Under the surface von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: liquid life ---------------------- Kein Happy End Wer ein, für die Hauptpersonen schlechtes Ende nicht mag, sollte diese ff nicht lesen! Es war voll mit Schülern und gesprächig in der Mensa, da um diese Zeit alle frühstückten. Wie er diese Menschenmengen doch hasste. Abseits der anderen saß Tomo am Fenster und blickte hinunter in den Internats eigenen Park. Dieser lag still im Schatten des Gebäudes und nur vereinzelt erreichten Sonnenstrahlen die Baumkronen. Durch das geöffnete Fenster kam ein kühler Windhauch, der mit Tomos Haaren spielte und sie um sein Kinn tanzen ließ. Diese Frische genießend aß Tomo sein Frühstück. Das schrille Klingeln riss Yuh aus seinen Gedanken, beförderte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück und ließ auch die restlichen Schüler zusammenzucken. Alle, die ihre Tablette noch nicht weggebracht hatten, taten dies und verließen die Mensa, um in ihre Unterrichtsräume zugelangen. Vor ihrem Unterrichtsraum trafen sich Tomo und Yuh in der Tür und betrachteten sich eine Weile. Yuh mochte Tomos Skrupellosigkeit nicht, für die er bekannt war und ignorierte ihn deswegen meistens. Tomo wusste nicht viel über Yuh. Allerdings interessierte er sich auch nicht für andere und war ein Einzelgänger. Doch war ihm in letzter Zeit etwas Seltsames an Yuh aufgefallen. Immer, wenn Yuhs Blicke abschweiften und er in eine andere Welt versank, bekam er diesen sehnsüchtigen Blick, den er von sich selbst gut kannte. „Geht ihr auch mal rein?“ fragte eine Stimme harsch hinter den Beiden. Sie drehten sich um und blickten in Umis Gesicht. Er funkelte sie einen Moment lang an, dann ging Tomo als erster in den Raum, setzte sich an seinen Platz ganz hinten am Fenster und die anderen folgten ihm. Jeden Morgen hatten sie eine Stunde Unterricht mit ihrem Klassenlehrer, welcher sich Heute verspätete. Während alle anderen um ihn rum miteinander redeten, versank er in Gedanken und verspürte eine große Lust sein Verlangen zu stillen und fragte sich, wann es wieder so weit sein würde, dass er die Erlaubnis dazu bekam. Er schaute sich um als es plötzlich leise im Raum wurde. Ihr Lehrer war eingetroffen und mit ihm ein neuer Schüler. Tomo schaute ihn prüfend an und stellte fest, dass er sehr viel Weiches in seinem Gesicht erkannte. „Was will so jemand hier auf dieser Schule?“ fragte er sich in Gedanken. „Hallo. Ich bin Tohya und freue mich, euch kennen zu lernen.“ Stellte sich der Neue vor und lächelte freundlich. Sein Blick wanderte durch die Klasse, wobei dieser an Umi, Yuh und Tomo hängenblieb, die durch ihre gebleichten Haare raus stachen. „Tohya, bitte setzten Sie sich dort hinten auf den freien Platz. Der Junge dahinter wird dir von nun an unter die Arme greifen und alles erklären, was Sie noch nicht wissen.“ Erklärte der Lehrer und deutete auf den Platz vor Tomo. Tomo sah drein, als hätte ihn der Schlag getroffen. Er wollte niemandem helfen. „Jemandem wie Tomo gibt man doch nicht so eine Aufgabe!“ sagte Umi laut und die anderen nickten zustimmend, doch schien das Tohya nichts auszumachen. Er nickte dem Lehrer zu und setzte sich vor Tomo. Der schwarzhaarige packte seine Sachen aus und machte es sich auf seinem Stuhl bequem, während ihn seine neuen Klassenkameraden anstarrten. „Wie Sie wissen…“ begann der Lehrer, doch kaum hatte er den Mund aufgemacht, ging die Tür auf und Rui kam herein. „Hab verschlafen.“ Nuschelte er und ging durch das Schweigen zu seinem Platz, setzte sich und gähnte herzhaft. Umi fing an zu lachen. „Na, du wandelndes Bettlaken. Warst du zu lange wach?“ fragte er ihn und alle lachten, alle außer dem Lehrer, Tomo und Tohya. Rui grinste, sagte aber jedoch nichts. Umis dumme Sprüche ließen ihn kalt. Außerdem war er noch halb am schlafen. „Also, noch mal von vorne. Wie Sie wissen, sind Ihre Aufträge, die Sie bekommen, von höchster Wichtigkeit und in Perfektion auszuführen.“ Erklärte der Lehrer von Neuem wie jeden Morgen. „Und daher werden Sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf sie richten und sich mit nichts anderem nebenher beschäftigen!“ sagte er mit Nachdruck, während Yuh bei diesen Worten tief seufzte. „Ihre Aufträge sind nach Schwierigkeit aufgeteilt und mit mehr Erfahrung bekommen Sie auch schwierigere Aufträge zugeteilt.“ Der Lehrer redete gewissenhaft auf sie ein. Tomo hörte nur aufmerksam zu, weil er hoffte, bald einen neuen Auftrag zu bekommen um sein Verlangen zu stillen. Doch der Lehrer fing nun an von Terminen der Klausuren und Klubaktivitäten zu reden und Tomos Aufmerksamkeit schwand wieder. Auch die restlichen Unterrichtsstunden vergingen ohne große Besonderheiten, außer das Tohya von allen belagert und ausgefragt wurde. Als es endlich zum Ende der letzten Stunde läutete, packten alle hastig ihre Sachen ein, Yuh weckte Rui aus seinem tiefen Schlaf auf und Tomo versuchte dem üblichen Gedränge zu entkommen, jedoch hatte er nicht mit Tohya gerechnet, der ihm den Weg versperrte. „Hallo.“ Sagte er schüchtern und schaute Tomo in die Augen. Tomo mochte es nicht wie Tohya ihn mit diesen feurigen Augen an sah. „Hallo.“ Antwortete er mechanisch und schaute zur Tür. „Am besten du folgst mir einfach.“ Sagte er knapp zu Tohya und ging raus. Tohya folgte ihm aus dem Raum, zu Tomos Zimmer. „Weißt du schon, in welches du kommst?“ fragte er Tohya desinteressiert während er die Tür öffnete. „Ja, in deins.“ Sagte er erfreut. Tomo nickte und zeigte auf das freie Bett. In der zwischen Zeit ging Umi allein in sein Zimmer, welches er sich mit Yuh teilte und fand einen schwarzen Briefumschlag auf seinem Kissen. Überrascht ließ er seine Tasche fallen, nahm den Brief in die Hand und öffnete ihn. Sehr geehrter Umi, Es tut uns leid Ihnen hiermit mitteilen zu müssen, dass Sie nicht mehr die Nummer 1 auf der Liste der besten Attentäter sind. Sie wurden von Tomo abgelöst. Er ist nun unsere Nummer 1, aber wenn Sie sich Mühe geben, können Sie es wieder schaffen. Mit freundlichen Grüßen, Ihre Direktion Umi konnte es nicht fassen, was er da gelesen hatte. Dieser Grünschnabel sollte besser sein als er? Wutentbrannt zerriss er den Brief und ließ sich auf sein Bett fallen. Sauer dachte er an diesen Taugenichts, schlug wütend auf sein Kissen ein und bemerkte nicht, wie Yuh ins Zimmer kam. „Alles klar?“ fragte er verwirrt. „NEIN!“ fauchte Umi und sprang auf. Yuh stolperte ein paar Schritte zurück, ging dann an ihm vorbei und legte seine Tasche auf seinen Schreibtisch. Er setzte sich auf seinen Stuhl und bückte sich nach einem heruntergefallenen Blatt als er die Fetzen auf dem Boden bemerkte. Yuh schaute hoch zu Umi und sah wie der vor Wut kochte. Sein Blick jagte Yuh richtig Angst ein. Umi stürmte aus dem Zimmer und trat mal hier, mal dort gegen die Wand. Der Attentäter lehnte sich mit dem ganzen Körper gegen die Tür und rannte raus in den Park und blieb erst stehen, als er unter den hohen Bäumen stand. Tränen der Wut rannten ihm die Wangen hinunter. Rui schlurfte zur Mensa und genehmigte sich was zu essen, nachdem er das Frühstück und das Mittagessen verschlafen hatte. Er setze sich ans Fenster wo heute Morgen noch Tomo gesessen hatte, schaute raus und beobachtete die Vögel bei ihrem lustigen Treiben. Allmählich wurde es leiser um ihn herum, da die meisten Schüler in ihren Zimmern waren um ihre Hausaufgaben zu machen oder in ihren Klubs waren. Als nach kurzer Zeit sich die Tür unter ihm öffnete, schaute er neugierig nach unten und sah Umi stürmisch in den Park rennen. „Welche Tarantel hat den denn gebissen?“ fragte er sich laut. Er schaute ihm nach bis er aus seinem Blickfeld verschwunden war, dann stand er auf, ging in sein Zimmer, machte seine Stereoanlage an um Musik zu hören und legte sich auf sein Bett. Tomo packte seine Bücher aus und fing mit den Hausaufgaben an. Er mochte weder Mathe, noch Japanisch, was er mochte waren Fächer wie Chemie, in dem sie beigebracht bekamen, wie man Gifte zusammen stellte und welche Substanzen wie gefährlich waren. Oder auch ihren Sportunterricht, der auf ihr Dasein als Attentäter abgestimmt war. Zudem bekamen sie Zusatzstunden in Taktik und er mochte es, wie sie Stück für Stück in die Materie eingeführt wurden. Während er über seine letzten Morde nachdachte kamen Tohyas Sachen und ein schwarzer Brief für Tomo. „Tomo, hier ist ein Brief für dich.“ Sagte Tohya zu ihm, legte ihm den Brief auf den Tisch, fing an seine Sachen aus den Kartons in die Schränke zu räumen und summte dabei vergnügt. Sehr geehrter Tomo, Wir freuen uns Ihnen hiermit mitzuteilen, dass Sie zum Attentäter Nummer 1 unserer Schule aufgestiegen sind. Ihr Vorgänger ist wie Sie vielleicht wissen Umi. Wir wünschen Ihnen auch weiterhin viel Erfolg mit Ihren Aufträgen. Außerdem finden Sie ihren nächsten Auftrag im Umschlag. Gutes Gelingen! Mit freundlichen Grüßen, Ihre Direktion Er konnte es nicht glauben. Er hatte es endlich geschafft, diesen Angeber zu überholen. Das war wirklich ein toller Tag, da er nun auch einen neuen Auftrag in der Tasche hatte. Erregt zog Tomo den zweiten Zettel aus dem Umschlag, las sich alle wichtigen Informationen zu seinem Auftrag durch und prägte sie sich gut ein. Tohya linste während dem Auspacken zu Tomo rüber und bemerkte wie erfreut er war. „Was stand den so schönes im Brief drin?“ fragte er neugierig, faltete den leeren Karton zusammen und schmiss ihn auf den Haufen aus zusammengefalteten Kartons in der Zimmermitte. Tomo schwieg. Er war der Meinung, dass das Tohya nichts anging und legte den Brief weg. „Ach… nichts was kleine Welpen wie dich zu interessieren hätte.“ Sagte er frech und machte sich nun besser gelaunt an die Hausaufgaben, denn die musste er trotzdem erledigen. Tohya schaute ihn schmollend an und räumte mit den Worten „Ich bin doch kein kleiner Welpe!“ die letzten Kartons aus. Yuh sah noch einige Minuten auf die offene Tür zur welcher Umi raus gerannt war, bis er aufstand und sie wieder schloss. Er ging zurück zum Schreibtisch, räumte seine Schulhefte raus, fertigte seine Hausaufgaben fehlerlos an und packte dann seine Heft und Bücher für den nächsten Tag ein, damit er das Morgen nicht machen musste. Er streckte sich, schaute aus dem Fenster zu seiner Rechten und versank wieder in Gedanken an einen wunderbaren Menschen, den er so sehr vermisste. Er sehnte sich so sehr, dass es nicht lange dauerte und er im Sitzen eingeschlafen war und erst aufwachte als Rui ihm gegen die Stirn hieb. „Hey, wach auf!“ sagte er zu ihm und lachte von oben auf ihn herab. „Was…?“ fragte er verwirrt und richtete sich auf, sodass er Rui besser sehen konnte. „Kannst du mir Mathe erklären? Ich hab ja gepennt…“ erklärte er ihm, setzte sich auf Umis Bett und schaute Yuh flehend an. Yuh fing an zu kichern und kramte seine Mathe Unterlagen wieder aus seiner Tasche hervor. Yuh stand auf, holte für Rui Umis Stuhl und stellte diesen neben seinen eigenen. „So. dann komm mal her und lass mich dir helfen.“ Sagte er belustigt und die beiden lernten so lange Mathe, bis Yuh Rui den Stoff von der heutigen Stunde erklärt hatte und Rui es verstanden hatte. Die beiden bemerkten dabei jedoch nicht, wie es draußen immer dunkler wurde. „Ich frag mich wo Umi die ganze Zeit über ist.“ Sagte Yuh während er seine Mathe Sachen zurück in seine Tasche räumte und Rui seine Tasche wieder über die Schulter warf. „Ich hatte ihn gesehen, wie er in den Park gerannt ist.“ Sagte er und ging zu Tür. „Okay… Lass uns doch gemeinsam zu Abend essen gehen.“ Schlug Yuh dann vor, folgte Rui zur Tür raus und gemeinsam gingen sie zur Mensa. Umi saß mit angezogenen Beinen unter der großen Trauerweide in der Parkmitte und dachte ausgiebig nach. „Was soll ich denn jetzt machen?“ fragte er sich immer und immer wieder, fand jedoch keine Antwort darauf. Er stand auf, ging durch die Grünanlage und genoss die Ruhe. Der blönde sah den Sportplatz, beobachtete dort die Schüler, wie sie ihre Leistungen verbesserten und dabei laut lachten. Er beneidete sie um ihre Ausgelassenheit und ging weiter. Er setzte sich auf die Bank zum Tor durch welches man das Internatsgelände verlassen konnte und starrte zum Wachposten rüber. Irgendwann wandte er seinen Blick auf das riesige Schulgebäude vor ihm und vergaß jegliches Zeitgefühl. Nach einigen Stunden bemerkte Umi wie es immer dunkler wurde und ging zurück. In der großen Eingangshalle blieb er stehen und grübelte darüber, ob er zurück zu Yuh ins Zimmer gehen sollte oder nicht, doch da fiel ihm auf, dass es allmählich Zeit wurde, etwas zu Abend zu essen, da er großen Hunger hatte und so ging er hoch in die Mensa. Als Yuh und Rui in die Mensa kamen, war diese schon recht voll, so gingen sie direkt zu Theke und suchten sich ihr Essen aus. Sie gingen im Slalom an den besetzten Tischen vorbei und sahen Umi alleine an einem der hinteren Tische sitzen. Yuh schaute zu Rui und als dieser ihm zu nickte, gingen beide zu Umi und setzten sich zu ihm. „Hi.“ Sagte Yuh und setzte sich im gegenüber. Umi schaute auf und sah Yuh und dann Rui neben Yuh. „Hi.“ Antwortete er kurzangebunden und aß dann weiter. Yuh schaute stumm zu Umi, während Rui mit dem Essen anfing. „Was…war denn vorhin los?“ fragte er vorsichtig, doch Umi gab ihm keine Antwort. Plötzlich sah er auf als er realisierte, dass Tomo zusammen mit Tohya ihr Essen beendete hatten und nun auf sie zu kamen, denn sie wollten die Mensa bereits verlassen. Umi sprang auf und stellte sich Tomo in den Weg. „DU!“ rief Umi und funkelte ihn böse an. Tomo erwiderte den Blick. Tohya schaute verängstigt von Tomo zu Umi und wieder zurück. „Den Titel wirst du nicht lange tragen! Das schwör ich dir!“ zischte er ihm zu, während sich ihre Mitschüler an den anderen Tischen zu ihnen umdrehten. Tomo kicherte und ging ohne einen Kommentar an Umi vorbei. Tohya stand einen Moment lang verlassen in der Gegend, dann folgte er Tomo und warf Umi dabei einen verunsicherten Blick über die Schultern zu. „Tomo! Bilde dir darauf nichts ein!“ rief Umi ihnen noch hinterher, bevor sie die Mensa verlassen hatten. Umi setzte sich wieder auf seinen Stuhl und stopfte das Essen nur so in sich hinein. „Ach so, darum geht es.“ sagten Yuh und Rui gleichzeitig. Daraufhin aßen die drei schweigend weiter, wobei sie das Getuschel der Anderen gekonnt überhörten. Tomo und Tohya gingen schweigend in ihr nun gemeinsames Zimmer zurück. Tomo legte sich auf sein Bett und grinste zufrieden. Tohya stellte sich neben ihn ans Bett und starrte zu ihm runter. „Was hatte das gerade eben in der Mensa zu bedeuten?“ fragte er ihn und machte sich Sorgen um Tomo. Tohya war ein sehr naiver Junge, doch wusste er, was dies für eine Schule war und fragte sich gerade, warum sich die Lehrer so sicher waren, dass sich die Schüler nicht gegenseitig umbringen würden. Tomo sah zu Tohya herauf in seine Augen, doch hatten seine feurigen Augen einen besorgten Ausdruck. „Nichts Besonderes. Der fühlt sich nur auf den Schlips getreten, weil ich besser bin als er.“ Sagte er zu Tohya. Zwar wollte er nicht, dass Tohya ihn gut kennen lernte, aber seine sorgenvollen Augen konnte er auch nicht ertragen. Tohya seufzte und war sich nicht sicher, was er darauf antworten sollte und entschloss sich dazu, duschen zu gehen. Der kleine ging zu seinem Schrank, kramte nach anderer Kleidung, ging in ihr eigenes Badezimmer und schloss die Tür hinter sich ab. Tomo seufzte und war ratlos, wie er es mit einem Zimmergenossen aushalten sollte. Er war doch gerne allein und das konnte er nun nicht ein Mal mehr in seinem Zimmer sein. Er winkelte seine Beine an und dachte über seinen Auftrag nach. Er malte es sich genussvoll aus und grinste dabei breit mit verschlossenen Augen. Nach zehn Minuten zwang er sich an was anders zu denken, stand auf, suchte sich seine Kleidung zusammen und dann seine Utensilien, die er gebrauchen könnte, dann legte er sich wieder auf sein Bett und wartete bis Tohya aus dem Bad kam. Daraufhin ging er duschen und Tohya musterte Tomos Sachen, tat aber so, als würde er nichts bemerken, legte sich auf sein Bett und las ein Buch. Umi war vor Rui und Yuh mit dem Essen fertig und stand somit auch vor ihnen auf. Er brachte sein Tablett weg und ging dann zurück in seins und Yuhs Zimmer. Dort lagen immer noch die Fetzen des Briefes auf dem Boden. Zorn flackerte wieder auf, er trat gegen sein Bett, räumte die Fetzen weg, denn er mochte keine Unordnung. Nachdem er die Schnipsle in den Mülleimer geworfen hatte, stand er in der Mitte des Zimmers und war vollkommen gedankenlos. Er ließ sich auf sein Bett fallen und starrte die Wand an, ohne sie wirklich anzustarren. Er fragte sich insgeheim, ob Tomo bereits einen neuen Auftrag bekommen hatte, wollte die Antwort aber nicht wirklich wissen, weil sie ihn nur noch mehr verärgern und er sich noch schlechter fühlen würde. Er zwang sich duschen zu gehen und wechselte seine Kleidung. Er legte sich unter seine Bettdecke und realisierte dabei nicht, dass Yuh mittlerweile auch da war und ihn beobachtete. Yuh ging ohne ein Wort duschen, als er wieder raus kam, legte er seine Hand auf Umis Schulter und sagte „Mach dir nichts drauf. Du bist viel besser als er.“ Doch da Umi keine Anstalten machte Yuh zu antworten, ging dieser zu seinem Bett, legte sich hin und machte das Licht aus und das obwohl es noch relativ früh war, doch in Umis jetzigen Zustand konnte man nicht mit ihm reden. Auch Rui war wieder in seinem Zimmer, in dem sein Zimmergenosse bereits schlief. Er hatte das Pech gehabt, mit dem einen Jungen in ein Zimmer zukommen, der sehr viel Schlaf brauchte und somit immer früh ins Bett ging. Rui hatte jedoch auch das Glück, dass diesen Jungen nichts weckte und er so noch lange seine Spiele zocken konnte. Er spielte immer Killerspiele, doch interessierte es ihn nicht, ob er ein guter Attentäter war oder nicht. Rui tötete aus dem Gefühl heraus, dass es ihre Opfer wirklich verdient hatten und dass es durch deren Tod besser werden würde. Er spielte fast die ganze Nacht durch und wusste wie alle anderen nicht, was Tomo machen würde. Er losch das Licht seiner Lampe gegen zwei Uhr morgens und schlief in seiner Uniform ein. Tohya las noch circa zwei Stunden in seinem Buch und Tomo wuselte in ihrem Zimmer rum. Als Tohya sein Licht löschte, lag Tomo friedlich auf seinem Bett. Tohya schlief überraschenderweise nach nur wenigen Minuten ein. Tomo wartete noch ein paar weitere Minuten bis er seine Decke zurück legte und die wichtigsten Sachen in seine Taschen stopfte und sich leise aus dem Zimmer schlich. Die Gänge waren nur vereinzelt und sehr schwach beleuchtet, doch das machte ihm nichts aus. Im Gegenteil spornte ihn das an und sein Verlangen wuchs mit jeder Sekunde. Er verließ das Gebäude und rannte auf den Wachposten zu, der natürlich von seinem Auftrag wusste und ihn raus ließ und einen Schlüssel für später gab. „Sei vorsichtig und gib dein Bestes!“ flüsterte ihm die Wache zu. Grinsend lief er durch die verlassenen Straßen und stoppte immer wieder Mal, wenn er Leute auf den Straßen hörte. Nach einer Ewigkeit, so kam es Tomo vor, stand er vor dem Haus des Mannes, den er gleich ermorden würde. Der junge Mann beruhigte sein Atmen und schärfte seine Sinne. Jetzt durfte nichts schief gehen. Langsam schlich er um das Gelände rum und sprintete von Schatten zu Schatten. Er betrachtete sich das Haus eine Weile und sah, dass nur im Wohnzimmer Licht brannte. Er hörte den Fernseher, da das Fenster auf Kippe geöffnet war. Doch hier im Freien hörte er den Wind wie er die Bäume streichelte und spürte ihn in seinen Haaren und auf seiner Haut lauter. Er spürte wie sein Verlangen stärker wurde, doch er lies es nicht überhand gewinnen, denn er musste gerissen handeln, um in das Haus zugelangen. Ganz langsam ging Tomo unter den Fenstern zur Haustür und horchte. Doch da er nichts hörte, war er sich sicher, dass sich niemand hinter ihr befand. Er packte Handschuhe aus und zog sie über, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Ganz langsam zog er einen Draht aus seiner Hosentasche und stocherte etwas im Schlüsselloch rum, bis ihm ein leises Klicken verriet, dass das Haus jetzt für ihn zugänglich war. Er stecke den Draht zurück in seine Hosentasche, schob die Tür so langsam er konnte auf, aber erst nur einen Spalt breit, um hinein zu linsen. Als er sich sicher war, dass er gefahrlos eintreten konnte, drückte er die Tür soweit auf, dass er sich rein zwängen konnte. Er lehnte sich gegen die Wand und ging so langsam zur Tür die ein Stück offen stand und aus der das Licht in den Flur strömte. Er hörte eine Männerstimme reden und dann wieder eine sehr hohe Frauenstimme und war sich sehr sicher, dass dies ein Gespräch aus dem Fernseher war. Tomo stand direkt neben der Tür als er etwas sich bewegen hörte. Der Attentäter hielt den Atem an, doch wie es sich anhörte, griff nur jemand nach einem Glas, welches auch ein paar Sekunden später wieder auf den Tisch abgestellt wurde. Er Atmete erleichtert auf und schob die Tür ein winziges Stückchen weiter auf. Dann wartete er fünf Minuten bis er sie wieder ein winziges Stückchen weiter auf schob. Dies machte er so lange bis der Spalt groß genug war, dass er problemlos durch huschen konnte. Er lächelte zufrieden und wagte es. Tomo stand hinter dem Sofa und somit saß der Mann mit dem Rücken zum ihm und bemerkte ihn nicht. Sein Pech. Tomo schritt lautlos auf ihn zu und als er unmittelbar hinter ihm stand, nahm sein Gesicht hässliche Züge an, denn er wollte seinen Blutdurst löschen. Er nahm geräuschlos zwei weiße Tücher aus der anderen Hosentasche und wickelte eines blitzschnell um den Mund des Mannes, sodass man ihn nicht mehr hören konnte und das andere um dessen Hände. Der Mann war durch den Schock gelähmt und konnte nicht anders, als Tomo entsetzt anstarren. Tomo kniete sich über ihn, und drückte ihm die Luft ab. Er starrte dem Mann in die Augen und sah mit Genuss, wie diese vor Angst weit geöffnet waren und des Mannes Gesicht immer röter wurde, doch war er darin nicht sehr geschickt, da er sehr kleine Hände hatte. Also zog er den Schlüssel, welchen er erst zuvor von der wache bekommen hatte, aus seiner Tasche und ritze ihm die Halsschlagadern auf. Erregt spürte er wie das Leben des Mannes warm über seine Handschuhe und den Hals des Mannes herunter floss. Tomo fing an zu lachen und nahm seine Hände vom Hals, denn das Luftabdrücken war nicht mehr nötig. Tomo begutachtete seine blutüberströmten Handschuhe und sein Gesichtsausdruck wurde ganz weich und liebevoll. Er schaute runter zu dem leblosen und verbluteten Mann und grinste erfüllt. Er band die Tücher von Mund und Hände und hielt sie fest in seiner linken Hand. Er setzte sich neben ihn und betrachtete den toten Mann. So leblos sah er eigentlich hübsch aus. Nach einigen Minuten stand er auf, ging zur Tür, drehte sich um und schaute ein letztes Mal zu dem Mann, dann huschte er durch den Spalt in den Flur und geschwind durch die Haustür raus. Er zog seinen rechten Handschuh aus und den Ärmel seines Pullover über seine nun nackte Haut, bevor er die Tür wieder verschloss. Er ging an der Hauswand entlang zurück so wie er gekommen war. Er nahm auch die gleichen Straßen zurück, doch machte er etwas langsamer und als er über die Brücke über den Fluss ging, wischte er das Blut an dem Schlüssel im Innern des einen Handschuhs ab, band einen Stein mit dem Draht an die Handschuhe und die Tücher und warf dieses Bündel ins Wasser. Er grinste als er hörte, wie dieses die Wasseroberfläche durchbrach. Er steckte den Schlüssel zurück in seine Hosentasche und rannte zurück zum Internat. Die Uhr eines fernen Kirchturms schlug drei Uhr morgens und alle Lichter waren aus. Er sperrte das Tor zum Internatsgelände auf und ging zur Wache und schreckte diese aus einem leichten Schlaf auf, gab ihm grinsend den Schlüssle wieder, welcher in wenigen Minuten vernichtet werden würde und ging zurück ins Internatsgebäude, zurück in sein und nun auch Tohyas Zimmer. Er zog sich leise seinen Schlafanzug an, kroch unter die Decke und schlief zufrieden mit sich und der Welt ein. Tomo wahr erleichtert, dass sein verlangen nun fürs erste gestillt war und freute sich schon auf die Reaktionen der Anderen. Kapitel 2: 萎れた 花 ---------------- Vorsichtig rüttelte Tohya an Tomo. Tomo hatte weder seinen noch Tohyas Wecker gehört und Tohya wollte nicht, dass Tomo Ärger bekam. Es dauerte allerdings einige Zeit bis Tomo wach wurde. Er blickte in Tohyas große Augen. Der Blondschopf schlug seine Bettdecke zurück und richtete sich auf. Er blickte Tohya verschlafen an, welcher ihm munter zulächelte. „Beeil dich!“ sagte er und setzte sich auf die Bettkante. Tomo sah Tohya verwirrt an. Warum wartete der kleine Welpe auf ihn? Hatte er nicht deutlich genug gezeigt, dass er gar nichts mit ihm zu tun haben wollte? Er war lieber allein. Widerwillig stand Tomo murrend auf und machte sich schnell im Bad zurecht. Er schlurfte aus dem Bad, griff nach seiner Schultasche und ging gähnend mit Tohya zum Speisesaal, wo sie ihr Frühstück zusammen aßen. Tomo grinste und erklärte Tohya etwas über seine neuen Lehrer. Warum ließ sich Tomo plötzlich auf eine längere Unterhaltung mit Tohya ein? Ihm kamen, nun da er wach war, viele Bilder der letzten Nacht in den Sinn und allein die Erinnerung daran erfüllt ihn mit Energie und einem unbeschreiblich guten Gefühl. „Was grinst du plötzlich so breit?“ fragte ihn Tohya verunsichert. Diesen Gesichtsausdruck hatte er bei Tomo noch nie gesehen. Tomos Grinsen wurde schelmischer, doch er schwieg nur und sie beendeten ihr Frühstück im Stillen. Rui wollte einfach nicht wach werden, obwohl sein Zimmergenosse es seit 20 Minuten angestrengt versuchte. Dieser seufzte und gab es nun endlich doch auf, verließ das Zimmer, um auch noch eine Kleinigkeit zu frühstücken, während Rui friedlich weiter schlummerte und nichts mitbekam. Er träumte von einem Leben als Rockstar, umjubelt von vielen weiblichen Fans und Nacht für Nacht in einer anderen Stadt auftretend. Erst das Klingeln zur ersten Stunde vermochte es, Rui aus seinen Träumen zu reißen. Erschrocken sprang er aus seinem Bett, landete mit dem Gesicht zuerst auf dem Boden, zog sich vor Schmerzen fluchend rasch an, sprintete die Gänge entlang zum Biologiesaal und traf nur fünf Minuten nach dem Lehrer ein, wobei ihn alle mehr oder weniger schadenfroh angrinsten, denn er hatte sich soeben Nachsitzen eingehandelt. Mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck folgte er dem Unterricht, doch entging ihm Umis Wut und Tomos Freude nicht. Umi und Yuh waren als erste ihm Speisesaal gewesen und waren auch überaus zügig mit ihrem Frühstück fertig, sodass sie sich noch vor dem großen Ansturm raus stehlen konnten und vor dem Unterrichtsraum warteten. Yuh warf Umi immer wieder nervöse und besorgte Blicke zu, denn Umi war in einer sehr aggressiven Gemütsverfassung und leicht reizbar. Er hatte sich sogar seine blonden Haare wieder schwarz gefärbt. So sah er richtig angsteinflößend aus. Umi setzte sich neben die Tür auf den Boden, während sich Yuh lässig gegen die Wand lehnte. Er zupfte sich sein Hemd zurecht und grinste in sich hinein. Er freute sich schon auf heute Abend und schloss verträumt seine Augen. Er würde sie wiedersehen. In seiner Gedankenwelt versunken, vernahm Yuh wie es allmählich um sie herum lauter wurde, da nun viele Schüler auf ihrem Weg zu ihren Unterrichtsräumen waren und vereinzelt blieben Schüler neben ihnen stehen. Pünktlich mit dem Klingeln öffnete ihnen ihr Lehrer den Unterrichtssaal und alle gingen auf ihre Plätze. Tomo ging schweigend hinter Tohya bis sich sein Blick und Umis Blick trafen. Umi funkelte ihn mörderisch von seinem Platz her an, während Tomo ihm gehässig zugrinste und sich ebenfalls auf seinen Platz setzte. Tomo spürte Umis Blick im Nacken und so auch Tohya. Er sah immer wieder besorgt zu Tomo, dann zu Umi rüber. „Was ist zwischen den beiden nur vorgefallen?“ fragte sich Tohya insgeheim und wunderte sich, wo Tomo gestern mitten in der Nacht wohl hingegangen war. Vor allem mit dem ganzen Zeug, das er bei sich getragen hatte. Mit seinen Grübeleien beschäftigt, merkte Tohya nicht, dass der Lehrer eine Frage gestellt hatte und dass alle in dieser nun folgenden Stille auf seine Antwort warteten, doch in diesem Moment kam Rui ins Klassenzimmer gestürzt, sodass des Lehrers Ärger nun auf Rui fiel, der heute Nachsitzen aufgebrummt bekam. Auch die anderen Schüler hatten sich schadenfroh grinsend Rui zugewandt, welcher völlig außer Atem war. Tohya verscheuchte seine Bedenken und mit einem höflichen Lächeln folgte er nun gewissenhaft dem Unterricht und war in der Lage, die Fragen des Lehrers prompt zu beantworten. Nach Biologie hatten sie eine Doppelstunde Japanisch, eine Stunde Politik und dann wieder eine Doppelstunde Mathematik bis es schließlich zur Mittagspause klingelte. Tomo verließ das laute Gebäude und suchte sich ein ruhiges Plätzchen am internatseigenen See. Er atmete die kühle Luft ein und ließ sich den Wind durch die Haare wehen. Er schloss seine Augen und genoss die Stille. Tomo machte schnell lauter werdende Schritte aus. Als er sich umdrehte, schlug ihm eine Hand fest ins Gesicht und er spürte wie das Blut aus seiner Nase floss. „UMI!“ keifte er aufgebracht und hielt sich eine Hand auf seine blutende Nase. Er hatte es krachen gehört, weshalb er vermutete, dass sie gebrochen war. Tomo sah Umi auf den Boden spucken und starrte ihn wutentbrannt an. „Du Bastard! Bild dir bloß nichts darauf ein! Grünschnäbel wie du bleiben nicht lange oben. Dafür werde ich sorgen!“ schrie er ihm zu, wirbelte herum und hatte sich bereits einige Meter entfernt, als ihm Tomo lachend „Dazu musst du mich schon umbringen!“ hinterher rief. Umi blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich zu Tomo um. Umis Blick ließ Tomos Blut gefrieren und zugleich vernahm er ein prickelndes Gefühl in seinem ganzen Körper und beobachtete Umi, wie er auf ihn zu kam. Er blieb direkt vor ihm stehen, fixierte ihn für einen Augenblick, dann stieß er Tomo in den kalten See und verließ den Schauplatz in Richtung Internatsgebäude. Als Tomo aus dem See stapfte und triefend herüber sah, sah er wie das Tor zugezogen wurde. „Stinkstiefel“ murmelte er, wrang sein Hemd aus und schlurfte zurück ins Gebäude, zurück in sein Zimmer, damit er seine nasse Kleidung mit trockener austauschen konnte. Tohya saß derweilen mit Yuh und Rui gemeinsam an einem Tisch in der Mensa (Es waren sonst keine freien Tische mehr da.) und aßen stillschweigend ihr Mittagessen. Irgendwann begann dann Rui neugierig ein Gespräch mit Tohya. Er wollte gerne mehr über den Neuen wissen und bist jetzt hatte er keine Gelegenheit gehabt, Tohya anzusprechen, denn er war seit seinem Ankommen nur mit Tomo unterwegs gewesen. Besser gesagt, war Tohya nur in seinem Zimmer gewesen und das musste sich dieser Pechvogel mit Tomo teilen. Man würde wohl selten zwei andere Menschen finden, die so wenig gemeinsam hatten wie Tomo und Tohya. Rui begann den Kleinen zu mögen und obwohl sich Yuh nicht am Gespräch beteiligte, entwickelte auch er eine Sympathie für Tohya. „Er ist wie eine frische Brise in einer heißen Sommernacht“ dachte Yuh und lauschte grinsend der Unterhaltung der beiden, die sich mittlerweile um den Musikgeschmack Tohyas drehte. Tohya genoss das Gespräch mit Rui und war ganz aufgeregt, Ruis CD-Sammlung zu begutachten, die ihm Rui nach dem Nachmittagsunterricht zeigen würde, denn ihre Mittagspause war nicht lang genug und hinzu kam, dass sie einen Großteil der Zeit verquatscht hatten. Rui wurde es richtig warm ums Herz, als ihn Tohya so lieb anlächelte, was sich auf seine großen, schönen Augen ausgebreitet hatte. Yuh grinste, verwuschelte Tohyas Haare als sein Blick auf die Tür der Mensa fiel. „Umi!“ flüsterte er und die beiden anderen sahen sich um, Yuhs Blick folgend. Tohya bekam ein mulmiges Gefühl in der Magengegend und widmete sich seinem kaltgewordenen Essen, Rui und Yuh jedoch folgten Umi mit ihren Blicken als er sich Tohya gegenüber auf den freien Stuhl fallen ließ. Er seufzte tief und fuhr sich mit zitternder Hand durchs Haar. „Das Schwarz steht dir gut.“ Komplimentierte Rui Umi und grinste ihn aufmunternd über den Tisch zu, doch Umi ignorierte ihn bloß. Tohya sah verunsichert zu den anderen beiden, doch Yuh lächelte Tohya nur zu und Rui zuckte nur mit den Schultern und zeigt damit, dass sich Tohya nicht so viele Gedanken machen sollte, denn seine Unsicherheit war deutlich zu spüren. Rui schob seinen Teller von sich (anscheinend hatte er keinen Hunger mehr) und begann erneut ein Gespräch mit Tohya. Diesmal fragte er ihn über seine alte Schule aus und Tohya ging hastig auf die Konversation ein, doch verschluckte er sich an dem letzten Bissen und Tränen schossen ihm in die Augen. Rui klopfte dem Kleinen auf den Rücken, sodass dieser wieder Luft bekam und Umi lenkte seine Aufmerksamkeit jetzt auf Rui und Tohya. Er nahm den Neuankömmling genauer unter die Lupe. „So viel weiches, so viel Gefühl. Was will der Welpe hier?“ dachte Umi und somit genau das, was sich auch schon Tomo gefragt hatte. Er verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf und stieg unerwartet in das Gespräch mit ein. So unterhielten sich die drei (Yuh hielt sich immer noch raus) bis fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn, dann begaben sie sich zusammen in Richtung Sporthalle. Dort angekommen fiel Tohyas Blick auf Tomo, der seine Sportkleidung bereits trug und offensichtlich eine verletzte Nase hatte, denn diese war ganz geschwollen und es bildeten sich blaue Flecken auf dem Nasenrücken. „Das muss schmerzhaft sein.“ Nuschelte Rui neben Tohya. Tohya wusste nicht, ob er zu Tomo rüber gehen sollte oder nicht, aber da er ihn mochte, gerade wegen seiner kaltblütigen Art, stakste er auf ihn zu. „Wie ist das passiert?“ fragte er Tomo besorgt und beäugte seine Nase. Tomo sah Tohya an und schielte kurz zu Umi rüber. „Ach…“ begann er, doch weiter kam er nicht, denn ihre Sportlehrerin war zu ihnen gestoßen. „Dann fangen wir mal an, Jungs und Mädels!“ sagte sie munter und schloss die Kabinentüren auf, damit sie sich umziehen konnten. „Tomo, kommen Sie bitte mit mir.“ Rief sie über die Köpfe der Schüler und Tomo, der bereits in der Umkleidekabine war, musste sich zwischen den Schülern zu Frau Kobayashi durch kämpfen. „Ja?“ fragte er höflich. Sie gab nicht sofort eine Antwort, sondern sah sich seine Nase genauer an. „Sie begeben sich bitte sofort ins Krankenzimmer. Das sieht mir nach einem Bruch aus.“ Erklärte sie und schickte ihn umgehend ins Krankenzimmer. Tomo hatte sich zwar gewehrt, hatte jedoch herzlich wenig Erfolg gehabt und begab sich mit hängenden Schultern schlurfend in Richtung Internat. Tohya sah Tomo besorgt hinterher. Was war denn in der Mittagspause vorgefallen? Er kratzte sich am Kopf, seufzte und wechselte seine Kleidung. Umi stand zwischen Yuh und Tohya und sah zufrieden mit sich aus. Rui und Yuh wechselten vielsagende Blicke, die Tohya nicht entgingen. Er sah Umi für einen Moment lang geschockt an, dann besann er sich eines besseren, wandte seinen Blick wieder ab und zog seinen linken Schuh an. Tohya musste feststellen, dass der Sportunterricht eine reine Tortur für ihn war, da er nicht so trainiert und seine Ausdauer nicht so gut war wie die der anderen. Erst mussten sie so viele Runden wie möglich über den Platz in 30 Minuten laufen, dann Hindernislauf, Dehn- und Muskelaufbauübungen und wer die geforderten Ansprüche nicht schaffte, musste zur Strafe Liegestütze machen. Am Ende der letzten Sportstunde war Tohya total fertig und konnte kaum mehr laufen, da seine Beine so sehr zitterten. Wackelig auf seinen Beinen ging er zurück ins Internat, zurück in sein Zimmer und sah Tomos Tasche neben dessen Schreibtisch liegen. Tohya ließ seine Tasche ebenfalls neben seinen Tisch fallen, kramte seinen Lieblingsjogginganzug raus und verschwand im Bad, um sich eine erfrischende Dusche zu gönnen. Er ließ sich ausgesprochen lange Zeit, denn es war kein Tomo da, der darauf wartete, auch duschen zu können. Vorm Krankenzimmer stehend zögerte er einen Moment. Er mochte ihren Schularzt nicht. Er war so sadistisch, dass sich Tomo ernsthaft fragte, wie er seine gebrochene Nase wohl behandeln würde. Er gab sich nur widerwillig einen Ruck und klopfte an der Tür, bevor er eintrat. „Guten Tag“ begrüßte Tomo Herrn Umeda, welcher nur genervt von seinen Unterlagen aufblickte. „Guten Tag“ grüßte er freundlich zurück und auf seinem Gesicht bildete sich ein gehässiges, leicht sadistisches Grinsen. „Wen hast du denn wieder getroffen?“ fragte Herr Umeda Tomo und schob ihn zu dem Stuhl, sodass er ihn besser behandeln konnte. Er wartete nicht auf eine Antwort, denn Tomo würde sowieso nichts sagen. „Nun gut.“ Sagte er nach einigen Minuten, schmierte ihm eine kühlende Salbe auf die Nase, stand auf, und wusch sich seine Hände. „Du solltest ins Krankenhaus und dir deinen Bruch operieren lassen. Das kann ich leider nicht machen. Ich werde das mit der Direktion klären. Du kannst gehen, aber nicht in den Unterricht und überanstreng dich vorerst nicht.“ Sagte er mit dem Rücken zu Tomo stehend. „Okay“ antwortete Tomo, doch glücklich war er darüber nicht. Das bedeutete, dass er im Moment keine neuen Aufträge bekommen würde. So ein Scheiß. Er stand vorsichtig von dem Stuhl auf, zu dem ihn Umeda geführt hatte und verließ langsam das Krankenzimmer. Draußen im Flur lehnte er sich gegen die Wand und sah aus dem Fenster. Er konnte von hier aus den Sportplatz sehen und auch seine Klassenkameraden wie sie ihre Runden rannten. Klassenkameraden. Was waren die schon? Unbedeutende Individuen für Tomo. Tohyas lachendes Gesicht erschien ihm. Er schüttelte seinen Kopf, um das Bild los zu werden. Er ging langsam in sein Zimmer und ließ seine Tasche neben seinen Schreibtisch plumpsen. Er legte sich auf sein Bett und hielt sich seinen Kopf. Egal wie cool er sich gab, seine Kopfschmerzen brachten ihn noch um und das Kopfschütteln hatte dies mur noch verstärkt. Er wusste nicht wie lange er so da lag, in die Leere starrend und an nichts denkend. Da es ihm in dem Zimmer nur schlecht wurde, zog er sich um und seine Jacke über und ging raus, um einen Spaziergang um den See zu machen. Er verweilte dort eine Weile. In der Ferne sah er seine Klassenkameraden die Umkleidekabinen verlassen. Sie wirkten alle total müde und geschafft, aber ein Junge ganz besonders. „Welpe“ murmelte Tomo und setzte sich auf eine kleine, rote Bank und grinste in sich hinein. Er kaute auf seiner Lippe und nahm eine Schmerztablette aus seiner Jackentasche. Tomo hatte vergessen, dass er die dort reingetan hatte. während er so dasaß, vergaß er völlig die Zeit und ging bei Dämmerung wieder zurück ins Gebäude. Rui machte sich Sorgen um den Kleinen. Er war vorher ja auf einer anderen Schule gewesen und hatte dort sicherlich keinen bestialischen Sportunterricht gehabt, so wie es hier üblich war, doch er schlug sich tapfer, auch wenn er Klassenschlechtester wer. Rui war sich allerdings sicher, dass Tohya sein Defizit bald ausgeglichen haben würde. Auch er ging ausgepowert mit den anderen zurück in ihre Zimmer. Sein Schlafmangel machte sich bemerkbar, sodass seine Duschzeit geringer ausfiel und er sich rasch in sein Bett begab, um Schlaf nach zu holen. Er hatte vollkommen vergessen, dass er Tohya seine CD-Sammlung hatte zeigen wollten. Umi und Yuh waren die Letzten, die die Kabinen verließen. Sie redeten nicht mit einander, aber Umi spürte, dass Yuh ihn beobachtete und er wusste, was Yuh dachte. Yuh seufzte mehrmals und öffnete einige Male seinen Mund, um ein Gespräch mit Umi zu beginnen, doch über ein „Umi…“ kam er nicht hinaus. Also verstummte er jedes Mal direkt wieder. Umi grinste. „Ja. Ich habe ihn geschlagen. Ich habe ihn auch in den See gestoßen und nein, ich bereue es nicht.“ Teilte er Yuh unverblümt mit. Er beschleunigte seine Schritte, während Yuh stehen geblieben war und ihn unschlüssig nachsah. Sollte er ihn jetzt belehren oder ihm sonst was an den Kopf werfen? Yuh wusste es nicht und so stand er dort und war unfähig sich zu rühren. Nach einigen Augenblicken rannte er los (dass er dazu noch in der Lage war?!) und hatte Umi bald eingeholt. Als er gleichauf war, schlug er Umi feste gegen den Hinterkopf, grinste aber breit. Umi starrte ihn verdattert an und rieb sich seinen Hinterkopf. Damit hatte er nicht gerechnet. Gemeinsam gingen sie in ihr Zimmer und während es sich Umi auf seinem Bett gemütlich machte, ging Yuh duschen, denn er hatte ja eine Verabredung mit Hina, seiner Freundin. Er summte vergnügt unter der Dusche und benötigte heute sehr viele mehr Zeit als sonst, doch Umi machte das nichts aus. Als Yuh aus dem Bad kam, war Umi eingeschlafen und sah total friedlich aus. Ausnahmsweise. Yuh sah auf seine Uhr und stellte erleichtert fest, dass er noch drei Stunden Zeit hatte. Er atmete tief aus und setzte sich an seinen Schreibtisch, um mit seinen Hausaufgaben anzufangen, doch er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen und die brauchte er für seine Mathematikaufgaben. Nachdem Tohya mit dem ausgiebigen Duschen fertig war, fing er mit seinen Hausaufgaben an, denn Tomo war immer noch nicht zurück und er wollte Rui genug Zeit lassen für alles. Tohyas Augen fingen an zu lodern, als er an Ruis CD-Sammlung dachte und freute sich wie ein Schnitzel, sich die CDs mit Rui gemeinsam anzuhören. Er gab sich einen Ruck und erledigte zuerst seine Biologieaufgaben, die ihn einige Zeit kosteten, doch da Tohya ein fleißiger Schüler war, würde er nicht eher Rui in seinem Zimmer besuchen, bis er alles erledigt hatte. So merkte er auch nicht wie es Draußen allmählich dunkler wurde. Er schrak ziemlich zusammen, als Tomo plötzlich zurückkam. „Hallo“ sagte Tohya freundlich und lächelte Tomo offenherzig zu, jedoch schwand sein Lächeln etwas als er Tomos Nase sah. Die blauen Flecken waren nun grünlichgelb. „Ich fahr morgen ins Krankenhaus und lass mich operieren.“ Nuschelte Tomo und verschwand unter der Dusche, gefolgt von Tohyas mitleidigen Augen. Er seufzte und widmete sich der letzten Aufgabe, die er zu erledigen hatte. Erleichtert packte der kleine seine Sachen ein und beim Hinausgehen hörte er Tomo aus dem Bad kommen. Er rannte die Flure entlang, wobei er an einer Gabelung fast in Yuh rein gerannt wäre. Er schien es auch eilig zu haben, sodass die Entschuldigungen beider eher knapp ausfielen und sie in entgegengesetzte Richtungen weiter sprinteten. Tohya blieb erschöpft vor Ruis Zimmer stehen. Erst jetzt bemerkte er die Schmerzen in seinem ganzen Körper. Er würde morgen sehr starken Muskelkater haben, so viel stand fest. Er klopfte ein paar Mal, bis ihm ein kleiner, etwas pummeliger Junge die Tür öffnete. „Ähm… Hallo. Ich möchte Rui besuchen.“ Sagte Tohya schüchtern und lächelte etwas zittrig. Ruis Zimmergenosse lies Tohya rein, indem er einen Schritt zur Seite machte und Tohya mit einer Handbewegung Willkommen hieß. „Rui schläft allerdings.“ Sagte der Junge und las in seinem Buch weiter. Tohya schloss vorsichtig die Tür hinter sich und schlich zu Rui rüber, der im Schlaf vor sich hin murmelte. Da Tohya aber kein Wort verstand, schloss er, dass Rui auf einer anderen Sprache träumen würde. „Rui!“ sagte Tohya und pikste ihm dabei in die Wangen. „Lasch misch…“ nuschelte Rui und drehte sich auf die Seite. Tohya fing an zu kichern und pikste fester zu, doch es half nichts. Tohya sah sich im Zimmer um, fand einen alten Fußball und pfefferte diesen in Ruis Magen. Fluchend und wach warf er den Ball weg – seinem Zimmergenossen auf den Kopf. „AU“ rief dieser nur und warf den Ball wieder zurück auf Tohya, der den Ball glücklicherweise auffangen konnte. „Wach?“ fragte er Rui kichernd und sah von oben auf ihn hinab. Grummelnd stand er auf und legte seine Haare wieder richtig. „Bist du zu müde, um mir deine CD-Sammlung zu zeigen?“ fragte Tohya Rui herausfordernd, doch Rui grinste ihm zur Antwort zu. In der zwischen Zeit rannte Yuh durchs Schulgebäude. Er hoffte sehr, dass Hina nicht allzu lange auf ihn wartete. Er raste auf die Bank unter den Bäumen am See drauf zu, wo ein junges Mädchen mit langen schwarzen Haaren in einem weißen Rüschenkleid auf ihn wartete. „Yuh…“ Sie flüsterte sanft seinen Namen und als sie lächelte, hatte Yuh das Gefühl, dass die Sonne scheinen würde und ihm ging das Herz auf. „Hina“ sagte er und umarmte sie. Er roch ihr blumiges Parfum und spürte ihr weiches Haar an seiner Wange. „Zu schade, dass wir keinen Unterricht gemeinsam haben und die Schlafräume nach Geschlechtern getrennt und in verschiedenen Teilen des Gebäudes sind.“ Flüsterte Yuh seiner Freundin ins Ohr, welche sich an ihn lehnte und friedlich lächelte. Sie seufzte und blickte mit einem sehr traurigen Blick zu ihm hoch. „Was ist Süße?“ fragte er Hina, während er in ihre tiefbraunen Augen sah. Sie schwieg ihn an und wandte ihren Blick ab auf das schöne Szenario, dass sich ihnen bot, denn der Vollmond spiegelte sich auf dem schwarzen Wasser des Sees. Er zog ihr Gesicht zurück und küsste sie zärtlich auf den Mund. „Ich liebe dich, Hina!“ wisperte er, kaum dass er den Kuss löste. „Ich liebe dich auch.“ Antwortete sie mit leiser Stimme unter Tränen und schmiegte sich wieder in die Umarmung und genoss die vertraute Wärme. „Du bist so schön warm.“ Sagte sie mit einem seligen Lächeln in seinen Pullover. Er freute sich, dass sich Hina in seinen Armen so wohl fühlte und strich ihr durchs Haar. Er mochte den Glanz ihrer Haare und das es so weich war. „Du bist so unglaublich schön. Jede Stunde mit dir ist etwas Besonderes für mich und unsagbar wichtig.“ Lies er sie wissen. Sie war der wichtigste Mensch auf der Welt für ihn und er würde alles für sie tun. Wirklich ALLES. Nach einigen Minuten führte er Hina mit sich zur Bank, setzte sich hin und Hina auf seinen Schoß. Er drückte sie an sich und sie küssten sich leidenschaftlich. Er strich ihr über die Schulter, den Rücken, die Hüfte – und spürte einen stechenden Schmerz in der Hand. Erschrocken lehnte er sich zurück und besah sich seine Hand. Blut lief an den feinen Fingern hinunter, tropfte auf Hinas weißes Kleid. „Was…?“ fragte er entsetzt und sah Hina fassungslos an. Hina hatte den Kopf hängen gelassen, sodass ihr langes, schwarzes Haar über ihre Schultern fiel. Er hörte sie heftig schluchzen. „Hina, was hat das zu bedeuten?“ fragte er mit matter, zitternder Stimme. Sie schniefte, stand auf, zog einen zusammen geknüllten Brief aus einer Tasche und gab ihn Yuh. Er hielt den Brief in heftig zitternden Händen und mit jeder Zeile weiteten sie sich seine Augen. Sehr geehrte Hina, Wir wissen von Ihrer Beziehung zu Yuh. An dieser Schule dulden wir keine solchen Beziehungen, denn ihre Aufträge sind das Wichtigste für Sie und zwischenmenschliche Beziehungen behindern Sie nur bei der Ausführung ihrer Aufträge. Um Sie für Ihr Verhalten zu strafen, werden Sie Yuh in den nächsten sieben Tagen umbringen. Wenn Sie sich weigern sollten, wird er mit dem Mord an Ihnen beauftragt. Überlegen Sie sich gut, was schmerzhafter für Sie und ihn sein wird. Mit freundlichen Grüßen, Ihre Direktion Als er fertig war, rannen ihm die Tränen die Wangen runter. „Nein…nein… das darf nicht wahr sein!“ stotterte er fassungslos. Er fühlte den Boden unter sich zusammen brechen. „Du sollst mich umbringen beziehungsweise ich dich?“ flüsterte er und sah zu Hina auf, doch sie stand nicht mehr vor ihm. Sie stand am Rand des Sees mit dem Messer in der Hand. Sie hatte sein Blut an ihrem Kleid abgewischt. „Hina“ rief er, sprang auf und trat näher an sie heran. „Ich kann dich nicht töten.“ Sagte sie unter Tränen. Sie sah ihn nicht an. Sie sprach ihn auch nicht direkt an. „Und ich kann dich mich nicht töten lassen!“ sagte sie und blickte verzweifelt zu ihm rauf. Sie senkte ihren Blick wieder und starrte das Messer in ihrer Hand an. Sie stolperte zwei Schritte zurück und stand nun direkt am See. „Pass auf!“ sagte Yuh, doch als er ihr seine Hand reichte, hob sie nur das Messer an. Zögernd zog er seine Hand zurück. „Hina“ flüsterte er leise und zaghaft. Im nächsten Moment hatte sie sich beide Pulsadern aufgeritzt und schmiss das Messer ins Wasser. „HINA!!!“ schrie Yuh und presste sie an sich. Er wollte sie nicht verlieren. Sie schob ihn von sich und kramte mir ihrer linken Hand in ihrer Tasche und zog eine kleine Pille raus. Gift. Sie sah ihn lächelnd an. „Ich werde dich für immer lieben!“ sagte sie bestimmt, nahm die Pille in den Mund und biss drauf. „Ich werde dir folgen!“ sagte Yuh als ihre Augenlieder zu zittern begannen. Sie lächelte glücklich und fiel Rückwerts in den See. Mit einem lauten Platschen wurde Yuh mit Wasser übergossen. Er sprang in den See und tauchte nach dem Messer. Als er es gefunden hatte, schwamm er zurück zu Hina und gab der toten Schönheit einen Kuss. „Ich werde dich auch für immer lieben!“ sagte er, setzte das Messer an und schnitt sich die Halsschlagader auf. Es dauerte nicht lange bis Yuh und Hina gemeinsam umschlungen zwischen den Seerosen schwammen. Der See glänzte im Mondschein absonderbar, denn ihr Blut färbte das Wasser um sie herum rot. Schön anzusehen, wenn es nicht so tragisch wäre. Im Schloss hatte Tomo Tohya aus dem Zimmer sprinten sehen. Er war froh, dass Zimmer mal wieder für sich alleine zu haben. Er fühlte vorsichtig nach seiner Nase. „Umi, du Bastard. Das bekommst du wieder!“ rief Tomo in die Stille des Zimmers hinein. Er setzte sich auf seine Bettkannte und betrachtete sich das Zimmer genauer. Auch wenn Tohya erst gestern eingezogen war, waren überall Zeichen von ihm. Er ließ seine Klamotten und Bücher überall liegen und war auch sonst sehr chaotisch, obwohl er seine Aufgaben so fleißig und gewissenhaft machte. „Ordnung im Kopf, Chaos überall sonst.“ Dachte Tomo laut und packte sich eine Tasche mit Sachen zusammen, die er mit ins Krankenhaus nehmen würde. Er hatte keine Lust, mit den Hausaufgaben anzufangen und so legte er sich auf sein Bett, entspannte sich, damit die Schmerzen nicht schlimmer wurden. Nach einigen Minuten war er eingeschlafen und träumte einen traumlosen Schlaf. Umi sah Yuh mit hochgezogenen Augenbraun nach, als dieser an ihm vorbei raste, da er schleunigst zu seiner Verabredung wollte. „So ein Idiot“ sagte Umi zu sich selbst und klappte sein Buch zu. Wie lange würde das Versteckspiel noch gut gehen? Beziehungen waren nicht erlaubt, doch er würde Yuh nie verraten. Er fürchtete die Konsequenzen für die beiden Liebenden und sie hatten ihr Glück doch verdient, nur spielten sie am falschen Ort. Er blickte aus dem Fenster und sah den Abendhimmel. Total klar. Man konnte Unmengen an Sternen erkennen und dank des Vollmondes war es recht hell draußen. Umi freute sich schon auf die Nacht, denn er konnte bei Vollmond nur schlecht schlafen. Der schwarzhaarige stand auf und machte das große Licht im Zimmer an, da das Licht seiner Nachttischlampe nicht mehr ausreichte. Umi stand vor dem Spiegel an seinem Kleiderschrank. Die schwarzen Haare standen ihm wirklich besser. Er blickte in die kalten Augen, die ihm selbst gehörten. Er wusste nichts mit sich anzufangen. In dieser Nacht würden wohl keine Aufträge ausgeführt werden, nicht bei diesem Vollmond, der jegliches Verstecken vergebens machte. Nachdem er sich selbst einige Minuten im Spiegel angestarrt hatte, ohne sich wirklich anzustarren, zuckte er plötzlich zusammen. Er wusste nicht warum, aber er hatte ein ganz mulmiges Gefühl. Um sich abzulenken ging er raus und zu Rui, um ein paar Spiele zu zocken. Das war jetzt genau das richtige. Umi musste allerdings feststellen, dass Rui bereits Besuch hatte. „Guten Abend“ begrüßte Tohya Umi höflich und Umi antwortete mit einem Nicken. „Ich wollte dich eigentlich fragen, ob wir ein bisschen gemeinsam zocken, aber…“ sagte er an Rui gerichtet und war bereits im Begriff wieder zu gehen, als Tohya ihn bei der Schulter packte und fest hielt. „Bleib doch noch. Rui wollte mir eh ein paar Spiele zeigen. Da könnt ihr doch gemeinsam spielen, oder nicht?“ schlug er freundlich Umi vor, der sich zögernd zu Rui umdrehte. „Der Kleine hat recht. Bleib noch“ stimmte Rui Tohya zu und bedeutete Umi, sich auf das Kissen neben ihn zu setzten. „Danke Rui, danke Welpe.“ Sagte er und ging mit Tohya, der ihn eingeschnappt anfunkelte, zurück zu Rui, um ein passendes Spiel auszusuchen, während Ruis Zimmergenosse sie die ganze Zeit über beobachtete, bis er sich ihnen anschloss und mit Tohya die anderen beiden anfeuerte. So verging die Zeit, ohne dass irgendjemand etwas von dem mitbekam, dass sich am See abspielte. Das würde am nächsten Morgen ein trauriges und schreckliches Erwachen geben. Für alle. Kapitel 3: 君にいなくて寂しいよ --------------------- Tomo schulterte seine Tasche und verließ mit einem mürrischen Lehrer das Gebäude. Sein Begleitschutz? Wohl kaum. Eher ein Aufpasser, sodass Tomo auch wirklich das Taxi zum Krankenhaus nahm. Würde der Lehrer ihn auch bis zum Krankenhaus begleiten? Tomo seufzte genervt und schlurfte mit hängenden Schultern den steinigen Gehweg entlang. Ihn ärgerte im Moment sehr viel – dass Tohya in der Nacht über Tomos Tasche gefallen war, der ihn somit geweckt hatte, dass er wegen Umi ins Krankenhaus musste und dass Tohyas mitleidige Augen ihm nicht mehr aus dem Kopf gingen. „Warum eigentlich?“ fragte sich Tomo laut und erschrak damit den Lehrer neben sich. Dieser starrte Tomo verwirrt an, doch als sein Blick seitlich von Tomo abdriftete und auf den hinter Tomo liegenden See fiel, weiteten sie sich vor Entsetzen. „Heilige Schei--!“ schrie der Lehrer auf und rannte auf den See zu, einen verwirrten Tomo zurücklassend. Dieser lenkte sein Augenmerk auf das, was den Lehrer so schockierte. Tomo blieb augenblicklich die Luft weg und er fing an zu keuchen. Entgeistert preschte auch er auf den See zu. „Yuh!“ brüllte er verzweifelt und fiel vor dem See auf seine Knie. „Nein…“ flüsterte Tomo, während der Lehrer Yuh und Hina aus dem Wasser zog. Tomo wandte seinen Blick ab. Er war hart im nehmen, liebte es, schlechten Menschen das Leben auszuhauchen und war eigentlich ein Misanthrop, aber das… Ihm wurde speiübel. So ein Ende hatten die beiden nicht verdient und dennoch imponierte ihm die Entschlusskraft dieser jungen Liebenden. Der Lehrer hatte bereits die Direktion davon unterrichtet, als Tomo aus seiner Gedankenwelt zurückkehrte und steckte sein Handy in seine Jackentasche zurück. „Komm! Das Taxi wartet auf dich. Die Direktion ist bereits unterwegs.“ Sagte er kühl zu Tomo und zog diesen am Kragen wieder auf die Beine. Der Lehrer hatte seine Fassung verdammt schnell zurückgewonnen. Tomo war ganz bleich, ging wie in Trance zum Tor, durch eine kleinere Tür im Tor und setzte sich dann auf die Rückbank des Taxis. Der Lehrer stieg nicht dazu. So fuhr das Taxi samt Tomo in eines der vielen, weit entfernten städtischen Krankenhäuser. Tohya stand mit einem schlechten Gewissen auf, da er Tomo mitten in der Nacht geweckt hatte. Sie hatten so viel Spaß bei Rui, dass sie die Zeit vollkommen vergessen hatten. Er gähnte und reckte sich. Dabei fiel sein Blick auf Tomos leeres Bett. „Er ist also weg.“ dachte Tohya seufzend und gönnte sich eine ausgiebige Dusche. Es musste ja keiner mehr nach ihm duschen gehen. Besser gelaunt verließ Tohya das Zimmer und freute sich auf das Frühstück mit Umi, Rui und dessen Zimmergenossen Natsuki, mit denen sich Tohya verabredet hatte. Als Tohya in die Mensa kam, sah er die drei bereits an einem Tisch sitzen. Er ging winkend auf sie zu, ließ es jedoch schnell bleiben, als er die blassen Gesichter sah und die Anspannung spürte. „Was ist passiert? Wo ist Yuh?“ fragte er die Jungs und setzte sich auf einen freien Stuhl. Keiner antwortete. Natsuki starrte nur seine Miso an, Rui hatte die Hände vor dem Gesicht gefaltet und Umi starrte den Nachbartisch an, an welchem drei Mädchen saßen, die nicht weniger blass waren und angespannt miteinander flüsterten. „Yuh…hatte gestern Abend eine Verabredung mit seiner Freundin Hina. Yuh war heute Morgen nicht wieder da.“ Erklärte Umi knapp mit unterdrückter Stimme. Tohya sah verwirrt drein. Daran fand er nichts Außergewöhnliches. Vielleicht hatte er bei seiner Freundin geschlafen. Trotzdem dämmerte es Tohya langsam. „Und Hina…“ „Kam auch nicht zurück.“ Schloss Umi für ihn. „Außerdem soll Hina einen Auftrag bekommen haben…“ fügte Natsuki hinzu und selbst Tohya war es klar, was dies zu bedeuten hatte. „Oh nein…“ flüsterte er, spürte wie sich sein Magen verkrampfte und es ihm eiskalt den Rücken runter lief. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie stumme Tränen über die Wangen der Mädchen liefen. Schon bald würde das ganze Internat davon wissen und seine Folgen Kreise unter den Schülern ziehen. Als Umi diesen Morgen aufwachte und Yuhs Bett leer vorfand, war ihm alles klar, doch es machte nichts leichter. Umi heulte vor Wut, Trauer und über die Unbesonnenheit der beiden. Umi war sich sicher, dass sich sowohl Hina als auch Yuh der Gefahr bewusst waren, welcher sie sich ausgesetzt hatten und heimliche Liebespaare, die sich dessen nicht bewusst waren, wären es spätestens seit heute. Umi trat gegen die Zimmerwände, schlug auf Yuhs Kissen ein; knickte ein, als die Verzweiflung ihn übermannte. Yuh war innerhalb dieses gottverdammten Internats zu etwas wie Umis besten Freund herangewachsen. Das wurde Umi schmerzhaft im Moment des Verlustes bewusst. Warum nicht früher? Warum hatte er Yuh die ganze Zeit nicht sagen können, welchen Halt er ihm als Freund gegeben hatte? Warum war er nicht in der Lage gewesen, Yuh etwas von seiner Güte zurück zu geben. Warum kommen einem Menschen immer solche Gedanken, wenn es zu spät ist? Warum? Warum? „WARUM?“ Umi schrie die Frage in den Raum. „Warum konntest du den aufkommenden Schmerz nicht auch mit auf die andere Seite nehmen?“ rief Umi verzweifelt. Er fühlte sich, als sei die Welt unter ihm zusammen gebrochen. Er war ein Haufen Elend, wie er so da saß, mit dem Kopf in den Händen auf dem Boden kniend. Nach einigen Minuten hob Umi den Kopf an und stützte sich mit seinen Händen, welche er zu Fäusten ballte, ab. Genau in diesem Moment schwor sich Umi, dass sein letzter Auftrag als Killer der an der Direktion sein würde. Der Schmerz über den Verlust würde sein Antrieb sein. Er wischte die Tränen weg, stand auf und begab sich schnellen Schrittes in die Mensa, wo Rui und Natsuki bereits an einem Tisch saßen. Natürlich fiel ihnen sofort auf, dass etwas mit Umi nicht stimmte, fragten ihn jedoch nichts, sondern wechselten stumm besorgte Blicke, denn sie bemerkten, dass Yuh nicht bei ihm war. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Mädchen am Nachbartisch erkannten: Hinas Freundinnen, ohne Hina. Umi wandte seinen Blick ebenfalls dem Mädchentisch zu. Die drei schnappten Gesprächsfetzen auf, obwohl die Mädchen leise miteinander redeten. „Wir hatten sie gewarnt…“ „…als sie gestern Abend den Briefumschlag sah…“ „Mir kamen die Tränen…“ … Umi seufzte so tief, als hätte er seit zehn Jahren nicht mehr geseufzt. Auch die anderen beiden konnten es nicht fassen und wurden erst aus ihren trüben Gedanken gerissen, als Tohya zu ihnen kam. Tomo lag ganz ruhig da. Er wartete darauf, dass das Narkosemittel endlich zu wirken begann und die Ärzte mit der blöden Operation anfangen konnten. Seine Gedanken wirbelten um her und als der Wirbel stärker wurde, versank Tomo betäubt in einem traumlosen Schlaf… Leises Vogelgezwitscher, sanftes Kindergelächter und geflüsterte Gespräche drangen zu seinen Ohren vor. Der warme Sonnenschein, der durchs Fenster auf ihn fiel, kitzelte sanft seine blasse Haut. Vorsichtig und ganz langsam öffnete Tomo seine Augen, doch er sah alles nur verschwommen und so schloss er sie wieder. Seine Sinne wurden schärfer und somit die Eindrücke intensiver. Wie lange hatte er geschlafen? Der braunhaarige öffnete seine Augen erneut. Diesmal konnte er seine Umgebung klar erkennen. Er versuchte sich aufzusetzen und merkte im selben Moment, wie ihn ein starker Schwindel überfiel. Er seufzte schwer als er sich mit seinen Händen abstützen musste. „Sie sind also endlich wach?“ Dies galt Tomo. Vorsichtig drehte er sich um und sah einen jungen Arzt auf sich zu kommen. „Wir dachten schon, dass wir Ihre Schule informieren müssten, dass Sie für immer weiter schlafen würden. Wie Dornröschen.“ Sagte der Arzt kichernd und kam dabei Tomo immer näher. Tomo musterte den Arzt ebenfalls gespannt, doch dieser missdeutete Tomos Blick. „Sie haben einen ganzen Tag geschlafen. Viel zu lang für so eine geringe Dosis an Narkosemittel.“ Erklärte er Tomo mit dem Anflug eines hämischen Grinsens. Tomo gefiel das Grinsen nicht, doch noch weniger gefiel ihm, dass der Arzt ihm so nahe stand und so erschrak der junge Mann auch, als der Arzt ihn plötzlich am Kinn griff und Tomos Gesicht näher zu sich zog. „Die Schwellung wird bald zurückgehen, nur keine Sorge. Auch die Schmerzen werden bald nachlassen.“ Teilte der Arzt mit und ließ den perplexen Tomo wieder los. „Hm? Stimmt was nicht?“ horchte der junge Arzt nach und brachte Tomo damit in Verlegenheit. „Nichts.“ Nuschelte Tomo, wandte seinen Blick ab und sah zu seiner linken aus dem Fenster. Es war wirklich ein schöner, sonniger Tag und Tomo war überraschenderweise ziemlich froh über die Auszeit. So sehr er auch Blut liebte, sein Alltag war schrecklich kräftezehrend und nahm ihn ziemlich mit. So lange er im Krankenhaus war, konnte Tomo etwas abschalten und neue Kräfte sammeln, damit er es Umi bei seiner Rückkehr heim zahlen konnte. „Das würde ich an Ihrer Stelle lieber bleiben lassen. Wir haben Ihnen die Nase zwar wieder gerichtet, aber trotz allem braucht es Zeit, bis der Bruch vollends verheilt ist.“ Erklärte ihm der Arzt frei Schnauze, fast so, als hätte er Tomos Gedanken gelesen. Er verabschiedete sich von Tomo und setzte seine Visite fort, ließ aber einen verwirrt verärgerten Tomo zurück und überließ ihn seinen dunklen Grübeleien. Er hatte Tomos Unruhe gespürt. Tomo kam ein schreckliches Bild vor Augen. Blutrot gefärbtes Wasser, in welchem zwei leblose Körper schwammen. Tomo unterdrückte das Gefühl der Übelkeit und versuchte den Gedanken aus seinem Kopf zu verjagen. Allerdings wurde ihm schwindlig aufgrund des Kopfschüttelns und auch die Schmerzen wurden stärker. Somit war er mit seinen Gedanken bei der Wurzel seines Übels zurück gekehrt. Umi. Tomo schluckte einen wüsten Fluch herunter und sah wieder aus dem Fenster. Es half ja alles nichts. Sich über eine Person zu ärgern, die just in dem Moment am anderen Ende der Stadt und somit in seiner Lage unerreichbar war, schürte nur die Ungeduld des jungen Mörders. So blieb Tomo also nichts anderes übrig, als sich seinem Schicksal zu fügen und die paar freien Tage im Krankenhaus zu genießen. Dies würde eine willkommene Abwechslung bieten. Schnarrend flog der Pfeil von der Sehne und mitten ins rotgefärbte Ziel. Gedankenverloren zog Rui den nächsten Pfeil aus dem Kescher und legte erneut an. Falten bildeten sich zwischen seinen Augenbraun und Schweiß perlte von seinem Nasenrücken, als er sich auf das weiter entfernte Ziel konzentrierte. Im Bogenschießen war Rui ungeschlagen, da konnten selbst Umi und Tomo nicht mithalten, die sonst in allen Kategorien gleichrangig die Internatsbesten waren. Aber das hatte Rui noch nie sonderlich interessiert und so ließ er den nächsten Pfeil surrend von der Sehne schnellen. Als der langhaarige alle Pfeile aus seinem Kescher abgefeuert hatte, drehte er sich zu seinem kleinen Nebenmann um. Tohya war zwar noch nicht länger als eine Woche auf dem Internat, dennoch konnte man schon eine Steigerung seiner Leistungen erkennen. Vielleicht lag es daran, dass er die letzten paar Tage nicht mit Tomo unterwegs war, der ja erst am folgenden Tag aus dem Krankenhaus entlassen werden würde. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Tohya wider Erwarten den Haudegen vermisste und sich in seiner Abwesenheit deswegen so bemühte, besser zu werden, damit er von ihm etwas Anerkennung bekommen könnte. Ein Lächeln stahl sich auf Ruis sanftes Gesicht. Egal wie sehr Tohya Tomo verehrte, Tomo würde sich nie auf einen Menschen näher einlassen. In so fern konnte einem der Welpe auch echt leidtun, aber Rui wusste, dass er Tohya trösten konnte, indem er selbst zu einem guten Freund des kleinen werden würde. Die mittags Hitze war auf dem Sportplatz, der mit keiner Ecke im Schatten lag, echt unerträglich und so lief jedem der wenigen Schüler aus Ruis und Tohyas Klasse der Schweiß in Strömen und ihre Kleidung klebte nur so an ihnen. Erleichtert seufzend drehte sich Tohya zu Rui um, nachdem er seinen letzten Pfeil abgefeuert hatte. „Was müssen wir als nächstes machen?“ „Hürden – und Dauerlauf.“ Es war Umi der anstelle von Rui antwortete. Überrascht drehten sich die zwei anderen zu ihm um. So ohne Yuh sah er sehr einsam und noch mürrischer aus als vorher. „Hey Umi“ grüßte Tohya den anderen und lächelte ihm zaghaft zu. Tohya hatte vorher schon nicht gewusst, wie er sich Umi gegenüber verhalten sollte und obwohl er die letzten paar Tage viel mit ihm zu tun hatte, bereitete ihm Umis Nähe Unbehagen. „Hi. Du machst dich wirklich gut. Man kann erkennen, dass du dir viel Mühe gibst.“ Umis Komplimente trieben die Schamesröte in Tohyas Wangen. „Danke. Aber ich bin immer noch viel zu schlecht…“ „Mach dir keinen Kopf, dass kommt mit der Übung.“ Diesmal antwortete Rui für Umi und beide lächelten sich zu. Auch Rui spürte die Trauer in Umi. Zwar redete er freundlich mit allen und gab Tohya sogar Komplimente, doch normalerweise war das nicht seine Art. Er machte das wohl, weil Yuh das in dieser Situation so gemacht hätte, dachte sich Rui und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter. Umi verstand, was Rui damit aussagen wollte und nickte nur bedrückt. Zusammen gingen die drei den anderen Schülern voran zum Hürdenlauf, dehnten ihre Muskeln und liefen sich etwas warm, damit ihnen die Muskeln nach dem Sportunterricht nicht so schmerzen würden. Mit Grauen sah Tohya dem Hürden- und Dauerlauf entgegen. Selbst wenn er Fortschritte machte, seine Kondition war fast gleich schlecht geblieben und so würde er danach wirklich total entkräftet sein. Er hatte ja sehr lange mit dem Muskelkater der letzten Sportstunden zu kämpfen und da sie täglich Sport hatten, hörte sein Muskelkater im Prinzip gar nicht mehr auf. Der kleine Welpe hoffte inständig, dass irgendwann einmal der Tag kommen würde, an dem er ohne Muskelkater aufwachen würde. Tohya stand zwischen Umi und Rui, warf beiden einen flüchtigen Blick zu und bemerkte, dass ein dunkler Schatten über Umis Gesicht hang. Sie alle waren traurig über den Verlust von Yuh, aber Umi schien die Sache besonders mitzunehmen und das obwohl er wie ein einsamer Wolf wirkte. Wobei, gestand sich Tohya ein, eher Tomo der einsame Wolf war und er sich selbst nur zum Deppen machte, solange er dem anderen hinter herlief. Nur schwach nahm er das Pfeifen der Lehrerin wahr, das den Start des Laufes signalisierte, sodass er von hinten von anderen Mitschülern angerempelt und beschimpft wurde. „Sorry“ flüsterte der Neue und begann loszulaufen. Trotz seinen Startschwierigkeiten, holte er ein paar Schüler wieder ein, doch zu Umi und Rui schloss er nicht mehr auf, was weder ihn noch die zwei anderen verwunderte. Am Ende des Unterrichts war der kleine am Ende seiner Kräfte und sackte mit dem Rücken gegen die Wand. Trotzallem war er nicht derjenige gewesen, der als letztes ins Ziel kam, was keiner geglaubt hatte. Den ganzen Weg zum Internatsgebäude zog der junge Tohya seine Sporttasche durch den Dreck hinter sich her. Er hatte einfach nicht genügend Kraft mehr in den Armen, um die Tasche noch tragen zu können. Die Hitze flirrte um ihn herum und nur sehr schwach streifte der Mittagswind ein paar Baumkronen zu Seiten des Sees. Tohya hob den Kopf, sah sich um und nahm nur ein rauschendes Flimmern war, sodass ihm entferntere Dinge verschwommen im Blickfeld lagen und glaubte, dass das Zirpen der Zikaden augenblicklich angeschwollen war. Der Junge Strauchelte, taumelte und schaffte es im letzten Moment, sich aufzufangen. „Das ist nicht gut, gar nicht gut…“ Hilflos blickte sich der dunkelhaarige um, sah die Bäume zu seiner Rechten und steuerte auf sie zu. Etwas Schatten und Kühle würden ihm sicher gut tun und dafür sorgen, dass er im nächsten Augenblick nicht schon wieder zusammen klappen würde. In Gedanken versunken schleppte Tohya sich in den Schatten eines großen und kräftigen Baumes, ließ sich gegen den Stamm fallen und sackte an ihm zusammen. Innerhalb weniger Augenblicke war er sitzend eingeschlafen. Vor Erschöpfung. So merkte der Welpe nicht, wo er gerade eingeschlafen war, denn vor ihm lag halb im Schatten des Baumes ein großer See, in dem es immer noch ganz leicht rötlich glänzte. Umi hatte sich schneller als sonst umgezogen und ging zügigen Schrittes in den Wohntrakt des Internats zurück, auf sein und Yuhs Zimmer und kam sich fast schon töricht vor, gehofft zu haben, einen noch lebenden Yuh vorzufinden. Entsetzt ließ er seine Sporttasche zu Boden fallen und sich direkt nebendran. Wie konnte es soweit kommen? Dass Umi einem anderen Menschen so einen großen Teil seines Herzen zugestand? Schon wieder saß er auf dem Boden, fragte sich nach dem Warum und fand wieder keine Antwort. Mit Tränen in den Augen blickte er hoch, den Kopf in den Nacken gelegt, starrte die Deck an ohne sie wirklich anzustarren. Langsam, fast schüchtern liefen dir Tränen Umis Wangen entlang, perlten vom Kinn auf seine Brust. Ein Bild von Yuh, lächelnd, lebendig erschien ihm vor seinen Augen und Verzweiflung packte Umi. Absolut versonnen trommelten seine Fäuste wie wild auf den Boden ein. Wie ein getretenes Kind schrie er seinen Schmerz aus sich heraus und spürte dennoch keine Linderung. Den aufkommenden Schmerz in seinen Händen ignorierend schlug Umi weiter und weiter auf den harten Dielenboden in seinem Zimmer ein. Es interessierte ihn nicht, dass es an der Zimmertür klopfte, dass man sanft seinen Namen rief, dass er immer noch am schreien war, dass man seine Schläge durch den ganzen Gang hören konnte. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Umi die Kräfte versagten und sein Schreien leiser wurde, seine Schläge seltener, seine Tränen versiegten. Zusammengekauert lag der junge Kerl nun auf dem kalten Holzboden mit leeren Augen die verärgert in die Ferne zu blicken schienen. Es dauerte wieder eine halbe Ewigkeit bis sich Umi erneut bewegte. Apathisch setzte er sich auf, ging auf wackeligen Beinen in das kleine Bad, entledigte sich seiner Kleidung und stieg unter die Dusche. Eiskaltes Wasser rann ihm von den Schultern hinab zu seinen Füßen und abwärts in den engen weitläufigen Kreislauf des Wassers hin zur Kläranlage. Gänsehaut überzog den zierlichen Körper, ehe sich Umi aufraffen konnte, auch das warme Wasser aufzudrehen. Mit geschlossenen Augen ließ er das Wasser auf sich einwirken, seine Tränen wegspülen. In Jogginganzug und Sandalen verließ Umi das Zimmer, dass ihn die letzten Tage zu erdrücken schien und schlurfte durch die Gänge, besah sich seine Fäuste. Dunkelrot bis bläulich und im Begriff anzuschwellen. Seufzend stecke er sie zurück in die Jackentasche und ließ den Kopf hängen. Vor dem Tor des Wohntrakts angekommen, hob Umi kurz den Kopf, aber nur um zu schauen, dass er die richtige Tür erwischte und drückte sich in die Nachmittagshitze hinaus. Vielleicht verflog sich dann auch die Kälte, die seinen Körper gefangen hielt. Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, ermutigte Umi, weiter zu gehen und sich vorerst nicht umzudrehen. Ohne auch nur irgendeinen Gedanken zu denken, ging Umi auf den See drauf zu und blieb zwischen Bank und See stehen. Dort, wo… Zikaden zirpten, Blätter im Wind raschelten, Grashalme sich verbogen, Umi dastand und sich Yuh zurückwünschte. Umis Augen wanderten von dem wolkenlosen Himmel hinab zu dem dunklen See, welcher immer noch einen leichten Rotschimmer an vereinzelten Stellen aufwies. Da es die letzten Tage nicht geregnet hatte, war das Blut noch nicht ganz verschwunden. Bei der Menge eigentlich auch kein Wunder, doch das besänftigte Umi nicht. Vorsichtig setzte sich der junge Mann auf die Bank, ohne einen Blick nach hinten zu verschwenden, wenn er gefallen wäre, so wäre er tief gefallen und hart gelandet. Schlaff hingen seine Arme runter, sein Kopf hing über der Lehne der Bank; Umi hatte einfach keine Kraft mehr im Körper. Natürlich war Umi physisch in bester Verfassung, nur psychisch war er so angeschlagen, dass sein Körper sich auf stur stellte. Mit geschlossenen Augen saß er für einige Zeit lang regungslos da und horchte auf die Stimme des Windes in der Baumkrone über ihm. Erst nach vielen weiteren Minuten bemerkte er aus dem Wind noch ein anderes Geräusch. Es war ganz leise und sanft. Verwundert richtete sich Umi auf und blickte sich um. Mehr aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er die Ursache des sanften, leisen Geräusches. Tohya saß an den Baum gelehnt und schlief friedlich. Sein Kopf war auf seine Schulter gesunken und lag vollkommen im Schatten. „Das hier ist doch kein Ort zum schlafen!“ dachte Umi und seufzte tief. Er blickte noch einige Minuten zu Tohya, bemerkte wie fertig und zermürbt der junge Welpe wirkte und wandte seinen Blick von ihm ab. Tohya mochte äußerlich total zermürbt aussehen, doch hatte er ein blühendes Herz. Umi hingegen wirkte nach außen hin gesund, war aber innerlich absolut zermürbt. Nur hatte er es sich selbst nicht eingestehen wollen. Hätte Yuh sich nicht umgebracht, würde es sich Umi auch immer noch nicht eingestehen. Der Tod seines Kameraden hatte ihn verändert. Sehr sogar. Mehr als es dem Attentäter lieb war, je lieb gewesen wäre. Doch das konnte er nicht ändern. Nicht mehr. Nicht jetzt, da… Leise hörte er Tohya seufzen und drehte sich erneut zu dem kleinen Welpen um. Er schien friedliche Träume zu haben. Gut, dass Tohya nicht von toten Kameraden verfolgt wurde. Gut, dass er zu unerfahren war, um Aufträge zugeteilt zu bekommen. Gut, dass er sich nicht von Tomos Gemüt hatte anstecke lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)