insane von Rici-chan (RenxHoro - Epilog online) ================================================================================ Prolog: -------- Prolog „Was hast du gemacht?“ Die Stimme erklang vorwurfsvoll und wütend. Die Person, die sie aussprach war nahe daran gewalttätig zu werden. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und sein ganzer Körper war angespannt. „Was sollten wir sonst tun? Du weist wie sie war!“ „Wegen wem ist sie so geworden, was denkst du wohl?“ Beide Personen sahen sich an. Allerdings waren sie am streiten und würden in diesem Punkt sicher auch keinen Kompromiss eingehen. „Ich hole sie jetzt zurück! Sie wird dort nur noch kränker!“ „Das wirst du nicht tun!“ Der Größere packte ihm am Arm, der andere riss sich los und versuchte auf den Größeren einzuprügeln. Sie hatten sich öfters bis auf das Blut bekämpft, beide trugen noch leichte Zeichen von anderen Auseinandersetzungen. „Lass mich los!“ Eine Frau kam aus dem Nebenzimmer, sie hatte das Geschrei gehört. „Was macht ihr da? Hört sofort auf!“ Doch beide hörten sie nicht. Der Größere ließ los und ließ dem anderen atmen. „Du verschlimmerst alles nur noch wenn du das machst!“ „Bist du dir da so sicher?“ Der Größere ging zu seiner Frau. „Ja, das bin ich.“ Die Leichtigkeit mit der er das sagte, und das er dazu seinem Sohn etwas verbot, brachte diesen dazu völlig auszurasten. „Ich werde gehen und du wirst mich nicht davon abhalten!“ Er sah rot, wie fast immer wenn er sich mit seinem Vater stritt. Am Ende sah er blutrot. +-+-+ Kapitel 1: ----------- Kapitel 1 //Was ist das den für eine Baracke?// Er stand vor dem großen Backsteingebäude, welches älter als die Zeit zu sein schien. Das Mauerwerk bröckelte fast, zudem erweckte es nicht gerade einen vertrauensvollen Eindruck. An der rechten Seite neben der Tür befand sich ein großes Schild, dessen Inschrift man nur noch erraten konnte. Aber jeder hier wusste, dass das ein Irrenhaus war. „Hallo, ich habe mich angemeldet.“ Die Frau an der Rezeption schaute auf. Sie schien abgekämpft und hätte mal wieder eine Mütze Schlaf von Nöten. Allerdings schien sie noch zu begreifen, wer vor ihr stand. „Ah, warten sie einen Moment.“ Sie kramte in ihren Unterlagen und gab dem blauhaarigen Jungen eine Karte. „Gehen sie zwei Gänge weiter, Ende des Korridors, wo ein Engel über dem Fenster ist.“ „Verstanden.“ Dieses Haus war wirklich komisch. Die ganzen Gänge verwirrten und an allen Ecken und Enden waren religiöse Symbole aller möglichen Religionen. Christentum, Buddhismus und Islam waren nur einige. Er fand besagtes Zimmer, über ihm der Erzengel Gabriel. Ein recht makaberer Geschmack. Innen fand er eine ebenso ältere und müde aussehende Dame. Sie war ebenfalls über einen Stapel von Papieren gebeugt. Ihre dicke Brille rutschte beinahe von ihrer Nase herunter und ihr Haar sah aus als müsste sie selbst eingewiesen werden, so wirr war es. Aber sie hatte ihn bemerkt. „Her Usui, setzen sie sich.“ Die strenge Stimme war die einer Lehrerin. Dennoch freundlich. Er setzte sich dennoch widerwillig, er hatte nicht umsonst Probleme mit autoritären Personen. „Wir haben ihren Antrag erhalten, dennoch können wir ihnen ihre Schwester nicht so einfach mitgeben.“ Kurz bevor er anfangen wollte zu protestieren, schnitt sie ihm das Wort ab. „Sie blieb sowieso freiwillig hier. Sie können sich gerne die Akte ansehen, was sie alles von sich gibt, sie ist gemeingefährlich.“ Sein Kiefer verkrampfte sich sichtlich, aber er blieb still, als er eine graue Akte bekam. Als er sie aufschlug, kam ihm sogleich ein großes Foto seiner Schwester entgegen. Und sie sah erbärmlich aus. Kurz bevor sein Vater sie kurzerhand hier her gebracht hatte war sie schon neben sich, aber in diesem Maße war sie wirklich furcht erregend. Er überflog die Angaben, vieles davon kannte er bereits. Die Reizbarkeit, die Selbstverletzungen, die Beschimpfungen anderer und sich selbst. Aber etwas war ihm neu. „Sie ist…?“ „Ja, wir haben es festgestellt, man sieht schon leichte Ansätze. Wer es war, wissen wir allerdings nicht.“ Er blieb still. „Kann ich wenigstens zu ihr?“ „Können sie, allerdings ist sie bei unseren schlimmsten Fällen untergebracht, seitdem sie einen Pfleger angriff.“ „Ich will sie sehen.“ Sie beobachtete ihn, doch er wich ihrem Blick nicht aus. „Ich rufe Karlos, er wird sie zu ihr bringen.“ +-+-+ Kapitel 2: ----------- Kapitel 2 Ein Fleischberg von einem Mann stand schließlich vor ihm, deutete mit einem nicken die Richtung an, in welche er dann auch ging. Der Junge hielt einen gebührenden Abstand zu diesem Kerl. Ansonsten würde er sicher von diesem Kerl getroffenen, oder von einen seiner Fettpolster. Zudem stank er erbärmlich nach Schweiß. Sie gingen eine ganze Weile, so lange das man fast ungeduldig wurde. Aber schließlich gingen sie eine Treppe hinab und in das Kellergeschoß. Der Bruder wurde wütend, wenn er sah wo seine Schwester untergebracht war. Unter der Erde war es feucht und die Luft roch nach so vielen Sachen, dass er drauf und dran war sich die Nase zuzuhalten. Dagegen war ja der Geruch des Fleischklopses vor ihm entzückend. Unter befand sich ebenfalls eine Anmeldung, bevor sich eine Reihe von Zellen stapelte. Man dachte, man ist in einem Gefängnis. Er gab seine Karte ab, bei einem älteren Mann der anscheinend kaum sehen konnte was er tat. Der blauhaarige Junge wurde richtig wütend, schließlich hatte sein Vater seine Schwester an so einem Ort gebracht! Schlimmer hätte es kaum kommen können. „Karlos geht mit, falls sie Probleme macht.“ „Das wird sie nicht.“ Er hatte Mühe seine Stimme ruhig klingen zu lassen. „Trotzdem.“ Ein Schloss würde geöffnet, dann kam er in dieses dunkle Reich. Ein Gestank von abgestandenen Wasser und Fäkalien kam ihm entgegen. Er biss sich auf die Unterlippe. Das man so was noch menschlich nennen konnte. Er erahnte nur die Gestalten hinter dem dämmrigen Licht, ignorierte das Gekicher und Gemurmel. Er dachte sogar eine Person zu sehen, die keine Arme mehr hatte und wirr seinen Kopf gegen die Wand schlug. In einer anderen Zelle befand sich auf jeden Fall eine Frau; sie stöhnte als würden es ihr mehrere Männer zugleich besorgen. Horo wollte nur hier raus. Der Fleischklops blieb ganz hinten stehen, deutete auf die letzte Zelle der linken Seite. Der blauhaarige Junge ging sofort dahin und nah an das Gitter heran. „Pilica?“ Er bekam keine Antwort, er sah nur eine Gestalt hinten in der Ecke sitzen, die Arme um die Beine geschlungen. Ihr Haar war wirr. Sie nahm ihn nicht wahr. „Pilica, ich bin’s, Horo!“ Immer noch keine Antwort. Er hörte den Fleischklops hinter sich grunzen. „Kann ich zu ihr?“, fragte er. Er bekam nur ein Kopfsschütteln. Da mischte sich jemand anderer ein. Horo konnte nicht sehen, welche Person sich hinter dem Fleischberg in der Zelle befand. Er war einfach viel zu breit, als das er etwas erkennen konnte. Aber die Stimme schien von einem Kind zu kommen, war es doch fast wie ein Kinderlied gesungen. >D - er Bruder kommt Mit Blut be - schmiert Hat blutrot gese - hen Kommt Schwesterlein be - suchen< Horo bekam eine Gänsehaut und seine Augen weiteten sich. Woher wusste er das? Ehe er sich weitere Gedanken machen konnte, merkte er ein Rascheln auf der Seite seiner Schwester. Sie sah von ihrem Knien auf und merkte anscheinend mit schreckgeweitetem Blick, welche Person vor ihr stand. „Horo?“ Ihr Stimme war kratzig, vom schreien oder vom langen nicht benutzen. Horo lächelte glücklich. „Ja, ich bin’s! Keine Angst, ich hol dich hier raus, Vater hat…-„ Er konnte nicht zu Ende reden, denn bei dem vorletzten Wort, fing sie auf einmal an zu schreien und hörte nicht wieder auf. Horo hielt sich die Ohren zu. Das war nun ganz und gar nicht gut. Er rüttelte an den Stäben, bis der Riese ihn wegzog. „Lassen sie mich los!“ Er hörte sein Geschrei neben Pilicas kreischen selbst nicht. Er wehrte sich gegen den Typen, tritt und schlug ihn – es war als würde er gegen einen großen Wasserballon kämpfen. Es brachte nichts. Er wurde am Kragen gepackt, dann hörte er das Geräusch von Schlüssel. Kurz danach wurde er in die Zelle neben dem unbekannten Sprecher gepackt. Noch bevor er sich von dem schmutzigen Boden aufrappelte, fiel die Tür ins Schloss und er war eingesperrt. Er rutschte fast wieder zur Tür, der Boden in dieser Zelle war nass. Er rüttelte daran, aber es brachte auch hier nichts. „Was soll das?“ Pilica schrie noch immer wie er hörte, allerdings war nun der Fleischberg bei ihr, hielt sie fest und schien etwas mit ihr zu machen was Horo nicht sehen konnte. „Lass sie gehen, Fettwanst!“ Das einzige was er aber bemerkte war, dass seine Schwester aufhörte mit schreien und röchelte, bis sie schließlich still war. Er hatte doch nicht…? Nein, sie lebte noch. Die Tür wurde erneut verschlossen, sodass Horo wieder seine Schwester sehen konnte, wenn auch nicht alles von ihr, aber sie atmete. Kur danach fand er die Direktorin vor sich, Gabriel, wie er sie im Geiste von jetzt ab nannte. Sie schaute auf das Ganze, räusperte sich und sprach ihren Text herunter. „Ihr Vater hatte uns gewarnt, dass sie kommen könnten. Und das sie ebenfalls gewalttätig sein werden. Deswegen werden sie von jetzt ab genauso zu unseren Patienten gehören. Unser Kätzchen hat zudem gemeint, das wenn es eine Heilung für ihre Schwester gibt, sie in unmittelbarer Nähe sein müssen.“ Horo fragte nicht nach, wer Kätzchen war, aber er wusste eins; er war stinksauer. Er wurde dann aber alleine gelassen. Bei seiner verrückten Schwester, von den Irren die grölten wegen dem Frischfleisch, und einem verrückten kleinen Knirps, der mehr wusste als gesund für ihn war. Wie sollte er da nicht durchdrehen? +-+-+ Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Nun saß er hier, auf dem nassen Boden, die Arme um die Beine geschlungen. Es musste inzwischen Mittag sein. Unter der Erde in einer Zelle, wie konnte man da die Zeit abschätzen? Wenigstens hatte er einen kühlen Kopf bekommen. Er wollte hier heraus, das war klar. Und er wollte seine Schwester mitnehmen, die noch immer bewusstlos am Boden des fast gegenüberliegenden Gefängnisses war. Er ahnte was mit ihr war. Aber er ahnte es auch nur. Aber das schlimmste war ja; wie sollte er hier heraus kommen? Wenn dieser blöde fette Idiot das Essen ausgab, würde er es nie schaffen. Alleine schon gar nicht. Aber er bezweifelte, das einer der schwersten Fälle hier unten ihm irgendeine Hilfe sein würden. Außer vielleicht die Person, die rechts neben ihm saß. Diese wusste anscheinend, was er getan hatte. Die letzten Stunden war von diesem Platz aus kein Laut entwichen, es schien als atmete dort nicht einmal jemand. Dennoch fühlte Horo es so, als wenn sich dort eine Präsens befände. Er musste warten. Überstürztes handeln wirkte sich im Moment nur negativ aus. Da geschah dann zum ersten Mal etwas Erfreuliches. Seine Schwester regte sich und stöhnte leise, krabbelte und saß dann auf den Knien am Gitter. Sie blinzelte wie verwirrt, als würde sie sich an einem unbekannten Ort wieder finden. Dabei war sie schon mehr als 2 Wochen hier. Horo stützte sich sofort auf und rüttelte an seinen eigenen Gitterstäben. „Pilica!“ Diesmal erkannte sie ihn. „Nii-san?“ Horo lächelte zum ersten Mal richtig. Kurz durchzuckte ihn die Angst, das die Stimme erneu etwas sagen würde, aber sie blieb still. Pilica lächelte. Wurde dann ängstlich. „Nii-chan, wie bin ich hier her gekommen, was machst du hier, was…?“ Sie fasste sich überrascht an den Bauch. Ihre Augen weiteten sich. „Was…?“ Horo ahnte was passieren würde. „Heh, ganz ruhig, Pilica, sieh mich an, heh, sieh mich an!“ Sie tat es, wenn auch zögerlich. Ihre dunklen Ringe unter den Augen gaben ihr einen noch wirreren Eindruck als sie ohnehin schon wirkte. „Mach dir keine Gedanken, bitte, ich hol uns schon hier raus, keine Angst, OK?“ Bei seiner Schwester war er ein ganz anderer. Dort war er der große liebe Bruder. Sie nickte, wenn auch etwas zögerlich. Dann klingelte es. Eine kleine Glocke, es war fast als wäre es Stundenbeginn in der Schule. Ein älterer Herr, mit wie es schien ewig weißen Bart, klopfte an den Stäben und rief: „Fressenszeit!“ Horo schnaubte. Tolle Aussichten. Aber die anderen Menschen, wenn man sie überhaupt noch so nennen konnte, schienen wirklich bereit zu fressen. Der Typ gab kaum welchen Tellern oder gar Besteck, manchen schmiss er einfach ein Stück Fleisch an die Gitterstäbe, man hörte schon die schmatzenden Geräusche. Nur 2 Teller blieben am Ende übrig. Was nicht ganz passte. Sowohl Horo oder Pilica wurden 2 Teller wässriges Etwas zugeschoben, während der Mann am Ende mit seinen Schlüsseln rumsuchte. In ihren Schüsseln war so wenig Inhalt, und die Teller so niedrig, dass man sie unter die kleine Lücke der Zellentür schieben konnte. Man brauchte keine Tür zu öffnen. Horo schaute genau zu, als zittrige Hände an den bronzenen Schlüsseln rumfummelten, einer schien anders zu sein als der andere, ohne System. Einige der Schlüssel waren groß und klobig, andere winzig, dabei sahen die Schlüssellöcher alle gleich aus! Für die Tür seines anscheinend unsichtbaren Nachbarn war ein silberner Schlüssel vorgesehen. Es machte ein kleines klickendes Geräusch, und die Tür öffnete sich ohne ein Quietschen. Der Typ kramte eine Art Halsband heraus, abgeschabtes Leder. Im Moment war das ganze sogar interessanter als seine Schwester. Man hörte nur die Schritte des Mannes. Horo sah durch seinen Blickwinkel auch nur jenen. Er sah schlohweiße Haut, genauer gesagt nur die weiße Haut der kleinen Füße der Person. Der Rest wurde durch die viel zu weiten Klamotten des Typen verdeckt. Horo konnte nur die restlichen Maße erahnen. Pilica aber sah sie ganz. Sie guckte mit runden Augen zu, hatte ihre Suppe noch nicht angerührt. Die Tür wurde geschlossen, die Schlüssel klapperten, aber abermals hörte man nichts von der Person. Als sie ein paar Schritte gegangen waren, konnte Horo die vollkommen schwarzen Sachen erkennen, die sich an die weiße Haut schmiegten. Und die schwarzen Haare, die sogar in diesem dämmrigen Licht leuchteten. Kurz gesagt war es, er oder sie, für Horo das schönste Wesen was er jemals sah. Er sah den Beiden hinterher, der deutlich Jüngere, so schien es, wurde an dem Halsband geführt. Keiner der Gestalten in den anderen Käfigen machte irgendeine Regung, als er vorbeilief. Als hätten sie Angst. Als außer seiner Sichtweite war, atmete Horo auf. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte. Er war vollkommen von den Socken, er fühlte sich wie nach einem Rausch. „Was war das?“, fragte er zu keinem bestimmten. Aber seine Schwester antwortete. „Er ist verflucht… und einsam…“ Horo sah zu seiner Schwester, sie wirkte ernst, gar nicht mehr verwirrt, sich dem Augenblick bewusst. Aber ihr Bruder konnte dazu nichts sagen. Wie konnte ein so reines Wesen verflucht sein? Sein knurrender Magen machte ihm eine andere Sache wieder gewahr. Er hatte Hunger, und das Essen würde wohl kaum langen das er überhaupt satt werden würde. Er schlürfte die Suppe aus, was mit kaum mehr als 2 Schlucken getan war. Wenn sie hier auch keine andere Art von Essen oder Hygiene zu sehen bekamen, würde er wahrscheinlich noch schlimmer als seine Schwester enden. Wenn man bei sich war, waren Hunger und Durst noch schlimmer. Aber er wusste auch etwas anderes, als das er hier raus wollte. Er wollte, wenn die Person wiederkam, mit ihr reden, und ihr Gesicht sehen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie die Züge sein könnten. Sie mussten unheimlich rein sein. Und wenn die Person lächelte musste man sie im Himmel auf Erden fühlen. +-+-+ Kapitel 4: ----------- Kapitel 4 Er und seine Schwester aßen beide von dem wässrigen Etwas, was ihr Essen darstellte. Danach fühlte Horo sich müde und lehnte sich an dem dreckigen Gitter an. Seine Sachen waren sowieso dreckig, und nass. Seine Schwester drehte den Teller in den Händen, als sehe sie dies zum ersten Mal in ihrem Leben. Horo sah in ihre Richtung, kurz auf ihren Bauch und dann wieder weg. Er wollte sie nicht extra darauf aufmerksam machen. Man sah bereits eine kleine Wölbung, aber von wem es wohl war? Und wie lange würde es noch dauern? Allerdings bezweifelte er, das es so überleben würde, bei den Mahlzeiten… Er biss sich auf die Unterlippe. Sein dreckiger Vater! Hat geahnt, dass er seiner Schwester folgen würde. So ein verdammtes Dreckschwein… Aber da wurde ihm schon schwummrig vor den Augen. Hatten die ihm etwa etwas ins Essen getan? Höchstwahrscheinlich. Er kippte zur Seite weg. Wie schlimmer konnte es den noch kommen? Es konnte noch viel schlimmer werden. Er wachte auf, fand sich angekettet in einem ihm unbekannten Raum wieder. Er sah erst nur verschwommen, danach wurden ihm die Geräte an der Wand erkennbar. Lauter Folterinstrumente. Horo kannte sich nicht aus, allerdings bekam er alleine bei dem Anblick eine Gänsehaut. Aus dem Schatten heraus trat die ältere Dame, die hier das sagen hatte. „So... wollen wir mit der Therapie beginnen?“ Horo schluckte. Die Dame warf ihre Aufmerksamkeit dann auf eine andere Person. Die sich hinter dem Ainu befand. Die Stimme war weich und tief. Einschmeichelnd, dennoch kühl und sachlich. „Er hat zwei Menschen umgebracht. In Wut. Ansonsten liebt er seine Schwester.“ Horo zuckte und erstarrte dann. Wie konnte er das wissen? Aber bei so einer Stimme konnte man nicht nachfragen. Die Dame schien zufrieden. „Danke, Ren. Ich bewundere deine Gabe immer wieder.“ „Gern geschehen.“ Horo drehte den Kopf, sah allerdings nur den breiten Stuhl an der er gefesselt war. Er konnte den Kopf auch nicht ganz drehen. Er wollte das Gesicht sehen! Dieses Verlangen setzte kurzzeitig sein anderes Denken aus. Allerdings war es ihm nicht vergönnt. Die Dame kicherte nur und nahm eine kleine Peitsche zur Hand. Damit drehte sie Horos Gesicht wieder zu sich, indem sie ihm diese an die Wange legte. „Da will wohl einer meinen Schatz sehen? Na, na, na. Wenn du brav bist erlaube ich dir vielleicht einen Blick. Aber vorerst: Sag, das dir die Morde leid tun.“ War das alles was er tun musste? Sagen das es ihm Leid tat? „Es tut mit leid.“ Daraufhin knallte es und er bekam eine gescheuert. „So nicht! Das muss mit Reue und Gefühl sein. Ren, erinnern ihn an die Tat, sei ein guter Junge.“ Er wollte ihn sehen! Aber er hörte nur die weiche Stimme, die eine so schreckliche Tat wiedergab. „Blut und Gehirnfetzen liefen an der Wand herunter. Die männliche Person zuckte im Stand noch, kippte dann vorneweg und goss einen Schwall Blut über ihn. Die Frau kreischte, wollte fliehen, er schoss ihr in den Rücken. Bei Beiden bildeten sich Pfützen des Blutes auf dem Boden, ein salziger Geruch erfüllte die Luft, während Qualm aus der Pistole kam.“ Horo schluckte. Woher wusste er das? „Na, sie einer an. Wenigstens sind sie schnell gestorben. Bereust du es?“ Er sah trotzig hinauf. „Nein.“ Was würde bereuen den an seiner Tat ändern? Gar nichts. Daraufhin bekam er erneut einen Schlag. Sie grinste dreckig. „Das wird sich schon noch ändern.“ Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Aber er fühlte sich fürchterlich. Selbst seine Eingeweide schienen zu schmerzen. Er wusste nur, dass jedes Körperteil wund zu sein schien. Diese Frau kannte kein Erbarmen. Aber die Person hinter ihm blieb weiter still. Inzwischen fühlte Horo sich nicht mehr wie im Rausch wenn er an dessen Nähe dachte. Die Frau atmete schwer und hielt nur den Holzstab in der Hand, welchen sie zuletzt benutzt hatte. Anscheinend ging ihr die Puste aus. Das stahl Horo ein leichtes Lächeln auf die Lippen. Sie musste nur lachen. „Ein Dickschädel, was? Warts nur ab. Ren!“ Der Befehl ließ keine Widerrede zu. Horo horchte auf, auch wenn selbst dieses leichte bewegen schmerzte. Konnte er ihn jetzt endlich sehen? Doch das wurde ihm verwehrt. Er spürte glatte seidige Haut an seiner geschwollenen Wange, an der rechten und der linken. Aber sie schien fast zu heilen, da die Berührung nicht schmerzte. Und Horo hielt die Luft an. Und schloss die Augen um sich auf das Gefühl zu konzentrieren. Daher merkte er nicht wie sich das Grinsen der Dame zu einer hässlichen Fratze verzog. Aber das Gefühl war nur zu kurz um war zu sein. Er spürte diese weiche Haut nicht mehr. Dafür war es ihm, als würde er eine Stimme in seinem Kopf hören. Er merkte nichts von seiner Umwelt, jedenfalls für eine Sekunde. Er merkte, dass die Frau etwas sprach als er die Augen öffnete, aber für eine Sekunde hatte er diese wie durch Watte vernommen. Er hatte nur einen Stich im Herzen gespürt. Was bedeutete das? Nun vernahm er aber eine zornige Stimme sehr deutlich. „Nichts? Du willst mir sagen er hat nichts weiter getan? Er muss doch auf irgendeine weise krank sein!“ Kein Ton folgte, nur der Laut eines Schlages. Und ein Wimmern. „Los, bring ihn ins Zimmer zurück! Ich habe dir gesagt was passiert, wenn du nicht gehorchst!“ Horo wollte aber nicht, das er ging! Er hatte sehr wohl noch weitere schlimme Dinge getan, wieso sagte das diese Person dann nicht? Aber seine Gedanken wurden unterbrochen, als ihn erneut ein Schlag traf. Daraufhin bekam er einen vernichtenden Blick. „Du wirst schon noch plaudern.“ Horo war sich da allerdings nicht so sicher. +-+-+ Kapitel 5: ----------- Kapitel 5 Er stöhnte leise, als er auf dem Rücken in seiner Zelle landete. Wegen den Schmerzen konnte er sogar kaum atmen. Diese Frau kannte ihr Handwerk. Der Fettwanst schloss die Tür und ging einen Schritt weiter. Ein besonders grässliches Grinsen zog durch sein Gesicht. „Na? Darf ich den Liebling bestrafen?“ Allerdings kam er nicht mehr dazu. Er schreckte auf einmal zurück, stolperte fast über seine eigenen Füße. „Sieh mich nicht so an!“ Horo schleppte sich an die Gitterstäbe, und sah nun wie angstverzerrt das Gesicht war. Und in seinem eigenen Kopf explodierte ebenfalls so plötzlich ein Schmerz, dass er aufschreien musste. Das waren keine normalen Kopfschmerzen, es fühlte sich an als würde man sein Gehirn zerquetschen. Und nicht nur ihm ging es so. Alle aus dem Kerker stimmten in seinen Schmerzenslaut ein; Der Einarmige, die Nymphe, seine Schwester und selbst der fette Kerl. Dann hörte es auf. „Das werde ich erzählen! Wagst du es? Spinnst du? Sieh dich an! Ohne die Pillen stirbst du!“ Dann sprach diese Person aber mit einer völlig anderen Stimme. Sie war dunkel und rau, tief grollend, wie die einer alten Person. Und sie enthielt so viel Autorität, dass man sich am liebsten sofort ducken wollte. Sie schallte an den Wänden wieder, sodass jeder sie vernahm. „Wage es, es ihr zu erzählen, und deine schlimmsten Alpträume werden wahr!“ Aber selbst diese Stimme fand Horo noch schön. Der Kerl schob seinen fetten Hintern aus seinem Gesichtsfeld, bis er schließlich die Treppe hoch rutschte. Dann war er weg. Und sie alleine. Seine Zellengenossen kannten das anscheinend, aber sie wimmerten noch immer. Pilica rappelte sich auf, kroch zu den Gitterstäben und lugte durch sie hindurch. „Tut’s sehr weh, Ren?“ Hieß das, er war verletzt? Seine eigenen Verletzungen waren im Moment egal, als er hörte wie es ihm anscheinend ging. „Pilica? Wie geht es…?“ Er wusste ja noch immer nicht ob männlich oder weiblich. „Ihm geht es schlecht, er ist verletzt und schwach. Hörst du ihn nicht?“ „Hören?“ Er lauschte. Allerdings hörte er nur rascheln, atmen, keine weitere Stimme. Er schüttelte den Kopf. Sie legte fragend den Kopf schief. „Komisch.“ „Na ja… ich versuche zu schlafen, tu das auch, OK?“ Nach seiner inneren Uhr musste es schon spät nachts sein. Und er war auch so kaputt. Er legte sich auf die kalten Steine, und war wirklich schnell eingeschlafen, was wohl mehr an der Erschöpfung als an der Umgebung lag. Das seine Schwester leise vor sich hinsummte tat sein übriges. Im Traum erschien es ihm, als höre er etwas. Er dachte erst er wäre wach, aber als er diese weiße Gestalt, es war ja ein er, er wusste es nun, vor dem Käfig seiner Schwester hockte. Er sah abermals nur die schwarzen Haare, die weiße Kleidung, allerdings mit einigen roten Flecken. Und er hatte die Hand auf den Bauch seiner Schwester gelegt. Sie schlief, murmelte etwas im Schlaf. Er tat ihr nicht weh, das spürte er. Dann verschwamm das Bild schon wieder. Eine süße Stimme schien direkt in sein Ohr zu murmeln, zu süß als das man nicht wieder hinweg gleiten konnte. „Schlaf, schlaf. Werde gesund, ich brauche deine Hilfe bald. Werde gesund. Und kümmere dich um deine Schwester.“ Er glitt abermals in den Schlaf. Es war fast so, als wäre noch jemand bei ihm. Eine Wärme neben sich, ein süßlicher Geruch in seiner Nase, die weichen Federn eines Bettes… Als er wieder aufwachte, traf in die Realität, allerdings ohne Schmerz. Er sah seine Hände an, und staunte. Er hatte keine einzige Wunde mehr. Dafür nur ein winziges schmerzhaftes Pochen im Kopf, wie von einer Nadel. Seine Schwester schlief noch. Aber andere waren anscheinend noch oder schon wach. Er wusste nicht wie spät es war, drang hierher doch kein einziger Sonnenstrahl. Er fühlte sich gesund und stand auf. Er fühlte sich so stark, dass er die Gitterstäbe hätte zerbrechen können. Aber natürlich tat er das nicht. Er besah sich seine Lage noch einmal. Es war Unglaubliches hier geschehen, Verrücktes. Entweder wurde er selber wahnsinnig, oder es passierten hier wirklich Dinge. Sein Blick blieb auf seiner Schwester hängen. Die Arme trug wirklich ein Kind aus. Allerdings war er sich nicht sicher, in welchen Monat sie war. Sah man ihren Bauch nicht schon deutlicher als erst gestern? Oder hatte er zu lange geschlafen? Er sah sich in seinem Raum um, und entdeckte, wie verwüstet dieser war. Kratzer an den Wänden, an einigen Stellen sah es so aus als wäre etwas dran gedonnert. Er konnte sich nicht erinnern, dass das vorher schon so war. Wurde er wirklich verrückt? Und hatte gerade einen klaren Moment? Dann hörte er ein lachen das seine Gedanken unterbrach. „Na, wach kleiner?“ Der alte Typ mal wieder. Heute schien er das Essen auszuteilen. „Warst ja lange weg. Mal einen klaren Moment? Du hast die letzten zwei Monate nur rum geschrieen als hätte ich dich etwas gebissen. Gesund?“ Er lächelte sein zahnloses Lächeln. Allerdings wirkte es nicht so freundlich wie es scheinen sollte. „Scheint so…“ Was sollte er anderes sagen? Hatte er wirklich zwei Monate lang geschlafen? Ihm wurde schlecht bei den Gedanken. Das Essen wurde ausgeteilt, nur Horo merkte das nicht wirklich. Erst, als sein geheimnisvoller Nachbar nichts bekam. „Bekommt Ren nichts?“ Der Alte erstarrte und lachte dann. „Ne, bei der Arbeit isst der nichts. Du siehst das nicht, er ist hier vorne beim Neuen. Der alte Kasper ist gestorben, dafür haben wir jetzt einen verstümmelten. Willst gucken?“ Er deutete in die Richtung, und eigentlich hätte Horo nichts aus der Bahn mehr bringen können. Er war verrückt, seine Schwester schwanger und er hatte zwei Monate verschlafen. Aber die Gegensätze die er sah waren zu krass. Ren hatte noch immer weiße, wenn auch nicht rein weiße Sachen an. Er kniete vor einem der Gitterstäbe. Seine Handflächen gingen durch diese und berührten die Haut einer unsagbar hässlichen Kreatur. Sie schien nicht menschlich zu sein, sie glich einem Skelett, welches verbrannte schwarze Haut trug. Allerdings schien sie nicht zu stinken. Jedenfalls nicht mehr als die anderen. Ren hatte anscheinend den Kopf an die Gitterstäbe gelehnt. Nun sah Horo erst, das der Schwarzhaarige mal wieder angekettet war. Wie herzlos. Aber was machte er da? Die Kreatur bewegte sich nicht, war still wie die Wände um sie. Als Ren sich aber löste zappelte sie, klapperte mit den Zähnen. Die schöne Gestalt dagegen hielt sich an den Stäben erneut fest, nun bemerkte auch Horo das er schwer atmete und schwitzte. Er konnte aber nicht von seinem Platz weg, da sein Halsband ihn an der Stelle hielt. Horo schluckte. Er wollte Ren bei sich hier haben, und nicht dort bei dieser Gestalt. Der alte Mann, der seinen Gesichtsaudruck sah und sein bleiches Gesicht, lachten abermals. „Was hast du denn? Noch nie jemand Verbrannten gesehen? Der Arme. Und Ren wird mal wieder dessen Schuld auf sich laden. Er hatte übrigens nur erzählt, dass du deine Eltern umgebracht hast. Nichts weiter?“ Er schien wirklich neugierig zu sein. Horo wollte das Thema allerdings nicht ansprechen. Für ihn, der die letzten Monate im Schlaf erlebte, war es noch keine Woche her. „Sag mal, wirklich nicht? Die anderen haben alle so viele Sünden, das Ren fast Blut heult. Nachdem er aber bei dir war, warst du…“ „Aufhören!“ Horo hob den Kopf. Diese Stimme konnte er ja nicht vergessen. Wie auch. Er spürte zwar keine Schmerzen mehr, aber er konnte sich nur gut an die Verletzungen erinnern, die sie ihm zugefügt hatte. Die Frau stampfte herein, allerdings schien sie wie vor Stress gealtert zu sein. Sie schnaufte und gab Ren im vorbeigehen einen klaps auf den Hinterkopf. Von nahem sah Horo, das sie mindestens 20 Jahre gealtert zu sein schien. „Was erzählst du ihm da? Kannst du nicht dein Maul halten, Herbert?“ Der Alte gluckste, wusste er doch aber, dass sie ihm nichts tun würde. Horo sah nur von einem zum anderen. Wie ein altes Ehepaar. „Wie dem auch sei, Ren, bist du fertig?“ Er saß inzwischen nur noch, weil das Halsband ihn so nah an den Gitterstäben hielt. Er atmete röchelnd, dann erleichtert, als er freikam. Oder wenigstens nicht mehr erwürgt wurde. Die Gestalt in der Zelle klapperte wieder mit den Zähnen als würde es frieren. Horo sah dem Schauspiel abermals zu. Wie konnte sie ihm das nur antun? Er schien seinen Glanz verloren zu haben. Aber nicht die Anziehung auf ihn. Er wurde förmlich zurückgezogen, sodass Horo als er vorbeikam kurz einen Blick auf sein Seitenprofil bekam. Er war schrecklich dünn, und seine haut nun ungesund bleich, nicht weiß. Seine schwarzen Haare waren Dreck verfilzt, es schien als hätte er lange keine Badewanne gesehen. Aber was dachte er da? Er musste selbst ja höchstens einen Eimer Wasser abbekommen haben. Dann machte es klick und Ren war wieder eingesperrt. Allerdings schien diese Frau nun einen anderen kühlen Blick zu erwidern. Pilica war in der Zeit aufgewacht und sah fast zornig zu. Nun zischte sie, als wäre sie eine Schlange. Die Dame zog die Augenbraue hoch. „Siebter Monat, was? Ein Wunder das die Missgeburt noch lebt. Aber das Ding wird eh sterben, hier unten. Wir kümmern uns um keine Bälger.“ Horo knurrte ebenfalls. Er wusste, dass sie zu ihnen schrecklich unmenschlich waren, aber zu Babys? Solche Unmenschen. Sie mussten schnell hier raus. Und er hatte das gute Gefühl das Ren ihnen dabei helfen würde. +-+-+ Kapitel 6: ----------- Kapitel 6 Es war still. Die Dame und ihr Helfer waren gegangen. Die Gefangenen haben ihr Mahl bekommen und mussten sich dann wieder selbst beschäftigen. Der Verbrannte klapperte mit den Gliedern, die Nymphe stöhnte sich einen ab. Pilica hatte wider erwarten keinen Anfall bekommen, nachdem kurz vorher doch über ihr ungeborenes Kind geredet wurde. Horo knirschte mit den Zähnen. Egal ob verrückt oder nicht, hier zu leben war menschenunwürdig. Zudem sollte doch kein unschuldiges Kind missbraucht werden. Oder getötet. Obwohl er sicher war, das Pilica ihr Kind niemals richtig erziehen würde können. Sie war zu jung. Er lehnte sich an die Wand, die die gleiche Barriere für ihn zu Ren war, wie für Ren zu ihm. Er fühlte sich ihm auf einem mal näher, als wäre er genau auf der gegenüberliegenden Seite der Wand. Ihm war so schon körperlich kalt, das er anscheinend 2 Monate verschlief, in einem ihm unerklärlichen Zustand, ließ ihn erneut erzittern. Wie konnte er sie so hier heraus bringen? Vielleicht wurde er doch verrückt. Oder sie hatten ihm etwas eingeflößt. Weshalb aber wenn? Sie wusste doch längst was er getan hatte, durch Ren. Er hatte seine Eltern umgebracht, das war Sünde genug. Seine Mutter mehr aus Reflex, seinen Vater aus Wut. Er konnte aber keine Reue oder Traurigkeit empfinden. Für die anderen war die Tat schon lange her, für ihn gerade einmal ein paar Tage. Allerdings half ihm seine Gesellschaft auch nicht gerade. Es wurde in den Zellen weiter geklappert und gegen die Wände geklopft. Wie konnte da ein normaler Mensch nicht verrückt werden? Würde ihm überhaupt jemand glauben wenn er draußen war? Er würde diesen Laden schließen lassen, aber niemand glaubte jemanden der in so einer Anstalt war. Würde er ja selbst nicht. Wenn er bedachte, das seine Schwester eines Tages einfach nur komisch wurde. Wie hätte er ahnen können, dass sie verrückt wurde? Er hatte inzwischen einen Ahnung, weshalb sie so wurde: Kreischend bei bekannten Namen, verwirrt, die Schwangerschaft nicht bemerkend oder bemerken wollend. Ihm wurde übel bei dem Gedanken, wer der Vater sein könnte. Ihm wurde noch kälter, und er fröstelte. Wieso war er hier so alleine? Es war eine Qual, mit niemanden ein ordentliches Gespräch zu führen, auf sich gestellt zu sein. Alles in allem fühlte er sich unbeschreibbar einsam. Da vernahm er erneut die süße kleine Stimme, welche ihm schon andere Sachen zu geflüstert hatte. „Na? Schon Ideen wie du hier heraus kommen willst?“ Horo erstarrte augenblicklich. Hatte Ren seine Gedanken gelesen? Hinzu waren die Worte so leise, als würden sie eher gedacht, als gesprochen sein. „Nicht wirklich…“ „Ich aber. Dazu brauche ich deine Hilfe.“ Horo erinnerte sich an seinen Traum. War er doch Realität gewesen? Würde er ihm helfen, dass sie alle 3 nach draußen kommen würden? Er konnte es fast nicht glauben. „Und wie machen wir das?“ „Das wirst du schon noch sehen, sowohl ich als auch du müssen sich ausruhen. Zudem wird das Kind deiner Schwester bald geboren werden, da brauchst du deine Kraft.“ „Woher weist du das alles?“ „Ich weis es halt.“ Die Stimme klang so resolut, das er da nicht widersprechen konnte. Allerdings wollte er weiter diese Stimme hören. Sie vernebelte seine Welt und schloss alles Schlechte aus, machte es ihm sogar schwer sich zu konzentrieren. Merkwürdigerweise erinnerte er sich aber an jedes Wort, und welchen Klang jeder Buchstabe bei ihm hatte. Könnte er doch nur sein Gesicht sehen, oder ihm im Arm halten. „Das wirst du bald…“ Die Stimme war so leise, aber dann auch wieder so deutlich. Seine Augenlider wurden erneut schwer, er nickte weg. Erneut spürte er eine Wärme bei sich, zu real für einen Traum, zu undeutlich für die Wirklichkeit. Doch aber so unendlich schön, dass er erneut nicht aufwachen wollte. +-+-+ Kapitel 7: ----------- Kapitel 7 Als er wieder aufwachen wollte, waren seine Augenlider so schwer, dass er sie nicht zu öffnen vermochte. Erst nach mehreren Versuchen gelang es ihm. Er fühlte sich noch schwer, wie aus einem langen Traum erwacht. Seine Umgebung erschien verschwommen und unreal. Zudem hörte er ein leises Tropfen, als wäre er in der Nähe eines Flusses. Seine Gedanken klärten sich erst langsam und zäh. Erst nach einer unbestimmten Zeit war er in der Lage die Augen zu öffnen und gleichzeitig seine Umgebung richtig wahrzunehmen. Den kalten Steinfußboden, die Kratzer an den Wänden, das dunkle Zwielicht. Die Geräusche, das rasselnde Atem. Trotz allem fühlte er sich als wäre er schon ewig hier. Er schien gar keinen eigenen Körper zu haben. Anfangs reagierte kein Muskel auf seine stummen Befehle, sein Mund war so trocken, das er sich gleich erinnerte wie sich Durst anfühlte. Und Hunger. Es war komisch, hatte er schon immer aus so vielen Teilen bestanden? Als hätte sein Geist kurzzeitig seinen Körper verlassen und wäre falsch wieder heimgekehrt. Aber er musste aufwachen und aufstehen. Er konnte sich noch nicht daran erinnern warum, aber es war wichtig. Trotz seiner Mühen stand er in großer Versuchung wieder dahin zu kehren wo er her kam. Aber es widerstrebte ihn, und schließlich schloss er seine Hand zu einer Faust zusammen. Die Geräusche um ihn wurden wieder undeutlicher, weil er sich konzentrierte. Nach einer Weile konnte er die Arme bewegen. Dann waren die Füße dran. Auch sie zuckten. Sein ganzer Körper wusste anscheinend wie er zu funktionieren hatte. Dann stand er schließlich zitternd. Und in sein Blickfeld rückte nun eine junge Frau, blaue Haare umrandeten ihr Gesicht, das abgespannt wirkte. Kein Wunder, sah Horo jetzt, sie trug ein Baby aus. Allerdings musste sie es bald gebären, ihr Bauch wölbte sich so stark, das sie leicht nach vorn gebückt dasaß. Und da erinnerte er sich. Und erschreckte, als er ein Messer in ihrer Hand sah. „Nein!“ Seine Stimme war trotz das er sie lange nicht gebrauchte kräftig. Sein Schrei hallte wider, und die anderen Monster in den Käfigen johlten, als ahnten sie was passieren würde. Aber seine Schwester hörte nicht. Oder schien es nicht wahrzunehmen. Ihr Gesicht war von Tränen benetzt, ihr Blick glasig. Aber Horo konnte ihr wispern bis zu seiner Zelle hören. „Baby… mein Baby…“ Mit diesen Worten stach sie sich in den Bauch. Erst da bemerkte er die Flüssigkeit zu ihren Füßen. Die Fruchtblase war bereits geplatzt. Wie lange war sie schon in dieser Verfassung? Sie brauchte dringend Hilfe. Er schrie man möge einen Arzt holen, er warf sich gegen die Gitter, die dadurch nur noch mehr Krach erzeugten. Dabei wurde die leuchtende Pfütze zu Füßen seiner Schwester immer größer. Er spürte nun selbst, dass er weinte. Er war hergekommen um sich zu retten, nicht um den Tod eines weiteren Familienmitglieds mit anzusehen. „Beruhige dich.“ Die Stimme, beruhigend und samtweich, ließ sein Zittern aufhören, wenn auch nur für einige Herzschläge. Er musste ja trotzdem etwas tun! Sie dürften keine Zeit verlieren! Da klackerte es. Wie als wenn ein Schlüssel in ein passendes Schloss landete. Er sah ein paar Zentimeter nach unten und fand einen bronzenen Schlüssel in dem Schloss seiner Tür wieder. Sofort zwängte er die Finger soweit durch die Gitter, das er diese umdrehte und aus dem engen Raum konnte. Er steckte ihn ab und hetzte die zwei Schritte zu seiner Schwester. Nun hatte er ein ganzes Bündel von Schlüsseln in der Hand, die unweigerlich klirrten. „Welcher ist es, verdammt?“ „Der rötliche, mit der Spitze.“ Als hätte er diesen schon vorher gesehen, wusste er sofort welcher gemeint war. Der dunkelrote Schlüssel glänzte in seiner Hand wie das Blut, das sich vor ihm ausbreitete. Er merkte nicht einmal, dass er noch immer weinte. Er kniete zu seiner Schwester hernieder, die fast bewusstlos war. „Pilica, Pilica!“ „Versuche das Baby zu retten!“ „Hilf mir doch jemand! Ich weis doch nicht wie!“ Er war vollkommen verzweifelt. Für Pilica war es wohl bereits zu spät. Obwohl er das wusste, schrie er weiter nach Hilfe. Irgendjemand muss doch wissen was zu tun war. Nur Rens Stimme ließ ihn mit den Schreien aufhören und mit en Taten anfangen. „Nimm das Messer. Du musst versuchen das Baby zu retten.“ Horo weinte erst nur stumm, sah dabei auf seine nun blasse Schwester herab. Ihr Gesicht sah nun so friedlich aus. Als ob sie nur im Tod ihren Frieden finden würde. Ihre Lippen bebten, als würde sie etwas sagen wollen, aber sie war bereits ohnmächtig. Er machte sich etwas vor. Pilica wäre nie wieder so geworden wie zuvor. Diese Geburt und das drum herum hätten ihren Geist auch zerstört. Noch mehr als er ohne hin schon ist. Horo wusste nicht was er tat, aber er tat es. Er entzog das Messer ihrem Leib, drehte sie auf den Rücken und befreite das Baby. An diese Minuten erinnerte er sich aber nicht genau. Er schien nur auf die sanfte Stimme zu hören, die ihm in das Ohr flüsterte, was er machen sollte. Am Ende hatte er ein kleines schreiendes Kind in den Händen, in einem blutigen Bündel. Er bemerkte seine Hände, die blutverschmiert waren. Seine Schwester lag vor ihm auf den Boden, geöffnet, blutrot. Und sie war unbeschreiblich schön so. Horo war sich seiner Gedanken nicht bewusst. Das Baby jammerte inzwischen nur noch, aber er nahm es nicht zur Kenntnis, sah es nicht einmal an. Er hatte den Verstand verloren. Das war ihm nun bewusst. Aber wann war das eingetreten? An dem Tag wo er mit ansah was seiner Schwester jede Nacht angetan wurde? Und da hörte er wieder diese Stimme. „Lässt du mich raus?“ Es war eine Frage. Einen Herzschlag lang war er wütend, absolut entsetzt. Dieser Typ konnte Dinge, die kein normaler Mensch konnte. Oder waren dass Dinge seines Wahnsinns gewesen? Und wieso sollte er ihn nicht befreien? Den Verfluchten? Er hob den Schlüsselbund aus dem nun langsam trocknenden Blut hervor. Er erinnerte sich dunkel an den Schlüssel zu Rens Tür. Es war der silberne. Das Baby, welches inzwischen keinen Ton mehr von sich gab, hielt er weiterhin an seine nackte Brust gedrückt. Er hatte ja nichts anderes als seine Kleider gehabt um dem Baby etwas Wärme und Schutz zu geben. Doch das war ihm gleichgültig. Nachdem das klicken ertönte, sah er zum ersten Mal in die kleine Zelle von Ren. Sie war noch kleiner als seine eigene, zudem befanden sich auch hier an den Wänden Risse und Kratzer, allerdings noch im einiges schlimmer als bei ihm. In der hintersten rechten Ecke befand sich eine Gestalt mit schwarzen Sachen zusammengesunken. Horo schritt zu ihm. Er brauchte keine Angst haben, das wusste er instinktiv. Er kniete sich vor ihm hin. Er hatte sich so lange danach gesehnt bei dieser Person zu sein, ihre Stimme zu hören und sie zu berühren. Er wollte dies immer noch, allerdings sah er keine Eile darin. Ren würde nicht weglaufen. Und auf einmal wusste er, dass dieser ebenso nicht aus dieser Zelle gehen würde, nicht jetzt. „Kümmere dich um das Baby.“ Er konnte nur sehen wie sich sein Mund bewegte, die Augen waren von den verfilzten, Pechschwarzen Haaren verdeckt. Zudem lag diese Person auf der Seite, mit den Knien leicht angezogen. „Bring es hier raus, geh in die Stadt, klingle an einem der Türen und lege das Baby dort hin. Dort wird man für es sorgen.“ Irrte er sich, oder klang Ren schwach? Aber er hatte Recht. Dennoch wollte er Ren mitnehmen, und nicht hier lassen, wo er vielleicht keine Zweite Chance bekam. „Ich komme aber wieder.“ „Das ist mir vollkommen klar, Horokeu.“ +-+-+ Epilog: -------- Epilog Es war, als würde er durch Nebel laufen. Nachdem er Ren einfach in der Zelle ließ, ging er wie versprochen aus dem Gebäude heraus. Auf diesem Weg stellte sich niemand in seine Quere, als würden sie spüren, dass sie das sonst nicht überleben würden. Er lief Barfuss aus den eiskalten Flur entlang, bis er zu dem regulären Ein- und Ausgang kam. Dort ging er hinaus und spürte seit Monaten wieder die kalte Nachtluft um sich. In seinem Geiste war er höchstens eine Woche hier gewesen, in Wahrheit waren es aber mehrere Monate. Nach kurzem genießen machte er sich auf. Das Baby, dessen Gesicht er nach wie vor nicht kannte, schien eingeschlafen zu sein. Es war ja auch sehr anstrengend, auf die Welt zu kommen. Als Horo auf eine der Straßen landete, fühlte er sich als wären seine Sinne geschärft. Er nahm alles anders war, wie ein Kind das zum ersten Mal nach draußen konnte. Er wusste natürlich, dass das nur Einbildung war – aber das änderte nichts daran dass er es dennoch genoss. Die frische Luft, das leise Rascheln der Blätter. Alles war eine Erfüllung für ihn. Und das kleine neue Leben, wofür seine Schwester starb. Er blieb bei einem der Häuser stehen, die nur durch die Straßenlaternen beleuchtet wurde. Es war ein gutes Haus, er spürte dass dort eine nette Familie lebte. Das Blut an seinen Händen und an dem Shirt das um den Leib des Kleinen gelegt wurde war schon trocken, das war der einzige Hinweis den er über die Zeit hatte. Er legte das Kleine dort ab, schaute noch immer nicht in dessen Gesicht. Wieso sollte er? Er würde es nie wieder sehen. Das Kleine hatte eine bessere Chance außerhalb dieser Familie, ohne Vorurteile. Er klingelte und verschwand dann wieder in den dunklen Schatten. Von weitem bemerkte er wie das Licht im ganzen Haus angemacht wurde, und man schließlich die Tür öffnete. Dann befand sich das Haus außerhalb seines Gesichtsfeldes. Und er rannte zurück. Er spürte das leichte Schmerzen in der Brust, dort wo sein Herz war, das nun Ren gehörte. Sie kannten sich nicht, aber innerlich wussten beide was mit ihnen werden würde. Er musste zurück. Mehr Gedanken machte er sich im Moment nicht. Er war erneut keuchend und schwitzend unten in dem Keller angelangt. Aber als er den ersten Schritt zu den Zellen machen wollte, spürte er wie seine Bewegungen erfroren, und erneut eine kleine Stimme neben seinem Ohr zu flüstern schien. „Nicht dorthin, Schatz. Anders her-rum!“ Horo lächelte, Ren hatte schon Vorarbeit geleistet. Er bewegte sich in eine andere Richtung, wissend was er vorfinden würde. Der Wahnsinn hatte sich ihn in seinen Schoss geholt. Als er die Tür zu dem Direx öffnete, sah er nochmals Blut an diesem Abend. Allerdings dieses Mal nicht von einer Person wo es ihn kümmern würde. Das sonst so fies grinsende Gesicht der Direktorin war jener aus dem Gesicht gerissen worden, und das ist wörtlich zu nehmen. Die Pupillen bleiben starr auf einen Punkt gerichtet, die Hände waren an den Lehnen festgekrallt. Sie schien nun eine 100 Jährige Frau zu sein, das war der Fluch den Ren auf sie gelegt hatte. An einem anderen Tag hätte dies Horo erschüttert, aber heute nicht. Es störte ihn nicht das die ganzen Eingeweide in dem Zimmer verteilt waren, besonders auf den Dokumenten. Er war eher erstaunt über die Farbe, die sie hatten. Dann hörte er die Stimme wirklich, dicht hinter ihm. „Tut mir leid, du hast die Show verpasst.“ Und er spürte Bilder in seinem Kopf. Blutverschmierte Bilder. „Sie haben ihre Sünden alle nun gebüßt, es wird alles in Flammen aufgehen.“ Blutverschmierte Arme legten sich um ihn, der Kopf eines kleinen Körpers auf seinen Schultern. Erst das brachte ihn wieder in die Lage, nicht mehr emotionslos zu sein. „Ren? Was machen wir jetzt?“ „Ein kleines Feuerwerk. Süßer.“ Nun konnte er den Kopf drehen, sah nun ohne abgeblendet zu sein das Gesicht des Kleineren. Abgezerrt, mit dunkle Ringen unter den goldenen Augen. So alt wie er, aber seine Sachen waren noch immer schwarz, fremdes Blut klebte an seinem Hals. Man konnte sehen, dass er kaum in der Lage war körperlich große Arbeiten zu leisten, und es musste ihn unheimlich angestrengt haben. Er küsste ihn daraufhin, schmeckte kurz seinen Ton und seine Lippen auf den seinen, worauf er viel zu lange gewartet hatte. Das Blut was nun an ihren beiden Körpern klebte, war nebensächlich. Horo lächelte glücklich. „Und dann?“ „Das fragst du mich? Frag doch dich selbst.“ Nun war Horo verwirrt. Die Sicherheit die er vorher spürte war verflogen. Ren war nicht der, der er zu sein vorgab. Existierte er überhaupt? „Na, kriegst du es nun mit?“ Samtene Hände lösten sich von ihm, gingen einen Schritt zurück. „Du bist ich, und ich bin du.“ Du hast deiner Schwester das Messer gegeben. Den du liebtest sie, und das Kind deines Vaters hatte sie dir genommen, ihren Verstand geraubt. Ihr Blut für immer vergiftet. Du hast alle anderen Personen in diesem Gebäude umgebracht, erinnerst du dich? Ren existierte, hatte ihn aber nur missbraucht, für Dinge die er selbst nicht konnte. Trotz dieser Anmaßung wollte er erst nicht glauben. „Ich?“ Er sah Ren vor sich, sein selbst. Er lächelte lieb. Horo blinzelte, erwiderte das Lächeln dann nachsichtig. Er wusste was geschehen würde. In der einen Hand hatte er noch das blutbefleckte Messer. Und er stach sich damit selbst in die Brust. Horo tat genau punktgenau dasselbe. Rausch erfüllte inzwischen die Luft, verbrannte alles Verbliebene, die Sünden und die Taten die hier begangen waren. Horo sackte weg und sah aus den Augenwinkeln noch die Gestalt in der Luft verschwinden. Ohnmächtig etwas zu tun lag er dann am Boden, hörte dann aber wieder diese süße Stimme. „Nach dem Feuerwerk gehen wir mal zu anderen, was meinst du, Schatz?“ Hätte er die Kraft gehabt, hätte er gelacht. Dann ward es ihm schwarz vor Augen, und er meinte Ren und Pilica von weitem lachen zu hören. Am Ende war er das Opfer gewesen. +-+-+ Owari +-+-+ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)