Underneath your clothes von Serenade ================================================================================ Kapitel 1: Teil I ----------------- „Oh Mist!! Ich bin mal wieder viel zu spät dran!!!“, fluchte eine männliche Stimme aufgeregt, während der dazugehörige Junge durch die Straßen hetzte. Und warum? Wie üblich hatte der Wecker geklingelt und ihn aus seinen recht angenehmen Träumen gerissen. >Derjenige, der diesen Wecker erfunden hat, gehört erschossen! Das war pure Absicht!!>, dachte Joey trocken. >Immer dann, wenn es wirklich interessant wird.> Nicht, dass er dies unbedingt sehen wollte, nein, aber... Nun ja, was sollte er tun? Er war ein gesunder siebzehnjähriger Junge, der, auch wenn er keine Erfahrung hatte, sich seinen Spaß durchaus holte. Und wenn es nur in seinen Träumen war. Darum, das sie hauptsächlich von einem eisblauen Paar Augen bestimmt waren, scherte er sich nicht. Das war ihm im Moment egal. Er musste nur noch ein paar Meter laufen, bis er an der Schule war. Und doch schlichen sich wieder diese Augen in sein Bewusstsein. >Warum können sie immer nur so kalt gucken? Da ist Eis wärmer!>, dachte er nicht wirklich begeistert. Dann schüttelte er den Kopf. >Und warum muss ich jetzt daran denken? Ist ja nicht so, dass ich DEN Kerl mag!> Durch seine Grübelei bemerkte er nicht, dass er geradewegs auf ein ziemlich großes Hindernis zulief. >So wie der mich immer anschaut und `Köter` nennt...> Noch bevor er diesen Gedanken zu Ende denken konnte, lief er gegen etwas relativ hartes und fiel unsanft rücklings auf seinen Hintern. >Na toll! Das kommt davon, Joey... Gucken wo man hinläuft, nicht träumen!!! Und schon gar nicht von blauen Augen!>, schalt er sich selbst und wollte zu einer Entschuldigung ansetzten, als er auch schon eine kalte, dennoch angenehm raue und tiefe Stimme vernahm. „Dir auch einen guten Morgen, Köter. Allerdings hättest du dich mir nicht gleich vor die Füße legen müssen, um es mir deutlich zu machen. Wobei...“ Entsetzt dachte Joey nur noch: >Och Nööö... Nicht auch noch der...>, während er sich langsam daran machte, aufzustehen und sich den Staub von seiner Uniform abzuklopfen. Zu seinem nicht geringem Erstaunen wurde ihm eine Hand hingehalten. Vorsichtig sah er an dem Arm hinauf und in ein paar eisblaue Augen. Täuschte er sich, oder waren diese heute einen Touch wärmer als sonst? Ohne es wirklich zu wollen, ergriff er die dargebotene Hand und lies sich von ihm aufhelfen. „Was ist los, Köter? Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Süffisant grinsend lies Seto die Hand Joeys los und blickte ihn geradewegs an. „Der gleiche Eisklotz wie immer. Was hat mich geritten, auch nur einen Moment zu meinen, dass du anders bist?“, grummelte Joey kaum hörbar vor sich hin, während er seine Uniform richtete. „Dass ich dir die Hand hingehalten habe? Oder das ich nicht so sarkastisch bin wie sonst?“, fragte Seto fast schon feixend. Joey meinte, nicht richtig zu sehen. Dieser Mann feixte? Seto Kaiba feixte? War er jetzt endgültig dämlich? Joey schüttelte den Kopf und meinte leise zu sich selbst: „Ich spinne nun komplett! Das muss nicht sein!“ Seto fixierte ihn mit einem unergründlichen Blick. „Fängst du schon an, Selbstgespräche zu führen, Köter? Wie tief bist du schon gesunken, dass dies notwendig ist?“, spotte er kühl. Doch nicht wie erhofft, blieb Joey völlig ruhig. Er blickte ihm nur in die Augen, drehte sich um und ging. „Es klingelt gleich. Willst du dir die Blöße des Zu-spät-kommens geben, Kaiba?“ „Ein Seto Kaiba kommt nicht zu spät.“, knurrte dieser und drängelte sich an Joey vorbei. Jedoch nicht, ohne ihn einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. >Verdammt. Seit wann ist der Köter so gelassen und schlagfertig? Da macht es ja keinen Spaß sich zu streiten!>, dachte er leise grummelnd und setzte sich wortlos auf seinen Platz. Die allmorgendlichen Blicke seitens der Mädchen ignorierend, packte er seinen Laptop aus und vertiefte sich in irgendwelche Geschäftsberichte. Ebenso ignorierte er den Unterrichtsbeginn und die Lehrerin. Nach einer kleinen Weile... Gähnend saß Joey in Englisch. >Verdammt! Ich schlaf hier gleich ein. Englisch ist ja sooo was von langweilig!> Er blickte sich immer noch gähnend um und erkannte, dass er nicht der einzige war, der mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte. Auch Tristan versuchte zwanghaft seine Augen aufzuhalten. Joey grinste. Das war nicht so typisch für Tristan. Aber nach gestern? Joey konnte es ihm nicht verübeln, dass er müde war. Seine kleine Schwester konnte wirklich anstrengend sein. Durch Zufall verirrte sich sein Blick zu IHM. >Wie kann der nur im Unterricht so konzentriert an seinem Laptop arbeiten?? Ob er in seiner Firma keine Zeit dafür hat?> Joey schüttelte den Kopf und nahm sich ein Blatt Papier. Dann stützte er seinen Kopf auf seine linke Hand und starrte nachdenklich auf den weißen Bogen vor sich. Und urplötzlich wusste er, was er tun konnte. Schnell schnappte er sich einen Stift und begann zu schreiben. You're a song Written by the hands of God Oh ja, er war fast schon göttlich, also konnte er auch von der Hand Gottes direkt erschaffen worden sein. Don't get me wrong cause This might sound to you a bit odd But you own the place Where all my thoughts go hiding >Wenn ich ihn so einfach durchschauen könnte, wie ich hier schreib... Dann würde die Welt untergehen. Seto Kaiba und durchschaubar?? Nicht kompatibel, um sich mal wie er auszudrücken.> Wieder schüttelte er seinen Kopf und schrieb weiter. And right under your clothes Is where I find them Was würde er unter den Kleiden von Seto vorfinden? Wie war er eigentlich wirklich? So eiskalt und berechnend, wie er sich immer gab? Oder doch ein normaler Junge wie er? Mit den selben Träumen und Wünschen wie er? Underneath your clothes There's an endless story There's the man I chose There's my territory And all the things I deserve For being such a good boy* honey Oh ja, unter seiner Kleidung war Seto Kaiba eine unendliche Geschichte. So viele Geheimnisse, die er verbarg. Wann er wohl alles über ihn erfahren durfte? Über seine Gedanken und Gefühle? Joey wusste es nicht. Heimlich beobachtete er ihn unter gesenkten Wimpern hervor. Was würde er vorfinden, wenn er es wagen würde? Einfach wagen würde, hinter die Fassade des kühlen und erwachsenen Geschäftsmannes und Jungunternehmers zu blicken? Einen Seto, wie ihn niemand anderes kannte? Einen weichen und verletzlichen Seto, der Träume und Wünsche hatte? So wie jeder normale junge Mann in seinem Alter? Because of you I forgot the smart ways to lie Er grinste kurz spöttisch auf. Oh ja, er verlor so langsam seine Lügen vor sich selbst. Seine Lügen, um seine Gefühle zu kaschieren, zu verleugnen. Diese angenehmen Gefühle, welche in ihm aufstiegen, wenn er sich mit Kaiba stritt. Sein schneller schlagendes Herz übertönten, welches ihm nur die Wahrheit erzählte. Eine Wahrheit, die er nicht hören wollte. Doch wie lange noch? Seine Ausreden und Lügen schwanden. Mit jedem Tag, mit jedem Streit ein bisschen mehr. Because of you I'm running out of reasons to cry Wieder so eine Zeile, die er sich nicht wirklich erklären konnte. >Warum sollte ich weinen? Wegen ihm? Ach, Quatsch!!> When the friends are gone When the party´s over We will still belong to each other >Würde ich wirklich immer zu ihm halten? Egal was kommt? Oder er?> Joey war sich nicht bewusst, was er da dachte. Das er anfing, seine Gefühle zuzulassen. Underneath your clothes There's an endless story There's the man I chose There's my territory And all the things I deserve For being such a good boy honey Wieder schrieb er diese Zeilen und wieder meinte er, kurz spöttisch lachen zu müssen. >Ist das noch normal? Einen Lovesong über seinen Erzfeind zu schreiben? Wenn ja, dann war ich nie normal.> Er grinste kurz und starrte auf Kaibas Rücken. >Er würde mich auslachen, wenn er wüsste, was ich wirklich über ihn denke. Und dann komplett ignorieren, ohne mich auch noch mit einem Blick anzusehen oder gar ein Wort zu wechseln. Täte mir das leid? Täte mir das weh? Bestimmt, wenn ich so was schon schreibe...> I love you more than all that's on the planet Movin' talkin' walkin' breathing You know it's true Oh baby it's so funny >Oh ja… Es ist wirklich lustig!>, dachte Joey sarkastisch. >Ich sitze gerade im Englisch- Unterricht und schreibe einen Song über ihn!! Und dann auch noch so einen gefühlvollen!!> Einen Moment sah er nach vorne. Vorbei an seinen Mitschülern, vorbei an ihm und erblickte die Tafel. Gedankenverloren studierte er, was darauf geschrieben war, jedoch ohne, dass es ihm bewusst war, geschweige denn, dass er es sich merkte. >Aber... liebe ich ihn wirklich?? Oder ist das nur so ein Satz? Ach quatsch! Mein Herz rast nicht und ich schreibe hier nicht `Ich liebe dich`!> Erneut wand er sich seinem Blatt zu und schaute nachdenklich drein. Vorsichtig setzte er den Stift wieder an und schrieb weiter. You almost don't believe it As every voice is hanging from the silence Lamps are hanging from the ceiling Like a lady to tied her good manners I'm tied up to this feeling >Ja, er wird es mir nie glauben. Und selbst wenn ich der letzte Mensch auf Erden wäre, würde er mich ignorieren! Niemals würde er meine Gefühle annehmen und erwidern. Aber was denke ich da eigentlich?? Seto Kaiba und Gefühle? Doch nicht der Mr. Eisklötze-sind-wärmer-als-ich.> Er merkte nicht, dass er Kaiba nun schon eine ganze Weile anstarrte und dieser es bemerkt hatte. Nun drehte er sich um und blickte Joey genau in die Augen. Dieser erschrak und wollte seinen Blick abwenden, doch schaffte es nicht. >Seine Augen...> Sein Herz schlug schneller, je länger er Kaiba in die blauen Augen sah. In ihm stieg ein unerklärliches Gefühl auf, welches er versuchte, mit aller Macht zu unterdrücken. Nein, er liebte ihn nicht. Er mochte ihn höchstens. Aber keine Liebe. „Was willst du, Kaiba?“, zischte er in seine Richtung. Dieser zuckte kurz zusammen und antwortete dann ebenso leise: „Warum starrst du mich die ganze Zeit an? Keinen Kauknochen zur Beschäftigung mitgebracht, Hündchen?“ Joey ignorierte die Beleidigung und antwortete: „Wie? `Hündchen`? Fallen dir keine Beleidigungen mehr ein, Kaiba? Ich dachte immer, mit deinem großen Hirn fändest du doch wenigstens abwechslungsreiche Beleidigungen...“ >Einfach ignorieren... einfach ignorieren, dass sich seine Augen gerade zu gefährlich kleinen Schlitzen verengen... einfach ignorieren, dass ich später mein eigenes Grab schaufeln darf!>, machte Joey sich in Gedanken mehr oder weniger selbst Mut. „Mut hast du ja, Straßenköter. Meine eigenen Worte zu missbrauchen um mir eines auswichen zu wollen...“ Kaiba sah ihm unverwandt in die Augen. Joey schluckte. >Nicht gut... gar nicht gut…> Setos Augen funkelten in mindestens zwanzig verschiedenen Farben. Ob vor Wut oder Anerkennung, konnte Joey nicht sagen. Aber er tippte eher auf ersteres. Alles andere wäre unwahrscheinlich. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte Seto sich um und machte keinerlei Anstalten mehr, irgendetwas von Joey zu wollen. Dieser atmete unhörbar auf und blickte wieder vor sich auf den Tisch. Hastig schrieb er noch ein paar Zeilen, bevor es klingelte. Underneath your clothes There's an endless story There's the man I chose There's my territory And all the things I deserve For being such a good boy honey >So, fertig!>, meinte er nur noch und packte seine Sachen zusammen. Dass er dabei das Blatt fallen lies, merkte er nicht. Doch jemand anderes bemerkte es und bückte sich. >Das ich mich auch noch dazu herablasse, es aufzuheben... Ich bin wirklich nicht mehr normal!>, schimpfte Kaiba in Gedanken und hob es auf. Ohne einen weitern Blick darauf zu werfen, stopfte er es in seine Tasche und verlies den Saal. * Wegen des Textzusammenhangs und des Themas umgeändert von `girl` in `boy` © Underneath your clothes; Shakira Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)