Silhouette of myself. von Papierherz (Sasuke und Sakura.) ================================================================================ Kapitel 1: Glück zählt. -----------------------  Ich hörte noch wie die Haustür ins Schloss fiel, bevor meine Mutter sich einige Sekunden später vor mir aufbaute. Ihr braun gefärbten Haare waren ein wildes Durcheinander und sie hatte eine frustrierten Gesichtsausdruck. Doch das kümmerte mich gerade herzlich wenig. Es tat so weh. Einen kurzen Augenblick lang schaute ich sie an, bevor ich versuchte, mich an ihr vorbeizudrängen, doch sie versperrte mir den Weg. “Fräulein. Weißt du eigentlich, dass du zu spät bist?” Ja, verdammt!, schrie ich in Gedanken, ich weiß, dass ich zu spät bin. Mein Herz schien sich krampfhaft zusammen zu ziehen. Für mich ist es zu spät. “Sind doch nur zehn Minuten.”, murmelte ich stattdessen. Meine Gedanken würde sie nie hören. Sie verdiente es nicht. Dabei liebte ich sie doch so sehr. “Ha!”, schrie sie auf und warf die Arme in die Luft. “Nur? In zehn Minuten kann vieles passieren. Ich hab mir verdammt viele Sorgen gemacht.” Worüber? Dass mich deine Kollegen mit einem ungepflegten Jungen alleine sehen? Oder dass man schlecht über dich redet? Ich senkte meinen traurigen Blick und ging an ihr vorbei. “Das wird noch ein Nachspiel haben. Und jetzt macht deine Hausaufgaben!” Danke der Nachfrage, aber mir geht es schlecht. Ich war so bedeutungslos. Ich verdiente nicht einmal nach mir selber gefragt zu werden. Es tat so verdammt weh. “Sakura.” Ich verharrte in meiner Bewegung, meine recht Hand schon auf der Türklinge meines Zimmers. Meine jüngere Schwester Anzu schaute mich mit einem breiten Grinsen an. “Du bist wieder zu Hause.”, sagte sie erfreut und stellte sich neben mich. Sie war ein bisschen kleiner als ich und hatte ebenfalls gefärbte Haare, doch ihr waren weinrot. Meine Mutter hatte damals fast einen Nervenzusammenbruch gekriegt, doch Anzu war anders als ich. Ganz anders. Sie bekam nur ein Nicken von mir. Dann trat ich in mein Zimmer und sie folgte mir. Während ich meine Tasche abstellte, warf sie sich in mein Bett und starrte immer noch grinsend an die Decke. Ich wünschte, ich wäre so glücklich wie sie. Was habe ich falsch gemacht? Seufzend fuhr ich mir durch die Haare. Ich hasste sie. Ich hasste meine Hände. Ich hasste mich. Verdammt. “Sakura?” Ich blickte überrascht auf. Sie hatte sich aufgesetzt und schaute mich mit ihren großen, grünen Augen an. “Hm?” Ihr Augen strahlten. “Ich bin verliebt!” Glücklich… Ich lachte leise. Doch mein Herz blieb stumm. “Wer ist denn der Glückliche?” Plötzlich sprang sie auf mich zu und nahm meine Hände in ihre. Etwas verwundert schaute ich sie an. Dann legte sie sich eine Hand auf ihr Herz. “Er ist ein Gott, Sakura! So wunderschön. Ich muss ihn dir unbedingt vorstellen.” Ich nickte. “Aber weiß Mama schon davon?” Anzu verdrehte die Augen. “Pf! Die würde doch nur Stress machen. Aber ihm macht es nichts aus, durch das Fenster zu klettern.” Fenster? Klettern? Ich dachte, mich verhört zu haben. Er war also schon hier gewesen? Ich machte mir Sorgen. Sie war doch erst 16. “Wie alt ist er denn?”, versuchte ich so beilläufig wie möglich zu fragen, während ich meine Schulsachen auspackte. Eigentlich hatte ich keine Lust, diese heute zu machen. Ich hielt inne. Ich würde sie heute nicht machen. “Er ist 18.” “Was?”, zischte ich und drehte mich zu ihr um. Das war unmöglich! Was dachte sie sich dabei? “Anzu! Der ist doch viel zu alt für dich!” Sie wirkte beleidigt, doch dann lächelte sie. “Es sind nur zwei Jahre. Außerdem bin ich glücklich! Und das zählt.” Glücklich sein. Das zählt. Mit diesen Wort verließ sie mein Zimmer und ließ mich zurück. Langsam sackte ich in meinen Stuhl, fuhr mir durch die Haare und krallte mich in ihnen fest. Hatte ich etwa kein Recht dazu? Sie hatte mich abgelenkt, doch nun kamen die Erinnerungen wieder. Inos Satz hallte immer und immer wieder in meinem Kopf. Ich versuchte angestrengt, nicht an ihre Worte zu denken, doch sie waren wie ein spitzer, scharfkantiger Stein, der sich in meinem Herzen mit jedem Schritt, den ich tat, hin und her wand und bleibende Wunden hinterließ. Bis jetzt war doch alles immer perfekt gewesen, wieso stürzte plötzlich alles über mir ein wie eine Katastrophe? Bisher dachte ich, dass ich alles richtig machte, so wie ich es tat und so wie meine Eltern es mir vorschrieben. Habe ich etwas mein ganzes bisheriges Leben aus dem Fenster geschmissen, weil ich nie auf mein Herz gehört habe? Wie sehr habe ich mich eigentlich verstellt? Wer war ich überhaupt? “Verdammt!”, murmelte ich. Das war einfach zu viel. Dieses Gewicht, was auf meinen Kopf drückte, er drohte deswegen zu platzen. Wie konnte das passieren? Wie konnte es so weit kommen… dass nicht mal ich wusste, wer ich wirklich war? Aber vielleicht reagierte ich auch einfach über. Bis jetzt war ja auch alles okay gewesen. Zwar nur okay, aber es war nicht so, dass ich unzufrieden war. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass ich noch nie daran gedacht habe, dass ich unzufrieden sein sollte? Doch wenn ich sah, wie manche Menschen einfach glücklich waren, fragte ich mich schon, wo war mein Glück geblieben? Ich hab mich noch nie so wirklich frei und glücklich gefühlt. Natürlich habe ich oft gelacht, aber irgendwie war es nie das Lachen, das einfach vom Herzen kam und unbeschwert war. Ich schüttelte den Kopf. Das musste ich mir alles einbilden. Und Ino meinte es sicherlich auch gar nicht so, wie sie es gesagt hatte. Es war eine Lüge. Mein Leben war eine Lüge. Dieser Tag war absolut zum Kotzen! Ich schloss dir Tür zu und warf mich anschließend aufs Bett. Es war erst später Nachmittag und meine Augen fühlten sich so schwer an. Ich wollte nur noch schlafen. Und nie mehr aufwachen. Doch ich wachte wieder auf. Als ich meine Augen öffnete, war es draußen dunkel, mein Zimmer nur schemenhaft zu erkennen. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Kurz vor Mitternacht. Ich rollte mich auf die Seite und starrte aus dem Fenster, welches ein bisschen Licht von der Straßenlaterne in meiner Zimmer ließ. Meine Mutter hatte sicherlich versucht, mich aufzuwecken. Ihr Kontrollzwang war verrückt. Wieso fiel mir das alles erst jetzt auf? Mein Vater war so selten da, ich vergaß manchmal, wie er wirklich aussah, meine Mutter viel zu oft zu Hause. Und wer hatte entschieden, wie die Möbel in meinem Zimmer stehen sollen? Ich nicht. Es war verrückt, vielleicht sogar krank, doch ich konnte es nicht ertragen und schloss die Augen. Ich habe das nicht verdient. Ein leises, dumpfes Kichern drang zu mir durch. Eindeutig Anzu. Erneut öffnete ich meine Augen. Ihr Freund war wieder da. Wie er wohl aussah? Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Wieso hatte sie so viel mehr Glück in ihrem Leben. Nein, ich konnte ihr soviel Glück nicht gönnen, wenn ich selber nicht so etwas fühlen durfte. Unfair, unfair, unfair. “Und jetzt husch, husch, ab nach Hause mit dir.”, hörte ich Anzu sagen. Ich konnte meine Neugierde nicht halten und sprang auf, um aus dem Fenster zu spähen. Und tatsächlich kam er durch das Fenster, doch ich konnte nicht viel erkennen. Er musste sie wirklich lieben, wenn er so etwas auf sich nahm. Aber ich konnte es nicht verstehen. Wie konnte sie sich trauen, unseren Eltern so etwas zu verheimlichen, so etwas zu wagen? Natürlich konnte ich es nicht verstehen, ich war ein ganz anderer Mensch. Ich muss mich ändern. Konnte ein Kopf explodieren? Meiner fühlte sich so an. Die Kopfschmerzen waren so unerträglich, ich wollte schreien. Ich wollte mir den Kummer von der Seele schreien, wenn es etwas ändern würde. “Sakura?”, fragte meine Mutter und klopfte leise an meine Tür. Ich wollte nicht raus. Ich wollte nicht in diese Schule. Doch anstatt mich zu weigern, ging ich zur Tür und schloss sie auf. Ich will doch gar nicht. Sie strafte mich mit einem wütenden Blick. Ja, trampel auf mir rum, darauf habe ich die ganze Zeit gewartet. “Was fällt dir ein, deine Tür abzuschließen? Ist dir eigentlich klar, wie spät es ist? Du kommst zu spät! Mach dich sofort fertig und mach dich auf den Weg.” Dieses Pochen an meiner Schläfe wurde stärker. “Tut mir Leid.”, sagte ich zerknirscht und ging sofort ins Bad, um mich fertig zu machen. Wieso sah sie nicht, dass es mir schlecht ging? Und wieso verschwieg ich es? Ich wollte sie nicht enttäuschen. Ich wollte eine gute Tochter sein. Denn nur eine gute Tochter machte ihre Eltern glücklich. Wieso konnte ich andere glücklich machen, aber mich selber nicht? Stumm ging ich in die Küche. Es sah aus wie immer. Auf dem Tisch hatte meine Mutter ein großes Frühstück errichtet, doch dieses mal hatte ich keinen Hunger. “Iss schnell auf und dann fahr ich dich zur Schule.” Ich drehte mich um, um meine Mutter anzusehen. Sie lächelte mich glücklich an, als hätte sie alles vergessen. Ich wollte auch so schnell vergessen, doch das war unmöglich. Jede einzelne Erinnerung brannte sich in meinen Kopf. »Die Erinnerungssplitter liegen herum und ich trete rein.« Ich wollte nicht, dass sie mich zur Schule fährt. Zeit für eine Veränderung. Oder? “Ich hab aber keinen Hunger.”, sagte ich. Keinen Hunger mehr auf Enttäuschung, auf verletzende Erinnerungen. Sie lächelte immer noch. “Gut, dann pack ich dir etwas mehr für die Schule ein. Und du ziehst schon einmal deine Schuhe an. Ich komme gleich.” Ich musste mich dazu zwingen, das zu sagen. Ich wollte sie nicht verletzten, damit tat ich mir selber wer, dennoch konnte es so nicht weiter gehen. Es war nicht fair, dass ich andere glücklich machte, die mich permanent verletzten. Meine Mutter hatte immer nur an sich gedacht, mit allem was sie tat, wieso fällt es mir erst jetzt auf? Sie wollte mich zur Schule bringen, damit die Nachbarn nicht mitbekamen, dass ich zu spät kam und sie darauf ansprachen. Mir war es egal, was sie dachten, solange sie mich nicht verletzten. So wie sie es immer tat. “Ich gehe aber zu Fuß.”, sagte ich. Jetzt hielt sie inne. Kurze Zeit regte sie sich nicht. Hab ich sie verletzt? Erschrocken? Als sie sich umdrehte, war ihr Lächeln verschwunden und sie hatte eine finstere Miene aufgelegt. “Was sagst du da? Du kommst zu spät! Und außerdem möchte ich nicht noch eine Tochter wie Anzu.” Den letzten Satz murmelte sie so leise, während sie sich umdrehte, doch ich hörte es. Ein Stich ins Herz. Anzu war kein schlechter Mensch, weil sie glücklich war. In diesem Moment verspürte ich einen Hass auf meine Mutter wie nie zuvor. Mich durfte sie herumschubsen, beleidigen, mich verletzten oder ignorieren, aber nicht versuchen das Glück meiner Schwester zu zerstören. Augen auf. Die Welt sieht ganz anders aus. “Eine Mutter wie du hat Anzu als Tochter nicht verdient.”, donnerte ich. Mein Verstand setzt aus. Ich packte mein Schulbrot und lief raus, ohne auf die Worte zu achten, die meine Mutter mir hinterher rief. Sie stießen auf taube Ohren. Was war Träne und was Regen? Ich wusste es nicht. Kopflos bin ich aus dem Haus gestürmt, bin weggelaufen so schnell ich konnte. Wohin kannst du schon rennen, um vor dir selbst zu fliehen? Ich starrte meine Schuhe an, die vollkommen durchnässt waren. Die einzigen Geräusche, die zu mir durchdrangen, waren mein einsames Schluchzen und das Plätschern des Regens. Meine Haare klebten in meinem Gesicht, so wie der Schmerz in meiner Seele. Ich blickte gen Himmel, der Regen peitschte in mein Gesicht. Konnte er nicht einfach meinen Schmerz mit sich spülen? Bitte. Es war der dumpfe Schlag, der mich vollkommen durcheinander brachte, als ich in die nächste Straße einbog. Mit einem Mal saß ich auf dem nassen Boden. Meine Hände schmerzten höllisch, nachdem ich versucht habe, mir abzustützen, meine Augen brannten von den vielen Tränen… Und mein Herz zerriss. Hielt ein Engel mir die Hand hin? Ich war so verdattert. Er war wunderschön. Seine schwarzen Haare glänzen vom Regen und fielen ihm trotzdem locker in sein wunderschönes Gesicht, seine dunklen Augen auf mich geheftet, seine große Hand in meine Richtung gestreckt. Ich ergriff sie. Seidenweich. Seine Haut war seidenweich. Ich wollte, dass er meine Hand nie wieder losließ. Halt mich fest, für immer! Ich versuchte ihn anzulächeln, doch es traf mich wie ein Schlag. Ich sah schrecklich aus und er war wunderschön. Doch ich versuchte mein Lächeln aufrecht zu erhalten, so wie ich es immer tat, um den Schmerz aus meinem Gesicht zu verdrängen. “Tut mir Leid.” Er nickte kurz, während er mich mit einem skeptischen Blick musterte. “Schon okay.” Er bückte sich, während ich benommen ins Nichts starrte und hielt mir meine Tasche hin, die mir aus der Hand gerutscht war. Wann ist das passiert? Mein Kopf war vollkommen leer, nur sein Gesicht und seine Stimme waren noch dort. Ich bedankte mich leise und er ging an mir vorbei, ohne ein weiteres Wort. Mein Herz hatte so schnell geflattert und füllte mich wieder mit Leben, doch plötzlich setzte es wieder aus. Schon lange nicht mehr, hatte ich mich so lebendig gefühlt. Ich schloss die Augen und dachte an ihn und mein Herz schlug wieder schneller. Komm zurück. Ich will mich wieder lebendig fühlen. Ob ich ihn jemals wieder sehen würde? Ob er auch an mich dachte? An das, was passiert ist? Hatte er sich auch so gefühlt? Ob der Regen aufgehört hatte zu fallen, um ihn nicht aus meinen Gedanken zu spülen? Ob das Liebe auf den ersten Blick war? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)