Der Prophet von -Harlekin- (Dir en grey) ================================================================================ Kapitel 5: Schlimme Befürchtungen --------------------------------- Er hat es doch getan…Meine schlimmen Befürchtungen sind wahr geworden… Realität…harte Realität… Niedergeschlagen gehe ich aus dem Krankenhaus und setze mich kraftlos auf die Treppenstufen…ziehe eine Zigarette und zünde sie an. Meine Hände zittern ein bisschen und es dauert eine Weile bis ich es schaffe die Zigarette anzuzünden. Als ich es dann nach Ewigkeiten doch schaffe, hauche ich langsam den giftigen Qualm aus und lehne mich etwas zurück. Ich muss versuchen mich zu entspannen… „Hahaha!“ Lachende Menschen gehen vorbei und scheinen sich über einen Witz zu amüsieren…Lachen…Was würde ich nicht alles dafür tun, jetzt auch lachen zu können…Ich sehe den fröhlichen Menschen hinterher…fröhlich…fröhlich sein…Was ist das? Wann war ich zuletzt richtig fröhlich oder gar glücklich? Ein weiterer Zug und das Ausatmen von blauem Dunst, der sich langsam in der Luft auflöst… Glücklich…Welcher Mensch ist schon glücklich? Er sagte…niemand wäre glücklich. Niemand…jeder hätte Probleme und viele könnten diese gekonnt verbergen…unterdrücken. Überall wo das Licht hin scheint…gäbe es auch eine Schattenseite… Ich merke, wie sich jemand leise neben mir setzt und sich ebenfalls eine Zigarette anzündet…wie er sein blond gefärbtes Haar und sich eine störende Träne aus dem Gesicht streicht…Es ist Shinya. Er hat es wohl auch nicht mehr länger darin ausgehalten…in diesem hässlichen grauen trostlosen Gebäude… Ich weiß nicht mehr wie lange wir schweigend da saßen und seelenruhig qualmten…jeder in seinen eigenen Gedanken vertieft…als plötzlich mein Bandkollege das Schweigen bricht. „Hättest…hättest…du jemals gedacht, das so was…passieren würde?“ Schockiert…wir sind alle darüber schockiert gewesen… „Ein gewisses…Risiko war immer vorhanden…aber…keiner hätte jemals gedacht, dass wirklich…etwas passieren würde…dass er…irgendwann…“ Ich kann nicht mehr weiterreden…mir bleibt der Rest des Satzes im Halse stecken…während ich innerlich daran ersticke… „…zu weit gehen würde?“ „Ja.“ Ja…das wollte ich sagen…Wir alle waren auf so was nicht vorbereitet gewesen…niemand hätte so was für möglich gehalten und erst jetzt…merke ich, wie naiv wir doch alle gewesen waren…wie oft…wir diesen Fehler wiederholt hatten…ihm…zu vertrauen…immer…und immer wieder… „Die Besuchszeit ist vorbei, doch morgen kann er wieder nach Hause. Eigentlich wäre es besser, er würde noch dort bleiben, aber er wollte nicht.“ Ich und Shinya drehen uns um und sehen in die bedrückten Gesichter unserer Bandkollegen, die gerade aus dem Gebäude kommen und sich nun hinter uns stellen. Die und ich wechseln traurige Blicke…Ich weiß…er will mich trösten…mich umarmen…mich küssen, aber…wir wollen unsere Beziehung vor den Anderen noch Geheim halten… „Und…wie geht’s ihm gerade?“ „Verständlicherweise nicht so gut. Er redet nicht viel und liegt einfach nur im Bett rum. Wenigstens sind wir der verdammten Presse entkommen.“ Die Presse…die, Schaulustige und Fans haben uns mit den Autos ehrgeizig verfolgt, aber wir konnten sie zum Glück abhängen…oh mann…das hätte uns noch gefehlt! „Heute konnten wir ihr entkommen. Aber keine Sorge, die wird uns spätestens morgen aufspüren und uns mit unsinnigen Fragen löchern.“ „Und was sollen wir dann antworten? Das wir das nie für möglich gehalten haben? Das es nur ein Missgeschick war?“ „Nur ein Missgeschick?? Das war doch pure Absicht!“ Ich höre den anderen passiv zu, die sich fragen wie das nur passieren konnte…doch ich muss Kaoru zustimmen…ein Unfall war das alles ganz sicher nicht. Keine Ahnung ob Kyo auf der Bühne einfach die Kontrolle verloren hat…oder…ob es wirklich von ihm geplant war…doch ein „reines aus Versehen“ kann es nicht gewesen sein… Angestrengt versuche ich mich zu erinnern, was da auf der Bühne wirklich vorgefallen war…es ist schmerzhaft…aber ich muss es versuchen… Wir…gingen wie immer auf die Bühne, während uns die Fans schreiend begrüßten…dann nahmen wir routiniert unsere Instrumente und begannen den ersten Song zu spielen…Kyo sang und war ganz in seinem Element…Es schien alles so wie immer…Fans schrieen…und wir spielten…Wie üblich nahm dann unser Prophet nach kurzer Zeit sein Messer, dass er immer auf die Bühne mitnahm und ritzte sich auf seinen Körper…Es verlief alles so wie geplant…Wir rockten die Halle und die Wände bebten…Die Fans und wir waren wie im Rausch und gingen heftig ab…so wie immer eben. Als ich da kurz zu Kyo schaute, war er im Gesicht und am Oberkörper mit Blut überströmt…ich dachte mir nichts dabei und spielte konzentriert weiter. Lief alles soweit gut…bis… …bis…plötzlich alles still war…die ganze Halle war still…Das war so ungewöhnlich und erstaunlich, dass wir aufhörten zu spielen und verwundert ins Publikum blickten… So was war uns vorher noch nie passiert…Wir wussten nicht was los war und wieso Kyo aufhörte zu singen…Kyo…er benahm sich seltsam…Er kniete vor dem schweigenden Publikum und starrte stumm auf den Boden. Etwas stimmte mit ihm nicht…Dann sah ich genauer hin…und…ich sah die entsetzten Blicke der Fans…und das Blut…viel Blut…zu viel Blut…Unter ihm war eine beängstigte Blutpfütze…die immer größer wurde…Er hielt sich schweigend den Arm und blieb unheimlich in der Hocke…Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken und ich lief besorgt zu ihm rüber…und hoffte, dass sich meine schlimmen Befürchtungen nicht bewahrheiten würden… Doch meine Befürchtungen wurden wahr…Kyo hatte es mit der Selbstverletzung übertrieben, heftig übertrieben…Als ich zu ihm kam und auf ihn einredete, dass er mir sagen soll, was schief gelaufen war…hat er mir nüchtern seinen blutenden Arm gezeigt…Er hatte sich wohl zu tief am linken Handgelenk geschnitten und die Pulsadern erwischt…Ich wurde kreidebleich und er flüsterte mir schmunzelnd zu, dass er es wohl diesmal etwas übertrieben hatte…Daraufhin erwachten die anderen aus ihren Schockzuständen und eilten zu uns und informierten schleunigst die Notärzte, die ursprünglich für umkippende Fans gedacht waren…Ja…so war es abgelaufen…naja fast…alles geschah in kürzester Zeit…so schnell…Am schlimmsten war aber der Schock… „Toshi?“ Ich wache aus meinen quälenden Gedanken auf und schaue in die Gesichter der anderen Bandmembers. Wir saßen noch vor dem Krankenhaus, aber ich hatte ihre Gespräche nicht mehr mitverfolgt. „Kyo kann morgen wieder in seine Wohnung, doch jemand sollte auf ihn aufpassen…Er sollte jetzt nicht alleine sein.“ „Und ich soll diese Aufgabe übernehmen?“ „Genau. Du bist eh öfters bei ihm und so können wir anderen, uns um die Presse und Interviews kümmern.“ Ich spüre schon Die´s genervte Blicke…Ihm gefällt das Ganze überhaupt nicht…aber…es ist zum Wohle Kyos… „Er wird das nicht wollen…Er mag es nicht, wenn jemand auf ihn aufpasst.“ „Ach bei dir wird er schon nicht so ein Theater machen. Du bist doch sein bester Freund! Er hat einen Monat Erholungsurlaub. In dieser Zeit kannst du ja zu ihm ziehen…wir wollen doch nicht, dass…er etwas Unüberlegtes macht…verstehst du? Wir werden euch so oft, wie nur möglich anrufen oder besuchen kommen.“ Eindringlich starren die anderen mich an…Sie haben wohl Angst, dass Kyo sich etwas antun könnte…Jetzt auf einmal!…Vorher war das nie ein Thema gewesen…Jetzt erst wird ihnen der ernst der Situation bewusst…genau wie mir. Wir hatten Kyo immer vertraut…doch jetzt… „Ok, ich mache es. Aber nur weil er es ist.“ „Danke…Weißt du, wir wissen nicht wie wir…mit dieser Situation umgehen sollen…“ „Ich auch nicht…“ … Ich auch nicht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)