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Gay Romeo

Vegeta / Yamchu
von

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Auch, wenn die Wohnung klein war und nicht sehr viel her gab, war er stolz auf sie.

Zwei Zimmer im Dachgeschoss, eine kleine Küche, die direkt an das Wohnzimmer angrenzte, ein Badezimmer mit Badewanne und ein Schlafzimmer mit Futon. Alles war spartanisch, eben typisch für einen Junggesellen, eingerichtet. Einen richtigen Esstisch gab es nicht, dafür musste der Couchtisch herhalten und so teilte sich ein leerer Pizzakarton und ein dafür umso vollerer Aschenbecher seinen Platz mit einem flimmernden Laptop, auf dessen Bildschirm die Wörter Passwort eingeben aufleuchteten.

Seit Yamchu sich zumindest physisch von Bulma hatte abnabeln können, lebte er ganz für sich allein, bezog Sozialhilfe und betrieb alle zwei Tage ein wenig Sport, um sich weiterhin in Form zu halten. Für ihn bedeutete 'ein wenig Sport' eben, dass er mit seinem Flieger raus aufs Land düste und stundenlang gegen Windmühlen kämpfte.
 

Die einzigen sozialen Kontakte, die er jetzt noch hatte, pflegte er übers Internet und so war es nicht verwunderlich, dass seine Pupillen langsam eine viereckige Form annahmen. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Dafür war er mittlerweile ganz gut im 'Blind-Tippen'.

killvegeta. Er schmunzelte. Das war sein Passwort.

Vielleicht dachte er, es würde wahr, wenn er es nur oft genug schrieb. Natürlich war das Unsinn. Aber ein bisschen würde man doch wohl noch träumen dürfen.

Er riss eine neue Schachtel Zigaretten auf, ein Laster, dass er sich in der Einsamkeit des Junggesellendaseins angewöhnt hatte, und nahm sich einen der Glimmstängel heraus. Mit diesem im Mundwinkel, öffnete er den Internet-Browser.

Seine Startseite, Google, übersprang er schnell. Von einem Bekannten hatte er von einer Internetseite gehört, auf der er sich unbedingt anmelden musste. Es sei genau das Richtige für ihn und seine Depressionen. Sicher. Genau das Richtige für ihn und seine Depressionen wäre viel eher gewesen, wenn es an der Tür geläutet hätte und Bulma vor ihm stand, bereit ihm zu verzeihen und ihn zurückzunehmen. Oder Vegeta, der vor ihm auf die Knie fiel. Beides hätte ihm gut getan, sicher mehr, als wieder so eine Internet-Community.
 

Yamchu entzündete seine Zigarette, nahm einen tiefen Zug und bereitete sich darauf vor, binnen Sekunden, die er brauchte, um die Internetadresse einzugeben, sein altes Leben zurückzulassen. Sehr melodramatisch, ja, aber auf gewisse Weise hatte er schon Recht damit.

Die blau-schwarze Internetseite öffnete sich, der Pop-Up-Blocker tat seinen Dienst. Yamchu klickte ohne Umschweife auf Registrieren.

Er hatte sich schon oft bei solchen Single-Communities angemeldet. Auf der Startseite stand doch immer dasselbe. Bla bla, hier finden Sie ihren perfekten Partner, bla bla, eine Auswahl von über 10.000 Singles, yada yada. Der einzige Unterschied war, dass diese Seite auf englisch war. Wenn er doch bloß die Schule besucht hätte, statt als Wüstenräuber sein Glück zu versuchen, dann hätte er jetzt nicht so planlos auf den Bildschirm gestarrt.
 

Gut, E-Mail hieß wohl in jeder Sprache gleich. Er gab seine E-Mail-Adresse an. Dann sein Benutzername. Er dachte einen Moment lang nach. Wie würde er sich nennen?

Yamchu hatte keinen Standart-Nickname, den er sich auf jeder Seite gab. Um seine Anonymität zu bewahren, wählte er überall einen anderen. Trotzdem sollte er ihm gefallen und den anderen Usern zeigen: Hey, hier bin ich! Willig, mobil und Single!

War gar nicht so leicht. Er kratzte über seine Narbe an der Wange und strich sein Haar zurück, dass er sich wieder ein wenig hatte wachsen lassen. Ein wenig Asche fiel auf seine Tastatur. Er pustete sie weg, steckte sich die Zigarette wieder in seinen Mundwinkel und gab ein:

Kamikaze_Boy.

Das klang doch nach was. Auch wenn das Boy auf einen Mann Anfang zwanzig schließen ließ. Er legte den Kopf schief und zog an seiner Zigarette. Streng genommen, war er ja nicht einmal Junggeselle. Eher Altgeselle. Er drückte die Rücktaste, löschte das Boy. Suchte nach etwas, das geeigneter war, Englisch und trotzdem im Rahmen seiner mangelhaften Sprachkenntnisse.

Kamikaze_Fighter.
 

Mit einem Grinsen im Gesicht gab er darunter zweimal sein Standart-Passwort ein. Sehr gut. Das wäre geschafft. Nun fehlten nur noch die Steckbrief-Angaben. Er gab ein Seufzen von sich. Die Fragen waren doch immer die selben.

Er besah sich die Angaben genauer, zog an seiner Zigarette und hob beide Augenbrauen. Nein. Diese Fragen gehörten nicht zum Standartsortiment.

Er kämpfte sich durch die Herkunft, Sprachen, Lieblingsmusikrichtungen und gab bei Sportarten nicht mehr als Kampfsport ein, um zu den wirklich interessanten Fragen zu gelangen. Nach diesen Antworten würde er gleich auch erst einmal die Steckbriefe der anderen User durchforsten.

Beruf? Lebenskünstler. Das passte. Rauchen? Er log. Gab Selten an. Piercings? Nein. Tattoos? Nein. Sonstiges?

Narben, gab Yamchu an, ließ allerdings aus, dass sie unter Anderem sein Gesicht zierten.

Jetzt wurde es spannend. Er zog fest an seiner Zigarette, spürte, dass der Filter schon ganz heiß wurde und drückte sie im Aschenbecher aus. Sofort zündete er sich eine neue an. Das brauchte er jetzt.
 

Fetische. Er dachte einen Augenblick lang nach. Es gab mehrere Auswahlmöglichkeiten, die er ankreuzen konnte. Ein weiteres Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Na, dann sorgte er mal dafür, dass er richtig interessant aussah. Lack, Leder, Uniformen, Boots, Anzug, Unterwäsche, gab er an und spürte schon, wie er eine Gänsehaut bekam.

Sex. Sexuelle Ausrichtung. Er zögerte. Viele Auswahlmöglichkeiten gab es da ja nicht. Bisexuell. Diese Hürde war geschafft.

Position: Top & Bottom. Ficken: Aktiv & Passiv. Fisting... Was war noch gleich Fisting? Egal. Aktiv & Passiv. War immer eine gute Antwort.

Safer Sex? Klar. Immer. Nein, nicht wirklich aber einen guten Eindruck wollte er trotzdem machen.

Schwanz: Beschnitten. Größe: …

Wieder zögerte er. Zog an seiner Zigarette. Wenn es zu einem Treffen kam, wollte bestimmt niemand eine böse Überraschung aber seit wann wurden Schwanzlängen in Größeneinheiten von S, wie Small, bis XXL gerechnet?

Er gab L an. Für sein Ego.

SM? Was weiß ich, dachte er und kaute auf seiner Unterlippe herum. Vorsichtshalber gab er Nein an. Man konnte ja nie wissen, an was für kranke Leute man geriet. Jetzt musste er nur noch herausfinden, was Dirty hieß und dann konnte er mit dem Flirttext beginnen.

Dirty. Er gab Ja an. Die Chancen standen immerhin fifty fifty, dass es nichts allzu Schmutziges war.

Endlich geschafft. Fehlte nur noch der Flirttext. Wenigstens in dem wollte er wirklich ehrlich sein.
 

Hey, Leute!

Nach einer langjährigen Beziehung mit einer Frau (die mittlerweile mit einem richtigen Alien zusammen ist...), habe ich mich quasi ans andere Ufer gerettet und habe neue Erfahrungen gesammelt. Vielleicht könnt ihr mir ja dabei helfen. Ich spreche nicht sonderlich gut Englisch, hoffe aber dennoch darauf, hier auch Jungs und Männer aus meiner Region kennenzulernen, ein paar gute Gespräche zu führen und vielleicht trifft man sich ja mal zu einem ganz zwanglosen Date.
 

Er fügte einen Herzchen-Smiley ein. Und löschte ihn wieder. Viel zu kitschig.
 

Ich interessiere mich für Kampfsport, Electro-Metal und liebe chinesisches Essen. Bei Interesse, schreibt mich einfach an.

Foto vom Gesicht gibt’s bei mir nicht! Überraschungsei! ;)

Als Benutzerbild lud er eines hoch, das er auch schon in einer anderen Community verwendete. Sein verschwitzter, muskulöser Oberkörper, kurz nach dem Training. Na, wenn das niemanden anlockte.

Er klickte auf den Button am Ende der Seite, um sich zu registrieren. Fertig.

Zufrieden lehnte er sich auf der Sperrmüll-Couch zurück und blies den Zigarettenqualm in den Raum. Wenn Gay Romeo nicht das hielt, was es versprach, würde er ins Kloster gehen. Das schwor er sich.

Kontaktaufnahme

Kontaktaufnahme
 

Er war überfordert.

Alle zwei Minuten blinkte links Unten in der Ecke das Zeichen für eine neue Nachricht auf. Und jede Nachricht war auf Englisch.

Be lated happy valentine, are with someone yasterday? Hows your valentines day?

Sogar dieser „Yummyjosh“ konnte besser Englisch als er. Trotzdem konnte Yamchu aus der Nachricht lesen, dass er den Valentinstag verpasst hatte. Seine Blicke rutschten nach rechts unten, wo Uhrzeit und Datum standen.

Der 15. Februar, 00:25 Uhr. Quasi kurz nach Valentinstag. Kein Mann wusste, wann Valentinstag war. Warum Yummyjosh?

Yamchu seufzte, klickte die Nachricht weg und las sich weiter die Steckbriefe durch. Die Männer auf den Fotos machten allesamt einen sehr langweiligen Eindruck, nur das ein oder andere Adult-Bildchen ließ ihn schmunzeln.

Hey Valentine! Cam 2 Cam?

Wieder dieser Yummyjosh. Wie konnte man den bloß abwimmeln? Yamchu zündete sich eine Zigarette an und klickte auf 'Antworten'.

I like sex with animals, schrieb er und klickte auf 'Abschicken'. So. Den war er erst einmal los.

Er befeuchtete seine Lippen und machte sich über die Profilbilder von „SpidermanXXL“ her, bis er begriff, dass das einzige, was an dem XXL war, sein Bauchumfang war (zusätzlich waren die Bilder von diesem Koloss im Spiderman-Kostüm eher verstörend als erotisch). Er seufzte, suchte weiter und ließ sich erneut von dem blinkenden Nachrichtensymbol ablenken. Bestimmt nicht Yummyjosh.

Thats okay for me. Its fine for me, whatever you want, I dont care. Cam 2 Cam?

Das konnte doch nicht ein Ernst sein. Er zog an seiner Zigarette, gab ein: No spick english, ciaooo. Abschicken.

Weiter im Text. Profilbilder stalken.
 

Er stellte fest, dass es hier wohl ganz geläufig war, nur seinen Körper zu zeigen und nicht sein Gesicht. Wahrscheinlich waren die allesamt verheiratet und wollten nicht von ihren Yaoi-süchtigen Ehefrauen auf dieser Seite entdeckt werden. Auch wenn Yamchu, wenn er eine Ehefrau gewesen wäre, ihren Mann auch am Penis und Oberkörper erkannt hätte. Die sahen schließlich auch nicht alle gleich aus. Er stellte sich vor, dass auch Bulma auf dieser Seite war und ihn als Yummyjosh verarschen wollte, weil sie seinen Oberkörper erkannt hatte. Ihm wurde augenblicklich schlecht.

Nein, das durfte niemand erfahren. Nicht einmal Pool durfte wissen, dass Yamchu sein Jagdrevier erweitert hatte.
 

Aw, pitty. =( Show me cock, yes?

Yummyjosh war hartnäckig. Yamchu rieb seine Schläfen.

You first, I am shy, antwortete er und schickte die Nachricht ab. Bis jetzt hatte sich diese Seite nicht wirklich gelohnt. Wenn er jetzt wenigstens einen anständigen Schwanz zu sehen bekam, war der Abend vielleicht nicht ganz umsonst gewesen.

Er klickte auf ein weiteres Profil. Keine Bilder. Also weiter. Seine Blicke zuckten immer wieder zurück auf das Nachrichtensymbol, doch es blinkte nicht. Minuten verstrichen. Großartig, da stalkte ihn Yummyjosh nun schon seit einer Stunde und kaum wartete er auf eine Nachricht von ihm, kam keine. Vielleicht musste er erst einmal nach einem hübschen Schwanz googlen, weil er selber keinen hatte oder einen, der so hässlich war, dass er ihn einfach unmöglich zeigen konnte.

Hatte er sich mal wieder zu viel versprochen. Typisch.
 

Das Symbol blinkte. Nach unendlichen Minuten des auf-den-Bildschirm-Starrens hatte sich Gott im Himmel (oder wer auch immer) erbarmt und ihm eine Nachricht von Yummyjosh zukommen lassen. Mit fahrigen Händen griff er nach der Maus, der Cursor zuckte in die linke, untere Ecke des Bildschirms. Ungeduldig klickte er auf den Button, fingerte bereits nach der nächsten Zigarette.

Es war nicht Yummyjosh. Sofort fiel die Anspannung von Yamchu ab. Enttäuschung machte sich breit. Dennoch klickte er die Nachricht an.

Fake.

Die Nachricht kam von „Luna_Prince“.

Fake. Was sollte das bedeuten? Dass Yamchu ein Fake war? Wohl kaum.

Bin ich nicht, antwortete er und kräuselte seine Nase. Sofort klickte er auf Luna_Princes Profil. Der nannte ihn einen Fake und hatte selbst nicht ein einziges Profilbild. Er hob beide Augenbrauen. Auf diesem Profil war er doch eben erste gewesen. Weil es kein Profilbild hatte, hatte er schnell an Interesse verloren aber Luna, wie er ihn jetzt einfach nannte, konnte auf seiner Startseite sehen, wer als letztes sein Profil besucht hatte.

Woanders nannte man so etwas blickficken. Das Profil besuchen, nichts hinterlassen und weitersurfen.
 

Yamchu überflog das Profil. Er kam aus seiner Region, war Bodybuilder, keine Piercings, keine Tattoos, hatte ebenfalls Ja bei Dirty angegeben (Yamchu nahm sich vor, irgendwann ein Wörterbuch zurate zu ziehen) und XL bei Schwanzgröße. Ja, sicher. Er schmunzelte. Der Typ war viel eher ein Fake als er.

Wieder eine Nachricht. Von Luna.

Dann beweise es mir.

Yamchu blies seine Wangen auf und verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. Wie stellte sich der Typ das bitte vor?

Ich muss dir gar nichts beweisen. Du hast nicht mal ein Profilbild. Wer von uns beiden ist wohl eher Fake?

Mit einem leisen Grummeln schickte er die Nachricht ab, lehnte sich zurück und wartete auf eine Neue, während er weiter das Profil seines Angreifers studierte. Bisexuell, Single, suchte Sexdates, war arbeitslos, stand ebenfalls auf Kampfsport, Privatpartys, Bars und Kneipen, war chaotisch, spontan...
 

Wieder eine Nachricht. Yamchu fackelte nicht lange und klickte auf den Button.

Das Profilbild ist nur für Premium-User sichtbar, Arschloch. Du bist also kein Fake? Sicher. Bist aber angeblich 'unerfahren' und stehst trotzdem auf Fisting und Dirty.

Yamchu schluckte. Da war es wieder, dieses Wort. Er seufzte schwer, machte sich ans Antworten und nebenbei wieder über seine Zigaretten her.

Ich hab kein Geld für die Premium-Mitgliedschaft. Und bei Fisting und Dirty wusste ich nicht, was ich sonst antworten sollte.

Auch wenn Kilometer und ein ganzer Haufen Anonymität zwischen den beiden lagen, verfärbten sich Yamchus Wangen dennoch dunkelrot. Irgendwie war das eine peinliche Situation. Plötzlich kam er sich tatsächlich sehr unerfahren vor, wahrscheinlich unerfahrener als er eigentlich war.
 

Luna war da wohl ganz anders, zumindest sein Profil sagte das. Position: Top. Ficken: Aktiv. Fisting: Aktiv. Safer-Sex: Niemals.

Irgendwie kam er ihm immer unheimlicher vor. Aber irgendwie auch... plötzlich ganz ehrlich.

SM: Ja. Dirty: Ja. Fetisch: Lack, Leder, Rubber, Uniform, Techno & Raver.

Yamchu wusste ja nicht einmal, was Rubber oder Raver war. Und wie zum Teufel konnte man einen Techno-Fetisch haben?

Das fragte er ihn lieber nicht. Wieder eine Nachricht.

Und da hast du einfach mal 'Ja' angegeben. Und warum bei SM dann 'Nein'?

Weil ich weiß, was das ist und ich nicht interessiert bin, dachte er sich und rieb seine Schläfen. Die Nachricht ging noch weiter:

Wenn du noch länger wach bist, komm in den Chat, mir ist langweilig. Und jetzt komm mir bloß nicht mit dummen Ausreden. Ich weiß, wann mich jemand verarscht.

Das war eindeutig. Wenn der Typ jetzt ein Kreuzverhör starten würde, war Yamchu am Arsch. Er hatte sein halbes Leben eben mit einer Frau in der Missionarsstellung verbracht, da konnte er auch nichts für. Wenn er als junger Mann nur nicht so unglaublich verschüchtert gewesen wäre...

Ich bin müde, aber ich komm dann mal on, antwortete er und suchte nach dem Button, der ihn in den Chat führen würde.

Battlefield

Battlefield
 

Premium-User hatten auch ihre eigenen Privat-Chaträume. Das war sehr angenehm, wie er fand, da man so auf das Versenden privater Nachrichten verzichten konnte, wenn man mit jemandem schreiben wollte. Der Chatroom hieß Battlefield und hatte einen schwarzen Hintergrund. Also würde die Schrift wahrscheinlich weiß sein. Sehr lange würden seine müden Augen das nicht aushalten.

„Da bin ich“, schrieb Yamchu unsinnigerweise. Schließlich war er von Luna in den Chatroom eingeladen worden.

„Sehe ich“, kam zurück. „Kommen wir zurück zu meiner Frage.“

„Welcher Frage?“

„SM. Du stehst nicht auf SM?“

„Nein.“

„Hast du es schon mal ausprobiert?“

„Nein.“

„Woher weißt du dann, dass du es nicht magst?“

Blöde Frage. „Ich steh nicht so auf Schmerzen.“

„Wer sagt denn, dass du passiv sein musst? Gibt genug passive Kerle hier. Oder gehst du etwa schon von mir aus?“

Yamchu biss sich auf die Unterlippe. Er konnte diesen Typen, von dem er nicht einmal wusste, wie er aussah, dennoch vor seinem geistigen Auge grinsen sehen.

„Klar. Ich will nur dich“, antwortete Yamchu und zog an seiner Zigarette. Sogar ohne sarkastischen Tonfall würde klar sein, dass dieser Satz nicht ernst gemeint war. Es sei denn, sein 'Gegenüber', hatte ein viel zu großes Ego. Eigentlich hielt er ihn für so einen. Egozentriker. Egoist. Eben alles, was mit 'Ego' anfing. Schon mal ein toller erster Eindruck, den er da hatte.
 

„Was für Kampfsport machst du?“, fragte Luna.

„Capoeira.“

„Nicht dein Ernst.“

„Erwischt. =)“

Yamchu grinste breit und stützte seine Wange in seine Hand. Irgendwie war das schon eine ganz nette Ablenkung. Und der Typ kam auch noch aus seiner Region. Vielleicht konnte man sich ja doch mal treffen, aber diesen Plan rückte er erst einmal in die Ferne.

„Wo genau kommst du her?“, schrieb Yamchu und sah interessiert auf den Bildschirm.

„Es gibt wohl kaum eine Information, die dich weniger angeht.“

Er verdrehte die Augen.

„Ach ja? Wie lang ist dein Schwanz?“

„22 Zentimeter wenn er steht. Wenn du den Umfang wissen willst, muss ich nachmessen.“

Yamchu errötete leicht. Das konnte er nicht ernst meinen. Zweieundzwanzig Zentimeter. Moment... er wollte nachmessen?

„Steht er denn gerade?“, schrieb er und fuhr sich mit der Hand über die feuchte Stirn.

„Noch nicht. Gib mir einen Grund.“

Yamchu starrte auf den Bildschirm, zog fest an seiner Zigarette und beförderte die abstehende Asche in den überfüllten Aschenbecher. Er sollte ihm einen Grund geben? Wie sollte er das machen? CS? Das würde er gleich ablehnen, war einfach nicht sein Ding.

„Wie denn?“, schrieb er.

„Ich könnte dich anrufen.“

„Nein. Nur chatten, hab eh kein Festnetz.“

„Dein Pech. Du wolltest meinen Schwanz.“

„Sehr viel hab ich nicht davon, wenn wir nur telefonieren.“

Yamchu fasste sich an die Wangen. Sie waren heiß. So lange das Blut ihm in den Kopf stieg, war noch alles in Ordnung.

„Treffen mach ich nur noch, wenn meine Frau außer Haus ist.“

Wow. Er hatte eine Frau. Luna war verheiratet. Hatte er diese Information in seinem Steckbrief so einfach überlesen? Schien ganz so. Aber er wollte jetzt auch nicht darauf rumreiten. Wahrscheinlich war er mit so einem Kontrollfreak verheiratet, das konnte man ihm schlecht übel nehmen.

„Ist okay. Wir können ja einfach nur schreiben.“

„Gut.“
 

Yamchu überlegte, was er schreiben konnte. Eigentlich war er schlecht im Führen von Konversationen. Am besten begann er mit einer Frage. Wenn er Interesse zeigte, war das schließlich nichts Schlechtes.

„Wie laufen deine Sexdates ab? Bei dir zu Hause?“

„Bin verheiratet, Genie. Im Hotel. Wir treffen uns, ficken und gehen wieder getrennte Wege.“

„Wow.“

„Warum?“

„Ich hab das noch nie so gemacht. Ich lerne die Kerle in Bars kennen.“

„Und nimmst sie mit nach Hause.“

„Ja.“

„Das möchte ich vermeiden.“

„Theoretisch könnte ich sie auch mit in ein Hotel nehmen, da gäbe es keinen großen Unterschied, denke ich. Aber ich bin nicht verheiratet. Ich wohne allein.“

„Und warum tust du es nicht? Warum kein Hotel?“

„Geld.“

„Aha.“

Yamchu drückte die Zigarette aus, nahm einen Schluck von dem faden Bier, das neben dem leeren Pizzakarton lag und fischte eine weitere Zigarette aus der Packung. Eigentlich hatte Luna Recht. Oder sein Aha. Es ging eben doch nicht nur ums Geld. Es hatte etwas persönlicheres, wenn er seine Dates mit nach Hause nahm. Irgendwie erwartete er sich etwas davon. Was genau es war, wusste er selbst nicht. Vielleicht hoffte er, dass sie einfach nicht mehr gingen. Bei ihm blieben. Mit ihm kalte Pizza frühstückten. Aus irgendeinem, ihm unerklärlichen Grund, spürte er Wut in sich aufkochen.
 

„Mach's doch für Geld, dann sparst du dir auch das Hotel, wenn der Freier übernimmt.“

Die Nachricht kam unverhofft. Yamchu musste sie zweimal durchlesen, ehe er antwortete.

„Spinnst du?“

„Wo ist der Unterschied? Es ist Sex. Und du wirst bezahlt.“

„Lässt du dich bezahlen?“

„Ich lass mich bedienen.“

„Ich mach das nicht, ist nicht mein Ding. Und dich bedienen würde ich auch nicht. Egal wie lang dein Schwanz ist.“

Der Cursor wanderte auf das kleine x, rechts oben in der Mitte des Bildschirms. Ihm war die Lust an diesem Gespräch vergangen und das letzte Wort wollte er behalten.

Es war nicht nur wegen dem Angebot zur Prostitution. Viel mehr lag es daran, dass er wütend auf sich selbst war. Dass dieser Typ verheiratet war und trotzdem mehr Ahnung hatte als er; dass er ihn so einfach zu durchschauen schien... Aber das hätte er sich niemals eingestanden.

Er hatte einfach keine Lust mehr. War müde, drückte die Zigarette, die in seiner Hand geschrumpft war, aus. Der Bildschirm flimmerte. Die Uhr zeigte 01:46 Uhr.
 

„Interpretierst auch alles als Angriff, was? Geh ins Bett, kleiner.“

Yamchu ließ die Maus los und widmete sich umgehend wieder der Tastatur.

„Wenn ich angreifen würde, würdest du es keine fünf Minuten im Ring durchhalten.“

„Wie gesagt: Geh ins Bett, wenn du träumen willst.“

„Leck mich, Arschloch.“

Er schloss das Fenster. Drückte auf Logout und rieb sich über die vor Müdigkeit und Wut pulsierenden Schläfen.

Yamchu warf einen Blick auf den Aschenbecher, der bereits überquoll und einen einsamen, kleinen, blaugrauen Rauchschwaden von sich gab, von irgendeinem Rest Glut, der gerade irgendeinen Filter ankokelte.
 

Er musste ins Bett. Seine Augen schmerzten. Schon die vorletzte Nacht hatte er vor einem Instant-Messenger verbracht. Diese Nacht musste er sich nicht auch noch mit irgendeinem Arschloch rumquälen. Er fuhr den Computer runter, stand auf, streckte sich und spürte seine Knochen knacken. Mit langsamen, schlurfenden Schritten schleppte er sich ins Schlafzimmer. Erschöpft ließ er sich noch in Straßenklamotten auf die Matratze fallen, zog die Decke über seine Beine und schloss die Augen.

Was hatte sich dieser Typ dabei gedacht, ihm diese Website zu empfehlen?

Langsam dämmerte er weg.

Die letzten, klaren Gedanken, die er fassen konnte, waren bei Yummyjosh und seinem Penisbild. Vielleicht war es ja morgen in seinem Posteingang.

Erfahrung

Erfahrung
 

Yamchu wusste nicht, warum er sich an diesem Nachmittag (der für ihn übrigens 'morgens' war), noch in Bademantel und mit Kaffeetasse in der Hand, an den Computer setzte und sich auf Gay Romeo einloggte. So müde wie er war, hätte man es vielleicht mit seinem geistigen Zustand entschuldigen können, vielleicht hoffte er auch einfach nur auf eine Nachricht und ein Bild von Yummyjosh.

In seinem Posteingang waren vier nachrichten.

Hey, Cuty! I love your body. Where are you from? Cam2Cam? Love, Sweety_Gackt

Löschen.

Want to see your cock. SpidermanXXL

Löschen!

Interested in Shôta-Yaoi? Really good porn! Mail back pls!

Löschen...

Do you want to get dirty with me?

Löschen. Löschen. Bloß löschen. Und das Dirty aus dem Steckbrief löschen.

Er nahm einen kräftigen Schluck von dem viel zu starken Kaffee und griff nach seinen Zigaretten. Die erste Zigarette am Morgen war das beste. Ein kleiner Nikotinrausch, gut zum Wachwerden. Er ging auf sein Profil, editierte die Angaben für Dirty und Fisting und zog an seiner Zigarette. Ein ausgedehntes Gähnen drang aus seiner Kehle und ein wenig rissen seine trockenen Mundwinkel ein.

Um diese Uhrzeit war so gut wie niemand aus seiner Region online. Nur irgendwelche Leute vom anderen Ende der Welt, die, wie er, ein sehr brüchiges Englisch sprachen, das er aber ohnehin kaum verstand. Und keine Spur von Yummyjosh und irgendwelchen Penisbildern. Egal. Wer brauchte das schon.
 

Etwas widerwillig drückte er auf Logout und zwang sich, aufzustehen und sich in seine Trainingsklamotten zu schmeißen. Alkohol- und Zigarettenkonsum schön und gut aber jetzt musste er seine Lunge mal wieder anderweitig strapazieren. Das hieß: Training, bis die Muskeln schmerzten. Er war schließlich auch nicht mehr der Jüngste und musste unbedingt in Form bleiben, wenn er schon nicht mehr dazu zu gebrauchen war, die Welt vor fiesen Androiden, Cyborgs und Außerirdischen zu retten.

Er band seine halblangen Haare zu einem Zopf, schlüpfte in seinen Trainingsanzug und die Schuhe, dann verließ er das Haus. Es tat sicher auch gut, sich mal wieder von diesem ganzen WWW-Kram zu distanzieren. Man musste von ihm ja schon fast das Gefühl haben, dass er gar kein anderes Leben mehr hatte. Gut, ganz falsch wäre diese Unterstellung auch nicht gewesen und dennoch...

Yamchu stieg in seinen kleinen Helicopter (ein gebrauchter, denn so einen tollen, wie er früher hatte, konnte er sich im Moment einfach nicht leisten) und hob ab. Ganz bequem und ohne großen Kraftaufwand stieg er über die Dächer der kleinen Häuser am Stadtrand empor und rauschte über sie hinweg, die Berge am Horizont ansteuernd.
 

Die Einsamkeit der Berge erinnerte ihn ein wenig an die Wüste. Kein Mensch weit und breit. Hier war er ganz allein mit sich, konnte von Felsen zu Felsen springen, über Schluchten fliegen und ungestört Gesteinsbrocken von der Größe eines Einfamilienhauses zertrümmern. Er spürte, wie sehr er außer Übung war, als seine Lunge bereits nach vier Stunden Training, schlapp zu machen und sein Atem zu rasseln begann. Egal, da musste er durch.

Schweiß rann über seine Stirn, seinen Körper hinab. Er zählte seine Liegestützen. Wenn dieser Luna ihn jetzt so sehen könnte, würde ihm doch glatt die Spucke wegbleiben, dachte er sich und grinste erschöpft.
 

Als es langsam dunkel wurde, trat er den Rückflug an. Es tat gut, sich alle paar Tage richtig auszupowern und erschöpft aber glücklich dann zu Hause auf die Couch zu fallen und ein kühles Bier zu genießen. Und eine Zigarette. Während des Trainings gestattete er sich das Rauchen nämlich nicht, was sich eigentlich von selbst verstand. Als Sportler hätte er eigentlich komplett darauf verzichten müssen, aber wenn die Sucht einen erstmal im Griff hatte, war sie nur noch schwer zu bekämpfen.

Schwerer als Cyborgs, Androiden und Außerirdische.

Als Yamchu sich endlich in seine Wohnung geschleppt hatte, machte er das Licht an und zog auf dem Weg zur Couch seine Klamotten, bis auf die Boxershorts, aus. Bei der Couch angekommen, ließ er sich rücklings in die Polster fallen und fuhr den Computer hoch. Zigarette. Bier. Entspannen.

Vielleicht hatte er ja endlich eine sinnvolle Nachricht im Posteingang. Eine, die er auch verstand. Ungeduldig wartete er darauf, dass sich der Computer hochgefahren und das Browser-Fenster geöffnet hatte.
 

Kamikaze_Fighter schien zu Anfang zwar ganz beliebt gewesen zu sein, doch nun, wo es andere neue User gab, und Yamchus Nickname von der Startseite verschwunden war, war es klar, dass er keine neuen Nachrichten hatte. Er seufzte leise, trank einen Schluck Bier und verschüttete etwas von dem prickelnden, kühlen Getränk über seine Brust. Er wischte es nicht weg. Gerade tat es unwahrscheinlich gut.

Ihm kam der Gedanke, dass er vielleicht duschen gehen sollte, als plötzlich doch das Nachrichtensymbol links unten aufblinkte. Er klickte es an.

Ich sehe jetzt erst, dass du neu bist. Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Übrigens: Selber Arschloch.

Yamchu musste lächeln. Luna hatte anscheinend bemerkt, dass er online war.

Gut, danke, sag mir, wo die Blacklist ist, damit ich dich drauf setzen kann, antwortete er und drückte mit selbstgefälligem Grinsen auf den 'Send'-Button. Er fand das sehr schlagfertig. Hoffentlich ärgerte er sich.

Yamchu gab es nicht gerne zu, aber seit er nicht mehr so müde war, war auch seine Wut verflogen und eigentlich war das Gespräch mit Luna, auch wenn es sehr kurz gewesen war, eines der Interessanteren gewesen und insgeheim freute er sich, dass das 'Arschloch' ihn angeschrieben hatte.

Und wieder zurückschrieb:

Ich lach mich tot. Hab nachgemessen. 18 cm Umfang. Komm in den Chat.

Ob der ihn beeindrucken wollte? Yamchu schluckte. Waren 18 Zentimeter viel? Ob er ihm das abnehmen konnte? Und wenn er jetzt in den Chat kam, bedeutete das, dass er an diesen Zentimetern interessiert war?

Egal. Desinteresse konnte er ein anderes mal heucheln.
 

„Da bin ich.“ Yamchu musste sich unbedingt eine andere Art übrelegen, den Typen im Chat zu 'grüßen'.

„Ach was“, kam zurück. Der Kämpfer schmunzelte.

„Wie geht’s dir heute?“ Smalltalk. Da konnte man nie etwas falsch machen.

„Scheiße. Und selbst?“

Okay, das war... relativ unerwartet. Bei so etwas erwartete man normalerweise keine Ehrlichkeit. Eher ein 'Danke, gut' – ganz egal, ob es einem nun gut oder schlecht ging.

„Ganz gut. Warum geht’s dir scheiße?“

„Meine Frau wollte nächstes Wochenende weg und nun bleibt sie doch.“

„Dann musst du eben noch ein paar Wochen ohne mich aushalten“, witzelte Yamchu und musste Lächeln. Über seine Mimik hätte er beim Chatten keine Kontrolle.

„Wir können ja 'einfach nur reden'.“

„Wenn du willst. Was hast du heute so gemacht?“

„Trainiert. Und du?“

„Auch.“ Er legte die Stirn in Falten. Dann war de Typ wohl wirklich so eine Art Bodybuilder. „Und Nachrichten gecheckt.“ Er zögerte. Dann fügte er hinzu: „Du hast doch Erfahrung, oder?“

„In was?“

„Diese ganze Geschichte hier.“

„Jetzt hast du also doch eine Frage?“

„Mehrere. Ziemlich intime.“

„Schieß los. Ich kann dir schlecht den Kopf abreißen. Zumindest auf diese Distanz.“

Yamchu trank die Flasche Bier aus, drückte seine Zigarette in den Filterberg in seinem Aschenbecher und gab ein leises Seufzen von sich. Er hatte viele Fragen. Die erste war wohl, mit welcher er beginnen sollte.

„Nicht lachen.“

„Ich werd's mir nicht anmerken lassen, wenn ich lache.“

„Gut. Was ist Fisting?“

„...“

Yamchu konnte ihn lachen hören. Ja, auch auf diese Distanz.

Fist bedeutet Faust.“

„Aha. Und weiter?“

„Hattest du schon mal eine Faust in dir drin?“

„In mir... drin?“

Yamchu starrte auf den Bildschirm, fasste sich an den Kopf und lehnte sich langsam zurück. Okay. Jetzt verstand er.

„Eine Faust. Eine Hand. Du musst vorher gut gedehnt werden. Meine Spezialität.“

Yamchus Hand wanderte von seiner Stirn hinab zu seinem Mund. Eine ganze Faust. In ihm drin. In seinem Arsch. War das anatomisch überhaupt möglich? Anscheinend schon. Gut. Sehr gut, dass er sein Profil editiert hatte.

„Was bedeutet 'Dirty'?“

„Schmutzig.“

„Oh...“

So wirklich konnte Yamchu sich noch immer nichts darunter vorstellen. Doch. Langsam dämmerte es ihm. Er verzog das Gesicht.

„Und.. du machst so was?“

„Was?“

„Diesen... schmutzigen Kram.“

„Nur aktiv. Und bestimmt nicht das, woran du gerade denkst.“

„Danke. Zumindest letzteres wollte ich hören.“

Unheimlich war es schon, dass Luna zu wissen schien, woran er dachte, aber wahrscheinlich waren Fäkalspielchen immer das erste, woran die Leute dachten, wenn sie 'schmutzig' hörten.

„Und du praktizierst SM?“

„Selten.“

„Warum?“

„Weil ich mit den Grenzen meiner Opfer nicht klarkomme. Alles Memmen.“

Yamchu nickte verstehend, auch wenn Luna es nicht sehen konnte und machte sich ein weiteres Bier auf. Wenigstens war er ehrlich. Zumindest machte es den Eindruck.

„Erklär' mir, wie das abläuft. Ruhig detailreich.“

„Gut. Sag mir, wenn du abspritzt, damit ich in Deckung gehen kann.“

Yamchu grinste und nahm sich noch eine Zigarette. Der Typ gefiel ihm. Ja, langsam aber sicher, begann er ihn zu mögen.

Herzklopfen

Herzklopfen
 

Yamchu hätte tatsächlich nicht erwartet, dass es so interessant sein konnte, einfach nur zuzuhören. Gut, in diesem Fall war lesen als Verb wohl eher angebracht. Er stellte Fragen, Luna erklärte. Nur ab und zu erlaubte er es sich, zu unterbrechen und Dinge wie „Das muss doch wehtun“ oder „Klingt wahrscheinlich komplizierter als es ist“ einzuwerfen.

Luna genoss diese Art von Aufmerksamkeit ganz offensichtlich und ließ es sich nicht nehmen, so detailreich wie möglich jede Kleinigkeit zu erläutern und bei den Erfahrungen, die er gemacht hatte, so weit wie möglich auszuholen.

Er hatte ihm zum Beispiel vom Floating erzählt. Eine Art Reizentzug. Dem Sub wurden die Augen verbunden, Kopfhörer aufgesetzt, aus denen beispielsweise ein monotones Rauschen drang, vielleicht wurde er auch noch geknebelt und gefesselt, freischwebend. Das erforderte wohl eine ganze Menge Vertrauen. Luna war das egal. Er brauchte kein Vertrauen und einige seiner 'Opfer' wohl auch nicht.

Was Yamchu erstaunte, war die Tatsache, dass einige 'Spielzeuge', die bei SM gebräuchlich waren, schon seit Jahrhunderten existierten und früher an manchen Schulen zum Sanktionieren der Schüler verwendet wurden, so zum Beispiel auch das Paddle, das früher aus Holz war und ein paar Löcher gegen den Luftwiderstand hatte. Heute war es meistens aus Gummi oder aus Leder. Luna meinte, dass er das aus Gummi lieber hatte. Es tat mehr weh.

Die Tawse war ein etwa vierzig Zentimeter langer Lederriemen, der auf schottischen Schulen oft zum Einsatz gekommen war. Luna wusste eine Menge. Zumindest auf diesem Gebiet.
 

„Wenn du Kampfsport machst, solltest du das eigentlich wissen“, schrieb Luna. „Aber wenn du jemanden mit einer Peitsche, einem Rohrstock oder einer Gerte bearbeitest, gibt es Punkte, die weniger wehtun als andere. Die gilt es in diesem Fall zu treffen. Nicht auf die Nieren oder direkt auf die Wirbelsäule, schon gar nicht, wenn du deine Kraft nicht allzu gut kontrollieren kannst. Da können leicht bleibende Schäden entstehen. Risse in den Organen oder gar Knochenschäden, vor allem bei schwerem Gerät wie Bullwhips oder Katzen.“

„Katzen?“

Ja, ab und zu gab es auch Begriffe, die Yamchu sich näher erklären lassen musste. Der Gedanke, wie jemand von einer Katze geschlagen wurde, behagte ihm gar nicht.

„Cat o' nine tails“, antwortete Luna recht zügig. „Eine neunschwanzige Katze. Eine Peitsche mit neun Schwänzen.“

„Neun Schwänze...“

„Ziemlich beachtlich, was?“

„Mir reicht eigentlich schon einer.“

Yamchu musste schlucken. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es tatsächlich Männer gab, die sich von so etwas bearbeiten lassen wollten. Dennoch war zumindest eines beachtlich: Die Erfahrungen dieses Mannes waren unglaublich weitreichend.

Eine Zigarette nach der anderen wanderte in Yamchus frisch geleerten Aschenbecher. Nun schrieben sie schon seit vier Stunden. Normalerweise wurde ihm schon nach zwei Stunden recht langweilig, vor allem, wenn sein gegenüber nur von sich selbst sprach.
 

„Was benutzt du denn am liebsten bei deinen... Dings.“

„Sessions.“

Natürlich. Session hieß das ja, wenn man sich gegenseitig verprügelte und das geil fand.

„Bullwhips, aber dafür braucht man eine Menge Platz. Und viel Übung. Fass so was besser gar nicht erst an, kleiner.“

Das ließ Yamchu sich nicht zweimal sagen. Obwohl... eigentlich hätte er so eine Bullenpeitsche doch zumindest gerne mal berührt. Er bekam eine Gänsehaut. Wie die aussahen, wusste er ungefähr. Hatte so was mal in einem Film gesehen. Am Griff waren sie sehr dick und wurden dann immer dünner. Die im Film war war sicher drei Meter lang gewesen und am Ende ganz ausgefranst.

„Oder meine Hand oder ein Paddle, mit dem man jemanden gut übers Knie legen kann. Ansonsten eben Flogger, Tawses oder kurze, meersträhnige Peitschen aus Gummi oder Leder.“

Übers Knie legen. Yamchu las es zweimal.

„Du legst die Männer übers Knie? Das ist echt demütigend.“

Er schluckte schwer. Ein Klapps auf den Hintern, schön und gut, aber jemanden richtig übers Knie legen? Wie ein Kind? Er zog fest an seiner Zigarette.

„Um ehrlich zu sein, liebe ich das am meisten. Ich rede von der Demütigung. Wenn ich meinen Sub allein mit Worten zum Heulen bekomme, war es eigentlich schon eine gelungene Session. Wenn ich aufrichtiges Leid in seinen Blicken sehen kann.“
 

Jetzt begann Luna zu schwärmen. Er musste in dieser Rolle als 'Herr' ja richtig aufgehen. Yamchu musste schmunzeln. Er sagte ihm lieber nicht, dass er es gerade unheimlich süß fand, wie Luna darüber sprach. Ganz egal wie 'unmenschlich' diese Neigungen auch sein mussten, irgendwie konnte Yamchu es nachvollziehen. Allerdings wäre er nur durch Aggression dazu bereit, tatsächlich so weit zu gehen. Luna hatte ihm erzählt, dass er so etwas nicht machen würde. Nicht mit Wut im Bauch, dann hätte er sich nämlich nicht mehr unter Kontrolle und seine Frau würde ihm den Kopf abreißen, wenn er jemanden schwer verletzte oder gar aus Versehen oder absichtlich tötete.

Verständlich. Irgendwie.
 

„Wenn ich das richtig verstanden habe, magst du es einfach nur, über die Männer, mit denen du schläfst, erhaben zu sein und das bekommst du am besten, wenn du ihnen Schmerzen zufügst“, bemerkte Yamchu und hätte sich dafür am liebsten auf die Schulter geklopft. Er konnte sich gut vorstellen, dass dieser Gedanke dahinter stand, auch wenn Luna jetzt natürlich alles abstreiten würde. Das hätte schließlich bedeutet, dass Yamchu Lunas Motive infrage stellte. Zumindest Yamchu hätte sich das nicht gefallen lassen.

„Ja“, kam zurück. Er stutzte.

„Ehrlich?“

„Ja. Es gefällt mir. Was dagegen?“

„Nein. Ist schon okay...“

Yamchu lehnte sich zurück und sah auf den Bildschirm. Ein bisschen überraschte es ihn schon, dass Luna ihm Recht gegeben hatte, vor allem jetzt, da er aufgehört hatte, zu zählen, wie oft er Yamchu im Laufe des Gesprächs schon als Trottel oder Idioten bezeichnet hatte. Er musste lächeln. Langsam schien der Zuchtmeister ein wenig aufzutauen.
 

●●●
 

Die nächsten Tage wachte Yamchu jedes Mal mit demselben Gedanken auf: Er musste an den Computer, um zu sehen, ob Luna ihm geschrieben hatte. Nicht nur, weil Yamchu ihn unbedingt immer wieder mit ernst gemeinten Ratschlägen bombardieren wollte, was Lunas offensichtliche Eheprobleme anging. Er wollte mehr über ihn wissen, wollte jede Information, die Luna ihm zukommen ließ, aufsaugen und ganz tief in den Windungen seines Gehirns speichern.

Er hatte zwar das Gefühl, dass er ihn noch immer ein wenig auf Distanz halten wollte, aber langsam schienen sich ihre Gespräche zu vertiefen. Sie redeten nicht mehr nur über Lunas Erfahrungen im Umgang mit seinen Subs oder den Treffen mit den jungen Kerlen, die er übers Internet kennenlernte. Sie teilten sich gegenseitig mit, was sie den Tag über gemacht hatten oder was sie noch tun wollten, teilten sich ihre Pläne fürs Wochenende mit.

Langsam hatte Yamchu sogar das Gefühl, seinen Gegenüber zu kennen. Wenn sie sich im Chat trafen und Lunas Antworten kurz, dürftig und ein wenig abgehackt wirkten, wusste er sofort, dass etwas mit seiner Frau oder seinen Kindern, die er trotz allem sehr zu lieben schien, nicht stimmte.

Yamchu hakte nach. Und Luna sprach über seine Familie. Er erzählte, dass die Noten seines Sohnes nicht die besten waren und seine Frau sich fürchterliche Sorgen machte, weil sie nicht wollte, dass dieser irgendwann auch ohne Job dasaß.

Vor allem solche Gespräche waren es, die Yamchus Herz ein wenig höher schlagen ließen. Er hatte das Gefühl, dass Luna sonst mit niemandem darüber sprach und dass es gerade die Anonymität, die ihnen das Internet schenkte, war, die ermöglichte, dass er überhaupt darüber sprechen und sich das ganze mal von seiner Seele reden konnte.

Am schönsten war das Gefühl, dass er mit ihm darüber redete.
 

Yamchu saß mit einem etwas glasig wirkendem Blick und abwesendem Lächeln vorm Computer und las sich durch, was Luna ihm schrieb. Immer, wenn er sah, dass Luna eine neue Nachricht abgeschickt hatte, spürte sein Herz einmal ganz fest gegen seine Rippen trommeln.

„Würdest du das nicht auch gerne mal ausprobieren?“

Yamchu löste sein Gesicht von der Hand, die es stützte und sah aufmerksam auf den Bildschirm. Hastig las er sich noch mal die letzten Zeilen durch, um zu wissen, wovon Luna eigentlich sprach, dann musste er erneut unwillkürlich lächeln. Eigentlich hatte er die letzten zwei Wochen auf diese Frage gewartet.

„Was?“, fragte er dennoch, nur um ganz sicher zu gehen, und fingerte eine Zigarette aus der Schachtel.

„Keine Sorge, ich würde dir nicht wehtun. Zumindest nicht zu sehr.“

Wieder begann Yamchus Herz zu rasen. Er spürte, wie sein Mund auf einmal ganz trocken wurde und sich ein seltsam vertrautes Gefühl der Übelkeit in ihm breit machte.

„Ich weiß nicht“, schrieb er und befeuchtete seine Lippen mit seiner Zunge. „Können wir uns nicht erstmal kennen lernen?“

„Junge, du bist über vierzig und stehst mit einem Bein im Grab, ich glaub, jetzt hakt's bei dir.“

Er schmunzelte, bemerkte nicht, dass er die Zigarette, die er in seiner Hand hielt, noch immer nicht angezündet hatte.

„Ich bin mir nicht sicher.“

„Kein Problem“, gab Luna zurück. „Du hast ohnehin noch zwei Wochen. Dann fährt meine Frau für drei Wochen mit ihrer verblödeten Freundin auf Kur.“

Yamchu seufzte, wollte an seiner Zigarette ziehen und bemerkte jetzt erst, dass sie noch gar nicht brannte. Er zündete sie an und lehnte sich zurück. Gut. Dann hatte er also noch zwei Wochen Bedenkzeit.

„Gut, ich werd's mir überlegen“, antwortete er. Eigentlich klang das ja schon wie ein Nein. War aber nicht als ein solches gemeint.
 

„Muss sich deine Frau von dir erholen?“ Ein sehr galanter Themenwechsel, fand Yamchu.

„So ungefähr. Hat viel gearbeitet in letzter Zeit“, antwortete Luna.

„Vermisst du sie dann nicht?“

„Nein. Ich trainiere ja ohnehin den ganzen Tag.“

„Oder du sitzt vorm Computer.“

„Oder das.“

„Macht sie sich keine Gedanken darüber?“

„Doch.“

Jetzt witterte er etwas. Es war wieder dieses Irgendetwas-stimmt-mit-Luna-nicht-Gefühl.

„Was ist los?“, fragte er und legte seine Stirn in Falten.

„Nichts. Sie weiß es.“

„Sie weiß was?“

„Dass ich hier angemeldet bin.“

„Und das ist Nichts?“ Yamchu verzog sein Gesicht, hatte augenblicklich ein furchtbar schlechtes Gewissen. „Wie hat sie das herausbekommen? Kreditkartenabrechnung?“

„Nein. Da achtet sie nicht so drauf, die Finanzen stimmen ja, nur grüne Zahlen. Sie geht sonst nie an diesen Computer aber gestern wollte sie den wohl irgendwie umrüsten. Hatte mein Profil noch in meinen Lesezeichen. Tja.“

„Und sie wusste sofort, dass du das bist?“

„Ich bitte dich, wer sonst würde sich so nennen?“

Yamchu seufzte schwer. Natürlich, wer kannte Luna besser als seine eigene Frau? Betreten sah er auf den Bildschirm.

„Das tut mir so Leid.“

„Ja, sicher. Darauf hast du doch nur gewartet.“

Yamchus Kinnlade klappte nach unten.

„Das ist nicht wahr!“, tippte er hastig. „Ich mag dich! Ich würde nicht wollen, dass es dir schlecht geht!“

Er schickte es ab. Wartete. Sein Herz raste wie wild. War er wirklich so verdammt durchschaubar? Das war nicht seine Absicht gewesen.

Eigentlich sollte es dich freuen, dachte er und vergrub sein Gesicht in den Händen. Eigentlich solltest du jetzt Luftsprünge machen. Wenn's bei denen in der Ehe krieselt, steigen doch für dich die Chancen.

Yamchu sah auf die Uhr, dann wieder auf das Chatfenster. Es kam keine Antwort. Im Moment konnte er nicht einmal sagen, ob Luna sich nun über ihn totlachte oder ob er einfach nur traurig war und deshalb nicht antwortete. Wenn er ihm jetzt wenigstens gegenüber gesessen hätte, dann hätte er gewusst, wie es Luna ging, dann hätte er es in seinem Gesicht lesen können. Dann hätte er in den Arm nehmen können, wenn es ihm schlecht ging, als immer nur dieses obligatorische “Oh, das ist ja furchtbar, tut mir Leid für dich“ zu schreiben.

Schreiben konnte man schließlich alles und der andere, mit dem man schrieb, konnte nicht sagen, ob man nun log oder die Wahrheit sagte. Ja, vielleicht glaubte Luna ihm auch nicht. Vielleicht ging er davon aus, dass Yamchu sich einfach bis über beide Ohren in ihn verknallt hatte und sich gerade ein Bein ab freute, weil seine Frau nun wusste, was Sache war.
 

„Ist das dein Ernst?“

Endlich eine Antwort.

„Natürlich ist das mein Ernst. Ich mag dich sehr.“ Er schluckte schwer. „Du bist so interessant, so fassettenreich. So klug. Sonst würde ich doch keine fünf Minuten mit dir verschwenden. Am Anfang hätte ich wirklich nie gedacht, dass du in meinen Augen mehr als irgendein sadistisches Arschloch sein könntest.“

Wieder Funkstille. Yamchus Hände begannen zu zittern. Der Aschenbecher qualmte vor sich hin aber gerade war er sogar zu nervös, um sich noch eine Zigarette anzuzünden.

„Das... ist überraschend.“

„Ist es nicht“, antwortete Yamchu hastig.

„Wenn du meinst.“

Er lächelte. Das war immerhin etwas und besser als gar keine Antwort. Yamchu hatte nicht erwartet, dass Luna das, was er gesagt hatte, zurückgeben würde. Von so jemandem wie ihm erwartete man einfach nicht, dass er so etwas wie 'Ich mag dich' sagte. Das war schon in Ordnung. Yamchu wusste, dass er diesem Mann zumindest irgendetwas bedeuten musste. Immerhin hatte er ihm viele, intime Dinge erzählt.
 

Diese Nacht schlief er nicht gut und das lag nicht nur daran, dass es schon langsam wieder hell wurde, als er endlich ins Bett ging. Er war aufgeregt, unheimlich aufgeregt, sein Schlaf zerrissen von Blicken auf die Uhr, um zu prüfen, wie spät es war, damit er nicht verschlief und rechtzeitig aufstand, um Luna eine Nachricht zu schreiben.

Begegnung

Begegnung
 

Zwei Wochen.

Yamchu versuchte wirklich, sich nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen. In Wahrheit konnte er sich aber nicht mal mehr auf sein Training konzentrieren. Er wollte nur noch nach Hause und nachsehen, ob eine Nachricht angekommen war. Er versuchte sich sogar mit dem Gedanken zum Trainieren zu überreden, dass er sich für Luna fit halten musste, falls sie sich wirklich treffen wollten. Eigentlich war Yamchu sich noch immer noch nicht so sicher.

Mit einem Mann hatte er erst vier mal Sex gehabt und das jedes Mal als der aktive Part. So wie es aussah, würde Luna den aber sicherlich übernehmen wollen. Er war sich gar nicht so sicher, ob er das wirklich machen konnte. Also, so, wie Luna sich das offensichtlich vorstellte.

Treffen, ficken, wieder getrennte Wege gehen.

Yamchu konnte sich einfach nicht mit diesem Gedanken anfreunden. Ja, wenn es ein anderer gewesen wäre, irgendeiner, hätte es ihm wohl weniger ausgemacht aber der Gedanke, für Luna einmal die Beine breit zu machen und ihn dann nie wieder zu sehen...

Ob er wohl das Interesse an ihm verlieren würde, wenn sie es einmal miteinander getrieben hatten? Er hoffte stark, dass dem nicht so sein würde. Er hatte nämlich tatsächlich ehrliches, aufrichtiges Interesse an dem Mann entwickelt. Ganz besonders jetzt, da der Countdown lief.

„Weißt du, was nächsten Samstag ist?“, hatte Luna gefragt.

„Nein, was denn?“

„Vollmond.“

„Tatsächlich...“

Vollmond. An dem Tag, an dem sie sich treffen wollten, wenn Yamchu zustimmte, war Vollmond. Eigentlich hatte Yamchu gar keinen Sinn für Romantik aber allein diese Bemerkung hatte irgendwie schon wieder Hoffnung in ihm geweckt. Und plötzlich kam es ihm auch gar nicht mehr falsch vor, innerlich so von ihm zu schwärmen, obwohl seine Ehe gerade mit Sang und Klang unterzugehen schien.

Ein bisschen Egoismus war eben erlaubt.
 

„Was hast du gerade an?“

Yamchu starrte auf den Bildschirm. Gerade hatte sich der Chatroom Battlefield geöffnet, er hatte noch nicht einmal seine übliche Begrüßungsnachricht, Da bin ich!, geschrieben und da tauchte auch schon diese Frage, beinahe Zeitgleich mit dem Öffnen des Fensters, auf.

„Blaue Boxershorts. Ich komme gerade vom Training.“

„Die Farbe interessiert mich nicht. Hast du schon geduscht?“

„Nein“, antwortete Yamchu und verkniff sich ein breites Grinsen.

„Gut... Ich nämlich auch nicht.“

Etwas verwirrt las er sich die Nachricht durch, doch ehe er antworten konnte, kam bereits die nächste.

„Weißt du, was das für ein Gefühl ist...?“

„Was?“

„Zwei schweißnasse Körper, die sich aneinander schmiegen, sich eng umschlungen auf dem Boden wälzen. Die heiße, feuchte Haut, die an der des anderen klebt. Der betörende, scharfe Duft, der dich deiner Sinne beraubt.“

Yamchu biss sich auf die Unterlippe.

„Nein“, antwortete er. Wieder begann sein Herz wie wild zu klopfen.

„Stell es dir vor.“

Wie mechanisch wanderte Yamchus Hand zu seiner Zigarettenschachtel. Er ließ sie darauf ruhen, nahm sich keine heraus. Mit abwesendem Blick las er die Zeilen, die Luna ihm schickte.

„Stell dir vor, du trainierst mit mir. Unsere Körper prallen aufeinander, verkeilen sich. Du schlingst deine Beine um meinen Körper, ich lecke dir die salzigen Tropfen von deinem Hals...“

Yamchu biss sich fest auf die Unterlippe, sah beinahe sehnsüchtig auf den Bildschirm, verschlang jedes Wort, das Luna ihm schrieb.

Er wusste nicht, wie er aussah. In seiner Vorstellung war er nicht mehr als ein Schatten. Ein großer, muskulöser Schatten mit dunklem, kurzem Haar und schmalen Augen, die seinem markantem Gesicht einem eisigen Hauch verpassten.
 

„Wir sollten das lassen“, schrieb Yamchu, dessen Ohren puterrot angelaufen waren.

„So prüde?“, kam zurück.

„Nein. Lass uns das einfach verschieben.“

„Verschieben?“

„Ja. Auf Samstag.“

Mit einem lauten Knallen, der einem lebenswichtigem Entschluss würdig war, drückte Yamchu auf Send. Dann vergrub er seine Hände in seinem Gesicht, wischte sich über die heißen Wangen und sah zwischen seinen Fingern hindurch auf den flimmernden Bildschirm.

„Gut, dass du zugesagt hast.“

Yamchu schmunzelte.

„Findest du?“

„Ja. Ich hab uns einen Tisch im Eden reserviert. Wär' scheiße gekommen, wenn ich das hätte widerrufen müssen.“

„Im Eden?!“

Yamchus Augen weiteten sich. Selbst in der Zeit, in der er noch mit Bulma zusammen gewesen war, hatte er dieses Restaurant nur von Weitem gesehen. Vor der Tür lag ein kleiner, roter Teppich und ein Typ in albernem Kostüm fuhr einem sein Auto auf einen Parkplatz, wenn man wollte. Er hatte nur eine geringe Vorstellung davon, wie lange man dort auf eine Reservierung warten musste und wie viel es Luna gekostet hatte, trotz allem einen Tisch für zwei zu bekommen.

„Überraschung...“, schrieb Luna. Yamchu konnte seinen Augen nicht trauen.

„Bist du wahnsinnig geworden?“

„Nein.“

„Ganz sicher?“

„Ja.“

„Du willst mit mir essen gehen! Das widerspricht all deinen Prinzipien! Das würde ja bedeuten, dass du dich mit mir unterhalten musst, das bedeutet, dass wir eine Konversation führen, dabei etwas Essen, wir uns ansehen... und du bezahlst.“

„Ich weiß. Vielleicht bin ich ja doch wahnsinnig geworden. Who cares?“

„Ich werde den teuersten Champagner bestellen.“

„Von mir aus.“

„Und dieses super teure Rindfleisch. Mit Blattgold. Und Kaviar.“

Er verzog das Gesicht. Nein, vielleicht lieber kein Kaviar. Zumindest nicht, nachdem Luna ihm erzählt hatte, dass Kaviar auch ein Synonym für Scatting, also auf gut Deutsch Anscheißen war. Oder so ähnlich. Jedenfalls würde er wahrscheinlich keinen Bissen davon runter bekommen. Er war nur froh, dass Luna damit wirklich nichts am Hut hatte.

„Soll mir Recht sein.“

„Das ist dir Recht?“

„Meine Frau bezahlt.“

„Deine Frau läd' mich ein?“

„Meine Frau lässt eine ihrer Kreditkarten hier, damit ich und die Kinder nicht verhungern.“

Yamchu musste grinsen. Gott, er liebte Lunas Frau!

„Gut. Dann werden wir uns Samstag einen wunderschönen Abend machen, der dich alle Sorgen vergessen lässt!“

„Klar. Super. Und so.“
 

Yamchu sah freudestrahlend auf den Bildschirm. Trotzdem... irgendetwas stimmte doch schon wieder nicht mit Luna. Er seufzte. Dem konnte man es aber auch nie recht machen.

„Was ist los mit dir?“, fragte er und verkniff sich das Lächeln für diesen Moment. Irgendwie hatte er schon ein schlechtes Gewissen, wenn er so sorgenvoll danach fragte, was denn mit Luna los sei und dabei ein fettes Grinsen auf dem Gesicht hatte.

„Ich bin geil und du denkst an Champagner. Das ist alles.“

„Oh, richtig...“ Yamchu grinste erneut. „Hab ich ganz vergessen. Freu' dich auf Samstag.“
 

Als ob es nur Luna so ging. Seit Tagen hatte er jeden Abend, wenn er im Bett lag, das Bedürfnis, sich einfach fallen zu lassen und selbst Hand anzulegen. Der einzige Grund, weswegen er es nicht tat, war der, dass sich der Gedanke verfestigt hatte, dass es, wenn er Luna traf, einfach um einiges aufregender und auch erregender werden würde, wenn er die letzte Zeit abstinent gewesen war.

Sonst hätte Yamchu es wohl nie so lange ausgehalten. Das hörte sich jetzt vielleicht unglaublich stumpfsinnig an, aber er brauchte das. Nicht nur, um 'Druck abzulassen'. Er liebte es einfach, sich selbst zu befriedigen und von jemand anderem befriedigt zu werden.

Wenn er nicht Buddhist gewesen wäre, wäre er ein ganz schlechter Christ gewesen – auch wenn Dende sicher nichts dagegen gehabt hätte.
 

●●●
 

Nach der Zusage, schien die Zeit zu verfliegen und der Samstag kam so schnell heran geeilt, dass Yamchu die Zeit am liebsten wieder zurückgedreht hätte. Er hatte einen alten, schwarzen Anzug ausgegraben, der ihm an den Oberarmen schon viel zu eng geworden war, ihn gewaschen und sauber gebürstet, damit keine Flusen daran hingen, wenn er von dem Typen im albernen Kostüm seinen fahrbaren Untersatz wegfahren ließ.

Er hatte sich zweimal geduscht, hatte sogar sehr dezent ein Parfum aufgelegt und extra frische Socken angezogen – eine Seltenheit bei ihm.

„Der Tisch ist auf Luna Prince reserviert. Wenn du dem Waiter das sagst, wird er dich einfach zu dem Tisch bringen. Das ist einfacher, als wenn ich vor dem Restaurant auf dich warte“, hatte Luna ihm in einer privaten Nachricht geschrieben. Dann gab es ja auch keine Probleme, wie sie sich erkennen würden. Er würde einfach irgendwann vor dem Tisch stehen und wissen, dass er es war, auch wenn er glaubte, ihn ganz ohne Hilfe zu erkennen. Er hatte es irgendwie im Gefühl, dass er das könnte.
 

Der Tisch war für zwanzig Uhr reserviert. Um neunzehn Uhr machte sich Yamchu auf den Weg und stieg in seinen kleinen, straßentauglichen Gleiter, den er eigentlich so gut wie nie aus der Garage holte. Es sei denn, er hatte vor, mal einen Großeinkauf zu erledigen.

Er war so nervös, dass er ganz vergaß, beim Ausparken in den Rückwärtsgang zu gehen und so beinahe mit einer Wand kollidiert wäre.

Die Straßen waren relativ frei, dennoch ließ er sich Zeit. Er hatte Zeit, eine ganze Stunde. Eine Stunde noch, dann würde er ihm gegenüberstehen. Wieder dieses Gefühl der Übelkeit. Seine Eingeweide schienen sich zu verkrampfen, sein Blutdruck war so hoch, als ob er gerade sein Training beendet hätte.
 

Aus dem CD-Spieler seines Autoradios drang die göttliche Stimme seiner Lieblingssängerin und das schrille Kreischen einer E-Geige. It's not the time, it's not the place, I'm just another pretty face.

Er zündete sich eine Zigarette an, versuchte auf die Straße zu achten.

You're not the first, you're not the last. How many more? Don't even ask. You're one more dead composer.

Die letzte Ampel, die ihn von seinem Ziel trennte und sie sprang auf Rot. Yamchu bremste ab, trommelte mit seinen Fingern auf dem Lenkrad herum, die Zigarette im Mundwinkel.

Do I need you? Yes and no. Do I want you? Maybe so. You're getting warm, you're getting warm, you're getting warm.

Yamchu hatte das Lied so oft gehört und sich die Übersetzung im Internet so oft durchgelesen, dass er mittlerweile jede einzelne Zeile verstand. Er drückte auf Pause. Das Lied eignete sich nicht unbedingt für den Auftakt seines ersten Dates mit Luna.
 

Er parkte abseits des Restaurants, hatte es sich anders überlegt. Er wollte lieber genau wissen, wo sein Fahrzeug stand. Der Kämpfer drückte seine Zigarette aus und überprüfte seine Haare im Rückspiegel. Sie waren zu einem sehr sauberen Zopf zusammengebunden. Er fuhr sich über die Narben in seinem Gesicht. Hoffentlich störten sie Luna nicht. Er seufzte schwer. In fünf Minuten war es acht Uhr. Dann gab es kein Zurück mehr.

Langsam, ganz langsam öffnete er die Tür des Gleiters und stieg aus, schaltete die Alarmanlage an und schloss ab. Dann ging er den Gehweg entlang.

Seine Beine fühlten sich weich an. Wie Pudding. Nicht wie die Beine eines Kamikaze Fighters.

Mit einem Kopfnicken grüßte er den jungen Mann in der albernen Uniform. Er stieg über den kleinen roten Teppich, öffnete die Tür und ging ohne Umwege auf den Waiter zu, der hinter einem kleinen Pult stand und die Nase rümpfte, als er Yamchu in seinem etwas zu knappen Anzug erblickte.

„Ich bin hier mit jemandem verabredet. Der Tisch ist auf Luna Prince reserviert.“, brachte Yamchu hervor. Am liebsten hätte er sich die Hand vor den Mund geschlagen. Er war so nervös, dass er sich auf der Stelle hätte übergeben können. Wär' nicht so geil gewesen, hier, vor all den Snobs.

Der Herr mit dem kleinen Walrossbärtchen auf der Oberlippe nickte und watschelte vor, was eher einem Pinguin als einem Walross glich. Yamchu folgte ihm. Er starrte auf den Boden. Am liebsten wäre er auf der Stelle weg gerannt.

Das alte, wohl bekannte Gefühl machte sich in ihm breit. Wie damals, jedes Mal, wenn er eine hübsche Frau gesehen hatte. Er wollte nur noch weg.
 

Als der Walross-Pinguin stehen geblieben war, musste Yamchu erst einmal schalten, um selber stehen zu bleiben und dem Guten nicht hinten rein zu laufen. Er atmete tief ein, spürte, wie verschwitzt seine Hände waren. Dann meldete sich eine unfreundliche Stimme zu Wort.

„Sieh mal einer an. Du bist sogar pünktlich.“

Yamchus Augen weiteten sich, seine Eingeweide verkrampften sich, irgendetwas schien ganz gewaltig an seinem Herzen zu reißen. Diese Stimme. Er kannte sie, er kannte sie nur zu gut.

Er sah auf, blickte hinüber zu dem Tisch, auf den der Kellner wies und spürte augenblicklich, wie ihm die Galle hochkam.
 

Vegeta hob beide Augenbrauen, hatte die Hände auf dem Tisch gefaltet und sah abwartend zu Yamchu hinauf.

„Nein...“, sagte Yamchu ganz leise und mehr zu sich selbst. Sein Blick verschwamm, er blinzelte, verdrängte die Tränen, die in seine Augen schossen.

Der Mondprinz zeigte ein bitteres Grinsen.

Lügner

Howdy~. =3 Die FF wird immer länger. Hatte ich eigentlich nicht vor. Es sollte ja wirklich nur eine FF zu Ehren unseres OoC-Yamchus aus der MSTing von Cino und mir werden. Und nun... nimmt es kein Ende mehr. Ist quasi aus dem Ruder gelaufen. Macht aber Spaß. Danke an die lieben Kommi-Schreiber und die anderen Leser dieses... Junks. X'D Danke.
 

Lügner
 

„Mach jetzt bloß keine Szene.“

Die Worte des anderen waren so kalt, dass Yamchu eine Gänsehaut bekam. Er hatte die zitternden Hände zu Fäusten geballt, sah Vegeta mit zornigen Augen entgegen. Sein Herz trommelte schmerzhaft gegen seine Rippen.

Der Prinz wirkte ruhig aber ernst, blieb reglos sitzen und hielt Yamchus wütendem Blick mit ausdruckslosen Augen stand.

„Du mieses Arschloch...“, zischte Yamchu durch die Zähne. Wut brodelte in ihm auf, brachte sein Blut zum Kochen und seine Schläfen zum Pulsieren. Er wich zurück. Vegeta stand auf.

„Reiß dich zusammen.“

- „Ich soll mich zusammenreißen?!“, brüllte Yamchu ihm entgegen. In einer einzigen Sekunde hatte dieser Mistkerl alle Träume und Wünsche, die Yamchu in den letzten Wochen gehegt hatte, zerstört; mit einem Fingerschnippen das Bild von einem Menschen, den er zu kennen glaubte, in einen Trümmerhaufen verwandelt.

„Du hast mich verarscht! Du wusstest wer ich bin und hast mich verarscht! Ich soll mich zusammenreißen?!

Der Kellner wollte ihn festhalten, es nützte allerdings nicht viel. Yamchu spürte nicht einmal, wie ihn jemand am Arm packte. Ohne Probleme riss er sich los, stürzte auf den Tisch zu, griff nach der Tischkante und stürzte ihn um.

Die Besucher des Restaurants sprangen auf, eine Frau am Nebentisch gab einen schrillen Schrei von sich, als Yamchu Vegeta mit aller Wucht ins Gesicht schlug.

Ungerührt und mit kühlem Blick sah der Mann zu ihm hinauf. Er hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Yamchu spürte, wie sich sein Herz zusammenzog, einfach aussetzen wollte. Er sah in die Augen des Prinzen. Kälte umschloss ihn. Sein ganzer Körper begann zu zittern.

„Hör mir doch erst einmal zu, Idiot.“, knurrte Vegeta und befühlte die Stelle seines Kiefers, an der Yamchu ihn getroffen hatte.

Der Mensch stolperte zurück, sah abwertend auf Vegeta herab.

„Sei bloß still, ich will's gar nicht wissen.“

Seine Stimme zitterte so sehr wie der Rest seines Körpers. Yamchu wusste nicht, wie lange ihn seine Beine noch halten konnten. Vegeta hatte es dieses Mal wirklich geschafft, ihm den Rest zu geben. Wieder griff der Kellner nach seinem Arm, dieses Mal riss er sich ganz bewusst von ihm los.

„Lass mich!“, schrie er und funkelte den grauhaarigen Mann wütend an. „Ich weiß selber, wo 's raus geht!“
 

Yamchu machte auf dem Absatz Kehrt, stapfte mit großen Schritten an den Reihen der Tische vorbei, beachtete die vielen Blicke, die ihm folgten, nicht und stürmte auf die Straße. Wieder blinzelte er, unterdrückte einen Schwall Tränen, der sich anbahnte.

Er musste sich kurz orientieren, dann ging er hinüber zu seinem Wagen. Ja, er hatte eine Szene gemacht. Ganz berechtigt. Und selbst wenn er sich jetzt blamiert und den Eindruck eines hysterischen Weibes erweckt hatte, es war ihm egal.

Gerade war ihm alles egal. Er wollte nur noch nach Hause. Sich von dieser scheiß Internetseite abmelden, sich die Kante geben und dann ins Bett gehen.

Er stieg ins Auto, drehte das Radio laut auf und drückte auf Play. Wieder schluchzte er. Der Song ging an der Stelle weiter, an der er auf Pause gedrückt hatte. Mit Wucht trat er auf das Gaspedal und manövrierte sich an den anderen Autos vorbei.

I'm not for you, you're not for me. I'll kill you first, you'll wait and see, you devil undercover.

Er blinzelte, die Tränen vernebelten ihm die Sicht.

You're not a prince, you're not a friend. You're just a child and in the end you're one more selfish lover.
 

Es gab einen gewaltigen Knall. Yamchu wurde von seinem Sitz geschleudert, der Airbag plusterte sich auf, fing seinen Oberkörper ab, während er mit seiner Stirn gegen die Windschutzscheibe prallte.

Er keuchte auf, sackte in seinem Sitz zurück und schlug seine Hände auf seinen Kopf. Scheiße. Das hatte ja passieren müssen. Jetzt brachen die Tränen aus ihm heraus. Er sah an sich hinab. Alles war noch dran. Nur an seinen Händen klebte ein kleines bisschen Blut. Kein Wunder, er hatte sich aber auch ganz schön den Schädel angeschlagen.

Yamchu atmete tief ein, wischte sich mit dem Ärmel über die Wangen und öffnete die Wagentür, machte sich auf das schlimmste gefasst, blinzelte und öffnete seine feuchten Augen, um den Schaden genauer zu betrachten.

Er war immer noch auf der Straße, war nicht von der Fahrbahn abgekommen und kein Trümmerhaufen, der mal ein anderer Gleiter gewesen war, türmte sich vor seiner zerbeulten Stoßstange auf.
 

„Vegeta, lass sofort meinen Gleiter los!“, brüllte Yamchu wütend, als er sah, gegen wen er da gefahren war. Vegeta hielt die Stoßstange seines Wagens fest und blitzte mit kühlem Blick zu ihm hinüber. Yamchu war außer sich.

„Hast du den Verstand verloren?!“

- „Ja, ganz offensichtlich, wenn ich dir auch noch nachfliege, du Vollidiot!“, entgegnete Vegeta nicht minder wütend. „Du wirst dich jetzt in deinen scheiß Wagen setzen und mir verdammt noch mal zuhören, damit das klar ist!“

Einige Fahrzeuge waren angehalten, einige Fahrer ausgestiegen, wohl um nachzusehen, ob jemand verletzt war. Yamchu zögerte. Unsicher sah er hinüber zu dem Saiyajin, dann aber nickte er und stieg wieder in seinen Wagen. Gut. Wollte er sich mal anhören, was der Mistkerl zu sagen hatte. Und das ganz ohne jetzt loszuflennen. Diese Blöße würde er sich nicht geben, nicht bei dem.

Er raufte den Airbag zusammen und schob ihn wieder zurück in das Fach, aus welchem er herausgesprungen war. Dann schnallte er ich an. Wenn er jetzt einen Unfall baute, würde er keinen Airbag haben, der seinen Sturz abfing.

Die Beifahrertür wurde geöffnet und Vegeta setzte sich neben ihn. Er schnallte sich nicht an. Jetzt hatte Yamchu wirklich Lust, einen Unfall zu bauen. Würde aber vergleichsweise wenig bringen.

Er sah ihn nicht an, startete den Motor und fuhr los. Vegeta schaltete das Autoradio aus. Yamchu biss sich auf die Unterlippe.
 

„Du blutest. An der Stirn. Sieht nicht schön aus“, knurrte Vegeta etwas monoton und verschränkte die Arme vor der Brust. Auch er sah ihn nicht an. Beide starrten auf die Fahrbahn.

„Ach was.“ Yamchu lachte spöttisch auf. „War es das, was du mir sagen wolltest?“

„Natürlich nicht.“ Vegeta schnaubte verächtlich.

Yamchu presste die Lippen aufeinander. Wie gerne hätte er dieses Arschloch einfach aus dem Wagen geschmissen. Et hatte ihn verarscht, über Wochen, hatte ihn in sich verliebt gemacht, ihn enttäuscht und seinen schönen Gleiter zerbeult. Allein um seinen Wagen hätte er heulen können.

Vegeta kaute auf seiner Unterlippe herum. Es fiel ihm offenbar genauso schwer, Yamchu das mitzuteilen, was er sagen wollte, wie es diesem schwer fiel, ihm zuzuhören. Minuten verstrichen, ohne dass irgendjemand etwas sagte. Yamchu zündete sich eine Zigarette an und atmete sie weg. In wenigen Zügen war die Zigarette bis auf den Filter runter gebrannt. Er drückte sie aus und zündete sich die nächste an.
 

„Du hast gelogen“, bemerkte Vegeta und sah auf der überquellenden Aschenbecher.

„Ich habe was?“, zischte Yamchu und drückte den Filter seiner Zigarette zu.

„Du hast angegeben, dass du selten rauchst.“

Vegeta lächelte kühl und sah hinüber zu Yamchu. Dieser musste sich Mühe geben, dem anderen nicht erneut aufs Maul zu hauen. Er entgegnete nichts. Diese Lüge war noch gar nichts im Gegensatz zu dem, was Vegeta getan hatte.

Der Prinz sah aus dem Fenster, stützte sein Kinn auf seine Hand. Sein Gesicht spiegelte sich in der Scheibe.

„Ich dachte, du wüsstest, wer ich bin.“

Yamchu horchte auf, warf ihm einen sehr kurzen, nichts sagenden Seitenblick zu.

„Wie kommst du denn darauf?“, fragte Yamchu ungläubig. Wieder begann er zu zittern. Um es zu kaschieren, zog er hastig an seiner Zigarette.

„Es hat sich für mich so angehört.“

„Natürlich.“

Yamchu verengte seine Augen zu Schlitzen, runzelte seine Stirn. Er glaubte ihm kein Wort.

„Lass den Sarkasmus, den kannst du dir nicht leisten“, schnauzte Vegeta abfällig. „Ich meine das ganz ernst. Du meintest doch selbst, dass du es anfangs nicht für möglich gehalten hast, dass du mich mögen könntest und dass du deine Meinung über mich geändert hast.“

„Natürlich.“ Yamchu schnaubte. Er hätte auf seinen ersten Eindruck vertrauen sollen. Er hatte sich blenden lassen. Hatte gedacht, dass dieser Luna ganz sicher eine gute, liebenswerte Seite hatte, die er einfach ungern zeigte. Weil er die Fäden in der Hand halten wollte. Weil er die Kontrolle über jede Situation brauchte.

„Hast du ja ganz offensichtlich nicht“, knurrte Vegeta und drehte sich Yamchu zu.

„Natürlich.“

Yamchu lächelte sehr gekünstelt, sah weiterhin starr auf die Fahrbahn.

„Hör endlich auf mit der Scheiße und rede ordentlich mit mir!“

„Dann sei du endlich mal ehrlich!“

„Ich bin ehrlich, wenn du mir nicht glaubst, ist das verdammt noch mal nicht mein Problem!“

Yamchu machte eine Vollbremsung. Die Wagen hinter ihm begannen lautstark zu hupen.

„Seit wann weißt du, dass ich es bin?“, zischte er und hielt das Lenkrad und seine Zigarette fest umklammert. Vegeta, der sich bei der unerwarteten Vollbremsung am Armaturenbrett abgestützt hatte, sah ihn mit finsterem Blick von der Seite an. Er zögerte.

„Seit etwas über drei Wochen.“

„Gut. Steig aus. Auf der Stelle.“

„Lass mich ausreden.“

Yamchu zog fest an seiner Zigarette und stieß den Rauch durch die Nase aus. „Gut. Schieß los. Du hast zwei Minuten.“
 

Vegeta lehnte sich seufzend zurück und sah an die Decke des Fahrzeugs.

„Am Anfang“, begann er und schloss seine Augen. „wollte ich mir tatsächlich nur einen Spaß daraus machen.“

„Hab's mir überlegt. Steig aus.“

„Halt's Maul, das ist auch nicht leicht für mich, Arschloch!“, brüllte Vegeta und ballte seine Hände zu Fäusten. Yamchu zuckte zusammen. Die ausgebrannte Zigarette fiel ihm aus der Hand und kokelte auf dem Teppich des Gleiters weiter vor sich hin.

Wieder seufzte der Prinz, lehnte sich zurück, schien sich zu sammeln und massierte seine Schläfen.

„Ich hab mich verschätzt, okay? Hätte nicht gedacht, dass das so endet.“

Die Fahrer hinter ihnen hörten nicht auf zu hupen und rauschten, den Stinkefinger aus dem Fenster haltend, an ihnen vorbei. Yamchu ignorierte sie, lehnte sich auf das Lenkrad und starrte abwesend auf die Tankanzeige.

„Tatsache ist, dass ich dich nicht belogen habe. Wenn du nicht erwähnt hättest, dass deiner Ex die Capsule Corporation gehört, wäre ich jetzt mindestens so geschockt wie du, klar?“

Yamchu blinzelte die Tankanzeige an. Er konnte sich kaum noch daran erinnern, das gesagt zu haben.

„Wann war das?“, nuschelte er in seine verschränkten Arme.

„Wie gesagt, vor etwas mehr als drei Wochen.“

Yamchu schloss die Augen und versuchte, sich daran zu erinnern, ob er Bulma tatsächlich noch einmal erwähnt hatte.

Richtig.

Er erinnerte sich. Es ging darum, dass er es nicht gewohnt war, von Sozialhilfe zu leben, weil er noch so lange bei seiner Ex gewohnt hatte, der... die Capsule Corproration gehörte.

Vegeta hätte es natürlich auch ohne diese Information irgendwann gemerkt. Er war ja nicht auf den Kopf gefallen.

„Und ich hab mich schon gewundert, weshalb du plötzlich offline warst.“, wisperte der Mann. Am liebsten hätte er seine schmerzende Stirn gegen das Lenkrad geschlagen.

Warum hatte er nicht gemerkt, mit wem er da schrieb? Luna Prince. Es hätte ihm sofort auffallen müssen. Spätestens, als er von seinen Kindern erzählt hatte. Er hatte ihn keine Sekunde lang mit der Familie Briefs in Verbindung gebracht. Zwei Kinder, keine Arbeit, eine reiche Ehefrau. Er hätte es merken müssen. Yamchu hatte einfach nicht daran gedacht, wie unendlich klein die Welt sein konnte.

„Dann war es meine Schuld.“

„Ja, allerdings“, knurrte Vegeta und sah wieder aus dem Fenster. „Und dank dir bekomme ich in diesem Restaurant wohl nie wieder einen Tisch. Vielen Dank auch. Vollidiot.“
 

Sie schwiegen. Das Hupen der anderen Fahrzeuge zerriss die Stille immer wieder. Yamchu hatte die Augen geschlossen. Atmete ruhig und still. Vegeta sah aus dem Fenster, beobachtete die Menschen, die vorbeigingen und etwas verwirrt in das Fahrzeuginnere blickten.

Irgendwann richtete Yamchu sich auf und startete den Motor. Wortlos fuhr er los. Im Moment war er einfach nur dankbar dafür, dass Vegeta den Rand hielt und ihn in Ruhe ließ. Wahrscheinlich beruhte das auf Gegenseitigkeit.

Er wusste nicht mehr, was er denken sollte; ob er Vegeta glauben sollte. Wenn Vegeta tatsächlich gedacht hatte, dass Yamchu wusste, wer er war, warum hatte er ihn nicht einfach gefragt oder statt meiner Frau einfach Bulma gesagt? Und wenn er sich nicht sicher war, warum hatte er ihn dann in dem Glauben gelassen, mit einem Fremden zu schreiben, der sich möglicherweise als Traumprinz oder so etwas in der Art entpuppen könnte?

Weder Luna noch Vegeta waren vom Typ Traumprinz. Das war klar. Aber so jemanden hatte Yamchu auch nicht erwartet. Was er erwartet hätte, wären ein klein wenig mehr Aufrichtigkeit und weniger Halbwahrheiten gewesen. Und jetzt saß er hier in einem Wagen, zusammen mit dem Mann, den er womöglich am meisten hasste und in dessen zweite Identität sich seine zweite Identität verliebt hatte.

Dilemma.
 

Yamchu hielt vor seiner Wohnung und stellte den Motor ab. Schweigend öffnete er die Fahrertür, stieg aus und schlug sie zu. Die Beifahrertür wurde geöffnet. Auch Vegeta stieg aus. Wortlos ging er an ihm vorbei und suchte in seiner Anzugtasche nach dem Wohnungsschlüssel. Er schloss die Haustür auf, öffnete sie und stellte seinen Fuß zwischen Tür und Türrahmen, während er das Fahrzeug mit einem Knopfdruck auf seinen Autoschlüssel abschloss und den Schlüssel zurück in seine Tasche wandern ließ.

Er sah zurück zu seinem Gleiter, an welchem Vegeta lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt und mit dem wahrscheinlich teuersten Anzug gekleidet, den Armani zu bieten hatte.

Der Vollmond warf sein silbernes Licht auf den Prinzen.

„Was ist jetzt?“, fragte Yamchu und sah ihn abschätzend an. „Ist wahrscheinlich nicht halb so komfortabel wie die Hotels, in denen du immer absteigst, aber sicher bequemer als die Tür meines Gleiters.“

Yamchu ging in den Hausflur und hielt die schwere Wohnungstür auf. Vegeta stützte sich vom Gleiter ab und folgte ihm. Die Haustür fiel hinter den beiden ins Schloss.
 

[ ] Game Over

[x] Continue

Alkohol

Alkohol
 

Yamchu wollte gar nicht darüber nachdenken, wie lange Bulma wohl Vegetas Seitensprünge hatte finanzieren dürfen. Kein Wunder, dass sie erst einmal Abstand brauchte. Eigentlich hätte er diese Distanz gerade selber gebraucht, aber als sie beide die Treppe hinauf ins Dachgeschoss gegangen und die Wohnungstür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, gab es kein Zurück mehr.

Verdammt, Yamchu hätte es sich zweimal überlegen sollen, ob er Vegeta wirklich mit sich rein nehmen wollte. Eben war es ihm einfach nur unglaublich cool vorgekommen. Und Vegeta, wie er da im Mondschein an seinem zerbeulten Gleiter gelehnt hatte, hatte so unglaublich... gut... ausgesehen...

Der Mann drückte den Playknopf seiner Stereoanlage, deren Anblick ihn immer wieder daran erinnerte, dass er noch keine GEZ-Gebühren gezahlt hatte. Sobald die Musik einsetzte, machte er sich auf den Weg in die Küche. Vegeta hatte es sich ja ohnehin ungefragt auf seiner schönen Sperrmüllcouch gemütlich gemacht. Yamchu jedenfalls brauchte nun etwas zu trinken.

Champagner hatte er zwar nicht im Haus, dafür aber eine halbe Flasche Wein und noch eine ungeöffnete Flasche Wodka. Und Red Bull, fürs nächtelange Schreiben mit einem gewissen Mondprinzen. Er rümpfte die Nase. Gut, daraus lies sich mit Sicherheit etwas machen.

Er kam mit den Getränken unter den Armen und zwei Gläsern in den Händen zurück ins Wohnzimmer und knallte die Flaschen lieblos auf den kleinen Couchtisch.

Er reichte Vegeta ein leeres Glas. Einschenken konnte der sich schließlich selber. Yamchu ließ sich auf der anderen Seite der Couch nieder, goss sein Glas mit Rotwein voll und nahm einen sehr großzügigen Schluck.

Ein kleiner, roter Tropfen lief sein Kinn hinab. Er wischte ihn mit dem Ärmel seines weißen Hemdes ab und sah auf den Laptop, der zusammengeklappt auf dem Tischchen stand.
 

„Das ist also Electro-Metal“, murmelte Vegeta und hörte auf die Klänge, die von der Stereoanlage wiedergegeben wurden. Gefiel ihm gar nicht. Sein Sohn hörte so was.

„Das hättest du auch eben im Auto hören können, wenn du das Radio nicht ausgemacht hättest“, erwiderte Yamchu monoton und trank noch einen Schluck Wein.

Auch Vegeta griff nun nach der Weinflasche und goss sein Glas voll. Die leere Flasche stellte er auf den Boden. Er nippte an dem Rotwein. Yamchu konnte in Vegetas Blick lesen, dass er diesem genau so wenig schmeckte, wie ihm selbst, er aber dennoch dankbar für den darin enthaltenden Alkohol war.

Also runter damit.

Yamchu merkte sofort, wie der Alkohol seine Wirkung tat. Er hatte lange nicht mehr getrunken, das hatte er sich ohnehin nicht leisten können und jetzt, nach ein paar schnell runtergekippten Schlückchen Rotwein, spürte er schon, wie seine Wangen ganz heiß wurden. Und das, wo er heute noch nichts gegessen hatte.
 

„Eigentlich sollte ich dich allein dafür hassen, dass du Bulma betrügst.“

Yamchu hatte, nachdem er sich eine Mischung aus Wodka und Red Bull ins Glas gekippt hatte, das Schweigen gebrochen und nippte an seinem Getränk. Er starrte auf die Zigarettenschachtel, die auf dem Tisch lag. Einfach nur, um Vegeta nicht ansehen zu müssen. Und weil er sich gerne eine nehmen, aber nicht den Anschein eines Kettenrauchers erwecken wollte.

„Ach, solltest du das?“, knurrte Vegeta. Er trank seinen Wein aus und verzog das Gesicht. „Soweit ich weiß, hast du auch keine weiße Weste. Außerdem hättest du in meiner Situation wohl dasselbe getan.“

„Dasselbe? Wieso sollte ich?“

Jetzt griff Yamchu doch nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an. Er hatte die Schachtel einfach zu lange angestarrt.

„Weil du ein Kerl bist. Selbst ihr Menschen solltet wohl so etwas wie Triebe besitzen.“ Er grinste schief. „Was würdest du denn tun, wenn du mit jemandem zusammen wärst, der dir unter keinen Umständen das geben könnte, was du willst? Nicht nur was Sex betrifft. Auch zwischenmenschlich.“

Zwischenmenschlich.“, wiederholte Yamchu und nahm einen großen Schluck seines Mixgetränks. „Willst du damit sagen, dass du Bulma nicht liebst?“

Er sah auf seine Zigarette.

Vegeta schwieg.

„Hab ich mir gedacht. Dass du nur wegen den Bälgern bei ihr bleibst, meine ich.“ Er schmunzelte. „Du bist nicht der Typ, der sich rechtfertigen sollte. Schon seltsam, dass du überhaupt mit mir essen gehen wolltest. Ich dachte, die Welt hört auf, sich zu drehen. Man hätte fast das Gefühl haben können, ich oder irgendein anderer Mensch auf der Welt, läge dir tatsächlich am Herzen.“

Yamchu begann spöttisch über sich selbst zu lachen, erst beinahe ein bisschen übertrieben, dann in ein trauriges Seufzen abebbend. Er zog an seiner Zigarette und trank einen sehr großen Schluck Alkohol hinterher, warf Vegeta einen prüfenden Blick zu und erschrak, als er bemerkte, dass dieser ihn ansah.

Es war derselbe Blick, mit dem er ihn bedacht hatte, als er im Restaurant ausgerastet war. Er schluckte schwer, trank sein Glas aus und schenkte sich hastig nach. Vegetas Glas war leer. Es stand auf dem Tisch, ein kleiner, trauriger Rotweinrückstand an seinem Boden. Yamchu streckte den Arm mit der Wodkaflasche aus und goss ihm großzügig ein. Den Rest füllte er mit Red Bull auf.
 

„Auf was trinken wir?“, fragte Yamchu und setzte ein sehr gestelltes Grinsen auf. Vegeta nahm sein Glas in die Hand.

„Auf Gay Romeo“, murmelte er und setzte das Glas an seine Lippen.

„Auf Gay Romeo!“

Übertrieben schwungvoll hob Yamchu das Glas an und trank es in einem Zug leer. „Ah...“, machte er und verzog das Gesicht, schüttelte sich und kniff die Augen zu. Widerlich. Dafür hatte er sehr schnell einen im Tee.

Er goss sich erneut ein, zog ein Bein auf die Couch, drehte sich Vegeta zu und blies dem stolzen Prinzen nach einem Zug an seiner Zigarette den Rauch entgegen.

Er hustete nicht. Wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.

Vegeta nahm nun ebenfalls einen sehr großen Schluck von dem Getränk, ließ Yamchu dabei allerdings nicht aus den Augen. Es wäre eine dreiste Lüge gewesen, zu behaupten, Yamchu würde genug vertragen, um Vegeta unter den Tisch zu trinken und noch dazu trank Vegeta weniger und langsamer. Wen überraschte es da, dass der Mensch langsam begann, einen Tunnelblick zu entwickeln?

Er senkte den Kopf, sah Vegeta fest in die Augen, zog an seiner Zigarette und blies dem Sayajin immer wieder den kalten Rauch entgegen. Vegeta verengte seine Augen, trank langsam sein Glas aus. Dann stellte er es ab, beinahe zeitgleich mit Yamchu, der, bevor er sich nachschenken wollte, seinen Zigarettenrauch unbedingt noch mal mit einem übermütigen Grinsen in Vegetas Richtung pusten musste.
 

Yamchu zuckte erschrocken zusammen, als Vegeta blitzschnell nach seinem Hemdkragen packte und ihn an sich heran riss.

„Mach das noch mal und du kannst den Qualm direkt aus deiner offenen Lunge aufsteigen sehen!“, zischte er gefährlich und funkelte Yamchu aus eiskalten Augen an. Dieser regte sich nicht, starrte dem Prinzen entgegen. Sein Grinsen war verschwunden. Vegeta nahm die Zigarette aus seiner Hand, zog daran und ließ den Qualm in dicken, grau-blauen Schwaden aus seinem Mund quellen. Yamchu hob beide Augenbrauen, beobachtete die zu einem bitteren Lächeln gekräuselten Lippen, dann kniff er die Augen zu, als Vegeta ihm den Rauch direkt ins Gesicht blies.

Er spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Er konnte noch, als er Rauch verflogen war, Vegetas Atem auf seinem Gesicht spüren und hielt die Augen fest geschlossen.

Ihm war schwindelig. Vielleicht hätte er die Augen wieder aufmachen sollen. Er spürte, wie es in seinem Magen brodelte, dennoch schmiegte er sich gegen die Hände, die noch immer seinen Hemdkragen festhielten, bewegte sich dem warmen Atem des anderen entgegen und öffnete seine Lippen. Dann würgte er. Einmal. Zweimal. Er öffnete seine Augen. Vegeta ließ ihn augenblicklich los, rutschte zurück, wollte ihn weg stoßen aber da war es auch schon zu spät.

Der Alkohol, das einzige, was Yamchu an diesem Tag zu sich genommen hatte, kroch seine Kehle hoch. Er machte ein gurgelndes Geräusch, dann übergab er sich. Flüssigkeit spritzte mit Druck aus seinem Hals, den er mit beiden Händen umklammert hielt und Tränenflüssigkeit stieg ihm in die Augen.

„Ew“, machte Vegeta und sah an sich hinab. Der Armani-Anzug war über und über mit vom Rotwein gefärbter Magensäure und Wodka-Red Bull gesprenkelt. „Du bist... wirklich erbärmlich.“

Mit angewidertem Gesichtsausdruck erhob er sich, die Arme von sich gestreckt. Wieder würgte Yamchu, einen Arm ausstreckend und auf den Flur weisend.

„Badezimmer...“, würgte er hervor, rutschte vom Sofa und kotzte auf den Boden.

„Aha“, erwiderte Vegeta, das Gesicht verziehend und entfernte sich zügig in den Flur.
 

Als Yamchu die Tränen aus seinen Augen geblinzelt hatte und die hellrote Pfütze unter sich genauer betrachten konnte, hätte er sich am liebsten geohrfeigt. Sein Mund schmeckte bitter, sein frisch gewaschenes Hemd und Vegetas ganzer Anzug waren voller Dinge, die eigentlich noch ein Weilchen in seinem Magen hätten bleiben sollen und der stolze Prinz war, nachdem er wahrscheinlich das letzte Bisschen Achtung vor ihm verloren hatte, ins Badezimmer verschwunden. Und genau da wollte er jetzt auch rein. Mund ausspülen. Mit ganz viel Meridol.

Wankend richtete er sich auf und torkelte in den Flur, tastete sich im Dunkeln bis zur angelehnten Badezimmertür vor. Er öffnete die Tür, klopfte dagegen, um zu signalisieren, dass er das Badezimmer betrat und hielt sich an der Duschwand fest.

Vegeta hatte sein Jackett ausgezogen und stand am Waschbecken, mit einem Waschlappen versuchend, die Flecken aus dem Stoff zu bekommen. Seine Hose lag auf der Waschmaschine. Bei der hatte es offensichtlich nicht geklappt.

„Eigentlich sind wir jetzt quitt. Immerhin hast du meine Stoßstange zerbeult“, nuschelte Yamchu und kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf. Vegeta sah ihn wütend an (wahrscheinlich war der Anzug dreimal mehr wert als sein Gleiter), warf sein Jackett ebenfalls auf die Waschmaschine und machte den Weg zum Waschbecken frei. Yamchu tapste mit unsicheren Schritten darauf zu, hielt sich daran fest und stellte das Wasser an. Er wusch sein Gesicht, sein Kinn und spülte seinen Mund mit Wasser aus. Dann nahm er die Meridol-Mundspüllösung aus dem kleinen Spiegelregal und gurgelte ein paar mal damit. Als er wieder aufsah, bemerkte er, dass Vegeta ihn mehr als abfällig durch den Spiegel musterte.

„Ist dir klar, dass ich so kurz davor war, dich zu küssen?“, schnarrte der Prinz und rümpfte angewidert die Nase. „Das werde ich mir ab jetzt wohl lieber zweimal überlegen.“

Yamchu stützte sich weiter auf das Waschbecken, sah durch den Spiegel zu Vegeta. Dann lächelte er matt.

„Tja. Dann muss ich das wohl übernehmen, Luna.“
 

Yamchu drehte sich um, rang für einen Moment mit der Erdanziehungskraft, schlang seine Arme um Vegetas Hals und presste seine Lippen auf die des Saiyajin. Dieser schien davon leider überhaupt nicht überrascht zu sein. Er erwiderte den Kuss nicht einmal. Stand einfach nur da, während Yamchu verzweifelt versuchte, diesem Kuss irgendwas abzugewinnen. Er öffnete die Augen und sah, dass Vegeta seine noch immer geöffnet hatte und ihn skeptisch anblickte. Yamchu löste den Kuss, sah den anderen fragend an. Dieser zauberte sofort ein kühles Lächeln auf sein Gesicht.

„Du nennst mich Luna?“, fragte er hämisch und hob eine Augenbraue an.

„Du hättest es lieber, wenn ich dich Prince nennen würde, hm?“, fragte Yamchu und grinste verspielt.

„Ich hätte es lieber, wenn du ab jetzt einfach die Klappe halten würdest, bevor ich selber noch zu kotzen anfange.“
 

Vegeta trat einen Schritt zurück. Yamchu löste seine Arme von ihm, legte den Kopf schief, wollte eigentlich schon wieder etwas sagen, doch dann sah er, dass dieser langsam sein Hemd aufknöpfte. Yamchu folgte Vegetas Fingern mit seinen Blicken. Als das Hemd offen war, ließ er es einfach auf den Badezimmerboden fallen. Er ließ seinen Blick, wohl ein bisschen zu offensichtlich beeindruckt, über Vegetas Oberkörper schweifen, die ausgeprägten Bauchmuskeln hinab zu dem Bund der weißen Boxershorts, die der Saiyajin trug. Yamchu spürte, wie ihm schon wieder die Kontrolle über seinen Blutkreislauf flöten ging und sich die ganze, lebenspendende Flüssigkeit einfach sorgfältig in zwei Gruppen aufteilte und in verschiedene Richtungen floss. Die eine eine floss direkt in seinen Kopf und sorgte für knallrote Ohren...

Gegen diesen Körper hätte er bei Bulma ohnehin nie eine Chance gehabt, schoss es ihm durch den Kopf und er wusste, dass Vegeta genau dasselbe denken musste. Der wusste um seine Reize. Der sparte nicht damit. Und im Gegensatz zu ihm, sah Yamchu ja nahezu anorexisch aus – und Yamchu hatte den Körper eines Bodybuilders. Unsicher blickte er hinauf in Vegetas Gesicht, der ihn wartend und auffordernd anblickte. Yamchu hob eine Augenbraue. Er fragte besser nicht nach, was er machen sollte. War schon schlimm genug, dass er sein eigenes Hemd vollgekotzt hatte, da musste Vegeta nicht auch noch -...

Aha~. Ihm ging ein Lichtlein auf. Wenn er betrunken war – und vor allem, wenn die Hälfte seines Blutes sich langsam in seine untere Körperhälfte verpissen wollte - war er eben ein wenig langsamer als sonst. Hastig begann er, sein eigenes Hemd aufzuknöpfen, ging wieder auf Vegeta zu und warf sein hellrot geflecktes Hemd zu dem seines schlimmsten Feindes auf den Boden.
 

Wenn er nicht daran dachte, dass es Vegeta war; wenn er sich nur immer wieder ins Gedächtnis zurück rief, dass es Luna war, den er vor sich hatte, würde es gehen. Er lächelte sanftmütig, legte eine Hand auf Vegetas Wange, die von diesem sofort grob entfernt und auf seine Hüfte gelegt wurde. Er musste grinsen. Zumindest was das betraf, hatte er ihn ganz richtig eingeschätzt: Vegeta musste eben immer, in jeder Situation, die Fäden in der Hand halten. Mal gucken, ob er ihm die nicht doch noch entreißen konnte.

Yamchu schmiegte sich gegen den Körper des anderen, drängte ihn zurück, bis Vegeta gegen die Waschmaschine stieß, beugte sich hinab und leckte ihm mit einem wohligen Seufzen über den breiten Hals. Vegeta streckte diesen, ein kühles Lächeln auf den Lippen, packte nach Yamchus Boxershorts und zog ihn an deren Bund noch dichter an sich heran.

„Bleibst du zum Frühstück...?“, flüsterte Yamchu in das Ohr des Kriegers und leckte durch seine Ohrmuschel. Vegeta gab ein leises Seufzen von sich.

„Gerne. Wenn du so lange durchhältst...“

Bareback

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Sadist

Sadist
 

Sie schliefen in einem Bett. Wenn man den ruhelosen und durch ein gelegentliches, schmerzhaftes Ziehen im Unterleib unterbrochenen Zustand zwischen Schlafen und Wachen überhaupt als Schlaf bezeichnen konnte. Yamchu hatte immer wieder versucht, sich an den Körper seines Feindes zu schmiegen, musste aber feststellen, dass der überhaupt nichts von Löffelchenstellung hielt, wenn er dabei das kleinere Löffelchen war.

Dreimal. Und ein Blowjob. Wie hatte Vegeta das überhaupt durchhalten können? Yamchu war nur einmal gekommen, zwangsweise - und eigentlich war das auch wieder nur eine weitere, schmerzhafte Erfahrung gewesen. In dieser Nacht – oder eher: an diesem Morgen – musste er dreimal aufstehen und auf Toilette gehen. Auf seinem Laken fanden sich hie und da dunkle Flecken. Das war nicht nur Blut. Aber jetzt wusste Yamchu wenigstens, was gemeint war, wenn von analer Inkontinenz die rede war.
 

Als Yamchu es endlich geschafft hatte, einzuschlafen, wurde er auch schon wieder aus seinen Träumen gerissen. Neben ihm regte sich etwas. Er öffnete die Augen, nahm die verschwommenen Umrisse eines nackten Körpers wahr, der sich aufrichtete und sich durch sein schwarzes, aufgestelltes Haar fuhr. Yamchu gab ein leises Seufzen von sich, streckt seinen Arm aus und griff nach Vegetas Hand.

„Wo willst du hin?“, nuschelte er, noch immer nicht ganz wach und sah ihn mit roten Augen an. Vegeta schüttelte Yamchus Hand ab und stand auf.

„Duschen.“

„Kommst du wieder?“

„Tche. Wohl kaum.“

Yamchu richtete sich auf, rieb sich die Augen und sah dem Knackpo nach, der sich gerade, samt dem Rest des Körpers, aus dem Zimmer bewegte. Er wollte etwas sagen. Irgendwas, damit er blieb und nicht einfach ging, wie er es bei jedem anderen machte, mit dem er schlief. Er seufzte schwer, schwang seine Beine aus dem Bett und zischte schmerzerfüllt auf. Sein Arschloch meldete sich zu Wort. Das wollte nicht bewegt werden. Yamchu musste jetzt aber aufstehen, sonst würde ihm das passende Gegenstück dazu noch weglaufen.
 

Er stand auf, schlang sich die Decke um die Hüften und tappste mit sehr vorsichtigen Schritten hinauf auf den Flur. Gerade ertönte das Rauschen der Dusche. Er sah hinüber zum Badezimmer. Den störte er jetzt lieber nicht, sonst gab es Ärger.

Er zögerte. Dann entschied er sich um, ging auf das Bad zu und klopfte an die Tür.

„Was?“, ertönte es, recht genervt, aus der Dusche.

„Was möchtest du frühstücken?“, krächzte Yamchu heiser und räusperte sich.

Keine Antwort. Nur ein genervtes Seufzen. „Ich frag dich gleich nochmal.“, murmelte Yamchu halblaut, drehte sich um und schlurfte in die Küche. Viel hatte er ohnehin nicht da. Nur das, was ein Singlehaushalt zu bieten hatte. Ein leerer Kühlschrank, ein paar Tiefkühlpizzen, Bier und Red Bull. Er nahm die Pizzen aus der Gefriertruhe und schmiss den Ofen an.

Traurigkeit machte sich in ihm breit. Er wusste nicht, ob eine Pizza reichen würde, Vegeta zum Bleiben zu bewegen. Als sie müde auf der Matratze zusammengesunken waren und Vegeta noch keuchend und schnaufend auf ihm gelegen hatte, Yamchu langsam weder nüchtern werdend, die schweißnassen Körper wie in seiner Erzählung aneinander geklebt, hatte er nachgedacht. Nach dem zweiten Mal hatte sich der Schmerz langsam gelegt, nach dem dritten Mal konnte er wieder atmen und Vegeta war bei ihm, lag auf ihm, ganz nah, so dass er sein Herz hatte schlagen spüren können.

Vegeta hatte ein Herz. Für seinen Sohn, seine Tochter, für Bulma und für ihn. Das hatte er im Chat ganz deutlich gemerkt. Er hatte sich die Dialoge der letzten Wochen noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
 

„Ich mag dich! Ich würde nicht wollen, dass es dir schlecht geht!“

„Ist das dein Ernst?“

„Natürlich ist das mein Ernst. Ich mag dich sehr.“

„Das... ist überraschend.“

Er musste schmunzeln. Eigentlich hatte Vegeta doch gehofft, dass Yamchu ihn mögen könnte.

„Keine Sorge, ich würde dir nicht wehtun. Zumindest nicht zu sehr.“

Yamchu schob die Pizzen in den Ofen und lehnte sich gegen die Anrichte, verträumt auf den Ofen blickend, das Rauschen der Dusche immer im Hinterkopf. Wahrscheinlich war Vegeta tatsächlich noch vergleichsweise zärtlich gewesen, wenn er sich da so an seine Erzählungen erinnerte.

„Um ehrlich zu sein, liebe ich das am meisten. Ich rede von der Demütigung. Wenn ich meinen Sub allein mit Worten zum Heulen bekomme, war es eigentlich schon eine gelungene Session. Wenn ich aufrichtiges Leid in seinen Blicken sehen kann.“

Yamchu konnte sich nur an eine Situation erinnern, in der er ihm in die Augen gesehen hatte und das auch nur für ein paar Sekunden. Wenn er also nicht an seinem Leid interessiert war, dann doch wohl an ihm, oder nicht? Abwesend starrte er auf das Ofenrohr, die müden Augen halb geöffnet. Dann verstummte das Rauschen der Dusche.
 

Yamchu wartete im Flur und verzog sein Gesicht, als die Badezimmertür sich öffnete und sein erster Blick auf die Flecken auf Vegetas Anzug fiel.

„Ist was?“ Vegeta verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn eindringlich an. Yamchu erwiderte den Blick recht müde, ehe er ihn senkte und sein wirres Haar zurück strich.

„Du hast gesagt, du bleibst zum Frühstück, wenn ich durchhalte.“

„Oh. Richtig. Ich sollte zukünftig wohl besser aufpassen, was ich verspreche“, knurrte der Prinz und ging an ihm vorbei. Yamchu war sich nicht sicher, was das nun bedeuten sollte, sah Vegeta hinterher und beobachtete, wie dieser sich auf die Couch setzte und seine Schuhe anzog.

Die Eieruhr piepte. „Pizza“, erwähnte der Mann und schlurfte wortlos in die Küche. Während er die Pizza aus dem Ofen holte, horchte er genau auf das, was im Wohnzimmer geschah. Vegeta schien sitzen zu bleiben, zumindest hörte er außer dem Scharren seiner Schuhe auf dem Boden nichts anderes. Er servierte die Pizzen auf zwei Tellern, zerteilte sie mit einem Messer in acht Stücke und trug sie ins Wohnzimmer. Vegeta hatte die Beine übereinander geschlagen, die Arme verschränkt und sah starr auf die beiden Gläser vom letzten Abend.

„Willst du dir nicht etwas anziehen?“, schnarrte Vegeta und nahm sich die Pizza, die Yamchu ihm hinhielt. Yamchu setzte sich neben ihn, nahm seine Pizza auf den Schoß und raufte die Decke, die er sich um die Hüften gewickelt hatte, etwas weiter nach oben.

„Ich will ja heute nicht mehr raus“, antwortete er monoton und sah auf seine Pizza hinab. Keinen Hunger. Überhaupt keinen Appetit.
 

Unangenehmes Schweigen machte sich breit. Vegeta, der stumm seine Pizza verspeiste, schien damit weniger ein Problem zu haben. Sein Blick war kühl, unnahbar wie immer.

„Ich will nicht, dass du gehst. Ich möchte, dass du bleibst“, murmelte Yamchu, als Vegeta sich bereits an seiner Pizza bediente, die er ja ohnehin nicht anrührte. Der Prinz sah ihn an.

„Masochist“, knurrte er und biss erneut von seiner Pizza ab.

„Sadist“, erwiderte Yamchu und runzelte die Stirn. „Wir ergänzen uns doch perfekt.“

„Idiot.“ Vegeta drehte seinen Oberkörper dem Menschen zu und sah ihm ernst in die Augen. „Erstens hast du keine Ahnung, wovon du redest, und zweitens kann ich ohnehin nicht bleiben. Bulmas Eltern sind zwar da, aber Bra...“ Er brach ab. Yamchu legte den Kopf schief, lächelte verstehend.

„Ja. Bra. Deine Tochter. Schon okay.“ Er reichte Vegeta den Teller mit der Pizza. „Kommst du wieder?“

„Würde ich an deiner Stelle nicht drauf hoffen und nicht drauf warten.“

„Hm...“

Das war ehrlich. Yamchu spürte, wie sein Herz sich von Neuem verkrampfte.

„Gestern“, begann er und holte tief Luft. „hast du gesagt, du hättest nicht gewusst, dass es so enden würde. Dass du dich verschätzt hast. Was meintest du damit?“

Vegeta legte das angebissene Stück Pizza auf seinen Teller. Er schien über seine Antwort nachdenken zu müssen.

„Ich hätte dich anders eingeschätzt“, antwortete er schließlich. „Ich hätte gedacht, dass...“ Wieder brach er ab. Yamchu hätte einiges dafür gegeben, jetzt seine Gedanken lesen zu können. Er sah auf die beiden Teller, die übereinander gestellt auf dem Couchtisch standen. Dann rutschte er an Vegeta heran, legte seine Arme um ihn und zog ihn an sich heran. Wider seiner Erwartungen, ließ er es dieses Mal sogar mit sich machen.

„Ich hab dich gern, Luna“, wisperte Yamchu und legte seine Stirn gegen die des Mondprinzen. Er schloss die Augen. Einige Sekunden verweilten sie so und doch hatte er das Gefühl, dass Vegeta nur auf eine Möglichkeit wartete, sich wieder von ihm zu lösen. Und diese Möglichkeit nutzte er.

„Das vergiss mal lieber schnell.“ Er stemmte seine Hände gegen Yamchus Schultern, drückte ihn mit sanfter Gewalt von sich und stand auf. „War wirklich nett mit dir, auch wenn ich dich für etwas dominanter gehalten hätte. Etwas mehr Macho.“

Er zuckte gleichgültig mit den Schultern, ging um den Couchtisch herum und auf den Flur zu. Er wollte gehen.

„Hör auf damit...“, flüsterte Yamchu. Er drehte sich um, sah von dem Sofa aus hinüber zu Vegeta. Dieser war stehen geblieben, sah über seine Schulter zurück. „Wolltest du mir gestern Hoffnung machen, nur um sie jetzt wieder zu zerschlagen?“

„Hab ich dir Hoffnung gemacht?“ Vegeta grinste schief. „War nicht meine Absicht. Weißt du, so oft kommt es nicht vor, dass sich jemand in mich verknallt. Manche haben Glück und ich lasse mich dazu hinreißen, diese Gefühle im Ansatz zu erwidern – und manche haben Pech. Und du gehörst nun einmal zur zweiten Kategorie. Mach dir deswegen keinen Kopf. Geht nicht nur dir so. Kannst gerne einen Club aufmachen.“

Er lachte spöttisch. Yamchu ballte seine Hände zu Fäusten. Er spürte, wie sich seine Augen erneut mit Tränen füllten. Er hatte doch alles versucht, oder nicht? Hatte er nicht alles dafür getan, diesem Mann zu gefallen und ihn zum Bleiben zu bewegen? Festhalten konnte er ihn ja schlecht. Er verstand es nicht.

„Und du hast wochenlang mit mir geschrieben, nur für diesen einen Fick?“

Wieder zuckte er mit den Schultern. „Kann schon sein. Wirklich interessant wurdest du eigentlich erst, als ich wusste, wer du bist. Was Bulma an dir gefunden hat, konnte ich allerdings nicht herausfinden.“

Ein Schluchzen. Tränen quollen aus Yamchus Augen, liefen unkontrolliert seine Wangen hinab. Er wimmerte auf, krallte sich in die Polster der Couch. Aufgewühlt, wütend und traurig starrte er Vegeta an, der mit stolz erhobenem Kinn langsam zu ihm zurück kam. Er beugte sich zu Yamchu hinab, lächelte süßlich und wischte ihm die Tränen von den Wangen.

„Aber ich muss mich bedanken. Jetzt war es... eine gelungene Session.“

Er richtete sich wieder auf, leckte die salzigen Tränen von seinen Fingern und drehte sich auf dem Absatz um. Yamchu schwieg. Er konnte nichts mehr sagen. Hielt einfach die Luft an, bis die Haustür ins Schloss fiel.

Neuanfang

Neuanfang
 

Gebt mir einen Grund, mich nicht von dieser Seite abzumelden. Ich habe keine Lust mehr, mir noch einmal das Herz von irgendeinem angeblichen Prinzen brechen zu lassen.

No Cam2Cam and no english, I lern but I can not speak english, thx!
 

Tage waren vergangen. Tage, in denen Yamchu sich den Ratschlag seiner lesbischen Schönwetter-Chatfreundin zu Herzen genommen und alles gegen Liebeskummer getan hatte, was sie für wirksam erachtete. Viel Schlaf, viel Alkohol, viel Sex mit irgendwelchen Kerlen auf dreckigen Toiletten irgendwelcher Szenekneipen und alles vernichten, was mit dem Verflossenen zu tun hat. Theoretisch wäre da auch der Account bei Gay Romeo infrage gekommen, aber aus irgendeinem Grund wollte er den noch nicht aufgeben.

Luna hatte sich offenbar vorgenommen, ihn zu ignorieren - und das, nachdem er sich sogar die Piercings hatte stechen lassen, so, wie er es gewollt hatte. Zumindest kam keine Nachricht mehr von ihm. An Yummyjosh, der sich zwischenzeitlich gemeldet hatte, hatte er vollkommen das Interesse verloren. Im Moment hatte er an nichts und niemandem Interesse. Das lag auch an der Geschlechtskrankheit, die er sich zugezogen hatte und die ihn nun schon seit Tagen mit kleinen, roten Pusteln im Genitalbereich quälte. Er hoffte, dass er sie nicht von Vegeta hatte. Nicht, dass es irgendein außerirdischer Killerpilz war, der sich zur Aufgabe gemacht hatte, die menschliche Rasse mit Hilfe von Vegetas promiskem Verhalten auszurotten.
 

Yamchu hatte es aufgegeben, um dieses Arschloch zu heulen. Er hatte ihm ohnehin kein Wort von dem geglaubt, was er von sich gegeben hatte. Er glaubte nicht, dass Vegeta ihn nicht leiden konnte, ganz im Gegenteil. Wahrscheinlich fehlte er ihm. Aber der Saiyajin wäre ohnehin zu stolz gewesen, um es sich oder irgendjemand anderem einzugestehen. Yamchu versuchte sich mit dem Gedanken über Wasser zu halten, dass Vegeta wahrscheinlich gar nicht wusste, was ihm entging und dass er mit seinem Lebewohl für immer eine ganze Menge verpasst hatte und verpassen würde.
 

Lieber Kamikaze_Fighter, hättest du Lust, ein paar Experimente mit mir zu machen? Schon mal was von Klistier gehört? Bitte schreib zurück, wenn du Interesse hast. ChillyAcademic

Löschen.

Hab ich mein Handtuch bei dir vergessen? Liebe Grüße, D.

Yamchu sah auf das Handtuch, das er um die Hüften trug. Nein, schrieb er zurück. Abschicken. D war unheimlich.
 

Gelangweilt kratzte sich der Mann an den juckenden Eiern und aktualisierte alle zwei Sekunden seine Startseite von Gay Romeo. Das hatte doch alles keinen Sinn. Er sollte sein Profil löschen. Würde ihm viel Leid ersparen. Seufzend klickte er auf Einstellungen, zündete sich eine Zigarette an und suchte den Button, mit welchem er seinen Account löschen konnte. Dann zuckte sein Blick in die linke, untere Ecke. Das Nachrichtensymbol blinkte.

Erst zögerte er, dann klickte er es an. Das Nachrichtenfenster öffnete sich.

Hey, Kamikaze. Dein Herz ist gebrochen? Vielleicht kann ich dir helfen. Wenn du reden willst, schreib zurück. Ich habe ohnehin frei und mir ist langweilig. Kenn deinen Schmerz ziemlich gut, vielleicht kann ich dich ablenken. =)

Die Nachricht kam von Prince_Charming. Noch so ein Prinz. Er klickte auf sein Profil. Es hatte keine Bilder, sagte aber, dass er aus seiner Region kam. Und er war jung. Sehr jung. Er musste schmunzeln. Dass so ein junger Kerl überhaupt Interesse an ihm zeigte, war überraschend. Noch überraschender war die Übereinstimmung ihrer Interessen. Auch der Märchenprinz mochte Kampfsport und Electro-Metal, hatte etwas für Motorräder übrig, war aktiv und passiv... Er scrollte hinab bis zum Flirttext.

Ich suche hier vor allem nette Chats. Eventuell Treffen. Vielleicht auch mehr. Schreibt mir, wenn ihr aufrichtiges Interesse habt und aus meiner Region kommt, würde mich freuen.

Edit: Meine Mutter verlängert ihre Kur um weitere zwei Wochen! Da mein Vater das eh nicht checkt, wenn ich mal verschwinde (hat ja eh nur Augen für meine Sis), bin ich offen für Treffen.
 

Wie süß. Er wohnte noch bei seiner Mutter. Und er nannte sich Prince_Charming. Und er stand auf Electro-Metal. Und Kampfsport. Yamchu wurde ganz warm ums Herz. Na, wenn das kein Schicksal war...

Wenn mich einer ablenken kann, dann wohl du, schrieb er mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Warte, ich komm' in den Chat, da können wir besser reden.



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Kommentare zu dieser Fanfic (26)
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Von:  Teru_Mikami
2013-02-21T23:31:38+00:00 22.02.2013 00:31
oh man yamchu worauf hast du dich nur eingelassen? trotzdem mal ne nette abwechslung (und so überraschend) Vegeta als Knastaufseher wie er yamchu quasi vergewaltigt ... (*.*)
Von:  Teru_Mikami
2013-02-21T22:10:37+00:00 21.02.2013 23:10
awwwwww..... das soooo geil (^-^)
Von:  Teru_Mikami
2013-02-21T21:55:35+00:00 21.02.2013 22:55
Oh mein Gott, wie geil ist das denn bitte???? *überfreu*

Hab mich so totgelacht...du hast yamchu echt super rüber gebracht...kanns mir echt bildlich vorstellen....super ausdrucksweise (*.*)
Von:  -killua-
2011-04-20T00:43:23+00:00 20.04.2011 02:43
Hm... Ich bin grade von mir selbst unglaublich überrascht.
Ich mag zwar yaoi-fics, aber wenns um Dragonball geht kam für mich nie ein anderes Pairing außer GokuxVeggie oder TrunksxGoten in Frage. Aber... Wow! Ich hab echt Spaß gehabt deine Geschichte zu lesen. Und obwohl ich weder Yamchu mag, noch dieses Pairing mag (mal abgesehen davon, dass ich mir NIEMALS solch ein Pairing hätte vorstellen können), finde ich deine Fanfiction unglaublich gut!
Ich bin extra bis jetzt aufgeblieben, nur weil ich unbedingt zu Ende lesen wollte. Du hast mich richtig gepackt mit der Story, allein die Idee ist unglaublich! Mal was anderes, als immer diese Hallo-Ich-Bin-Vegeta-Und-Ich-Bin-Schon-Seit-Jahren-In-Kakarott-Verknallt-Aber-Mein-Stolz-Ist-Viel-Zu​-Groß-Um-Es-Ihm-Zu-Sagen-Und-Eigentlich-Wär-Ich-Ja-Voll-Der-Seme-Allein-Wegen-Meinem-Charakter-Doch-​Da-Goku-Der-Stärkste-Saiyajin-Ist-Muss-Ich-Uke-Sein-Und-Dann-Gefällt-Es-Mir-Doch-Stories!
Haha, und du glaubst gar nicht, wie mich das Ende gepackt hat! Schon wieder untypisch für eine Dragonball-Yaoi-Fanfiction, dass der gefickte alleine gelassen wird. Und jetzt anfängt mit dem Sohn zu schreiben, im selben Online-Chat! Fantastisch, wirklich!
Also, ich bin begeistert!
Liebe Grüße!

Ah, und by the way:
Dein Schreibstil ist klasse. Hatte auch wegen deiner Wortwahl und deinem Humor richtig viel Spaß beim Lesen ;)
Von:  MaiRaike
2009-10-20T17:27:01+00:00 20.10.2009 19:27
Wie? Zuende?

Da geht doch noch mehr...

Aber die Geschichte ist wirklich gut :)
Von:  Zero_Kiryu
2009-03-20T22:47:50+00:00 20.03.2009 23:47
Also, ich wusste nicht, dass ich mir Vegeta jemals mit jemand anderem als Goku vorstellen könnte, aber irgendwie... hat es was. *g*
Find die Fanfic unheimlich gut geschrieben, auch wenn ich an sich nicht so der Fan von diesen 'Hardcore'-Dingen bin. ^^'
Aber es ist ein ziemlich netter Anreiz. ^^
Hab mich oft erwischt, wie ich breit grinsen musste *g* Und ich hab wirklich daraf hingefiebert, wie die beiden wohl darauf reagieren würden, wenn sie sich 'in echt' treffen. ^^ Dass Vegeta trotzdem noch Interesse hatte, obwohl er wusste, dass es Yamchu war, hat mich zugegebenermaßen etwas verwundert. Das hatte ich nicht erwartet. ^^

Aber insgesamt... würd ich gern mehr lesen ^^b Super Idee! Auch, wenns nur aus Spaß war ^^

lg Zero
Von:  Cino
2009-03-20T07:18:10+00:00 20.03.2009 08:18
Niemals Bare. Das is das Dümmste, was de tun kannst. Klein-Yamchu kriegt sonstwas, ich schwörs dir. (KLEIN. S. FASCHTEHSTÄ?)
Geil fand ichs nich, allerdings liegts daran, dass meine Fußbodenheizung im Bad niemals angeschaltet ist. und Fliese ist kalt. Vor allem beim Duschen. Brrrrr. Po an Fliese. BRRRRR >.<
Und hart. Härter als Pipimann. Nene, geil wars ned, aber interessant.
Eigentlich is Veggi-chan recht langweilig, einseitig im Bett. Ich hab jede Sekunde der Demütigung genossen (wohoo, Geheimnis, Cino is doch nich so devot, wie alle denken), wenn ich sie ausgeführt hab. Auf der anderen Seite mochte ich dann aber auch gedemütigt werden... und wenn ich die devote Ehefrau spielen muss, is die ganze nächste Woche bettmäßig gelaufen.
Scheiße.
Was mach ich bloß? Bin ich etwas schon wieder sexuell frustriert...? Ich glaub, ich ärgere Ange. 1. gibt mir das nen gewissen kick und 2. is sie dann hoffentlich endlich so böse, dass sie mich sadistiniriert. =D Er hätte ihn anpissen sollen, ehrlich, das hätte er tun sollen. Scheiß Familienvater. Viel zu nett.
Von:  Cino
2009-03-20T07:11:27+00:00 20.03.2009 08:11
Du bist scheiße. Du bist, dumm, scheiße und lesbisch. Ich hasse dich! Nein, warte, ich LIEBE dich! Ich. Liebe. Dich. Hab Tränen gelacht und es verwundert mich stark, im positiven Sinne, wie gut du dich mit der männlichen Anatomie auskennst. Fast besser als ich O.o ich glaub ich geh bei dir in die Lehre und schick dir gleich noch n paar Schüler (ein oder zwei gewisse Herren, die bettgeschichtenmäßig bei mir durchgefallen sind, können bei dir noch sehr viel lernen). Und so. Ich hasse dich. Geh kacken. Lexaeus! ... ne ehrlich, geh kacken.
Von:  Arya
2009-03-16T13:08:07+00:00 16.03.2009 14:08
Das kann doch nicht sein. Der arme trottet vom Regen in die Traufe. Wobei unser kleiner Halbsaiyajin (wenn ich mich nicht irre) ist bestimmt etwas sanfter und vorallem passiv...
Aber echt geiles Ende.
Hatte zwar gehofft, die FF wäre noch nicht so schnell vorbei, aber leider doch.
Grüße

Von:  friehkie
2009-03-14T23:27:40+00:00 15.03.2009 00:27
Yamchu is doch echt ein Blindgänger, oder?
Oder weiß~ er es und will Vegetas Zorn auf sich ziehen? XD Oder eifersüchtig machen?
Nein wie geil.
Das Ende ist Hammer
*lach*


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