Fabulae vitae... von -_AliceCullen_- (Geschichten des Lebens...) ================================================================================ Kapitel 7: Der Innenhof ----------------------- Es war schon lange her, seitdem ich draußen in der Welt war. Im Jahre 1920 war ich mit einem Fieber umgekippt, als wir bei unserer Omama zur Besuch waren. Meine Eltern waren dann zu einem Arzt geeilt, da sie um mein Leben fürchteten. Es war gerade eine schreckliche Epidemie unterwegs, die meist mit einem harmlosen Fieber anfing. Der Arzt prognostizierte, dass ich nicht mehr als drei Jahre noch zu leben hatte. Er empfahl auch meinen Eltern, mich nicht mehr nach draußen zu lassen, da dies meine Gesundheit noch möglicherweise verschlechtern könnte, selbst wenn ich den Fieber überstanden hätte. Seitdem also saß ich hier an meinem Zimmerfenster mit Blick auf unser Innenhof. Es war immer wieder witzig mit anzusehen, was für Personen zu uns kamen. Zu Weihnachten immer besuchten uns die kleinen Kinder des Waisenhauses, die uns mit ihrem reinen Gesang erfreuten. Meine Geschwister spielten mit ihren Freunden, bis sie alle nach Hause mussten. Jeden Monat kam der Arzt zur Untersuchung zu uns. Er stellte zwar nie die weiteren Anzeichen dieser Epidemie fest, dennoch beunruhigte ihn meine Kraftlosigkeit. Ich war schon immer schwächlich gewesen. Dies hatte auch meine Mutter immer zu pflegen gesagt. Sie meinte auch einmal, dass der Mann, der mich eines Tages heiraten sollte, ein sehr gesunder und starker Mann sein müsste, damit ich sicher und geschützt leben könnte. Damals war ich rot geworden bei der Vorstellung, mit jemandem verheiratet zu sein. Dann war unsere Minna ins Zimmer gekommen und hatte eine Vase umgeworfen, weshalb sie wieder gescholten wurde. Ich hatte gekichert und ihr geholfen, die Scherben aufzuheben. Jetzt, in Rückblick auf diese Zeit, als es mir noch gut ging, machte es mich traurig, dass ich nicht mit meinen Geschwistern draußen spielen konnte, nicht mit den anderen Menschen da draußen kommunizieren konnte. Während in meinen Erinnerungen schwelgte, klopfte jemand an meiner Tür. „Herein...“ antwortete ich und sah unsere Minna eintreten. „Ich soll wie immer das Bett machen.“ entschuldigte sie sich und machte sich an ihre Arbeit. „Minna...?“ „Ja, Miss..?“ „Kann ich Sie um einen Gefallen bitten?“ fragte ich, mein Blick aus dem Fenster in die Ferne gerichtet. „Alles, was Ihnen beliebt..“ lächelte sie. „Nehmen Sie mich mit Ihnen nach draußen..-“ „Nein! Das könnte ich vor der Herrin nicht verantworten...“ sagte sie streng. „Aber... Es ist so lange her, seitdem ich die Sonne selbst auf meine Haut gespürt habe und der Wind in meinen Haaren gespielt hat... Denn das Fenster kann man nicht aufmachen und die Sonne scheint nie in mein Zimmer herein...“ überredete ich Minna. „Also... Ich weiß nicht...“ „Bitte...“ „Also... Na gut... Aber dann darf uns die Herrin nicht erwischen... Ja?“ fragte sie dann mit einem Lächeln im Gesicht. Ich grinste. „Ja!“ Am nächsten Tag kam Minna wieder zu mir ins Zimmer, um wie immer das Bett zu machen. Als sie gehen wollte, grinsten wir uns beide an und sie sah hinaus auf den Gang. Als sie sah, dass keiner da war, winkte sie mir, dass ich ihr folge. Es war anstrengend, aber ich habe mir Mut zugesprochen, dass dies alles für mein Wohlbefinden war. Es dauerte nicht lange, bis wir beide auf einem Weizenfeld standen. Es war ein sonniger Sommertag und es wehte eine schwache Brise. Ich schloss meine Augen, um alles noch intensiver wahrzunehmen. Die Vögel zwitscherten fröhlich, so als ob mich zu begrüßen. Die Brise flüsterte in meinen Ohren. Ich streckte meine Arme aus, damit die Wärme der gelben Sonne mich ganz einnehmen konnte. Ich sog die frische Luft tief in meine Lungen und stieß sie dann erfüllt aus. Aber dies war ein kleiner Fehler. Denn im nächsten Augenblick erlitt ich einen schrecklichen Hustenanfall. Meine Lungen waren es noch nicht gewohnt, frische Luft zu halten. Ich sank schließlich zu Boden, während Minna meine Arme hoch hielt. Mit mir im Arm eilte sie zu unserem Haus zurück, wo sie dann meine Mutter und meinen Vater alarmierte, die wiederum den Arzt anriefen. Während er meinen Puls maß und meinen Rachen untersuchte, standen meine Eltern bangend am Rand meines Bettes und hielten sich, wie schon das Schlimmste erwartend, in den Armen. Schließlich erhob sich der Doktor und wandte meinen Eltern das Gesicht zu: „Mr und Mrs Jenkins... Es scheint mir, als sei ihre Tochter wieder vollkommen gesund. Sie weißt keine Anzeichen irgendeiner Krankheit auf. Der Hustenanfall kam wahrscheinlich nur durch die frische Luft zustande. Ich glaube sogar soweit gehen zu dürfen, zu behaupten, dass sie eigentlich wieder ein ganz normales Leben führen kann.“ erklärte er meinen verwunderten Eltern, die ihn dann auch bald danach zur Tür begleiteten. Seitdem kann ich wieder mit meinen Geschwistern spielen und es gibt sogar jemanden, für den ich schwärme: der Sohn des Arztes, der bei den letzten Besuchen immer dabei war... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)