Accidentally on Purpose von Papierherz (Lily und James.) ================================================================================ Kapitel 5: AUGENBLICKE. -----------------------  Das war das letzte gewesen, womit sie dieses Schuljahr gerechnet hätte. Dachte sie, bis zu dem Augenblick, als sie die Plakette in der Hand hielt, die verdeutlichte, dass sie Schulsprecherin war der Hogwarts Schule für Zauberei und Hexerei und doch war es eingetreten und bescherte ihr einige glückliche Moment. Sie hatte immer viel gelernt und hart gearbeitet, besonders als sie Vertrauensschülerin war, und nun schien es sich gelohnt zu haben, mehr als sonst, und das machte sie glücklich. Am liebsten hätte sie Freudensprünge gemacht und wäre sofort nach Hogwarts gefahren, aber sie hatte noch warten müssen bis zum 1. September. Welcher doch schneller kam, als sie es gedacht hätte und sie schneller ihr letztes Jahr in der Schule begann, als es ihr lieb war. Doch als sie das Schulsprecherabteil betrat, änderte sie ihre Meinung schlagartig, denn das war das letzte, womit sie dieses Schuljahr gerechnet hätte. „Potter?! Was machst du hier?“ Mit stolz angeschwollener Brust deutete er auf dieselbe Plakette, die auf ihrem Mantel zu sehen war. „Dumbledore hat scheinbar einen über den Durst getrunken.“, hörte sie Sirius hinter sich murmeln und sprang fast vor Schreck aus ihren Klamotten. Sie drehte sich verwundert um und erblickte Remus neben Sirius, der ihr lächelnd zuwinkte. Lily fasste sich an die Stirn und fragte verwirrt: „Wieso nicht Remus? Das kann doch nicht wahr sein.“ Sirius lachte. „Das dachten wir auch, aber Prongs hat es trotz allem verdient, nicht wahr?“ Er erntete ein Kopfschütteln von der Rothaarigen und ein Nicken des Angesprochenen, der trotz aller Verwirrtheit, denn selbst er hätte nicht damit gerechnet, stolz darauf war, sich Schulsprecher nennen zu können. Und das Beste an der ganzen Sache war: Lily und er waren jetzt ein Paar – wenn auch nur ein Schulsprecherpaar. Diesen Augenblick, in dem ihr Schicksal unweigerlich eine Kehrtwende machte, würde sie nie vergessen. „Kannst du das fassen?“, sagte sie schrill, als sie mit Alice und Frank in der Großen Halle saß und frühstückte, wie es fast die restliche gesamte Schülerschaft tat, unter einem Wolkenverhangenen Himmel, der deutlich durch die verzauberte Decke zu sehen war und die Erstklässler ins Staunen versetzte, wie jedes Jahr aufs Neue. Alice blickte sie an und sagte: „Nun ja, er ist ein begnadeter Zauberer. Außerdem hat er sich wirklich gebessert, auch wenn du es nicht wahrhaben willst.“ Lily biss von ihrem Apfel ab und blickte, ohne einen einzigen Gedanken, ins Leere. „Man kann doch nicht alles vergessen, was davor war.“ „Außerdem“, fügte Alice noch hinzu und strafte sie mit einem Blick, den Lily nicht einordnen konnte, „musst du jetzt mit ihm klarkommen, ob du willst oder nicht. Würde dir vielleicht mal gut tun.“ Die Rothaarige lachte heiterlos auf. „Gut tun? Du wirst schon sehen, wie gut es mir tun wird, wenn ich in einer Nervenklinik lande.“ Alice ließ von Frank ab, der Lily ebenfalls verwundert anschaute, ungläubig, dass sie in ihrer Meinung so festgefahren war. „Lily, meinst du nicht, dass du übertreibst?“ Sie wusste, dass ihre Freundin recht hatte – doch wollte sie einfach nicht wahrhaben, dass sie vielleicht normal mit James reden konnte, dass sie einfach alles vergraben und vergessen konnte. Vielleicht wollte sie es auch einfach nicht vergessen. Sie warf einen verstohlenen Blick zu James, der sich lachend mit seinen Freunden unterhielt, als gäbe es sie nicht, der sich durch die Haare fuhr, ohne einen Hintergedanken an sie, der warm lächelte, ohne ihr auch nur einen Blick zu schenken. Auch wenn es in diesem Augenblick klar wurde, wollte sie einfach nicht wahrhaben, dass er sich verändert hatte und sie anfangen konnte, ihn zu mögen. Diesen Augenblick verdrängte sie, denn er schmerzte zu sehr. Als sie an der kühlen Wand gelehnt in dem menschenleeren Korridor auf ihn wartete, stieg Wut in ihr hoch, dass selbst die kühle Luft, die durch den Gang zog, ihr keinen Hauch antun konnte, denn ihr wurde warm und fuhr sich schnaubend durch die Haare. Egal, wie unglaublich gut man in der Zauberei sein mochte, und ob man Schulsprecher war oder nicht, all dies hatte nichts zu bedeuten, wenn man unpünktlich war und somit seine Verpflichtungen in den Dreck warf und mit Füßen trat – und genau das tat James Potter ihrer Meinung nach, als er unpünktlich, wie er nur sein konnte, doch mit einem Lächeln neben ihr auftauche, endlich bereit für die Patrouille. „Du bist zu spät, Potter.“, sagte Lily wütend und ging, ohne auf ihn zu warten, den Korridor hinunter und nun machte sich die kalte Luft bemerkbar und ließ sie erzittern. Er tauchte wieder neben ihr auf – immer noch zierte ein Lächeln sein Gesicht – und sagte, die Hände in seinen Taschen verschwindend: „Tut mir Leid.“ Sie wusste daraufhin nichts zu sagen und nun liefen sie schweigend nebeneinander her und plötzlich überschlugen sich ihre Gedanken und Gefühle und sie wollte am liebsten wegrennen. „Hattest du schöne Ferien?“ Seine Frage riss sie so auf den Gedanken, dass sie erschrocken etwas zusammenzuckte und bemerkte seinen verwunderten Blick auf ihr, doch mit Mühe versuchte sie alles zu kaschieren. „Äh, ja. Und wie waren deine?“, fragte sie ohne ihn anzusehen, denn irgendwie gefiel ihr so unglaublich gut, was sie in dem fahlen Licht zu sehen bekam, dass es ihr Angst machte, sich ihm zuzuwenden. Am liebsten wollte sie, dass er nichts mehr sagte, dass er einfach nur still versuchte zu fühlen, was sie in dem Augenblick fühlte, dass er versuchte zu spüren, was durch ihren Körper ging, wenn sein Handrücken ausversehen ihren streifte. „Ach nichts besonderes, aber ziemlich schön. Aber ich glaube, nicht so schön wie Hogwarts.“ Sie gingen um die nächste Ecke herum, um die nächste Hürde herum. „Nichts ist so schön wie Hogwarts.“, flüsterte Lily leise, doch im klaren, dass in dieser Stille jedes Geräusch zu hören war – weshalb sie Angst hatte, dass er bemerkte, wie schnell ihr Herz auf einmal schlug, als er sie mit solch einem Blick durchbohrte, dass ihr heiß und kalt wurde. Sie sah ihm an, dass er etwas sagen wollte, dass er doch mit sich selber kämpfte, als wüsste er nicht, ob es richtig oder falsch war – und sie wünschte sich, dass er sich dafür entschied, dass es richtig war. Doch er schien sich lächelnd von der Idee zu verabschieden und blickte wieder nach vorn. „Es gibt etwas, das noch schöner ist.“ Unweigerlich fing sie an, seine Worte zu mögen. Sie fing an, viele Dinge an ihm zu mögen. Da waren seine Augen, die so zart wie Schokolade schienen und doch glitzerten wie Diamanten, wenn er lachte. Und dieses Lachen schien wie Gift, das in jede einzelne Faser ihres Körpers glitt und sich dort verankerte und sie erzittern ließ. Sie mochte seine Haare und wenn er durch diese fuhr, wenn er dieses nervöse Lächeln auf den Lippen hatte. Doch am meisten mochte sie, wenn er diesen Ausdruck in den Augen hatte, den sie nicht beschreiben konnte, der ihr doch warme Schauer über den Rücken laufen ließ; wenn er dieses warme Lächeln auf den Lippen hatte, wenn sie etwas sagte, dass ihn keineswegs amüsierte und ihm doch zu gefallen schien. In diesem Augenblick fing sie an, einzelne Sachen an ihm zu mögen. Und plötzlich mochte sie alles an ihm. Sie wusste nicht, wieso sie plötzlich mit ihm auf diesem Turm stand, dem Astronomieturm, der die Sicht auf die glitzernden Sterne so eröffnete, das man sich mit dem Gedanken anfreundete, dass man einfach seine Hand nach ihnen strecken musste, um sie zu berühren, um diese unglaublich Distanz zu überbrücken. Sie beobachtete die funkelnden Sterne der Milchstraße, die zwei kleinen Wolken, die leise im Himmel umherflogen und dann blickte sie zur Seite und beobachtete ihn, der in diesem fahlen Mondlicht saß, seine Arme nach hinten abgestützt und die Augen geschlossen. Vielleicht erkannte sie sogar ein kleines Lächeln, das auf seinen Lippen lag. Sie erfasste mit aufmerksamen Augen, wie eine warme, kleine Brise seine ungebändigten Haare zum Zittern brachte, wie die Luft um sein weißes Hemd streifte und dann wie er bemerkte, dass sie ihn anstarrte und sich mit einem deutlichen Grinsen zu ihr drehte, ihr Herz zum Rasen brachte. „Gefällt dir, was du siehst?“, fragte er spitzbübisch und ein leichter Rotschimmer legte sich auf ihr Gesicht und sie blickte davon. Er verstand ihre Antwort nicht, trotz der Tatsache, dass er sah, wie sie ihren Mund stumm bewegte. Sie setzte sich neben ihn und starrte stumm hinauf. Es war ein schöner Moment. Sie wusste nicht wann, zwischen den endlosen Streitereien und den Treffen der Vertrauensschüler, sie es geschafft haben, normal mit einander zu reden, stumm nebeneinander zu sitzen, ohne sich anzufahren, aber sie hatten es geschafft. Und es machte ihr nichts aus. Er machte ihr nichts mehr aus. Weil er doch plötzlich so vieles für sie war. Sie mochte es nicht, sich dies eingestehen zu müssen, das gefiel ihr nicht. Denn sie mochte sie nicht als Freunde bezeichnen, dass stimmte nicht – und es tat irgendwie weh. „Weißt du, James…“, fing sie an und ließ ihre Worte in der Luft hängen, genoss seinen Namen über ihre Zunge gleiten zu lassen, wie sie es noch nie getan hatte. Lily mochte seinen Namen, er umrundete sein Auftreten und seine Art perfekt. Er hatte sich zu ihr gedreht, kostete den Anblick aus, der sich ihm bot – ihre langen Haare, die lang geschwungenen Wimpern, die ihre wunderschönen Augen umrandeten, die ihm nur mit einem Blick den Atem rauben konnten. Doch sie vollendete ihren Satz nicht. „Was ist, Lily?“ Sie schaute ihn wieder an und lächelte. Selten lächelte sie ihn so an, doch heute tat sie es. Scheinbar hatte sie eine ihrer guten Launen. Er lachte innerlich über sich selbst. Es tat weh zu wissen, dass sie ihn nur akzeptierte, wenn sie ausgesprochen gute Laune hatte. Sie schüttelte ihren Kopf. „Vergiss es.“ „Wenn das so leicht wäre.“, murmelte er und wandte sich wieder den Sternen zu und der unendlichen Weite des Universums. Dieser Turm war einer seiner liebsten Plätze – er liebte es, so weit oben zu stehen, es überkam ihn das Gefühl, dass nichts und niemand ihn erreichen konnte und er glücklich sein konnte; dieses Gefühl bescherte ihm nur noch der Flug auf seinem Besen, was ihm noch lieber war, denn der Wind, der ihm entgegen kam, schien alles mit sich zu nehmen, was auf seiner Seele lag, bis er wieder zu Boden kam. Doch sein liebster Platz war der neben Lily. „Weißt du eigentlich, Lily, dass wir hier nicht sitzen würden, wenn Dumbledore nicht so verrückt wäre?“, sagte er mit einem amüsierten Ton. Er hörte sie leise lachen, bevor sie antwortete. „Oh ja, glaub mir, das weiß ich. Hätten wir nicht diese Ehre, Schulsprecher zu sein, würden wir hier nicht sitzen.“ Sie hatte Recht. Und das tat weh. Er hatte gedacht, dass sie vielleicht endlich mit ihm reden konnte, ohne dass sie ihn wie einen Aussätzigen behandelte, dass sie vielleicht geschafft hatte, über ihre Pflichten hinwegzusehen und freiwillig mit ihm zu reden – weil sie es wollte und nicht, weil man es von ihr erwartete. „Kannst du wenigstens nicht einmal so tun, als würdest du mich wirklich mögen?“ Überrascht blickte sie ihn an und bemerkte den Ausdruck in seinen Augen. Er war verletzt. Sie könnte es, das wusste sie, doch sie hatte Angst – Angst davor, dass sie ihn schlussendlich wirklich zu sehr mochte – wenn sie von den kleinen ihr sympathischen Dingen absah. Vielleicht war das von Anfang an das einzige Problem gewesen; ihre Angst, von ihm verletzt zu werden. „Ich kann mir doch nicht einfach einreden, dich zu mögen. Das kann ich nicht tun.“ Sagte sie verwundert und versuchte nicht auf seinen Gesichtsausdruck zu achten, nicht darauf zu achten, wie schnell ihr Herz schlug, wenn er ihr direkt in die Augen sah, wenn er so nah neben ihr saß, dass sie ihn mit nur einer kleinen Bewegung anfassen konnte. „Nicht einmal für mich? Kannst du nicht für mich so tun, als ob? Es macht mir nichts aus, dass es eine Lüge ist.“ Immerhin log er sich selber an – schon immer und jetzt. „Potter! Hör auf damit, das ist doch lächerlich.“ Sie sprach ihn wieder mit seinem Nachnamen an, so fiel es ihr viel leichter, nicht das zu sagen, was doch auf ihrer Zunge lag, was sie viel lieber aussprechen wollte. Er lachte, freudlos. „Du hast wahrscheinlich Recht. Meine Gefühle für dich sind bloß lächerlich, nicht mehr.“ Sie erstarrte und konnte ihre großen Augen nicht mehr von ihm wenden. Das hatte sie nicht sagen wollen und sie konnte ihn… ja, sie konnte ihn verstehen. Seine Gefühle waren wirklich nicht lächerlich, sie war es, die lächerlich war. Und als er aufstand und sie alleine ließ, wurde ihr plötzlich so viel klar – denn die ganze Zeit log sie ihn schon an, so wie sich selber, denn – und das wurde ihr mit einem Mal klar, als sie sich umdrehte und seinen Namen rief – sie hatte schon immer die Gefühle gehabt, sie musste nicht nur so tun als ob. Er war stehen geblieben und wartete auf sie, ließ sie auf sich zukommen – denn das tat sie so selten -, ließ sie sagen, was sie ihm zu sagen hatte – das war nie sehr viel gewesen -, doch sie zögerte, stand zwei Meter von ihm entfernte, öffnete ihren Mund, doch kein Laut schien ihre Lippen zu verlassen. Einen Moment lang suchte sie die schlagfertige Lily in ihr selber, doch sie schien wie verschwunden, sobald sie in James‘ Augen blickte. Und sie konnte nur noch mit dem Herzen sprechen. „Ich muss nicht so tun, als würde ich dich mögen. Ich mag dich wirklich.“ Und das wurde ihr mit dem Mal klar, als sie auf ihn zuging, in dem Moment, als sie ihn das erste Mal richtig umarmte, als sie ihn zum ersten Mal richtig ansah, mit diesen Augen, die sonst nie für ihn bestimmt waren, als sie ihn zum ersten Mal küsste. Denn in diesem Moment war alles andere egal – nur er und sie und dieses prickelnde Gefühl zählten in diesem Augenblick.    Anfang des 7. Jahres. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)