Kurzgeschichten von 1810 ================================================================================ Das Mahnmal ----------- "Das Feuer unter dem Kessel sollten sie noch schüren.", wichtigtuerisch beugte sich der Ausbilder über den köchelnden Zaubertrank. "Es ist mir bewusst, Mr. Potter, dass der Minister sie bereits zum Auror ernannt hat, doch garantiere ich ihnen, dass sie kaum mehr zu tun bekommen werden, als Akten zu sortieren, wenn sie sich nicht entsprechend ihres Berufes qualifizieren können." Genervt blickte Harry in das alte, magere Gesicht von Mr. Potiondrop. Zum wiederholten Male wünschte er sich einen alten, in Leder gebundenen Freund zurück. Nur einen Zauberstabschwung später knisterte das Feuer gefräßig und heiße Flammen zuckten um den Kesselboden herum. "Nun, das sieht schon besser aus.", sagte der Tränkemeister und lächelte überheblich. Harry wischte sich den Schweiß aus der Stirn und versuchte krampfhaft, sich an das verbesserte Rezept zu erinnern, dass er einst im alten Zaubertranklehrbuch Severus Snapes gelesen hatte. Stirnrunzelnd betrachtete er das Rezept des verlangten Unsichtbarkeitstrankes. Als nächsten schritt verlangte der Text, Peruanische Verschwindepilze so klein zu schneiden, wie man nur konnte, und sie dann in den Kessel zu werfen und dann den Trank eine halbe Stunde zu kochen, bis der Saft der Pilze sich im Kessel verteilt hatte. Harry sah den fleischigen Pilz abschätzend an. Zaubertränke bereitete man zwar besser nicht aufs gerate wohl zu, doch einen Versuch, die Sache zu beschleunigen, war es allemal wert. Schließlich arbeitete er unter Zeitdruck und hatte durch einen dummen Lesefehler schon einmal nach der Hälfte von vorne anfangen müssen. Er fasste zittrig nach dem silbernen Messer und wog es schwer in der Hand. Bei den Bohnen hatte es damals geklappt- warum nicht auch hier? Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel und stampfte auf einen der Pilze ein. Sofort ergoss sich durchschimmernder Saft über seiner behandschuhten Hand und Harry musste sich beeilen, den tropfenden Pilz über seinen Kessel zu bringen, damit nicht zu viel von der wichtigen Zutat verschwendet wurde. "Du hast es geschafft?!", schrie Ron und sah ihn ungläubig an. "Das letzte Mal, dass ich zu dir rüber gesehen hab' hast du deinen Topf vor Wut getreten und den Inhalt verschwinden lassen!" Kaum hatte die Prüfung geendet, war Ron zu ihm gekommen und nun befanden sich er und Harry auf dem Weg zum Atrium des Ministeriums. "Tja, ich hatte Glück.", sagte Harry und stieg mit seinem Freund in einen der Fahrstühle des Ministeriums. "Ich habe mich an meine Zeit in der Sechsten erinnert." "Snapes Buch?!", fragte Ron fassungslos. "Hast du das Buch etwa auswendig gelernt?" Harry zuckte die Schultern. "Nunja, manchmal liegt deine liebe Freundin mit ihren Gewohnheiten nicht ganz falsch." Rons Mine verfinsterte sich. "Du nicht auch noch. Ich dachte schon, ihre Lernerei sei in der Schule unerträglich.", sagte er und stieg mit Harry aus dem Fahrstuhl, "Aber wenn du mal mit ihr in einem Bett geschlafen hast, mein Freund, dann erst weißt du, was der wahre Horror ist." "Wiederholst du das nochmal? Schatz?" Ron zuckte zusammen. Hermine hatte an den Fahrstühlen auf die beiden gewartet und glitzerte Ron nun gefährlich an. Harry lachte laut auf und klopfte Ron auf die Schulter. "Alles was du sagst kann und wird gegen dich verwendet werden, das solltest du langsam wissen.", meinte Harry und als Ron erwiderte: "Lass die dummen Sprüche und sorge lieber dafür, dass dieser Tag nicht mein letzter ist!", lachte er nur. Die drei Freunde kamen gerade am Wunschbrunnen im Atrium vorbei und Harry warf eine Galleone in das schimmernde Wasser. Er sah zum Mahnmal empor, dass sich in der Mitte des Brunnens erhob und murmelte: "Danke, Severus." Ron und Hermine, traten, nach einem kurzen, fast schon routinierten Streitgespräch, neben ihn. Zu dritt betrachteten sie den goldenen Block, der unzählige Namen trug, eingraviert mit kunstvoller Schrift. Neben jedem Namen war ein Zauberstab eingebettet. Ein Paar waren gebrochen, die meisten dieser Namen riefen bei den dreien traurige Erinnerungen hervor. Andere Zauberstäbe waren nicht aus Holz, sondern aus Plastik, wie sie die Muggel als Spielzeuge benutzen. Sie symbolisierten die wehrlosesten aller Opfer. Zwischen den Zauberstäben waren aber auch Ringe und andere feingearbeitete Schmuckstücke gesetzt. Sie markierten Goblins. Und auch den einen oder anderen Pfeil, ein Zeichen für Zentauren, erkannte Harry. Harry las die Namen, die er auf dieser Seite des Mahnmals wieder erkannte. Und er sah Fred vor sich, wie er über die Karte schwärmte, die Harrys Vater und seine Freunde einst geschrieben hatte. Er lächelte traurig, als er sich an Tonks verschiedene Gesichtsversionen erinnerte. Er spürte wieder die Überraschung und den Stolz, als Remus ihn zu Teddys Paten erklärt hatte. Und Stolz verspürte er auch, als er den Beweis erblickte, dass die Magier endlich dazu gelernt hatten: Dort, eingereiht zwischen all den anderen Namen, durch nichts hervorgehoben, erwähnt der Schriftzug Albus Dumbledore. Und neben ihm, unversehrt und unscheinbar, war der Elderstab in das Gold eingebettet. Harry sah mit leichtem Lächeln zu seinen beiden Freunden. Ron, der voller Trauer zu Freds Namen hinaufblickte und Hermine, die sich versöhnlich an seinen Arm schmiegte und seinen Rücken streichelte. Geräuschlos ging Harry an ihnen vorbei und betrachtete die Vorderseite des Denkmals. Sie Unterschied sich in keiner Weise von der anderen. Harry ließ seinen Blick über die Namen auf dieser Seite schweifen und entdeckte, erneut von Stolz und Trauer erfüllt, einen weiteren bekannten Namen: Eine Socke, so scheußlich gelb, dass sie im Gold kaum auffiel, markierte ihn. Harry erinnerte sich noch genau an die großen Augen, die ihn einst aus einer Hecke angestarrt hatten. "Hey! Sie haben die Plakette angebracht!" Harry sah sich um. Ron und Hermine waren erneut zu ihm getreten. Ron zeigte auf eine Plakette am Rande des Brunnens und Harry trat einen Schritt zurück, um sie lesen zu können. "Wurde aber auch Zeit, schließlich ist sie schon seit einer Woche fertig!", sagte Hermine wütend. Die Plakette war dick und genauso aus Gold gefertigt wie das Denkmal. in sie eingebettet war ein großes, blaues Auge. Über ihm stand in großen, eckigen Buchstaben: "Immer wachsam!" und unter dem magischen Auge war Mad Eye Moodys Name eingraviert. "Potter, Weasley? Sie sind ja noch hier!", Harry zuckte jäh zusammen, als Mr. Potiondrop hinter ihm seinen Namen rief. "Was ist denn noch?", ächzte Ron. "Sie haben uns schon den ganzen Tag lang gequält, reicht's nicht langsam?" "Oh, ich glaube schon, dass es reicht. Und zwar für mein ganzes restliches Leben!", er kramte in seinem langen, dunkelblauen Umhang zwei Pergamentrollen hervor und überreichte sie Harry und Ron. "Ich wollte diese Urkunden gerade per Eule schicken, aber so geht es natürlich schneller. Ganz ausgezeichnete Arbeit, Potter. Und von ihnen auch, Weasley. Allerdings hoffe ich, dass sie niemals etwas von dem, was sie als Verwandlungstrank bezeichnen, trinken müssen, Weasley. Sonst enden sie noch als Kröte. Aber es hat ja trotzdem gereicht. Viel Glück bei ihren anderen Prüfungen. Ihnen beiden." Er drückte ihnen die Hände, dann drehte er sich auf dem Absatz und war mit dem typischen PLOPP verschwunden. Sofort waren Harry und Ron von einem Wust buschiger brauner Haare umgeben und Hermine umarmte sie beide überschwänglich. "Glückwunsch! Der erste Schritt auf dem Weg zum Auror! Das sollten wir feiern!" Sie ließ Harry los und küsste Ron überschwänglich. "Logo.", lachte Harry und betrachtete glücklich die Urkunde, die ihm der Tränkemeister des Ministeriums gerade überreicht hatte. "Wir könnten uns gleich in der Winkelgasse treffen, ich muss nur Ginny abholen." Ein unverständliches Geräusch kam von Ron, der Hermine noch immer küsste. Harry sah zu ihm und sah, wie Ron erst den Daumen nach oben streckte und dann mit der Hand fort wedelte. Grinsend ging er zum nächsten Kamin, warf ein wenig Pulver in die Flammen und sagte in die Flammen hinein: "Grimmauld Place Nr 12." Und stieg in das grün züngelnde Feuer. Professor --------- Wellen kräuselten sich auf dem großen See, während ein leichter Wind über seine Oberfläche hinweg wehte. Doch bekam davon nicht einmal das aufmerksamste Lebewesen etwas mit, denn die Nacht war schon über die Ländereien hereingebrochen. Es war ein dunkler, lichtloser Abend und dicke Wolken rotteten sich am Firmament zusammen. Die Sonne verschwand gerade hinter den Bergen, ihr Licht drang kaum mehr bis zum Ufer des Sees vor. Selbst der helle Vollmond schaffte es nicht, mehr als ein paar Strahlen durch die dichte Wolkendecke zu schicken. Die ersten Regentropfen eines spätsommer Gewitters begannen zu fallen und die leichte Briese frischte immer mehr zu einem wütenden Getöse an. Das große, alte Schloss, dass sich neben dem See in den Himmel erhob, interessierte sich freilich nicht für die Luftwirbel, die an seinen dicken Steinen abprallten. Auch nicht für die Wassertropfen, die langsam an seinen Fenstern hinab glitten. Die meisten Fenster der großen Zaubereischule waren dunkel, die meisten Zimmer verlassen. Das Leben, das gewöhnlich durch die Gänge, Zimmer und Treppenhäuser pulsierte, war, natürlich, zu einer schreienden Einsamkeit verkommen. Und so angsteinflößend leere Schulen auch sein mochten, eine mit Schülern gefüllte Schule während der Sommerferien wäre wohl noch grausiger gewesen. Doch in einigen Fenstern des Schlosses brannte noch Licht. In Hogwarts gab es immer etwas zu tun, und gerade dem Direktor konnte generell nie langweilig werden. Denn Minerva McGonagall saß gerade an dem Entwurf für den alljährlich fälligen Brief, der neue wie alte Schüler zurück nach Hogwarts einlud. Es mochte lächerlich erscheinen, einen eigentlich absolut formellen Einheitsbrief jedes Jahr aufs neue aufzusetzen, doch bedurfte es immer wieder kleinen Änderungen und die Direktorin wollte nicht, dass ihre Schule auch nur im entferntesten für so Bürokratisch und routiniert gehalten wurde wie eine Ministeriumsabteilung. Im großen Rektorenzimmer befanden sich noch immer all jene Gegenstände, die einst von Albus Dumbledore hinterlassen worden waren. Doch bezweifelte McGonagall, die gerade die letzten Zeilen des Briefes beendet hatte, dass je wieder jemand etwas mit ihnen würde anfangen können. SIe blickte Gedankenverloren auf die vor sich hintickenden Gerätschaften, als es an der Tür klopfte. Sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass sie Besuch hatte, riss sich aus ihren Gedanken und bat ihren Gast herein. Die Tür öffnete sich sofort und ein vertrautes Gesicht erschien hinter ihr. Die Direktorin lächelte sofort, als sie ihren alten Schüler eintreten sah. "Entschuldigen sie, ich fürchte ich komme etwas zu spät... der Weg war länger als gedacht.", sagte Neville Longbottom und trat an den Schreibtisch heran. McGonagall sprang auf schüttelte dem rundgesichtigen Mann, den sie einst als so ungeschickt und tollpatschig kennen gelernt hatte, die Hand. "Das macht doch nichts, mein Lieber. Ich habe sowieso die Zeit vergessen - sie wissen ja, das neue Schuljahr beginnt in Kürze... Aber setzen sie sich doch erst einmal.", sagte sie und ließ sich selbst wieder in ihren Sessel fallen. Sie hatte doch tatsächlich Longbottoms Besuch vergessen! Dabei hatte sie ihn doch selbst herbestellt. "Kann ich ihnen irgendetwas anbieten, Longbottom? Tee? Kaffee?" "Tee, bitte.", erwiderte er und lächelte sie mit einem Lächeln an, dass ihn für kurze Zeit so sehr verjüngte, dass sie in ihm wieder ihren Schüler sah. Um so seltsamer empfand sie ihr anliegen. Sie beschwor Neville seinen Tee und sich selbst eine Tasse dampfenden Kaffees. "Um ehrlich zu sein, Neville, ich habe ein Problem: Professor Sprout hat dieses Jahr ihren Rücktritt angekündigt. Und nach dem kommenden Jahr fehlt Hogwarts der Kräuterkunde Lehrer...", sie runzelte die Stirn und überlegte, wie sie den nächsten Satz formulieren sollte, doch war das gar nicht mehr nötig, denn auf das rundliche Gesicht hatte sich bereits eine Mine aus Wissen, Überraschung und Entsetzen breitgemacht. "Sie ... sie denken doch nicht?", stotterte er sogleich los, "ICH?!", fragte er beinahe schon ängstlich und deutete, um seine Feststellung noch zu bekräftigen auf sich selbst. "Nun beruhigen sie sich mal wieder, Longbottom!", sagte die Direktorin und lächelte ihn an. "Ist das denn so weit hergeholt? Sie sind schließlich der Autor von 'Feuerwurz und Zeterkraut, die Magische Kräuterküche'! Warum sollte ich mir die Chance entgehen lassen, jemanden als Lehrer einstellen zu können, der das Lehrbuch geschrieben hat, dass seine eigene Lehrerin seit seinem Erscheinen verwendet?" SIe nahm ihren Kaffee und trank einige kräftige Züge des heißen Wachmachers, dann sah sie ihren Besucher erwartend an. Sie kannte seine Antwort schon, bevor er sie aussprach. Eigentlich hätte sie ihm auch eine Eule schicken können. SIe hätte ihn um Mitternacht in seinem Haus überfallen können, er hätte am nächsten Morgen schon unterrichten müssen, er hätte trotzdem angenommen. Sie wusste, dass Neville die Schule so sehr liebte, wie sonst nur wenige Menschen vor ihm. Und nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte, nahm er sofort dankend an. Dann lehnte er sich gedankenverloren zurück und schlürfte an seinem Tee. "Ich muss schon sagen.", ertönte da eine altbekannte Stimme hinter McGonagall. Prompt verschüttete Neville den ganzen Tee, verschluckte sich an dem wenigen Tee in seinem Mund und sah hustend und prustend zu dem Gemälde Severus Snapes auf, der spöttisch auf ihn hinab blickte. "Ich hätte nie gedacht, einmal hören zu müssen, wie SIE mit Professor angesprochen werden. Minerva, denken sie wirklich, man kann jemanden auf die Schüler loslassen, der über sechs Jahre lang eine kleine Kröte nicht bändigen konnte?" Mit gerunzelter Stirn wandte sich McGonagall zu dem Gemälde von Nevilles ehemaligem Hasslehrer um. Ihre Lippen bildeten jenen dünnen, strengen Strich, der ihren Schülern stets überdeutlich Gefahr andeutete. "Severus, wenn sie nichts dagegen haben, möchte ich hier versuchen, einen Lehrer anzuwerben, der auf seinem Gebiet einer der klügsten Köpfe ist. Verzeihen sie mir also, wenn ich nicht auf die Kritik eines Mannes höre, der, ob gezwungen oder nicht, Todesser als Lehrer verpflichtet hat.", sagte sie kühl. Ohne an das Gemälde noch einen Gedanken zu verschwenden, drehte sie sich zu Neville zurück, der inzwischen den Großteil des verschütteten Tees mit seinem Zauberstab hatte verschwinden lassen. Sie lächelte ihn an und füllte seine Tasse erneut mit grünem Tee. "Nun da wir das vom Tisch haben, Neville, wird es Zeit, mir etwas über ihr letztes Treffen mit Potter zu berichten. Der Abend ist noch jung, und ich habe seit der Hochzeit zwischen Ginny und ihm nicht mehr viel von ihm gehört. Er hat jetzt auch die letzten Prüfungen zum Auror bestanden, oder?" "Ich glaube, ja...", sagte Neville und griff nach der neu gefüllten Tasse. 'Professor Longbottom'... das hörte sich wirklich gut an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)