YuGIoh! Einzelkapis von Isahra (VErscheinde Einträgeu dn Kurzstory zu Yugioh!) ================================================================================ Kapitel 1: Das Glück liegt in Hierakonpolis ------------------------------------------- Das Glück liegt in Hierakonpolis „In Hierakonpolis findest du dein Glück…“, ertönte eine leise Stimme in Atemus Traum, während er sich in seinem Bett umdrehte, als die ersten Sonnenstrahlen des Tages über den Horizont wanderten. Sie fielen durch die großen halbrunden Fenster und die hellen, leichten Vorhänge, die im sanften Wind des Morgens flatterten, direkt auf sein Nachtlager. Die Sonne hatte ihm unangenehm warm in der Nase gekitzelt und daher hatte er sich die Decke auch noch über den Kopf gezogen. Er war noch müde und unter der Decke war es schön warm. Eigentlich waren Decken nicht notwenig, wenn man ins Bett ging, da die Hitze des Tages sich in den Mauern der Residenz gespeichert hatte, aber die Nächte waren um diese Jahreszeit durchgehend kühl und im Laufe der Nacht wurde es so kalt, dass man eine dünne Decke brauchte um sich warm zu halten, zumindest wenn man wie er noch immer solo war und keine Frau hatte, mit der man das Bett teilen könnte. Atemu schmatzte und knautschte das weiche Kissen zusammen, da es sich platt gedrückt hatte. Gestern war er spät ins Bett, Mahado und Seth hatten mit ihm noch ein langes Gespräch geführt und Mana hatte ihn dann noch stundenlang voll geplappert, aber was genau sie gesagt hatte, wusste er schon gar nicht mehr. Bis er Schlaf gefunden hatte, konnten kaum mehr als fünf Stunden vergangen sein. Er war gerade wieder dem Halbschlaf fast entronnen und hatte sich schon vor dem inneren Auge einen Traum angefangen auszumalen, als ohne Vorwahrung die Türe aufflog und gut und gerne zehn Menschen in sein Schlafgemach drangen. Atemu registrierte das nur als wäre es sein seltsamer Traum, auch das Gemurmel und Gerede der Höflinge und des alten Wesirs klangen nur verhalten an seine Ohren. Er wollte sie ignorieren, doch dann fand sein Traum ein jähes Ende. „Pharao?“, Shimon, einer der beiden Wesire von Ägypten und alter Lehrmeister Atemus trat an sein Nachtlager und sah auf ihn herunter. Er legte die Stirn kraus und seufzte, da sich unter der Decke, aus weichem, naturfarbenem Leinen nichts rührte. Dieses Theater kannte er schon. Das hatte Atemu schon als Prinz immer gemacht, wenn er die Nacht zu spät beendet hatte. Vermutlich war mal wieder viel zu viel köstlicher roter Wein oder auch Bier geflossen, der ihm jetzt einen abscheulichen Kater bescherte. Es würde Atemu aber dieses Mal nicht helfen können, auch wenn Shimon verstehen konnte, dass der junge Pharao versuchte seinen Kummer in Bier und Wein zu ertränken. Seinen Vater verlor man schließlich nur einmal und Shimon hätte nur zu gern mit Akunumkanon getauscht, da er der Ältere war. Doch Osiris hatte Pharao Akunumkanon in den Westen gerufen und nicht ihn. Er musste jetzt seine neue Aufgabe annehmen. „PHARAO!“, wiederholte der Alte lauter und zog Atemu die Bettdecke ein Stück weit weg: „Ra ist schon aufgestiegen, es wird Zeit, dass ihr Euch fertig macht. Die ersten Geschäfte des Tages rufen schon und Ihr liegt immer noch in Eurem Bett.“ „Was?!“, Atemu bemühte sich ein Auge zu öffnen, blinzelte aber dann nur halbschlafend zu seinem guten, alten Freund und Lehrer auf: „Ich bin Prinz…“ „Nein…“, sagte Shimon bedauernd, „… nicht mehr, Atemu. Ich weiß, wir haben die Trauerzeit fast hinter uns gebracht und noch seid Ihr nicht gekrönt, aber das Land kann nicht noch länger ohne Führung sein. Wesir und Hohepriester Akunadin und ich werden uns zwar weiterhin um alles kümmern, aber das heißt nicht, dass Ihr Euch auf die faule Haut legen könnt. Im Gegenteil, Morgen werdet Ihr gekrönt, also müsst Ihr nun zuerst nach Hierakonpolis…“ „Was?!“, Atemu schreckte unerwartet auf, und saß kerzengerade in seinem Bett: „Aua!“, er hielt sich den Kopf und sah dann langsam zu Shimon auf: „Mein Vater ist tot…“ „Ja!“, bestätigte Shimon nickend. Atemu schloss die Augen, es dämmerte ihm wieder worüber Mana, Mahado und Seth gestern mit ihm geredet hatten. Sie hatten ihn aufmuntern wollen… wegen dem Tod seines Vaters, dem Pharao der ihn damit zum nächsten Pharao gemacht hatte, ja es war schon einige Tage und Wochen her, aber dennoch, es tat noch weh.: „Mein Kopf brummt…“ „Ja…“, seufzte Shimon und klatschte in die Hände. Die Höflinge traten vor, mit Waschutensilien, Kleidern, Schmuck und Schminke bewaffnet. „Ihr habt nicht lange Zeit, Pharao. Das Frühstück wird gleich gebracht und bis dahin solltet Ihr gewaschen und angezogen sein. Beeilt Euch bitte!“, der alte Wesir verneigte sich und trat zurück, damit Atemu aufstehen konnte. Atemu kniff noch mal kurz die Augen zusammen und erhob sich dann. Das Gehen in den Waschraum fiel ihm nicht so leicht wie sonst, denn der Alkohol hatte sich in seinem Blut noch nicht völlig abgebaut und die restliche Müdigkeit in seinen Gliedern erledigte den Rest. Die Höflinge gingen ihm mit gesengtem Kopf nach. Sie waren dafür da, um den baldigen Pharao zu waschen und einzukleiden. Atemu kannte es zwar anders, aber es würde einen schlechten Eindruck machen, wenn er darauf bestehen würde es alleine zu tun. Er musste zugeben, dass es ihm lieber war sich selbst zu waschen, aber als Prinz war es so, dass man sich waschen ließ. Das Wasser war etwas kälter als sonst, als einer der Höflinge es ihm über den Kopf schüttete. Atemu prustete leise. Wasser war ihm in die Nase gekommen, auch wenn er nicht wusste, wie das geschehen konnte, doch die Kühle vertrieb die Müdigkeit aus seinem Körper. Es dauerte nicht lange, dann war Atemu von dem kalten Schweiß, der sich über Nacht angesammelt hatte, befreit, mit einem duftendem Öl eingerieben, dass nicht nur angenehm roch, sondern auch noch die lästigen Insekten fernhielt. Seine Körperbehaarung hatte ein Diener sorgfältig abrasiert, na ja, fast, Atemu hätte ihn wohl in Kerker werfen lassen, wenn man sich an seinen Haaren oder Augenbrauen vergriffen hätte. Viele der Ägypter rasieren sich jedes Haar hab, oft wegen der Hitze und der Sauberkeit wegen, die man ohne Haare, in denen sich der Schweiß sammeln konnte und viel zu streng roch. Atemu ließ sich ankleiden, ein weißer Schurz und ein Hemd aus gestärktem Leinen. Über dem Schurz ein breites blaues Schmuckband, dass von seinem Bauch bis zu den Knien reichte und unten zu einem Spitz geschnitten war. An seiner Taille bis zum Bauch war ein Gürtel aus drei breiteren Goldringen gebunden. Die Höflinge legten ihm einen breiten goldenen Halskragen um und streiften ihm einen Armreif über den Oberarm, bevor sie ihm Ohrringe zeigten. Das war eigentlich unnütz, da Atemu sich eigentlich immer für die Gleichen entschied, die er schon immer getragen hatte. Auch der breite Goldreif, den er um den Hals trug war schon lange Teil seiner täglichen Gewandung. „Großer Pharao!“, einer der Diener öffnete ein Kästchen, sagte aber nichts mehr. Atemu atmete tief durch, als der den Gegenstand aus dem Kästchen nahm. Ein Schmuckstück, von großer Macht und gleichzeitig das Symbol des Pharao. Das Millenniumspuzzle, das vor einigen Wochen noch um den Hals seines Vaters gehangen hatte. Es war in Samt eingeschlagen und offenbar gereinigt worden. Die Sonnenstrahlen blitzten auf der goldenen Oberfläche und das Band, mit dem man es um den Hals trug war neu. „Ab heute müsst Ihr es tragen!“, mischte sich Akunadin ein, der nach dem Prinzen sehen wollte, der morgen zum Pharao aufsteigen würde. Shimon hatte eigentlich kommen wollen, aber es war Akunadin ein Bedürfnis gewesen sich nach Atemus Wohlbefinden zu erkundigen. Akunadin war Atemus Onkel, es war verständlich dass er sich um seinen Neffen sorgte. „On… Akunadin!“, Atemu verbesserte sich selbst, da es ihm nicht passend schien, einen seiner Wesire mit Onkel anzusprechen. Es war noch alles sehr neu, aber es tat gut zu wissen, dass es Menschen gab, die sich um ihn Sorgen machten und sich um ihn kümmerten. Akunadin lächelte schwach, nahm ihm das Puzzle aus der Hand und hängte es ihm und Hals: „Das Erbe Eures Vaters. Macht Euch keine Sorgen, in seine Fußstapfen zu treten, sollte nicht allzu schwer sein. Beeilt Euch nun, Ihr habt viel zu tun, der heutige Tag ist hart und eine Stärkung solltet ihr jetzt wirklich noch zu Euch nehmen.“ „Danke…“, Atemu griff nach seinem Umhang, den er sich umlegte und setzte sich dann die Krone auf den Kopf. Sein Haar war zwar noch feucht, aber das würde bis nach dem Frühstück schon trocken sein. Und durch den schnellen Aufbruch, kam er um das Schminken herum. „Bitte!“, der Diener stellte einen Korb mit frischem Brot auf den Tisch und einen Becher Milch, den Dritten, seid Atemu am Tisch saß. „Gut, dann fangen wir an“, Shimon rollte einen Papyrus auf und begann vorzulesen: „Der Tagesplan für heute, mein Pharao. Nach dem Frühstück müsst Ihr Euch mit den angefallenen Unterlagen der Gauherren befassen, sowie mit den beiden Bittstellern, die noch Euer Vater zur Audienz gerufen hat. Die Danksagungen zu Eurer Krönung müssen von Euch noch unterschrieben und abgesegnet werden. Noch bevor Ra am höchsten steht werdet Ihr mit Seth und Mahado nach Hierakonpolis aufbrechen, wo die Priester des Ra Euch erwarten. Dort müsst Ihr einer Zeremonie beiwohnen, die Ra zu Ehren stattfindet und Euch auch noch der Reinigungszeremonie unterziehen, damit Ihr Morgen die Körnungsriten durchführen könnt, aber am Abend werden sich noch die Töchter der hohen Würdenträger und benachbarten Königreiche sich dort einfinden.“ „Bitte?“, Atemu hob eine Augenbraue. Der Tagesplan war voll bis obenhin, doch das war es nicht, was ihn störte, es war etwas anderes, mit dem er nicht gerechnet hatte. „Warum kommen diese Frauen alle nach Hierakonpolis?“, fragte Atemu verdutzt nach. „Müssen wir Euch das wirklich erklären?“, wollte Akunadin wissen, der sich auf einem Stück Papyrus Notizen gemacht hatte. Sein Neffe war noch nicht soweit, sich alleine um alles kümmern zu können, daher machte er noch nach wie vor seine Arbeiten, wobei er darauf verzichtete sich mit dem „jetzigen Pharao“ abzusprechen. Für ihn war es ohnehin eine Farce Atemu Pharao zu nennen, er war nicht gekrönt, und dennoch sprachen ihn schon alle mit Pharao an. Egal, es war nicht zu verhindern und auch schon beschlossene Sache. „Ja, ich bitte darum!“, Atemu starrte die beiden älteren Männer an, auch wenn er sich den Grund denken konnte. „Ihr seid siebzehn Jahre alt und ledig. Das Volk sieht es nicht gerne, wenn ihr Pharao als unverheirateter Mann den Thron besteigt. Euch muss doch klar sein, dass junge Mädchen mit dem Einsetzen des Mondbluts verheiratet werden. Es ist Zeit für Euch, eine Königliche Gemahlin zu nehmen, das Land hatte schon lange keine mehr. Zudem habt Ihr nicht das Problem, Ihr nichts bieten zu können, Ihr legt ihr das Land zu Füssen“, Akunadin nippte an seiner Milch: „Auch wenn ich das nicht wörtlich meine.“ „Und Nachkommen müsst Ihr auch bald haben, je eher desto besser“, stimmte Shimon zu. Ein kalter Schauer fuhr Atemu über den Rücken. Eine Frau! Er sollte sich eine Frau suchen? Das war ein Scherz, dass musste einfach ein Scherz sein, ein schlechter, aber immerhin ein Witz. „Nachkommen?“, wiederholte Atemu langsam. „Sicher. Habt Ihr gedacht, Ihr könnt Euch dafür drücken? Dass Euch das weibliche Geschlecht bis jetzt reichlich wenig interessiert hat wissen wir, aber Ihr seid jetzt Pharao, oder werdet es nach der Krönung sein. Hat Akunumkanon-Osiris es nie erwähnt?“, fragte Akunadin irritiert nach. Er war der Meinung gewesen, dass Akunumkanon sich schon mit der Frage, eine Frau für Atemu zu finden, beschäftigt hatte. Selbstverständlich hatte er das, immerhin war es Akunumkanon gewesen, der die Einladungen zur Brautschau verschickt hatte. „Ähm… Doch, aber ich dachte ich hätte noch Zeit…“, wandte Atemu ein. Shimon lächelte: „Mit der Thronbesteigung solltet Ihr dem Volk eine Königliche Gemahlin präsentieren können. Es sieht nicht gut aus, wenn der Thron der Königsgemahlin leer bleibt.“ Atemu rollte die Augen, das durfte doch nicht wahr sein… Die Sonne schien durch die Binsenmatte mit der das Fenster zur Hälfte abgedeckt worden war, damit es nicht zu warm im Arbeitszimmer wurde. Das Arbeitszimmer, das früher mal Akunumkanon gehört hatte, lag an der Nordseite der Residenz, aber dennoch wurde es hier im Laufe des Tages unerträglich heiß. Aus diesem Grund stand auch immer ein Krug mit Wasser, das man stündlich wechselte, und Becher auf einem Beistelltisch. Ein Diener mit einem Fächer stand auch im Raum und schwenkte seine Fächer so, das Atemu beim Arbeiten nicht weiter gestört wurde und es ihm nicht zu heiß wurde. Nach dem Gespräch mit Shimon und Akunadin hatte er schnell die Flucht ergriffen, da er einen offenen Streit vermeiden wollte. Allein die Vorstellung, dass man ihn verheiraten wollte, machte ihn verrückt und verhinderte, dass er sich auf die Unterlagen vor sich konzentrieren konnte. Diese ganzen Gauberichte, die eigentlich schon mehr als dreimal durchgesehen und abgesegnet worden waren, waren ihm so was von egal, da er eh nichts dran ändern konnte. Für was hatte der Gauherr, der Vorsteher der Scheune und der entsprechende Wesir sich diese Berichte, über Erträge, Viehbestände und Menschen innerhalb der 42 Gaue in Ägypten, denn angesehen, wenn er das jetzt auch noch musste? 42 Berichte, alle mehrere Papyrusseiten lang und in teilweise einer so krakeligen Handschrift, dass es fast unmöglich war, diese zu entziffern. 26 dieser lästigen Berichte hatte er geschafft, als er sich an die Schläfen fasste und diese leicht massierte. Es wäre einfacher, wenn er sich drauf konzentrieren könnte und nicht immer wieder an das Gespräch mit den beiden Wesiren denken müsste. Immer wieder zwang er sich dazu seine Aufmerksamkeit auf die Liste über den Ernteertrag des 5ten Gaus von Unterägypten auf seinem Tisch zu richten, doch jetzt war es vorbei. Atemu wollte und konnte nicht mehr. Noch während er sich die Schläfen rieb und tief durchatmete klopfte es an der Türe. „JA?!“, Atemu sah auf und hoffte das es wer war, der erbarmen mit ihm hatte. „Mein Pharao!“ Mahado verneigte sich tief vor seinem Herren und trat dann an den Schreibtisch heran: „Die Bittsteller sind da, sie erwarten Euch im Thronsaal.“ „Schon?“ Atem erhob sich und stöhnte auf, schon wieder Pharao. „Weißt du um was es geht? Und bitte! Ich bin noch immer ein Prinz.“ „Verzeiht mir, aber morgen ist das auch wieder anders…“ Mahado lächelte kurz, dann kam er auf Atemus Frage zurück: „Nein, woher auch? Das müsstet Ihr doch wissen.“ Atemu lächelte gequält, woher sollte er das wissen? Sein Vater hatte ihm keine Unterlagen oder sonstiges hinterlassen und eigentlich war noch Trauerzeit und keine Arbeitszeit. Er sollte um seinen Vater trauern, Gebete zu den Göttern schicken und nicht auf Bittgesuche eingehen. „Wie weit seid Ihr gekommen?“, erkundigte sich Mahado: „Seid Ihr zufrieden mit den Gauen?“ „Ja… bin ich… zumindest über das, was ich bis jetzt geschafft habe“, versicherte Atemu und sah auf die ungelesenen Berichte und den Stapel Briefe, die er noch alle durchlesen und unterschreiben musste. Sie einfach so zu unterzeichenen war zu gefährlich. Wenigstens ein Diener oder Beamter könnte eine Schenkung oder Begnadigung dazwischen gesteckt haben. Mahado folgte seinem Blick: „Ihr werdet sehr bald Routine in diesen Dingen bekommen. Am Anfang ist es immer etwas schwer.“ „Meinst du, Mahado?“ Atemu trank noch schnell das Wasser aus: „Wo ist denn Mana?“ „Mana?“, der Hohepriester und Magier runzelte die Stirn: „Hat sie es Euch nicht gesagt? Sie ist heute in der Früh schon nach Hierakonpolis geritten. Sie wollte sich dort schon mal umsehen und sich vergewissern, dass alles sicher ist…“ Mahado zuckte hilflos mit den Schultern: „Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist. So kenn ich sie nicht, aber dort wird sie schon nichts anstellen. Es sind genug hochrangige Priester und Hohepriester dort, die ihre Fehler wieder gut zu machen.“ „Hm?“, Atemu suchte ihn seinen Gedanken und fand tatsächlich einen Satz, den Mana ihm gestern gesagt hatte. Er hatte es nur unter dem ganzen Alkohol vergessen. „Sie wollte sich die Prinzessinnen ansehen, oder so…“ „Prinzessinnen?“, Mahado hielt sich den Kopf: „Will sie etwas schon mal eine Vorauswahl für Euch treffen? Ich hoffe sie beleidigt die edlen Töchter nicht…“ Atemu ging nehmen seinem Freund den Gang zum Thronsaal entlang und grinste verstohlen: „Das glaub ich nicht. Sie weiß, dass es zum Krieg kommen kann. Aber wegen mir kann sie das ruhig machen, ich will keine Frau, dafür bin ich noch zu jung und wie ich das alles hier auf die reihe bringen soll, weiß ich auch noch nicht. Wie soll ich mich da einer Frau widmen, geschweige denn mich für eine entscheiden, die ich nicht mal kenne.“ Es war seine ehrliche Meinung. Einfach eine Frau zum Weib zu nehmen, nur damit er eine Gattin hatte, war ihm nicht nur unangenehmen, sondern der Frau gegenüber auch nicht fair. Zudem wollte er doch nicht eine Fremde im Amt der ersten Frau im Reich haben, dazu war diese Stelle in Kemet viel zu wichtig. Atemu wollte gerade antworten, doch da öffneten zwei der Medjas, nubische Soldaten in seinen Diensten, die großen Flügeltüren zum Thronsaal und die Blicke richteten sich auf ihn. Der erste Bittsteller war schnell fertig, es ging um Gold für die Errichtung einer Tempelschule auf der Nilinsel, Elephantine. Da dort nicht nur Priester für die Götter, sondern auch Heiler und Lehrer ausgebildet werden sollten, hatte Atemu seinem Ersuchen zugestimmt und ihm das nötige Baumaterial, sowie Gold zugesichert. Erfreut war der Gauherr gegangen. Der zweite Bittsteller hingegen war ein ganz anderes Kaliber von Mensch. Dazu kam, dass Atemu noch niemals in seinem Leben jemanden gesehen hatte, der solche Art von Kleidung trug oder auch nur entfernt diese Hautfarbe, Haarfarbe oder Auftreten. Schon als der Mann eingetreten war, hatte man gesehen das er von weit herkommen musste. Sein leichtblaues Haar war länger als das von Frauen, dazu hellblaue Kleidung unter einem schwarzen Umhang und… „Eiskalte Augen…“, murmelte Atemu und sah seinen Gast an. Instinktiv erhob er sich und ging zum Schreck von Akunadin und Shimon einige Stufen dem Fremden entgegen: „Willkommen in Ägypten, was führt Euch in das Land des Nils und wer seid Ihr?“ „Ich komme aus einem fernen Reich“, der Mann verneigte sich mit einer galanten Bewegung, dann sah er wieder zu Atemu auf, ohne den Respekt zu zeigen, den man einem Pharao zu zollen hatte: „Es nennt sich Atlantis und ich bin sein König, Dartz. Ich bin hier um Handelsbeziehungen mit eurem Reich anzufangen, da der Nil eine gute Möglichkeit ist Waren zu befördern.“ „Atlantis, dieses Reich ist mir unbekannt“, dachte Atemu nach und musterte den König vor sich: „Nun, das kann ich hier und jetzt nicht entscheiden. Im Moment ist es ohnehin nicht passend, da wir viel zu tun haben. Ich müsste auch erst einmal Gesandte zu Euch schicken, die mir Bericht erstatten, ob es für uns von Vor- oder Nachteil ist…“ Und du die Wahrheit sprichst, fügte er in seinen Gedanken noch hinzu. Dartz Gesicht blieb freundlich, aber irgendetwas störte den Prinzen an diesem König. „Alles andere hätte Euch in ein schlechtes Licht gerückt. Ich bin selbstverständlich bereit Eure Entscheidung abzuwarten und hoffe, dass ich solange Eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen kann. Die Reise hierher war sehr lange und hart.“ „Wie seid Ihr denn gereist?“, wollte Shimon wissen: „Ich habe kein Gefolge von Euch gesehen.“ „Auf dem Nil, mit einer Barke. Ich liebe das Wasser und reise gerne alleine. Das ist manchmal sicherer als mit einem großen Gefolge, das erregt nur unnötige Aufmerksamkeit“, erklärte sich Dartz und lächelte so charmant er konnte. „Verstehe…“, Shimon sah sich zu Akunadin um, der sich nachdenklich das Kinn rieb. „Ihr seid natürlich unser Gast, König. Doch im Moment können wir Euch nur ein paar Diener zur Verfügung stellen, da unser Prinz sehr bald aufbrechen muss. Auch wir müssen uns auf den Weg machen… Wobei... Shimon, du bleibst doch sicher hier, oder?“ „Ja, das hatte ich vor. Ich werde die Zeremonie für morgen vorbereiten, während Ihr in Hierakonpolis unseren Prinzen weiht und unsere Königin aussucht“, bejahte Shimon zögerlich. Atemu verkrampfte sich innerlich, jetzt suchten also noch mehr eine Frau, die er heiraten musste? Also durfte er nicht mal alleine bestimmen? „Eine Frau? Demnach habt Ihr es bis jetzt vermieden euch zu binden“, schlussfolgerte Dartz interessiert: „Ich gebe euch einen Rat, sucht Euch eine starke Frau aus.“ „Das lasst meine Sorge sein, wen ich mir nehme, geht Euch, selbst als Handelspartner oder Verbündete von Ägypten nichts an“, stellte Atemu strenger als notwenig klar, da ihm das seltsame Funkeln in den Augen von Dartz nicht gefiel. „Komischer König… Ich würde ihn eher für eine Ausgeburt von Sobek halten…“, sagte Seth, der sich eben auf sein Pferd schwang. Er hatte mit Mahado an der Audienz teilgenommen, aber da sie noch nicht hoch offiziell in ihre Ämter berufen worden waren, durften sie nichts sagen. Erst morgen, nachdem der Krönung waren sie im Rat des Pharaos Atemu, solange waren es Akunadin und Shimon die alten Hohepriester und Wesire, die im Namen von Atemu sprachen. „Wenn Sobek solche Kreaturen gebärt, dann muss er uns schon sehr grollen“, Mahado zog die Zügel an und klopfte seinem Pferd auf den Hals. Es musste eine Stunde vor dem höchsten Sonnenstand sein. Zeit aufzubrechen und in den Tempel zu kommen. Die Mittagsruhe in Hierakonpolis würde sicher sehr kurz sein, aber dafür waren die anderen dort. Shada, Karim, Isis und Mana, sowie andere Priester, Novizen, Tempeldiener und Tempeltänzerinnen, die zumindest schon mal die Kapellen und Schreine soweit gereinigt haben sollten. Atemu schwang sich auf den Rücken seines Schimmels und sah zur Sonne: „Wer auch immer dieser Dartz ist, er wird warten müssen bis die Krönung vorüber ist. Dann werden wir uns mit der Frage beschäftigen wer er denn ist.“ Sein Pferd trabte langsam durch das Tor der Residenz, gefolgt von seinen beiden Freunden. „Wenn Ihr erlaubt, werde ich mich um ihn kümmern, mein Prinz. Mein Ring hat auf ihn reagiert, wenn auch nur sehr schwach. Aber er sandte Schwingungen aus, die Euch gefährlich werden könnten“, wandte Mahado ein. „Und das sagst du uns erst jetzt?“, zischte Seth wütend: „Wir hätten ihn gleich umbringen können, aber nein, du bist in der Lage solche wichtigen Dinge sofort zu sagen!“ „Seth…“, Atemu sah sich zu ihm um: „Ist schon gut.“ „Nein, das ist es nicht! Es ist seine Pflicht für Eure Sicherheit zu sorgen“, regte sich Seth auf und trat seinem Pferd in die Seite, so dass es zu galoppieren begann. Sie hatten eben die Tore von Theben durchquert und würden den Nil aufwärts reiten, bis sie am anderen Ufer die Anlagen von Hierakonpolis sehen würden. Eine Fähre würde sie dann über den Nil bringen und dann waren sie auch schon fast an dem Ort, an den sie sollten. Mahado richtete seinen Blick in Seths Rücken: „Ich bin mir meiner Pflichten durchaus bewusst, Hohepriester Seth! Wollt Ihr mein Pflichtbewusstsein in Frage stellen?“ „Ja das tue ich!“, erwiderte Seh gegen den Wind und sah sich zu dem Magier um. „Es ist okay. Wenn er wirklich ein König ist, dann können wir ihn auch nicht so einfach angreifen. Ich will meine Regierungszeit nicht mit einem Krieg beginnen“, fiel Atemu in das Gezanke der beiden ein: „Aber ich bin mir deiner Fürsorge durchaus bewusst, lieber Vetter.“ „Wie du meinst…“, knurrte Seth widerwillig, da er Mahado noch einiges zu sagen hätte. Er vergriff sich auch absichtlich etwas im Ton, um seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen. „In Hierakonpolis wird unserem Prinzen schon nichts passieren. Fast alle seine Ratsmitglieder haben sich schon versammelt. Es wäre Selbstmord ihn dort anzugreifen, egal wer dieser König Dartz auch ist“, musste Mahado noch loswerden. „Ruhig…“, Atemu hielt die Zügel seines Pferdes fest. Er hatte es auf die Fähre geführt, aber das leichte Schwanken auf der Strömung des Nil, machte das weiße Ross scheu. Auch die Pferde von Mahado und Seth kündigten mit aufgeregtem Gewieher an, dass sie nicht auf das instabile Holz der Fähre wollten. „Ist ja gut…“, Mahado seufzte und streichelte sein Pferd. Sie hatten noch nicht mal abgelegt, aber so war es immer. Erst wenn sich die Pferde an den beweglichen und leicht schwankenden Untergrund gewöhnt hatten, war es möglich überzusetzen. Seths Pferd beruhigte sich eindeutig am schnellsten, da es solche Überfahrten gewohnt war. Seth ritt oft nach Hierakonpolis oder in andere Tempel, um seiner Ausbildung den letzten Schlief zu geben, auch wenn er jetzt erst einmal in der Residenz bleiben musste, wenn Atemu gekrönt war. „Können wir?“, fragte der Fährmann, ein wettergegerbter, alter Ägypter. „Ja“, nickte Mahado, der sein Pferd noch immer nicht losließ. Der braune Hengst hatte fürchterliche Angst vor dem Wasser, das wusste auch Atemu. Es war einmal fast ertrunken als es noch ein Fohlen gewesen war. Damit es nicht durchging nuschelte Mahado ihm immer wieder beruhigende Worte zu, was Seth nur noch lächerlich fand. Die Fähre legte zügig ab und kämpfte sich durch die Strömung aber sehr ruhig über den Nil Atemu ließ die Zügel seines Schimmels los und streichelte ihm über die Schnauze: „Brav mein Junge, es ist schnell geschafft und sicher.“ „Was ist das?“, unterbrach Seth nach einigen Minuten, da er im Wasser ein Kräuseln wahrnahm. Er hatte auf die Wasseroberfläche gesehen, um Krokodile oder Nilpferde, die sich in der Nähe befinden konnten, sofort auszumachen. Ein Krokodil konnte einer kleinen Fähre durchaus gefährlich werden, mal abgesehen von einem ausgewachsenen Nilpferd, das im schlimmsten Fall auch noch ein Kalb hatte. „Seth?“, Atemu ging zu ihm an die niedrige Rehling. „Da hinten… Es kommt auf uns zu“, stellte der Hohepriester besorgt fest. „Vermutlich nur ein Krokodil oder ein großer Fisch“, winkte Mahado ab, der nichts sehen konnte, da er das Pferd nicht alleine lassen konnte. Atemu und Seth versperrten ihm die Sicht. Seth hob eine Augenbraue: „Ist das dein Ernst? Ein großer Fisch, der immer näher kommt?“ „Ich bin kein Fischer!“, gab Mahado zurück. Atemu hielt den Blick immer noch auf die Bewegung unterhalb der Wasseroberfläche gerichtet. Sie kam ihnen wirklich immer näher. Auch wenn er sich nicht allzu gut mit dem Nil auskannte, so wusste er, dass Fische eigentlich immer die Flucht ergriffen. Auch war der Schatten, den er sehen konnte zu groß. Ein riesiges Krokodil war am wahrscheinlichsten, da Nilpferde sich nicht anschlichen, sondern offensiv auf ihre Feinde losgingen. „Wir sollten zusehen, dass wir das Ufer erreichen.“ „Ich kann nicht schneller fahren, wir fahren quer durch die Strömung…“, entgegnete der alte Mann, der alle Kraft brauchte um die Fähre mit einer langen Stange über den Nil zu bringen. Mit einem Seil waren sie auch noch gesichert um nicht abzutreiben. Der Nil war hier zum Glück nicht so breit wie anderen Stellen. Das Übersetzen dauerte nicht lange, aber im Moment zu lang. „Mist…!“, Atemu hatte ein ungutes Gefühl gepackt. „Bei Ra…!“, Seth schluckte, als die Augen des Schattens auftauchten. Zwei dunkle Augen, die in tiefen Augenhöhlen lagen, stierten die Barke an: „Das ist kein Krokodil…“ Mahados Pferd begann wieder zu scheuen, als es die Angst in Seths Stimme spürte und nur mit viel Kraft schaffte Mahado es, den brauen Hengst festzuhalten: „Ist gut, ist gut… Wir sind gleich drüben. Schaffen wir es noch rechtzeitig?“ „Hm…“, Atemu schätzte die Entfernung zum Ufer und zu dem Wesen im Wasser. Er musste gegen den Strom schwimmen, dass verschaffte ihnen ein wenig Zeit, aber er glaubte nicht, dass es reichen würde: „Kaum. Wir werden das Ufer nicht rechtzeitig erreichen, wenn es angreift. „Diese Kreatur.. Was hat Sobek da in die Welt gewetzt…“, fluchte Seth und griff nach seinem Bogen und einem Köcher mit Pfeilen, die auf der Fähre waren. Der Fährmann hatte sie wohl hier um im Notfall jagen oder sich verteidigen zu können. „Ich glaube nicht, dass der Gott Sobek uns so etwas schickt… Sieh es dir an, es könnte eine riesige Schlange sein…“, stellte Atemu mit großem Unbehagen fest. Seth ließ den Pfeil vom Bogen schnellen und zuckte zurück, als der Pfeil von dem Kopf des Wesens einfach abprallte und irgendwo im Ufer stecken blieb. „So was hab ich noch nie erlebt…“, schluckte Mahado: „Ist es ein Schatten…?“ Atemu konnte ihm nicht antworten, da sich ohne Vorwahrung der Körper des Wesens aus den Fluten erhob. Er riss die Augen auf: „Bei den Göttern!“ Durch das Auftauchen der Kreatur kam die Fähre so heftig ins Wanken, dass sie zu kippen drohte. Die Pferde wieherten laut und bäumten sich auf. Der Fährmann konnte sich gerade noch an Mahado, der sich seinerseits an der Rehling festhielt, festkrallen. „Die Götter strafen uns!“, rief er aufgeregt. „Das tun sie nicht!“, Seth verlor in der Aufruhr des Nils den Bogen, aber den brauchte er sowieso nicht mehr. Gegen dieses Wesen war ein Pfeil wirkungslos. „Verdammt, ich komm nicht an mein Dia Diak!“, Mahado versuchte an seine Satteltasche zu kommen, doch da das Pferd verängstigt versuchte sich von ihm loszureißen, war das unmöglich. Atemu und Seth hatten dasselbe Problem. Ihre Dia Diaks waren an ihren Pferden in den Taschen verstaut und ihre Pferde bäumten sich auf und schlugen mit den Hufen aus. „Was machen wir jetzt?“, wollte Seth wissen, als sich die Fähre endlich wieder beruhigte. Die Augen der Kreatur sahen auf die vier Männer und die drei Pferde herab. Aus seinem Maul ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch als es sich der Länge nach auf die Fähre fallen ließ die unter seinem Gewicht zerbarst. Atemu verlor das Holz unter den Füssen und fand sich in der Tiefe des Nils wieder. Das Wasser um ihn herum war kalt und als er nach oben, dem Licht entgegen schwimmen wollte, merkte er, dass hinter sich die Augen der Kreatur aufflammten, als bestünden sie aus schwarzem Feuer. Er riss sie Augen auf, als es sich im wie ihn Zeitlupe näherte und sein Maul öffnete, aus dem eine große Luftblase ausstieg. Noch bevor es ihn ereichte, spürte Atemu einen dumpfen Schlag auf seinem Kopf und wie ihn etwas unter den Achseln packte und von dem Wesen wegzog. Ihm war als schreckte es zurück, dann driftete er in die Besinnungslosigkeit ab. Atemu hörte gedämpfte Stimmen, konnte aber seine Augen nicht öffnen. „Wie geht es ihm?“ „Soweit gut, er kommt wohl bald zu sich.“ „Danke, ich schick dir eine Ablösung. Kümmere dich solange noch um ihn.“ Eine bekannte Stimme, vermutlich Shada, aber warum ging er wieder? Und die andere musste einem Mädchen oder jungen Frau gehören. Doch Atemu kannte diese Stimme nicht. Er spürte wie sich jemand neben ihn auf das weiche Lager kniete und ihm die Stirn abtupfte. „Du hast Glück gehabt, dass die Hohepriester gerade zur Anlegestelle wollten und euch helfen konnten. Ich weiß zwar nicht wer du bist, aber du wirst dich von dem Schock in der nächsten Stunde erholt haben“, meinte die freundliche und sanfte Stimme. Atemu versuchte die Augen aufzuschlagen, konnte aber nur blinzeln. Er sah nur schemenhaft die langen schwarzen Haare und das Gesicht, das sich über ihn gebeugt hatte. Ohne Zweifel, das war ein Mädchen, kaum jünger als er selbst, aber wer? „Ruh dich noch ein wenig aus, ja? Die Mittagsruhe ist noch nicht vorüber, also kein Grund zur Eile. Das Leben in Hierakonpolis steht noch still.“ „Hmm…“, war alles was Atemu herausbrachte, er spürte, dass ihm die Augen wieder zufielen, doch im letzten Moment nahm er noch die Augen des Mädchens wahr. Hellbraun, wie er es noch nie gesehen hatte. Er könnte schwören, dass sie in der Sonne golden gefunkelt hätten. „Prinz!“, Manas Stimme drang durch Atemus Schlaf an seine Ohren. „Mana?“, fragte er unsicher und richtete sich benommen auf. „Mein Prinz!“, Mana viel ihm um den Hals und drücke ihm vor Freude fast die Luft ab: „Du bist gesund und nicht gefressen! Ich bin so froh! Mahado hat gesagt, dass Karim, Isis und Shada gerade noch rechtzeitig gekommen sind um euch zu helfen. Isis’ Ka hat Euch aus dem Nil gezogen und Shada und Karim haben diese Schlange in die Flucht geschlagen.“ Mana plapperte so schnell, das Atemu ein Problem hatte ihr zu folgen, aber am Ende schaffte er es dann doch. „Lässt du mich bitte los?“, bat Atemu. „Entschuldige!“, Mana kniete sich vor ihn und sah ihn an: „Geht es dir wieder gut?“ „Ja. Wie lange hab ich denn geschlafen?“, erkundigte sich Atemu. „Nicht lang. Zwei Stunden, oder so. Die Mittagsruhe ist gerade zu Ende gegangen. Isis hat schon gesagt, dass es nur ein kleiner Ohnmachtsanfall war.“ „Nur?“, irritiert fuhr Atemu sich durchs Haar und hielt dann inne: „Wer war eigentlich bei mir?“ „Ich!“, lächelte Mana: „Ich bin immer noch da?“ „Nein, vor dir“, wandte Atemu ein. „Nun… ich weiß nicht. Ich habe Isis vor zehn Minuten abgelöst und davor weiß ich es nicht. Sie war aber nicht lange hier, da sie gebraucht wurde. Trink doch was!“, schlug Mana vor und schnappte sich den Becher mit frischem Wasser, den sie ihrem Prinzen hinhielt. „Danke Mana“, Atemu trank langsam und dachte nach. Konnte es sein, dass ihm sein Verstand einen Streich gespielt hatte? „Sag mal, gibt es …“ weiter kam er nicht da sich die Türe öffnete. „Pharao!“, Mahado lächelte erleichtert: „Ein Glück Ihr seid wieder wach. Wie fühlt ihr Euch?“ „Soweit wieder fit“, nickte Atemu und stand auf: „Die Ruhe hat mir gereicht und gut getan.“ „Das freut mich, denn es ist leider nicht möglich die Termine heute aufzuschieben“, gab Mahado bedauernd zu verstehen. „Das kann doch nicht wahr sein! Unser Prinz hat gerade...“ „MANA!“, Mahado sah seine Schülerin stechend an: „Ich kann es nicht ändern! Ich habe getan was ich konnte, aber die Zeremonie der Reinigung vor dem Amtseintritt und die Segnung durch die Götter müssen heute stattfinden und das Fest heute Abend können wir auch nicht ausfallen lassen. Wie stellst du dir das vor, Mana?“ „Mana“, Atemu legte ihr die Hand auf die Schulter: „Es ist okay, ich schone mich so gut ich kann und ihr seid ja alle in der Nähe. Hier bin ich auch sicher und was immer das war, hier kann es nicht her...“ Er lächelte sie mild an und wandte sich dann an Mahado: „Ich möchte das sofort Jäger ausgeschickt werden um den Nil von diesem Wesen zu befreien. Nicht das es am Ende noch Bauern oder andere Ägypter angreift.“ „Das ist bereits veranlasst worden“, erwiderte Mahado: „Karim ist schon auf dem Weg und ruft die besten Jäger in Ägypten zusammen.“ „Warum muss Atemu sich heute noch eine Frau aussuchen, das ist eine Frechheit! Diese …“ „Willst du mich heiraten?“, fiel Atemu Mana ins Wort. „Ich?“, Mana erstarrte: „Also… ich… ähm… ich will Magierin werden... dir dienen, mein Prinz... aber Frau?“ Ihr Blick huschte zu Mahado, der leicht rot wurde und sich räusperte. Atemu laute leise auf: „Ich weiß, aber ich muss sie mir zumindest ansehen, das bin ich meinem Vater schuldig, wenn er sie schon hergerufen hat. Sagt mal, ist auch eine bei den Gästen, mit langem schwarzen Haar, bis zu Hüfte oder so?“ „Nein“, schüttelte Mahado den Kopf: „Nicht das ich wüsste. Die meisten tragen ihre Haare kurz, da sie gerne Perücken tragen. Warum wollt ihr das wissen?“ „Nur so…“, winkte Atemu ab. „Isahra, du musst dich ranhalten. Die Halle muss sauber werden!“, sagte Shada zu der jungen Novizin, die in wenigen Tagen ihre Priesterweihe haben sollte. Sie war sechzehn und hatte langes pechschwarzes Haar. Sie unterstand Shada, wenn er hier in Hierakonpolis war und war auch seine Schülerin, seine Beste, leider auch bisweilen sehr frech und stur. „Verstehe!“, sie nickte und streckte sich. „Shada!“, ertönte die Stimme von Mahado, der mit Mana und Atemu aus dem Tempel in den Garten kam, in der, der Brunnen stand. „Ich komme!“, winkte Shada ihnen zu und wandte sich noch mal an seine Schülerin: „Und besorg dir endlich ordentliche Priesterkleidung! Du siehst aus wie ein Freudenmädchen.“ „Hm…“ Isahra verzog das Gesicht und wandte sich dem Brunnen zu, um Wasser zum Putzen zu schöpfen: „Ich fühl mich so wohler.“ „Also…“, Shada stöhnte auf und winkte ab. Er schaffte es wohl nie sie davon zu überzeugen, dass ein Hüftuch und ein bauchfreies, ärmelloses Hemd nichts für den Stand einer Novizin und erst nichts für eine Priesterin war. Er ging zu Mahado: „Mein Pharao, ich freu mich Euch wieder auf den Beinen zu sehen!“ „Ich danke dir mein Freund. Wer ist das?“, Atemu sah an ihm vorbei und der Schwarzhaarigen nach, die sich ohne sich zu ihnen umzudrehen mit dem Eimer Wasser auf den westlichen teil des Tempels zuging. Sie hatte nicht mal gegrüßt oder Anstalten gemacht sich zu verneigen. Hatte sie die Gruppe nicht gesehen? „Ähm? Meine Schülerin…“, Shada hielt sich den Kopf: „Isahra heißt sie. Sie ist gut ihn ihrem Handwerk, aber leider fehlt es ihr an Umgangsformen und Respekt. Sie tut was sie will, hält sich aber immer im Maß des Erlaubten. Seht es Ihr nach, dass sie Euch übersehen hat, ich würde drauf wetten dass es Absicht war.“ Er warf noch einen Blick über die Schulter zurück: „Sie muss Euch nicht weiter interessieren. Am besten Ihr geht ihr möglichst aus dem Weg.“ „Warum das denn?“, Mana legte nachdenklich den Finger an die Lippen und atmete tief ein. Atemu wandte sich an Mahado da dieser zustimmend nickte: „Erklärt es mir, sie ist doch nur eine angehende Priestern, oder hab ich das falsch verstanden?“ „Schon, nur…“, Mahado knirschte mit den Zähnen, ein unangenehmes Team. Er wusste es, Shada hatte es ihm erzählt und sie trotzdem als Lehrling angenommen. Es hatte lange gedauert bis Akunadin einverstanden gewesen war, aber am Ende gab er nach. Warum, das wussten sie nicht und sie würden es auch nicht erfahren, dafür war der alte Hohepriester zu stur. „Es geht nicht direkt um sie, sondern um ihre Eltern“, begann Shada zögerlich: „Nun… Ihre Mutter hat sich nie sehr gesittet verhalten und ihr Vater… nun, wir wissen nicht direkt wer er ist oder war, nur, dass er offenbar von Eurem Vater noch hingerichtet worden ist.“ „Oh!“, Mana zog eine Augenbraue hoch: „lebt ihre Mutter denn noch?“ „Nein…“, Mahado schüttelte den Kopf: „aber so wichtig ist das nicht. Die Gnade der Priester hier im Tempel hat sie am Leben erhalten und als Shada ihre Talente entdeckte hat er sie als Schülerin angenommen. Mein Prinz, auch wenn sie Priesterin werden wird, ist sie wegen ihren Eltern kein Umgang für Euch.“ Atemu nickte kaum merklich: „Ich verstehe Eure Sorgen, aber wenn Shada sie unterrichtet, kann sie kein schlechter Mensch sein. Zudem versteh ich auch nicht, warum ihr mir das sagt.“ „Weil ihr nach ihr gefragt habt“, erklärte sich Shada. „Wie auch immer, wir sollten aus der Sonne. Ihr solltet eine Kleinigkeit essen, bevor Seth euch zur Waschung holt, die Zeit ist knapp bemessen heute“, lächelte Mahado der von Akunadin und Shimon ebenfalls in den heutigen Stundenplan eingeweiht worden war. Doch wegen dem Vorfall auf dem Nil, sah es ganz so aus, als müssten sie sich überlegen einen Punkt zu streichen. „Ich habe keinen Hunger“, winkte Atemu: „Es reicht heute Abend, wenn ich mir die jungen Frauen ansehen soll.“ „Nein!“, Mana packte ihn an der Hand: „Du hast heute schon einen Angriff überstanden, du musst dich stärken! Du hast noch anstrengende Stunden vor dir, bis du wieder kannst, und der Gesternbrei ist hier so lecker. Und die Datteln, die sie hier haben sind unheimlich süß.“ „Hast du denn noch Datteln übrig gelassen?“, fragte Mahado scharf. Er konnte sich nur allzu lebhaft vorstellen, dass Mana sich an den Dattelsäcken vergriffen hatte, die man eben dem Empfang heute Abend angeschafft hatte. „Was soll dann heißen?“, Mana sah ihrer Lehrer an: „Ich bin doch nicht verfressen!“ „Dann hat der Koch nicht dich verflucht, als er von einem frechen braunhaarigen Mädchen sprach, das aus der Residenz in Theben hergekommen ist?“, Mahado schüttelte den Kopf: „Du solltest dich mit einem Zauberbuch in die Ecke setzen und lernen. Du bist nur hier, weil du darauf bestanden hast. Mein Prinz, wir sollten uns auf den Weg machen.“ Mana stampfte mit dem Fuß auf: „Aber…“ „Ja, bis später Mana!“, Atemu winkte ihr noch kurz zu, dann folgte er Mahado und Shada in den nördlichen Teil des Tempels. Schon auf dem Weg durch die langen Wege innerhalb der Tempelanlage sah Atemu immer wieder die jungen Mädchen, die offenbar nur seinetwegen gekommen waren. Die meisten von ihnen waren Ägypterinnen, die Töchter der Gauherren oder hoher Beamter die weiter weg von der Residenz lebten. Der andere, kleinerer Teil war ausländisch. Ihr Gesicht war anderes geschnitten, ihre Hautfarben heller oder dunkler, als es in Kemet normal war. Eine Hand voll hatte sogar hellbraunes bis blondes Haar und Augen, die blau oder grün waren. Durchgehend waren sie schlank, gut gekleidet und geschminkt. Sie kicherten und unterhielten sich. Als sie ihn sahen fielen sie jedoch auf die Knie. Atemu fasste sich an den Kopf, er hatte bis jetzt mehr als dreißig junge Mädchen und Frauen gezählt, die sicher nicht in den Tempel gehörten. Mit unbehaglichem Gefühl nahm er die Blicke war, die sich ihm in den Rücken bohrten und versuchten zu sehen, was unter seiner Gewandung steckte. Er hoffte nur inständig, dass es nicht noch mehr werden würden. „Mein Pharao!“, Mahado blieb stehen und wandte sich zu ihm um: „Was habt Ihr?“ „Nichts… Warum sind diese Frauen hier?“, Atemu warf einer der Mädchen einen harten Blick zu, da sie offenbar über etwas gelästert hatte. Sie zuckte sofort zurück, senkte beschämt den Kopf und zog dann ihre Gefährtin ein Stück weiter weg in das Grün des Parks. Der Weg in den nördlichen Teils des Tempels hatte Atemu mit seinen beiden Hohepriester vom staubigen Innenhof in einen der Parks geführt in dem Palmen, dichten Büschen, weitem grünen Wiesen, sowie Moos und Blumen bepflanz war. Die Wege waren aus kleinen Steinen und Sand angelegt worden und führten verschlugen durch den Schatten der Palmen. Ein künstlich angelegter Bach schlängelte sich rechts vom Weg und bewässerte auch gleich das Gelände. Atemu wusste das dieser Teil von Hierakonpolis den Priestern zur Entspannung diente und die Gäste sich hier bis zu einem großen Tor aus Kalkstein aufhalten durften. Der eigentliche Garten für die Gäste war der Östliche, der im Moment wegen des Festes das am Abend stattfinden sollte noch hergerichtet wurde. Er war um ein Vielfaches größer und hatte mehrer kleine Seen, in denn die Priester und Hohepriester sich erfrischen oder sportlich betätigen konnten. Es war schöner Ort und es gab ähnliche. Heliopolis oder andere große bekannte Tempel. „Sie wollten an die Luft und da sie wussten, dass Ihr hier vorbeikommt, wollten sie Euch schon mal sehen“, erklärte Shada und ging durch das Tor. „Ihr werdet nach der Zeremonie für die Götter noch genug Zeit haben, um mit ihnen zu reden“, versicherte Mahado und sah sich nach Seth um. Er musste wieder zurück um sich mit Akunadin zu treffen der mittlerweile eingetroffen war und Shada wollte nach seiner Schülerin sehen und ihr Anweisungen geben. Wer sagt, dass ich das will?, dachte sich Atemu, lächelte aber ein wenig und nickte: „Wie viele sind denn geladen worden und was hat mein Vater in ihre Einladungen geschrieben?“ „Mein Vater sagte dass es an die fünfzig sein müssten, doch nur vierzig haben zugesagt, da die anderen keine Töchter im passenden Alter hatten“, mischte sich Seth ein, der im Schatten einer Palme gewartet hatte: „Was drin stand weiß ich nicht, aber alle hoffen auf deine Gunst, Vetter.“ „Und wenn ich sie wieder nach Hause schicke?“, wollte Atemu wissen. „Werden sie beleidigt sein und wieder zu ihren Vätern gehen. Aber solange Ihr eine von ihnen auswählt, wird es keinen Krieg geben. Eigentlich könnten sie auch bleiben und gleich in Euren Harem eingeführt werden“, dachte Shada nach. Atemu fuhr ein kalter Schauer über den Rücken. Das hatte er ganz vergessen, viele Ehen kamen aus politischen Gründen zustande. Die Könige der angrenzenden Länder schickten ihr Töchter in den Haushalt des Pharaos um dort zu leben und den Frieden zu sichern. Ob er das wollte, fragte auch keiner, aber es war nun mal Tradition, aber der Schlag folgte erst noch. „Ach du nimmst einfach eine und wenn du dich verliebst kannst du dir ja eine zweite oder auch dritte Gemahlin nehmen. Schade das du keine Schwestern hast, dann könntest du dir das ersparen“, Seth klopfte ihm auf die Schulter: „Na komm, gehen wir zum Heiligen See.“ Der Heilige See, war ein langes ovales Becken, das man in den Boden geschlagen hatte. Im Laufe der Jahre hatten sich Wasserpflanzen an zwei gegenüberliegenden Ufern angesammelt, die regelmäßig geschnitten worden waren. An den beiden anderen Seiten waren Stufen angebracht worden um das Ein- und Aussteigen in oder aus den See zu erleichtern. Die Tiefe betrug nicht mal ganz einen Meter. Oft standen die Priester nur im See und begossen sich mit dem Wasser, das sie mit großen Schüsseln schöpften. „Karim!“, Seth sah den Mann im Wasser der sich die Haare zusammengebunden hatte und sich mit dem Wasser reinigte. „Hm?“, Karim drahte sich um und verneigte sich noch bevor er aus dem Wasser kam: „Mein Pharao, ich bin erfreut euch wohlauf zu sehen.“ „Was machst du hier?“, fragte Seth: „Wolltest du nicht mit Isis die Gäste begrüßen?“ „Ich fühlte mich unwohl unter den vielen Weibern und wollte noch kurz in den Tempel um die Staue des Gottes zu enthüllen“, erklärte er: „Geht es Euch wirklich wieder gut, mein Pharao?“ Atemu nickte: „Ja, ich danke dir auch für deine Hilfe, mein Freund. Ich wäre vermutlich tot, wenn ihr nicht gekommen wärt. Ist der Tempel soweit gereinigt?“ Er wollte das Thema wechseln. Es ging ihm auf die Nerven, dass sich jeder nach seinem Befinden erkundigte. „Oh ja, ich werde mich noch ein letztes Mal davon überzeugen und dann könnt ihr in aller Ruhe den Segen der Götter erbitten. Die Götterstatuen sind fein gekleidet und mit großer Sorgfalt gereinigt worden. Die Opfergaben sind auch schon eingetroffen. Ich bin mir sehr sicher, dass unsere Götter mit Euch zufrieden sein werden und ihren Segen geben“, versicherte Karim. „Dann tu das!“, sagte Seth scharf und sah sich nach einem der Tempeldiener um. „Das gibt’s doch nicht, immer wenn man einen braucht ist keiner da! Ich geh ihn suchen.“ „Ich warte hier“, antwortete Atemu ohne eine Frage gestellt bekommen zu haben, da er ohnehin nicht wusste, warum er seinem Vetter oder Karim nachlaufen sollte. Auch wenn Seth nur kurz weg sein würde, ein bisschen Ruhe war schon mal was. „Ich beeile mich“, Seth verneigte sich und ging. Karim sah ihm nach und seufzte: „Er wird die armen Diener wieder zur Schnecke machen.“ „Vermutlich, aber so ist er nun mal“, stimmte Atemu zu: „Wir sehen uns dann später, Karim.“ „Wie Ihr wünscht“, entgegnete Karim und ließ Atemu am See alleine. Der Kronprinz wandte sich erleichtert dem See zu. Wieder so einfach ins Wasser zu steigen, nachdem er heute fast ertrunken oder von einem Nilungeheuer gefressen worden wäre, schien ihm grotesk. Fürchten sollte er sich, dass in diesem Heiligen See wieder ein Wesen auf lauerte, aber wie wahrscheinlich war das? Dass hier, innerhalb eines Tempels eine Kreatur in einem so seichten Gewässer leben konnte war nahezu unmöglich, oder? Wie auch immer Atemu hatte keine andere Wahl und begann sich seiner Kleider zu entledigen. Das kühle Wasser lockte ihn, da die Sonne heiß und erbarmungslos auf ihn herunterprallte. Der war mittlerweile zwar hellwach, aber sein Kopf war alles andere als klar. Ihm schwirrten Gedanken durch den Kopf, die nichts miteinander zutun hatten, oder vielleicht doch? Gemächlich trat er eine Stufe nach der andern ins Wasser, dass seine Wirkung nicht verfehlte. Er wusste, dass sich hier die Priester reinigten, bevor sie vor die Altäre der Götter traten. Atemu tauchte kurz unter und verharrte eine halbe Minute unter Wasser. Als er wieder aus dem Wasser kam, konnte er seine Gedanken ordnen. Da war das Ungeheuer, dann dieser Dartz, die vielen Frauen, seine morgige Krönung und Isahra. Er machte ein paar Schwimmzüge und das Nass ließ ihn ohne Widerstand seine Bahn ziehen. Fast schien es als würde das Heilige Wasser ihm helfen wollen, aber was von diesen fünf Gedanken in deinem Kopf Priorität hatte, konnte er nicht feststellen. Wichtig war alles, na ja, die Novizin offenbar nicht, wenn er seinen Getreuen glaubte. Er sollte sie vergessen und einfach glauben, dass sie unwichtig für ihn war, aber immer sah er ihre Augen vor sich. „Shadas Schülerin…“, murmelte er als er sich mitten ihm See hinstellte und den Blick über die angrenzende Wiese schweifen ließ. Das Wasser perlte von seiner gebräunten Haut und fing die Sonne auf. Sofort wurde es ihm wieder warm, nur dort, wo die Wasserperlen sich festgesetzt hatten blieb es noch einen kurzen Augenblick länger kühl. Der Wind, der sanft über die Wasseroberfläche kam, kräuselte das Wasser und beruhigte sich wieder. Es war herrlich ruhig und die Stimmen der Priesterschaft und Gäste verhallte noch auf dem Weg zum Heiligen See. Er schob alle Gedanken beiseite und genoss einfach nur den Augenblick in dem ihn niemand mit Pharao, Prinz, Herr oder König ansprach. Keine lästigen Fragen und Aufgaben, keine Übungen mit dem Dia Diak oder dem Schwert. Ein Moment den er so schnell nicht wieder haben würde. Morgen würde sich sein Leben für immer ändern. Die Kronen der beiden Länder würden auf seinem Kopf sitzen und eine Frau… Ja, eine Frau, der er auch noch gerecht werden musste, als ob eine Last nicht schon schwer genug war. Seine Hohepriester hatten schon Recht, hätte er eine Schwester wäre es sicher einfacher. Dann wüsste er, wen er auf den Thron setzten musste und keiner würde ihn auf Brautschau schicken. Geschwisterehen waren nur im Königshaus erlaubt, da sie die Götter nachmachen wollten. Das Volk sollte sie als menschliche Götter anerkennen. Nur selten kam es vor, dass sich außerhalb des Königshauses Geschwister verheirateten und wenn, dann störte es keinen. Atemu dachte einen Moment nach, ob er sich damit zufrieden geben würde seine Schwester zu heiraten? Hätte er eine, wäre er niemals gefragt worden, sondern man hätte es von ihm verlangt und er hätte es ohne zu fragen getan. Es war Brauch und daher war es den Pharaonen auch gestattet mehrere Frauen zu haben, da er viele nur heiratete weil es politische Züge waren, um den Frieden zu erhalten und den Thron und den Machtanspruch zu sichern. Heute würde er sich aus eben diesen Gründen eine Frau aussuchen müssen. Er setzte sich auf die Stufen, die ins Wasser führten und schloss die Augen. Aus Liebe würde er diese erste Ehe also nicht schließen, auch wenn es das war, dass er sich eigentlich immer gewünscht hatte. Die Realität war das Gegenteil seiner Wünsche. Atemus Gedanken spielten mit den wenigen Möglichkeiten die er hatte, wenn er schon eine Frau aus politischen Gründen heiraten musste, dann sollte es eine sein die zumindest… Ein lautes Knistern und Rascheln schreckte ihn hoch. „Was?“ Verwirrt sah er sich um entdeckte dass die Äste eines einzigen Busches, der nur fünf Meter von seinem jetzigen Standpunkt entfernt seinen Wurzeln geschlagen hatte, sich bewegten. Jemand musste sich dort versteckt oder ihn sogar beobachtet haben. Drei oder vier Äste des Busches waren immer noch in zitternder Bewegung und sich wieder beruhigten. Atemu könnte schwören dass sich hinter dem ordentlich getrimmten Gewächs ein Mensch versteckte, groß genug war er und etwas Weißes und Schwarzes blitze durch das Laub. „Hallo?“, fragte er, bekam aber keine Antwort, daher entscheid er sich einfach mal nachzusehen. Langsam stand er auf: „Komm raus, ich seh dich doch…“ „Mit dem Rücken zu mir?“ „Hm?“, Atemu warf erschrocken einen Blick über die Schulter und sah zu Seth, der mit zwei Tempeldienern im Schlepptau auf ihn zukam. Der Kronprinz war auf der anderen Seite des Ufers und da er eben aus dem Wasser wollte, hatte er Seth nicht sehen können: „Du bist es…“ „Hast du einen anderen erwartet?“, Seth zog eine Augenbraue hoch: „Ich sagte doch, dass ich nur die Tempeldiener suche, damit wir Öle und Leinentücher bekommen, oder?“ Atemu seufzte: „Ja, aber dich hab ich nicht gemeint…“, er sprach zögerlich und fuhr herum als hinter ihm wieder ein lautes Knacken ertönte. Dieses Mal war es lauter und es folgten Schritte die auf dem Untergrund nur schwer wahr zu nehmen waren. „Wer ist das?“, fragte Seth der, genau wie sein Vetter nicht viel sehen konnte. Die Büsche am Ufer waren so aufgereiht, dass sie eine Abschirmung zum See boten und man nicht sah, wer auf der anderen Seite zum Nebeneingang zum Tempel ging. Nun nichts, was das falsche Wort, er sah dass es sich um der Person um eine Frau handelte, oder Mädchen, mit weißer Kleidung. „Das wollte ich raus finden“, erwiderte Atemu, der aus dem Wasser gesprungen war und sich durch einen der Büsche kämpfte. Zu spät, denn als er der den Weg sehen konnte, war nichts mehr zu sehen, nur noch die Türe des Tempels die eben eilig geschlossen wurde. „Worauf wartet Ihr?“, fuhr Seth die beiden Tempeldiener an: „Sucht…“ „Seth!“, Atemu zupfte sich eines der Blätter aus den Haaren: „Lass es. Wer es auch war, ist jetzt im Tempel und du wirst ihn nicht finden. Heute ist doch hier so viel los. Es ist nichts passiert und niemand wollte etwas Böses.“ „Das denkst du?“, Seth brummte argwöhnisch vor sich hin und schnaubte: „Wir sind auf dem Nil angegriffen worden und du… Ihr… Was wenn es derjenige war, der uns diese Kreatur auf den Hals gehetzt hat? Sucht ihn, jeden Fremden der nicht geladen ist, will ich wissen!“ „Wie Ihr wünscht“, einer der Tempeldiener, der Kleinere von beiden, verneigte sich, stellte sein Tablett mit den Ölen und dem Natron ab, dann eilte er in den Tempel. „Warum tust du das?“, Atemu sah ihn ernst an: „Er wird nichts bringen und das weißt du auch.“ „Es geht um deine Sicherheit. Ich will nicht, dass sich hier irgendwer aufhält, der dir schaden will. Du bist nicht nur mein Vetter sondern mein Herr und ab morgen mein Pharao. Willst du es nicht verstehen? Wenn du schaden nimmst fällt das auch auf mich zurück und das werde ich nicht zulassen. Ich bin besser als Mahado…“, der Hohepriester murrte verstimmt. Auch wenn er im Moment Atemu duzte, so war und blieb es so, das er unter ihm stand und ihn beschützen musste und wollte. Niemals würde er es zulassen, dass Atemu etwas geschah, wenn er der Nähe war. Gerade jetzt wäre es seine Aufgabe gewesen, so etwas wie eben zu verhindern. Atemu nickte kurz: „Doch, das tu ich, aber ich will keine Diener, ich will Freunde um mich. „Freunde…“, wiederholte sein Gegenüber und lächelte verstohlen: „Lass das meinen Vater nicht hören, ja? Er ist übriges mittlerweile angekommen und will dich sehen, wenn du bei den Göttern warst. Wir sollten mit der rituellen Waschung beginnen, damit du im Heiligtum deine Opfergaben abgeben und beten kannst.“ Atemu schwieg und nickte nur zustimmend. Seth hatte Recht, er durfte Akunadin gegenüber nicht sagen, dass ihm Freundschaft zum Teil wichtiger war, als gute Diener zu haben. Sein Onkel war zu praktisch veranlagt um das zu verstehen. Unvorstellbar dass Akunadin es zulassen würde, dass Atemu sich nicht der Tradition entsprechend nach verhalten würde. Dass er es nur gut meinte, war auch nur ein kleiner Trost. Die Waschung verlief ähnlich wie die nach dem Aufstehen, nur das es keine Haare mehr gab, die man ihm noch abrasieren konnte, oder seiner Ansicht nach durfte. Seine Haut mit Natron abgerieben und dann immer wieder mit dem kühlen Wasser aus dem See übergossen, damit auch wirklich kein Schmutz mehr auf seinem Körper zurück blieb. Nach einer halben Stunde war er im See fertig und wurde mit einem weichem Leinen getrocknet, bevor man ihm einen frisch gewaschenen, weißen Schurz an, der aus dem feinsten Leinen gearbeitet worden war. Neue Sandalen gehörten ebenfalls dazu, damit er als reiner Mensch vor die Götter treten konnte. Seth hatte Atemu bis zum oberen Tor des Heiligtums gebracht. Zwar war er ein Hohepriester, jedoch nicht in diesem Tempel und es war ihm verboten in die heilige Halle zu treten in der das Heiligtum dieses Tempels aufgebaut worden war. Nur der Oberste Priester sowie sehr wenige Hohepriester, die ausschließlich Hierakonpolis lebten, durften in das Heiligtum, abgesehen von Prinzen, die eine spezielle Ausbildung durchliefen und selbstverständlich dem Pharao. Atemu sah sich um, er war mit Seth und dem Tempeldiener alleine: „Sind alle weg?“ „Ja, mein Pharao!“, der Tempeldiner verneigte sich. Ein Becher, ein Krug, eine leere Schüssel und ein kleine Schüssel mit Natron standen auf dem Tablett, dass der Diener in den Händen trug. „Du bist der Hohepriester aller Götter, zumindest wirst du es bald sein und es ist dir gestattet deine Bitten und Wünsche den Göttern zuzutragen, ohne dass es jemand hört!“, erklärte Seth und schüttete das Natron in den Becher und goss dieses dann mit Wasser auf. „Welcher Gott ist hier noch mal zu Hause?“, dachte Atemu halblaut nach. Seth hatte ihn nicht gehört, da der den Becher schwenkte, damit sich das Natron auflösen konnte: „Hier, mein Prinz!“. Er gab den Becher weiter. „Danke…“, Atemu verzog den Mund, er wusste was er damit tun sollte. Er setzte den Becher an und schüttete sich etwas von dem Natrongeschwängertem Wasser in den Rachen, schwenkte es im Mund und spuckte es dann in die Schüssel. Er wiederholte das solange bis der Becher leer war. Ein unangenehmer salziger Nachgeschmack blieb ihm auf der Zunge, aber diese Mundreinigung gehörte dazu. Es sollte dafür sorgen, dass auch seine Worte rein waren, die er an die Götter oder stellvertretend diesem einen Gott sagte. Ohne ein Wort zu verlieren ging Atemu durch das erste Tor und wenig später schlossen sich die Türen des zweiten Tores hinter ihm. Das Heiligtum lag ein Stück unter der Erde in einem dunklen Raum, der allerdings von großen Feuerbecken, die zwischen den Säulengängen an den Wänden standen, erhellt wurde. Die Seiten waren glatt geschliffen und glänzten im Feuerschein schwarz und rötlich. Die Wandgemälde wirkten lebendig, wenn das Licht der Flammen davor tanzte. Atemu kannte sie Szenen gut, die dort abgebildet waren und zum Glück erfuhr er welchem Gott er die Opfergaben brachte, die schon weiter vorne auf einem Tisch bereitstanden. Das Erste Bild hatte ihm Isis gezeigt die sich als Vogel auf dem Sag von Osiris niederließ. Das nächste die Geburt ihres Sohnes. Jedes der Wandgemälde zeigte ein Bild das mit dem Horus in Verbindung stand. Der richtige Gott, denn immerhin war Horus der Beschützer der Pharaonen. Fast am Ende der Halle standen drei Bankreihen, mit hohen Lehnen, davor, unter einem Vorhang versteckt, der Gott selbst. Atemu trat vor, an den Opfergaben vorbei und kniete sich auf ein großes Kissen das einem Meter vor der verhüllten Götterstatue lag. Er atmete tief durch und griff nach den Weihrauchkügelchen, die links in der Schale standen und gab sie in das große flache Feuerbecken vor sich. Behutsam zündete er den Weihrauch an, der eine dünne Rauchsäule aufsteigen ließ. Es dauerte nicht lange und der Raum füllte sich mit dem Duft an. Leise begann Atemu mit seinem Gebet an den Gott, auch wenn er in nicht sehen konnte. „Hm…“, schmatze eine Stimme hinter ihm. „Was?“, Atemu fuhr erschocken zusammen dun sah sich verdattert um. Er war doch alleine, wo war das hergekommen? Nichts rührte sich und es blieb still. „Ich halluziniere …“, flüsterte er vor sich hin und wandte sich wieder seinem gebet zu, das ihm noch sein Vater beigebracht hatte. Das Feuer knisterte als er eine Schweigeminute einlegte. Atemu stand plötzlich auf und sah sich um. Er hatte deutlich den Atem von einer zweiten Person gehört, leise aber er war da. Da er nicht glaubte, dass die Statue unter dem Stoff plötzlich lebendig werden würde, suchte er lieber nach einem Menschen. Nur wer konnte es sein. Ein Freund von ihm oder einer Hohepriester? Warum sollten sie sich hier einschleichen? Lange suchen musste der Prinz allerdings nicht. Auf der mittleren Bank lag ein schlafendes Mädchen. Atemu zog eine Augenbraue hoch: „Dass sie nicht runter fällt?...“ Die Bank war nicht wirklich breit und dennoch reichte es offenbar. Er runzelte die Stirn als er merkte wer das war - Isahra… Nur mit einem kurzem Zögern griff er nach ihrer Schulter um sie zu Wecken: „Hey, aufwachen!“ „Hm…“, sie schaffte es sich auf der Bank umzudrehen und brummte. „Lass mich schlafen, Shada... ich hab die letzte Nacht wegen diesem blöden Prinz… Pharao... durchgeackert…“ „Danke!“, sagte Atemu betont bedächtig. Sie beleidigte ihn: „Aber ich bin nicht Shada…“ Isahra riss sie Augen auf und rappelte sich auf. Schluckend starrte sie ihn an. „Ups…“, etwas, dass einem peinlichen Grinsen ähnelte zog sich über ihre Züge. „Morgen!“, Atemu lächelte sie an: „Blöd?“ „Ja… also nein… Ähm. Tut mir leid, so war das nicht gemeint“, sie ließ den Kopf hängen und fuhr sich durch das Haar: „Ich hab seit mehr als 30 Stunden kein Auge mehr zugemacht. Ich würde dich doch nie beleidigen, ich kenne dich nicht.“ „Ich hab es nicht ernst genommen“, er setzte sich ohne zu fragen neben sie und sah sie aufmerksam an: „Du hast dich um mich gekümmert, als ich nach dem Angriff hergebracht wurde.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Innerlich hoffte Atemu das sie ihm nicht widersprechen würde. Isahra legte den Kopf zur Seite und ihre Haare vielen ihr vors Gesicht: „Ja, wegen der Aufregung hat Shada mich einfach abkommandiert. Mir hat auch keiner gesagt um wen ich mich da kümmern soll. Warum auch…“, ihre Schultern zuckten ein wenig: „… es geht mich nie etwas an, was um mich herum passiert. Hohepriesterin Isis kam nur, weil ich noch andere Arbeiten hatte. Sie machte sich Sorgen und da Akunadin es eh nicht gerne gesehen hätte…“ „Mein Onkel?“, Atemu unterbrach sie verwirrt: „Ich hab zwar gehört dass deine Eitern sich nicht mit Ruhm bekleckert haben, aber wenn Shada dir vertraut, wirst du ein guter Mensch sein…“ „Du bist wegen der vielen hohen Töchter hier“, fiel sie ihm urplötzlich ins Wort. „Ähm.. schon aber…“ „Ich hab schon mit einigen geredet, sei am besten vorsichtig wenn es um die Prinzessin von Libyen geht. Sie ist sehr verlogen und nur auf den Thron scharf“, Isahra lächelte ihn an und musterte ihn dummerweise sehr auffällig: „Ist das nicht schwer? Jetzt schon Pharao zu werden?“ Atemu fing ihren Blick auf, der eine Mischung aus Mitleid, Bewunderung und Sympathie enthielt. Er hatte sich nicht geirrt, hellbraune Augen, die im Feuerschein wie Gold schimmerten. „Ja, aber ich habe keine Wahl“, antwortete er nach einer Weile, und wandte die Augen ab. Innerlich keuchte er, da er das Gefühl gehabt hatte, dass sie durch seine Augen auf den Grund seiner Seele gesehen hatte, aber das konnte doch nicht sein. Sie war Novizin, noch nicht mal ganz eine Priesterin und viel zu jung um so was zu können. Er musste sich ablenken und sah auf die Statue des Horus und dabei fiel ihm etwas ein, oder besser auf. „Was machst du überhaupt hier? Niemand außer den Hohepriestern die hier im Tempel leben darf hier rein. Außerdem warst du nicht vorhin noch am Arbeiten?“ „Oh… ja…“, Isahra lief hochrot an: „Nun… tja, wie soll ich sagen… Es waren so viele beim Putzen, dass ich überflüssig war und bevor Shada oder ein anderer mir noch mal was auftragen konnte, hab ich mich verdrückt. Das Dumme war nur, dass sie mich überall gefunden hätten und daher hab ich mich hier rein geschlichen. Verpetzt du mich?“ Unsicher warf sie ihm einen Seitenblick zu. „Nein!“, meinte Atemu: „Ich wüsste nicht warum, nachdem du dich so liebevoll um mich gekümmert hast, obwohl dir eine Menge Schlaf fehlt.“ Noch während er sprach stutzte er. Seine Hand hob sich und er zog ein Blatt aus ihren haaren, das dort hängen geblieben war. Es war eindeutig eines der Blätter wie sie an den Büschen am Ufer wuchsen und frisch: „Du…“ Sie grinste frech und peinlich ertappt: „Schönes Blatt.“ „Du warst das. Du hast mich beobachtet“, Er verkniff sich ein lachen: „Warum?“ Isahra nahm ihm das Blatt weg und drehte es in den Händen: „Was hast du denn gedacht? Du bist ein junger Mann, gut gebaut und der Kronprinz. Ich war neugierig und hab dich auf dem Weg hierher gesehen. Dich einfach so anzusprechen ist mir nicht erlaubt und ich bekomm Probleme, sollte jemand erfahren, dass ich es jetzt tue. Shada durfte mich nur als Schülerin annehmen, weil er versprochen hat, dass er mich niemals mit in die Residenz nimmt.“ Ihre Stimme war leise und es kostete Atemu viel Konzentration ihr zuzuhören. Unwillkürlich streifte er ihre Haare über ihre Schulter zurück, um ihr Gesicht zu sehen. Sie war wirklich verdammt hübsch: „Das klingt als wollte dich jemand von mir fernhalten.“ Anstatt zu antworten sah sie ihm nur in die Augen und nickte ganz leicht: „Ich muss gehen.“ „Warte“, Atemu packte sie am Handgelenk: „Wovor haben sie Angst?“ „Meine Mutter war eine Tempeltänzerin und auch Sängerin, aber damit auch ein Freudenmädchen. Das war aber nicht alles… Diebstahl, Grabräuberei und auch Betrug waren ihr alles andere als fremd. Ich denke sie haben Angst, dass ich genauso bin. Es soll dich schützen, da meine Mutter deinem Vater schon übel mitgespielt hat. Du bist der Sohn des verstorbenen Pharaos. Ich die Tochter einer Kriminellen. Es spielt eine Rolle wer unsere Eltern waren und nur selber haben wir die Chance es zu überwinden. Wenn du es genau wissen willst, dann musst du den fragen, der es so wollte. Wesir Akunadin.“ Isahra stand vor ihm, konnte aber nicht an ihm vorbei, da er ihr den Ausgang versperrte. Die andere Seite der Bank stand an der Wand, also musste sie an ihm vorbei: „Was interessiert dich das überhaupt? Du kennst mich nicht und wirst mich nach dem Aufenthalt hier nie wiedersehen.“ Atemu machte einen halben Schritt zurück. Was sie sagte stimmte, es gab für ihn keinen Grund sich um sie zu kümmern oder auch zu beachten. Er war sich sicher sie vor dem heutigen Tag, noch nie gesehen zu haben, aber da war was, dass ihm sagte, dass er sie nicht einfach wieder in einem Tempel verschwinden lassen sollte. Gerade wollte er den Mund aufmachen, als sich vor der Tür eine Stimme regte: „Onkel Akunadin.“ Die Tür ging auch schon auf, aber neben Akunadin stand ein weiterer Mann. Dartz. „Mein Pharao, die Zeit ist um und… DU?!“, Akunadin zog scharf Luft ein, als er sah, dass Isahra neben Atemu stand. Ohne auf eine Erklärung zu warten holte er aus und gab ihr eine schallende Ohrfeige: „Was hab ich dir gesagt, du kleiner Bastard?!“ Atemu riss die Augen auf: „Was soll das?“ Isahra reib sich die Wange, ging aber dann an Atemu und Akunadin vorbei. Bei Dartz bleib sie stehen, warf ihm einen Blick zu und flüsterte: „Verschwinde von hier.“ Dartz sah ihr nach: „Wer ist das denn?“ „Niemand!“, fauchte Akunadin und besann sich dann wieder: „Mein Pharao was hat sie Euch erzählt? Warum gebt Ehr Euch mit einer kleinen Novizin ab?“ „Nichts…“, stellte Atemu klar: „… was eine Ohrfeige verdient hätte. Was hat sie dir getan?“ Akunadin entschied sich ihm die Antwort schuldig zu bleiben: „König Dartz bat mich mit hierher kommen zu dürfen. Aber wir sollten das Heiligtum verlassen.“ Dartz hatte sich mit Atemu eine Weile unterhalten, dann waren sie in die Ställe gegangen, da der Kronprinz nach seinem Pferd sehen wollte. Akunadin hatte sich schnell verabschiedet, da er wohl Atemus Fragen ausweichen wollte, doch irgendwie glaubte Atemu dass er zu Isahra war. Er hörte Dartz nicht wirklich zu und streichelte sein Pferd, was war an diesem Mädchen, das ihn so anzog. Ihre Augen allein konnten es doch nicht sein. „… schöne Frauen sind hier… Vor allem dieses Junge Mädchen, das bei Euch war“, beendete Dartz eine Lobeshymne auf Ägypten: „Ist sie Eure Auserwählte?“ Atemu sah ihn an: „Wie kommt Ihr darauf? Ich habe sie heute erst kennen gelernt.“ Sein Pferd stupste ihn an scharrte mit dem Huf. Dartz hob eine Augenbraue: „Aber lernt Ihr nicht alle Anwärterinnen heute kennen?“ „Schon, aber Isahra ist niemand der in Frage kommt… leider…“, er erstarrte, warum hatte der das letzte Wort hinzugefügt? „Euer Onkel scheint sie zu hassen…“, Dartz musterte den Prinzen vor sich, eigentlich hatte er einen Plan gehabt, aber etwas hier in diesem Tempel schien ihn zu schützen. Aber einen Versuch war es noch wert. Sein Blick wandte sich an den Wassereimer. „Ich weiß es nicht!“, der Prinz klopfte seinem Pferd auf den Hals, dann wandte er sich an Dartz: „Warum fragt Ihr? Wollt Ihr mich auch eine Frau vorstellen? Eure Tochter vielleicht?“ „Ich? Nein, ich habe keine Tochter mehr, sie ist schon verstorben!“, erwiderte Dartz und lächelte: „Es ist schon lange her… Nicht mehr der Rede wert.“ Atemu nickte und nahm den Wassereimer hoch: „Und warum seid ihr dann hier?“ Der Kronprinz hob den Eimer höher, doch als sein Schimmel in den Eimer sah um zu trinken, bäumte er sich auf. Mit dem Kopf schlug es, dem verdutzten Atemu, den Eimer aus der Hand. „Hey…“, Atemu machte einen Schritt zurück und übersah das sich aus dem Eimer eine Art Schlange schlängelte und auf ihn zuhielt. „Prinz!“, Dartz setzte eine entsetzte Miene auf, tat aber nichts um Atemu zu helfen. Der Schimmel wieherte aufgeregt und drängte sich gegen den Querbalken, hinter dem er stand. „Schon gut… beruhige dich, da ist doch nichts…“, versuchte Atemu das Pferd zu beruhigen. Er schaffte es den Schimmel soweit zu beruhigen, dass er nicht mehr trampelte. „Es hat sich hier nur erschreckt!“, meinte Dartz und schielte auf seine Kreatur die Atemu jeden Moment beißen wollte. Sie schob sich schon in die Höhe und wollte gerade vorschnellen, als ein Stein auf dem Schwanz der Kreatur landete und sie damit festsetzte. Atemu erschreckte sich mehr vor dem plötzlichen aufschlagen des Steins, dann sah er die Kreatur, die ein Abbild des Wesens aus dem Nil sein konnte. „Was ist das für eine Wasserschlange?“, Isahra packte diese kleine Kreatur mit der Hand unter dem Kopf, als wäre sie nur eine Schlange und hob sie hoch. Dartz knirschte und atmete dann auf: „Das war knapp.“ „Wo kommst du denn her?“, wunderte sich Atemu. „Shada hat mich hergeschickt…“, Isahra sah auf das Pferd: „Mein Prinz, Ihr müsst mehr auf die Instinkte Eueres Freundes hören, er wollte Euch warnen, daher hat er so reagiert.“ „Ähm… Ja danke… Aber … Oh, bei den Göttern…“, Atemu sah die langen Zähne der kleinen Schlange, die spitz waren und vor Gift trieften. „Ihr solltet gehen“, schlug Isahra vor: „Ich werde mich um dieses Ding kümmern. Und Hohepriester Seth sucht nach euch. Die Feier beginnt bald.“ „Ist gut… aber sei vorsichtig, nicht das dieses Wesen dich noch beißt“, verabschiedete sich Atemu, das er Seth und auch Akunadin durch die Stalltüre sah. Eigentlich wäre er noch geblieben, doch er hatte nicht vor, Isahra noch mal in Akunadins Blickfeld zu bringen. Isahra wartete bis der Prinz auf dem Stall war, dann warf die Dartz die Kreatur zu. Er zuckte zurück: „Was soll das?“ „Verschwinde, das ist meine letzte Warnung. Ich kann deine kalten Augen nicht leiden und dieses Ding mag dich“, sie zeigte auf die Kreatur, die sich zutraulich um Dartz Hand wand. Dartz schluckte und grinste: „Und wenn ich nicht gehe?“ Isahra legte den Kopf schief: „Wie du willst….“ „Hm…“ Atemu saß auf seinem Stuhl und ließ den Blick schweifen. Das Fest hatte begonnen und die Sonne würde noch drei Stunden hell am Himmel stehen. Die vielen jungen Frauen und Mädchen kamen immer wieder zu ihm und redeten mit ihm, auch wenn er eben von Seth erfahren hatte, dass sich Dartz urplötzlich zum Aufbruch entschieden hatte. Angeblich wegen einem Notfall und es wäre ihm zu langweilig. Nur seltsam, das Seth Verletzungen erwähnt hatte, die Verbrennungen, Bisse und Schnitte sein mussten. Dieser Zufall machte ihn stutzig, aber da Dartz schon gegangen war, hatte er nicht mehr fragen können. Es war ihm auch lieber so, da ihm Dartz unheimlich gewesen war. Auf der anderen Seite war es vermutlich angenehmer mit Dartz zureden, als diese ganzen Frauen zu begutachten. Sein Kampftraining war aufgefallen, da die Zeit zu knapp war und die Nacht wollte er nicht mit diesen ganzen Frauen und Mädchen zubringen. „Mein zukünftiger Pharao!“, die libysche Prinzessin setzte sich neben ihn und lächelte: „Ein schönes Fest, das Ihr hier ausgerichtete habt. Und ich freue mich Euch mitteilen zu können, dass mein Vater einen Teil seines Reiches gerne an Ägypten antreten würde, wenn ihr mich zu Eurer ersten und Großen Königsgemahlin machen würdet.“ Atemu prustete in den Becher, aus dem er gerade trinken wollte: „Ihr wollt mich bestechen?“ „Nein, das ist meine Mitgift!“, verneinte sie höflich: „Genau wie eine Menge Gold, Juwelen, Gewürze, Stoffe und Tiere.“ Akunadin stand in der nähe und nickte Atemu aufmunternd zu. Der Kronprinz wusste, dass sein Onkel alles hörte und dass diese Aussicht auf Reichtum ihm sehr gut gefiel. Bis jetzt waren schon mehrere gekommen um Atemu von ihrem Reichtum zu erzählen. Die Kleider die sie alle trugen waren aus feinstem Leinen in verschiednen Farben und Schnitten, die ihre Vorzüge zu betonen wussten. Auch durchsichtige Kleider waren dabei. Kaum eine hatte an Schminke oder Schmuck gespart, um ja nicht den Eindruck zu erwecken weniger zu besitzen als eine andere. Das Rascheln der Leinengewänder wurde zwar von der Lautenmusik übertönt, aber leider nicht das Geschwätz der Mädchen. „Davon hab ich schon mehr als ich brauchen kann. Was bringt ihr denn für andere Vorzüge mit?“, fragte Atemu und musterte sie. Sie war schön, langes Mittelbrauces haar und einen Ausschnitt der etwas zu viel zu zeigte. Ihre Figur war durchaus weiblich. Die Prinzessin schürzte ihre roten Lippen: „Bin ich nicht genug? Seht mich doch an.“ „Ich sehe nur Äußerlichkeiten. Eure Erziehung war sicher gut, aber das hilft mir nicht weiter. Was bringt Ihr von Euch selbst in Ägypten ein?“, versuchte er ihr zu erklären. „Ähm… Ich bin eine gute Gastgeberin. Meine Empfänge sind immer ein Erfolg und die Ärzte meinen dass ich perfekt bin und Jungen zu gebären“, dachte sie nach, ihre Augen blitzten auf, als sich Seth zu ihnen gesellte: „Was kann ich für Euch tun?“ „Nichts, Prinzessin, ich wollte mich nur nach dem Befinden meines Prinzen erkundigen“, wunderte sich Seth über ihre Feindseeligkeit. „Oh! Ich muss mich frisch machen!“, meinte sie und zog sich dann zurück. „Das sollte wohl der Beweis sein, das sie weiß, wann sie gehen muss“, stellte Atemu fest. „Die ist die Tochter eines großen Mannes“, entgegnete Seth nachdenklich. „Aber Isahra hat recht. Schleimig und nichts für den Platz an meiner Seite…“, seufzte Atemu und sah sich um: „Eigentlich ist hier keine, die mich noch nicht mit Reichtum ködern wollte.“ „Versehe, aber warum, Isahra?“, Seth setzte sich zu ihm: „Ich dachte sie wäre schon weggebracht worden, damit sie Euch nicht begegnet.“ Atemu setzte sich gerade hin und sah ihn wach an: „Kannst du mir mal erklären was an diesem Mädchen so schrecklich ist? Seit ich hier bin sagt mir jeder das ich mich von ihr fernhalten soll, obwohl sie doch sehr nett ist.“ Seth seufzte: „Also… ich weiß nicht viel, nur dass mein Vater es so angeordnet hat. Angeblich hat dieses Mädchen große magische Fähigkeiten und daher von Shada unterrichtet. Irgendwann wird sie ihre Gabe einsetzten, als Botschafterin, für Ägypten.“ „Gabe?“, fragte Atemu nach. „Ja, wisst Ihr, es ist so, dass sie die Gesinnung der Menschen kennt, sobald sie diese sieht. Also gut oder böse…“, versuchte Seth ihm zu erklären, was ihm auch gelang. Der Prinz nickte: „Gut, das ist eine gute Sache, aber warum soll ich mich von Ihr fernhalten? Sie würde mir doch nichts antun.“ „Die Tochter einer Dirne ist nichts für Euch, mein lieber Neffe!“, mischte sich Akunadin ein: „Glaubt mir, sie ist nicht so harmlos wie sie tut. Glaubt mir, Ihr braucht nichts mit ihr zutun zu haben. Wozu auch, wenn sie Botschafterin ist, dann wird sie ohnehin immer unterwegs sein.“ „Das erklärt aber nicht, warum…“ „Atemu…“, Akunadin erhob sich: „Es ist nicht notwenig, dass du es weißt. Es wird Zeit, dass du dir deine Gemahlin erwählst. Du hast keine Schwester, also such dir eine gute Partie aus.“ Seth sah seinem Vater nach: „So ist er immer, wenn es um sie geht. Frag sie doch selbst.“ „Gute Idee!“, Atemu stand auf und ging an den Frauen vorbei, die ihn alle hoffungsvoll ansahen. „Wo wollt ihr hin?“, fragte ein Mahado, der mit Mana auf seinem Weg stand. „Ein bisschen Luft schnappen, bis das Essen kommt“, sagte Atemu und sah sich um: „Seid ihr so lieb und bleibt hier. Ich möchte auch kurz überlegen, wen ich in die engere Auswahl nehme.“ „Klar!“, strahlte Mana. Atemu war eine ganze Weile durch den Garten gelaufen und hatte sich bei mehreren Tempeldienern und Priestern erkundigt, bis er sie endlich gefunden hatte. Man hatte ihm gesagt, dass Akunadin die angehende Priesterin mit dem Jäten der Rosen bestraft hatte. Eine relativ milde Strafe, wenn er bedachte, dass sie sich unerlaubt im Heiligtum aufgehalten und dann auch noch gegen die Order des Wesirs gehandelt hatte. Es war noch immer sehr heiß und es würde sich auch nicht wirklich ankühlen, das würde es sicher nicht einfacher machen, Rosen von Unkraut zu befreien. Isahra kniete vor dem wohl dichtesten Rosenbüschen die Atemu je gesehen hatte. Neben ihr standen zwei Körbe, einer mit Unkraut, der Andere war mit weißen Rosen gefüllt und einer Roten. Ihre Hände waren unter einem der Büsche verschwunden und ihre Kleider voller Erde. „Hier steckst du“, sprach Atemu sie lächelnd an. Isahra sah verdutzt zu ihm auf: „Was machst du denn hier? Ich dachte du bist auf deinem Fest.“ „War ich!“, er ging in die Knie und hob ihr Gesicht an: „Wer verdammt noch mal bist du?“ „Niemand!“, war ihre Antwort, bevor sie sich wieder an das Unkraut machte. „Das glaub ich dir nicht!“, Atemu seufzte und er sah die Kratzer auf ihren Armen und Beinen: „Was ist denn passiert? Wo hast du…“ „Atemu, lass es, ich bin niemand der dich interessieren muss!“, unterbrach sie ihn und kniff die Augen zusammen. „Dafür nimmst du dir aber viel heraus!“, stellte Atemu fest: „Du weißt zwar wer ich bin, aber dennoch hast du nicht einmal Prinz, Pharao, Euch oder Ihr gesagt. Du sagst du zu mir. Irgendwie glaub ich nicht, dass du es nur wegen deiner angeborenen Frechheit ist.“ Isahra zuckte bei seinen Worten so heftig zusammen, das sie sich ungeschickt an den Dornen stach: „Mist!“ Sie sah sich den Finger an, aus dem das Blut quoll. Atemu nahm ihre Hand und ihren blutenden Finger in den Mund. Das Blut schmeckte nicht anders wie seines und warum er so reagierte wusste er auch nicht, doch es fühlte sich richtig an. Sie starrte ihn hochrot an, konnte sich weder rühren, noch etwas sagen. „Jetzt sag schon, es macht mich verrückt, es nicht zu wissen.“ „Es sind deine Augen…“, nuschelte Isahra: „Sie… flössen mir Vertrauen ein, darum fehlt es meinen Worten an Respekt. Und das andere… Es liegt an meiner Mutter, an dem wer sie war, dass hab ich dir schon gesagt. Mehr kann ich dir nicht sagen.“ „Meine Augen?“, wiederholte Atemu und musste innerlich grinsen, das Gleiche wie bei ihm. „Ja, ich hab noch nie solche freundlich und starken Augen gesehen“, entgegnete Isahra und entzog ihm ihre Hände: „Shada hat mir gesagt, dass ich hier weg muss, aber noch nicht wohin. Aber du wirst es nicht erfahren. Akunadin hasst mich wie eine Seuche die alles vernichten kann und mein einziger Schutz ist nicht mehr da.“ „Ich versteh das aber nicht… Was hat dich…“ Isahra hielt ihm den Mund zu, dann küsste sie ihre Finger, die auf seinen Lippen lagen: „Vergiss mich. Akunadin wird dir die Antwort nicht geben, weil er Angst vor deiner Reaktion hat, zu Recht, wenn ich ehrlich bin. Wir werden uns nie wiedersehen, wenn der Tag vorbei ist. Akunadin wird dafür sorgen, glaub mir. Atemu, du musst dich heute für eine Frau entscheiden, die Königin wird, neben dir. Tu mir nur einen Gefallen, nimm eine die Ägypten so liebt wie du selbst. Die Rosen… Shada meinte das jede eine Weiße bekommt und die Auserwählte die Rote.“ Atemu wollte sie festhalten, aber Isahra war schon aufgestanden: „Isa… Liebst du Kemet?“ „Sicher!“, dann war sie hinter einem Busch verschwunden. Shada stand an einer Säule und sah ihn an: „Ihr hättet Euch nie in sie verlieben dürfen.“ „Das hab ich doch gar nicht!“, widersprach Atemu ihm und hob den Rosenkorb auf. „Doch!“, der Hohepriester seufzte ergeben: „Isahras Mutter… Nun Wesir Akunadin liebte diese Frau und sie verschmähte ihn. Isahra ist für ihn der Beweis, dass diese Frau einen anderen Mann hatte. Dazu war ihre Mutter, das was ihr schon wisst. Ich bitte Euch, Hohepriester Akunadin wird es nicht dulden sie in seiner Nähe zu haben. Ihr habt auch kein Anrecht auf Isa.“ „Liebst du sie selbst?“, ging Atemu ein Licht auf. „Ähm…“, Shada schluckte und kratzte sich verlegen am der Glatze. „Ich hab nicht das Gefühl, als erwiderte sie deine Gefühle, Shada“, stellte Atemu nüchtern fest. „Nein, das tut sie auch nicht, ich hab es ihr schon gesagt, aber sie lehnte entschieden ab. Wie sie mit Euch eben geredet hat, treibt mir die Eifersucht hoch“, gab Shada zu und senkte den Blick: „Verzeiht mir, dass ich das gesagt habe.“ „Ich kann es dir nicht verbieten, aber ich habe eine Bitte!“, Atemu trat zu ihm. „Was?!“, Akunadin starrte seinen Neffen an: „Das ist nicht dein Ernst, was hast du dir dabei gedacht? Du kannst dich nicht alle dieser Weiber vor den Kopf stoßen“, er zischte nur halblaut, aber sein Gesicht war puterrot und eine Ader zuckte an seinem Hals. Atemu hatte es gewagt ausschließlich weiße Rosen an die Gäste zu verteilen. Mit jeder Anwärterin hatte er noch ein kurzes Gespräch gehabt, aber am Ende nur eine weiße Rose für das jeweilige Mädchen erübrigen können. Dieses Verhalten hatte natürlich für Erregung gesorgt, aber Mana fand das irgendwie sehr lustig. Immerhin hatten diese höheren Töchter damit gerechnet zumindest in den Harem aufgenommen zu werden und dass eine von ihnen Große Königliche Gemahlin werden würde, aber nun sah es so aus, als würden sie alle wieder nach Hause geschickt werden. „Mein Prinz…“, Mahado sah Atemu fragend an: „Bitte erklärt es uns und Euren Gästen.“ Atemu hob die Hand und alles wurde still: „Es tut mir leid, aber ich leider muss ich zu sagen, dass keine von euch den wichtigsten Anspruch erfüllt um Königin zu werden. Ich habe mich mit Euch allen unterhalten, aber das Erste was ihr mir sagtet, war was ihr besitzt und an Reichtümern mitbringt. Euch allen sind Reichtümer und Spaß wichtiger, als das Wohl meines Volkes. Ich habe wissen wollen, was ihr mitbringt und ob ihr das Land achtet. Nicht eine konnte mich davon überzeugen, dass es so ist. Bescheidenheit ist euch allen ein Fremdwort und ich verzichte gerne auf eure Mitgift und damit auf das Gift das ihr untereinander verspritzt habt. Aber ich bin der Ansicht, dass eure Herzen verblendet sind, von dem Gold, das ihr besitzt.“ Akunadin riss die Augen auf und versuchte mit Gesten Atemu zum Schweigen zu bringen. Er fuchtelte verzweifelt mit den Händen und fuhr mit der Handkante an seinem Hals vorbei. Seth, Mahado, Isis, Karim und Mana standen zusammen und verstanden ebenfalls nicht, was in Atemu gefahren war. Er provozierte einen Krieg mit vielen Ländern, aber Unrecht hatte er nicht. Diese ganzen höheren Töchter waren so in sich selbst verliebt, dass sie die Diener, Priester und andere die niedriger als im Range eines Hohenpriesters standen abfällig ansahen. Nur ein kleiner Teil versuchte sich nicht derart zur profilieren dass es in einen offenen Wettkampf ausartete. Atemu wusste jetzt, warum es nur selten zu einer Brautschau kam, sondern einfach entschieden wurde wer mit wem verheiratet werden sollte. Sicher war diese Anordnung dann auch nur mit der Zustimmung der Betroffenen in die Tat umzusetzen. Niemals würde ein Vater seine Tochter verheiraten wenn die den Mann, den der Vater ausgesucht hatte, nicht lieben würde. Und die Männer entschieden sowie selbst, wem sie einen Antrag machen wollten. Gut, keine hier war hässlich oder würde eine schlechte Figur auf dem Thron der Ersten Königlichen Gemahlin abgeben, aber nicht mal die Politik konnte ihn dazu bewegen sich eine dieser verwöhnten und selbstgefälligen Weibern als Frau zu nehmen. „Bist du verrückt?“, zischte Akunadin seinem Neffen zu, nachdem er sich durch die verwirrten und aufgebrachten Mädchen und Frauen gekämpft hatte. Atemu neigte den Kopf zur Seite: „Nein, bin ich nicht. Aber ich hab andere Pläne, das ist alles. Diese Frauen hier sind nur hier, weil sie eine Krone auf dem Kopf wollen. Macht und Reichtum, aber nicht mal das schönste Gesicht ist es mir wert, dieses Risiko einzugehen.“ „Atemu…“, der Wesir sah sich hilfesuchend um, aber von den Hohepriestern war keine Hilfe zu erwarten. Sie alle versuchten die Gäste zu beruhigen oder Erklärungen abzugeben, denn Atemu hatte es ihnen schon angedeutet hatte, aber nicht gesagt was er genau zu tun gedenke. Sie waren ihm nicht böse oder verstanden es nicht, denn auch sie hatten den gleichen Eindruck wie ihr Prinz bekommen, als sie sich mit den Damen unterhalten wollten. „Ich habe mich entschieden“, Atemu fixierte ihn: „Sag mir warum du Isahra von mir fernhältst.“ Akunadin wich zurück: „Ihre Eltern, das muss dir reichen.“ „Trotzdem soll sie über Ägypten, für mich arbeiten, oder? Ich glaub dir nicht, dass du sie wegen ihrer Eltern verurteilst. Ich hab erfahren, dass du ihre Mutter selbst wolltest, aber das kann nicht alles sein. Wer ist sie wirklich?“ „Mein Prinz!“, Shada nickte ihm zu, er war gerade gekommen: „Ihr könnt nur hoffen.“ „Danke!“, Atemu verstand was Shada ihm sagen wollte. Er hatte ihn einem Auftrag geben und das war wohl oder übel das Ergebnis. Jetzt bohrten sich seine Augen in die seines Onkel: „Und?“ Akunadin biss sich auf die Unterlippe. Dieser Ausdruck in den Augen seines Neffen gefiel ihm nicht. Es würde kaum noch einen Unterschied machen, nicht jetzt, da er diesem Mädchen begegnet war. Versuchen musste er es dennoch: „Sie ist niemand, der dich interessieren sollte.“ Atemu hob eine Augenbraue „Wie du meinst“, sagte er entschlossen. Er stand am Fenster und sah der Sonne zu, die hatte eben den Horizont berührt und er Himmel begann sich Gold, Rot, Orange und Lila zu färben. Eine Ruhe hatte sich über Hierakonpolis gelegt die etwas versprach. Sei es nun etwas Gutes oder nicht… Er wusste es nicht, doch es lag in der Luft, die über seine Haut tanzte. Nur der Schurz um seine Hüften bedeckte ihn, aber kalt war es nicht, viel zu angespannt waren seinen Muskeln, weil er nur warten konnte. Die vielen Frauen und Mädchen waren in ihre Zimmer gegangen oder auch schon abgereist, nachdem er sie verschmäht hatte. Die Entschuldigungen musste er wohl noch alle schreiben, um zu erklären warum er jede einzelne nicht haben wollte. Doch das stand erst an, wenn die Zeremonie morgen zu Ende war. Eine Königin würde er dem Volk kaum präsentieren können. Es war eine Frechheit gewesen ihn so kurzfristig darum zu bitten oder zu zwingen. Atemu nippte an dem kühlen Bier und seufzte, nein zu kurz war es nicht gewesen, er hatte sich nur in die falschen Augen verguckt und wenn er sich mit dieser Entscheidung über Akunadins Kopf hinwegsetzte, so war das bedauerlich. Es tat ihm wirklich Leid, doch Shada hatte recht… Atemu hatte sich auf den ersten Blick verliebt in zwei Augen und eine Stimme. Da er jedoch niemanden zwingen wollte, so hatte er jetzt nur Hoffung dass sie noch mal kommen würde, nachdem sie ihn so einfach zurück gelassen hatte. „Du wolltest mich sehen. Fass dich aber bitte kurz, ja? Ich muss bis zum Sonnenuntergang den Tempel verlassen haben“, erklang eine leise Stimme. Ruhig, sanft und auch zurückhaltend. Sie ist da…, schoss es ihm durch den Kopf. Atemu schloss die Augen und stellte den Becher auf dem Sims ab, dann wandte er sich um. Da stand sie, ihm Schatten der Mauer, mit nassem Haaren und ihrer Kleidung, die nun wirklich nicht zu einem Priesterlehrling passen wollte. „Musst du nicht“, brachte Atemu heraus und ging auf sie zu: „Ich hab…“ „Warum mischt du dich in meine Angelegenheiten ein? Ich hab mich damit zufrieden gegeben, dass ich hier im Tempel lebe. Ich mach meinen Weg alleine und ich hätte es diesem Wesir gezeigt, dass ich gut zurechtkomme. Dann tauchst du auf und versuchst mit aller Gewalt dich in mein Leben zu drängen. Kannst du nicht einfach wieder gehen?“, sie hatte sich an die Wand gedrückt und ihre Augen wichen ihm unentwegt aus. „Nein“, gab Atemu zu: „Ich weiß doch das dein Vater hingerichtet...“ „Du weißt gar nichts!“, unterbrach sie ihn: „das ist das, was Akunadin erzählt, um dummen Fragen aus dem Weg zu gehen und um mich unter Kontrolle zu halten. Mir würde keiner glauben. Wer glaubt schon der Tochter einer Hure? Das hat er damals zu mir gesagt, als meine Mutter hingerichtet wurde.“ Sie zuckte zurück und wandte ihm den Rücken zu. „Isahra“, Atemu packte sie am Arm und drehte sie zu sich zurück, allerdings hielt sie ihren Kopf auf den Boden gerichtet. Er fasste ihre Schultern, wohl ein wenig fest, das er ihre Knochen unter der Haut spüren konnte: „Was glaubt dir keiner? War dein Vater ein ranghoher Magier oder ein Hohepriester der eine Rebellion angeführt hat? Jetzt rede endlich. Bitte.“ Sie schüttelte den Kopf: „Wozu? Ich muss hier weg und daher ist es doch egal wer ich bin.“ „Ich will dich aber mitnehmen, nach Theben“, erklärte Atemu bestimmt und ließ sie lockerer. Ihre Haut war nass gewesen, als sie sich angezogen hatte und die Feuchtigkeit war auf den Stoff übergangen, mit ihrer Körperwärme. Leider entglitt sie ihm, da sie einen Schritt zurück machte. „Theben? Was soll ich dort… Ich bin Shadas Schülerin und habe nicht vor das zu beenden. Meine Ausbildung ist noch lange nicht abgeschlossen und ich habe meinem Vater versprochen erst dann Theben zu betreten wenn ich einen Grund dazu oder den Stand der Hohepriesterin erreicht habe. Beides ist nicht der Fall“, noch immer versuchte Isahra vehement seinen Augen auszuweichen indem sie den Boden fixierte. Nicht mal als Atemu sie berührte hob sich ihr Blick. Er atmete durch: „Du hast einen Grund, mein Ruf, als Prinz und als künftiger Pharao. Du weißt was passiert wenn du einer Einladung nicht nachkommst. Ich kann dich auch holen lassen… wenn ich dich zwingen wollte.“ Seine Stimme hatte den Unterton von Geduld der sich mit Unverständnis mischte. Er verstand nicht, wie sollte er, wenn er keine klaren Antworten bekam. „Willst du nicht?“, Isahras Augen wanderten an der Wand entlang: „Dann droh es mir nicht an.“ „Sag mir wer du bist. Erklär mir, warum du dich so verhältst. Jede andere wäre mir um den Hals gefallen, wenn ich sie gebeten hätte mit mir zu kommen, nur du nicht. Warum?“, er versuchte den Tonfall zu ändern, aber er wurde flehender und immer forschender: „Und sieh mir gefällst in die Augen. Wenn du mir deine schon entziehen willst, so lass sie mich heute noch sehen.“ Er spürte das Zittern das sie durchfuhr und ihre Augen flogen in seine Richtung. In ihrem Blick lag Verunsicherung in einem Ausmaß das er nie gesehen hatte. Fast hatte er den Eindruck als wäre sie hin und gerissen, zwischen dem was man ihr gesagt und dem was sie eigentlich am liebsten tun würde. Er hatte seine Sprache für den Moment verloren, da er wieder spürte, wie sie durch seine Augen in seine Seele eindrang, diesmal hielt er jedoch stand. „Ich muss gehen“, sie wirbelte herum und schlug ihm dabei ihre Haare ins Gesicht. Isahra hatte schon die Türe in der Hand als... „Du spürst es doch auch. Diese Spannung die sich zwischen uns aufbaut, sobald sich unsere Blicke begegnen. Ist sie dir so unangenehm, dass du davor weglaufen musst? Willst du nicht wissen, warum das so ist? Nun ich will es wissen und auskosten, denn jedes Mal wenn ich dich sehe, will ich einen Schritt weitergehen.“ Atemu trat hinter sie und drückte die Türe zu: „Ich will, dass du mit nach Theben kommst. Shada kann dich dort auch unterrichten, das ist keine große Sache, doch nur dort, hab ich dich in meiner Nähe.“ Ohne sich umzudrehen legte sie den Kopf in den Nacken: „Wie willst du das rechtfertigen? Auch als Pharao wirst du dich den Wesiren erklären müssen.“ „Ich hab das Gefühl, DU kennst die Antwort“, Er trat zurück, zog sie aber an der Hand zu seinem Bett wo er sich setzte: „Verrat sie mir.“ Sie ließ sich neben ihm nieder und dachte einen Moment nach: „Ja, das kann ich wirklich, aber es gibt keine Beweise dafür und Glauben ist nun mal so eine Sache. Meine Muter hat es geschafft den Pharao zu verführen… Es war nur einmal aber dummerweise blieb die nicht ohne Folgen. Da Akunadin aber meine Mutter für sich wollte, sann er auf Rache. Er verriet meine Mutter und sorgte dafür, dass niemand davon erfuhr. Warum Akunumkanon das gestattet hat, weiß ich nicht, aber er war einige Male hier um mich zu sehen. Solange er am Leben war, war ich vor Akunadins Willkür geschützt, doch nun ist er zu Osiris gegangen.“ „Stopp mal, du bist meine Schwester?“, Atemu riss die Augen auf: „Ich hab keine Geschwister!“ Isa nickte: „Ja, bin ich. Deine Halbschwester um genau zu sein. Wegen Papa hab ich meine magischen Fähigkeiten. Doch Akunadin hasst mich, da ich meiner Mutter ähnlich bin, er sieht mich als seine missratene Tochter oder was auch immer. Ich kann verstehend, dass er mich nicht sehen will. Immerhin bin ich ein weiterer Beweis dafür, dass Papa etwas bekommen hat, was ihm vorenthalten wurde. Mehr gibt es nicht zu sagen. Also vergiss es einfach wieder. Wir sind Geschwister und daher ist es eh… Hörst du mir zu?“ Atemu biss gedankenverloren auf seinem Fingernagel herum. „Ja“, sagte er geistesabwesend amüsiert: „Er versteckt dich wegen deinem Blut, weil er dich nicht töten darf. Du bist vom königlichen Blut und als meine Schwester… Hab ich ein Anrecht auf dich.“ „Was?“, Isahra fuhr zusammen und ihre Augen verdunkelten sich schlagartig: „Anrecht?“ „Ja. Wenn du meine Halbschwester bist, dann ist alles eine Formalität. Verstehst du das, dann gehörst du mir … Aua!“, er hielt sich verdattert die Wange. Isahra hatte ihm eine Ohrfeige geben, einfach so. Sie sah ihn wütend an und schnaubte: „Ich hab es dir nicht gesagt, damit du mich in Besitz nimmst oder dergleichen! Ich entscheide selbst was ich will und was ich tue. Ich hab gedacht du lässt mich gehen, wenn du es weißt. Glaubst du allen ernstes Akunadin wäre damit einverstanden? Eher würde er weiterhin leugnen und mich am Ende verbannen, weil ich seinem Befehl nicht gehorcht hab.“ Atemu rieb sich die Wange. Weiber, so was von launisch, warum fuhr sie ihn denn jetzt so an? Sie war eine Prinzessin und er wollte ihr das alles zurückgeben und dafür erntete er eine schallende Backpfeife, für die jeder andere eine Hand verloren hätte. „Man, hast du nen Schlag drauf. Willst du mich nicht?“ Isahras Augen weiteten sich: „Wir sind Geschwister! Wie kommst du auf so einen Blödsinn?“ „Hm…“, er verzog das Gesicht: „Tut mir Leid, aber ich hatte vor dich aus einem bestimmten Grund mitzunehmen. Ich brauche eine Frau, das weiß ich und meine Freunde und Berater bestehen auch schon fast darauf und lange aufschieben kann ich das jetzt, da ich Pharao werden soll auch nicht mehr. Diese Brautschau war Zeitverschwendung, aber jetzt weiß ich warum ich hier bin. Mein Vater hat diesen Ort ausgesucht und ich denke ich weiß warum. Ich sollte dich hier treffen und heimholen.“ Seine Worte kamen gedehnt, da er sie sich zwar zurechtgelegt hatte, aber die Situation hatte ihn aus dem Konzept gebracht. Es war das erste Mal das er dem anderen Geschlecht versuchte begreiflich zu machen, dass er Gefühle der besonderen Art hatte und gerade Isahra schien ein schwerer Fall zu sein. „Du bist… verrückt geworden. Was weißt du denn schon von mir? Dazu bin deine Halbschwester, egal was Papa dir gesagt hat oder auch nicht, wie kommst darauf dass ich deine Gefühle erwidern würde, wenn deine überhaupt das sind, was du mir glauben machen willst?“, sie schüttelte heftig den Kopf: „Nein, da mach ich nicht mit. Ob Prinz, Pharao oder Bruder oder was auch immer ich bin … hm…?“ Atemu hatte sie urplötzlich nach hinten auf das Nachtlager gedrückt und sie geküsst, damit sie Ruhe gab und auch vielleicht auf diese Weise nachgab oder so verstand das es ihm durchaus ernst war. Dass er sie nicht gut kannte, war ihm bewusst, aber das konnte man doch ändern. „Ehen unter Geschwistern sind durch aus normal im Königshaus. Für mich wirst du niemals meine Schwester sein, auch wir wenn wir denselben Vater haben. Das interessiert mich auch gar nicht. Bin ich dir wirklich so zu wider, dass du es nicht mal versuchen willst?“ Er merkte nicht, dass sie nicht Mal versucht hatte ihn zurückzustoßen, im Gegenteil, ihre Finger hatten sich in seine Schulter gegraben. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Atem war flach. „Du verdammter Idiot!“, fuhr Isahra ihn plötzlich an und boxte ihm halbherzig in die Seite als sie sich wieder aufgerichtet hatte: „Musstet du mich jetzt auch noch küssen? Reicht es dir nicht dass ich deinen Augen schon verfallen bin?“ Atemu legte den Kopf schief: „Warum machst du es mir dann so verflucht schwer?“ „Warum stellst du innerhalb eines halben Tages mein Leben auf den Kopf?“, gab Isahra zurück. „Hm… Gute Frage, genau wie die, was passiert ist. Im Stall, hattest du das noch nicht…“, als er über ihre Kratzer am Arm fuhr, stockte er ruckartig: „Hast du Dartz etwa vertrieben?“ „Ähm… ja, schon. Ich hab mich mit ihm angelegt und er hat sich dann zurückgezogen. Erst einmal, aber er meinte er komme wieder. Ich hab es Shada schon gesagt…“, gab sie zu und sah ihn an: „Er war mir suspekt.“ Er nickte und steifte über ihren Arm: „Das nächste mal, sagst du Shada oder meinen anderen Freunden gleich bescheid. Du bist nicht dazu da um meine Gäste oder Feinde von mir fernzuhalten. Das geht das nächste Mal sicher ins Auge.“ Er sah zu ihr auf und lächelte mild: „Du kommst doch morgen mit mir nach Theben?“ Sie wandte den Blick der Sonne zu, die sich schon weit gesenkt hatte, nur noch ein paar Minuten und sie würde endgültig von Nut verschluckt sein, dann stand sie auf. „Willst du gehen?“, Atemu runzelte die Stirn und sah zu wie sie die Stoffe um ihren Körper auf den Boden fallen ließ. Isahra stand mit dem Rücken zu ihm, aber auch wenn ihre Haare alles verdeckten, was ab dem Po aufwärts ging, so wusste er, das sie nur wunderschön sein konnte. Mit den Augen folgte er ihren Bewegungen, die auf die andere Seite des Bettes führten. „Kann ich dir morgen die Antwort geben? Es wird gleich dunkel, der Tag war lang und anstrengend. Wir beide haben viel Neues erfahren und auch erlebt. Diese ganzen Eindrücke muss ich erst noch ordnen, ehe ich dir eine Antwort geben kann. Auch du solltest noch mal eine Nacht darüber schlafen bevor…“ „Ich habe meine Entscheidung getroffen, sie wird sich nicht mehr ändern“, unterbrach Atemu sie, als er sich ans Kopfende des Bettes setzte und sich daran lehnte. Er betrachtete ihren Rücken und ihre Haare, in denen sich die letzten Sonnenstahlen fingen. Warum hatte sie sich ausgezogen, wenn sie noch Zeit von ihm haben wollte? Sollte er den Blick abwenden? Sie wandte sich zu ihm um und lächelte ein wenig, was ihm Röte ins Gesicht treib. Die Untergehende Sonne im Hintergrund ließ die Spitzen ihrer schwarzen Mähne wie Gold leuchten und verlieh diesem Mädchen etwas Geheimnisvolles: „Was macht dich so sicher?“ Statt zu antworten streckte er ihr die Hand hin, doch anstatt das sie sofort seinen Worten folgte, nahm Atemu ihr Zögern wahr. Fast schien es, als bebte ihr Körper als sie sich hob, aber seiner nicht entgegen kam. Es kostete ihm viel Überwindung, doch blieb er sitzen: „Komm her.“ Isahra brauchte noch einen kurzen Moment, dann legte sich ihre Hand auf die Seine. Sie atmete tief durch, als sie sich dazu überwand der sanften Führung seiner Hand nachzugeben und sich neben ihm erneut auf dem Bett niederzulassen, doch anstatt ihn anzusehen drehte sie sich im letzten Moment, so dass sie ihm zur Hälfe den Rücken zuwandte. Atemu schluckte die Enttäuschung hinunter, da sie ihm schon wieder ihren Anblick und ihre Augen entzog, aber es war deutlich, dass sie sich fürchtete. Er musste sich also zusammenreißen und versuchen es behutsam anzugehen. Der Prinz beugte sich etwas nach vorn und küsste ohne Vorwahrung diejenige ihrer Schultern, die ihm am Nächsten war. Süßer Duft von Honig und Blumen stieg ihm in die Nase. Ihre Haut fühlte sich warm und weich an: „Du hast dich noch nie einem Mann genähert? Keine Angst, ich tu nichts, dass du mir nicht erlaubst.“ Er flüsterte heiser und zog mit der freien Hand das Leinentuch auf dem Bett über sie. Sie gab nach und fiel sich zu ihm zurücksinken, so dass sie an seiner Brust lag. „Nein… Es ist nicht so, dass sich keiner für mich interessieren würde, aber…“, Isahra sah zu ihm auf: „… Papa hat gesagt, dass mein Glück hierher kommt, nach seinem Tod und mich holt.“ Atemu nickte langsam, sein Vater war wirklich oftmals so gewesen, aber es war sein Glück gewesen, das sie es geglaubt hatte. Er legte seine Arme um ihre Hüften und küsste sie auf die Stirn: „Dann hoff ich dass ich dem gerecht werde.“ „Bestimmt…“, Isahra wand sich unter seinem Armen näher an ihn, so dass sie enger an ihm lag. Ihre Beine hatte sie angewinkelt und unter ihren Fingerspitzen hämmerte sein Herz in einem erregten Rhythmus, der sich noch verstärkte als ihre Lippen seine Brust berührten. Er schob seine Hand unter ihre Haare in ihren Nacken. Mit sanftem Nachdruck verleitete er sie zu ihm aufzusehen. Dieses mal was er es, der ihre Augen als fester zu ihrer Seele missbrauchte und was er sah gefiel ihm sehr gut. In den hellbraunen Augen spiegelte sich nichts, außer Liebe, er hatte sie innerhalb seines halben Tages für sich einnehmen können, genau wie auch sie es mit ihm getan hatte. Sein Finger glitt über ihre Wange, dann gab er seinem Drang nach und küsste sie. Erst besinnlich, dann stürmischer bis sie seinen Kuss mit derselben Leidenschaft erwiderte, die er in diese Berührung der Lippen fließen lies. Als Atemu sich von ihr löste, waren ihre Augen geschlossen und öffneten sich langsam. Isahra lächelte ihn an. „Ich komm mit“, sagte sie, dann kuschelte sie sich an seine Brust, wo ihr Atem sich nach nur einer Minute soweit beruhigt hatte, dass er es wusste. Sie schlief. Atemu streichelte ihr über die Haare und die Schulter. Sie wirkte friedlich und er erinnerte sich an seinen Vater. An seine Worte, die er ihm auf seinem Sterbebett hinterlassen hatte. „Atemu, mein Sohn. Du wirst in deinem Leben noch viel Schönes, aber auch Schlimmes erleben. Du bist von Freunde umgeben, aber du wirst jemand brauchen, der dich als Mensch sieht. Ich hatte deine Mutter und auch du wirst eine Frau finden, die dich im ersten Moment fesselt. In Hierakonpolis wirst du dein Glück finden. Es wartet dort auf dich…“ Der Prinz sah noch mal auf das schlafende Mädchen in seinem Arm: „Darum bin ich gekommen... Um dich zu finden.“ Er küsste sie auf die Schläfe als der letzte Sonnenstrahl der Nacht Platz machte und fand dann selbst Schlaf. - Gute Nacht, möge Nut euch in ihren Armem wiegen und euch schöne Träume senden- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)