Das Tränenmeer von Riddle ================================================================================ Kapitel 1: Das Tränenmeer ------------------------- Ich stehe vor dem Gebäude, wo ich ihn zuletzt sah. Ihn, ihn der mir alles, wirklich alles auf der Welt bedeutet hat. Ich dachte ich müsste sterben, als ich DAVON gehört habe. Von seinem Selbstmord. Mein Name ist Ray Home. Ich bin 20 Jahre alt und Singel, obwohl man es besser als Witwer betrachten könnte. Mein fester Freund Alexander Fox ist vor 2 Jahren gestorben, von einem Hochhaus gesprungen. Er sprang weil er die langsam ergrauende Welt nicht mehr ertragen konnte, er lies mich allein. Er lies mich in dieser öden Welt, die ohne ihn gar keine Farben mehr hatte, allein. Ganz allein. Wie viele Tränen habe ich ihm schon nachgeweint? Wie oft habe ich nach ihm gerufen zurück zu kommen? Wie oft habe ich gebeten die Welt wieder zu färben? Wie oft... Ich dachte, die Welt würde entzwei springen, als du sprangst. Doch sie tat es nicht. Sie wollte mich quälen, mich foltern. Ich war dazu verdammt, nein ich BIN dazu verdammt, auf dieser Welt zu sein, auf dieser Welt, die zur grauen Wüste wird. Ein Meer von Tränen. Nicht nur die Welt wird öde, nein auch die Menschen auf ihr. Alle ergrauen. Alle werden sie langweilig und farblos. Die Menschen sind alle nicht mehr das was sie mal waren, nur noch ein billiger Abklatsch von damals. Was mich aber erschreckt ist, das ich auch leer werde. Ich war schon leer als er gesprungen ist, doch nun ist es eine leere, die man mit einem Loch vergleichen könnte. Dennoch bin ich einer der Menschen, die noch ein wenig Hoffnung, Hoffnung auf Besserung der Welt, haben. Doch auch bei uns kommen die Zweifel. Wir fühlen uns nicht mehr sicher, nicht mehr beschützt. Wir sehen hinaus in die Wüste und erkennen kein Ende. Ach wie sehnen wir uns nach einem Stückchen Wasser, das keine Träne beinhaltet. Die ganze Welt besteht aus Trauer, Wut und Verzweiflung, hat keinen Platz für Liebe mehr. Wie konnte dies geschehen? War dein Sprung der Anfang oder habe ich es da erst bemerkt? Ich weis nicht mehr wohin mit meinen Gefühlen, ich weis keine Antworten mehr auf diese Fragen. Wann konnte ich zuletzt antworten? Wann, ja wann? Wieder eine unbeantwortete Frage. Wieder ein bisschen mehr Verzweiflung. Es treibt mich in den Wahnsinn. Einen Wahnsinn der nicht mehr zu brechen ist. Einen Wahnsinn, der schon bei vielen Leuten ausgebrochen ist. Der Wahnsinn der Einsamkeit, der Leere, der Emotionslosigkeit. Ich gerate immer weiter hinein. Hinein in die Welt der Hoffnungslosen. Wie soll ich enden? Wie soll die Welt enden? Wird die Welt sterben? So wie alles andere auch? Werde ich dazu verdammt sein das Ende zu sehen? Ich lese mir immer wieder den Brief durch, den du mir schriebst, bevor du sprangst. Geliebter Ray, Ich liebe dich, doch bin ich es nicht wert zu Leben. Ich bin es nicht wert von dir geliebt zu werden. Mein Herz ersehnt den Tod, also soll mein Herz ihn bekommen. Den Tod. Das Unendliche. Ich werde springen. Von dem Haus, wo wir uns das erste mal trafen. Sei nicht traurig, ich werde immer bei dir sein. In deinem Herzen werde ich immer weiterleben. Für immer. In nie enden wollender Liebe Alexander Diese Sätze haben Fragen aufgeworfen. Ich werde immer bei dir sein. Wo bist du? In deinem Herzen werde ich immer weiterleben. Für immer. Ich kann dich nicht fühlen. Bist du doch ganz von mir gegangen? Gegangen, so wie alle anderen auch? Gegangen wie meine Gefühle? Gegangen... Für immer im Nichts. Fühlt die ganze Welt wie ich? Hat sie auch etwas geliebtes verloren? Jeder verliert etwas. Doch etwas geliebtes zu verlieren ist wie ein Weltuntergang, der nie stattfand. Doch man sehnt sich eben nach diesem Untergang. Den dadurch sieht man das geliebte wieder. Im Nichts. Ich sehe den Abgrund vor mir. Bin ich wirklich schon oben auf dem Dach, wo du sprangst? Ich kann von hier oben den Sonnenuntergang sehen. Sehen wie die Sonne sich Blutrot färbt. Es ist nun genau zwei Jahre her. In einer Minute ist der Jahrestag. 55 Sekunden. Ich schaue runter und muss bemerken, das ich nicht mehr weinen kann. Keine Träne habe ich mehr übrig. 50 Sekunden. Würde ich dich wiedersehen, wenn ich auch springen würde? Würden wir glücklich werden? 45 Sekunden. Ich höre das Ticken meiner Armbanduhr und jeder einzelne Tick kommt mir wie eine Ewigkeit vor. 40 Sekunden. Eine Ewigkeit, die man auch im Tod erleben wird. Oder doch nicht? 35 Sekunden. Soll ich dir folgen Alexander? Oder soll ich unglücklich weiterleben? 30 Sekunden. Wir könnten uns Wiedersehen. Doch ist dieses Wiedersehen glücklich? 25 Sekunden. Ich denke ich werde wieder fühlen können, wenn ich dich sehe. 20 Sekunden. Ich denke ich werde wieder Lieben. 15 Sekunden. Ich gehe ganz nah zum Abgrund und schaue wieder runter. Ja ich werde springen. 10 Sekunden. Ich springe. Ein unglaubliches Gefühl. 5 Sekunden. Ein letztes lächeln huscht auf über mein Gesicht. Es ist endlich Vorbei. 0 Sekunden. 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