Frei wie der Wind aber dennoch gefangen von -Bastet- ================================================================================ Kapitel 10: Auf hoher See ------------------------- Am nächsten Morgen wachte Silver kurz vor Mittag auf. Der zusätzliche Schlaf hatte ihm gut getan. Er untersuchte den Verband, den er sich hatte umlegen müs-sen und stellte zufrieden fest, dass die Wunde besser verheilte, als er gedacht hatte. Ein Wandler zu sein, hatte so seine Vorteile. Schließlich entledigte er sich seiner Kleidung und schlüpfte unter eine kalte Dusche. Kurz darauf erschien der Schatzjäger in voller Montur unten in der Bar und bestellte etwas zu essen. Es überraschte ihn kaum, dass Fenrill noch nicht da war. Der Kerl hatte es wahr-scheinlich total übertrieben mit dem Alkohol; vermutlich auch mit den Frauen. Silver genoss seine Mahlzeit, die aus einem Steak, mehreren Kartoffeln und Soße bestand. Es war viertel nach 12, als er fertig war und mit Verdruß feststellte, dass sein angehender Partner immer noch nicht erschienen war. Schließlich stand er auf und fragte den Wirt, in welchem Zimmer man ihn untergebracht hätte. Leicht angesäuert stieg Silver die Stufen wieder hinauf und suchte Zimmer 12, welches am anderen Ende des Ganges lag. Wie er erwartet hatte, war die Tür nicht abgeschlossen und so öffnete er diese ohne böse Vorahnung. In dem Zimmer war es halb schummrig, da die Vorhänge noch vor die Fenster gezogen waren. Auf dem Bett machte Silver mehr als nur eine Person aus und rollte genervt mit den Augen. Was hatte er auch anderes erwartet. Schließlich zog er sich zurück, schloss die Tür hinter sich und bat den Wirt um einen Eimer. Dann ging Silver mit diesem in‘ s Bad, um kurz darauf wieder Fenrill‘ s Zimmer zu betreten. Der Jäger rührte sich und blinzelte einmal kurz. „Zimmerservice? Oh gut, noch ein Bier bitte.“, lallte er und legte den beiden schlafenden Frauen die Arme um die Schultern. „Hier ist Ihr Wasser, Sir.“, entgegnete Silver trocken und kippte den Eimer mit eiskaltem Wasser vollständig über dem erschro-ckenen Mann aus. Die beiden Frauen quietschten erschrocken auf und verließen fluchtartig das Zimmer. Fenrill sah ihn an, wie eine Kuh, wenn‘ s donnert und nur allmählich schien er zu begreifen, wer vor ihm stand. „Wir müssen los. Beeil dich.“, sagte Silver ab-schätzig und verließ das Zimmer wieder. Es dauerte keine fünf Minuten, da saß Fenrill leicht verkatert neben ihm an der Bar. Der Nüchterne von den Beiden be-zahlte und kurz darauf verließen sie das Wirtshaus in Richtung Hafen. Mireille hatte die Nacht über gut geschlafen. Das Schiff lag ruhig auf dem Was-ser und das Wetter war sonnig und schön. Nachdem sie sich ausgiebig ausgestreckt hatte, nicht ohne zusammen zu zucken dank ihrer Wunde, stand sie auf und genoss eine warme Dusche in der eigenen Ka-bine. Anschließend trocknete sie sich ab, legte einen frischen Verband an und flocht ihre Haare erneut in einen Zopf. Sie war gerade in ein großes Handtuch eingewickelt, da klopfte es an der Tür. Mireille war mit einem Satz neben der Tür und hatte die Hand an dem Griff ihres Dolchs. Vorsichtig öffnete sie die Tür und atmete erleichtert aus, während sie die Waffe hinter ihrem Rücken versteck-te. „Zimmerservice.“, grinste sie ein junger, sonnengebräunter Bursche an. Auf einem kleinen Schildchen an seinem Hemd stand „Mike“. „Kann ich Ihnen etwas bringen?“, fragte er galanter, als er den Anschein machte. „Ähm, nein danke. Ich begebe mich gleich nach unten in das Restaurant.“, sagte sie freundlich. „Wie Sie wünschen.“, lächelte er. „Sollten Sie dennoch im Laufe des Tages etwas wün-schen, wenden Sie sich ruhig an mich. Ich bin immer hier auf dem Flur unterwegs. Wenn nicht, klingeln Sie einmal mit dem Knopf hier.“, sagte er und verwies auf einen kleinen Knopf in ihrer Kabine, der in die Wand eingelassen war. „Ja, gerne. Danke.“, sagte sie und schloss die Kabinentür wieder. Der Bursche entfernte sich wieder und ging zur nächsten Zimmertür. Schließlich hatte auch Mireille es geschafft sich anzuziehen und sogar ihren Mantel wieder in Ordnung zu bringen, als sie das Zimmer verließ und die Tür ab-schloß. Nun war auch sie hungrig geworden und wollte nach etwas eßbarem Aus-schau halten. Unten angekommen stieg ihr der Geruch von frischen Früchten und verschiedensten Speisen in die Nase. Zufrieden begab sie sich an den Tisch, auf dem die ganzen Köstlichkeiten standen und nahm sich einen Teller. Ihre Nase führte sie zu einem herrlich riechenden Stück Fisch, dass einen Augenblick später seinen Platz auf ihrem Teller fand. Da-zu fanden sich noch einige Kallamares und etwas frischer Bauernsalat. Ziemlich zufrieden setzte sich Mireille an einen kleinen, freien Tisch am Rande und be-gann ihr Mahl. Unterdessen hatten auch Silver und Fenrill es geschafft sich auf ein Schiff in Richtung Solon zu verfrachten, nachdem sie den Mantel des Schatzjägers bei der Näherin abgeholt hatten. Jetzt hatte Mireille nur noch einen Tag Vorsprung. Hof-fentlich würde sich ihre Spur in der Stadt nicht so schnell verlieren. Die bei-den Männer bezogen ihre Kabine; eine Doppelkabine, da zwei Einzelkabinen zu teu-er waren; zu Silver‘ s Unmut, da er wusste, dass er Fenrill rund um die Uhr an der Backe haben würde. Hoffentlich schnarchte er nicht. Zu seiner Überraschung jedoch verabschiedete sich sein Partner recht schnell mit den Worten „Ich geh dann mal was spachteln.“, und verschwand in dem allgemeinen Getümmel. Silver hingegen machte es sich in seiner Kabine bequem. Es passte ihm so gar nicht, dass die beiden Betten direkt nebeneinander standen, wie bei einem Ehebett und so machte er sich kurzerhand daran, das eine Bett unter das Bullauge zu schieben und das andere, sein Bett, genau an die gegenüberliegende Wand. Hof-fentlich würde er so wenigstens etwas Ruhe vor diesem Verrückten haben. Er konn-te nur auf sein Gefühl vertrauen, dass dieser Mann ihm irgendwann noch einmal nützlich sein würde. Zudem musste er aufpassen, dass sie nicht wegen seiner „weiblichen Ausrutschern“ noch vor Ende der Reise vom Schiff geworfen wurden. Silver‘ s Blick fiel auf ei-ne Karte, die gerahmt an der Wand hing. Bei genauerer Betrachtung sah er, dass es eine Karte der Welt war. Mit wenigen Schritten war er bei ihr angelangt und nahm sie von der Wand. Dann legte er sie auf sein Bett, setzte sich davor und begann sie zu studieren. Hoffentlich würde ein Schiff von Solon direkt nach Morescent auslaufen, sodass er ohne große Umschweife das gewünschte Relikt abliefern konnte. Der zweite Tag an Bord war bereits verstrichen und Mireille langweilte sich. Zu Anfang hatte sie gedacht, dass sie die meiste Zeit verschlafen würde, jedoch fand sie hier an Bord keine Ruhe. Irgend etwas hielt sie wach. Normalerweise konnte sie in Schiffskabinen beim herrlichsten Hurrikan noch wie ein Baby schla-fen, doch nun fielen ihr die Augen einfach nicht zu. Und was das Schlimmste war, wenn sie nichts zu tun hatte und nicht einschlafen konnte, fing sie an, sich Ge-danken zu machen. Es war interessant gewesen, dass Silver auch ein Wandler war, genau wie sie. Es gab nicht mehr viele von denen, die diese Gabe in die Wiege gelegt bekommen hat-ten und diese Kunst noch beherrschten. Verdammt, nur warum musste er ausgerech-net zu dem Zeitpunkt auftauchen, an dem sie die Kette holen wollte? Genauso gut hätte er sich noch einen Tag Zeit lassen können. Dann wäre sie in Ruhe von dannen gezogen und hätte die Kette abgeliefert, ohne die Gefahr, dass sie jemand daran hindern könnte. Das Schiff rumpelte. Kurz darauf setzte das leichte Vibrie-ren, das durch die Motoren verursacht wurde, aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)