Winter(alp)traum von chaoticgirl ================================================================================ Kapitel 1: Winter(alp)traum --------------------------- DING DONG Die Türklingel schallte durch das leere Haus und erstarb ungehört. Oder doch nicht? Eine junge Frau von etwa achtzehn, neunzehn Jahren erhob sich quälend langsam aus dem Sessel vor dem Kamin. Sehnsüchtig starrte sie auf die prasselnden Flammen, die das Wohnzimmer erwärmten. DINGDONG DING DONG0 Missmutig zog sie die dicke Strickjacke fest um sich und machte sich den Weg hinunter in den kälteren, unteren Bereich des Hauses, wo sich die Haustüre befand. Wehe es war nicht wichtig! Mit finsterer Miene öffnete sie die große Holztüre und ein Schwall eiskalter Luft empfing sie. Überrascht weiteten sich ihre Augen, als sie erkannte, wer da vor ihr stand. „Hi… Maria.“ Sie brauchte einen Moment, um sich zu fangen und ihre Stimme wieder zu finden. „Hallo, Phillip…“ Eine kleine, verlegene Pause entstand. Dann räusperte sie sich und fragte: „Lang nicht mehr gesehen… Was führt dich zu mir?“ Sie bemerkte, dass er nervös seine, vor Kälte geröteten Hände knetete. „Ja… lang ist’s her… Ich wollte nur… nur fragen, ob…“ Er schluckte und seine Finger verkrampften sich ineinander, als wollte er beten. „Würdest du vielleicht ein Stückchen mit mir spazieren gehen? Ich möchte etwas mit dir besprechen. Es würde auch nicht lang dauern!“, sprudelte es dann aus ihm heraus. Sie merkte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. „Hm… ja, gerne… ich… ich zieh mir nur schnell etwas an. Augenblick bitte.“ Sie schloss die Haustüre, bevor er antworten konnte und musste sich erst mal dagegen lehnen. Unfassbar! ER stand vor ihrer Tür und wollte mit ihr spazieren gehen! Derjenige, in den sie schon so lange heimlich verliebt war! Der aber nie Interesse an ihr gezeigt hatte! Sogar, als sie letztes Jahr die Schule beendet hatte und sie beide getrennte Wege gingen, hatte sie ihn nicht vergessen können. Sie versuchte ihre wackeligen Beine zu beruhigen. Dann holte sie ihren dicken Wintermantel und ihre Winterstiefel. Als sie ihre Strickjacke auszog, schoss ihr wieder das Blut ins Gesicht. O nein, er hatte sie in diesem hässlichen, alten Ding gesehen! Wie peinlich! Die Strickjacke wurde wütend auf den Boden gepfeffert. Als sie dann auch noch Schal und Handschuhe angezogen hatte, öffnete sie wieder die Tür. Ihre Befürchtungen hatten sich nicht bewahrheitet, es war kein Traum gewesen, er stand immer noch da und erwartete sie mit einem, nun sichereren Lächeln. Sie trat in die Eiseskälte hinaus und sie gingen los, nachdem sie die Haustür abgeschlossen hatte. Er lenkte seine Schritte in den nahe gelegenen Wald. Die Baumskelette streckten ihre nackten Äste dem verhangenen, grauen Himmel entgegen. Sie begegneten niemandem auf ihrem Weg. Als sie eine Weile schweigend einem kleinen Pfad gefolgt waren, spürte sie plötzlich, wie er nach ihrer Hand griff. Sie ließ es geschehen, dass er ihr zögernd den Handschuh auszog, ihn in seine Jackentasche steckte und ihre warme Hand in seine große, kühle nahm. Schließlich mündete der Pfad in einer kleinen Waldlichtung. Hier blieb er stehen, drehte sich zu ihr um und sie sah lange in seine geheimnisvollen grünen Augen, die sie schon immer fasziniert hatten. Dann endlich brach er das Schweigen. „Maria…“, krächzte er. Dann räusperte er sich, um den Hals frei zu bekommen. „Maria, ich hab dich aus einem bestimmten Grund gebeten, mit mir spazieren zu gehen…“ Sie spürte, wie er nervös ihre Hand drückte. Als sie den Druck erwiderte, wurde er mutiger. „Es ist nämlich so, dass… du mir in der Schule schon… aufgefallen bist und… ich wollte dich schon oft ansprechen, aber… ich hab mich nie getraut. Du hast immer so… so… unnahbar gewirkt. Ich hatte irgendwie das Gefühl… es… gar nicht wert zu sein… dich ansprechen zu dürfen. Deswegen habe ich dich immer nur heimlich beobachtet.“ Er schwieg verlegen und kaute unsicher auf seiner Unterlippe, ohne sie anzusehen. „Ich…“, begann sie leise, „ich hab mich auch schon lange… für dich interessiert.“ Zum dritten Mal schoss ihr das Blut ins Gesicht und sie sah ebenfalls zu Boden. „Wirklich?“ Freudiges Erstaunen klang in seiner Stimme mit. Sie spürte sein Blick auf ihrer Haut. Als sie nickte, fühlte sie etwas Kaltes auf ihrer Nasenspitze. Sie sah auf und bemerkte, dass es schneite. Ihre Blicke trafen sich und hielten sich fest. Die weißen Flocken verfingen sich in ihren Haaren und verblassten. Er ließ ihre Hand los und legte behutsam einen Arm um ihre Schultern, während er sie mit der anderen Hand sanft zu sich zog. Dann drückte er sie an sich. legte ihr die freie Hand auf ihre Wange du näherte sich langsam ihrem Gesicht. Sie schlossen die Augen und während der Schnee leise auf sie herabrieselte, schien es, als würden sie verschmelzen… Sie riss die Augen auf und fuhr hoch. Ihr Herz raste und ihr Gesicht glühte, während sie zu verstehen versuchte, was gerade passiert war. Dann erkannte sie, wo sie war. Sie löste ihre verkrampften Hände von ihrer Bettdecke und schob sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Einige Sekunden lang starrte sie wie hypnotisiert auf ihre Zimmerwand. Dann schloss sie die Augen und knurrte leise. „So ein bescheuerter Traum!“ Sie öffnete die Augen wieder und sah aus dem Fenster. Nicht eine Schneeflocke war zu entdecken… es regnete in Strömen. „Du meine Güte, so ein Kitsch hätt’s nun auch nicht sein müssen So würde ich es niemals haben wollen!“, sagte sie laut und entschlossen. Doch sie bemerkte nicht, wie sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel löste und still ihr Gesicht hinunter rann… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)