Wounded Soul von Redbird2 ================================================================================ Kapitel 1: Schneeweiß und Blutrot... ------------------------------------ Kapitel 1 „Es hat geschneit! Es hat geschneit!“ Voller Begeisterung rannte der kleine Junge ans Fenster und bestaunte die weiße Landschaft, die sich vor seinem Auge ausbreitete. Wie herrlich das glitzerte! So etwas sah man zuhause in der Stadt nicht. Wenn dort in der Nacht Schnee fiel, war er am Morgen meist schon grau und zertreten und war nur ein Ärgernis für die Leute, die versuchten trockenen Fußes zur Arbeit zu kommen. Aber hier… Bis zum Horizont erstreckte sich eine makellos weiße Ebene, die noch von keinem Fußabdruck zerstört worden war, voller Verheißungen auf einen fantastischen Tag. Der Junge sprang vom Fenster weg und schnappte sich sein Kopfkissen. So bewaffnet schlich er zur anderen Seite des Zimmers, wo eine zweite Person noch friedlich in ihrem Bett schlief. Für einen Moment verharrte der Junge und besah sich die schlafende Gestalt seines Bruders. Doch dann… „Wach auf Sergej! Das musst du dir ansehen!“ Mit diesem gellenden Schrei schlug er seinem Bruder das Kissen um die Ohren. Erschrockenen schlug dieser die Augen auf und richtete sich auf, noch total verpennt und mit einem Ausdruck höchster Verwirrung auf dem Gesicht. Der kleine Junge brach bei diesem Anblick in schallendes Gelächter aus, musste sich jedoch im nächsten Moment ducken, um dem Kissen auszuweichen, welches Sergej nun wutschnaubend nach ihm warf. „Mann, Kai, ging das nicht ein bisschen sanfter! Du hast mich ja zu Tode erschreckt!“ Immer noch lachend richtete sich der Junge namens Kai auf und strahlte seinen Bruder an. „Sei doch nicht gleich sauer! Komm steh auf, draußen hat es geschneit! Wir können Rodeln gehen oder Schlittschuhlaufen oder wir suchen im Wald nach Tierspuren oder wir bauen einen Schneemann oder noch besser ein Iglu oder…“ Voller Begeisterung plapperte der Kleine drauflos, hielt aber inne, als sich eine Gestalt ins Zimmer schob. Ein Mädchen mit kastanienbraunen Haaren, smaragdgrünen Augen und einem langen hellblauen Nachthemd mit Teddybärmuster schlüpfte durch die Tür und musterte die Szene. „Was macht ihr denn schon so früh für einen Radau?“, fragte sie ihre Brüder. Kai war immer noch ganz aufgeregt. „Hast du das gesehen, Nadia? Draußen liegt überall Schnee! Los, lasst uns rausgehen, dann können wir…“ Und wieder verfiel er in seine Aufzählung all der Aktivitäten, die man an so einem herrlichen Wintertag unternehmen konnte. Sergej seufzte schicksalsergeben und schälte sich aus seiner Decke. Im Nu hatten die drei Kinder ihre dicken Sachen angezogen und rannten die Treppe runter. „Seid leise, sonst weckt ihr noch Mama und Papa!“, versuchte Sergej seine beiden jüngeren Geschwister zu ermahnen, doch die hörten ihm natürlich überhaupt nicht zu. Nadia hatte bereits ihre Stiefel angezogen und wartete nun ungeduldig an der Haustür, während Kai sich noch mit seinen Schnürsenkeln abmühte. Das Hilfsangebot von Seiten Sergejs lehnte er entschieden ab. Schließlich war er schon fünf Jahre alt und konnte schon ganz viele Sachen alleine machen, sogar seine Jacke zuknöpfen! Obwohl er zugeben musste, dass er mit dem Schleifebinden noch seine Schwierigkeiten hatte. Doch schließlich war auch das geschafft und mit einem Freudenschrei liefen die drei Geschwister nach draußen. Das war ein Morgen! Sie hatten so viel Spaß, wie ihn Stadtkinder an einem Wintertag auf dem Lande nur haben konnten. Sie tobten umher und bewarfen sich mit Schneebällen und ihr fröhliches Lachen schallte über die einsame Landschaft. Sie waren schon ganz verschwitzt, als eine Frau im Rahmen der Haustür erschien. Sie war schlank, ihr hüftlanges Haar - vorne Silbergrau und am Hinterkopf dunkelblau – schimmerte im Licht und ihre Augen besaßen ein funkelndes Rubinrot. Mit eben diesen Augen verfolgte sie die tobenden Kinder und ein Lächeln erschien auf ihrem schönen Gesicht. Der Name dieser Frau war Tanja Hiwatari. Die drei waren so vertieft in ihr Spiel, dass sie die Anwesenheit der Frau erst bemerkten, als diese nach ihnen rief. „Ihr seid ja schon früh auf den Beinen! Kommt jetzt rein, das Frühstück ist fertig!“ Das ließ sich keiner zweimal sagen und begeistert stürmten die Geschwister ihrer Mutter entgegen. Lachend schloss sie jedes ihrer Kinder in die Arme und trieb sie dann in die Küche, wo ihr Vater bereits damit beschäftigt war, Brote für alle zu schmieren. Auch er wurde stürmisch begrüßt und dann ließ sich die gesamte Familie am Tisch nieder um gemütlich zu frühstücken. Abwechselnd und sich immer wieder gegenseitig unterbrechend erzählten die Kinder von ihren Spielen im Schnee. „…unf fann hafen fir eifen Feeballfacht…“ „Sergej Hiwatari, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht mit vollem Mund reden sollst? Du solltest Kai und Nadia ein Vorbild sein“ Mit strengem Blick taxierte der Vater seinen Ältesten und dieser schluckte betreten seinen Bissen runter. „Warum sollte er mir ein Vorbild sein? Er ist doch nur drei Jahre älter als ich…“, murrte Kai, doch seine Schwester fiel ihm ins Wort. „Bei dir macht der Altersunterschied ja noch was aus, aber ICH bin nur ein Jahr jünger als Sergej!“ „Ob ein Jahr oder drei, ihr seid auf jeden Fall jünger als ich!“, feixte Sergej nun wieder, erntete dafür jedoch böse Blicke von seinen Geschwistern. Ihre Mutter lachte. Sie kannte diese gelegentliche Kabbelei ihrer Kinder und amüsierte sich immer wieder aufs Neue darüber. Vom Charakter her waren sich die Geschwister unglaublich ähnlich. Was das Aussehen allerdings betraf… Verstohlen musterte sie die drei. Sergej sah mit seinen acht Jahren schon jetzt aus wie sein Vater: kurzes kastanienbraunes Haar, eine kräftige Nase und smaragdgrüne Augen. Auch Nadia sah ihm sehr ähnlich, obwohl ihre Gesichtszüge etwas weicher waren. Kai dagegen hatte ganz das Aussehen seiner Mutter geerbt: rubinrote Augen, scharf geschnittene Züge und natürlich die zotteligen dunkelgrauen Haare, die am Hinterkopf in ein dunkles Blau übergingen. Und das war nicht das Einzige, worin er nach seiner Mutter schlug. Er konnte kaum stehen und gehen, als er begonnen hatte, mit seinen Patschehändchen nach ihrem Beyblade zu greifen. Sie bewahrte ihn in einem Schrank im Wohnzimmer auf, in Erinnerung an ihre Zeit als erfolgreiche Bladerin. Natürlich wäre sie nach den heutigen Maßstäben kaum mehr konkurrenzfähig, aber in ihrer Jugend hatten sie und ihr Bitbeast so manchen Gegner aus der Arena befördert. Der Sport hatte sie fasziniert und ihrem jüngsten Sohn ging es offenbar nicht anders. Immer wenn er glaubte, dass sie es nicht merkte, schlich Kai zum Wohnzimmerschrank und holte den Blade hervor, fuhr mit dem Finger über das blau schimmernde Metall und versank in der Betrachtung des prächtigen Phönix, der in der Mitte prangte. Er war ganz begeistert gewesen, als er zum fünften Geburtstag einen eigenen Blade geschenkt bekommen hatte und seine Mutter anfing, mit ihm zu üben. Auch Sergej und Nadia bladeten, aber sie waren bei weitem nicht mit soviel Begeisterung dabei wie er und sie besaßen auch nicht sein Talent. So sehr es sie auch wurmte, aber gegen ihren kleinen Bruder hatte keiner von ihnen eine Chance. Aus diesem Grund stieß Kais Vorschlag, man könnte doch aus dem Schnee eine Beybladearena formen, nun auch auf wenig Gegenliebe. „Das ist doch öde und außerdem ist der Schnee dafür viel zu nass! Aber wie wär’s, wenn wir Schlittschuhlaufen gehen?“ Und genau das taten sie auch. Nicht weit von ihrem Haus war ein See, der schon fest zugefroren war, obwohl der Winter doch gerade erst hereingebrochen war. Auf dem Land war der russische Winter wirklich vollkommen anders als in Moskau. Ihr Vater hatte sich bereits für seine Idee beglückwünscht, dieses Ferienhaus für ein paar Tage zu mieten. Er war schon immer der Meinung gewesen, dass Kinder nicht ständig von Hochhäusern und überfüllten Straßen umgeben sein sollten, und Kai, Sergej und Nadia hatten ja sichtlich ihren Spaß. Besonders der Schneefall in der letzten Nacht war schön gewesen, denn so konnten die Kinder noch einmal nach Herzenslust an der frischen Luft toben, bevor die Familie am nächsten Tag wieder nach Hause fahren musste. Daniel Hiwatari lächelte, als er die Hand seiner Frau ergriff und mit ihr gemütlich zum See hinunterschlenderte, auf dem sich seine drei Kinder bereits ein spannendes Wettrennen lieferten. Kai mit seinen kurzen Beinen hatte natürlich überhaupt keine Chance und segelte ständig auf die Nase, was bei Nadia lautes Gelächter hervorrief. Dabei vergaß sie jedoch zu bremsen und stieß gegen Sergej, der ins Taumeln geriet und versuchte sein Gleichgewicht zu halten, indem er sich an seine Schwester klammerte. Das Ergebnis war, dass die beiden als ein buntes Knäuel aus Armen und Beinen auf dem Eis lagen, was wiederum Kai zum Lachen brachte. Sie hatten viel Spaß an diesem Tag. Zusammen mit ihren Eltern bauten sie einen riesigen Schneemann und unternahmen einen Winterspaziergang, bei dem sie sogar auf eine Gruppe Rehe stießen, die beim Anblick der Menschen mit großen Sätzen davon sprangen. Am Nachmittag suchten sich die Kinder einen großen Hügel zum Rodeln und erst als es so dunkel wurde, dass sie nicht mal mehr die eigene Nasenspitze erkennen konnten, kehrten sie zum Haus zurück. Dort wurden sie schon vom verführerischen Duft eines leckeren Abendessens willkommen geheißen und im Nu hatten sie sich aus ihren Jacken geschält und saßen wieder um den Tisch herum. Sie waren so hungrig, dass jeder von ihnen es schaffte, sich dreimal nachzulegen, bis sie keinen Bissen mehr runter bekamen. Ihr Vater lachte. „Man könnte meinen, ihr hättet seit Tagen nichts gegessen. Seid ihr sicher, dass…“ Er brach mitten im Satz ab. Auch die anderen hatten es gehört. Ein Klopfen. Sie lauschten. Da war es schon wieder! Irgendjemand stand draußen an der Haustür und klopfte. Verwundert erhob sich Daniel. Wer konnte das so spät noch sein? Die nächsten Nachbarn wohnten etwa zwei Kilometer entfernt. War das vielleicht der Eigentümer des Hauses? Aber dem hatte er doch gesagt, er würde den Schlüssel morgen vorbeibringen. „Vielleicht irgendwelche Leute, die sich verfahren haben und nach dem Weg fragen wollen“, meinte er zu seiner Frau und verließ die Küche. Kai sah ihm neugierig hinterher und beschloss dann, ihm nachzulaufen. Er glitt von seinem Stuhl und folgte seinem Vater in den Flur, wo dieser gerade die Haustür öffnete. „Ja, bitte? Was wünschen Sie?“ Kai hörte die Stimme seines Vaters, doch wer immer dort vor der Tür stand, antwortete nicht. Stattdessen stieß Daniel plötzlich einen lauten Schrei aus. Kai erfuhr nie, ob es Worte gewesen waren, die sein Vater rief, denn noch bevor er irgendetwas verstehen konnte, zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Luft. Mit schreckensweiten Augen beobachtete Kai, wie sein Vater zwei Schritte rückwärts in den Flur taumelte und dann zu Boden fiel, mit dem Gesicht nach oben. Nur dass dort kein Gesicht mehr war… Unfähig sich irgendwie zu rühren starrte Kai auf die blutige Masse, wo bis eben noch die geliebten Züge seines Vaters gewesen waren. Die Zeit stand still. Es gab keine Geräusche mehr auf der Welt. Nichts rührte sich mehr. Er selbst war gelähmt und dazu verdammt, für immer die zerfetzte Leiche seines Vaters zu betrachten und das Blut, das aus seinem Kopf sickerte, über den Teppich floss und alles durchtränkte: das braune Haar, dem von Kai so unähnlich; das grüne Hemd, von dem Mama immer androhte es endlich wegzuwerfen; die abgenutzte Armbanduhr, die er trug, solange Kai denken konnte; die gebräunte Haut, die sich über seine starken Arme spannte; die Jeans, über die Nadia einmal ihren Kakao geschüttet hatte… Alles wurde von einem Moment zum anderen tiefrot. Und auch der Boden wurde rot, ebenso wie die Wände und die Luft. Es schien keine andere Farbe mehr zu geben als rot. Blutrot… Der Klang schwerer Schritte riss Kai in die Wirklichkeit zurück. Er wusste nicht zu sagen, ob Sekunden vergangen waren oder Jahrzehnte. Angesichts der beiden dunklen, hoch aufragenden Gestalten, die nun den Flur betraten, schien ihm diese Frage nebensächlich. Sie schritten langsam auf ihn zu: zwei Menschen – ob Männer oder Frauen wusste er nicht zu sagen – mit langen schwarzen Mänteln, die Gesichter hinter dunklen Tüchern und Kapuzen verborgen – und beide mit einer Pistole in der Hand. Vollkommen unfähig sich zu regen starrte Kai auf die Waffen. Er wollte schreien, wollte weglaufen, doch er konnte sich nicht bewegen, konnte kein Glied rühren. Er würde hier stehen bleiben müssen, bis auch sie auf ihn anlegten, bis sie ihn ebenfalls töteten. Ein Klirren wie von zerbrechendem Glas und ein durchdringender, panischer Schrei drangen aus der Küche. Der Schrei einer Frau… Mama! Er musste zu ihr! Zu ihr, Nadia und Sergej! Sie würde ihn beschützen, sie würde machen, dass die Gestalten weggingen! Alles würde wieder gut, wenn er es nur zu ihr in die Küche schaffte! Papa würde nicht tot sein, sie würden alle wieder fröhlich beim Essen sitzen! Er musste nur zu ihr! Er befahl seinen Beinen sich zu bewegen und war froh, als sie gehorchten. Doch auch wenn er die Lähmung überwunden hatte, schien alles wie in Zeitlupe abzulaufen. Er hatte das Gefühl, als vergingen Stunden ehe er es endlich schaffte, sich umzudrehen und die ersten Schritte den Flur entlang lief. Er war sich sicher, dass die Gestalten hinter ihm jeden Moment ihre Pistolen auf ihn richten würden. So langsam wie er sich bewegte, konnten sie ihn doch gar nicht verfehlen. Mit jedem zähen Schritt, den er machte, kamen sie ihm immer näher. Er hörte sie, spürte ihre Blicke in seinem Rücken, wartete nur darauf, plötzlich eine Kugel im Nacken zu fühlen… Und dann hörte er das Geräusch, das er so sehr gefürchtet hatte: den Knall eines weiteren Schusses. Er schloss die Augen, wartete auf den Schmerz, fragte sich einen Moment, ob er überhaupt noch etwas fühlen würde, wenn sie ihm in den Kopf schossen… Doch er spürte nichts. Hatten sie ihn verfehlt? Plötzlich war der Lauf der Zeit wieder normal. Kai lief so schnell, wie er noch nie im Leben gelaufen war. Es dauerte keine zwei Sekunden bis er das Ende des Flurs erreicht hatte. Er lief durch die Tür, stolperte durch die Küche und war schon auf halbem Weg zu seiner Mutter und seinen Geschwistern, ehe er überhaupt registrierte, was er dort vor sich sah. Auf dem Boden lagen Glassplitter und dort, wo noch vor wenigen Minuten das Küchenfenster gewesen war, stand eine weitere der schwarzen Gestalten, ebenfalls mit erhobener Pistole. Sie zielte auf seine Mutter, die mitten in der Küche stand und versuchte ihre beiden Kinder vor dem Eindringling abzuschirmen. Nadia und Sergej klammerten sich an ihre Beine, beide zitternd vor Angst. Kai wollte zu ihnen, wollte wie sie Schutz bei seiner Mutter suchen. Doch noch bevor er sie erreichen konnte, sackte sie in sich zusammen. Ihre Kinder ließen sie los und sprangen mit entsetzten Mienen zurück. Nadia schrie. Kai blickte verständnislos auf seine Mutter am Boden, doch dann sah er die Blutlache, die sich um sie herum ausbreitete… und begriff. Der Schuss, den er im Flur gehört hatte… Der Knall war nicht hinter seinem Rücken erklungen, sondern vor ihm. Aus der Küche. Aus der Waffe der gesichtslosen Gestalt vor ihm. Als hätte sie seine Gedanken erahnt, wandte sie ihren Kopf nun ihm zu, und Kai spürte – auch wenn er sie nicht sehen konnte – wie ihre Augen seinen Körper durchbohrten. Erneut hob sie die Pistole, ließ sie einen Moment ziellos in der Luft verharren… und richtete sie dann auf Kai. Diesmal irrte er sich nicht. Er würde sterben. Jeden Moment. Genau wie seine Mama und sein Papa. Er sah, wie sich der Finger um den Abzug krümmte. Wartete… „NEIN! Du hast es doch gehört! Die Kinder sollen unversehrt bleiben!“ Eine zornige Stimme erklang hinter ihm. Die beiden Vermummten aus dem Flur waren hinzugekommen und fixierten ihren Kollegen. Von Kai oder seinen Geschwistern nahmen sie keinerlei Notiz. Die angesprochene Gestalt zuckte nur mit den Schultern und senkte die Waffe. „Na gut, aber ich versteh nicht, warum wir die Bälger laufen lassen sollen.“ „Ist mir schon klar, dass du nichts verstehst, aber das ist auch nicht dein Job, oder? Apropos,“ und der Sprecher machte eine flüchtige Handbewegung zu der am Boden liegenden Frau, „du hast hier alles erledigt?“ Er erhielt nur ein Nicken als Antwort. „Gut, dann lasst uns von hier verschwinden!“ Und ohne noch einen Blick zurück liefen sie in den Flur und dann in die Nacht hinaus. Von einem Moment auf den anderen waren sie fort. Nadia begann zu weinen und klammerte sich an Sergej, der sie überhaupt nicht wahrzunehmen schien. Kai wollte zu ihnen gehen, wollte sich Trost von ihnen holen. Doch als er sich in Bewegung setzte, trugen ihn seine Beine ganz von selbst in die Mitte der Küche, zu seiner Mutter. Sie lag auf dem Bauch, den Kopf von ihm weggedreht. Er würde um sie herumgehen müssen, um ihr Gesicht zu sehen. Doch wollte er das? Würde es genau so aussehen wie das seines Vaters? Er war sich sicher, dass er es nicht wissen wollte, doch erneut entschieden sich seine Beine von selbst. Schritt für Schritt trugen sie ihn um den leblosen Körper herum. Er zitterte, eine unwirkliche Kälte war in seine Glieder gedrungen. Als er endlich ihr Gesicht sah, erschrak er. Doch nicht aus dem Grund, den er erwartet hatte. Nein, er erschrak, weil die Augen seiner Mutter geöffnet waren und sich ihre Lippen bewegten! Er stieß einen überraschten Schrei aus und ging neben ihr in die Hocke. Am liebsten hätte er sie umgedreht, aber er wusste, dass ihm dazu die Kraft fehlte. So kauerte er sich ganz dicht neben sie, das Ohr ganz dicht an ihrem Mund, um auch ja jedes Wort zu hören. Doch er hörte nichts. Er erschrak. War sie etwa doch… „K-kai… seid… seid stark und… passt aufein…aufeinander auf…“ Er starrte sie an. Ein ganz zartes Lächeln umspielte ihre Lippen. Für einen winzigen Moment sah sie ihm direkt in die Augen. Rubinrot traf auf rubinrot. Und dann senkten sich ihre Lider… „NEIN!“ Mit einem entsetzten Schrei fuhr der Junge namens Kai Hiwatari aus dem Schlaf. So, das war nun das erste Kapitel zu "Wounded Soul". Ich entschuldige mich für alles, was ich dem lieben, kleinen Kai hier antue. T.T Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass nun keine weiteren Schicksalschläge mehr auf ihn zukommen, aber das wäre gelogen... Der Gute muss bei mir ganz schön was durchmachen, ehe er sein Happy end kriegt. ^^' Ich danke allen, die dieses Kapitel gelesen haben und hoffe, es hat euch gefallen. Das nächste folgt auch bald! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)