Demian von Re-l ================================================================================ Kapitel 1: Begegnung -------------------- Kapitel 1 Es war sehr kühl und windig, der Sommer, so schien es, beugte sich seinem Schicksal und überließ der kalten Jahreszeit seinen Platz. Demian stand am Bahnsteig und rauchte. Er wartete auf den Zug und auf einen Freund, der eigentlich schon längst hätte da sein müssen und wenn er nicht kam musste Demian die dreiviertelstunde Zugfahrt wieder alleine ertragen. Genervt warf er einen Blick auf die alte große Uhr. Noch sechs Minuten. Er schloss die Augen und presste den Rauch ganz langsam aus der Nase. In diesem Moment wurde er zurückgeworfen, sodass er einen Schritt nach hinten tun musste. Er riss verärgert die Augen auf und bemühte sich so viel Abneigung in seinen Blick zu legen wie er konnte, als er realisierte, dass er angerempelt worden war. „Mach die Augen auf, du Wichser!“ „W…“, er wollte antworten, zurückschlagen und so etwas nicht schon wieder auf sich sitzen lassen, aber es ging nicht. Es ging einfach nicht, sein Kopf war wie leergefegt. Sein Gegenüber musterte ihn noch mit einem schon fast hasserfüllten Blick, ging dann weiter und ließ sich in einiger Entfernung auf eine leere Bank fallen. Perplex starrte Demian auf die dreckige Betonplatte, auf der er stand und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Eben… er hatte nichts herausbekommen, weil er… überrascht war? Unauffällig schielte er zu der Bank. Dort saß der Typ… er hatte längeres Haar, sowie es eben zur Zeit modern war. Es war wohl mal rot gefärbt gewesen, inzwischen aber stark ausgewaschen. Auch wenn es Demian schwer fiel sein Gesicht zu erkennen, war er sich nun sicher. Er kannte diesen Kerl, nur von wo? „Hey, Didi!“ Demian seufzte. „Nenn mich nicht so.“ „Schon gut.“ „Wo warst du?“ „Ich habe noch was gegessen.“ „Raphael?“ „Hm?“ „Guck dir den Typen da hinten auf der Bank an. Wer ist das?“ Raphael zog die Brauen zusammen. „Woher soll ich das wissen?“ „Du kennst doch sonst immer jeden... mir kommt er nur… so bekannt vor.“ „Aha.“ Schweigen. Raphaels knappe Antwort hatte Demian einen kleinen Stich versetzt. Er wollte nicht weinerlich sein oder kindisch, aber es machte sich eigentlich immer das Gefühl in ihm breit, sobald ihn etwas interessierte, kümmerte es einfach niemanden. Wahrscheinlich stimmte das auch… Raphael hatte begonnen etwas aus dem Betrieb (einer Behindertenwerkstatt) zu berichten, in dem er seinen Zivildienst leistete. Irgendetwas über seine strenge Cheffin. Demian war zwar etwas sauer, aber wie immer schluckte er es, nickte und lächelte. Kein starker Charakter. Dann fuhr der Zug mit einem ohrenbetäubenden Quietschen der Bremsen ein. Raphael presste die Hände auf seine Ohren, Demian tat es ihm gleich. Raphael stieg ein, suchte einen Vierer, Demian hinterher. Als der Zug dann mit einem Ruck anfuhr und langsam aus dem Bahnhof rollte, sah Demian aus dem Fenster und stellte fest, dass der Rothaarige nicht in den Zug eingestiegen war, sondern immer noch auf der Bank saß. Und so wie er das tat sah es traurig aus. Als er dann nach Hause kam war es schon dunkel. Draußen und in seiner Wohnung noch mehr. Einen Moment lang lehnte Demian an der Haustür, dann tastete er nach dem Lichtschalter. Das kühle Neonlicht erhellte den kleinen Flur und es schien auch in die zwei Zimmerchen und das Bad, die winzige Küche. Eigentlich mochte er seine Wohnung, aber heute freute er sich nicht hier zu sein. Da war wieder dieses ekelige Gefühl… konnte man es als Gefühl bezeichnen? Leere? Er zog sich aus und ging erst einmal in die Küche. Im Kühlschrank war nicht viel, aber immerhin im Tiefkühlfach fand er eine Pizza, die er sogleich in den Ofen schob. Dann setzte er sich an den kleinen Tisch und stützte den Kopf ab. Er dachte nach. Demian hatte letztes Jahr sein Abitur bestanden, zwar nicht mit Bravur, aber ganz manierlich. 2,44. Raphael hingegen war ein Überflieger (1, 34!)… in allem war er tat. Er schämte sich zwar dafür, aber manchmal konnte Demian nicht ertragen, dass er in allem besser war als er. Und ja, er war eifersüchtig. Dieser Junge hatte einfach alles: eine tolle Familie, ein riesiges schönes Haus, hunderte von Bekanntschaften (Kennen heißt nicht mögen, aber immerhin!), ne absolut liebe und heiße Freundin… Geld. Demian seufzte. Er wollte nicht so über Raphael denken. Er mochte ihn. Er mochte ihn wirklich. Einer der wenigen. Früher hatten sie sich näher gestanden, zum Beispiel war der kleine Didi oft nachmittags bei seinem Freund gewesen und sie hatten gespielt und geträumt… Damals war es schön gewesen, oft wünschte er sich… - Moment. Damals… damals… da war doch etwas. Jemand war da. Aber natürlich. Sie waren in dieser Zeit immer drei Jungen gewesen. Die besten Freunde! Ja, da war noch er. Jason. Der Rothaarige vom Bahnhof. Wie lange hatte er Jason schon nicht mehr gesehen? Bestimmt waren es jetzt neun Jahre. Eigentlich keine Ewigkeit, aber Demian hatte seinen damaligen Spielkameraden fast schon aus seiner Erinnerung verbannt. Unabsichtlich… es war in dieser Zeit einfach so viel geschehen. Da blieb für Gedanken an Kindertage oft kein Platz. Demian sprang auf, denn plötzlich lag ein stechender Geruch in der Luft. Oh nein, meine Pizza! So ein Scheiß. Sie war ausgetrocknet und er Boden von unten etwas schwarz, aber durchaus noch essbar. Also ab ins Wohnzimmer vor den Fehrnseher. Man verblödet, aber es entspannt… wenn man nicht gerade Nachrichten guckt: 23 Tote hier, 11 Tote da. Demian hasste das. Und er hasste es auch, dass er Jason vorhin nicht sofort erkannt hatte. Hoffentlich würde er ihn nochmals treffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)