Carousel von Rinami (Gefangen im Teufelskreis) ================================================================================ Kapitel 4: Schuld und Sühne --------------------------- Wie lange sie da am Boden hockte, dass wusste Sakura nicht. Auch das ihre Klamotten völlig durchnässt waren uns sie selbst ziemlich unterkühlt, realisierte sie nicht. Der Schock saß zu tief. Sie konnte, nein wollte, nicht fassen, was da soeben geschehen war. Das einer ihrer besten Freunde wegen ihr Suizid begangen hat. Vor ihren saphirblauen Augen spielte sich wieder und wieder die soeben geschehene Szene ab. Sie sah Kens traurigen und doch so entschlossenen Blick noch genau vor sich. „Leb wohl, Sakura...“ klang es in ihrem Kopf. Dann ließ er sich fallen. Sakura spürte auf einmal, wie sich ein merkwürdiger, unbeschreiblicher Schmerz in ihrem Herzen weit machte. Dieser Schmerz, er war so extrem, dass sie das Bedürfnis verspürte, sich die Brust aufzuschneiden und sich das Herz rauszureißen. Doch ihr noch halbwegs vorhandener Menschenverstand riet ihr davon ab. Heiße und klagende Tränen rannten ihre Wange hinab und vermischten sich mit den Regentropfen, die am Boden zerschellten. Ihr ganzer Körper zitterte und bebte, der Schock durchging ihr Mark und Bein. Sakura schluchzte verzweifelt. Noch einige Zeit später hatte sie ihre Haltung nicht geändert. Doch auf einmal erschien eine jugendliche, männliche Silhouette hinter ihr. Eine warme Hand berührte ihre Schulter. „Sakura, was ist los?!“ erklang eine besorgte, männliche und selbstbewusste Stimme. Doch anstelle zu antworten, schluchzte Sakura auf und starrte weiterhin den Boden an. Besorgt kniete sich der Junge vor ihr nieder, nun beide Hände auf ihre Schultern gelegt. „Sakura, ich bin’s doch, Yami! Bitte, sag mir was passiert ist.“ Sprach er das verstörte Mädchen an. „Es ist meine Schuld! Ich hab alles zerstört!“ schluchzte Sakura abwesend. Yami verstand nicht, was mit Sakura vorgefallen war. Er machte sich nur sehr große Sorgen um sie. „Hör mir zu Kleine. Beruhige dich erst mal!“ bat er sie unsicher und legte seinen Arm sanft um sie. Doch Sakura hörte nicht auf zu schluchzen. Ratlos umfasste Yami ihre Arme und zog sie hoch zu sich. Das Mädchen allerdings vermochte nicht, von alleine zu stehen. Zu sehr zitterten ihre Beine. Zu sehr raste ihr Herz. Yami realisierte, dass es so keinen Sinn machte und hob das fertige Mädchen auf seine Arme. Er wusste nicht, ob sie ihn überhaupt hörte. Dennoch sagte er ihr, dass er sie zu sich bringen würde. Nach einer halben Stunde waren Yami und Sakura in Yamis Apartment. Das Mädchen saß nun, immer noch zitternd, auf dem Sofa, bedeckt mit einer Decke. Langsam begann sie zu realisieren, was geschehen war. Langsam wurde ihr der Verlust bewusst. Und mit der Wahrnehmung der so schmerzhaften Realität wuchs auch der Seelen- und Herzensschmerz. Yami bot ihr einen Beruhigungstee an. Sakura akzeptierte das Angebot und nahm langsam und zaghaft einen Schluck des Tees zu sich. Es dauerte, bis dieser seine Wirkung entfachte. Derweil saß Yami besorgt neben ihr und strich ihr die ganze Zeit ratlos über den Rücken. Nach einigen Stunden war Sakura in einen unruhigen Schlaf geglitten. Yami nutzte die Gelegenheit und gönnte sich auch ein wenig Schlaf. Immer hin, er war ja auch nur ein Mensch und brauchte irgendwann mal seine Ruhe. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen. Dunkelheit umgab sie völlig, kein Lichtschimmer weit und breit. Kalter Wind warf sich ihr entgegen, Hagel peitschte ihr wunderschönes Gesicht. Sie folgte dem Korridor, unahnend, wo hin sie sich begab. Plötzlich spürte sie, wie ihr Körper gegen etwas kaltes und hartes prellte. Unsicher wich sie einen Schritt zurück. Doch hinter sich spürte sie auf einmal ebenfalls eine Wand. Panisch und beunruhigt drehte sie sich im Kreis, doch sie war eingekesselt. Von jeder ihrer Seiten war eine Wand. Kein Weg vor, kein Weg zurück. Auf einmal wurde es gleißend hell und der Boden verschwand unter ihren Füßen. Sie spürte, wie sie in die Finsternis und Leere stürzte. Schmerz verbreitete sich, als sie spürte, wie sie auf dem Boden aufschlug. Unsicher richtete sie sich auf und sah sich um. Nichts als Finsternis und eine Tür. Mit schmerzverzogenem Gesicht schritt sie mühsam auf die Tür zu. Ihre Hand berührte zitternd die goldene Klinke. Nach dem sie die Tür geöffnet hatte erschien ER vor ihr. Seine Augen gezeichnet von Trauer und Schmerz. Seine Seele geplagt, das Herz gebrochen. „Das ist allein deine Schuld! Du wirst zahlen!“ erklang seine Stimme zornig und hasserfüllt. Ihre Augen weiteten sich schockiert, als sie IHN erkannte. Ken war es. Und er ging mit etwas grausigem, gleißenden auf sie zu. Sie spürte nur noch, wie sich eine unglaubliche Kälte in ihr weit machte und ein rasender Schmerz ihr Herz verschlang. Ihre saphirblauen Augen blickten ihn noch einmal an. Tränen glitten über ihre Wange. „Ken...... warum...!?“ Doch anstelle ihr zu antworten, wandte er sich ab und ließ sie alleine. „Du weißt genau, warum.....“ Von ihrem eigenen Schluchzen aufgewacht sprang Sakura vom Sofa auf. Ihr Herz raste. Sie war erfüllt von einer unglaublichen Angst und Panik, der Schmerz im Inneren ließ sie fast verrückt werden. Sie hielt es nicht mehr aus. Sie musste fort, sie musste weit weit fort. So erhob sich Sakura, warf die Decke von sich und stürmte mitten in der regnerischen Nacht aus dem Hause Yamis. Sie wusste nicht, wohin sie rannte. Sie musste es einfach tun! Sie hatte das Gefühl, wenn sie nicht rennen würde, würde sie ihren Verstand verlieren. Ihre Seiten schmerzten, ihre Lungen zogen. Die Tränen rannten ununterbrochen ihr Gesicht hinab. Sakura stürmte weiter voran, bis sie am Horizont drei Polizeiwagen mit Blaulicht stehen sah. Ihre Schritte verlangsamten sich nach und nach. Im Hintergrund sah sie viele uniformierte Männer und einen Krankenwagen. Da lag etwas auf dem Boden, zwischen all diesen Blaulichtern und Autos. Dieses Etwas war mit einer schwarzen Plane bedeckt und man konnte nur grobe Umrisse erkennen. Irgendwie erinnerte das, was darunter war an einen menschlichen Körper. Sakuras Herz begann langsamer zu schlagen. Wie unter Hypnose setzte sie einen Fuß vor den anderen. Ihre Augen waren leer. Sie schritt auf einen der uniformierten Männer zu. „Was ist passiert?“ fragte sie apathisch. „Wir haben einen Notruf von einem Autofahrer bekommen. Es scheint, jemand habe sich von der Brücke gestürzt und wurde dabei von einem Auto erfasst. Wir suchen nun jemanden, der die Leiche vielleicht identifizieren kann. Können Sie uns vielleicht helfen?“ verkündete der Polizist und schaute Sakura an. Wie benommen ließ sich das Mädchen zu der bedeckten Leiche führen. Ihr Blick wanderte langsam zu dem Plane bedeckten Kopf. Eine Polizistin musterte Sakura. „Bitte erschrecken Sie sich nicht. Die Leiche ist in keinem sehr guten Zustand.“ Bat sie und zog die Plane weg. Ein blutüberströmter Kopf mit starren, aufgerissenen Augen kam zum Vorschein. Weit entfernt von der Lost Gate Bridge konnte man das herzerreißende, schockierte Kreischen eines Mädchens vernehmen. Doch niemand wusste, was vorgefallen war. Nur die Leiche hatte man identifizieren können. Ken Masters, 18 Jahre alt, wurde bei einem Suizidversuch von einem Auto erfasst. Das stand in den Akten.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)