Allein unter Männern-Das totale Chaos? von Akikou_Tsukishima (Dysfictional Family) ================================================================================ Kapitel 11: Ein furchtbarer Tag Teil 5: Noch einer weniger - Was kommt noch? ---------------------------------------------------------------------------- Ich fühlte, dass ich getragen wurde. Ich öffnete die Augen und sah in Luminors besorgtes Gesicht. „Lu…mi?“ Lumi schritt die Treppen zu unserer Wohnung hinauf. „Du bist wieder wach? Schön zu wissen!“ Er lächelte erleichtert, aber gequält. „Hätte nicht gedacht, dass du so schnell wieder wach wirst. Du hast Fieber und das ist ganz schön hoch, ich dachte, du würdest länger bewusstlos sein. Wir sind gleich zu Hause. Dort wirst du dich erst mal ausruhen. Du hast gestern und heute kaum was gegessen, dazu kommen die Unfälle von Kiro und Shin, die dich ganz schön mitgenommen haben, du musst wieder zu Kräften kommen. Ich will dich nicht auch noch im Krankenhaus wissen. Wenn noch jemand geht, werde ich noch wahnsinnig. Dann ist die Wohnung so leer. Dass halte ich nicht aus.“ „Bitte Lumi, lass mich runter. Ich bin groß und kann alleine laufen, bin doch viel zu schwer für dich!“ *Genau das hatte Shin damals auch zu mir gesagt* „Wenn du wüsstest wie leicht du bist.“ Er schmunzelte und wurde wieder ernst. „Nichts da, ich trage dich jetzt, um sicher zu gehen, dass dir nichts passiert.“, sagte er streng und schaute mich ernst an. „Nein, lass mich runter!“ Ich strampelte und befreite mich schließlich aus seinen Armen. Ich stand. „Siehst du, es geht auch ohne…“ Mir wurde sofort schwindelig und ich fiel nach hinten wieder direkt in seine Arme. „Ich glaub, ich habe mich überschätzt!“ „Einsicht ist der beste Weg zur Besserung!“, sagte er, dann trug er mich wortlos in die Wohnung. *Auch das hatte Shin damals genau so gesagt. Die beiden sind sich ähnlicher als ihnen lieb ist.* Dort brachte er mich erst mal in mein Zimmer und legte mich in mein Bett. Dann machte er Tee und kam mit einem Thermometer wieder. Och nee, ich hasste dieses Ding. „Lumi, muss das denn sein? Mir geht es gut, ehrlich, ich war bloß etwas erschöp…“ Schon steckte das Ding in meinem Mund. Wie ich dieses Ding hasste. Es hinterließ immer so einen ekelhaften Geschmack auf der Zunge und dieses Gepiepe konnte ich auch nicht ab. Ich spuckte es einfach wieder aus. „Schluss, stell dich nicht so an! Du bist doch kein kleines Kind mehr!“, sagte er ernst, dann versuchte er zu lächeln. Verräterisch! „Tja, so erwachsen, wie du immer tust, bist du wohl doch nicht, wenn du wegen so einer Kleinigkeit solche Anstalten machst.“ Er ging hinunter. Dass war unfair. „Ich bin nicht kindisch!“, rief ich ihm hinterher. Beleidigt steckte ich mir das Thermometer wieder in den Mund, dann schlug ich trotzig über Kreuz meine Arme zusammen und sah ihn beleidigt an, als er mit der Tasse Tee in mein Zimmer zurückkam. „Na also, man muss nur etwas Druck auf dich ausüben, und schon machst du, was man dir sagt.“ „Glaub nicht, dass das immer klappt, so dumm bin ich nicht.“ Luminor zog eine Augenbraue hoch. „Wer hat gesagt, dass du dumm bist? Niemand hat das jemals behauptet.“ „Aber es kam mir eben so vor. Ich habe dass Gefühl, dass ihr alle mich noch wie ein kleines Kind behandelt, nicht nur mein Bruder, *IHR* alle!“ „Sky, ich… wir…“ Jetzt kam wieder das übliche Gefasel: „Wir lieben dich halt bloß alle sehr. Du bist nun mal unser kleiner Stern, du hast unser Leben stets aufgeheitert. Wir wollen doch bloß, dass es dir gut geht, du glücklich bist.“ Das war ja schön und gut, aber: „Aberich bin nicht glücklich, jedenfalls nicht ganz, weil ihr es manchmal ganz schön mit eurer Sorgfalt übertreibt. Nicht dass ich mich nicht freue, dass ich euch so viel bedeute und ihr mich lieb habt, aber manchmal gehen mir eure ständigen Kontrollanrufe und diese Hinterherspionagen auf den Wecker. Nicht einen Schritt kann man tun, ohne sich beobachtet zu fühlen.“ „Es ist bloß so, wir haben durch die Band nie viel Zeit für dich gehabt und haben ständig Angst, jemand könnte von deiner Bindung zu uns erfahren und würde, wie du gestern schon behauptet hast, nur von dir profitieren wollen, ob es nun harmlose Freundschaften sind, oder gar Entführungen. Es soll dir bloß nie ein Leid passieren! Wir könnten es uns nie verzeihen, wenn dir etwas passiert.“ Er hatte ja Recht, aber trotzdem. „Ja, aber ihr macht es ja schon fast zu auffällig. Es braucht nur mal der Falsche genau hinschauen, was zum Glück noch nie passiert ist, und schon hat euch jemand erkannt. Da dauert es nicht mehr lange, bis irgendwer Verbindungen zwischen uns vermutet, wenn es öfters mal passieren sollte, dass ihr erkannt werdet und ich dann auch irgendwie zufällig in der Nähe bin. Lange glaubt da keiner an einen Zufall. Auch Kiro heute. Er war mit seinem Auto in der Nähe der Schule. Ein Fan hätte ihn erkennen können, dann wäre er losgefahren und…“ Mir blieben die Worte im Hals stecken. Ich musste wieder an Kiro denken, wie er mir heute früh noch versprochen hatte, nicht zu fahren und dann hatte er es doch getan. Ich musste heulen. Lumi trat ans Fenster. Er sah sehr nachdenklich aus und sah hinaus. Hoffentlich hatte ich jetzt nicht wieder etwas Falsches gesagt. „Sky, sag mir, warum du die Schule verlassen hast, und woher du von Kiros Unfall wusstest! Bitte!“ Er sprach ruhig und bestimmt. Er riss sich sehr zusammen, nicht zu weinen oder auch gleich auszurasten. „Ich habe heute früh einen furchtbaren Artikel über euch in der Zeitung gelesen, über dich, Shin und Kiro. Die Zeitung glaubt, du hättest Shin das angetan. Deshalb bin ich von der Schule abgehauen. Ich hielt es dort nicht mehr aus, weil alle sich über mich lustig gemacht haben, also ich mich über diesen Artikel aufgeregt habe. Ich beschloss meinen Bruder zu finden.“ „Und warum hast du Kiro nicht gebeten, dich zu fahren? Mit der Zeit hätte er bestimmt nachgegeben und dich gefahren, er kann dir ja keinen Wunsch abschlagen. Das wäre weitaus sicherer gewesen?“ Wenn er wüsste. „Nein, Kiro war gar nicht in der Verfassung, Auto zu fahren. Schon heute früh hätten wir fast einen Unfall gebaut. Ich hatte ihn gebeten, nicht mehr Auto zu fahren, weil ich nicht wollte, dass er einen Unfall baut. Denn nun hat er tatsächlich einen Unfall gebaut. Wäre er nicht gefahren, wäre nichts passiert. Warum hat er es doch getan?“ Ruckartig drehte Luminor sich um. Er war sauer. „Deinetwegen. Die Schule hat hier angerufen und meinte, du seiest in der 1. Stunde abgehauen. Ich rief ihn an und er hat sich gleich auf den Weg gemacht, dich zu suchen. Du bist Schuld daran, dass er einen Unfall gebaut hat. Wärst du nicht abgehauen, wäre er in diesem Zustand nicht Auto gefahren, um dich zu suchen. Mann, du weißt, wie sehr er an dir hängt. Er würde für dich alles tun.“ Das hatte gesessen. So aufbrausend hatte ich Luminor noch nie gesehen. Sein Gesichtsausdruck machte mir voll Angst, dass war das erste mal, das Luminor Farbe im Gesicht hatte, kein bisschen mehr Weiß war zu sehen, es war wutrot. Im ersten Moment war ich wie gelähmt, dann wurde auch ich wütend. Tränen kullerten heiß über meine Wangen. „Es tut mir ja auch leid. Nur wegen mir, liegt er im Krankenhaus. Denkst du, dass weiß ich nicht? Was soll ich noch machen, außer mir Vorwürfe zu machen und zu weinen, weil es mir so leid tut? Stell dir vor, ich saß in dem Bus, den er gerammt hat. Mir hätte genauso gut etwas passieren können. Hättest du mir dann auch immer noch Vorwürfe gemacht und wärst vielleicht nicht mal froh darüber, dass ich überhaupt überlebt habe? Und außerdem trägt Strify genauso Schuld, an diesem Unfall. Frag ihn doch mal! Und jetzt geh raus und lass mich allein! Ich will dich fürs Erste nicht mehr sehen!“ Ich warf Kuscheltiere und Kissen nach ihm, bis er endlich raus war. Dann konnte ich nur noch heulen, bis ich vom Weinen einschlief. Dass ich Luminor tatsächlich längere Zeit nicht mehr sehen würde, ahnte ich zu diesem Moment noch nicht. Unten in der Küche warf ich erstmal eine Kaffeetasse, die noch vom Frühstück auf dem Tisch stand, vor Wut vom Tisch runter. Als ich sah, wie der Kaffee sich auf dem Boden verteilte, beruhigte ich mich wieder. Ich nahm einen Lappen und wischte es weg. Wie konnte ich Sky bloß so beschimpfen? Ich könnte mich selbst für meine Worte schlagen. Ich war so sauer gewesen, dass ich nicht klar denken konnte, nicht kontrollieren konnte, was ich sagte. So hatte ich sie noch nie beschimpft, Normalerweiße kann ich sie gar nicht beschimpfen, das ist nicht meine Art, und bis jetzt hat es auch immer ohne geklappt, weil sie ein gutes, artiges, braves Mädchen ist, dem man gar nicht böse sein kann. Wir hatten sie gut erzogen. Jetzt hasste sie mich bestimmt, sie hatte mich so ängstlich angestarrt. Diesen Blick werde ich nie vergessen können. Sie war nicht an dem Unfall Schuld, nein, ich war es. Ich hatte ihn total verzweifelt angerufen und hätte wissen müssen, dass er nicht in der Verfassung ist, Auto zu fahren – wo er doch genauso zerstreut war, nach Shins Unfall gestern, genau wie wir alle – und dann auch noch mit dem Wissen, dass Sky weg ist. Da konnte er doch gar nicht klar denken. Wir hätten ihn erst mal nicht damit konfrontieren sollen, sowohl ich als auch Strify. Apropos Strify: Wo war er überhaupt, wusste er schon, was passiert war? Und was wusste Sky? Was sollten diese Andeutungen? Was sollte ich jetzt machen? Kiro in einem Krankenhaus zu suchen war sinnlos. Es tat mir in meiner Seele weh, zu wissen, dass ich einen großen Anteil an seinem Unfall hatte. Aber woher sollte ich wissen, dass er schon in seinem Auto hinterm Steuer sitzt? Welcher Mensch kann das ahnen? Normalerweise hält man ja auch an, um zu telefonieren. Dass wusste er doch. Wer von uns beiden hatte denn schließlich die Fahrprüfung bestanden? Er oder ich? Aber all dies half jetzt auch nichts. Ich beschloss heim zu gehen, um den anderen alles zu beichten, wenn Sky es nicht schon getan hatte. Woher wusste sie eigentlich von Kiros Unfall? War sie dabei gewesen, hatte sie in Kiros Auto gesessen? Nein, dann wäre sie an Kiros Stelle gleich ans Telefon gegangen und zwischen Kiro und mir hätte sich nicht dieser verhängnisvolle Streit entwickelt. Aber irgendwie musste sie doch davon wissen!? Zu Hause hatten wir beide wohl sehr viel zu besprechen. Ich schaute noch mal nach Sky. Sie schlief. Sollte sie sich erst mal ausruhen, wenn jemand jetzt Ruhe brauchte, dann sie. Sie war so fertig wegen ihres Bruders und wegen Kiro und außerdem hatte einen Unfall ohne größere Schäden überstanden und hatte schließlich auch immer noch hohes Fieber, auch wenn ich immer noch nicht wusste, wie hoch es war. Ich war ja nicht mehr dazu gekommen, nach zu schauen. Das Schloss knackte. Wer kam jetzt? Strify stand im Flur. „Ist Sky da? Ich muss mit ihr reden!“, begrüßte er mich. „Ja sie ist da…“, er ging an mir vorbei und die Treppe zum oberen Geschoss hoch. „Bleib hier!“, befahl ich ihm. Er drehte sich um. „Wieso, es ist wichtig!“ „Sky hat Fieber und schläft jetzt. Ich werde nicht zulassen, dass du sie weckst, wo sie sich nach diesen beiden furchtbaren Tagen von diesen beiden Schocks erstmal erholen muss. Außerdem habe ich auch noch ein Wörtchen mit dir zu reden!“ Strify sah mich irritiert an? „Sie hat Fieber?“ „Ja.“ Hatte er *Schocks* gesagt? Wusste er es schon? Worüber wollte er mit mir reden? Über Kiros Unfall? Na ja, wenn Sky hier war, wusste er es bestimmt schon. Aber mit Luminor konnte ich keine Konflikte lösen. Es artete immer in Streits aus. „Ich will mit dir über Kiro reden. Weißt du was heute passiert ist?“ „Nö!“, sagte ich. Ja ich weiß, es war blöd, auf dumm zu machen, aber ich hoffte, dass er noch nicht allzu viel wusste. Vielleicht konnte ich es ja ein bisschen so verändern, dass ich nicht ganz schuldig dastand. Luminor bekam es zwar sowieso irgendwann raus, das tat er immer, aber wenn ich ihn jetzt noch etwas hinhalten konnte, war es gut, ich musste erst mit Sky reden. „Lüg mich nicht an!“, sagte Luminor scharf. „Ich weiß, dass du es weißt. Sky hat Andeutungen gemacht, dass du etwas damit zu tun hast, dass Kiro im Krankenhaus liegt.“ Es hatte keinen Sinn. Ich beichtete ihm alles. Wozu es verbergen, wenn er es eh irgendwann raus fand und ich dann noch größeren Ärger bekommen würde, als ich jetzt schon einsacken würde. „Du hast was?“ „Ja es tut mir leid, ich konnte ja nicht wissen, dass du ihn schon informiert hast und er schon im Auto sitzt. Warum hat er nicht angehalten?“, drückte ich vorwurfsvoll aus und sah aber gleich ängstlich weg, weil Luminor schon fast zur Ohrfeige ausholte, es aber ließ. So weit ging er nicht. „Es ging um Sky! Da hält ihn nichts mehr, seine Gedanken schalten auf Durchzug. Das weißt du genau! Und dann lenkst du ihn auch noch zusätzlich ab.“ Er sah mich sauer an. „Jetzt tu nicht so, als sei ich allein daran schuld. Ich habe dir eben schon gesagt, dass ich nicht wissen konnte, dass er schon hinterm Steuer sitzt und fährt. Ich habe nun mal auch keine Röntgenaugen, um zu sehen, was mein Gesprächspartner gerade macht. Du bist ja wohl genauso schuld, du hast ihm dass mit Sky ja schon erzählt, ich hatte dir gesagt, stell nichts Dummes an! Hättest du mich anrufen lassen, hätte er nicht schon hinterm Steuer gesessen und er wäre von mir nicht abgelenkt worden.“ Wir waren doch beide total doof, schrieen uns an und keiner von uns wollte so Recht Schuld daran haben, oder zumindest dem jeweils anderem noch größere Schuld in die Schuhe schieben. „Schrei hier nicht so rum! Sky schläft, sie braucht Ruhe!“, wies ich Strify still zu sein. „Du schreist doch selber. Also reg dich nicht so auf!“ Es klingelte, wer konnte dass den jetzt sein? Hatten Yu und Katarina ihren Schlüssel vergessen? Genervt öffnete ich die Tür. „Ja! Habt ihr keinen Schlüssel?“, fragte ich genervt. Doch vor mir standen nicht Yu und Katarina, sondern 2 uniformierte Männer. „Sind sie Lars Felix Fischer?“ Ich regte mich blitzartig ab. Die Männer sahen mich böse an. „Wie kann ich Ihnen helfen?“ „Sie sind festgenommen!“ Durch Krach unten in der Stube wurde ich wach. Es waren eindeutig Lumi und Strify, die unten stritten. Sie stritten bestimmt wegen Kiros Unfall. Da war ich mir sicher. Leise schlich ich die Treppe runter. Es klingelte und ich hörte wie Luminor die Tür öffnete. Ich hörte 2 mir unbekannte Stimmen. Was war los? Ich durchquerte die Stube und da sah ich Strify mit weit geöffneten Mund und großen Augen im Flur stehen. Luminor stand in der Wohnungstür. „Ich bin was?“, hörte ich Luminors Stimme. Sie klang verzweifelt. Was war denn los? Ich ging in den Flur, Strify sah mich bloß blöd an, sagte aber nichts. War mir auch ganz lieb so. „Sie sind festgenommen, wegen Mordversuchs an Ihrem Bandkollegen!“, sagte eine raue Männerstimme. Ich glaubte mich wohl zu verhören. Luminor soll *WAS* getan haben? Handschellen klackten und dann verschwand Luminor ohne ein Wort des Widerspruchs aus dem Wohneingang. „Luminor bleib hier!“, schrie ich ihm hinterher. Er und die Polizisten drehten sich um. „Sky!“ In seinen Augen zeichnete sich Entsetzen ab. Er wollte nicht, dass ich dies hier sah. „Lass mich nicht allein!“, flehte ich und rannte zu ihm, drückte mich ganz fest an ihn, wollte ihn nie wieder loslassen. Ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Nicht er auch noch. So gut es halt mit den Handschellen ging, versuchte er mich zu umarmen. „Shhht, Sky es wird wieder gut! Du musst jetzt Stark sein!“, zischte er mir zu. „Nehmen Sie die Finger von dem Kind!“, befahl einer der Polizisten und ich wurde von Luminor weggerissen. Man brachte mich zu Strify. Der Polizist sah Strify genauer an. „Mein Gott, was ist Ihnen denn passiert? War er das?“ Der Polizist wies auf Luminor. Er sah zu Boden und antwortete nicht, Luminor tat es ihm gleich. Strify los sag schon irgendetwas, Luminor war es nicht! Doch er blieb stumm. „Keine Sorge, so schnell wird er Ihnen nichts mehr tun, dafür sorgen wir.“ Der Polizist legte beipflichtend seine Hand auf Strifys Schulter, dann gingen er und der andere, mit Lumi im Schlepptau, die Treppen runter. Strify sagte immer noch nichts, stellte sich zu mir, legte tröstend von hinten seine Hände auf meine Schultern. „Hände weg, Strify!“, fauchte ich ihn unfreundlich an, und rannte hinter den Polizisten und Luminor hinterher. Daran war bloß der verdammte Artikel in der *Bild* schuld. Hätten die nicht so einen Stuss geschrieben, würde die Polizei jetzt nicht hier sein. „Luminor hat nichts getan. Sie dürfen ihn nicht mitnehmen. Lassen Sie ihn bitte frei!“, flehte ich. „Er würde meinem Bruder nie etwas antun! Nein, nein, NEIN!“ Ich schüttelte den Kopf. Mir war schwindlig vom Treppen runter rennen und Kopfschütteln. „Aber leider sieht es anders aus, als du es dir vorstellst Kind, geh zurück in deine Wohnung.“ „Nein!“. Ich blieb stur stehen. „Luminor sag doch was! Sie dürfen dich nicht einfach so mitnehmen. Wehr dich doch! Lass nicht zu, dass sie dich mitnehmen! Du bist unschuldig!“ Warum unternahm Strify nichts? Wie konnte er nur stumm ein Stockwerk weiter oben am Geländer stehen und zusehen, wie sein Bandkollege und Freund von der Polizei abgeführt wurde. Hatte er vielleicht dafür gesorgt? Nein, jetzt fantasierte ich, Strify würde dies nie tun. Ihm bedeutete die Band genauso viel wie jedem anderen von uns. Seinen Traum würde er nicht so aufs Spiel setzen, indem er einen seiner Kollegen verhaften ließ. Diese Gedanken machten das Schwindelgefühl noch stärker, alles drehte sich. Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte. „Sky!“, hörte ich Strify und Luminor gleichzeitig rufen. Luminor fing mich auf. „Lu… mi… Bitte geh nicht! Lass mich nicht allein!“ Ich riss mich von den Beamten los und rannte, so schnell ich konnte, die Treppen hinauf, um sie aufzufangen, bevor noch etwas schlimmeres passieren konnte. Sky verlor wieder das Bewusstsein. Ihr ganzer Körper glühte. War das Fieber etwa durch die Aufregung noch mehr gestiegen? Sie tat mir so leid. Warum musste ausgerechnet das Mädchen, das mir am meisten bedeutete, so leiden? Ich beachtete die Polizisten nicht - Sky war alles, woran ich in diesem Moment dachte - und brachte Sky zu Strify, der mir entsetztem Blick entgegenlief. „Was haben Sie vor. Diese Masche zieht bei uns nicht. Da kann das Mädchen sich so doll anstrengen wie es will, Sie kommen mit, egal was es versucht, uns vorzumachen. Ihre Simulation hilft ihr nicht weiter.“ Einer der Polizisten kam zu mir. Ich wurde sauer. Als ob Sky es nötig hätte, zu simulieren. „Sie hat wirklich hohes Fieber. Sie würde niemals simulieren.“, sagte ich dem Polizisten schroff ins Gesicht. Prüfend berührte er sie und erschrak. „Oh mein Gott, die Kleine glüht ja wie ein Ofen.“, stellte der Polizist erschrocken fest. Jetzt konnte er wenigstens nicht mehr behaupten, dass sie simuliere. Ich legte Sky vorsichtig in Strifys Arme. Sie öffnete noch mal kurz die Augen um nach meiner Hand zu greifen - war aber zu schwach, sie zu halten – und dann fielen ihre Augen wieder vor Erschöpfung zu. Schützend griff ich nach ihrer Hand, deutete ihr, dass sie nicht allein war. Es tat mir in der Seele weh, sie jetzt so zurücklassen zu müssen. „Wir werden Sie vorher noch im Krankenhaus vorbei bringen, es ist besser, wenn die Kleine in ärztliche Behandlung kommt.“ Dankend nickte ich. „Hier Lu, nimm sie! Ich komme nicht mit. Du solltest mit ihr fahren und ich warte hier, nicht dass Yu und Kati her kommen und keiner ist da. Fahr allein, ich werde auf sie warten und ihnen alles erklären. Du solltest bis zuletzt bei ihr sein, wenn sie aufwacht, wird sie wohl kaum in mein Gesicht schauen wollen, wo sie doch zurzeit, wegen Kiro, nicht so gut auf mich zu sprechen ist.“ Wieder nickte ich, nahm Sky wieder in meine Arme und folgte den Polizisten. Auf dem letzten Treppenabsatz drehte ich mich um und sagte noch mal: „Danke Strify! Äh Strify, bitte sei an meiner Stelle jetzt an ihrer Seite, wenn sie dich braucht. Versprich es mir, bitte! Sie braucht dich auch wenn sie jetzt sauer auf dich ist! Sag ihr, dass es alles wieder gut wird, sie sich keine Sorgen machen braucht. Sorgen hat sie genug. Sei so schnell wie möglich bei ihr im Krankenhaus, damit sie nicht allein ist.“ „Ja, mach ich. Keine Sorge! Ich werde immer für sie da sein. Versprochen!“ Dann verließ ich den Hausflur und stieg in den Streifenwagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)