Zerspringende Ketten von Benjy ================================================================================ Kapitel 6: Abwehr ----------------- Takaya stand in Naoes Garten, und blickte gedankenversunken in die Ferne. Eine Woche war seit seinem Treffen mit Kousaka vergangen, und heute war der verabredete Tag, an dem sie sich alle hier trafen, um über die Lage zu sprechen. Er, Chiaki und Haruie waren vor knapp einer Stunde hier angekommen, aber von Kousaka fehlte bisher jede Spur. Er machte sich über dessen Verbleib keine Sorgen, da er wusste, dass dieser wie vereinbart kommen würde. Dennoch war er von einer Unruhe erfasst, die ihn seit Tagen nicht mehr loszulassen schien. Er sah zurück zum Haus, und dachte an Haruie und Chiaki, die sich darin aufhielten, und sich inzwischen die Videobotschaft angesehen haben müssten. Bei dem Gedanken an die Nachricht wurde ihm übel, gleichzeitig aber stieg sein Zorn dabei ins Unermessliche. Er konnte noch immer nicht fassen, was er auf dem Video gesehen hatte. Er fühlte sich machtlos, und er hoffte, dass das niemand um ihn herum bemerkte. Takayas Gedanken wanderten zu den Ereignissen der vergangenen Tage. Als er vor einer Woche nach Hause fuhr, informierte er umgehend Chiaki, der sich anschließend mit Haruie in Verbindung setzte. Beide waren über die Neuigkeit bestürzt, und machten sich sofort daran, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um so viel wie möglich über Shishido Kiyoshi zu erfahren. Er überließ Chiaki die CD mit Kousakas gesammelten Informationen, so dass dieser sie überprüfen konnte. Es passte weder ihm noch Chiaki, dass Kousaka seine Finger mit im Spiel hatte. Aber sie hatten keine andere Wahl, da er ihnen einen Vorsprung an Informationen voraus hatte, den sie unbedingt ausgleichen mussten. Takaya selbst versuchte mehrere Male die Woche, mit aller ihm zur Verfügung stehenden Macht, Naoe zu erreichen. Jeder Versuch endetet aber damit, dass er erschöpft zusammenbrach, und seine Frustration dadurch wuchs. Naoe war seit fünf Wochen verschwunden, und sie hatten keinerlei Ahnung, ob er noch lebte, oder wo er gefangen gehalten wurde. Ihre Nachforschungen ergaben kaum brauchbare Ergebnisse, und so hofften sie, dass Kousaka mehr Glück hatte. Takaya betete, dass es so war. Wenn Kousaka ebenfalls mit leeren Händen kommt, dann weiß ich keinen Rat mehr... Dann können wir wirklich nur mitspielen, und auf Shishidos Anweisungen warten..., dachte er ärgerlich, uns setzte sich auf einen Stein. Wie aus dem Nichts, tauchte plötzlich Haruie mit unbändiger Wut vor ihm auf. Sie blickte ihn mit zornigen Augen an. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll! Ich bin sprachlos, und gleichzeitig so wütend... Wenn ich mich nicht beherrsche, dann... Dann... Dieser verdammte Shishido! Was erlaubt sich dieses Kind bloß!? Es war so grausam... “, brüllte sie aufgebracht, und überlegte, ob sie den nächsten Felsen zerstören sollte, aber sie beließ es bei dem Gedanken. Takaya sah sie an, und lächelte gequält. Er wusste, dass ihr Naoe viel bedeutete. Ihre Reaktion war nur zu verständlich, würde ihnen aber nicht weiterhelfen. „Kagetora, was sollen wir machen? Uns läuft die Zeit davon... Ich habe wirklich Angst um Naoe. Wenn Kousaka keine neuen Informationen hat, dann sitzen wir wirklich in der Klemme.“ Er wollte gerade etwas entgegnen, als eine erwartete Stimme erklang. „Was für ein Anblick, Haruie! So wütend habe ich dich selten gesehen... Hm, ich rate mal! Du hast das Video gesehen? Wenn dich das schon so zur Weißglut treibt, dann empfehle ich dir, das nächste nicht anzusehen...“, sprach Kousaka hämisch, während er zu ihnen trat. „Was meinst du mit ‚das nächste’, Kousaka?“, fuhr ihn Takaya eisig an, der keineswegs überrascht über Kousakas plötzliches Auftauchen war. Er hatte nichts anderes erwartet. „So wie ich es gesagt habe. Es gibt ein weiteres Video. Seltsamerweise ist es nicht hier abgegeben worden, sondern direkt bei mir, was mich ein wenig irritiert. Immerhin hätte es zu euch, oder besser gesagt, zu dir kommen müssen...“, meinte Kousaka erklärend, während er Takayas durchdringenden Blick erwiderte. „Ich habe es mir auch schon angesehen, und bin der Meinung, dass es es nicht wert ist, angesehen zu werden.“, erläuterte Kousaka ernsthaft. Takaya hob fragend die Augenbrauen. „Wie soll ich das verstehen? Wird Naoe etwa...“, seine Stimme brach ab, als er Kousakas zweifelnden Blick sah. „Nein. Naoe scheint noch am Leben zu sein. Zumindest ist dieses Video, und der dazugehörige Brief ein Beweis dafür. Aber wie gesagt, ich denke, wir sollten es uns nicht ansehen. Naoe zuliebe...“, sagte Kousaka, und sah Takaya beinah flehend an. „Das werde ich selbst entscheiden, ob es es wert ist... Wo hast du den Brief?“, fragte Takaya, und sah Kousaka gebieterisch an. Dieser kramte in seiner Manteltasche, und übergab ihm einen roten Umschlag. Er nahm ihn entgegen, und brach das Siegel. Zumindest vergreift er sich nicht an meiner Post..., dachte er zynisch, und warf Kousaka einen unbestimmten Blick zu. Er entnahm dem Umschlag ein gefaltetes Blatt, und begann zu lesen. LIEBER KAGETORA! MIR IST ZU OHREN GEKOMMEN, DASS DU ANFÄNGST RUMZUSCHNÜFFELN... WIE SOLL ICH DAS FINDEN? WIRST DU LANGSAM UNRUHIG, WEIL DEIN HÜNDCHEN NICHT MEHR UM DEINE BEINE SCHWÄNZELT? ICH DENKE, FÜR DEIN NICHT ERWÜNSCHTES HANDELN SOLLTEST DU, ODER EHER DEIN HUND, BESTRAFT WERDEN... DU WIRST VON MIR HÖREN! KIYOSHI Als er mit dem Lesen fertig war, gab er ihn Haruie. Er sah zu Kousaka rüber, der darauf wartete, dass Haruie das Lesen beendete. „Hey! Habt ihr die Besprechung etwa schon ohne mich begonnen?“, hörten sie Chiaki unangemeldet rufen, der vom Haus aus auf sie zu kam. Als er vor ihnen stehen blieb, reichte ihm Haruie, Kousaka ignorierend, den Brief. „Von wem ist...“, begann Chiaki, und verstummte, als er zu lesen begann. Er schaute anschließend verunsichert zu Takaya. „Woher kommt der Brief?“, fragte er, und blickte nun zum ersten Mal zu Kousaka, der ihn hinterhältig anlächelte. „Ich hatte die Ehre, ihn zusammen mit einem weiteren Video bekommen zu dürfen. Wenn ich ehrlich bin, frage ich mich langsam, was dieser Shishido über mich und meine Beziehung zu Naoe denkt... Schon merkwürdig, oder? Immerhin steht ihr Naoe näher als ich, oder muss ich hier meinen Gedanken korrigieren?“, lästerte Kousaka, während er nun endlich selbst den Brief lesen konnte. Chiaki ignorierte Kousakas spitze Bemerkung, und blickte zu Takaya. „Das hört sich nicht gut an, Kagetora... Wenn ich an das Video eben denke, dann ahne ich nichts Gutes. Dieser Shishido ist ein gefährlicher Mann, dem alles zuzutrauen ist. Wenn wir nicht schnell genug...“, sagte Chiaki gerade, als er grob von Kousaka unterbrochen wurde. „Was ist, Chiaki? Bist du etwa schon am Ende deiner Möglichkeiten angekommen? Du enttäuschst mich...“, meinte Kousaka arrogant grinsend. „Ich wüsste nicht, was dich das anginge...“, polterte Chiaki genervt los, als Takaya der beginnenden Auseinandersetzung mit seinem Wort ein schnelles Ende setzte. „Chiaki, wir sollten unsere Energie für andere Dinge aufsparen. Das sollte auch für dich gelten, Kousaka!“, befahl er, und blickte unnachgiebig zu beiden Kontrahenten, die verstummt waren. „Kousaka, ich will das Video sehen. Den anderen ist es freigestellt, ob...“, sagte er, und schaute fragend zu Chiaki und Haruie, die ihn zustimmend ansahen. „Okay, dann ist es entschieden. Wir werden zuerst das Video ansehen, und anschließend die weiteren Ergebnisse zusammentragen.“, erklärte Takaya, während er unsicher zu Kousaka blickte. Dieser erwiderte gleichgültig seinen Blick, und ging allen voran auf das Haus zu. „Ich habe dich gewarnt, Kagetora. Das Video birgt keinerlei Informationen, die uns von Nutzem sind... Eher das Gegenteil...“, murmelte Kousaka geschlagen. Takaya starrte auf Kousakas Rücken, und verkniff sich eine Bemerkung. Er wollte sich von ihm auf keinen Fall einschüchtern lassen. Trotzdem breitete sich ein ungutes Gefühl in seinem Körper aus. Sollte ich auf ihn hören? Nein. Ich will das Video sehen. Ich will mich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass Naoe am Leben ist... Aber Kousaka wird nicht ohne Grund seine Bedenken äußern... Naoe zuliebe!? Was meint er damit... , überlegte er irritiert, und folgte Kousaka und den anderen ins Haus. Takaya lehnte angespannt am Türrahmen, während Chiaki, Haruie und Kousaka auf dem vertrauten Ledersofa Platz genommen hatten. Sie starrten alarmiert auf den Bildschirm, der Naoe allein neben einem großen Wasserbecken in einem Baderaum zeigte. Er schien etwas zu sagen, aber sie konnten ihn nicht hören, da das Video tonlos war. Naoe fiel plötzlich ohne Fremdeinwirkung in das Becken, und kam wütend wieder aus ihm hervor. Er blickte überrascht in eine bestimmte Richtung, die von der Kamera nicht eingefangen wurde, und sprach etwas. Nach wenigen Sekunden tauchte aus dieser Richtung Shishido auf, der ihm ein Handtuch gab, und danach in das Becken stieg. Naoe blieb zuerst unschlüssig stehen, bevor er sich schließlich das Handtuch um die Hüfte band, und sich zu Shishido ins Wasser gesellte. Takaya unterzog Naoes Körper einer intensiven Musterung, und sein Blick blieb dabei an der frisch verheilten Wunde an seinem Oberkörper hängen. Er ballte die Fäuste. Du verdammtes Schwein, Shishido..., dachte er voller Verachtung, und beobachtet das weitere Geschehen auf dem Video. Er sah, dass sich Naoe einen Platz gesucht hatte, der ein wenig Abstand zwischen ihm und Shishido ließ. Sie unterhielten sich eine Weile, ehe Shishido plötzlich aufsprang, zu Naoe eilte, und ihn mitten ins Gesicht schlug. Kagetora hielt den Atem an. Shishido setzte sich kurz danach auf Naoes Schoß, und küsste ihn. Takaya riss überrascht die Augen auf. Was soll… Was hast du vor, Shishido?, dachte er fieberhaft, als er sich an Shishidos Worte an ihn im letzten Video erinnerte. Er wurde blass, und beobachtete mit zunehmender Bestürzung das weitere Geschehen. Takayas Augen verfolgten Naoe, wie sich dieser befreite, und zu fliehen versuchte, aber unerwartet unter Wasser gezogen wurde. Er konnte erkennen, wie Naoe unter Wasser mit jeder verstreichenden Sekunde panischer wurde. Takaya blickte kurz zu Shishido, der teuflisch lächelnd da saß. Weitere Sekunden verstrichen, bevor Naoe erschöpft auftauchte. Er sah entsetzt zu Shishido, der etwas zu ihm sagte. Takaya vermutete, dass es nichts Gutes war, da sich Naoes Mine versteinerte. Unsichtbare Hände schoben Naoe gegen seinen Willen auf Shishido zu, der ihn mit zunehmender Erregung ansah. Dieser stand auf, und zog Naoe in eine Umarmung, die in einem aufgezwungen, leidenschaftlichen Kuss endete. Takaya starrte gebannt auf die Szene, während sich Kousaka erhob, und das Zimmer verließ. Als er Takaya passierte, warf er ihm einen verächtlichen Blick zu. Er wusste nun, warum Kousaka verhindern wollte, dass sie sich das Video ansahen. Er verspürte für einen kurzen Moment Schuldgefühle, die er aber so schnell begrub, wie sie aufgetaucht waren. Seine Gedanken wanderten zu Naoe. Es tut mir leid, Naoe... Wenn du mich schon ausgeschlossen hast, dann werde ich eben so mit dir leiden... Du Idiot!, dachte er bitter, und schaute zurück zum Bildschirm. Inzwischen war Shishido voll in Fahrt, und genoss seine offensichtliche Macht über Naoe. Diesem wurde mit jeder Minute unbehaglicher zu Mute, was dazu führte, dass er sich in einem günstigen Moment befreite, bis zur Treppe kam, wo er aber erneut zu Fall gebracht wurde. Nun war es Haruie, die schweigend dem Raum verließ. Chiaki rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her, blieb aber sitzen, um weiter fassungslos das Geschehen zu verfolgen. Takaya hatte das Gefühl, dass Naoes letzte Gegenwehr mit diesem Fluchtversuch verschwand. Er sah, dass dieser den Kopf hängen ließ, und dem Eindringen Shishidos nichts mehr entgegen setzte. Naoe ließ es einfach geschehen. Takaya spürte, dass ihn der Anblick der beiden Männer, trotz des Wissens um die Gewalttat, erregte. Er verachtete sich für dieses Gefühl. Er wurde unendlich wütend. Wütend auf sich, und auf Naoe, da dieser sich nicht mehr wehrte. Was ist los, Naoe? Ich dachte immer, dass du derjenige bist, der es liebt zu dominieren! Warum jetzt nicht? ... Was ist mit mir... Takayas Gedanken kreisten verzweifelt um Naoe. Er wollte ihn dafür schlagen, gleichzeitig aber beschützend in seinen Armen gehalten werden. Er schluckte, und unterdrückte seine Tränen. Er starrte zum Bildschirm, und sog, wie ein Ertrinkender die Luft, jedes Detail von Naoe in sich auf. Er hatte Angst, Naoe nie wieder zu sehen, und er ahnte, dass es so kommen würde, wenn er nicht aufpasste. Als der Fernseher nur noch ein schwarzes Bild anzeigte, stand Chiaki auf, und ließ Takaya allein im Zimmer zurück. Dieser rutschte an der Wand zu Boden, und blieb dort regungslos sitzen. „Gib mir bitte mal die Flasche, Chiaki...“, sagte Haruie, während sie nach der Flasche Sake langte. Bevor Chiaki sie ihr reichte, füllte er sein Glas erneut auf. Beide saßen am großen Küchentisch, und warteten auf Takaya, der den Videoraum bisher nicht verlassen hatte. Kousaka stand angelehnt am Küchenschrank, und trank schweigend sein Glas leer. Sein Blick wanderte ungeduldig zwischen Chiaki, Haruie und der Tür hin und her. Er seufzte genervt, und begann zu sprechen. „Ich wusste ja, dass Kagetora masochistisch veranlagt ist. Aber dass er noch immer in diesem Raum sitzt, überrascht mich doch ein wenig...“, meinte er, und sah angewidert zu Chiaki, der ihn verärgert anschaute. „Nun, und dass du es ebenfalls bis zum Schluss sehen wolltest, überrascht mich noch mehr... Vielleicht hat es dich sogar angeheizt? Und wer weiß schon, was Kagetora gerade macht? An sich rumspielen...“, bemerkte Kousaka bitterböse, als Chiaki zornig aufsprang, und ihn brutal am Kragen packte. „Nimm das zurück! Wenn hier einer pervers ist, dann bist das auf alle Fälle du...“, zischte Chiaki in Kousakas Ohr, der ihn nur arrogant angrinste. „So? Meinst du? Nun, ich brauche nur an die letzten 400 Jahre denken. Da fallen mir eine Menge Begebenheiten ein, die mein Urteil bekräftigen...“, erzählte Kousaka weiter belustigt, während Chiaki seinen Griff verstärkte. „Ich glaube, du hast einfach keine Ahnung, Kousaka. Wie du vorhin schon so schön gesagt hast... Wir stehen beiden näher, und können deren Persönlichkeiten eher beurteilen als du. Natürlich darfst du dir gerne deine Meinung frei bilden, daran werden wir dich nicht hindern können, dennoch bitte ich dich, uns mit deinen Äußerungen zu verschonen. Ich mag hier zwar so ruhig sitzen, Kousaka, aber glaube mir, innerlich bin ich alles andere als beherrscht... Also, noch ein falsches Wort, und ich vergesse mich...“, entgegnete Haruie eiskalt, und sah zu Kousaka, der ihren strafenden Blick offen erwiderte. „Was ist hier los?“ Alle drei blickten überrascht zur Küchentür, in der Takaya stand. Er trat an den Tisch, und setzte sich auf einen freien Platz. Er nahm sich ein Glas, und füllte es mit Sake. Chiaki wollte ihn dafür tadeln, aber er verstummte augenblicklich, als ihn Takayas vor Wut funkelnden Augen trafen. Takaya nahm einen Schluck, und starrte auf das Glas in seiner Hand. Er seufzte laut, und forderte Chiaki und Kousaka auf, sich zu setzen. Er blickte zu beiden rüber, als sie sich hingesetzt hatten, und nahm erneut einen Schluck Sake. „Ich weiß zwar nicht, was der Grund für euer Auftreten war, und um ehrlich zu sein, will ich es auch gar nicht wissen, aber ich nehme an, dass ihr es unterbrechen könnt, bis wir unser Treffen beendet haben?“, sagte er nun mit ausdruckslosen Augen, und blickte fragend in ihre Richtung. „Na..natürlich...“, stotterte Chiaki unsicher, während er irritiert zu Haruie sah, die Takaya neugierig musterte. „Alles in Ordnung, Kagetora?“, brachte Haruie aufrichtig hervor. Takaya sah flüchtig zu ihr rüber, bevor er sich, ihre Frage ignorierend, an Kousaka wandte. „Was kannst du uns noch bieten, Kousaka, abgesehen von dem Video und dem Brief?“, wollte er sachlich wissen, und blickte Kousaka in die Augen. „Du weißt, dass wir hier schon viel früher hätten sitzen können, aber du wolltest ja nicht auf mich hören, Kagetora.“, sagte Kousaka triumphierend, und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Takaya zeigte keine Reaktion, und starrte einfach nur zurück. „Nun? Du hast meine Frage noch nicht beantwortet...“, entgegnete er gelassen. Kousaka sah ihn für einen kurzen Moment enttäuscht an, bevor er begann, die Frage zu beantworten. „Naoes Aufenthaltsort ist nach wie vor unbekannt. Es gibt zwei mögliche Informationsquellen, die wir aufsuchen sollten. Zum einen wäre da Takahashi, Minakos noch lebende Schwester, und zum anderen, jetzt wird es spannend, das Haus Houjou. Ich weiß zwar nicht, wie weit ihr bei eurer Recherche über Shishido gekommen seid, aber ich kann euch versichern, dass er im Hintergrund mit Houjou Ujiteru verkehrte.“, Kousaka blickte, eine Erwiderung Takayas erwartend, in dessen Richtung, und wurde aber erneut enttäuscht. Er presste die Lippen zusammen, und fluchte innerlich. Dieser Kerl raubt mir den letzten Nerv... Wie kann er jetzt nur so ruhig hier sitzen, und so tun, als wäre er nicht Zeuge von Naoes Vergewaltigung geworden... Am liebsten würde ich ihn schlagen! Dann könnte ich mich wenigstens ein wenig abreagieren... Schade, dass er mich und Chiaki unterbrochen hat. Es wäre eine willkommene Abwechslung gewesen..., überlegte Kousaka ärgerlich, während er sein Glas leerte. „Was ist mit euch? Was habt ihr zu bieten?“, fragte Kousaka gereizt, und sah zu Chiaki, der ihn mit seinem Blick verhöhnte. „Es scheint, als hätten wir die gleichen Quellen genutzt, Kousaka. Zumindest, was Takahashi angeht. Wir wissen, wo sie wohnt, und haben vor Ort auch schon jemanden positioniert, der uns benachrichtigt, sobald sie wieder auftaucht. Nun, und was Shishido betrifft, da sind wir nicht wirklich vorangekommen. Dass er mit dem Haus Houjou verkehrte, ist uns neu. Sind die Quellen dafür auch vertrauenswürdig?“, wollte Chiaki interessiert wissen, der jetzt in seinem Element schien, und den offenen Disput mit Kousaka vorläufig begrub. „Ja, das sind sie. Es heißt sogar, dass er mit Houjou Ujiteru eine intensive Beziehung pflegte. Wie intensiv sie war, darüber konnte ich nichts herausfinden. Shishido ist sehr vorsichtig, aus welchen Gründen auch immer. Und nicht nur vorsichtig, er ist intelligent. Das macht die Sache weitaus schwieriger... Ich verstehe nur nicht, warum er Kagetora unbedingt haben möchte. Gut, wenn ich daran denke, dass du deinen Bruder... Dann kann ich ihn zwar verstehen, aber das passt nicht mit seinem kühlen Intellekt zusammen. Rache aus einem rein emotionalen Grund widerspricht seiner Persönlichkeit. Da muss mehr dahinter stecken, aber dieses ‚mehr’ habe ich noch nicht entdecken können. Er ist nach wie vor ein Rätsel, und ich komme nicht umhin, ihn zu bewundern.“, entgegnete Kousaka anerkennend, während er sein leeres Glas füllte, und einen Blick auf Takaya warf, der ihn mit undurchdringlichen Augen ansah. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass er uns einen Schritt voraus ist. Vielleicht steckst du ja mit Shishido unter einer Decke, und versuchst uns in die Irre zu führen?!“, sagte Haruie auf einmal, und durchbohrte Kousaka mit einem aggressiven Blick. „Oh? Wie brillant ist denn dieser Gedanke...“, setzte Kousaka spöttisch an, als er von Takayas ruhiger Stimme unterbrochen wurde. „Haruie, du solltest solche Gedanken besser für dich behalten. Vor allem dann, wenn sie jeglicher Grundlage entbehren.“, sagte er mit einem strafenden Blick zu Haruie, die ihn überrascht ansah. „Aber, was ist denn daran...“, meinte Haruie aufgebracht, und wurde nun von Chiaki gestoppt. „Wir sollten vorerst keine Zeit mit denkbaren Verdächtigungen vergeuden, Haruie. Kagetora hat recht. Wir wissen bisher einfach zu wenig über die ganze Sache. Und ich bin der gleichen Meinung wie Kousaka, dass mehr als Rache hinter der Entführung stecken muss. Zumal wir ja noch nicht mal wissen, ob Rache überhaupt eine Rolle spielt. Der Kerl ist einfach krank, Intellekt hin oder her...“, meinte Chiaki mit ruhiger Stimme, die aber seinen vor Zorn blitzenden Augen widersprach. „Das leuchtet mir schon ein, nichtsdestotrotz sprechen wir hier aber von Kousaka! Der dient doch nur sich selbst...“, entgegnete Haruie kleinlaut, während sie Kousaka musterte. Dieser lächelte sie unverfroren an, was dazu führte, dass sie ihm einen heftigen Tritt gegen das Schienbein versetzte. Er stöhnte vor Schmerz überrascht auf, und warf ihr einen bitterbösen Blick zu. „Haruie, du sollst das lassen. Habe ich mich vorhin nicht deutlich ausgedrückt? Kousaka, was würdest du als nächstes machen?“, sprach Takaya noch immer mit emotionsloser Stimme, leerte sein Glas, und sah fragend zu ihm rüber. Er spürte auf einmal, dass ihm der Alkohol langsam zu Kopf stieg. Verdammt... Keine gute Idee gewesen, mir das Zeug in den Rachen zu schütten! Ich muss die Sache hier schneller beenden, als mir lieb ist... Obwohl, eigentlich ist mir ja früher lieber als später. Ich kann jetzt keinen um mich herum ertragen... Dann lieber noch ein Glas Sake, um vorübergehend alles auszulöschen..., dachte Takaya niedergeschlagen, und füllte seine Glas erneut. Chiaki quittierte Takayas Handlung mit einem missbilligenden Blick. „Nun, wenn du mich so fragst, dann würde ich vorschlagen, dass wir zwei Gruppen bilden. Die eine wird sich um Informationen bezüglich Shishidos Verbindung zu Houjou Ujiteru kümmern, und die andere wird Takahashi einen Besuch abstatten.“, er sah gespannt zu Takaya und bemerkte, dass dieser allmählich mit den Folgen des Alkohol zu kämpfen hatte. Er grinste in sich hinein. Du leidest... So soll es sein! Dieser junge Körper hat zudem noch so seine Nachteile, was Kagetora? Mein Mitgefühl spare ich mir aber für Naoe auf, auch wenn ich weiß, dass dieser lieber darauf verzichtet..., stellte Kousaka zufrieden fest, während er Takaya das Glas zum Prost entgegen hob. „Nun? Was sagst du zu meinem Vorschlag?“, wollte Kousaka selbstgefällig wissen, und nahm einen Schluck. „Dein Vorschlag entspricht genau dem meinen. Ich denke, wir teilen uns auf, und sehen, was wir herausfinden können. Wir bleiben miteinander in Kontakt, und werden uns zu einem verabredeten Zeitpunkt wieder hier treffen. Ich werde mit Kousaka gehen. Haruie und Chiaki, ihr werdet sehen, was ihr über Shishidos Verbindung zum Houjou Haus herausbekommen könnt. Kousaka und ich werden Takahashi aufsuchen. Ich denke, damit wäre alles geklärt. Ihr könnt euch auf den Weg machen, wenn ihr wollt. Ich werde die Nacht hier verbringen... Kousaka, wo treffen wir uns morgen?“, beschloss Takaya, und sah fragend zu Kousaka, der ihn säuerlich anblickte. So? Wir beide bilden ein Team? Wenn das mal nicht nach meinem Geschmack ist... Aber glaube nicht, dass ich nach deiner Pfeife tanze, Kagetora! Wir werden sehen, wer der Stärkere von uns beiden ist..., überlegte Kousaka entzückt, als er aufstand, und zur Tür ging. „Gut. Dann werde ich mal gehen. Ich hole dich morgen hier ab, Kagetora. Ich hoffe, du bist dann bereit, und jammerst nicht über deinen möglichen Kater!“, sagte Kousaka belustigt, und verließ ohne einen weiteren Blick zurück das Haus. „Willst du wirklich allein hier bleiben? Sollen wir dir nicht lieber Gesellschaft leisten? Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, dich allein zurück zu lassen. Nicht nach allem, was heute geschehen ist...“, sagte Haruie an Takaya gewandt, der ihren forschenden Blick müde erwiderte. „Es ist alles in Ordnung. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Wir werden sobald wie möglich wieder in Kontakt treten. Meldet euch aber sofort, wenn es gefährlich wird. Ich will nicht nach noch jemanden suchen müssen, verstanden?“, versicherte Takaya beiden, während sie gemeinsam vor dem Tachibana Anwesen standen, und sich verabschiedeten. Haruie war durch Takayas Worte nicht zufrieden gestellt, und blickte hilfesuchend zu Chiaki, der Takaya aufmerksam musterte. „Okay, dann lass uns fahren, Haruie. Du hast Kagetora gehört! Hier können wir nichts mehr tun. Fahren wir zu mir, oder gleich zu dir?“, wollte Chiaki aufheiternd von ihr wissen. „Das war nicht das, was ich hören wollte, Chiaki! Du bist echt ein Holzklotz! Fahren wir am besten gleich zu mir. Von dort aus kommen wir besser rum... Pass auf dich auf, Kagetora! Und nehm dich bloß vor Kousaka in Acht!“, sprach Haruie enttäuscht, und umarmte Takaya, der es ihr zuliebe geschehen ließ. Er sah beiden nach, wie sie ins Auto stiegen, und davon fuhren. Er seufzte erleichtert auf, und ging zögernd zurück zum Haus. Takaya holte sich sein Glas Sake aus der Küche, und wanderte ziellos im Haus umher. Er versuchte seine Gedanken zu beruhigen, aber nichts half. Er dachte an das Video, und war noch immer entsetzt über das, was er gesehen hatte. Seine innere Unruhe wuchs mit jeder Minute an, und er wusste nicht, was er dagegen tun konnte. Sein planloses Umherlaufen führte ihn zu Naoes Schlafzimmer. Er öffnete die Tür, und blieb am Türrahmen gelehnt stehen. Er blickte sich von dieser Position aus in dessen Zimmer um, und unterdrückte dabei seine an die Oberfläche brechende Traurigkeit. Das Glas abstellend, kramte er Naoes Futon hervor, und legte sich erschöpft darauf nieder. Er starrte an die Decke, und spürte, wie ihm unkontrolliert Tränen über das Gesicht liefen. Er drehte sich auf die Seite, und sah mit verschwommener Sicht aus dem Fenster. Es war inzwischen dunkel geworden. Takaya schloss seine Augen, und stellte sich Naoe vor, wie er ihn im Video gesehen hatte. Er musste an die Narbe denken, die nun dessen Bauch zitierte. Beißende Wut auf Shishido schnürte ihm die Kehle zu. Ihm drängte sich unerwartet die Szene auf, wo Shishido Naoe von hinten nahm. Trotz dieses offensichtlichen Gewaltaktes, kam er nicht umhin zu denken, dass Naoe unglaublich sexy dabei aussah. Wenn er ehrlich zu sich war, dann musste er sich eingestehen, dass er gerne Shishidos Platz eingenommen hätte. Natürlich nicht unter diesen Vorraussetzungen, aber er spürte, dass seine Lust bei diesem Gedanken anstieg. Er hasste sich für seine Gedanken, aber mehr noch für seine körperliche Reaktion. Er öffnete mit bebender Hand seine Hose, und schob sie mit zunehmender Erregung in seine Unterhose. Zur gleichen Zeit lag Naoe wach in seinem Bett, und blickte aus dem Fenster. Neben ihm lag Shishido, der ihm mit seinen Fingern verspielt durch die Haare fuhr. „Woran denkst du?“, wollte dieser neugierig wissen, während er sich aufrichtete, und sich rittlings auf Naoe setzte, damit dieser ihn ansehen musste. „Das geht dich nichts an!“, fuhr ihn Naoe angewidert an, und blickte zu ihm hoch. Shishido ließ sich davon nicht einschüchtern, griff hinter sich in Naoes Schritt, und massierte dessen Hoden. Er grinste anzüglich auf ihn hinab. „Was soll... Ngh... Lass das! Ahhh...“, brachte Naoe heiser durch zusammengepressten Lippen hervor, ehe er ihn von sich runter schubste. „Du hattest deinen Spaß. Also geh jetzt, und lass mich in Ruhe...“, entgegnete Naoe verärgert. „Was? Du wagst es, so mit deinem Kagetora-Ersatz zu sprechen?“, sprach Shishido spöttisch, als er Naoes schmerzvollen Blick sah. „Ich dachte, mir würde ein wenig mehr Freundlichkeit entgegen gebracht, wenn ich mich dir schon hingebe, und Kagetora spiele...“, sagte Shishido mit gespielter Bestürzung, während er aufstand, und sich anzog. Ein geheimnisvolles Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Dann werde ich deinem Wunsch eben nachkommen, und dich alleine lassen. Bis morgen, Naoe! Ach ja, dein Herr hat inzwischen begonnen rumzuschnüffeln. Es ist wohl noch nur einer Frage der Zeit, bis er hier auftaucht! Oder eher, eine Frage meines guten Willens. Was willst du ihm eigentlich sagen, wenn er dich so sieht? Du schläfst beinah freiwillig mit seinem Feind... Glaubst du wirklich, dass er dich so zurück will!?“, meinte Shishido gehässig, und verließ ohne einen weiteren Blick auf Naoe das Zimmer. Naoe spürte unbändige Wut in sich aufsteigen. Er hasste sich, und er hasste Shishido dafür, dass er ihn nicht in Ruhe ließ. Er setzte sich auf, nahm eine Zigarette aus der Schachtel, die auf dem Nachtschränkchen lag, und steckte sie an. Er dachte an Kagetora, was seine Stimmung nur minimal hob. Er hoffte, dass es ihm gut ginge, und das er keinen Fehler begann. Er wollte auf keinen Fall, dass dieser versuchte, ihn zu befreien. Er musste das ohne seine Hilfe schaffen. Er spürte, wie seine Sehnsucht entfachte, und überlegte, ob er es riskieren konnte, für einen kurzen Augenblick nach Kagetoras Präsenz zu suchen. Nur kurz... Ich will lediglich wissen, ob mit ihm alles in Ordnung ist..., versicherte sich Naoe selbst, während er sich innerlich öffnete, und nach Kagetora suchte. „Kagetora-sama...“, wisperte Naoe gequält. Er konzentrierte sich, und augenblicklich konnte er sie spüren. Er schluckte. Ich bin okay..., formte Naoe lautlos in seinem Kopf und hoffte, dass dieser Gedanke Kagetora erreichte. Sofort überfluteten ihn Kagetoras Gefühle, die ihm den Atem nahmen. Er spürte Wut, Begierde, Hass, Erleichterung und Liebe. Er bemerkte, dass seine Hände zitterten, und er Mühe hatte, seine Zigarette zu halten. Er versuchte sich aus dem Strudel der Gefühle zu befreien, um sich wieder verschließen zu können, aber er zögerte. Er genoss Kagetoras beinahe körperliche Anwesenheit, und wünschte sich, dass er wirklich hier wäre, damit er ihn mit seinen Armen umschlingen, und ihn zu sein machen konnte. Er stöhnte vor Verlangen und Schmerz auf, als er sich endlich verschloss. Er ließ den Kopf hängen und hoffte, dass er nicht zu viel riskiert hatte. „Naoe... Hab ich dich endlich!“, flüsterte Takaya mit bebender Stimme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)