FFVII: Blue Wanderer - In the lines von Ich_eben ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3: Sein und Schein ------------------------------------- Der nächste Morgen schon zeigte, wie viel Ehrgeiz sie in die Umsetzung der gestrigen Worte würden legen müssen, denn Cutter hatte nicht nur völlig verschlafen, sondern auch noch auf der Suche nach irgendetwas ihre Taschen wieder vollständig ausgeräumt. Es verging fast eine halbe Stunde, ehe sie zusammen mit Zack das Gebäude verlassen und vorschriftsmäßig vor dem auf dem Beifahrersitz des Jeeps sitzenden General salutieren konnte. Einem inneren Bedürfnis folgend nutzte sie die Gelegenheit auch aus, um sich für die bisherigen Patzer zu entschuldigen und Besserung zu geloben. Sephiroth sah den Teenager an, nahm die Gegensätzlichkeiten ihrer Aussage und ihres äußeren Erscheinungsbildes (vor allem die um den Hals baumelnden Kopfhörer eines MusicPlayers) wahr, beschloss, ihr vorerst kein Wort zu glauben – ließ sich das aber nicht anmerken. Sie brachen auf und ließen das ShinRa Gelände und die Stadt Midgar problemlos hinter sich zurück. Zack wollte sich in Richtung Norden wenden, wo sie nach einer Tagesreise das Trainingsgelände erreichen würden. Aber Sephiroth durchkreuzte diese Pläne völlig unvermittelt, und Zack lenkte den Jeep, dem neuen Befehl folgend, nach Westen. Sie würden also nicht zum Trainingsgelände fahren. Noch nicht? Oder gar nicht? Warum? Alle Versuche, ein belangloses Gespräch anzufangen, scheiterten. Hin und wieder flackerte etwas in Sephiroths makogrünen Augen auf, aber da Zack das Fahrzeug lenkte, gelang ihm keine akzeptable Definition. Irgendwann war er die Ruhe innerhalb des Wagens leid und begann, Cutter über alles mögliche auszufragen. Sein ´Opfer` antwortete immer, blockte aber alle ihre Familie betreffenden Fragen sanft ab oder umging sie durch geschickte Gegenfragen, was zwar auffiel, aber nicht weiter störte. Auch Teenager hatten ein Recht auf Geheimnisse. Etwas allerdings war der 1st nicht bereit, länger hinzunehmen. „Cutter-chan, bitte, vergiss das `Sir´ und nenn mich Zack, wie alle anderen auch!“ Es dauerte einen Augenblick lang, ehe der Teenager antwortete. „Ja, Zack-sama!“ Zur ihrer Überraschung begann dieser schallend zu lachen. Verunsichert wandte sie an den General. „Sir? Habe ich was falsch gemacht?“ „Nein“, antwortete Sephiroth ohne sich umzusehen. „Aber vermeide in Zukunft das Wort „sama“ in Bezug auf Zack.“ Selbigem warf er einen warnenden Blick zu. „Nur noch ein bisschen“, kicherte Zack vergnügt. Die Fahrt war erschreckend langweilig. Nach etlichen Stunden machten sie auf Cutters Bitte hin Halt, und als der Teenager eilig hinter ein paar großen Felsen verschwunden war, wandte sich Zack an Sephiroth. „Also... ich habe eine verblüffende Entdeckung gemacht. Wenn wir diese Richtung beibehalten, landen wir genau in der Ter-Region, wo jetzt schon vier SOLDIER verschwunden sind, und...“ „Fünf.“ „Fünf?“ wiederholte Zack mit einer Mischung aus Verblüffung und Entsetzen. „Seit letzter Nacht.“ Sephiroth fixierte den fernen Horizont, und während in seinen Augen der gewohnt distanzierte Ausdruck lag, meinte Zack doch, unter der fast herablassend ruhigen Betonung seiner Worte gefährlichen Ärger brodeln zu hören. „Und ich werde dafür sorgen, dass es nicht mehr werden!“ Zack nickte langsam. Er kannte die Berichte. Die Gegend war aus etlichen Gründen interessant für ShinRa, aber alle Versuche näherer Untersuchungen hatten mit dem gleichen, bestürzenden Ergebnis geendet: heftige, urplötzliche Kampfgeräusche, gefolgt vom abreißen des Funkkontaktes. Bislang keinerlei Hinweise auf den Täter. Und jetzt das. „Weißt du“, begann er dann halblaut, „wenn wir zwei diese Sache alleine angehen würden...“ „Keiner meiner Leute wird dort mehr sterben!“ Wenn Sephiroth diesen Tonfall anschlug, war jede Diskussion sinnlos. Opfer bringen, ja, das ließ sich manchmal nicht vermeiden. Aber keine sinnlosen. „Geht klar. Wir erledigen es, egal was es ist.“ Sie setzten ihren Weg fort, und die beiden SOLDIER nutzten die folgenden eher belanglosen Tage aus, um sich ein Bild von Cutters Stärken und Schwächen zu machen. Schnell mussten sie feststellen, dass der Teenager nicht besonders viel vorzuweisen hatte. Abgesehen von der in diesem Alter typischen (und erwarteten) Unerfahrenheit kamen große Konzentrationsprobleme hinzu, von ihrer Schusseligkeit ganz zu schweigen, außerdem erwies sie sich als nur bedingt teamfähig. Was die geheimnisvolle Welt der Lines anging... Cutter beschrieb es zerknirscht als eine Art „Mauer“, undurchdringlich und allgegenwärtig. Hin und wieder gelang es ihr aus unbekannten Gründen, das Hindernis zu überwinden, und dann waren ihre Angaben präzise und kamen ohne zu zögern, das Konzentrationsdefizit war wie weggeblasen, und von der üblichen Schussligkeit war kaum etwas zu spüren. In 9 von 10 Fällen allerdings gelang es ihr nicht, diese „Mauer“ zu überwinden. Mentale Blockade, vermerkte Sephiroth lautlos. Nur aufhebbar durch Spezialisten... oder einen selbst. Abgesehen von all diesen Schwachstellen wies der Teenager allerdings auch Stärken auf, zu denen große körperliche Beweglichkeit, sowie eine Extraportion Kreativität, Mut und Beharrlichkeit zählten – sofern ihr ihre Schussligkeit nicht einen Strich durch die Rechnung machte. Sephiroth fragte sich anlässlich dessen mehr als einmal, wie es dem Mädchen bisher gelungen war, zu überleben. Vermutlich hatte sie bloß Glück gehabt. Der General war zu sehr erfahrener Kämpfer, um sich auf so etwas launisches wie Glück zu verlassen, und so ließ er den Teenager nicht aus den Augen. Kein unübliches Verhalten. Aufmerksames beobachten und zuschlagen im richtigen Moment, das durchschauen von Zusammenhängen bevor andere überhaupt eine Existenz derselbigen realisierten, schneller, besser, stärker sein als der Rest... Er war darauf konditioniert, zu überleben und die Ruhe selbst zu sein, wenn die ganze Welt um ihn herum in Panik geriet. Von letzterem war Cutter immer nur einen halben Herzschlag entfernt. Und ihre Tollpatschigkeit beschwor bemerkenswerte Situationen herauf... „Schraubenschlüssel... Danke.“ Bearbeitungsgeräusche. Dann zwängte sich Zack unter dem Jeep hervor, baute sich vor dem Fahrzeug auf und starrte in den Motorraum. „Gut“, murmelte er ohne aufzusehen. „Starten, aber kein Gas geben.“ Zwei Sekunden später kreischte der Motor entsetzt auf. Zack sah nicht aus, als sei er überrascht. „Kein Gas, Cutter-chan.“ „Entschuldigung!!!“ Ein paar Schritte entfernt saß Sephiroth auf einem großen Stein und blickte abwartend, aber nicht erwartungsvoll zu den beiden hinüber. Dann schrieb er einen letzten Satz in Cutters Logbuch, schloss es, und ließ seinen Blick über die Kampfspuren in der näheren Umgebung schweifen. Eigentlich merkwürdig, dass es so lange gedauert hat... Nun ja, ein Monster weniger. Er wandte den Kopf. Und, fügte er bei dem sich ihm bietenden Anblick sarkastisch hinzu, einen Jeep. Mit Cutter auf Nachtwache war so gut wie alles möglich (außer Schlaf), und in der vergangenen Nacht hatte das Schicksal in Monstergestalt zugeschlagen. Es zu töten, war kein Problem gewesen. Dummerweise war es, durch einen erneuten Fehler von Cutter, genau über dem Jeep zusammengebrochen. Selbigen erklärte Zack gerade vergnügt für endgültig verstorben. Sephiroth, kaum erschüttert, nickte nur. Sein Blick wanderte in den Innenraum des völlig zerbeulten Wagens, wo das auf dem Fahrersitz hockenden Häufchen Elend namens Cutter sich gerade energisch über die verdächtig glitzernden Augen fuhr, was eine schwarze Ölspur auf ihrem Gesicht zurückließ. „Yo, Cutter-chan. Dieser Kampf ist vorbei, spar dir die Kriegsbemalung auf für nächstes Mal“, scherzte Zack während er seine eigenen Hände reinigte. Der Teenager schüttelte zutiefst niedergeschlagen den Kopf. „Es tut mir so leid“, flüsterte sie deprimiert. „Ich hab´ s total verbockt! Ich...“ „Ach was, alles halb so schlimm.“ Er wuschelte ihr tröstend durch die Haare. „Versuch´ s einfach nächstes Mal besser zu machen.“ Cutter nickte tapfer, alle Willensstärke zusammennehmend um nicht in Tränen auszubrechen. Ausgerechnet ihr musste das wieder passieren... Typisch! Und dann auch noch in Gegenwart des berühmten Generals, dessen geheimnisvoller (oder doch eher vernichtender?) Blick immer noch auf ihr lag. ShinRa war kein Spielplatz. Sephiroth verlangte von jedem, inklusive sich selbst, täglich Höchstleistungen im Rahmen des möglichen, und wenn es nicht anders ging, auch darüber hinaus. Konnten diese Erfolge nicht geleistet werden, so erwartete er entweder gute Gründe – oder echte Betroffenheit. Bei Cutter lag eindeutig letzteres vor. Aber auch die größte Niederlage, das wusste Sephiroth, konnte etwas positives beinhalten. Er trat ans ruinierte Beifahrerfenster. „Nun?“ Seine Stimme klang abwartend. „Was hast du gelernt?“ „Es reicht nicht aus, nur die Umgebung vor einem im Auge zu behalten, Sir“, lautete die zerknirschte Antwort. „Hin und wieder sollte man sich auch umdrehen.“ Ein paar Sekunden herrschte Stille. „Zitterst du meinetwegen, Tzimmek?“ „Ja, Sir. N... nein, Sir.“ Es war die verdammte Anspannung, und der Wunsch, die Situation endlich hinter sich zu bringen um wieder frei atmen zu können. „Sondern?“ Überraschenderweise hob der Teenager entschlossen den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. „Ich habe einen Fehler gemacht, Sir, und akzeptiere jede Bestrafung.“ Als hättest du eine andere Wahl... Heiterkeit irrlichterte für einen Sekundenbruchteil durch den Blick des Generals. „Wärst du sehr enttäuscht, wenn es keine Bestrafung gäbe? Außer laufen, natürlich.“ Er hatte schon viele verblüffte Gesichtsausdrücke gesehen, aber Cutter stellte gerade einen neuen Rekord auf. In ihren Augen stand es förmlich geschrieben. Keine Strafe? Ernsthaft? „Du hast etwas gelernt, Tzimmek“, fuhr Sephiroth fort. „Deshalb unternehmen wir solche Touren. Du sollst Fehler machen. So viele wie möglich, damit du später, wenn du auf dich allein gestellt bist, weniger machst. Am besten gar keine. Also nutz uns aus!“ Er wandte sich um und ließ einen Teenager zurück, in dem alle bedrückenden Gefühle durch Erleichterung ersetzt wurden. Es ist ok, dachte Cutter. Ich darf nur nicht zu oft denselben Fehler machen... Sie sah dem Mann, der ihre Erwartungen Lügen gestraft hatte, nach. Du... bist so anders, als ich dachte. Die Medien stellten General Sephiroth Crescent stets als kaltherzigen, gerissenen Strategen dar. Jemand gnadenloses, mit dem man sich nur anlegen sollte, wenn man Interesse an einem frühen Tod hatte. Und das mochte der Wahrheit entsprechen. Aber es waren, das begann Cutter langsam zu begreifen, Wesenszüge, die nur einen Teil des gesamten Charakters ausmachten. Sephiroth hätte sie ebenso gut hart bestrafen können. Was nicht geschehen war. Sicher, als Kadettin mochte der Teenager noch eine Art „Welpenschutz“ genießen, aber das hinderte Cutter nicht daran, eine bedeutende Entscheidung zu treffen. Nämlich die, vorsichtig anzufangen, Sephiroth zu mögen. Ich wünschte, ich könnte dir eines Tages von Nutzen sein... Zacks vergnügte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Aber wenn du drauf bestehst...“, er kniff grinsend ein Auge zu, „wir könnten dir den Jeep Stück für Stück vom Kadettengehalt abziehen, und...“ „Zack!“ unterbrach Sephiroth energisch, bevor der 1st wirklich in Fahrt kam. „Also gut. Wir brauchen Vorräte. Wo befindet sich die nächste Ortschaft, Tzimmek?“ Eine Aufgabenstellung, die mit Hilfe der Lines kein Problem darstellte. Gespannt beobachteten Sephiroth und Zack den sichtlich konzentrierten Teenager. Cutter gab sich alle Mühe. Sie wusste, wonach sie suchen, wie es aussehen und sich anfühlen musste. Die farbigen, über- und untereinander fließenden Energielinien, die ihren Geist an jeden Ort der Welt bringen, jede nur verfügbare Information vermitteln würden... Bunte Energiebahnen, aneinandergeschmiegt oder frei laufend, sanft pulsierend, eine unvergleichliche Ruhe verströmend. Ein berührender, atemberaubend schöner Anblick, der... ihr einmal mehr verwehrt blieb. Niedergeschlagen sah sie zu den beiden SOLDIER hinüber und schüttelte frustriert den Kopf. Sephiroths Blick verweilte einen Moment lang auf ihr, scharf und durchdringend. Dann ging er zu Plan B über und entrollte eine Karte auf der zerbeulten Motorhaube. Wenig später wanderte die kleine Gruppe durch eine fast kitschig schöne Landschaft. Ein paar Monster waren dumm genug, sie zu einem Kampf herauszufordern, aber es fehlte ihnen an Größe und Stärke um zu einem echten Hindernis zu werden, und so reichten oft ein paar gezielte Schwerthiebe um den Weg frei zu räumen. Sephiroth und Zack blieben dafür nicht einmal stehen. während sture Arroganz in ihren Augen glitzerte und der Welt versicherte, dass sie sich alles andere als bedroht fühlten. Dem General fiel auf, wie gut Cutter mit dem zügigen Tempo zurechtkam. Sie hatte Kondition! Er fügte das der Liste mit positiven Eigenschaften hinzu. Ihr sonstiges Verhalten allerdings... Er ließ sie gewähren, da sie nicht langsamer wurde, aber angemessen war das grüne Geflecht in ihren Händen trotzdem nicht. Langsam nahm es eine gewisse... bekannte... Form an. Cutter schien sich ihres Handelns nicht wirklich bewusst zu sein, denn irgendwann warf sie dem Geflecht in ihren Händen einen Blick zu und ein verblüffter Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Sir?“ Sephiroth hörte aufmerksam zu und wiederholte dann in undefinierbarem Tonfall die Kernaussage der ihm servierten Idee. „Chocobos. Nur mit diesem... Geflecht?“ „Ich reite sie immer so, Sir.“ Sephiroths Blick ruhte abschätzend auf dem Teenager. Die Geschwindigkeit, mit der sie dieses Zaumzeug fertiggestellt hatte, zeugte von Erfahrung, und die Aussicht auf eine Reisebeschleunigung war verlockend, aber Chocobos? Einen Moment lang kämpfte er mit sich selbst. Dann nickte er Cutter zu. „Versuchen wir´ s.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)