen. Langsam erhob er sich von seinem Stuhl, rückte ihn zurecht und ging in Richtung der U-Bahn-Station, von der er gekommen war. Es war inzwischen Rush Hour und wohin er auch sah, drängten sich Menschen dicht an dicht. Er quetschte sich in eine der ankommenden Bahnen und drückte sich noch etwas mehr in die Mitte, als die Tür sich zu schließen begann. Er dachte nach. “Was ist das nur? Ich fühle mich seltsam, wenn ich an Sou denke. Es ist doch nichts geschehen.” Gedankenverloren starrte der Junge auf den Mann neben sich, der es irgendwie geschafft hatte, im Gedränge ein Buch auszupacken und nun seelenruhig las. “Vielleicht.” dachte er. “Weil ich ihn nicht sehe. Ich hab ihn schon seit gestern Mittag nicht mehr gesehen. Das wird es sein.” ~~Kouichi~~ Zu gleicher Zeit, an anderer Stelle, war Kouichi damit beschäftigt, seine Augen offenzuhalten, um seine Anschlussbahn nicht zu verpassen. Normalerweise wäre er nach Hause gelaufen, doch er war viel zu spät dran, weshalb er den öffentlichen Verkehr nutzen musste. Als er zufällig nach rechts schaute, sah er, wie Sou seinen Fuß aus einer der Türen setzte. “Hey Shibata!” rief er und war sich im nächsten Moment schon nicht mehr sicher, warum er ihn eigentlich auf sich aufmerksam gemacht hatte. Der braunhaarige Junge kam nun aber auf ihn zu und begrüßte ihn. “Kouichi. Was machst du denn hier? Wolltest du dich nicht mit Katsura treffen, damit ihr das Training besprecht?” “Das haben wir.” sagte er. “Es ging schnell. Katsura war nicht wirklich bei der Sache.” Er sah sein Gegenüber durchdringend an, um möglicherweise einen Grund dafür zu erfahren. “Ging es ihm schlecht?” fragte Sou, obwohl er nicht damit rechnete, dass es so war. Er war selbst zu durcheinander, um sich ordentlich mit dem anderen Jungen zu unterhalten und dessen durchdringenden Blick wolllte er auch nicht ertragen. “Nein, ihm ging es gut, denke ich.” Kouichi sah Sou noch einmal an. “Du scheinst aber auch nicht auf der Höhe zu sein, senpai.” “Ich bin nur müde.” Das war eine glatte Lüge. “Du wirst mich sicher entschuldigen, Sakurasawa.” Er war schon im Begriff, sich umzudrehen, wollte den neuen Präsidenten des Bogenschützenclubs jedoch nicht einfach so stehen lassen. “Ich hoffe, es läuft alles gut. Machen die Neuen gute Fortschritte?” “Es ist durchmischt. Wir haben einige, die sehr gut sind und andere, die noch sehr viel Übung brauchen, aber so ist es ja immer, nicht wahr?” Sou pflichtete ihm bei. “Das klingt normal. Viel Glück. Yamato und ich werden demnächst mal wieder vorbeischauen.” Damit verabschiedete er sich und wandte sich nun endgültig ab. “Irgendwie sind die beiden heute seltsam drauf.” Widerwillig spürte Kouichi wie seine Laune sich besserte. “Vielleicht haben die sich gestritten. - Obwohl ich es mir nicht vorstellen kann.” Er freute sich über jeden Anlass, der ihm Hoffnung gab, doch ganz wohl fühlte er sich dabei nicht. Natürlich, das sagte er sich selbst, würde es ihn freuen, wenn Katsura nach all den Enttäuschungen doch ihn, seinen besten Freund, wählen würde. Doch würde Katsura nicht traurig sein, wenn alles mit Sou den Bach runterginge? Das war eine schwierige Frage. Eine Frage der Moral, über die Kouichi nicht richten wollte, denn in seiner Situation hätte er zu seinem eigenen Vorteil entschieden und obwohl er Katsura liebte, ihn achtete und im Allgemeinen nur Gutes für ihn wollte, so wusste er doch auch, dass er jede Möglichkeit, Katsura näher zu kommen, nutzen würde. Nutzen, ohne dabei an die Folgen zu denken .... Kapitel 2: ----------- Mitten ins Schwarze Kapitel 2 ~~Sou~~ Als Sou zu Hause eintraf, bemerkte er, dass seine Eltern noch nicht daheim waren. “Besser für mich.” dachte er und warf seinen Rucksack in die Ecke. “Was hab ich mir nur dabei gedacht?” Gedankenverloren stiefelte er in den Garten hinaus und lehnte sich an die Hauswand. “Yamato.” Der Name verfolgte ihn schon den ganzen Tag . “Yamato.” Auch, als er mit Kouichi sprach, konnte er nur an diesen einen Namen denken. “Yamato.” Seufzend klatschte er sich mit der Hand gegen die Stirn. “Na super. Jetzt führe ich schon Selbstgespräche.” Sou begann, in den Himmel zu starren. Auf die Wolken und die hellblauen Felder dazwischen. Seine Augen weiteten sich. “Yamato ....” flüsterte er noch einmal, nur für sich. “Jetzt tragen die Wolken schon die Form deines Körpers.” Seine Stimme wurde immer leiser. Begann er, zu weinen? “Nein!” sagte er sich. “Das bringt mich ja auch nicht weiter. Es ist ja nichts passiert. Nichts wirklich Schlimmes.” Er öffnete leicht den Mund, biss sich auf die Oberlippe. Dann wandte er sich ab. Im Hintergrund hörte Sou einen Wagen. “Ah, meine Eltern. Nunja, immerhin werden sie mich ablenken.” Im Hineingehen dachte er an den Zettel, den er seinem Freund hinterlassen hatte. ~~Yamato~~ Er zerriss ihn. In tausend Stücke wollte er ihn zerreisen. Auf die Schnipsel treten und sie anzünden. Nach einem kurzen Schlaf war Yamato aufgewacht. Natürlich hatte er von Sou geträumt. Wie konnte es auch anders sein nach dem Erlebnis ein paar Stunden zuvor? “Wenn Katsura das erfährt. Wenn er es bloß nicht erfährt!” Yamato hatte ein schlechtes Gewissen, er war sauer auf sich selbst, sauer auf Sou, sauer auf Katsura, weil er Sou offiziell besitzen durfte und dann wieder sauer auf sich selbst, weil er das nicht hätte tun dürfen. Oder war er sauer, weil er Sou seine Liebe nicht zuerst gestanden hatte? Weil er sie nicht einmal sich selbst gestanden hatte? Yamato wusste es nicht. Er zerknüllte den letzten Teil des Zettels, den Sou geschrieben hatte, riss noch einmal daran herum und warf ihn schließlich in den Papierkorb. Er warf ihn nicht nur hinein. Er verstaute ihn ganz unten und legte den anderen Müll darüber. Fehlte noch, dass irgendjemand lesen konnte, was da geschrieben stand, bloß weil der letzte vollständige Teil der Nachricht ganz oben lag. Dann nahm er die restlichen Teile und streute sie über den Berg, der sich in dem Eimer häufte. Er wollte nicht weinen, dazu war jetzt auch keine Zeit, denn bald würde es Abendessen geben und wenn er da mit blutunterlaufenen Augen erschiene, wäre eine Erklärung fällig und die wollte Yamato sich ersparen. “Ich sollte erst einmal duschen.” sagte er zu sich selbst und ging in eines der Bäder. “Ich schwitze ja total.” Mit hängenden Mundwinkeln schaute er in den Spiegel. “Und meine Haare gleichen eher einem Schlachtfeld. Tja Sou. Du hälst mich sogar im Schlaf auf Trab.” ~~Kouichi~~ Im Hause Sakurasawa liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Es war einer der schöneren Tage des Jahres, den Kouichis Vater nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte. “Wozu hat eine Familie Freunde, wenn sie sie nicht einlädt?” hatte er gedacht und kurzerhand einen Arbeitskollegen samt Familie eingeladen. “Den hätte ich nehmen können, den und den.” sagte er lachend zu seiner besseren Hälfte. “Ist das nicht schön, soviele Bekannte zu haben?” Blitschnell stibizte er ein Stück des Lachses, den seine Frau auf dem Küchentisch deponiert hatte. “Aber natürlich habe ich mich für Akira und seine Familie entschieden. Er hat ja auch diese hübsche Tochter.” Dabei zog sich ein verschwörerisches Grinsen um seine Mundwinkel. “Na, liebe Frau, was sagst du dazu?” Zufrieden klopfte er ihr auf die Schulter. “Ich sage.” erwiderte sie zuckersüß. “Dass dein Sohn dich erschlagen wird.” Geschickt köpfte sie einen der Fische mit dem scharfen Küchenmesser. “Besonders, wenn er herausfindet, was du vorhast und das ist ja nicht allzu schwer. Erinnerst du dich an den Jahrmarkt letzten Sommer? Auf dem du ihn mit dieser Ayaka verkuppeln wolltest und sie zusammen in ein Riesenrad gesteckt hast?” Kouichis Vater erbleichte kurz, ließ sich jedoch nicht lange einschüchtern. “Ach das .... Das war doch etwas völlig anderes.” Er hatte seine Sicherheit wiedergewonnen. “Woher sollte ich denn wissen, dass dieses Mädchen Höhenangst hat und unserem Sohn auf die Hose kotzt?” Er nahm einen Schluck Wasser. “Aber diesmal. Das sage ich dir! Diesmal wird alles anders. Wir haben ja an alles gedacht. Sogar Tofu haben wir, falls das Mädchen Vegetarierin sein sollte und Riesenräder sehe ich weit und breit nicht.” Zufrieden mit sich selbst und bester Stimmung verließ er die Küche, um den Grill anzuzünden. Im Gehen wandte er sich noch einmal um. “Du wirst sehen, bald ist unser Junge so glücklich wie wir.” Leise lachend und den Kopf schüttelnd schaute seine Frau ihm nach. Kouichi war erstaunt, als er in die Einfahrt einbog. “Was ist denn hier los?” fragte er sich. Schon von weitem hatte er die Stimmen vernommen und den Duft gerochen, der langsam zu ihm herüberschwebte. Er steckte seinen Schlüssel in die Tür und drehte ihn um. “Vater?” rief er und musste lachen, als er ihn sogleich erblickte. Er hatte also einen Freund eingeladen und wer immer es auch war, sie spielten wieder dieses dämliche Hütchenspiel. Kouichi dachte sich seinen Teil. Er hatte die Regeln dieses Spieles nie verstanden und nannte es nur deshalb Hütchenspiel, weil ihm die richtige Bezeichnung mal wieder entfallen war. Belustigt schaute er auf die knallige Pappkreation, die den Kopf seines Vaters zierte. “Hast wohl verloren, was Alter?” “Ah Junge. Da bist du ja endlich. Nun nenn mich doch nicht Alter in Gegenwart eines Kollegen.” Er schlug seinem Sohn freundschaftlich auf den Rücken. “Nun zieh mal deine Schuhe aus und begrüße unsere Gäste.” Zwei Minuten später wurde Kouichi von seinem Vater in den Garten geführt. Er räusperte sich und machte die Anwesenden auf seinen Sohn aufmerksam. “Hallo Kouichi. Groß bist du geworden.” sagte Akira. Kouichi lachte. “Was? Wir sind uns doch erst vor drei Wochen zufällig beim Einkaufen über den Weg gelaufen.” “Ach, sag bloß. Naja, in deinem Alter wachst ihr doch ständig.” “Apropos Einkaufen.” Kouichi wandte sich an seine Mutter. “Das müssen wir nun wohl nicht mehr? Ich dachte, ich sollte extra pünktlich sein, damit ich dir noch helfen kann.” Seine Mutter schaute verlegen und funkelte ihren Mann an. Sollte er doch die Sache klären. “Ach.” stammelte der indirekt Angesprochene. “Weißt du mein Sohn. Ich habe deine Mutter gebeten, dir die Hölle heiß zu machen, damit du nicht so spät kommst. Wir haben nämlich ganz besondere Gäste.” Mit einem Wink zeigte er auf das Mädchen, das am Ende des langen Tisches Platz genommen hatte. “Oh nein.” Urplötzlich war der Junge geplättet und konnte sein Erstaunen nur mit größter Mühe zurückhalten. “Schon wieder.” dachte er. “Er versucht es schon wieder.” Gequält lächelte Kouichi seinen Vater an. Es sah irre aus. “Vater.” sagte er kaum hörbar. Doch sein Vater ignorierte ihn. “Das ist Misaki.” sagte er, mit einem gewissen Unterton, der allen Mitgliedern des Hauses Sakurasawa bekannt war. Insgeheim stellte Kouichi sich die Frage, ob Akira samt Familie nicht auch etwas von den Plänen seines Vaters mitbekam. “Sie ist so alt wie du. Bestimmt werdet ihr euch prächtig verstehen.” Damit schubste er seinen Sohn in Richtung des Mädchens. “Das ist doch die Höhe.” dachte Kouichi. “Aber was soll ich machen? Unhöflich sein will ich nun auch nicht.” Er sah in Misakis Gesicht. “Wenigstens sieht die nicht so aus, als ob ihr schlecht wäre.” flüsterte er seinem Vater ins Ohr. Die Worte waren wie Gift und der Herr des Hauses reagierte entsprechend. Affektiert lachend, so wie es sonst nur seine Mutter tat, wandte er sich ab. “Lieber keine Worte mehr mit dem Jungen wechseln.” dachte er. “Sonst kommt er mir noch mit guten Argumenten.” Beim Vorübergehen zwinkerte er seiner Frau zu, doch die schüttelte mal wieder nur den Kopf. “Warum hab ich mich eigentlich in diesen Spinner verliebt?” Sie lachte und trank einen Schluck Wein. Ob ihr Sohn eines Tages auch so werden würde? Verstohlen warf sie einen Blick auf ihn und bekam fast ein wenig Mitleid. Ganz verloren saß er vor diesem Mädchen und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Doch glücklicherweise rang sich nun Misaki dazu durch, ein Gespräch zu beginnen .... Kapitel 3: ----------- Mitten ins Schwarze Kapitel 3 ~~Kouichi~~ „Du bist also Kouichi.“ sagte das fremde Mädchen und sah den Jungen vor sich mit wachen Augen an. „Dein Vater hat schon so viel von dir erzählt. In den letzten Minuten, als du noch nicht da warst.“ Viel erzählt, aha, dachte Kouichi und wollte sich lieber nicht ausmalen, was genau das wohl für Worte gewesen waren. Wenn es um seinen Nachwuchs ging, dann übertrieb sein Vater doch gern einmal. Wenigstens bin ich nicht dabeigewesen, dachte der Junge und rollte scherzhaft mit den Augen, doch davon ließ sich das Mädchen nicht abschrecken. „Du bist der Präsident des Bogenschießclubs.“ fuhr sie im munteren Plauderton fort und schlug dabei plötzlich die Hände vor lauter Bewunderung zusammen. „Was macht man denn so, als Präsident des Bogenschießclubs? Bestimmt schauen alle zu dir auf.“ „Tja.“ sagte Kouichi und musste sich erst einmal sammeln. Hatte irgendwer dieses Mädchen auf sie angesetzt oder wirkte er von sich aus so faszinierend? „Aufschauen ..“ murmelte er. Was soll ich ihr denn jetzt sagen? „Also, ich mache die Trainingspläne und die bespreche ich zusammen mit meinem Vizepräsidenten.“ In diesem Moment dachte er an Katsura. Wo er jetzt wohl war, was er jetzt wohl machte? Ob er an ihn dachte? Am liebsten hätte Kouichi sich zurückgezogen und allein über seine Beziehung zu dem jungen Kameraden nachgedacht. Doch das war, dank des brillanten Einfalls seines Vaters, nun leider nicht möglich. „Und dann setzen wir sie um. Im wöchentlichen Training und in den Trainingslagern.“ ergänzte er. „Wow.“ sagte sie und strahlte ihn mit ihren dunkelbraunen Augen an. „Und alle halten sich daran und machen, was du ihnen sagst?“ „Ja.“ antwortete er. „Sonst wäre es auch nicht sinnvoll.“ „Ja.“ entgegnete Misaki und trank einen Schluck Apfelsaft. Das Mädchen war Feuer und Flamme. Wer weiß, was man ihr angedroht hatte, sollte sie sich nicht mit mir unterhalten, dachte Kouichi und musste schmunzeln. Bei seinem speziellen Vater konnte er sich das durchaus vorstellen. Wo steckte er eigentlich? Ach, da hinten, bei der Kanne mit Sake, ins Gespräch vertieft. Wer weiß, welch subtile Methoden du angewandt hast, alter Herr. Er formte die Worte lautlos mit den Lippen, als Misaki gerade weg und sein Vater in seine Richtung schaute. Doch als der merkte, dass sein Sohn versuchte, Kontakt mit ihm aufzunehmen, schaute er schnell wieder weg. Grinsend drehte Kouichi sich um und schaute zu Misaki, die sich ihm wieder zugewandt hatte. Es blieb ihm keine Wahl. Er musste wohl das Beste aus der Situation machen. „Auf welche Schule gehst du denn?“ fragte er und dachte, dass sie, wenn er die Fragen stellte, wenigstens keine eigenen stellen konnte. Er wollte nicht vom Bogenschießen reden, denn letztendlich wäre das Gespräch irgendwann auf Katsura gekommen und wenn es soweit wäre, könnte er sich dann genug verstellen, um keinen Verdacht zu erwecken? ~~Yamato~~ Glatte 45 Minuten hatte Yamato Kobayakawa im Bad verbracht. Eine dreiviertel Stunde. So lange hatte er noch nie gebraucht und selbst wenn es einmal länger gedauert hatte, so waren höchstens zwei Drittel der heutigen Zeit das bisherige Maximum. „Aber bisher hast du auch noch nie mit deinem besten Freund geschlafen und hattest das Gefühl, dich reinwaschen zu müssen.“ sagte er zu seinem Spiegelbild und drückte dabei mit seinem rechten Zeigefinger Punkte auf die beschlagene Oberfläche. Es hatte nicht gewirkt. Er hatte geheult, sich verflucht und war in Selbstmitleid versunken. Dann wieder hatte er an Sous Hände gedacht, seinen Atem auf der Haut und sehnte sich danach, ihn wieder bei sich haben. Ihn und nicht nur diesen dämlichen Zettel, den er in seine Einzelteile verwandelt hatte, und während all der Zeit war das Wasser durch den Duschkopf gelaufen. Damit niemand hören konnte, in welch qualvoller Situation er sich befand. „Vielleicht hast du dich im Schrank versteckt und springst heraus, wenn ich nackt ins Zimmer komme.“ murmelte er vor sich hin. „Aber das glaube ich eher nicht.“ Seine Stimme wurde wieder fester. „Na toll, jetzt führe ich auch noch Selbstgespräche.“ Elendig langsam drehte er sich um, schnappte sich eines der Handtücher, die sauber aufgereiht an ihren Haken hingen und schrubbte damit über den Spiegel, um sich ohne Dunstschleier betrachten zu können. „Hm.“ ließ er seinen Lippen vernehmen. Er sah wieder etwas besser aus. Die Haare frisch, die Augen nicht mehr so verquollen. Wenigstens würde wohl niemand Verdacht schöpfen, wenn er nachher zum Abendessen hinunter an den Tisch kam. „Hey, Yamato, bist du da drin?“ Eine helle Stimme drang dumpf durch die dicke Eichentür. Oh nein. Mein Bruder, dachte er und wurde urplötzlich rot. „Ka .. Katsura.“ „Ja, ich muss mal auf Toilette, Yamato. Ich bin schon seit zwanzig Minuten da, aber du hälst das Bad besetzt. Ist alles okay bei dir?“ „Klar.“ antwortete er und kam sich so verlogen vor. „Ich bin gleich fertig, Bruderherz.“ Bruderherz? dachte Yamato. „Bruderherz?“ fragte Katsura. „Ja, äh. Ich .. wollte nur nett sein, weil ich .. deinen .. deine .. Blase .. so strapaziert habe.“ Mit deinem Freund geschlafen habe, mit deinem Freund geschlafen habe, sagte er in Gedanken zu sich selbst. Sag es ihm doch gleich, Yamato. Sag es ihm doch gleich oder willst du ihn gleich ansehen und als ein Lügner vor ihm stehen? Schlimmer noch, als der Zerstörer seines Glückes? "Aha." erwiderte Katsura. Aber trägt Sou nicht auch einen Teil der Schuld? Vielleicht sollte ich zuerst mit ihm reden. Ist es nicht überhaupt Sous Schuld? Yamato fühlte sich verwirrt. Es war ganz anders, als beim Bogenschießen. Die Sache mit der Liebe. Wenn er beim Schießen einen Fehler machte, konne er darüber nachdenken. Er hatte unendlich viel Zeit, um sich der Ursache bewusst zu werden, unendlich viel Zeit, um eine Strategie zu entwickeln. Doch hier hatte er nicht das Gefühl, ruhig bleiben zu können oder Zeit zu haben. Sou hatte einen Pfeil abgeschossen und mitten ins Schwarze getroffen. Aber war er sich dessen überhaupt bewusst gewesen? Hatte er gewusst, was Yamato schon seit Jahren für ihn empfand? Er kannte seinen Freund nun schon so lange und doch vermochte er in diesem Moment nicht, zu sagen, was Sou sich bei der ganzen Sache gedacht hatte. Ob er ihn lieber hatte, als Katsura oder wenigstens ihn mehr begehrte, als seinen kleinen Bruder. Er hoffte es und fühlte sich doch schlecht. „Ich komme jetzt raus.“ sagte er mit belegter Stimme und öffnete die knarrende Tür nur einen Spalt breit. Katsura stand davor. „Hey. Du kannst jetzt rein.” Er zeigte mit seinem Daumen über die Schulter hinweg aufs Bad hinter ihm und ging davon, ohne seinen Bruder richtig anzusehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)