Des Engels Tagebuch von MoonshineTora (Rrazpharroth) ================================================================================ Kapitel 2: Die ersten Schritte ------------------------------ Ich erwache langsam aus meiner tiefen Ohnmacht. An einen Traum kann ich mich nicht erinnern. Noch ist die Umgebung verschwommen. Es ist das Labor indem ich großgezogen wurde. Etwas scheint meine Schwingen fest zusammen zu halten. Dann kehrt meine Akustik zurück. Ein leises summen der Computer und der Neonleuchten, das helle Piepen der Monitore und das Tippen auf eine Tastatur. Die Professoren scheinen mich in die Sonne gelegt zu haben, denn ich fühle mich wieder sehr kräftig. Meine Optik schärft sich langsam und stellt sich auf den Lichteinfall ein. Da steht die Person auf die zuvor noch an einem Computer gesessen hat. Mit leichten Schritten kommt sie auf mich zu: „Du bist wach?“ Es ist eine weibliche Stimme. Ich erblicke ihr Namensschild. „scheint so, Mrs. Wilson.“ Den Blick in Ihre Augen meide ich. Stattdessen beobachte ich ihre Hände. Diese Greifen zu Gerätschaften. Sie benutzt sie aber nicht. Zögernd steckt sie sie wieder weg. Verwirrt scheint sie zu sein, aber wissen mag ich es nicht. Hastig wischt sie mit den Händen über ihren weißen Kittel. „Bleib bitte liegen, ich hole Professor Hemmington.“ Und schon ist die verschwunden. Mich überkommt ein unwohles Gefühl wenn ich an diesen Mann denke. Man hört ihn schon durch die verschlossene Türe fluchen und schreien. Ich setze mich auf um nicht ganz seiner Laune ausgesetzt zu sein. Da reißt der Professor auch schon die Tür auf. „Ihr seit wirklich zu NICHTS imstande! Ich frage mich warum ich euch alle überhaupt eingestellt habe!“ „Herr… Professor, er ist nun mal kein Mensch wie ich ihn kenne…“ „Natürlich nicht, sie naiver Volltrottel! Er ist ein Gegenstand! Eine Waffe! Sie könnten ja vielleicht auf die Idee kommen mehr Tests durchzuführen. Im Hologrammraum zum Beispiel. Seine Fähigkeiten testen! Aber selbst dazu scheint ihr alle zu DUMM zu sein.“ Seine zornige Stimme schmerzt im Ohr. Und sein Zorn gibt mir das Bedürfnis schnell von hier wegzuwollen. Mit einem furchtbar bösartigen Blick schaut er mich an. Im Bruchteil eines Moments verspüre ich denselben Schmerz wie er, als ich in seine Augen sehe. Der Schmerz ist grauenvoll. Er zerfrisst mich förmlich. „Komm mit, du Missgeburt!“ schreit er mir zu und greift zu Unterlagen. Ich eile lieber, denn ich weiß dass er sonst noch lauter würde. Die Beleidigung schallt noch immer in meinen Gedanken wider. Sie trifft mich härter als der darauf folgende Schubs. Der Frau stehen die Tränen in den Augen und ich sehe ihr ganzes Leid. Das, was ich eigentlich nicht sehen wollte. Von Mitleid übermannt zwingt mich der Professor gleich schon in den Hologrammraum. Dort soll ich mir etwas auf den Kopf setzen. Das tue ich. Ich sehe Bäume um mich zum. Ein Wald. Plötzlich schießen Menschen auf mich. Die Kugeln prallen an meinem Schild ab. „Leg die Soldaten doch endlich um, du Lahmarschiges etwas!“ Professor spricht durch den Helm zu mir, den ich in der Realität trage. „Umbringen?“ „Ja, Verdammt…“ Ich verstehe es nicht, aber es ist nur eine Illusion. Also lasse ich meine Waffe erscheinen. Eine große Sense aus Diamant. Damit schneide ich die schwachen Körper der Menschen in zwei. Ich verstehe es nicht. In der Luft muss ich gegen Maschinen antreten. Hubschrauber nennt er sie. Und Jets. Sie sind schnell und wendig; Laut. Ich zerstöre sie. Ohne darüber nach zu denken. Das wiederholt sich fast täglich. Übungsstunden im Hologrammraum. Virtuelle Kämpfe. Untersuchungen auf dem Kalten Labortisch. Beleidigungen. Geschrei. Ich bekomme Medizin Gespritzt. In rotes Blut. Bis vor kurzem wusste ich nicht mal, dass ich einem Menschen doch so ähnlich bin. Ich werde auf eine Liege gelegt. Ich nenne sie „Stuhl des Vergessens“ Denn danach habe ich das Gefühl mir fehlt etwas. Er setzt mir eine Haube auf den Kopf und ich falle in eine Art Schlaf. Wenn ich nicht untersucht werde, oder mich vor dem Professor beweisen muss, ist die Junge Frau Wilson an meiner Seite. Eine sehr Schüchterne. Sie gesteht mir genau jetzt ihre große Angst vor dem Professor. Aber warum mir? Hat sie keinen der ihr näher steht als ein Experiment? Sie empfindet Sympathien für mich. Das sehe ich. Es macht sie Unglücklich. Auch das sehe ich. Aber ich mag sie nicht fortschicken. Sie erleichtert mir das einsam sein. „Zero?“ „Ja?“ „Hast du denn keine Angst vor dem Professor?“ „Wenn man dieses Gefühl als solches bezeichnen kann, dann schon.“ „Du weißt nicht was Angst ist?“ „Ich kann den Begriff definieren. Aber am eigenen Leibe scheine ich es wohl das erste Mal zu spüren.“ „So lange lebst du auch noch nicht. Eine Woche…“ „Ich lebe seit dreihundert Jahren.“ „Das kann nicht sein. Du bist innerhalb eines Jahres im Reagenzglas gewachsen und vor einer Woche geboren worden.“ „Du vergisst, dass dieser Körper die Gedanken eines fünfhundert Jahre alten Engel in sich verwahrt.“ „Hast du dann zwei Verstände?“ „Nein. Mir kommt es eher vor als sei ich neu geboren. Ich finde keine Worte für dieses Merkwürdige Phänomen.“ Sie schweigt. Ich schweige. Es wirkt bedrückend. Heute soll ich in ein Kriegsgebiet ziehen und Soldaten Disenions vernichten. In einem Gefährt werde ich zu einem militärischen Stützpunkt gefahren. Merakia führt Krieg gegen Disenion. Wenn mich mein Schwaches Gedächtnis nicht täuscht, dann wegen einem, in Disenion vorkommenden Metall. Es soll selten und sehr hart sein. Wie sehr muss man auf Materielles fixiert sein um so grausam zu sein? Egoismus. Habgier. Das Streben nach Macht. Ich stelle mir diese Frage. Aber ich fühle keinen Ekel. Hatte ich in den virtuellen Kämpfen nicht immer einen Ekel? Ich muss mich täuschen. Ich fliege neben einem Militärflugzeug her. Es ist mit Soldaten besetzt, denen ich nun beistehen soll. Ich erinnere mich an erschütterte Blicke, als ich aus dem Gefährt trat und in das Gesicht des Kommandanten sah. Sein Stolz macht ihn überheblich. Die Menschen scheinen noch nie einen Engel gesehen zu haben. Einer der Soldaten weinte vor Glück. Ich verstehe es nicht. Der Kommandant wagte es nicht mich anzusprechen. Wandte seine Neugierigen Augen aber auch nicht ab. Die Soldaten wollten nicht glauben, dass ich neben ihnen herfliegen werde. Wie kann man nur so neugierig sein? Disenion ist ein schönes Land. Geprägt von Bergen deren Spitzen von Eis bedeckt sind. Feindliche Lenkraketen haben Kurs auf das Flugzeug genommen. Ich sollte es beschützen. Also lasse ich meine Sense erscheinen und zerschlage die Raketen ehe sie das Flugzeug erreichen. Die Soldaten Merakias springen aus dem Flugzeug. Aus ihren Rucksäcken schießt eine Plane. Sie verlangsamt den Fall. Ich sollte sie vor dem Beschuss beschützen. Also wehre ich die Geschosse mit meiner Sense ab. Lichtklingen schleudere ich mit meiner Waffe auf die Gerätschaften, von denen die Geschosse ausgehen. Alle Soldaten haben sicher den Boden erreicht. Der Kommandant kommt auf mich zu. Er bleibt in einem respektvollen Abstand vor mir stehen und mustert mich. Als suche er was. So wandern seine Augen über meinen Körper. Ich meide den Blick in seine Augen. Er wagt sich näher an mich ran. Noch immer halte ich meine Sense in der Hand. „Du bist lebendig? Eine Maschine? Oder was?“ „Lebendig.“ Meine Stimme, wie immer monoton. Der Mann Blickt mir in die Augen. Nur mit Mühe schaffe ich es, seinen Blick nicht zu erwidern. „Wie kannst du sehen wenn du keine Pupillen hast?“ „Hat ihnen der Professor denn gar nichts erklärt.“ „Nein?“ „Dann bleibt Ihr unwissend.“ Ich wende mich von ihm ab. Ich möchte deutlich machen, dass ich seiner Neugier nicht entgegen komme. „Du solltest aufpassen wie du mit mir umspringst, ich bin dein Vorgesetzter und hast mir Respekt zu erweisen.“ Ich blicke ihn abweisend an; ohne meinen Körper zu drehen: „Ich erweise Ihnen soviel Respekt wie Ihr verdient. Nicht mehr und nicht weniger.“ Mein Ton spitzt sich und ich erkenne, dass er sichtlich getroffen ist. Ich habe seinen Stolz getroffen. Die Soldaten flüstern nervös. Sie scheinen beeindruckt. Der Kommandant sagt nichts mehr. Wendet sich ab: „Still gestanden!“ Nachdem er seinen Frust an seinen Soldaten ausgelassen hat, werden seine Befehle ausgeführt. Ich weigere mich zu laufen. Das missfällt dem Kommandanten natürlich: „Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, Zero?!“ „Ihr versucht einen Giganten in ein Mauseloch zu drücken.“ Ich begegne ihm weiterhin kühl. „Das ist mir egal!“ Reines Trotzverhalten. Wie unreif für einen Vierzigjährigen. Ich hätte niemals gedacht dass ich jemals einen ‚Vorschlag’ machen müsste: „Ich mache Ihnen einen Vorschlag…“ „IIICH mache hier die Vorschläge!“ In diesem Moment schießt ein Soldat von Disenion auf den Kommandanten. Ich werfe mich schützend vor ihn. Ich frage mich warum ich ihn beschütze. Er tut mir Unrecht. Er hat meinen Vorschlag angenommen. Ich Fliege über dem Gebiet in dem wir stationiert sind. Von dort aus besiege ich die Soldaten und gebe ‚Rückendeckung’. Es ist Laut. Das Knallen der Schusswaffen. Das Schreien der Männer die getroffen werden. Ich empfinde plötzlich ein schmerzendes Gefühl. Nicht weil ich getroffen wurde. Die Geräusche werden dumpf. Verschwimmen ineinander aber werden noch viel lauter als vorher. Ich kann keinen Menschen mehr töten. Es macht mich wild! Es ist der helle Wahnsinn! Was mache ich hier überhaupt? Ich Töte?! Es soll aufhören! Ich fliege davon. Weg von Disenion. Weg von dem Lärm. Weg von diesem sinnlosen Krieg. Zurück in das finstere Zimmer im Labor. Nur weg von diesem Terror… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)