Unendlich von Ryuta-chan (Sammy x Vivian - Zukunft) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- "Mum?" Sammy schreckte aus seinen Gedanken auf. "Was denn, Kleines?", fragte er, drehte sich vom Fenster weg und sein Blick blieb auf einem Mädchen hängen, ein Mädchen, das, wenn sie lachte, genauso aussah wie er. Das sich die Haare dunkel färbte und sie kurz schneiden ließ, ohne zu wissen, dass ihr Vater sie immer genauso trug. Und das ihn nun aus erwartungsvollen Augen ansah, die genau die Mischung zwischen blau und grün hatte, wobei sie immer schwor, dass ihre Augen grün seien. "Das ist Kiiru...", meinte sie und nickte zur Seite, der Blick des ehemaligen Gitarristen glitt dorthin und er musterte einen hochgewachsenen Jungen, der aus unsicheren Augen zu ihm hinübersah, sich geradezu an die Hand Liljas klammerte. Er wusste, wer Sammy war, kannte Lovex' Musik, so wie viele aus der Gegend, selbst wenn sie um einiges jünger waren als die Bandmitglieder. Und anscheinend war das Liljas Freund. Der Junge neben Sammys und Vivs Tochter kaute unsicher auf seiner Lippe herum, worunter das Piercing ein wenig litt, mitklapperte. Er strich sich eine Strähne hinter das Ohr, was aber bei seiner durchwühlten Frisur keinen Unterschied mehr machte. Sammy nickte nur und lächelte seine Tochter sanft an. "Wollt ihr ausgehen?" Zweiköpfiges Nicken. "Bleib nicht allzulang weg, ich warte auf dich..", bat der Braunhaarige, fühlte einen Kuss auf seiner Wange und sah in das strahlende Lächeln der jungen Frau. "Klar doch, danke, Mum!", rief sie und kurz darauf hörte Sammy die Türe zugehen. Ein Seufzen ging durch die leere Küche. Sammy stützte seinen Kopf auf die Hände und sah nach draußen. Es war schon fast dunkel, doch er wusste, er konnte seiner Tochter vertrauen. Er konnte es immer. Theon würde später vorbeischauen, sie trafen sich immer einmal im Monat. Julian blieb dabei immer zuhause, denn er fand sich dort ein wenig verloren, wie er sagte. Der Braunhaarige seufzte nochmals, stand auf und trat an das Fenster, legte eine Hand an die Scheibe. Egal, wohin er in diesem Haus sah, egal, wie oft er versuchte, Lilja eigenständig zu sehen, er sah immer Viv in ihr. Seine Kleine war so unbeschwert, da sie ihren Vater gar nicht richtig hatte kennenlernen können. Und doch sprachen so viele Gesten des Schwarzhaarigen aus ihr, dass es Sammy richtig Angst machen konnte. Die Art, wie sie ihn ansah, wenn sie etwas wollte, ihr Lachen, das dem Vivians so glich und ihr Gesicht, das wie eine Mischung aus Vivian und ihm aussah. Sie hatte die Größe von Sammy, eigentlich dunkelbraunes Haar, das sie jedoch wie gesagt schwarz färbte und kurz hielt, um es vorne unten zu lassen und hinten aufzustellen. Sammy hatte sie nie dazu ermutigt, doch die Kleine meinte, es gefiele ihr. Mittlerweile war Lilja 17 und es waren elf lange Jahre ohne Vivian gewesen, die Sammy jedoch ausgehalten hatte. Wie er das geschafft hatte, wusste er nicht, doch erinnerte er sich immer an die Worte des Schwarzhaarigen. "Bitte Sam,", hatte er gesagt, "versprich mir, dass, egal was passiert, dass du dir nichts antust.. Lilja braucht zumindest einen von uns.." Und er hatte es ihm versprochen, in der Hoffnung, dieses Versprechen nie einlösen zu müssen. Doch er musste. Es war der allerdunkelste Tag in seinem Leben. Nur noch wenige Tage waren übrig zu Liljas sechstem Geburtstag und alles hatte sich wieder beruhigt. Sie waren alle wieder gut drauf, hatten geheiratet, hatten sogar eine Tour gespielt, die allerdings nur innerhalb Finnlands gewesen war, da sie die Kleine nicht hatten überfordern wollen. Doch Lilja war so wissbegierig, dass sie bereits beim dritten Konzert fleißig mithalf, wo sie durfte und wo sie unbemerkt den aufmerksamen Blicken ihrer Eltern entkam. Vivian und er hatten gerade ein paar Geschenke gekauft, Lilja war bei Theon und Julian untergebracht worden, sie fühlte sich bei ihren Paten pudelwohl, und Vivian fuhr, es regnete etwas und sie unterhielten sich über irgendetwas. Sammy war fast eingeschlafen, als ein Blitz ihn aus dem Schlaf riss, zumindest irgendetwas, was ihn an einen Blitz erinnerte. Es war hell, es tat in seinen Augen weh und überhaupt schmerzte ihn alles. Doch die Schmerzen verschwanden irgendwann, er tauchte in wohlige Wärme ein. Er erwachte erst wieder daraus, als ihn ein Piepen weckte. Es klang regelmäßig und war viel zu nah an seinem Ohr. Als er die Augen öffnete, war es zu hell, zu weiß und er wusste, er befand sich in einem Krankenhaus. Dort wurde ihm dann auch schonend beigebracht, dass Vivian bei diesem Unfall ums Leben gekommen war. Ein Betrunkener hatte die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, auf der nassen Fahrbahn kein Wunder. Sammy selbst kam gut weg, er hatte nur durch zahlreiche Wunden viel Blut verloren, das er aber bald wieder gut aufhatte. Die Beerdigung Vivians verlief in sehr kleinem Kreise. Nur Familie, die engsten Freunde und die Band waren da. Keiner von ihnen scheute sich, seine Tränen offen zu zeigen, sie standen alle da, den Kopf erhoben, aber weinend. Als Zeichen dafür, dass sie weitermachen würden. Irgendwie. Selbst wenn ihr Herz bei jedem Gedanken an den Schwarzhaarigen brach. Sie spielten noch einen letzten kleinen Gig. Nur für Vivian. Sie spielten nur Akkustik, dafür die Lieblingslieder des Älteren. Turn und Bullet for the Pain. Aus einem Impuls heraus fingen dann aber alle weiter zu spielen an, die ersten Töne von Yours erklangen und da sangen alle mit. Selbst, wenn es sich nicht gut anhörte, so berührte es doch alle Herzen, da es genau aus diesen kam. Sie waren stark geblieben. Sammy hatte sein Versprechen gehalten, hatte sich nichts angetan, obwohl sich die ersten Wochen anfühlten wie Höllenqualen, die er durchleiden musste. Er aß nichts, sprach nur sehr wenig und hielt die meiste Zeit Lilja im Arm oder spielte mit ihr, um sich abzulenken. Überhaupt war die Kleine die allergrößte Stütze gewesen in dieser Zeit. Auch, wenn sie ihn so sehr an Vivian erinnerte. Auch heute war sie das noch. Wenn Sammy seine Phase hatte, in der die Sehnsucht nach dem Dunkelhaarigen zu stark wurde, war sie immer da, als würde sie es riechen, nahm ihn in den Arm und ließ ihn erst wieder los, als er ihr zeigte, dass es wieder gut war. Aber auch Theon hatte seine Versprechen gehalten. Er hatte keine Klinge mehr angerührt, hatte es Vivian am Grab nochmals geschworen. Das war das Ende von Lovex gewesen. Nie wieder würde Sammy auf eine Bühne gehen und Lieder spielen, so sehr er es auch liebte. Er liebte es nur solange, wie Vivian es mit ihm genießen konnte. Und das konnte er nun nicht. Zwar spielte der Braunhaarige manchmal auf seiner Gitarre, doch das nur sehr selten, es erinnerte ihn zu sehr an Vivian. An die Stunden, die sie einfach nur zusammengesessen hatten und gespielt hatten oder in denen er auf dem weichen Teppich gelegen hatte, während der Andere liebevoll auf den Saiten gespielt hatte. Wenn Sammy die Augen schloss, sah er Viv vor sich, konnte seine warme Stimme hören und seinen Körper fühlen, wenn er sich an ihn schmiegte. Doch nie wieder würde er ihn im Arm halten, nie wieder seine weichen Haare streicheln, ihn nie wieder wuschig machen können alleine durch sein Gekraule, nie mehr wieder das Schnurren des Älteren in seinen Ohren hören können oder sich von den warmen Worten trösten lassen, die der Andere immer gefunden hatte. Nie wieder konnte er in die wundervollen grünen Augen blicken, die ihm immer so viel Liebe entgegenbrachten, nie wieder nur durch eine Berührung oder durch die drei magischen Worte wieder beruhigt werden. Nie wieder würde er so liebevoll geneckt werden oder gesagt bekommen, wie sehr er geliebt wurde. Nie wieder würde er Vivian sagen können, wie sehr er jede Sekunde ohne ihn verfluchte, ihm nie wieder ins Ohr flüstern können, wie sehr er ihn liebte. Sammy drehte gedankenverloren den Ring an seinem Finger, den er nie abgelegt hatte. Auch Vivian würde diesen Ring immer tragen. "Mum..?", kam es unsicher aus der Küchentür und Sammy wandte sich wieder um, fand sich sofort in einer warmen Umarmung wieder, fand den Geruch Liljas in seiner Nase und er spürte, dass er nicht richtig atmen konnte, schlussfolgerte daraus, dass er weinte. "Hast du wieder an Papa gedacht..?", flüsterte sie leise an sein Ohr und der Braunhaarige nickte nur stumm, ließ sich von seiner Tochter trösten, indem sie ihm sanft über den Rücken strich. Schließlich sah sie der Braunhaarige wieder an. "Wieso bist du nicht weg?", fragte er und Lilja lächelte ein wenig spitzbübisch, so wie Vivian es immer getan hatte, wenn er etwas ausgefressen hatte. "Ich war weg.. Aber nicht lange.. Kiiru hat Ärger mit seiner Mum bekommen, weil er sie nicht gefragt hat.. Wir gehen dann eben morgen Nachmittag aus... Aber Mum.. Denk nicht zu viel an ihn.." Sammy konnte nicht anders. So oft hatte Lilja schon versucht, ihn zu verkuppeln, ihm zu einer neuen Liebe zu verhelfen, doch er wollte keine. Er würde immer Vivian lieben, so lange er lebte. Egal, wie nett Liljas Versuche waren, er wies sie immer zurück. Er könnte nie jemanden so sehr lieben, wie er Vivian geliebt hatte. Nie. Ihre Liebe war unendlich. Vivian war unendlich. ~Vivian Sin' Amor~ 8.9.1981 - 23.10.2025 Man stirbt erst, wenn man vergessen wird. Wir vergessen dich nie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)