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The flower that bloomed in the frozen night

Liebe macht süchtig, betrunken und blind
von

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Strange but lovely

Titel: The flower that bloomed in the frozen night

Untertitel: Liebe macht süchtig, betrunken und blind

Autor: Shuni

Vorwort: Eto... die Idee zur Story spukt mir schon Ewigkeiten im Kopf rum. Aber irgendwie hab ich ne Weile gebraucht, um sie aufzuschreiben. -.-; Tja, ich hoffe es gefällt.... Aa ja, wir beachten jetz ma nich den tatsächlichen Altersunterschied von den Jahren her. Die Altersreihenfolge bleibt zwar gleich aber die sind hier nur etwa zwei Jahre auseinander und nich fünf wie in echt. Sonst wäre Hiroto etwas jung zum rumschlampen. Er wär dann nämlich zwölf... x_____X° *mehr dazu nich zu sagen hat*

Disclaimer: Ich krieg 300 000 000 € und ein Saga gratis dazu! X3 ... *Heulkrampf kriegt weil sich schon selbst anlügen muss*

Genre: Shônen ai, Yaoi

Serie: Alice Nine, SID *sich ein Aki ausgeborgt hat* ^^~

Pairing: Saga x Tora, und noch einiges mehr
 

Kapitel 1: Strange but lovely
 

"Ich fass es nich! Da hat die Alte mir doch echt was ins Klassenbuch eingetragen, nur weil ich fünf Minuten zu spät gekommen bin! Das kann doch wohl nich wahr sein! Ich meine, FÜNF Minuten! Das muss man sich ma vorstellen!"

"Und warum warst du nich pünktlich, Nao-chan?"

"Ganz einfach. Mein Dad is doch am Wochenende von seiner Geschäftsreise aus Deutschland wieder gekommen, hai? Und da hat der doch im Ernst ne Kaffeemaschine mitgebracht! Hast du so’n Ding schon ma gesehen? Ich meine, so ne richtige Deutsche? Die Teile sind ja riesig! Auf jeden Fall sind wir alle schon seit drei Tagen nur noch am Kaffee saufen. Ich muss alle halbe Stunde pinkeln, das sickert sofort durch, das Zeug! Also war ich vor der letzten Stunde noch ma eben auf Klo. Kann ich doch nix für, wenn sich meine Blase nich ans Klingelzeichen hält...!"

"Aha. Demo, warum kippst du dir dann jetz schon wieder was von dem Zeug in den Rachen?"

Hiroto zog die rechte Augenbraue nach oben und betrachtete den Rothaarigen neben sich, der eine Thermosflasche, mit einer verdächtig aussehenden dunkelbraunen Flüssigkeit darin, gezückt hatte und daraus trank.

"Damit ich nicht einschlafe, versteht sich."

"Nani?"

"Na, ich hab seit drei Tagen nich mehr gepennt, wegen dem Koffein, und wenn ich im Unterricht einschlafe krieg ich ‘n Eintrag...!"

"Den hast du auch so schon, ne?!"

"Stimmt…"

"Hör bloß auf, den Scheiß zu saufen, Nao!"

"Ma gucken."

Der Blonde und der Rotschopf gingen gemeinsam durch den Bahnhof und hatten Tora, ihren schwarzhaarigen Freund hinter sich, schon fast vergessen. Dieser hatte sich bereits seit geraumer Zeit nicht mehr zu Wort gemeldet. Er trottete lediglich mit gesenktem Kopf und komplett desinteressiert an seiner Umwelt hinter den beiden her. Mit einer Hand seinen Rucksack festhaltend und die andere schlaff herunter hängen lassend schlurfte er dem Ziel entgegen. Seine Beine fühlten sich bleiern an, als könnte er sie nur mit viel Kraftaufwand überhaupt bewegen. Ein stechender Kopfschmerz machte ihm schon den ganzen Tag das Leben schwer. Er war sich sicher, dass er nach dem Konzert, auf dem er am Wochenende gewesen war, wieder zu seiner Grippe, die er zwei Wochen zuvor erst überwunden hatte, zurückkehren würde. Aber das war es definitiv wert gewesen. Er liebte Konzerte sehr. So sehr, dass er einmal sogar die Schule dafür geschwänzt hatte.

Am Bahnsteig angekommen ließ er sich stöhnend auf dem Boden nieder und zündete sich eine Zigarette an. Der Beton unter ihm war kalt und würde ihm sicherlich noch den Rest geben. Aber das war ihm ziemlich egal. So wie irgendwie alles in letzter Zeit. Seine Mutter hatte es als „eine Phase auf dem Weg ins Erwachsen werden” bezeichnet.

//Kami-sama, war das ein beschissener Tag heute... Erst hab ich die Klausur verhauen, dann hab ich mich noch vor der kompletten Schule zum Obst gemacht und zu guter Letzt nerven Nao und Hiro schon wieder rum... Wie kann man nur so widerlich oft gute Laune haben? Gibt’s für manche Leute nie schlechte Tage? … Mou, ich will ins Bett...!//

In etwa fünf Minuten würde ihr Zug abfahren. Nao beäugte den Schwarzhaarigen, der rauchend vor ihm saß, neugierig.

"Na, alles klar, Tora-kun? Du schiebst ganz schön deprie heute, oder seh ich das falsch?"

Der Größere sah für einen kurzen Augenblick nach oben und verzog das Gesicht zu einer merkwürdigen Grimasse. Grade als er für sich selbst beschloss, seinem Gegenüber, auf Grund von aufkommender schlechter Laune, auf jeden Fall nicht zu antworten, lenkte etwas neben ihm seine Aufmerksamkeit auf sich. Seine Pupillen schnellten nach links, konnten jedoch nur noch ein enges rotes Shirt, das, plus Besitzer, in der Menge verschwand, ausmachen. Und schon war es auch wieder weg und somit uninteressant. Worum ging‘s doch noch gleich?

"Was war?"

"Ob du deprie bist. Schon wieder Stress zu Hause?"

Was sollte das denn jetzt? Konnte man nicht einmal schlecht drauf sein, ohne dass seine verschrobene Familie wieder ihren Beitrag dazu geleistet haben musste? Gab es denn keine anderen Dinge im Leben, wegen denen man sich mies fühlen durfte? Klar hatte der Ältere schon einige Male erwähnt, dass bei ihm daheim der Haussegen schief hing, seine Eltern andauernd stritten, doch deswegen musste er ja nicht gleich in eine schlimmere Depression verfallen.

"Der Zug kommt.", bemerkte der Schwarzhaarige matt, ergriff seine Tasche und trat ein paar Schritte nach vorne. Seine Freunde im Schlepptau betrat er den vorletzten Waggon und suchte sich einen Platz. Seinen Rucksack legte er demonstrativ neben sich, um zu signalisieren, dass grade nicht viel von Konversationen hielt. Manchmal brauchte er eben seine Ruhe. Das war nun einmal so. Und warum sollte er das auch nicht zeigen? Er würde ja eh nur rummotzen, wenn ihn jetzt jemand in ein Gespräch verwickeln wollen würde.

Nao und Hiroto tauschten einen alles sagenden Blick aus und fingen synchron an zu grinsen. Sie setzten sich hinter ihn und giggelten vor sich hin.

//Können die nich einmal die Fresse halten...? Ich hab schon wieder Kopfschmerzen...//

"Ich weiß, was er hat!"

"Hai, ich auch!"

"Da hat wohl jemand noch ein Knoten im Höschen, ne?", stichelte der Blonde lauthals und hoffte insgeheim, der Ältere würde bemerken, dass er gemeint war.

Er ärgerte Tora einfach zu gerne, wenn dieser wieder einmal angepisst war.

"Is wohl nich so einfach bei einem wie Yumehito abzublitzen!"

//Boa, das kann doch wohl nich wahr sein!!!//

Tora drehte sich ruckartig um. In seinem Blick spiegelten sich Zorn und Müdigkeit wider. Dieses Spiel kannte er nur allzu gut.

"Wir wissen ja alle, dass du nie irgendwo abgewiesen wirst und dass du dementsprechend viele Betten in Tokyo kennst. Ich kann mir vorstellen, du weißt schon gar nich mehr wie es is, wenn dir mal nich der Arsch weh tut.", sagte er in bemerkenswert ruhigem Tonfall.

Nao prustete auf der Stelle los und zog so die Aufmerksamkeit des gesamten Abteils auf sich. Hiroto errötete und ließ seinen fragenden Blick zwischen seinen beiden Kumpels hin und her springen.

”Du bist aber auch echt ne Schlampe!”, presste der Rotschopf aus sich heraus, während er sich den Bauch vor Lachen hielt.

"Na und. Wenigstens krieg ich immer Sex, wenn ich welchen brauche!"

"Danke, darauf kann ich auch verzichten. Sex is ja wohl nich das wichtigste im Leben!", warf der Schwarzhaarige ein und betrachtete müde die anderen Fahrgäste, die das Gespräch mit Empörung verfolgt hatten.

Hiroto gab ein verächtliches Schnaufen von sich und zuckte mit den Augenbrauen.

"Das sagst du auch nur, weil du wahrscheinlich bisher nur Luschen hattest. Anders kann ich mir das gar nich erklären. Im Endeffekt bist du schließlich auch nur’n Kerl und somit genauso schwanzgesteuert wie die restliche männliche Bevölkerung."

"Na du musst ja wissen, wie die restliche männliche Bevölkerung‘ so drauf is, im Bett!"

Das war der Zeitpunkt, an dem Nao angefangen hatte wie blöd gegen die Lehne des Sitzes zu hämmern und lauthals und ungehemmt zu lachen.

"Ach, lasst mich doch bloß alle in Ruhe...!"

Beleidigt ließ der Blonde seinen Blick aus dem Fenster schweifen und Tora hatte erreicht, was er wollte. Er hatte seine Ruhe. Es konnte manchmal so einfach sein! Grade als er sich die Stöpsel seines Mp3-Players ins Ohr stecken wollte, flackerte neben ihm wieder etwas Rotes auf. Rasselte da etwas?

//Was zum Teufel rasselt und ist rot?//

Seine Pupillen schnellten zur Seite, der ganze Kopf folgte kurz darauf. Zwei hellblaue *1, schwarz umrandete Augen starrten ihm entgegen.

"Hey Schnucki, is da noch ‘n Platz frei?", fragte der unbekannte Blonde angenervt.

Seine Haare standen fransig vom Kopf ab und ein paar schwarze Strähnen waren darin auszumachen. Die Unterlippe zierte auf der rechten Seite ein silberner Ringpiercing.

//Schnucki?!?! Wie jetz, Platz frei? War der Zug nich eben noch halb leer? … Hat der echt grad ‚Schnucki‘ gesagt?!?!?!//

Tora schnappte nach Luft und sah sich in dem Abteil um. Tatsächlich war kein einziger Platz mehr frei, außer der, auf dem seine Tasche ruhte.

//Oh, der meint das ernst...!//

Hastig nahm er diese beiseite und rückte noch ein Stück näher ans Fenster.

"Ganz ruhig Junge, ich beiß nich...!"

Der Blonde setzte sich neben den Größeren, beugte sich nach vorne und stützte sich dabei mit den Armen auf seinen Oberschenkeln ab. Dem Schwarzhaarigen fiel der schräge Klamottenstil des anderen auf und er betrachtete ihn ausgiebig. Der Typ trug ein knallrotes ärmelloses Shirt mit der Aufschrift ‚Fuck me if you can‘ darauf, eine kurze schwarze Hose, darunter eine Strumpfhose, rot mit schwarzen Sternen, und Springerstiefel. Um die schmale Hüfte hatte er sich vier Nietengürtel und zwei Ketten gehangen.

//Das hat dann wohl so gerasselt...//

Der Fremde hatte bemerkt, dass er kritisch beäugt wurde und schnaufte genervt. Er drehte sich mit dem Oberkörper von Tora weg und schien sich mit einem Freund von sich zu unterhalten. Dieser besagte Freund sah nicht minder exotisch aus, als der Blonde. Seine schwarzen Haare standen in alle Richtungen ab, seine Augen waren noch ein Stück krasser umrandet als die seines Kumpels und er trug zwei verschieden Kontaktlinsen, eine hellblaue und eine schwarze. Zusammen mit den falschen Wimpern die er sich aufgeklebt hatte, wirkte es, als würde dieser Typ aus einem Manson-Video kommen. In der Unterlippe hatte er viele Piercings, genau wie in der linken Augenbraue und in beiden Ohren. Er hatte einen schwarzen Kimono an, trug diesen jedoch offen und hatte darunter lediglich eine ebenfalls schwarze, kurze Lackhose. Seinen Hals zierten ein Nietenhalsband und eine rote Krawatte. Wie konnte man diese Typen überhaupt vorher übersehen haben? Der Schwarzhaarige warf Tora einen missbilligenden Blick zu. Es sah durch die Kontaktlinsen unheimlich aus und der Größere bekam sofort eine Gänsehaut. Schnell richtete er seinen Blick wieder auf die Sitzlehne vor sich und versuchte möglichst klein und unscheinbar zu wirken. Schließlich wollte er ja keinen Ärger riskieren. Ein paar Minuten später drehte sich der Fremde ruckartig zu ihm um und blickte ihn abschätzend an. Der Schwarzhaarige zuckte zusammen.

"Ey, was hast du für’n Ticket?"

Tora schnappte nach Luft. Was wollte der? Warum war das wichtig?

"Eeto... das Schülerticket…", antwortete er zögerlich.

"Das, wo Mehrere mit fahren können?" *2

"...Hai…"

"Lässt du mich bei dir mitfahren?"

Der Ältere riss die Augen auf.

"Eeto, ich weiß nich…"

"Kudasai…"

Es folgte ein Dackelblick. Im selben Moment stand vor ihnen auch schon die Person, wegen der der Blonde nun betteln musste wie ein Hund. Die Schaffnerin.

"Fahrkarten bitte.", kam es monoton aus ihrem Mund und man merkte ihr an, dass sie diesen Satz etwa 56.415.141 Mal am Tag sagen musste.

Tora reichte ihr freundlich lächelnd seine Fahrkarte und fügte noch ein:

"Die Beiden gehören dazu.", hinzu, wobei er auf die zwei Fremden deutete.

Der schwarzhaarige Visu zog überrascht die Augenbrauen hoch, ließ sich jedoch nicht anmerken, dass er davon nichts wusste. Die kleine stämmige Frau stempelte die Karte ab und kümmerte sich dann um die anderen Fahrgäste. Unter anderem Hiroto und Nao, die nicht fassen konnten, was sie da grade gesehen hatten. War ihr Freund plötzlich zur Wohlfahrt mutiert oder was war los?

Der Blonde wandte sich erneut an Tora und grinste dieses Mal übers ganze Gesicht.

"Ey, das war ja echt sozial von dir!", kam es von ihm übertrieben dankbar.

Er knuffte den Schwarzhaarigen in den Oberarm, woraufhin dieser sofort ein Stück weg rückte. Der Fremde zog die Augenbrauen hoch.

"Bist wohl sensibel, was?!"

Er lachte. Sein schwarzhaariger Freund, gegenüber von ihnen, zog ein schadenfrohes Gesicht und nickte zustimmend mit dem Kopf. Tora dachte, er müsste platzen. Wut stieg in ihm hoch. Wie kann es sein, dass man eben noch nett geholfen hatte und Sekunden später für seine Hilfsbereitschaft ausgelacht wurde? Er legte seine Stirn in Falten.

"Was geht denn hier ab? Hab ich euch nich grad eben geholfen? Solltet ihr nich etwas dankbarer sein?"

Wieder begann der Fremde lauthals zu lachen.

//Die machen sich doch wohl nich im Ernst über mich lustig, ne? Undankbares Pack...!//

"Sind wir doch! Ich schick dir gleich Morgen ‘n Presentkorb!"

"Such dir ne Arbeit, wenn du kein Geld für’n Ticket hast!", konterte der Größere.

"Boa, Aki, hast du das gehört!?", stöhnte der Jüngere auf, blickte zu dem anderen Visu und fasste sich theatralisch an die Stelle, an der sein Herz lag.

"Ich bin zutiefst getroffen!"

Aki lachte garstig und tat, als würde er sich eine Träne von der Wange wischen. Die Beiden schienen wirklichen ihren Spass zu haben.

//Solche Arschlöcher!!!//

Tora rollte genervt mit den Augen. Er atmete tief durch und versuchte das aufkommende Verlangen, wild um sich zu prügeln, wieder herunter zu schlucken. Solche respektlosen und überheblichen Macho-Arschlöcher waren ihm im Leben noch nicht untergekommen.

"Ihr habt gekriegt, was ihr wolltet. Könnt ihr euch jetz verziehen?"

"Aa, Schnucki mag uns nich!"

Der Blonde zog einen übertriebenen Schmollmund.

//Kami-sama, er hat’s schon wieder gesagt!!! Idiot...//

"Ihr reicht mir einfach. Lasst mich in Ruhe!"

"Is okay, man!", posaunte der Visu, hob abwehrend die Hände und grinste blöd.

"Wir wollten sowieso grad aussteigen.", meinte er lässig und erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung von seinem Platz.

Auffordernd nickte er Aki zu und sah ein letztes Mal zu dem Schwarzhaarigen herunter.

"Matane. Und denk dran, man sieht sich immer zweimal im Leben."

War das eine Drohung gewesen? Der Schwarzhaarige blinzelte. Der Zug begann langsam zu halten und ließ die Passagiere kurz schwanken. Der schmale Körper des Blonden wurde für einen kurzen Augenblick in Richtung Tora gedrückt und ließ diesen so den Geruch des Fremden aufnehmen. Zigaretten und... was war das andere? Spuren von Parfüm? Benutzten solche Leute so etwas? Er schüttelte irritiert den Kopf und so schnell die beiden auch aufgetaucht waren, hatten sie sich auch schon verkrümelt. Lediglich das Rasseln der vielen Ketten und Gürtel war noch ganz leise zu vernehmen. Zwei Salzsäulen hinter dem Schwarzhaarigen erwachten plötzlich wieder aus ihrer Starre. Der Rothaarige tippte seinen Freund vor ihm vorsichtig auf die Schulter und wartete auf eine entsprechende Reaktion. Der Größere fuhr herum und starrte giftig hinter sich. Was war das eigentlich für ein beschissener Tag, heute? Wollten ihn alle zu Weißglut treiben? Sogar seine besten Freunde?

"Was is?!?"

Nao, erschrocken über die gereizte Art des Anderen, schluckte seinen Kommentar runter, den er hatte präsentieren wollen. Hiroto jedoch fand sofort seine Sprache wieder.

"Hast du dich grad von den komischen Vögeln da einlullen lassen? Wie kann man denn auf so was reinfallen?"

"Ich wollte nett sein, shimatta!"

"Zu solchen Leuten muss man nich nett sein! Die sind’s ja schließlich auch nich!"

"Hey, das stimmt jetz aber nich!", wandte nun doch Nao ein. "Mein Bruder war auch ma so drauf und hat auch in seinen krassesten Zeiten noch alten Damen über die Ampel geholfen!"

Hiroto warf seine allseits bekannte ‚Versau-mir-doch-nich-immer-meine-Lebensweisheiten-Grimasse‘ in die Runde und stöhnte.

"Mag ja sein. Aber die waren‘s nich!"

"Können wir jetz das Thema wechseln? Bitte?", warf Tora ein.

Das ganze Gespräch und vor allem die Leute, mit denen er es führte und die restlichen Beteiligten, gingen ihm ziemlich auf die Nerven. Wenn sein Schulweg nicht so weit gewesen wäre, hätte er sich einfach sein Fahrrad geschnappt und wäre allein gefahren. Der Blonde war beleidigt. Er verschränkte die Arme und funkelte provozierend in Richtung Tora.

"Na gut, dann reden wir eben über Yumehito! Passt dir das etwa besser?!"

"Kami-sama, bist du wieder ne Zicke heute!"

"Ach Nao, lass gut sein. Madame wird sich schon wieder einkriegen."

Der Jüngste schnaufte angepisst und ließ seinen Blick erneut aus dem Fenster schweifen. Seine Augen erkannten die Landschaft außerhalb des Zuges als der Bahnhof, an dem er und Nao aussteigen mussten. Er stieß den Rotschopf neben sich in die Seite.

"Aussteigen." zickte er.
 

"Moshi moshi, Yamakoto Productions, Nakohira Atazuki desu. Was kann ich für Sie tun?"

Der Schwarzhaarige lächelte. Er hatte die Stimme am anderen Ende sofort erkannt. Es war die Kollegin und beste Freundin seiner Mutter. Er kannte sie seit frühester Kindheit und nicht selten hatte sie auf ihn aufpassen müssen, wenn seine Eltern wieder einmal überraschend ins Krankenhaus zu seiner Großmutter fahren mussten. Und auch auf ihrer Beerdigung hatte sie der Familie zur Seite gestanden.

"Oi, Atazuki-san, Tora desu. Ist meine Mutter zu sprechen?"

"Ach, du bist es? Hai, warte kurz, ich lasse sie rufen. Und wie geht es dir?"

//Kami-sama, Small Talk! Wie ich so was hasse!//

"Genki desu."

"Und was macht die Schule?"

"Naja, mama desu."

"Deine Mutter hat erzählt, dass du neulich krank warst. Ich hoffe es geht dir wieder besser!"

"Hai, mach dir keine Sorgen. Daijobô desu."

"Freut mich. Aa, da ist deine Mutter. Man sieht sich, hai?"

"Hai, matane."

Kurzes Warten. Geraschel im Hintergrund. Dann, eine vertraute, warme Stimme.

"Tora-chan?"

"Hi Mom, hast du noch 3000¥ im Haus?" *3

"Wofür?"

"Ich wollte heute Abend weg."

"Schon wieder? Warst du nicht am Wochenende schon bei dem Auftritt dieser schrecklichen Rockgruppe? Außerdem bist du immer noch etwas krank. Du solltest dich lieber schonen."

Tora seufzte.

"Da brauchst du auch gar nicht so zu stöhnen! Und lernen könntest du auch mal wieder, deine Noten werden schließlich auch nicht besser, wenn du jeden Abend Party machst!"

"Hiroto und Nao kommen auch mit."

"Hiroto?!"

//Oh neini...//

Seine Mutter liebte den Blonden abgöttisch und umgekehrt genauso. Wenn die Beiden sich trafen fingen sie an zu kreischen wie die kleinen Kinder und begannen über jeden Mist zu erzählen, der ihnen in den Sinn kam. Hätte der Altersunterschied nicht 25 Jahre betragen, hätten sie sicher irgendwann geheiratet. Zumindest benahmen sie sich wie alte Freundinnen. Den Gedanken fand der Schwarzhaarige ziemlich eigenartig.

"Hai, Hiro-chan…"

"Na dann ist das natürlich was anderes. Geh ruhig. Er wird schon auf dich aufpassen. Is ja sonst auch so’n Vernünftiger!"

//Als ob ich jemanden bräuchte, der auf mich aufpasst. Erstens, is er jawohl immer noch jünger als ich und zweitens lasse ich mich doch nich von jedem Idioten abschleppen! Was denkt die sich denn...?//

"Was is nu mit dem Geld?"

"Frag deinen Vater. Er müsste heute früher nach Hause kommen. Ich muss jetzt wieder ins Büro. Bis heute Abend, mein Schatz."

"Jaa ne."

Seufzend legte Tora auf und blickte auf die Uhr, die vor ihm an der rot gestrichenen Wand hing. Es war um fünf. Wenn es hieß, sein Vater würde früher kommen, hieß das für gewöhnlich um acht. Nao jedoch hatte darauf bestanden, dass sie sich um sieben vor der gewünschten Bar treffen würden. Das hieße jetzt also, dass das eigene Sparschwein dran glauben musste. Der Schwarzhaarige hatte eigentlich nicht vor gehabt, sein hart erspartes Taschengeld zu versaufen. Er wollte sich davon neue Klamotten und Accessoires kaufen. Ihm blieb der Gedanken im Kopf, seinen Dad zu fragen, ob er es ihm zurückgeben würde. Das würde er sicher tun. Bis dahin mussten die heiß geliebten neuen Schuhe und das weiße Sakko, das er neulich gesehen hatte, wohl noch warten.
 

//"Ai shite iru, Tora-chan........ Ich werde immer bei dir sein, Tora-chan...... Ich würde dich niemals im Stich lassen, Tora-chan......... Lass dich fallen......... Ganz tief...... Ich werde dich fangen..... Vertrau mir..…"

"Yume?...... Yumehito!?.... Warum fängst du mich nich? …… Ich vertraue dir doch.... Wo bist du? … Verlass mich nich! Kudasai...... Verlass mich nich..…"//

Tora riss die Augen auf. Er starrte in die unendliche Dunkelheit vor sich, die drohte ihn und die letzten Fetzen Erinnerung an den Traum, den er grade gehabt hatte, mit sich zu reissen. Sein Herz raste, als hätte er bei einem Marathon mitgemacht. Sein Blut pumpte durch seine Venen, sein Mund war trocken, als hätte er im Schlaf heftigst nach Luft gerungen. Hechelnd griff er nach seinem Handy und sah auf die Uhr. Um fünf.

//Schon wieder?//

Zeit zum aufstehen. Zitternd griff er sich an die, von Schweiß bedeckte, Stirn. Was war das für ein merkwürdiger Traum gewesen? Yumehito.... Er hatte noch nie von ihm geträumt. Noch nicht einmal als sie noch zusammen gewesen waren und täglich aufeinander gehockt hatten. Worum es ging, wusste der Schwarzhaarige schon längst nicht mehr. Er erinnerte sich lediglich daran, wie real ihm alles vorgekommen war. Als hätten die Beiden sich tatsächlich gegenüber gestanden. Stöhnend rieb er sich die Augen. Sie brannten höllisch und er wusste noch nicht einmal warum. Wahrscheinlich war die Luft im Zimmer so verbraucht und trocken. Ein ächzendes Geräusch von sich gebend, erhob er sich aus seinem Bett und tapste im Dunkeln seinem Lichtschalter entgegen. Mit einem gezielten und sicherlich auch jahrelang eingeübten Schlag erleuchtete er den Raum und ließ sich seufzend auf den Drehstuhl von seinem Schreibtisch sinken. Er fasste sich erneut an die Stirn. Wieder einmal machte sich ein bohrender Kopfschmerz in seinem Schädel breit.

//Das darf doch alles nich war sein.... Wo sind die scheiß Tabletten? .... //

Seine bleichen Hände zogen die Schublade neben ihm auf und wühlten zielstrebig darin herum. Schlussendlich musste er mit Erleichterung feststellen, dass sich noch eine volle Packung Schmerztabletten darin befand und feierte diese Erkenntnis sogleich mit einem kräftigen Schluck Wasser und einer kleinen, weißen Pille. Das würde ihm wohl helfen wenigstens die erste Hälfte vom Tag heil zu überstehen. Er richtete sich auf und machte sich daran in seinem Schrank nach seiner Schuluniform zu suchen. Als er sie nach etlichen Momenten endlich gefunden hatte, nahm er sie und machte sich auf den Weg ins Bad, um sich den Schweiß der Nacht abwaschen zu gehen. Er wollte schließlich nicht ungepflegt in der Schule erscheinen.

Auf dem Weg zum Bahnhof ließ er sich seine gestrige Begegnung mit den Visus noch einmal durch den Kopf gehen. Vor allem der Blonde ließ ihn grübeln. Er hatte ihn ,Schnucki' genannt! Das hatte vor ihm noch nie Jemand getan. Auch wenn es vermutlich nur sarkastisch gemeint war, kam es dem Schwarzhaarigen merkwürdig vor, so von einem Fremden betitelt zu werden. Vor allem: War er denn einer? Er selbst konnte nicht beurteilen, ob er nun hübsch oder attraktiv war oder nicht. Das wäre sicherlich auch mehr als eingebildet gewesen. Oder fehlte ihm dazu nur das nötige Selbstbewusstsein? Daran hatte es ihm irgendwie schon immer gemangelt. Er hatte auch nie die richtige Bestätigung erhalten um sich eines aufbauen zu können. Oder wurde man mit so etwas geboren? Konnte man lernen, mit erhobenem Haupt durch die Strassen gehen zu können? Er selbst konnte sich diese Frage nicht beantworten.

Geistesabwesend zog er sich ein Ticket am Automaten und setzte sich in die Bahn, die günstiger Weise schon bereit stand. Kurzerhand steckte er sich die Stöpsel seines Mp3-Players in die Ohren und ließ sich von der lauten Musik dahin treiben. Er bemerkte noch nicht einmal richtig, dass Nao und Hiroto zwei Stationen später einstiegen und sich hinter ihm platzierten. Es wäre ihm wahrscheinlich auch egal gewesen. Hiroto befand sich grade wieder einmal auf einem seiner weit bekannten Egotrips und Nao war zur Zeit auch nicht grad der Umgänglichste, was vermutlich an der Scheidung seiner Eltern lag, die sich nun schon ein halbes Jahr in die Länge zog. Mit beidem konnte Tora im Moment jedoch nichts anfangen. Dazu war er viel zu sehr mit sich selbst und seiner verworrenen Psyche beschäftigt. Er konnte sich schließlich auch nicht immer mit den Problemen anderer beschäftigen, auch wenn er sonst der Seelsorger für alle möglichen Leute war. Ob es nun seine Eltern, seine Freunde oder sonstige Bekannte waren. Irgendwie kamen immer alle zu ihm mit ihren belastenden Problemen. Als hätte er nicht selbst genug um die Ohren. Er musste seinen Alltag auch alleine meistern. Schule war auch stressig, genauso wie sein elendes Liebesleben, wenn man das überhaupt so nennen konnte. Nein, jetzt war es mal an ihm, egoistisch zu sein um das eigene Leben so ordnen zu können, dass man damit zufrieden sein konnte.

Als die Endstation erreicht war, warf er seinen Freunden ein flüchtiges ”Ohayou” an den Kopf, schulterte seinen Rucksack und verließ den Zug ohne auf sie zu warten. Er wollte auf dem Schulweg meistens seine Ruhe haben. Das war normalerweise die einzige Zeit am Tag, an der er mal ungestört und ganz für sich nachdenken konnte. Der Schwarzhaarige hatte den Bahnhof grade verlassen und war um die erste Ecke gegangen, als ihm etwas im Augenwinkel auffiel. Ziemlich viel schwarz, etwas rot, ein wenig pink. Viele Piercings, ein Haufen Schminke, Tonnen von Haarspray. Ein blonder Schopf und ein Schwarzhaariger. Da waren die Visus vom Vortag! Und sie kamen direkt auf ihn zu.
 

*1 Des sind nur Kontaktlinsen. Klar soweit? *ja nich blöd is* *weiß, dass Japaner nur braune Augen ham*

*2 Joa, des is wie das Wochenendticket, nur halt für Werktags.... -.-;

*3 = etwa 22€
 

Musik: Phantasmagoria – allgemein *o*, UnsraW – Spiral Circle *O* *endlich im Ori hat*

A smile, a kiss and the final desaster

Kapitel 2: A smile, a kiss and the final desaster
 

Tora saß weit zurück gelehnt auf seinem anthrazitfarbenen Stuhl, an seinem Platz im Klassenraum. Sein Körper war leicht nach links gebeugt, so dass er bequem aus dem Fenster sehen konnte. Die Augen fixierten schon seit einigen Minuten den selben Punkt und schienen sich nicht von diesem lösen zu können. Für eine Sekunde jedoch schnellten die Pupillen zur Uhr, die über der Tafel thronte, nur um sich dann wieder an den Personen draußen am Schultor fest zu saugen. Die Lehrerin würde erst in etwa fünf Minuten erscheinen. Tora machte sich lang und streckte den Hals, um alles noch besser sehen zu können. Die Sonne war grade aufgegangen und stand noch tief am Horizont. Sie traf genau auf die Fensterscheibe, vor der der Schwarzhaarige saß, und blendete ihn. Schützend hielt er sich die Hand vor das Gesicht, konnte jedoch nichts von dem erkennen, was draußen vor sich ging. Als plötzlich jemand auf seine Schulter tippte, wäre er fast zusammengefahren. Er drehte sich um. Es war Nao und er lächelte.

"Na, was verrenkst du dich denn so?"

Der Schwarzhaarige zog die Augenbraue hoch.

"Ach, nichts weiter…"

Nao grinste nach einem weiteren Blick aus dem Fenster.

",Nichts weiter' hat heute aber auch wieder ein verdammt enges Shirt an!"

Er lachte während sein Gegenüber nur mit den Augen rollte.

"Scheiß auf das Shirt!", meinte er, "Die Typen verfolgen mich!"

"Was, die? Warum sollten sie?"

"Keine Ahnung. Wer weiß, was die mit mir vor haben!"

Der Rothaarige zog die Stirn kraus.

"Meinst du nich eher, dass es Zufall is, das die Beiden hier vorbei gekommen sind? Die gehen sicher auf die Schule, die zwei Straßen weiter is."

"Und warum stehen die dann noch da?"

"Sicher nich, weil die auf dich warten! Wär ja auch schön blöd, schließlich fängt der Unterricht erst an."

Wieder streckte der Schwarzhaarige sich.

"Demo…"

"Du hast doch nich etwa Angst, ne?"

"Iie! Doch nich vor denen!"

"Dann lass die doch da stehen, wie sie wollen!"

Tora sah betreten auf den Boden. Sein Freund betrachtete dies skeptisch.

"Doch Angst."

"Eeto... die haben mich vorhin angelabert…"

"Wann?"

"Kurz bevor wir rein gegangen sind. Oder besser: ich. Ihr wart ja plötzlich weg."

Nao überlegte kurz.

"Hai, stimmt. Hiro hat jemanden aus seiner Klasse gesehen zu dem er unbedingt hin wollte."

"Soso."

"Wieso? Was haben die den gesagt?"

Im selben Moment, als Tora Luft holte um antworten zu können, klingelte es bereits und ehe man sich’s versah stand auch schon ihre Mathelehrerin an der Tafel.

"Erzähl’s mir später! Ich will nich noch nen Eintrag kriegen.", meinte der Jüngere grinsend und machte sich auf den Weg zu seinem Platz.

Tora legte den Kopf auf den Tisch und schloss die Augen. Pünktlich zum Stundenanfang schaltete sein Gehirn ab und spielte lediglich eine beruhigende sanfte Melodie ab. Dem konnte er sich nicht entziehen. Schon gar nicht bei Mathe. Er hasste dieses Fach und war absolut und unwiderruflich davon überzeugt, auch durch ständiges üben niemals gut werden zu können. Darum probierte er es gar nicht erst und versuchte allen Zahlen die ihm so täglich begegneten so gut es ging aus dem Weg zu gehen. So begann er lieber damit, die Geschehnisse von vorhin Revue passieren zu lassen.
 

Tora stand wie angewurzelt da.

//Kami-sama, nich schon wieder....//

"Aa, da is ja unser Schnucki wieder! So was aber auch!"

//Ich fange an, dieses Wort zu hassen!//

Der Schwarzhaarige, von dem Tora bereits wusste das sein Name Aki war, und der Blonde, von dem er grade einmal wusste das dieser blond war, trotteten ihm entgegen und machten erst Halt, als sie direkt vor seiner Nase standen.

Aki betrachtete ihn abschätzend. Wieder trug er diese unheimlichen Kontaktlinsen. Erschwerlich kam noch der ich-bin-nicht-ganz-dicht-und-noch-dazu-gefährlich-Blick, den er schon im Zug benutzt hatte, dazu. Seine gesamte Erscheinung war im Grunde gesehen nicht sehr einladend. Tora kam der geistreiche Gedanke, dass der Visu ihn wohlmöglich nicht allzu sehr leiden konnte. Zumindest verriet sein verächtliches Schnaufen dies.

Der Blonde dagegen grinste. Auffordernd griff er nach Toras Hand und schüttelte diese eifrig.

"Oi, ich hab mich ja noch gar nicht vorgestellt! Wie unhöflich von mir. Saga desu.", sprach‘s und verbeugte sich.

//Hände schütteln? Wo hat der das denn her?//

Dem Älteren blieb der Mund offen stehen. Ruckartig zog er seine Hand zurück und starrte sein Gegenüber entgeistert an.

"Was los, Schnucki? Hat’s dir die Sprache verschlagen?"

Der Größere schnappte nach Luft.

"Was wollt ihr von mir?"

//Lasst mich in Ruhe! Lasst mich bloß in Ruhe!!!//

"Uns bedanken! Ich sagte doch, man sieht sich immer zwei Mal im Leben."

//Shimatta!//

Saga machte eine übertriebene Verbeugung und warf Tora einen Luftkuss entgegen. Sein schwarzhaariger Freund lachte lauthals und der Größte aus der Runde begann daran zu zweifeln, dass die beiden Visus auch wirklich nüchtern zur Schule gehen wollten, falls sie so was in der Richtung überhaupt geplant hatten.

"So, ich denke das war der Dankbarkeit genüge. Du nimmst uns doch das nächste Mal sicher wieder mit, ne?"

Der Blonde grinste blöd und blickte sein fassungsloses Gegenüber erwartungsvoll an.

"Das glaubst du doch wohl selber nich! Den Teufel werd ich tun!"

Tora dachte, durch so viel Dreistigkeit noch platzen zu müssen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und die Fingernägel bohrten sich in die Ballen.

"Lass den Teufel aus dem Spiel! Der kann nix für deine schlechte Laune!"

Wieder allgemeines Gelächter.

//Was für ein selten dämlicher Spruch war das denn?!//

"Ihr seid ja nich ganz dicht!", entfuhr es dem Schwarzhaarigen.

Kurz darauf folgte der reumütige Dackelblick, den man aufsetzt, wenn man denkt, etwas sehr dummes gemacht zu haben. Aki zog plötzlich seine, nur spärlich vorhandenen, Augenbrauen zusammen und sein Gesichtsausdruck wechselte von every-day-is-so-wonderfull auf Sonnenschein-ist-scheiße.

"Hey, sei vorsichtig was du sagst! Du willst mich doch nich provozieren, oder?"

Tora hob daraufhin abwehrend die Hände nach oben und verneinte eifrig die Frage.

"Ganz ruhig, Schnucki wollte sicher keine große Fresse riskieren."

Der Blonde betrachtete belustigt seinen Freund und nickte beschwichtigend.

"Wenn du meinst."

Der andere Visu gab sich nicht die geringste Mühe zu verbergen, dass er dem Größeren am liebsten sofort ins Gesicht getreten hätte. Er stöhnte genervt und wandte sich ab.

"Ich denke, wir lassen ihn jetz wieder in Ruhe damit er auch schön brav in die Schule gehen kann und nich zu spät kommt.", meinte Saga, trat einen Schritt zur Seite und wies dem Älteren mit einer wahnsinnig theatralischen Handbewegung den Weg zum Schultor. Ohne die Beiden weiter zu beachten setzte Tora sich in Bewegung und eilte davon. Er wollten einfach nur weg von diesen beiden Idioten.
 

Als der Schwarzhaarige das nächste Mal seinen Kopf hob und auf die Uhr sah, musste er mit Erschrecken feststellen, dass es in bereits fünf Minuten klingeln würde und mindestens zwanzig Aufgaben an der Tafel standen, die anscheinend zu lösen waren.

//Kuso...!//
 

"Tora? Was hältst du davon?"

"Nani? Von was?"

Hiroto sah ihn mit großen Augen an und fuhr sich durch die blonden langen Haare. Er hatte sich über den Sitz nach hinten gelehnt um seine Freunde sehen zu können. Sie befanden sich im Zug, wieder einmal auf der Heimreise, und besprachen ihre Pläne für das vor ihnen liegende Wochenende.

"Wir wollen heute Abend ins Dead Rabbit." *1

"Wie, heute?"

Nao beugte sich vor den Schwarzhaarigen, lächelte und wedelte mit der Hand.

"Ohayou, wir haben Freitag!"

"Im Ernst? Kuso, stimmt ja!", stöhnte Tora und klatschte sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

"Also, kommst du mit?", fragte der Jüngste.

Der Größere überlegte. Unschlüssig nickte er mit dem Kopf hin und her und antwortete schließlich mit:

"Hab kein Geld mehr. Höchstens noch 500¥ oder so…" *2

Der Rotschopf machte eine abwinkende Handbewegung, die Tora, wie so oft, zum verzweifeln brachte. Das war so typisch für ihn. Sobald einer kein Geld hatte, musste er ihn einladen. Das tat Nao zwar nicht bei jedem, dafür bei seinen Freunden um so lieber. Seit sein Großvater verstorben war, schwamm seine Familie nur so im Geld, da sie überraschend geerbt hatten. Niemand hatte von den Ersparnissen des alten Mannes gewusst. Nicht einmal Nao‘s Mutter, die sich die letzten drei Jahre um ihn kümmern musste.

"Lass gut sein, Nao-chan. Du weißt, dass ich es hasse eingeladen zu werden." *3

"Und du weißt genau, dass ich meine besten Freunde an einem Freitagabend nich Zuhause versauern lasse!"

"Hai, ich weiß."

"Na also."

"Aber ich zahl meinen Eintritt selber!"

"Heute is Boys only, du Nase! Da is kein Eintritt für uns!"

"Ach so?"

"Noch nie gewesen."

"Wann treffen wir uns?"

"Eeto, um acht, dachte ich."

"Is okay."

"Hiro, wir müssen aussteigen ne."

"Hai. Matane, Tora-chan!"

"Jaa ne, ihr Beiden."

Die dunkelbraunen Augen des Schwarzhaarigen folgten seinen Freunden, bis diese ausgestiegen waren. Dann schlossen sie sich. Nur für einen kurzen Moment wollte Tora ihnen Ruhe gönnen. Sie brannten vor Müdigkeit und Erschöpfung. Das taten sie immer, wenn er übernächtigt und gestresst war und das kam in der letzten Zeit immer häufiger vor. Vielleicht brauchte er auch einfach nur mal richtig Urlaub. Den ganzen Tag in der Sonne liegen, schlafen und baden und Abends dann genüsslich Einen trinken gehen, nur um sich dann am nächsten Morgen am Pool den Rausch auszuschlafen. Doch leider hatte er selbst kein Geld für so etwas und seine Eltern würden, wenn er sie darauf ansprechen würde, nur mitfahren wollen, was Tora allerdings tunlichst vermeiden wollte. Es sollte ja schließlich ein Urlaub werden. Mit der Familie rumhängen konnte man schließlich auch Zuhause.

Als sich die müden Augen das nächste mal öffneten, war die Station erreicht, an der der Schwarzhaarige aussteigen musste. Seufzend schnappte er sich seinen Rucksack und machte sich auf den Weg nach Hause.
 

Tora betrat den Eingangsbereich des rauchigen Clubs und sah sich um. Laute, basslastige Musik dröhnte ihm entgegen. Wie zu erwarten gewesen war, tummelten sich lediglich junge Männer an der Bar und auf der Tanzfläche, die meisten davon ziemlich knapp bekleidet. Der Schwarzhaarige stellte sich auf die Zehenspitzen, um die Sitzflächen hinter der Bar besser sehen zu können. Er entdeckte seine Freunde, eine Sitzgruppe neben ihrem eigentlichen Stammplatz. Vermutlich war dieser bereits besetzt gewesen. Seufzend setzte sich Tora in Bewegung und machte sich daran, seinen schmalen Körper durch den überfüllten Raum zu quetschen. Mental stellte er sich schon auf mehrere Hände ein, die während seines Weges auf seinem Hintern landen würden. Daran hatte er sich schon längst gewöhnt. Das passierte einem nun mal, wenn man sich als Junge in einer Schwulenbar aufhielt. Endlich bei seinen Kumpels angelangt, ließ er sich seufzend neben Hiroto auf die Sitzbank fallen und begrüßte die beiden kurz. Nao lächelte ihm zu und deutete, nachdem er einen fragenden Blick von Tora erhalten hatte, auf eine etwas kleinere Truppe, die unmittelbar an den Toiletten stand. Der Blick des Schwarzhaarigen folgte dem Fingerzeig des Kleineren. Sofort wurde ihm ganz anders, als er erkannte, wer dort stand. Blonde, etwas längere Haare, perfekt gestylt, wie immer. Ein enges, weißes Shirt, das die schmalen Konturen gut zur Geltung brachte, eine rote Hose, die kürzer hätte nicht sein dürfen, da sonst die Polizei wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses aufgetaucht wäre. Seine Augen, krass betont, mit Schlafzimmerblick und dazu der altbekannte volle Schmollmund. Tora fiel die Kinnlade herunter.

"Kuso, was macht‘n der hier?"

Der Blonde neben ihm kratzte sich verlegen am Kopf.

"Hatte ich nicht erwähnt, dass Yume öfter hier her kommt…?"

Der Größe blickte scharf zur Seite.

"Muss dir wohl entfallen sein…!"

"Gomen ne…"

"Nix gomen. Weißt du, Hiro, es gibt so Momente, da könnte ich dir pausenlos in die Fresse hauen."

"Ich dachte, du kommst sonst nich! Obwohl ich gar nich weiß, warum du dich so aufregst. Is doch nur dein Ex."

"Und?"

"Na ich seh andauernd irgendwelche Exfreunde von mir. Mich stört das auch nich."

"Hai, du hast ja auch genug davon! Wahrscheinlich hast du dich schon an so was gewöhnt. Aber ich nun mal nich!"

"Sei doch nich wieder so empfindlich. Komm, Tora-kun, nimm doch erstmal nen Schluck hiervon!"

Beschwichtigend hielt der blonde Bishônen seinem Freund den Drink hin, den er vor einigen Minuten erst erhalten hatte. Das war ein Zeichen für Tora, das Hiroto sich entschuldigen wollte. Der Kleinere konnte so etwas einfach nicht mit Worten ausdrücken. Der Ältere nahm ihn dankend an und trank sofort einen Schluck. Es schmeckte scheußlich, doch das war ihm egal. Er hatte ja vorher auch schon gewusste, dass Hiroto nicht grade den erlesensten Alkoholgeschmack hatte.

"Was das denn?", fragte er und wackelte Sachte mit dem Glas, in der sich die ominöse grüne Flüssigkeit befand.

Der Blonde zuckte mit den Schultern.

"Heißt Zombie. Schmeckt grausam und wirkt noch schlimmer." *4

Angewidert den Kopf schüttelnd gab Tora den Drink wieder zurück an seinen rechtmäßigen Besitzer. Stöhnend lehnte er sich zurück und betrachtete die feiernde Menge vor ihm. Alle schienen besonders gut drauf zu sein, an diesem Abend. Unzählige knutschende Pärchen konnten beobachtet werden, die sich teilweise gegenseitig betatschten oder sich diverse Kleidungsstücke vom Leib rissen, welches wirklich ein netter Anblick war. Tora hätte selbst gern so dagestanden und hätte sich küssen und befummeln lassen, doch irgendwie war er nicht der Typ dafür, um sich von wildfremden Menschen so berühren zu lassen. Eigentlich war er auch eher auf eine Beziehung aus, als auf ein flüchtiges Abenteuer, doch im Moment war ihm alles Recht um seine Einsamkeit, wenigstens für einen Augenblick, vergessen zu können. Der Schwarzhaarige erwischte sich selbst dabei, wie er des Öfteren zu der Gruppe vor den Toilette schielte. Ihm viel ein blauhaariger Typ auf, der die ganze Zeit um Yumehito herum scharwenzelte.

//Kenn ich den nich? Blaue Haare… Eeto…. Is der nich vom Schulhof? Ich kann sein Gesicht nich sehen…//

Als der schlanke Junge anfing zu tanzen und sich dabei um sich selbst zu drehen, viel es dem Schwarzhaarigen wie Schuppen von den Augen. Aufgeregt zupfte er Nao, der ihm schräg gegenüber saß, an seinem braunen Jackenärmel und deutet auf die betreffende Person. Der Rothaarige schien erst zu überlegen, dann jedoch machte sich ein Ausdruck von höchster Empörung in seinem Gesicht breit. Er kniff die Augen zusammen und ließ so das Donnerwetter schon erahnen, welches nun gleich folgen würde.

"Das kann doch wohl nich wahr sein! Wie kann der mir das nur antun, shimatta! So ein kleiner Bastard!", schrie er los und kümmerte sich auch nicht im geringsten darum, dass sämtliche Nachbartische ihn anstarrten.

Hiroto blickte ihn fragend an.

"Was‘n los, Nao?"

"Der Typ da!", er sprang auf und deutete ungehemmt auf den Blauhaarige, der davon aus Distanzgründen nichts mitbekam; "Der is von unserer Schule! Die Klasse über uns! Der, den ich letzte Woche angesprochen hatte. Kamane!"

"Ichiko Kamane?"

"Hai sou desu."

"Ja, und?"

"Ich hatte ihn nach nem Date gefragt. Für heute!“

Hiroto fing an zu kichern.

"Lass mich raten, der hat gesagt, dass er keine Zeit hat."

"Richtig! Die Sau, die!"

Nao ließ sich beleidigt auf seinen Stuhl zurückfallen und verschränkte die Arme.

"Das hab ich nich verdient. Echt nich!"

Der Blonde tätschelte ihm beschwichtigend den Kopf.

"Vielleicht stand das Date mit Yume schon vorher."

Es folgte ein Willst-du mich-verarschen-?-Lass-das-lieber-sein-ich-bin-angepisst!-Blick von Seiten des Größeren.

"Er meinte, er muss zum 90. Geburtstag seiner Großmutter…!"

"Oh… so ein Arsch!"

"Sag ich ja!"

Tora seufzte genervt und stand auf. Das Gespräch wurde ihm langsam zu viel. Er hasste es, sich banale Probleme anhören zu müssen. Vor allem, wenn sein Exfreund darin vor kam.

"Wo willst‘n du jetzt hin?"

"Ich geh mir was ordentliches zu trinken holen. Die Bedienung hier is ja heute echt lausig."

Damit wandte er sich von seinen Freunden ab und marschierte in Richtung Bar. Eigentlich war es, so wie er fand, kein Wunder, dass die Bedienung nicht hinterher kam, Wahrscheinlich hatten die Kellner noch nicht einmal bemerkt, dass schon wieder neue Leute an manchen Tischen dazu gekommen waren. Es war wirklich übervoll. Ausschweifendes tanzen war so gut wie unmöglich, was allerdings sowieso nicht Toras Art war. Er war eher der Typ, der cool an der Bar saß oder lässig am Rand der Tanzfläche, mit einer Zigarette in der Hand, stand. Nach innigen Minuten des Herumstehens, erspähten seine dunkelbraunen Augen tatsächlich einen soeben frei gewordenen Hocker direkt an der Bar. Flink wie ein Wiesel hechtet er zu eben diesem, um sich auch sogleich darauf zu platzieren. Nun thronte er also auf dem lilafarbenen Barhocker und beobachtete interessiert das Treiben der drei Barkeeper vor ihm, die ausnahmslos Visuals waren. Der Eine hatte rosane, schulterlange, fluffig fallende Haare und trug einen weißen, zerfetzten Anzug mit vielen Schnallen daran. Der Barkeeper, der am weitesten von ihm weg stand , hatte etwas längere, rote Haare, die er sich zur Hälfte als Iro hoch gestylt hatte. Er war ganz in schwarzem Latex bekleidet und jonglierte akrobatisch mit den Schnapsflaschen, die er zum mixen der Drinks brauchte. Er schien mit allen Gästen zu flirten, die sich vor ihm versammelt hatten.

"Was darf‘s denn sein?"

Tora zuckte zusammen und blinzelte. Der dritte Barkeeper blickte ihn grinsend an und strich sich eine Strähne seines langen, schwarzen Haares aus dem Gesicht.

"Eeto… einen Long Island Ice-tea, kudasai." *5

Das Grinsen im Gesicht des schlanken Mannes wurde breiter.

"Kommt sofort.", meinte er und fing an, seelenruhig das Getränk zu mixen.

Dem Jüngeren viel dabei das schwarze Shirt des Anderen auf. Es umschmeichelte locker dessen schmale Hüften und schien sehr bequem zu sein. Auf der Brust strahlte in einem makellosen Weiß der Schriftzug: "Asagi is God". Tora überlegte kurz, ob dieser Spruch in die Kategorie Blasphemie gesteckt werden konnte, da jeder vernünftige Mensch wusste, dass hide der einzig wahre Gott war, doch er verwarf den Gedanken so schnell wie er auch gekommen war. Er beobachtetet weiter das Tun und Machen des Barkeepers. Nach etwa zwei Minuten war der Drink fertig. Er beugte sich nach vorne und überreichte Tora das großzügig gefüllte Glas. Sofort fing Dieser an zu trinken. Es schmeckte ihm hervorragend, doch das konnte man ja auch von einem 1100¥ *6 teuren Getränk erwarten. Der Schwarzhaarige griff in seine Hosentasche und zog sein blaues Portemonnaie hervor. Zum Glück hatte er noch etwas Geld von seiner Mutter bekommen, sonst hätte es für ihn an diesem Abend ziemlich finster ausgesehen, mit dem trinken. Er zählte von seinem Geld den passenden Betrag ab und hielt sie dem Barkeeper unter die Nase. Dieser war inzwischen mit dem Polieren der Gläser beschäftigt gewesen und blickte Tora fragend an. Nachdem der Jüngere ein weiteres Mal mit dem Geld gewedelt hatte, lächelte der Langhaarige und beugte sich erneut seinem Gegenüber entgegen.

"Geht auf‘s Haus, Kleiner."

Seine dunkel umrandeten Augen zwinkerten schelmisch. Seine hellblauen Kontaktlinsen strahlten.

"Mein Name is übrigens Jin."

Der Kleinere sah ihn erstaunt an, blinzelte kurz, antwortetet jedoch relativ schnell mit:

"Tora desu."

"Freut mich, Tora! Wenn du noch was möchtest, sag Bescheid.", sprach‘s und wandte seelenruhig sich wieder seinen Gläsern zu, während seine beiden Kollegen alle Hände voll zu tun hatten, die übrigen Gäste zu bedienen. Im Stillen musste der Schwarzhaarige darüber schmunzeln. Grinsend schlürfte er an seinem Drink und beobachtete stolz seine neuste Bekanntschaft. So etwas war ihm noch nie passiert. Es kam so schon selten genug vor, dass ihn jemand ansprach, geschweige denn, nach seinem Namen fragte und ihm Freidrinks anbot. Und wenn er es sich so recht überlegte, war dieser Jin auch ganz attraktiv, außer, dass er vielleicht eine etwas verschrobene Ansicht zu seiner eigenen Religion hatte. Doch das sollte eine Beziehung ja nicht stören. Es herrschte immerhin Glaubensfreiheit. Innerlich schlug der Schwarzhaarige sich jedoch selbst grade, da er gedanklich schon das Wort Beziehung genutzt hatte. Das war nun wirklich schon etwas weit her geholt, schließlich hatte man doch grade erst Namen ausgetauscht. Namen! Das waren noch nicht einmal Nummern! Und das war noch astronomisch von einem Date, geschweige denn von einer Beziehung entfernt. Doch noch bevor er diesen verworrenen Gedanken fertig stellen konnte, wurde sein Kopf herum gerissen und er fühlte etwas weiches auf seinem Mund. Er riss die Augen auf.

//Kuso! Was das denn?! Hilfe! Was soll das?!//

Sein Gehirn versuchte vergeblich zu realisieren, was da grade mit ihm passierte, doch das einzige, was ihm bewusst war, war:

//Das ist ein Kuss! Und da kommt eine Zunge auf mich zu!!!//

Dem Schockmoment entfliehend, stieß er die fremde Person von sich und hielt sich schützend die Hände vor‘s Gesicht. Die langen Finger verdeckten die Augen und klammerten sich verkrampft fest. Er kniff die Augenlider zusammen. So etwas war ihm in der Tat auch noch nie passiert und er wollte eigentlich auch gar nicht wissen, wer das getan hatte. Als er plötzlich eine warme Hand auf seinem Arm spürte, zuckte er unwillkürlich zusammen und wäre am liebsten aus dem Club gerannt. Sofort zog er seinen Oberkörper weg und wäre daraufhin fast vom Stuhl gefallen.

"Hey, alles klar?"

"…"

"Hallo?"

"Iie, nichts is klar! Du spinnst doch wohl, oder was?!", sprach‘s, das Gesicht immer noch in den Händen vergraben.

"Ey, sorry aber, da hab ich dich wohl verwechselt."

Tora spähte durch die bleichen Finger um einen Blick auf den Idioten werfen zu können, der ihn so rücksichtslos überfallen hatte. Ihn traf fast der Schlag, als er sah, wer da vor ihm stand und ihn blöd angrinste.

"DU?!?!"

"Hai, ich."

"Saga?!"

"Hai, wer denn sonst?", fragte der blonde Junge belustigt.

Tora schnappte nach Luft. So viel Dreistigkeit konnte doch wohl einfach nicht wahr sein!

"Wie kannst du es wagen, du Idiot?!"

Der Kleinere hob abwehren die Hände.

"Hey, war nur‘n Versehen, Schnucki! Reg dich nich so auf, war doch nur‘n Kuss!"

"Nur ein Kuss! Ich geb dir gleich ,NUR EIN KUSS'!"

Saga lachte.

"Klar, mach ruhig!"

"Boa, halt bloß die Klappe!"

"Was denn? So scheiße seh ich nu auch wider nich aus, dass du dich so zieren musst!"

"Darum geht‘s doch überhaupt nich! Du kannst nich einfach wildfremde Leute überfallen!"

"Ich dachte ja auch, dass du Jemand bist, den ich kenne! Außerdem kennen wir uns doch."

"Wir kennen uns überhaupt nich!"

"Klar. Ich weiß, wie du heißt und ich bin mit deinem Ticket gefahren."

"Das macht noch lange keine Bekanntschaft aus!"

Der Jüngere seufzte und legte den Kopf schief.

"Wie auch immer. Ich muss dann jetz auch wieder. Man sieht sich, ne, Schnucki."

Er drehte auf dem Absatz um und verschwant in der tanzenden, teilweise strippenden Menge von schwitzenden, männlichen Körpern. Tora konnte nicht fassen, was da geschehen war. Der blonde, blöde Visu aus der Bahn, der ihn kurz danach noch einmal so dämlich angequatscht hatte, hatte ihm grade einen Kuss aufgedrückt. Das durfte doch wohl alles nicht wahr sein! Er kniff die Augen zusammen und ließ die ganze Szenen noch einmal innerlich ablaufen. Sekunden später drehte er seinen Körper wieder in Richtung Bar.

"Jin?"

"Hai?", fragte der Langhaarige freundlich lächelnd.

"Noch nen Long Island, kudasai…"
 

"Sag mal, was sollte denn der Scheiß!?!"

Saga schlenderte locker und relaxt auf seinen schwarzhaarigen Freund zu. Dieser funkelte ihn mit seinem allgegenwärtigen pissed-off-Blick an und stemmte die Fäuste in die spärlich bekleideten Hüften.

"Was für eine nette Begrüßung, Aki my dear! Hai, ich hab dich auch vermisst."

Der Blonde streichelte seinem Gegenüber beschwichtigend über die blasse Wange und setzte den Dackelblick auf, der in solchen Momenten immer funktionierte.

"Spar dir das, man!", zickte dieser und schlug die Hand des anderen weg.

"Ich weiß gar nich, was du hast."

"Tu nich so, ich hab alles gesehen."

"Hai, schön für dich. Und?"

Aki verschränkte schmollend die Arme vor der Brust und kniff gereizt die Augen zusammen. Er kaute wütend auf seiner Unterlippe herum, was ihm den Gesichtsausdruck eines Fünfjährigen verlieh.

"Seit wann leckst du dich denn mit solchen Langweilern ab? Ich dachte, du hast Geschmack!"

Der Jüngere zuckte mit der linken Braue und fing an, bis über beide Ohren zu grinsen.

"Ichiki Akihito, du bist eifersüchtig!"

Der Schwarzhaarige schnaubte abfällig. Diese Tatsache zuzugeben, wäre eindeutig zu weit gegangen und hätte nur unnötig an seinem Ego genagt. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie der Blonde neben ihm, sich zu ihm hin beugte und seinen Blick suchte. Gekonnt wich er diesem aus, ließ die Augen stattdessen durch den Raum schweifen.

"Hai, tatsächlich, das bist du! Das ich das noch erleben darf!"

"Komm Saga, halt die Klappe!", meinte der Ältere gereizt und wollte eigentlich noch etwas hinzufügen, wurde jedoch von zwei, ihm altbekannten, Freunden unterbrochen, die erst ihm und dann seinem blonden Gegenüber um den Hals fielen. Völlig überrumpelt schnappte er nach Luft und versuchte nicht nach hinten weg zu kippen, als einer der beiden, ein Rothaariger, an ihn heran sprang um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben.

"Lass das, Shou!", zickte er, konnte jedoch ein leichtes Grinsen nicht unterdrücken.

"Ich weiß doch, dass du das magst!"

Der Größere zwinkerte und piekste den anderen in die Seite, woraufhin dieser murrend einen Schritt zur Seite trat. Saga lächelte. Er wusste genau, dass dies nur ein weiterer Vorwand von Shou gewesen war, um dem Schwarzhaarigen näher zu kommen. Er beteuerte zwar immer wieder, dass es nur dazu diente, den anderen zu ärgern, doch da er ungefähr so durchsichtig war wie Butterbrotpapier, konnte er natürlich niemandem etwas vor machen. Er nickte dem Jüngeren nur kurz zu, um ihm verständlich zu machen, dass er ein weiteres Mal viel zu auffällig gehandelt hatte und schüttelte nur grinsend mit dem Kopf, als ein fragender Blick zurück kam. Dann wandte er sich an den Vierten im Bunde, einen relativ hoch gewachsenen Bishônen mit schwarzblonden Haaren und einem Piercing, rechts in der Unterlippe. Freudig klopfte der Blonde ihm auf die Schulter.

"Seiya, man Alter, wie lange hab ich dich schon nich mehr gesehen? Muss jetz vier Wochen her sein."

"In etwa, hai."

"Wo warst'n du so lange?"

"Hier und da. Meistens mit Tomo unterwegs. Weißt ja, der hat zur Zeit ne Menge Connection zu pflegen."

Saga nickte und grinste wissend. Abschätzend betrachtete er sein Gegenüber und spielte mit der Zunge an seinem Piercing.

"Was grinst du denn da bitte so dreckig?", fragte der Größere und hob die linke Augenbraue.

"Hast du Zeug dabei?"

"Is das echt das Erste, was du mir an den Kopf knallen musst?!"

"Gomen... Hast du?"

"Saga, ich nehm so'n Scheiß nich."

"Nich mehr!"

"Na und. Trotzdem hab ich da nix mehr mit am Hut. Das is eure Angelegenheit."

"Jetz komm, Aki hast du letztes Mal auch was besorgt!"

"..."

"Da sagste jetz nix zu, wa?!"

"Iie. Das war ne Ausnahme."

"Is es bei ihm doch immer!"

"Kami-sama, in ner halben Stunde kommt Tomo. So lange wirst du dich ja wohl noch gedulden können, ne."

"Hai, wenn das so is."

"Leute?!", meldete sich Aki zu Wort.

"Wir gehen kurz weg.", meinte er und deutete auf sich und Shou.

Der Blonde verstand sofort. Entweder würden die beiden jetzt auf dem Klo verschwinden und es treiben oder sie würden, und das hielt er für wahrscheinlicher, nach Jemandem suchen der ihnen Drogen verkaufen würde.

"Bleib sauber, ne Hase."

Saga lachte garstig und missachtete vollkommen den Mittelfinger, der sich ihm nun entgegen gestreckt wurde.

"Blödmann.", zischte der Schwarzhaarige, drehte sich um und drängelte sich zusammen mit seinem Freund durch die tanzende Menge. Die zwei Verbliebenen sahen ihnen hinterher, bevor sie sich an den Rand der Tanzfläche stellten, um ungestört reden zu können ohne dass jemand ihnen auf die Füße trat. Seiya stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte, sich auf der Unterlippe herum kauend, in Richtung Bar. Was er suchte, fand er allerdings nicht.

"Sag ma, was war das denn vorhin für'n Typ?"

Der Angesprochene zog die rechte Braue nach oben.

"Dare?"

"Na der, den du geküsst hast."

"Ich weiß nich, was du meinst."

"Tu nich so. Der war doch heiß."

"Naja, das is so'n Junge den wir aus der Bahn kennen."

"Küsst du alle, die du beim Zug fahren triffst?"

"Ich hab ihn verwechselt."

Der Größere betrachtete sein Gegenüber abschätzend. Er grinste und spielte ausgiebig mit der Zunge an seinem Piercing.

"Nich dein Ernst jetz, ne."

"Doch. Echt."

Seiya tippte dem Blonden mit dem Zeigefinger gegen die Stirn und schüttelte mit dem Kopf.

"Du spinnst ja. So was passiert dir doch sonst nie."

Saga zuckte mit den Schultern. Sein Engelsblick war wieder einmal unübertrefflich.

"Einmal is immer das erste Mal."

"Na klar. Dann sag mir doch bitte, mit wem du ihn verwechselt hast."

"Kennst du nich."

"Jetz hör aber auf, wir kennen haargenau die selben Leute."

"Is doch gut jetz...!"

Der Kleinere machte eine abwinkende Handbewegung und verschränkte die Arme vor der Brust. Dem Blick des andern ausweichend, starrte er vor sich auf den schwarzen Boden. Dann jedoch grinste er und wirkte fast schon schüchtern.

"Naja, vielleicht war's auch Absicht..."

"Aha!", sagte Seiya triumphierend und klatschte in die Hände.

"Ich wollt nur ma gucken, wie er reagiert. Ob der auch so verklemmt is, wie er aussieht."

"Stille Wasser sind tief und vor allem dreckig!"

"Das krieg ich auch noch raus."

Der Größere nickte zustimmend. Er hakte sich bei seinem Freund ein und zog ihn mit sich in Richtung Bar, an der schon seit geraumer Zeit kein schwarzhaariger Junge mehr saß.
 

Der Radiowecker zeigte in roten leuchtenden Zahlen die Uhrzeit an. Es war halb vier Uhr morgens. Müde wälzte sich Tora in seinem Bett umher. Nichts hätte er in diesem Moment lieber getan als geschlafen, doch der vergangene Abend ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Da waren die Gedanken an Yumehito, die ihn verzweifeln ließen und an ihm nagten. Das Bild von ihm und diesem blauhaarigen Typen hatte sich in sein inneres Auge geprägt. Wie sie gelacht und getanzt hatten. Und wie sie sich gegenseitig betatscht hatten. Alles das schwirrte in unregelmäßig kreisenden Bewegungen im Kopf des Schwarzhaarigen hin und her und wollte ihn nicht in Ruhe lassen.

//Es waren nur drei Monate... und außerdem ist Schluss. Er ist mir keine Rechenschaft schuldig, wenn er sich jetzt mit anderen trifft... auch wenn es grade mal ein paar Tage her is seit wir Schluss gemacht haben... seit er Schluss gemacht hat. Es scheint ihm nich besonders nahe gegangen zu sein aber... das hätte ich mir auch schon vorher denken können. So is er eben. Er kann ja auch jeden haben. Es war klar, dass er nich lange alleine bleiben wird.. während ich...//

Tora kniff die Augen fester zusammen und schüttelte eifrig den Kopf. Es kam ihm sinnlos vor, dass er sich Gedanken darum machte. Und er fühlte sich dumm anzunehmen, dass es irgendetwas ändern würde. Es war vorbei. Das musste doch zu akzeptieren sein! Irgendwie musste das doch gehen! Er konnte doch nicht ewig an einem so selbstverliebten, arroganten und überheblichen Typen hängen. Es gab doch noch mehr Jungs auf dieser Welt und nicht nur den einen. Wenn man sich schon viel zu lange vorher in jemanden verliebt, dass es schon fast weh tut und man über all diese schlechten Dinge von ihm hinweg sehen kann, und diesen jemand dann auch bekommt fällt es einem umso schwerer ihn auch wieder los zu lassen. Doch irgendwann wird der Wind die Erinnerungen davon tragen, sie in der Ewigkeit verstreuen und sie so unschädlich machen.
 

*1 Wer mein ”Marry of the blood” gelesen hat, kennt den Schuppen schon! XD *love* Und das Schild is erst die Härte! XD” Schild: *erhangenen Hasen drauf hat* *das nicht lustig findet*

*2 umgerechnet 3.65 € *an der Info sitz* *alles und jeden informier* XD

*3 *nod* *das auch hass*

*4 Das Zeug gibt’s wirklich und des is echt böse! @~@°

*5 Shimatta, der is hinterhältig! Trinkst du von, merkste erst gar nix. Und denn, nach ner halben Stunde… x__X°

*6 Tja, etwa 8€… Der Long Island Ice-tea is bei uns schon so teuer. Ungefähr 6€. Möchte nich wissen, wie viel der in Japan kostet. Alk soll da ja expensive sein… -.-;
 

Musik: Sadie – The bullet storm *love*, Dir en grey – The marrow of a bone, Vulgar *o*, Nega ^^~

Could someone shoot me, please?

Kapitel 3: Could someone shoot me, please?
 

Als der Schwarzhaarige am nächsten Morgen die Augen aufschlug war es bereits halb zwölf. Matt reib er sich das müde Gesicht und fragte sich im Stillen, aus welchem Grund ihn niemand zum Frühstück geweckt hatte. Sonst saß man nämlich Punkt neun am Tisch und kaute stumpfsinnig aber wenigstens gemeinschaftlich vor sich hin. Doch an diesem Tag schien das anders zu sein. Als Tora sich aus seinem Bett erhob und in Richtung Tür tapste, fiel ihm plötzlich der Grund dafür ein, dass er scheinbar alleine war. Ihm kamen die Worte seiner Mutter in den Sinn.

//"Hör mal zu Tora-chan. Oto-san und ich fahren nächste Woche für ein paar Tage in den Urlaub. Wir brauchen ein paar Tage für uns."//

Tora blinzelte. Hatte er das tatsächlich vergessen? Hatte man ihn gestern nicht noch einmal darauf aufmerksam gemacht? Das war also Plan A zur allgemeinen Rettung ihrer Ehe. Abhauen um sich schön zu erholen und den armen Sohnemann völlig allein zurück lassen. Doch wenigstens hatte Tora so für eine Weile seine Ruhe. Mittlerweile stand er bereits im Flur und steuerte die Küche an. Sein Magen hatte ihn nun schon zum zweiten Mal darüber informiert, dass es Zeit wäre etwas zu sich zu nehmen. Der Schwarzhaarige wackelte also zum Kühlschrank, sah hinein und nahm eine Paket Soyamilch hinaus. *1 Während er einen kräftigen Schluck daraus trank fiel sein Blick auf den Esstisch, auf dem ein grüner Umschlag thronte. Er konnte die Handschrift seines Vaters darauf aus machen.

,Bleib sauber!' hatte er geschrieben. Tora konnte den mahnend erhobenen Zeigefinger seines Erzeugers bildlich vor sich sehen. Er musste grinsen. Als er das Kuvert geöffnet hatte, strahlten ihm 14000¥ entgegen. *2

//Wenigstens etwas.//

Der Schwarzhaarige schloss den Umschlag wieder, legte ihn auf die Küchentheke und begann damit, sich Frühstück zu machen.
 

Satt und wieder einsatzfähig stand Tora nun vor seinem Kleiderschrank und wühlte nach einem bestimmten blauen Hemd, welches er einfach zu gern hatte. Ihn überkam jedoch ein blödes Gefühl, als würde sich das Objekt der Begierde noch immer im Wäschekorb befinden. Recht erfolglos musste er also mit einem weißen Shirt mit Kapuze und einem verwaschenen Totenkopf darauf Vorlieb nehmen. Er betrachtete den roten Aufdruck.

//Hätte dem bekloppten Visu sicher gefallen.//

Dann stutzte er. Hatte er tatsächlich grad einen Gedanken an dieses merkwürdige Individuum verschwendet? Da wurde dem Schwarzhaarigen erst wieder so richtig bewusst, was am Vorabend vorgefallen war. Über Nacht hatte er es erfolgreich verdrängen können, doch nun kam der zähe Brei von schlechten Erinnerungen um die Ecke gesickert und lachte bereits garstig. Tora kniff die Augen zusammen. Dieser dämliche Penner hatte ihn tatsächlich geküsst. Auf den Mund und sogar fast mit Zunge, hätte er nicht eingegriffen. Und es war dem Idioten nicht einmal unangenehm gewesen, dass er sich anscheinend in der gewünschten Person geirrt hatte. Tora kniff instinktiv die Augen zusammen und legte die Hand ins Gesicht. Er war so etwas einfach nicht gewohnt. Einfach so von einer fremden Person geküsst werden, das hatte sich noch niemand vorher herausgenommen.

//Nich drüber nachdenken! Nich drüber nachdenken! Vergessen, vergessen, vergessen....!!!//

Eine gute Ablenkung musste her und wurde auch sogleich in der Möglichkeit Internet gefunden. Der Schwarzhaarige zückte also seinen Laptop, den er zu seinem letzten Geburtstag bekommen hatte, setzte sich auf sein Bett und nahm sich vor nachzusehen, ob einer seiner Freunde online war. Nachdem er sich in ihrem Lieblingsachat angemeldet hatte und sein Profil zu Vorschein kam, leuchtete sofort ein Lämpchen neben dem Icon seines rothaarigen Kumpels auf. Tora lächelte und klickte sofort auf das Symbol, welches ihn in den selben Chatroom brachte wie den anderen. Sogleich schrieb er ihn an.
 

Bittersweet: Hey Nao, alles klar?

Scarlet*Red: Immer doch! ^_______^ Und selbst?

Bittersweet: Passt schon. >.>° Wie immer halt...

Scarlet*Red: Warst ja gestern so schnell verschwunden... Ó.Ò°

Bittersweet: Naja, war halt müde.

Scarlet*Red: ô.O Meinste? War nich zufällig wegen Yume, ne?

Bittersweet: -.- Nao...

Scarlet*Red: Was denn? >.>°

Bittersweet: Könnt ihr mich nich ein Mal mit dem in Ruhe lassen?

Scarlet*Red: Iie!

Bittersweet: Warum nich?

Scarlet*Red: Wir machen uns auch Sorgen!

Bittersweet: Wer is denn bitte "wir"?

Scarlet*Red: Hiro und ich? ô.Ö

Bittersweet: Hiro macht sich Sorgen? Nich dein Ernst!

Scarlet*Red: Naja, kennst ihn ja. Er zeigt so was nich so gern. Aber es is so.

Bittersweet: Und warum?

Scarlet*Red: Weil wir wissen wie viel Yume dir bedeutet hat.

Bittersweet: Sou desu ka?

Scarlet*Red: Hai. Wir wollen dich aufheitern. ^^

Bittersweet: Und wie wollt ihr das machen?

Scarlet*Red: Hiro hat ein Picknick vorgeschlagen. °-(^3^)-°

Bittersweet: O_O

Scarlet*Red: ó.ò Nich gut?

Bittersweet: Doch. Eigentlich gar keine schlechte Idee...

Scarlet*Red: xD Also kommst du?

Bittersweet: Klar doch. Wann denn? Und wo überhaupt?

Scarlet*Red: In dem Park neben dem neuen Einkaufszentrum. Um... 2?

Bittersweet: Lass mich raten, du bringst Kaffee mit... -.-

Scarlet*Red: Und Kekse! *3*

Bittersweet: xD Gut, dann sehen wir uns ne. Ja ne~

Scarlet*Red: Bai bai! ^_______^
 

Tora loggte sich wieder aus und fuhr den Laptop herunter. Stöhnend fuhr er sich durch das glatte schwarze Haar und ließ sich nach hinten an die Stuhllehne sinken. Ein Picknick also. Seine Freunde wollten ihn tatsächlich ablenken. Ablenken....! Man konnte ihn nicht von dem Gedanken abbringen verarscht worden zu sein. Und genauso wenig konnte ein ,gemütliches Beisammensein' das Gefühl von Einsamkeit bewältigen, das stets und ständig vorhanden war, ohne das der junge Mann tatsächlich allein war. Es würde überhaupt nichts bringen, da war er sich sicher, doch abschlagen wollte er es den anderen auch nicht. Immerhin machte sich mal jemand Gedanken um ihn, oder tat wenigstens so.

//Kopfschmerzen... scheiß Alkohol...//

Der Schwarzhaarige stand ächzend auf, hielt sich den hübschen Kopf und machte sich auf ins Bad. Eine Runde durch die Waschanlage war fällig, danach das tägliche lackieren. Vor einiger Zeit hatte er es sich angewöhnt sich Kayal unter die Augen zu schmieren. Das fiel zwar in den meisten Fällen so dezent aus, dass die meisten Leute es gar nicht bemerkten, doch wenn er sich einmal nicht schminkte, fühlte er sich direkt nackt. Als hätte er vergessen sich eine Hose anzuziehen. Und da jeder weiß, wie unangenehm es sein muss ohne Klamotten durch die Öffentlichkeit zu gehen, gehörte das bepinseln nun zum morgendlichen Ritual.

So machte er sich also für das spätere Treffen fertig und ließ allerlei böse Gedankengänge dabei völlig außer Acht, die sich in seinem Hinterkopf versteckten.
 

"Noch drei Tage zur Schule und dann sind Ferien!"

Nao lächelte selig und knabberte genüsslich an einem Stück Kuchen. Er drehte sich kurz von der Bauchlage in eine Sitzposition. Ein paar Schokoladenstückchen krümelten dabei auf seinen Shirt.

"Dann hast du ja genug Zeit um nen Kurs für Benimmregeln beim Essen mitzumachen.", meinte Hiroto und nahm einen eleganten Schluck Tee aus seiner Thermoskanne.

Die drei Freunde hatten es sich auf einer rot-grün karierten Decke, unter dem größten Baum den sie hätten finden können, gemütlich gemacht. Es war die Idee des Jüngsten gewesen. Er wollte im Schatten sitzen, da er der Meinung war, sonst könnte ihm sein edler blasser Teint flöten gehen. Tora hatte darüber nur schmunzeln können. Während seine Freunde noch erzählten und sich gegenseitig fütterten lag er bereits auf dem Rücken und spähte durch die Zweige der Rotkiefer über ihm in die vorbeiziehenden Wolken. Eine Hand stützte den Kopf, die andere lag auf dem voll gefutterten Bauch. Er schloss die Augen und atmete tief durch, genoss für einen kurzen Moment die Ruhe die von der umliegenden Natur ausging, bis ihm etwas ins Gesicht krümelte. Als der Schwarzhaarige die Augen wieder öffnete blickte er gradewegs in das grinsende Gesicht des Rotschopfs.

"Keks?", fragte dieser, mit eben diesem herumfuchtelnd.

Noch mehr Krümel stürzten dem Ältesten entgegen. Stöhnend richtete er sich auf und versuchte den Unrat von seinem Körper zu entfernen.

"Danke, ich hab genug, glaub ich."

Nao zuckte mit den Schultern.

"Dann nich. Mehr für mich."

Genervt zupfte Tora an seinem Shirt und stöhnte. Kindergartenscheiße konnte er im Moment überhaupt nich gebrauchen.

"Was'n schon wieder los mit dir? Du ziehst ja ne Fresse wie Hiro, wenn er zwei Wochen keinen Sex hatte."

Es folgte ein empörtes Quietschen aus der Ecke des Blonden, welches von niemanden so Recht beachtet wurde. Sich nachdenklich am Kopf kratzend suchte der Älteste den Blick des anderen.

"Passt schon. Hab Kopfschmerzen."

"Geh ma zum Arzt damit, vielleicht hast du nen Tumor."

Tora zog eine Augenbraue nach oben und grinste.

"Na, du kannst einem ja Mut machen."

"Mach dir ma keine Sorgen. Wenn du tot bist teilen Hiro und ich alles gerecht untereinander auf was dir ma gehört hat."

"Sehr tröstlich, Nao-chan, sehr tröstlich. Danke für deine Anteil nehmenden Worte."

"Kein Problem, immer wieder gern.", sprach's und nippte glucksend an seinem Kaffeebecher. Als er wieder absetzte, wurde sein Blick jedoch ernster.

"Nee, jetz ma in echt. Du denkst doch nich schon wieder an ihn ne?"

Ein fragender Seitenblick des Angesprochenen kam zum Vorschein. Er schien wenig begeistert zu sein, dass das Thema ein weiters Mal die Richtung ,Yumehito und die Scheiße die er abgezogen hat' einschlug.

"Ich denk, ihr wolltet mich von dem ablenken. Und jetz sprichst du mich schon wieder drauf an?"

"Gomen ne. Wollt bloß fragen."

"Lass es lieber. Daijobô desu."

"Wirklich?"

"Ess noch 'n Keks."

Der Rothaarige schüttelte mit dem Kopf, ließ es dann aber dabei bleiben. Er selbst hatte auch nicht immer Lust darauf, über den blonden Schönling von ihrem Schulhof zu lamentieren.

Tora legte sich wieder auf den Rücken und versuchte erneut sich zu entspannen, was für ihn bei dieser Gesellschaft nun wirklich nicht einfach war. Nur ein wenig Ruhe. Doch das war anscheinend schon zu viel verlangt.

"Guckt ma, Leute.", ertönte da Hirotos Stimme und ließ den Schwarzhaarigen zusammenzucken, der damit in dem Moment nicht gerechnet hatte.

Grummelnd drehet er sich auf den Bauch und betrachtete müde den Jüngeren vor sich.

"Was denn?"

Hiroto deutete auf etwas, die Augen groß aufgerissen. Der Größere folgte dem Fingerzeig und erblickte zwei männliche Personen, die sich ebenfalls im Park aufhielten.

"Ja, und?"

"Na, erkennst du den einen da denn nich?"

Tora hob die Brauen an und spähte ein weiteres Mal in Richtung der fremden Personen. Sollte er die etwa kennen? Woher denn, bitte schön? Er hatte doch sonst nicht viel mit anderen Menschen zu tun, außer mit seinen beiden Freunden. Erst nach einem dritten skeptischen Blick fiel ihm ein, woher er den kleineren der Beiden Jungs kannte. Die vielen Piercings und die krasse Schminke. Dass er da nicht eher drauf gekommen war! Diese Person gab es nur einmal in ganz Tokyo.

"Das is doch dieser Aki, ne."

"Richtig. Glückwunsch.", erwiderte der Blonde trocken.

Der Ältere kratze sich am Kopf und ließ seine Augen durch den gesamten Park schweifen.

//Kein Saga. Kami-sama sei Dank!//

"Und was is der andere für einer?"

Tora legte den Kopf schief.

"Keine Ahnung. Den hab ich noch nie gesehen.", mischte der Rothaarige sich nun ein.

"Ich auch nich. Sonst is er doch immer mit dem blonden Typen zusammen."

"Der, auf den Tora-chan so steht?"

"Bitte?!"

Der Größere stöhnte empört auf.

"Stimmt doch."

"Red keinen Scheiß, Nao!"

"Du kannst ruhig ehrlich sein."

"Und du kannst mal die Klappe halten."

"Also ich find den ganz niedlich.", meinte der Jüngste und betrachtete interessiert die beiden dunkel gekleideten Personen, die sich auf dem Weg zu ihnen befanden, jedoch ohne sie dabei bewusst anzusteuern.

"Jedenfalls würde ich ihn und seinen schwarzhaarigen Kumpel da drüben nich von der Bettkante stoßen."

Nao piekte dem Blonden in die Seite und lachte.

"Wundert mich jetz irgendwie gar nich!"

Hiroto streckte ihm die Zunge heraus und machte sich dann wieder daran, die Visus zu beobachten.

"Shimatta, dieser Aki hat aber echt verdammt enge Sachen an!"

Seine Pupillen fuhren die schlanke Silhouette ab, die lediglich mit einem asymmetrischen bauchfreien Oberteil und einer knielangen schwarzen Hose bekleidet war. Mit klobigen Springerstiefeln hüpfte er neben einem hoch gewachsenen jungen Mann, mit Zylinder auf dem Kopf, her.

"Sieh an, sieh an. Hiro denkt ma wieder mit dem Inhalt seiner Hose."

"Und das is'n Haufen Inhalt! Ich meine, wir reden hier von mindestens 25 Zentimetern!", lachte der Blonde.

"Baka!"

"Sagt ma, was macht ihr eigentlich in den Ferien?", wurde da plötzlich in die Runde geworfen, um das Thema wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.

Tora blickte seine Freunde fragend an, gespannt, welche Antwort er erhalten würde.

Hiroto lehnte sich freudestrahlend zurück und sah in den Himmel.

"Zwei Wochen an der Küste bei meinem Bruder und seiner Family, dann drei Wochen auf dem Land bei meinen Großeltern und die restliche Zeit bei meiner Schwester. Ich bin total verplant."

"So so. Und du, Nao-chan?"

Der Rotschopf machte dicke Backen und eine abwinkende Handbewegung.

"Hör bloß auf! Ich muss die ganze Zeit bei meinem Onkel in Osaka im Laden aushelfen. Befehl vom Chef. Und damit meine ich meinen Dad."

"Die ganzen sechs Wochen?!"

"Hai sou desu."

"Na toll! Ihr seit beide weg und ich bin ganz allein?"

"Sieht ganz so aus."

Der Schwarzhaarige rollte genervt mit den braunen Augen, zupfte nebenher an den Fransen der Decke unter ihm herum. Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Sommerferien. Und er ohne Kumpels. Undenkbar. Was sollte er denn mit sich anfangen, wenn er ganz alleine war? Jeden Tag den Wagen seiner Eltern waschen? Oder das Haus putzen?

"Super."

Schmollend betrachtete er die leuchtend rote Kaffeekanne vor sich.

"Du wirst es überleben.", meinte der Blonde beschwichtigend.

Der Ältere sah gespielt ängstlich zur Seite, seinem Freund direkt in die Augen.

"Und wenn nich?"

Hiroto beugte sich ein Stück nach vorne und streckte seine langen schlanken Finger nach den Haaren des anderen aus. Lächelnd wuschelte er durch sie hindurch und ließ sich keinesfalls durch den strafenden Blick seines Opfers irritieren.

"Wird schon. Leg dir doch ein neues Hobby zu."

"Hey, klasse Idee. Ich werd dann den ganzen lieben langen Tag die Blumen jäten und das Unkraut gießen."

"Anders rum."

Nao gluckste.

"Hai, kann sein."
 

"Sagt ma, hat einer von euch mitbekommen wo die zwei Typen auf einmal hin waren?"

Hiroto saß mit seinen Freunden im letzten Abteil ihres Zuges auf dem Weg nach Hause. Er hatte die langen Beine elegant übereinander geschlagen und spielte an einer seiner Haarsträhnen herum.

"Weiß nich. Is mir auch egal.", kam es daraufhin monoton von seinem schwarzhaarigen Gegenüber.

Dieser sah gelangweilt aus dem Fenster, schien sich nicht über die Visus unterhalten zu wollen. Er sah auch keine wirklichen Grund, sich mit den für ihn völlig fremden Personen zu beschäftigen. Schließlich kannte er sie gar nicht. Lieber ließ er die Stille auf sich wirken, die sich erholsamer Weise breit machte. Ihm fiel ein winziger Tropfen auf, der grade auf das Fenster getropft war. Es folgte ein zweiter. Der junge Mann lächelte. Es schien zu regnen. Nicht stark, dennoch ausreichend um sich bemerkbar zu machen. Tora hatte den Regen schon immer geliebt. Als er noch ein kleiner Junge gewesen war, war er im Sommer immer raus gerannt, sobald es angefangen hatte zu nieseln. Dann hatte er sich auf den Rasen im Vorgarten gesetzt und dem Prasseln gelauscht. Bis seine Mutter dies bemerkt hatte, war er meist bereits nass und dreckig gewesen, aber hatte über das ganze Gesicht gestrahlt.

"Ach du scheiße..."

Eine helle Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Die Augenbrauen nach oben ziehend blickte er auf, dem Kleineren vor sich entgegen. Dieser sah interessiert an dem Größeren vorbei, in den Gang hinein.

"Was'n?"

Der Blonde schüttelte flüchtig den Kopf

"Nichts, nichts. Dreh dich einfach nur nich um. Dann is alles bestens.", meinte der Jüngere und kaute auf seiner Unterlippe herum.

Er schielte an dem anderen vorbei, wendete seinen Blick dann jedoch schnell ab, als hätte ihn jemand in der Schule beim abschreiben erwischt. Instinktiv und gegen die Bitte des Jüngeren drehte Tora sich um und sah etwas, das er nun wirklich in diesem Moment nicht so recht gebrauchen konnte. Ein blonder lasziver junger Mann schlenderte auf der Suche nach einem Sitzplatz durch das Abteil und hatte Dank seiner vielen Ketten an der knappen Hose die Aufmerksamkeit aller Anwesenden sicher. Seine Augen wanderten unruhig umher, und der Schwarzhaarige machte sich bereits auf das gefasst, was nun folgen musste. Der Visu erkannte sie. Er grinste breit, als er die kleine Gruppe Jungs erblickte und schlenderte sogleich auf sie zu. Schwungvoll ließ er sich den Platz neben Tora sinken und beachtete dessen empörten ,What-the-fuck-?!'-Ausdruck nicht für eine Sekunde. Es schien ihm überhaupt nichts auszumachen, dass er spürbar unerwünscht war. Sofort erstarb das Gespräch, dass zuvor noch aktuell war. Niemand sagte mehr ein Wort. Der Visu hob überrascht die Augenbrauen und ließ sich zurück in den Sitz sinken.

"Wow, habt ihr nich eben noch alle geredet?", fragte er und grinste alle Beteiligten dämlich an.

Nao gab ein sarkastisches Lachen von sich und blickte, sich auf der Unterlippe herum kauend, aus dem Fenster. Wahrscheinlich hatte er die merkwürdige Ansicht, dass dieser Typ auf der Stelle zerplatzen würden, sobald er ihn ignorierte. Hiroto starrte dem Blonden lediglich auf die nackten Schenkel und versuchte ein dreckiges Grinsen zu unterdrücken. Der Visu zog die Augenbrauen nach oben und kratzte sich am Kopf.

"Und Schnucki sagt auch nix mehr?"

Er piekte dem Schwarzhaarigen neben sich in die Seite und sah ihn auffordernd an. Dieser zuckte sofort zusammen und knurrte den Anderen an.

"Lass das!", zickte er.

"Was? Das?", fragte Saga völlig unschuldig und tat das selbe noch einmal.

Tora fuhr sofort herum und ließ seine rechte Hand mit der Wange des Blonden kollidieren.

"Fass mich nich an! Ich warne dich!", schnauzte er und erhob mahnend die Hand.

Der Visu wedelte abwehrend mit den Armen herum. Noch immer grinste er.

"Aber, aber! Wer wird denn da so gereizt sein?! Magst mich nich mehr oder was?"

Der Größere war nun so geladen, wie er es schon lange nicht mehr gewesen war. Noch einmal wandte er sich an seinen Nebenmann und holte tief Luft. Die Blicke seiner Freunde ruhten auf ihm und ließen erahnen, dass Beide genau wussten was nun folgte.

"Jetz hör mir ma zu, du arrogantes Arschloch! Du hältst dich vielleicht für unwiderstehlich ne?! Aber tut mir Leid, da muss ich dich leider enttäuschen! Denn das bist du nich!!! Also lass gefälligst diese ständigen Anmachen und Spielereien! Du gehst mir nämlich tierisch auf die Eier! Und wenn du mich noch einmal ,Schnucki' nennst, musst du dich demnächst nach neuen Springerstiefeln umsehen! Denn deine stecken dir dann im Arsch!!! Merk dir das, du Brot!"

Hiroto und sein rothaariger Freund fingen sofort an vor sich hin zu glucksen. Sie beobachteten den Blonden vor ihnen und warteten gespannt auf seine Reaktion. Dieser schien für einen kurzen Moment überhaupt nicht zu wissen, was er darauf antworten sollte. Ihm fehlten anscheinend die Worte, doch nach ein paar Sekunden fing er leise an zu lachen.

"Geil, du traust dich ja ma richtig was!", meinte er und klopfte dem Schwarzhaarigen anerkennend auf die Schulter.

"Hätt ich nich von dir erwartet. Respekt."

Er grinste fröhlich und rieb sich flüchtig über die gerötete Wange. Tora allerdings war der Meinung sich in den nächsten zehn Sekunden auf eine Implosion seinerseits vorbereiten zu müssen. Er war wütend. Wahnsinnig wütend. Sein Gesicht wechselte die Farbe auf Aubergine. Doch noch ehe er etwas patziges erwidern konnte, richtete Saga sich bereits auf und machte sich bereit, ihre Gruppe zu verlassen. Überfreundlich lächelnd hielt er jedem von ihnen die Hand entgegen und ließ sich auch keinesfalls davon beirren, dass niemand sie ergriff. Stattdessen verbeugte er sich kurzerhand und zauberte einen Zettel aus seiner Hosentasche hervor, den er Tora auch direkt in die Kapuze stopfte.

"Matane, Leute. Man sieht sich mit Sicherheit.", sagte er abschließend und verschwand so schnell wie er erschienen war in der drängelnden Menge, die versuchte sich so schnell wie möglich durch den Ausgang zu quetschen. Zurück blieben zwei Gestalten, die sich gegenseitig fragend anblickten, und ein schwarzhaariger Junge, der sich ungläubig in die Kapuze seines weißen Oberteils griff. Etwas schockiert betrachtete er das gefaltete Stück Papier in seiner Hand und richtetet dann den Blick auf seine Freunde vor sich.

"Was hat der Typ dir den da zukommen lassen?", fragte der Jüngste und zog seine rechte Braue übertrieben angewidert nach oben.

Er beugte sich leicht nach vorn um den Zettel besser sehen zu können. Der Größere ließ seine neuste Errungenschaft jedoch lediglich auf den Boden segeln, anstatt nachzusehen, was darauf geschrieben stand.

"Interessiert dich gar nich was der will?", fragte Hiroto abermals neugierig.

Tora zuckte mit den Schultern.

"Der Spinner soll mich bloß in Ruhe lassen."

"Ich hätte das wissen wollen."

"Schön für dich. Ich aber nich. Wenn du's so wichtig findest, schau doch selber nach."

Der Blonde sah ihn überrascht an, schüttelte jedoch nur mit dem Kopf und meinte:

"Iie, is ja deine Post. Geht mich wohl nix an."

Es folgte ein ungläubiger Blick von Seitens Tora und Nao.

"So was hab ich ja noch nie von dir gehört, Hiro."

Der Rotschopf kicherte.

"Das hat sich ja fast erwachsen angehört!"

"Pass bloß auf, demnächst erzählt er uns noch was über die Sünde, seinen Körper an fremde Männer zu verschenken!"

"Oder er fängt an seine knappen Klamotten zu verhökern und nur noch normales Zeug zu tragen!"

Der Blonde betrachtete grinsend seine Freunde und bohrte sich den Zeigefinger gegen die Stirn.

"Ihr spinnt wohl, das wird nie passieren!"
 

Eine viertel Stunde später fand Tora sich fast allein in seinem Abteil wider. Seinen Blick ließ er aus dem Fenster schweifen. Erschöpft betrachtete er die Landschaft außerhalb des Zuges. Er fuhr diese Strecke nun beinahe täglich. Seit fast neun Jahren schon. Nichts schien sich verändert zu haben. Jeder Baum, jede Laterne, ja sogar jedes am Rand parkende Auto standen Tag für Tag am selben Fleck und wollten sich einfach nicht verändern. Der Schwarzhaarige kannte bereits jede kleinste Kleinigkeit bis ins Detail auswendig. Er hasste diese Erkenntnis. Nichts nervte ihn so sehr wie die Gewohnheit. Nichts, außer vielleicht dieser dämliche blonde Vollidiot von vorhin. Der war schließlich so aufdringlich das es bald gar nicht mehr ging. Unerträglich. Beinahe schon penetrant. Und absolut unangenehm. Außerdem noch unhöflich.

Wo war noch gleich der Zettel? Ein dunkelbraunes Augenpaar suchte flüchtig den Fußboden ab, bis es auf ein weißes Stück Papier traf und dieses fixierte. Tora stutzte. Sollte diese verdammt Neugier ihn doch noch überrumpeln? Konnte er sie denn partout gar nicht unterdrücken? War er denn wirklich so charakterschwach, dass er sich nicht einmal selbst etwas verbieten konnte?

Nach einem weiteren Blick auf den Boden beantworteten sich diese Fragen von selbst. Möglichst unauffällig beugte sich der schlanke Körper nach vorne. Die langen Finger angelten nach dem Objekt der Begierde und bekamen auch, was sie wollten. Der Schwarzhaarige lehnte sich zurück und faltete den Zettel in seinen Händen auf. Er machte sich darauf gefasst einen geistreichen Satz im Sinne von ,Ey, du stinkst!' oder ,Ich will deine Unterwäsche sehen.' erblicken zu können, sobald das Papier entfaltet war und war umso überraschter als er las, was wirklich darauf stand.
 

Schreib doch mal. "Spooky&Insane" *3

Mein Nick is "EdenEye".
 

*1 *love* *love* *love* *grad auch welche trinkt* I love Soya! *3*

*2 Ganz genau 102,20€! ^____^ *Umrechner von Yen in Euro auf Handy hat*

*3 Hab ich mir ma ausgedacht ne. Is halt so ähnlich wie Mexx. ^^
 

Anmerkung: Ich wollte mich ma bei allen bedanken die Tora, Saga und mir so treu sind und immer brav lesen, sobald was Neues bei Mexx on is. *alle drück* ^_________________^ Domo arigatô für die lieben Kommis und das Aufnehmen in die Favoritenliste!!! *schnief* Wer ein Problem mit Adult-Kappis hat kann sich vertrauensvoll an mich wenden, ne! ^_______^ Es wird nämlich mindestens eins kommen. *doch ihre U-18 Leser net im Stich lassen kann*
 

Musik: Asagi - Corvinus, Vidoll - Deathmate, Manson - Eat me, drink me

To win a wicked game

Kapitel 4: To win a wicked game
 

Zwei Tage später. Ein kurzer Blick auf ein Stückchen Papier. Ein Kopfschütteln. Ein flüchtiger Gedanke. Ein weiteres Kopfschütteln. Ein Blick in die andere Richtung. Ein Seufzen. Ein wiederholter Blick auf den Zettel. Ein neuer Gedanke. Das Geräusch von klickenden Tasten.
 

Es war bereits acht Uhr Abends als sich ein junger Mann hinter seinen Computer klemmte und das Internet startete. Sofort wurde die Adresse eines Chats eingegeben und flinke Finger tanzten über die Tastatur, um sich anzumelden. Während der kurzen Ladezeit des eigenen Profils fuhr der Schönling sich durch die blonden, abstehenden Haare und spielte mit der Zunge an seinem Unterlippenpiercing herum. Als die Seite sich fertig aufgebaut hatte erstrahlte der goldenen Schriftzug ,EdenEye' über dem Steckbrief und dem Gästebuch des Visus. Eine blinkende kleine Ratte im unteren Bildschirmbereich signalisierte, dass Saga bereits eine ungelesene Nachricht empfangen hatte. Sofort öffnete er seinen Posteingang und sah nach, was ihm geschrieben worden war.
 

Bittersweet: Merkwürdiger Chat is das hier. ô.ó
 

Als er den Absender erblickte stutzte er. Der Nickname sagte ihm überhaupt nichts. Die Nachricht wurde sechs Minuten, bevor sie von ihm gelesen wurde abgeschickt. Ein kleines silbernes Glöckchen neben dem Namen zeigte Saga an, dass die unbekannte Person hinter dem Pseudonym ,Bittersweet' sich noch im Chat befand. Er beschloss zu antworten. Vielleicht war es ja jemand wichtiges.
 

EdenEye: Kennt man dich?
 

Er lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und wartete auf eine Reaktion. Sekunden später folgte bereits die Antwort.
 

Bittersweet: Solltest du eigentlich.
 

Der Blonde kratzte sich nachdenklich am Kopf. Sollte er also? Aber woher denn?
 

EdenEye: Echt?

Bittersweet: Du bist echt nich der Hellste, ne. Denk ma scharf nach.
 

Wer konnte das jetzt wieder sein? Hatte er nicht alle in seiner Freundesliste, die sich sonst bei ihm meldeten? Er hatte doch eigentlich niemandem seinen...

Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

//Kami-sama, wie blöde bin ich überhaupt?!//
 

Eden Eye: Schnucki! xD

Bittersweet: Nenn mich nich so! >O<

EdenEye: Man, mit dir hab ich ja gar nich gerechnet. ^_______^

Bittersweet: Ich auch nich, lass ma. -.-

EdenEye: Aber du hast es doch getan! ^__________^

Bittersweet: Hast mir doch deinen Nick verraten, oder nich? -_-

EdenEye: Konnt ja keiner wissen, dass du schreibst. Cool, freut mich.

Bittersweet: Es freut dich? Ö.O

EdenEye: Natürlich!

Bittersweet: Naja.... Sag ma, krieg ich jetz eigentlich Ärger? -.-

EdenEye: Nani? Von wem? ö.O

Bittersweet: Von dem Typen, der dir immer am Hintern hängt.

EdenEye: Aki? xD

Bittersweet: Von mir aus. -.-;

EdenEye: Wieso solltest du?

Bittersweet: Er sieht mich immer mordlüstern an, wenn du mit mir redest.

EdenEye: Das macht er bei jedem. Mach dir nichts draus.

Bittersweet: Tu ich nich. ô.Ó

EdenEye: Dann is ja gut.

Bittersweet: Warst ja heute so allein unterwegs.

EdenEye: Und?

Bittersweet: Gehst doch sonst keinen Schritt ohne deinen Lakaien.

EdenEye: xD Er war im Park. Hatte ein Date.

Bittersweet: Weiß ich. Hab ihn gesehen.

EdenEye: Sou desu ka?

Bittersweet: Hai. Mit so nem Brünetten mit Zylinder auf'm Kopf. Ö.o

EdenEye: Tomoyuki!

Bittersweet: Dare? -.-;

EdenEye: Ein Kumpel.

Bittersweet: Aha. Oh, es is ja schon ziemlich spät.

EdenEye: Naja, halb neun. Nich wirklich spät, wie ich finde. ö.ô

Bittersweet: Ich muss aber jetz aufhören. Hab noch zu tun.

EdenEye: Echt? Du willst mich schon verlassen?

Bittersweet: Hai.

EdenEye: O_________O° Na dann, viel Spaß.

Bittersweet: Werd ich haben.

EdenEye: Schreiben wir morgen wieder? ówò

Bittersweet: ...

EdenEye: ?___________?

Bittersweet: Ma sehen. Ich meld mich.

EdenEye: ^_______^ Okay. Matane!

Bittersweet: Jaa ne.
 

Tora loggte sich aus, ließ sich abermals in seinem Stuhl zurück sinken. So richtig wusste er nicht, warum er dem Visu geschrieben hatte. Es war mehr oder weniger spontan über ihn gekommen. Er war einfach zu neugierig.

Stirnrunzelnd starrte er vor sich auf den Bildschirm. Seine Finger fummelten nervös an dem Kragen seines Shirts herum, schienen keine Ruhe finden zu können. War das jetzt gut gewesen? Hätte er ihm lieber nicht schreiben sollen?

//Warum eigentlich nich? War doch ganz locker. Außerdem hab ich ihm ja nichts persönliches verraten, was er gegen mich verwenden könnte. Man kann ja auch ma mit wem neuen schreiben. Muss ja nich unbedingt was heißen. Wahrscheinlich geht das sowieso nich lange, weil der Typ irgendwann das Interesse verliert und sich alles im Sand verläuft. Und dann is sowieso alles wieder wie vorher. Es gibt also keinen Grund sich Gedanken darüber zu machen, ob es falsch oder richtig war. Vielleicht freundet man sich ja flüchtig an. Wer weiß, wann einem ma so ein Typ von Nutzen sein kann. Wenn einen ne Gang verprügeln will zum Beispiel...//

Seine Hand griff zu dem Glas Wasser, welches vor ihm auf dem buchefarbenen Tisch stand, und führte dieses an seinen Mund. Ihm kam der flüchtige Gedanke, dass der Visu vielleicht doch nicht so ein Arschloch war, wie er es sich erst gedacht hatte. Immerhin war der Blonde nie wirklich gemein oder fies zu ihm gewesen. Zwar etwas vorlaut und eventuell ein wenig zu aufdringlich, aber nie aggressiv oder ähnliches. Mal ganz abgesehen von dem durch geknallten Vieh, welches stets und ständig an ihm dran zu hängen schien. Vor dem konnte man schon mal Angst bekommen, doch dieser Saga schien auf den zweiten Blick recht in Ordnung zu sein.

//Wir werden sehen...//
 

Am letzten Tag vor den Ferien machte sich Tora auf den Weg zum Bahnhof. Er war alleine. Seine beiden Freund hatten sich von der Schule abholen lassen, damit die Ferien für sie direkt beginnen konnten. Der Schwarzhaarige machte sich nicht viel daraus, ohne sie gehen zu müssen, doch etwas ungewohnt war es für ihn schon. Sonst konnte er den ganzen Schulweg ihrem Geplapper lauschen. Jetzt war es relativ ruhig um ihn. Er hatte seinen Rucksack geschultert und lief lässig die schier endlose Straße entlang, die ihn zu seinem Ziel führen sollte. Der Tag war wie im Fluge vergangen und so kam es dem jungen Mann noch gar nicht vor als wäre es an der Zeit nach Hause zu gehen. Sechs lange Wochen ohne seine beiden Kumpels lagen vor ihm und er hatte nicht die geringste Ahnung wie er diese überbrücken konnte, ohne an Langeweile zu sterben. Ohne Hiroto und Nao war es ihm einfach zu blöd shoppen zu gehen oder sich in ihrer Lieblingsbar zu betrinken. Genauso abwegig erschien es ihm jedoch, sich nun an andere Leute zu wenden, mit denen er sonst überhaupt nichts zu tun hatte. So musste er sich also damit abfinden, dass er die ganze Zeit zuhause herumhängen und auf Mails oder Grußkarten seiner Freunde warten würde. Schon allein bei dem Gedanken daran hätte der Schwarzhaarige sich am liebsten einen Strick genommen. Schlimmer konnte es gar nicht mehr kommen!

"Hey!", rief plötzlich jemand hinter ihm und riss ihn damit aus seinen Gedanken.

Doch es klang nicht, als würde er die betreffende Person kennen. Kurz runzelte Tora die Stirn. Ohne sich jedoch nach der fremden Stimme umzudrehen ging der junge Mann weiter und kümmerte sich nicht weiter darum. Ständig riefen irgendwelche Leute diverses Zeug durch die Gegend und es war ziemlich unwahrscheinlich, dass er gemeint war. Erst, als die selbe Stimme noch einmal rief, wurde ihm bewusst, das er angesprochen war. Denn dieses unverwechselbare:

"Hey Schnucki!", konnte offensichtlich nur von einer Person stammen.

Der Schwarzhaarige blieb kurz stehen und schloss die Augen. Es war also Saga.

//Na toll, der hat mir noch zu meinem Glück gefehlt...!//

Er atmete tief durch und fragte sich innerlich, was er nun tun sollte. Ignorieren und weiter gehen? Oder warten? Immerhin hatten sie gechattet. Es wäre mehr als unhöflich ihn nun einfach so stehen zu lassen. Und merkwürdig außerdem. Er beschloss, erst einmal nachzusehen, ob der Visu alleine unterwegs war oder seinen Aggro-kumpel dabei hatte. Auf eine Begegnung mit dem war er nämlich nicht besonders scharf. Doch nachdem er sich umgedreht hatte, musste er zu seiner Erleichterung feststellen, dass der Blonde alleine war. Er lief grinsend auf ihn zu und machte dabei dermaßen Krach mit seinen geschätzten 1358 Ketten an der Hose, dass sich allerhand Leute den Hals nach ihm verrenkten. Es war das erste Mal gewesen, dass Tora ihn in einer Schuluniform gesehen hatte. Wahrscheinlich war es auch recht selten, dass er die Schule besuchte.

"Wo willst du denn so eilig hin?", fragte der Kleinere etwas atemlos, als er endlich bei Tora angelangt war.

Dieser zog eine Augenbraue nach oben.

"Eeto, zum Zug, ne.", antwortete er und deutete mit dem rechten Zeigefinger in Richtung Bahnhof.

Dafür erhielt er sogleich ein freudiges Grinsen.

"Sugoi! Dann können wir ja zusammen gehen!"

Der Größere stutzte kurz, schien zu überlegen was es sich denn da so zu freuen gab, stimmte dann jedoch nickend zu und setzte seinen Trott fort. Der Jüngere tapste neben ihm her und betrachtete neugierig seine Umgebung als hätte er sie nie zuvor gesehen. Eine ganze Weile sprachen sie überhaupt nicht miteinander, bis dem Schwarzhaarigen endlich eine halbwegs intelligente Frage in den Sinn kam.

"Sag ma, fährst du öfter mit meinem Zug oder war das letztes Mal nur Zufall gewesen?"

Sogleich kräuselte der blonde Visu die Stirn.

"Naja, meistens schon. Sitz wahrscheinlich nur immer im falschen Abteil."

"Hai, das kann sein."

"Aber heute nehmen wir das selbe, ne?", fragte der Kleinere lächelnd und piekte den anderen frech in die Seite woraufhin dieser zusammen zuckte, mit einem bösen Blick jedoch nicht sein Grinsen überspielen konnte.

"Klar."

Schweigend gingen sie die letzten Meter bis zum Haupteingang des Bahnhofs und platzierten sich auf dem vorletzten Bahnsteig. Lange mussten sie allerdings nicht auf die Bahn warten. Bereits drei Minuten später fuhr diese läutend ein. Saga war der Erste, der einstieg. Der Ältere folgte ihm bereitwillig auf den Platz, den der andere ausgesucht hatte. Seufzend ließ er sich auf den Sitz neben ihm sinken und entledigte sich seiner Tasche. Der Blonde betrachtete ihn interessiert, was Tora etwas nervös machte. Trotzdem lehnte er sich beton lässig zurück und versuchte sich nichts davon anmerken zu lassen. Kurz räusperte er sich, bevor er eine Frage stellte, die ihm seit dem Abend zuvor auf den Lippen lag.

"Eeto, aus welchem Grund hast du mir eigentlich deinen Nick verraten?"

"Nani?!"

"Nu sag schon!"

"Naja, damit du mir schreibst, ne."

"Aha..."

Tora nickte, sah auf en Boden und räusperte sich abermals.

"Wieso fragst du?"

Saga blickte irritiert, schien den Sinn der Hinterfragung nicht zu verstehen.

"Ach, nur so...", sprach's und wollte es fast dabei bleiben lassen, konnte sich jedoch ein genaueres nachfragen dann doch nicht verkneifen.

"Und du wolltest mich auch nich verarschen?", kam es halblaut von ihm, auf positive Rückmeldung hoffend.

Der Visu sah sein Gegenüber überrascht an, noch bevor er abwehrend die Hände hob und mit dem Kopf schüttelte.

"Iie! Wie kommst du denn darauf?"

"Naja, weiß nich..."

"Dachtest du echt ich schreib aus lauter Langeweile mit jemandem, nur um ihn zu verarschen?"

"Hm... irgendwie... Hai."

"Wirke ich so auf dich?"

Eine Mischung aus Empörung und Entrüstung machte sich in Sagas Gesicht breit, woraufhin der Schwarzhaarige neben ihm das Gefühl hatte sich rechtfertigen zu müssen.

"Na hör ma, ich kann dich schlecht einschätzen. Schließlich kennen wir uns gar nich."

Der Kleinere erwiderte daraufhin nichts mehr, sondern sah stattdessen lieber aus dem Fenster.

"Wir ändern das jetz!", meinte er nach einer Weile, blickte den anderen dabei enthusiastisch an.

"Was willst du ändern?", fragte Tora noch einmal nach, da er schon wieder vergessen hatte, welches Thema sie in jüngster Zeit gehabt hatten.

"Das wir uns nich kennen."

"So so. Und wie?"

"Du kommst morgen Abend mit ins Rabbit!"

Der Ältere riss die Auge auf und schluckte. Hatte er da grade richtig gehört? Der Typ, den er grade ma ein paar Tage flüchtig kannte wollte ihn zum saufen mitnehmen?

"Wie jetz? Mit euch?"

"Hai, warum nich? Du bist doch sonst auch öfter da, ne?"

"Schon..."

"Na also."

Saga schien die ganze Sache total locker zu nehmen. Es war, als würde er sich ständig mit wildfremden Menschen verabreden. Wahrscheinlich war er besonders tolerant, was das anging.

"Ich werd ma drüber nachdenken.", antwortete der schwarzhaarige junge Mann schlussendlich und nahm sich tatsächlich vor, dies auch zu tun.

"Gut. Was machst du heute Nachmittag?"

Tora stutzte. Warum wollte der andere das wissen?

"Nichts weiter.", antwortete er leise.

"Wollen wir uns treffen?"

Der Visu lächelte vergnügt und spielte mit den Fingern an den Reißverschlüssen von Toras Rucksack herum, der dies nicht im geringsten für voll nahm.

"Du hast es aber eilig.", stellte er stattdessen trocken fest und ließ, wie so oft, die Augenbraue nach oben schnellen.

"Ich hab nur nix zu tun."

"Ich auch nich."

"Na siehst du. Oder willst du nich?"

Es folgte ein Seufzen und ein Schulterzucken.

"Passt schon."

"Um fünf im Park?"

"Welcher?"

"Na, der in dem ihr neulich Aki gesehen habt. Da sind wir auch öfter."

Während der Ältere kurz überlegte und nachdenklich aus dem Fenster sah, las er das Schild der nächsten Haltestelle. Ihm kam die Idee in den Sinn, dass dies die Station war, an der Saga ihn bei ihrem ersten Treffen wieder verlassen hatte. Er ließ sich also schnell eine Antwort einfallen.

"Naja, von mir aus."

"Cool. Du, ich muss jetz raus, ne."

Der Jüngere stand auf, schulterte den Gurt seiner Tasche und hielt sich mit der freien Hand an einer Stange fest. Er sah den Schwarzhaarigen vor sich lächelnd an und winkte.

"Matane! Und wehe du kommst nachher nich!"

Tora nickte schmunzelnd, winkte ebenfalls und beobachtete den Visu, wie er das Abteil und somit den Zug verließ. Kurz folgten seine Pupillen noch der schlanken Silhouette, wie sie auf dem Bahnsteig zwischen den vielen Menschen verschwand.
 

"Mensch, da bist du ja! Dachte schon du versetzt mich."

Der blonde Visu stand mit verschränkten Armen neben der Bank, an der sie sich verabredet hatten. Ein Lächeln umspielte die schönen Lippen als er den Älteren betrachtete.

Tora, völlig außer Atem, nahm seinen Rucksack von den Schultern und ließ diesen neben sich auf den Boden fallen.

"Gomen ne. Ich hatte die Bahn verpasst."

"Ich dachte so was passiert nur normal sterblichen Leuten.", meinte der Kleinere und grinste hämisch.

Der Angesprochene zog eine Augenbraue nach oben und streckte seinem Gegenüber die Zunge entgegen.

"Sehr witzig."

"Weiß ich doch."

Der Schwarzhaarige ließ sich auf der Holzbank neben ihnen nieder und zog seine Tasche an sich heran. Er öffnete diese und zauberte kurzerhand zwei Flaschen Bier hervor. Stumm reichte er dem anderen eine davon. Dieser sah ihn verwundert an, ließ es sich jedoch nicht nehmen zuzugreifen.

"Wo haste die denn her?"

"Von meinem Dad. Kriegt der gar nich mit, wenn ma zwei fehlen."

Wieder folgte ein überraschter Blick des Visus.

"So was traust du dich?"

"Is doch kein Ding. Ich bin nich so'n Weichei wie du wahrscheinlich immer denkst.", kam es daraufhin etwas entrüstet als Antwort.

"Denk ich nich."

Nachdem er in seiner Hosentasche krampfhaft nach etwas gesucht hatte, zog Saga einen spärlich besetzten Schlüsselbund hervor und benutzte den sich daran befindenden Flaschenöffner um den Weg zum Bier frei zu machen. Als es dann zwei Mal gezischt hatte, stießen die Beiden an und tranken den ersten Schluck. Nachdem er sich zufrieden über den flachen Bauch gestreichelt hatte, gesellte sich der Blonde zu seinem neuen Freund auf die Bank und zündete sich eine Zigarette an. Stumm hielt er dem Schwarzhaarigen die geöffnete Schachtel entgegen. Dieser nahm lächelnd an und nickte zum Dank. Eine Weile saßen sie schweigen da, schienen beide zu überlegen, mit welchem Thema man das Eis brechen konnte. Tora war der erste der etwas sagte.

"Nimmt Aki dir das eigentlich für übel, wenn du dich mit mir triffst?"

Die geschwungenen Augenbrauen des Visus schnellten nach oben.

"Is ja nich so als wären wir zusammen, ne. Er muss schon akzeptieren, dass ich noch andere Leute außer ihm kenne."

"Stimmt schon.", meinte der Ältere und trank einen weiteren Schluck, ehe er weiter sprach.

"Aber er scheint sehr an dir zu klammern."

"Hör bloß auf, manchmal kann das ganz schön nerven. Aber ich nehms ihm nich übel. Er is so was wie mein bester Kumpel und wir kennen uns schon ewig. Er hat irgendwie auch nich viele Freunde."

"Mir reichen auch die paar die ich habe.", erwiderte der Größere und hatte das merkwürdige Gefühl sich rechtfertigen zu müssen, obwohl es gar nicht um ihn selbst ging.

"Mag ja sein, aber du lässt es wenigstens noch andere Leute an dich ran. So wie mich eben. Du bist offen für neue Freundschaften. Aber er is da total konservativ. Er hat nur Seiya, Shou und mich. Und irgendwie auch Tomo, auf eine merkwürdige Art und Weise jedenfalls."

Tora kratzte sich am Kopf und pustete den Qualm seiner Zigarette aus.

"Sind die gar nich richtig befreundet oder was?"

"Naja... Es is wohl mehr der Sex, der die beiden verbindet. Ham' wohl ne Affäre, wenn man das so nennen kann."

"Aha... So is das also."

Tora sah auf den Boden und drehte die Flasche in seinen Händen um die eigene Achse. War das wirklich so normal, wenn man ständig mit jemandem aus seinem Bekanntenkreis schläft? Müsste es nicht ein schrecklich merkwürdiges Gefühl sein, wenn man jemandem so nahe kommen darf, ohne auch nur das geringste erwarten zu dürfen?

"Und die kommen damit klar?", fragte er schließlich etwas naiv.

Der Jüngere zuckte mit den Schultern. Es schien ihm egal zu sein, was in den Betten seiner Freunde abging, doch er antwortete artig.

"Klar, warum nich?"

"Eeto... es gibt ja Leute, die Gefühle entwickeln würden."

"Tomo wollte wohl auch ma mehr. Aber Aki hat abgeblockt. Versteh ich gar nich."

"Nani?"

Saga nahm einen letzten Zug an seiner Zigarette, schnipste den Stummel schließlich weg.

"Der Junge is eigentlich ganz okay. Wenn er nen Freund hat -und das kommt wirklich nich oft vor- behandelt der den wirklich gut. Aber Aki, unsere kleine Zicke, meinte nur, dass er nich drauf eingehen kann, weil er wohl angeblich nen anderen liebt."

"Hast du ihn gefragt, wer das sein soll?"

"Hai, aber er meinte nur, dass es mich nichts angeht."

Urplötzlich musste Tora anfangen zu lachen, wofür er einen Blick von seinem Gegenüber kassierte, der ihn zu fragen schien ob er sie noch alle beisammen hatte.

"Warum lachst du?", fragte der Blonde langsam, musste auf eine Antwort jedoch einen Moment warten, da der andere noch dabei war vor sich hin zu kichern.

"Sag ma, hast du schon ma dran gedacht, dass er dich meint?"

Der Visu fuhr sich durch die Haare, sah etwas irritiert drein.

"Naja..."

"Man, das is so offensichtlich. Wer sagt denn schon zu seinem besten Freund, dass es ihn nichts angeht? Ich bitte dich, Saga!"

"Eeto, ich hab ja auch schon ma flüchtig dran gedacht. Ich wüsste auch seit wann."

"Sou desu ka? Itsu kara?"

"Ich hab ma mit ihm gepennt.", meinte der Kleinere locker und stellte die nun leere Bierflasche beiseite.

Tora schluckte, machte große Augen. Ziemlich verwundert über die Gleichgültigkeit des anderen, musste er sich langsam selbst fragen ob diese Gruppierung zu exzessiv oder er selbst einfach nur zu verklemmt war. Mit seinem besten Freund Sex zu haben schien ihm doch sehr abwegig. Wenn er daran dachte mit Nao ins Bett zu gehen verging ihm im Gunde genommen gleich alles, obwohl er den Rothaarigen noch nicht einmal unattraktiv fand.

"Vögelt ihr untereinander alle so rum, oder wie?"

"Klar, manchmal alle zusammen.", erwiderte der Kleinere trocken.

In diesem Moment hatte Toras Unterkiefer scheinbar ein Meeting mit der Rasenkante. Mit offenem Mund starrte er sein Gegenüber an und brachte lediglich ein ungläubiges:

"Wie jetz?!", heraus.

Saga musste daraufhin so laut lachen, dass es ihn beinahe von der Bank geschmissen hätte. Grölend hielt er sich den Bauch und betrachtete weiterhin das verständnislose Gesicht seines Freundes.

"Nani?!"

"Du hättest dich ma sehen sollen! Total shocked! Wie geil...!", meinte der Blonde prustend und wischte sich eine kleine Träne aus dem linken Augenwinkel.

"Ja aber...!"

"Das war bloß 'n Scherz!"

Tora blinzelte und sah dabei direkt sechs Jahre jünger aus.

"Also, das hätt ich euch auch noch zugetraut."

Saga richtete sich auf und zupfte seine Klamotten zurecht, die beim Sitzen wohl verrutscht waren, noch ehe er sich gespielt empört vor dem Schwarzhaarigen aufbaute und die Arme in die schmalen Hüften stemmte.

"Soso, du hältst uns also für ne sexsüchtige Bande, die sich gegenseitig bespringen muss?"

"Hai! Verdammt richtig mein Lieber!", erwiderte Tora, grinste frech und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.

"Na wenn das so is..."

Saga machte einen Schritt auf den Sitzenden zu, fasste unter dessen Kinn und beugte sich zu dem anderen herunter. Er grinste schelmisch, während der Ältere völlig überrumpelt nach Luft schnappte und versuchte einen Schreikrampf zu unterdrücken. Von einer Sekunde auf die andere schien die Fassung des Schwarzhaarigen flöten gegangen zu sein. Der Visu ließ sich davon jedoch nicht im Geringsten beeinflussen und beendete seinen Satz nun etwas leiser.

"...solltest du vielleicht auch ma mitmachen.", hauchte er und brachte den anderen so fast dazu zu hyperventilieren.

Der junge Mann schien mit einer solchen Reaktion absolut nicht gerechnet zu haben. Umso amüsierter ließ der andere dann wieder von ihm ab und wich ein Stück zurück.

"Nu guck nich so. War nich ernst gemeint."

Lächelnd wuschelte er seinem Gegenüber durch die langen Haare.

"So, ich muss langsam wieder los. Hab noch was zu erledigen. Es bleibt doch dabei, dass du Morgen mit ins Rabbit kommst, ne?"

Der Angesprochene, noch völlig paralysiert von dem Angriff kurz zuvor, nickte, ohne darüber nachzudenken was er da grade beantwortete. Der blonde junge Mann vor ihm lächelte und beugte sich erneut nach vorne um seinen neuen Freund flüchtig zu umarmen. Tora atmete tief ein. Da war es wieder. Das Parfüm, welches er bei ihrer ersten Begegnung auch schon gerochen hatte. Merkwürdiger weise wirkte es teuer und irgendwie auch zu edel für ihn, sah er doch aus als würde er normalerweise nach Alkohol und Kippen riechen.

"Danke für das Bier! Wir sehen uns!", sprach's und winkte zum Abschied.

Lockeren Schrittes und die Hände in den Taschen verließ der hübsche junge Mann den Park und ließ Tora auf seiner Bank zurück.
 

Später, noch am selben Tag, saß der schwarzhaarige Schönling an seinem PC und schrieb eine Mail an Nao, als ein Auto in seine Auffahrt fuhr. Aufmerksam spähte er aus dem Fenster und beobachtete das Treiben außerhalb. Seine Eltern waren also wieder zurück. Bei dem Gedanken daran musst er seufzen. Es war immer wieder das gleiche. Erst fuhren sie weg, dann ging es wieder ein paar Tage mit ihnen und zum Schluss stritten sie dann doch wieder. Das führte dann stets dazu, dass sein Vater wieder bis spät in die Nacht im Büro blieb, um seiner Frau nicht begegnen zu müssen, und seine Mutter nur noch mit ihren Freundinnen unterwegs war. Tora war insgeheim froh darüber, dass er selbstständig genug war um alleine klar zu kommen. Eigentlich hätte er genauso gut alleine wohnen können, es wäre wahrscheinlich nicht anders für ihn gewesen. Außer, dass er mit Sicherheit nicht mehr diese furchtbaren Kopfschmerzen gehabt hätte. Er war von Grund auf davon überzeugt, dass diese nur von den ständigen Sorgen und Grübeleien kamen und er wesentlich gesünder leben würde, wenn ihn endlich alle in Ruhe lassen würden. Jedenfalls die Personen, die es einfach nicht lassen konnten ihm andauernd auf die Nerven zu gehen.

Tora beschloss, seine Erzeuger nicht begrüßen zu gehen, sondern stattdessen lieber so zu tun, als hätte er schon längst vor sich hin gepennt. Er hatte absolut keine Lust auf eine Konversation über den ach so tollen Urlaub. Schnell fuhr er seinen Laptop herunter und schlich sich leise in sein Bett. Eine ganze Weile lauschte er den Geräuschen im Haus, dem Gepolter von Koffern sowie der gedämpften Stimme seiner Mutter, bis alles im Haus verstummt und dunkel war.

//Na endlich. Hat ja auch lange genug gedauert. Dachte schon, die gehen gar nich mehr ins Bett...! Da kann ich ja eigentlich auch gleich liegen bleiben. Is ja auch schon spät.... //

Er richtete sich ein letztes Mal auf, zog sich Shirt und Hose aus und machte es sich dann wieder bequem. Die Decke ließ er unbeachtet neben sich liegen. Es war einfach zu warm dafür.

Seine Augen huschten unruhig in dem halbdunklen Zimmer umher. Hunderte von Gedanken rasten durch seinen Kopf, so wie jeden Abend, doch nur einer von ihnen blieb haften. Es war der selbe, der ihm schon seit geraumer Zeit das Hirn zermaterte. Immer wieder war es das selbe hübsche Gesicht, die gleichen strahlenden Augen und das wundervolle blond gefärbte Haar.

Der schwarzhaarige junge Mann kniff die Augen zusammen und griff nach dem Kissen, welches halb unter ihm lag. Er drückte es so fest er konnte gegen sein Gesicht, hoffte die schlechten Erinnerungen aus seinem Kopf pressen zu können. Doch es half überhaupt nichts. Seine Stimme schien den ganzen Raum zu erfüllen, als hätte er direkt neben Tora gesessen. Dieser hatte das Gefühl, als würde etwas ziemlich schweres auf seiner Brust lasten. Er nahm das Kissen nun wieder von seinem Gesicht und warf es quer durch seine Räumlichkeiten gegen seine Zimmertür. Er drehte sich auf die Seite. Seine Kehle schnürte sich zu, noch ehe sich ein kleiner heißer Tropfen den Weg über seine Wange bahnte und mit einem dumpfen Geräusch auf dem Laken unter ihm auftraf. Im Stillen wünschte er sich, nicht einschlafen zu können. Er hatte Angst. Angst davor, ihm im Traum zu begegnen, ihm nahe sein zu dürfen um am nächsten Morgen feststellen zu müssen, dass er alleine war. Eine zweite stumme Träne folgte der ersten.

//Yume....//
 

Germany, 2007-12-31, 16.00Uhr: 恭賀新年 日本!!! - Happy New Year, Japan!!! *3*

(Hai, ich schreib schon ne Weile an diesem Chap. -.-;)
 

*hust* Gomen nasai, hab echt lange gebraucht ne. Naja, kommt vor. Hab ja auch noch anderes zu tun.

Scheiß Lehrstellensuche... *kotz* Außerdem hab ich, nachdem ich von Toras Krankheit erfahren hatte, keine Ambitionen gehabt weiter zu schreiben. Aber seit ich weiß, dass es ihm besser geht und er wieder gesund wird, kann ich auch beruhigt weiter machen. Ich hätte die Story übrigens abgebrochen, falls er ausgestiegen wäre. Aber das wird er ja nich, also muss ich da jetz auch nich weiter drüber nachdenken. Kami-sama sei Dank auch! Wie dem auch sei, das nächste Kapi dauert nich so lange, versprochen.
 

Musik: DiO - allgemein, Phantasmagoria - Signs of fragment, HIM allgemein

Into the heart

Kapitel 5: Into the heart *1
 

Da war er nun, der erste Tag der Sommerferien. Die Sonne hatte die Luft bereits auf schweißtreibende 25°C erhitzt und sorgte so dafür, dass man sich als geplagter Schüler schon zu einer unchristlichen Zeit wie acht Uhr morgens mit dem Thema duschen auseinander setzten musste, weil man sowieso nicht mehr schlafen konnte. So kam es also, dass auch ein sonst eher undiszipliniert veranlagter junger Mann es bereits vier Stunden vor seinem sonstigen Aufstehen an freien Tagen schaffte, sich an sein Fenster zu setzten und eine Zigarette zu rauchen. Lediglich mit einer zerfransten Dreivierteljeans bekleidet, rieb er sich gähnend über den nackten Bauch. Nachdenklich fuhr er sich durch die blonden, noch völlig zerzausten Haare und pustete stoßweise den Qualm aus. Froh darüber allein im Haus zu sein und seinen Vater nicht sehen zu müssen machte er es sich auf dem Fensterbrett bequem und betrachtete das Treiben vor sich auf der Straße. Völlig gelangweilt überlegte er, was er zu so früher Stunde mit sich anfangen sollte. Die meisten seiner Freunde würden sowieso noch schlafen, da war er sich sicher. Doch genau diese Erkenntnis brachte ihn dann auf einen Gedanken. Er zückte sein Handy und klickte wahllos unzählige Male durch sein Telefonbuch. Der Name, bei dem der Zufall bestimmt hatte, dass dieser an der Reihe war, brachte den Visu zum schmunzeln. Freudig drückte er auf den grünen Hörer und wartete das Freizeichen ab. Er ließ es unzählige Male klingeln und war bereits im Begriff wieder aufzulegen, als dann endlich doch jemand abnahm.

"Mm....", kam es kläglich vom andern Ende.

"Ohayou!!! Aufgewacht, die Sonne lacht!", brüllte der hübsche Junge lauthals in den Lautsprecher.

Dann drangen einen kurzen Moment lediglich Poltergeräusche und leise Flüche an das Ohr des Blonden, bis sich wieder jemand zu Wort meldete.

"Saga?! Bist du denn des Wahnsinns?! Hast du ma auf die Uhr geguckt?!"

Der Visu lachte.

"Sicher. Es is genau acht Uhr drei."

"Ich hasse dich....!"

"Das glaub ich dir nich, Aki-chi!"

"......"

"Schläfts du schon wieder?"

"..... Fast."

"Du sollst jetz aber mit mir wach sein!", meinte der Blonde lachend und versuchte überzeugend zu klingen, war dann jedoch ein wenig von der Reaktion seines Freundes am anderen Ende überrascht.

"Sonst gern. Aber heute nich. Hab ne üble Nacht hinter mir."

"Ach? Erzähl ma!"

"..... Kann das Telefon nich mehr halten...."

"Sind deine Eltern da?"

".... Arbeiten...."

"Dann komm ich jetz vorbei!"

"......"

"Aki?"

"Mach doch was du willst... Bist doch alt genug....", war die Antwort die wahrlich mit Freundlichkeit gegeizt hatte.

"Okay...,", begann der Jüngere, musst dann jedoch überrascht feststellen, dass sein geschätzter Gesprächspartner aufgelegt hatte.

Er schüttelte schmunzelnd den Kopf.

//Geh ich halt zu ihm. Wird er schon sehen, was er davon hat!//

Mit einem fiesen Grinsen auf den schönen Lippen hüpfte er vom Fensterbrett um anschließend in einem Klamottenberg zu wühlen, der zwar aus sauberen aber auch ziemlich wüst durcheinander liegenden Oberteilen bestand. Wahllos zog er ein schwarzes, enges Trägerhemd hervor und streifte es kurzerhand über seinen schlanken Körper. Es folgte ein flüchtiger, prüfender Blick in den schmalen Spiegel, welcher an seiner Schranktür hing, bevor er sich alles an Ketten, Gürteln und anderen Accessoires die er finden konnte umschnallte und sich die klobigen halbhohen Stiefel anzog, welche er am Abend zuvor erst in seinem Zimmer ausgezogen hatte. Während er sie zuschnürte, musste er unwillkürlich daran denken, wie er sturzbetrunken nach Hause gekommen war und sich einfach auf sein Bett hatte fallen lassen, um sich seiner Schuhe im Liegen zu entledigen. Im Stehen hätte er das niemals hinbekommen, ohne 83 Mal gegen diversen Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände zu trampeln. Dessen war er sich ziemlich sicher.

Zu guter Letzt schnappte er sich sein Telefon, ließ es in seiner Hosentasche verschwinden und verließ pfeifend erst sein Zimmer und kurz darauf das Haus.
 

Eine gute halbe Stunde später platzte ein überaus gut gelaunter blonder Visu in ein fremdes Zimmer und gab sich keinerlei Mühe dabei auch nur das kleinste bisschen leise zu sein.

"Polizei! Drogenkontrolle!", grölte er lauthals und hüpfte in Richtung Aki, der völlig fertig in seinem Bett lag und keinerlei Reaktion zeigte, da er den anderen schon die Treppe hatte hoch poltern hören und nun wenig überrascht über dessen plötzliches Auftauchen war.

Etwas enttäuscht über so wenig Interesse an seiner Person legte der Kleinere den Kopf schief und betrachtete das Häufchen Elend ihm gegenüber.

"Aber du lebst schon noch, ne?", fragte er skeptisch.

".... Bin mir nich sicher...", krächzte der Ältere kläglich und etwas heiser.

"Komm schon. So schlimm kann's doch nich sein."

".... Oooh doch...."

"Na, ich bin ja jetz da!"

"..."

"Freust du dich etwa nich?!"

Saga stellte die Frage bewusst empört, obwohl er die Antwort darauf bereits kannte.

"... Kann nich glauben, dass du echt her gekommen bist...."

"Ich stecke eben voller Überraschungen!"

Der Jüngere lächelte über das ganze Gesicht.

"... Passt schon..."

"Kommst du heute Abend mit?", platzte es aus dem blonden Visu heraus.

"Wohin...?"

"Na, wohin wohl? Ski laufen! Is doch grad so schön winterlich draußen!", erwiderte der Blonde trocken und wedelte sich mit der rechten Hand Luft zu.

Schmollend drehte Aki sich auf den Bauch und zog sich die Decke erneut über den völlig verwuschelten Kopf.

"Scherzkeks....", murmelte er unter seiner Höhle hervor.

"Wir gehen ins Rabbit, du Nase! Wie immer."

Der Kleinere schnappte sich das Kissen, welches halb unter seinem Freund klemmte und zog es kraftvoll unter diesem hervor. Das heraufbeschworene Maulen völlig ignorierend wartete er aufmerksam auf eine Antwort. Diese ließ allerdings einige schier endlose Augenblicke auf sich warten.

"Ich bin tot. Ich geh heute nirgends mehr hin..."

Empört stemmte Saga die Fäuste in die schmalen Hüften und zog die gezupften Augenbrauen zusammen.

"Bist du doch selber Schuld, wenn du dir irgendwelches Zeug von nem fremden Dealer andrehen lässt! Ich hab dir schon ma gesagt, dass du nur was von Tomo holen sollst!"

"Kami-sama, der war aber nich da...!"

"Wie nötig hast du's denn?"

Es folgte eine kurze Pause noch ehe der Schwarzhaarige maulend antwortete.

"Schon ein bisschen.", nuschelte er und grabbelte mit der rechten Hand blind nach seinem Kissen, welches allerdings mittlerweile unter dem Bett lag. Enttäuscht zog er den Arm zurück unter die Decke und machte sich noch ein Stück kleiner als ohnehin schon.

"Baka!"

"Was denn?! Du bist doch selber nich besser!"

"Weißt du doch nich!", lachte der blonde junge Mann und ließ sich schwungvoll auf das Knäuel fallen, welches vor ihm lag. Blitzschnell schnellten seine Hände unter die Bettwäsche und suchten den zierlichen Körper um diesen bis ins Unermessliche zu kitzeln. Als seine Fingerspitzen die zarte Haut des Älteren berührten, zuckte dieser erschrocken zusammen, strampelte mit seinen Beinen und versuchte den unerwünschten Besucher von sich zu schupsen. Der Blonde jedoch ließ sich nicht beirren, wanderte sogar noch ein Stück tiefer und kam schließlich an der Heckseite seines Freundes zum stehen. Dann riss er grinsend die Augen auf.

"Sag ma, bist du etwa nackig?", fragte er so indiskret wie es überhaupt nur ging.

"Verrat ich dir doch nich...!"

Der Größere schlug genervt die Grabscher von sich.

"Dann muss ich eben nachgucken!", giggelte der Jüngere und hatte den Satz kaum ausgesprochen als er auch schon an der Bettdecke zog und die Kinnlade fallen ließ.

"Tatsache! Völlig nackig.", staunte Saga und ließ die Arme samt Decke zu Boden sinken.

Aki jedoch bleib seelenruhig liegen. Schließlich lag er ja auf dem Bauch, da konnte der andere sowieso nur seinen Hintern sehen. Er wusste, dass es für seinen Freund lange kein Geheimnis mehr war, wie er ohne Klamotten aussah.

"Tu doch nich so, als hättest du mich noch nie so gesehen.", meinte er genervt.

Der Kleinere erwiderte daraufhin nichts, sondern zog es vor, wieder vom Bett zu krabbeln und sich verlegen am Kopf zu kratzen. Was ihn an dieser Situation grade störte war ihm selbst nicht ganz klar, doch er wusste, dass er nun doch lieber wieder gehen sollte. Irgendetwas sagte ihm, dass es angebracht war zu verschwinden.

"Also brauch ich dich heute Abend nich abholen?", fragte er noch einmal nach, hoffte auf eine andere Antwort als beim letzten Mal, erhielt jedoch lediglich ein verneinendes Knurren.

Er atmete tief durch, schnappte sich die Decke und warf sie wieder zurück auf den Schwarzhaarigen.

"Ich hau wieder ab. Wir sehen uns.", sagte er knapp und verschwand eilig durch die Tür.

Aki allerdings bekam davon fast nichts mehr mit. Kurz darauf fiel er wieder in einen tiefen traumlosen Schlaf.
 

Tora hatte es unterdessen auch schon geschafft, sich von seinem Bett zu trennen und saß bereits, stumpfsinnig vor sich hin kauend, völlig allein am Küchentisch und sah aus dem Fenster. Seine Augen waren kaum mehr als zwei Millimeter geöffnet, die Haare standen wirr vom Kopf ab. Dass seine Eltern schon zwei Stunden zuvor zur Arbeit gefahren waren, störte ihn nicht weiter. Er war im Großen und Ganzen sowieso nicht wirklich scharf auf einen Urlaubsbericht. Es hätte ihn sogar gewundert, wenn sie sich mal einen Tag frei genommen hätten, um Zeit mit ihrem einzigen Kind zu verbringen. Das wäre einfach zu untypisch für die beiden gewesen, schließlich hatte sie etwas dergleichen fast noch nie getan.

Seufzend stellte er die graue Schüssel zu Seite, aus der er soeben noch sein Frühstück gemappelt hatte, und suchte nach dem Aschenbecher seines Vaters, den er im Wohnzimmer neben der Terrassentür fand. Er schnappte ihn sich, holte seine Zigaretten aus seinem Zimmer und verzog sich abermals in die Küche. Bis seine Erzeuger wieder daheim sein würden, wäre der Geruch bereits verflogen, zumal Toras Dad selbst im Haus rauchte. Flüchtig klappte er das Fenster an, durch welches er einige Minuten zuvor noch zwei Vögel angestarrt hatte, und lehnte sich mit dem Rücken an einen der hohen Küchenschränke. Er zündete seine Kippe an und ließ sie lässig im Mundwinkel hängen, während er nebenher in einer Zeitschrift blätterte, die seine Mutter hatte liegen lassen. Etliche Models präsentierten irgendwelche schrecklichen Klamotten und stellten ihre knochigen Körper zur Schau, während auf den nächsten Seite allerlei Schminktipps aufgelistet waren. Der Schwarzhaarige schüttelte mit dem Kopf und legte die überflüssige Lektüre neben sich auf die Theke. Er hatte es noch nie verstehen können, wie man sich als Mädchen oder Frau mit dermaßen belanglosen Dingen auseinander setzten konnte, ohne das einem Blut aus diversen Kopföffnungen lief. Im Stillen war er heilfroh, ein Mann geworden zu sein.

Einige Züge später war die Zigarette aufgeraucht und Tora drückte sie aus. Nach langem Überlegen, was er mit dem angebrochenen Tag anfangen könnte, kam ihm der rettende Gedanke, der ihm schon so manche schlechte Laune versüßt hatte. Und die rettende Lösung hieß Internet. Wenige Sekunden darauf saß er bereits an seinem PC und beschloss kurz alle möglichen Chaträume und Foren abzuklappern, an denen er sich angemeldet hatte. Grinsend begann er mit der ersten Anmeldung und war recht wenig erstaunt darüber, dass er eine ungelesene Nachricht vorfand. Der Schwarzhaarige musste nicht einmal auf den Absender gucken um zu wissen, von wem diese gekommen war.
 

Ohayou!!! x3

Also, um acht im Rabbit? Wir warten dann alle drinnen auf dich, ne. Vor der Tür wär zu viel Gedrängel, da würdest du uns eh nich finden.

Ich hoffe, du kommst!!! Ö.Ö
 

Der hübsche junge Mann runzelte die Stirn und las den Text abermals. Während er über das Geschriebene nachdachte, spielte seine Hand unruhig mit der Maus umher, jagte den Cursor über den Bildschirm.

//Warum eigentlich nich...? Ich hatte ja eh schon zugesagt...//

Innerlich stellte er sich bereits auf die vor ihm liegenden Vorbereitungen ein, als er seine Zusage zu dem Treffen verfasste und abschickte. Er hatte also noch zehn Stunden vor sich. Da konnte er locker noch einmal den Ventilator vor seinem Bett anschalten und sich aufs Ohr hauen. Keine drei Minuten später schlief auch er wie ein kleiner süßer Engel selig mit seinen schmutzigen Gedanken.
 

"Tora! Da bist du ja!"

Grade mal eine Millisekunde nachdem er die Eingangstür seines Lieblingsclubs passiert hatte, hüpfte dem Schwarzhaarigen ein bis über beide Ohren grinsender blonder Visu entgegen und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Er schien sich ehrlich über ihr aufeinander Treffen zu freuen, was dem Älteren zwar teilweise suspekt doch irgendwie auch sympathisch auffiel. Er lächelte zaghaft zurück und verbeugte sich knapp. Schon schob sich eine Hand, welche nicht an seinem Arm angewachsen war, um seine Taille und zog ihn so mit sich. Wohin er geleitet wurde konnte er nicht sehen. Dafür war das Gedrängel um sie herum einfach viel zu groß. Doch Saga schien genau zu wissen, wo er hin wollte. Als sie dann Halt machten, stupste er drei vor ihm tanzende junge Männer an, welche sich sogleich erwartungsvoll zu ihnen umdrehten, und deutete mit einer präsentierenden Handbewegung auf die hübsche Gestalt in seinen Fängen.

"That's it!", meinte er fast schon irgendwie stolz und blickte wartend in die Runde.

Tora neben ihm fühlte sich derweil wie im Zoo und war sich sicher, dass er eine gewisse Röte im Gesicht haben musste. Zurückhaltend begrüßte er die vor ihm stehenden Personen und versuchte möglichst nett zu lächeln.

"Tora desu.", sagte er und hoffte auf eine positive Rückmeldung.

Ein zierlicher Typ, mit rot-schwarzen Haaren und grünen Kontaktlinsen, mit ebenfalls grünem Shirt und einer Jeans die zerschnittener hätte nicht sein können, verbeugte sich kurz und hatte dabei Mühe das Bier in seinen Händen nicht auf dem Boden zu verteilen.

"Freut mich. Ich bin Shou.", gab er von sich und grinste auf eine dermaßen überzeugende Art und Weise, dass er dem Schwarzhaarigen gar nicht sympathischer hätte sein können.

Doch noch ehe Tora weiter über ihn nachdenken konnte stellte sich schon der nächste vor. Schwarz-blond, ebenfalls mit Piercing in der Unterlippe, oben herum lediglich mit einer knappen schwarzen Weste bekleidet. Er war dem Schwarzhaarigen noch nie unter die Augen gekommen, weder bei Saga, noch bei Aki.

"Seiya desu.", meinte er, sich lässig verbeugend.

Bruchteile von Sekunden später drängte sich jedoch schon der Dritte junge Mann in den Vordergrund.

"Du bist also Tora!", sagte dieser lasziv grinsend, verbeugte sich theatralisch und nahm dabei seinen Zylinder vom Kopf, den er trug. Seine dunkelbraunen Haare fielen ihm dabei geschmeidig ins Gesicht. Mit der anderen Hand griff er nach der des anderen und gab dieser einen hauchzarten Kuss auf die Knöchel. Das kühle Metall an seiner Unterlippe war für den Schwarzhaarigen deutlich zu spüren. Dem Schwarzhaarigen wurde erst in diesem Moment bewusst, dass er dem hoch gewachsenen Schönling schon einmal begegnet war. Im Park, mit Aki. Das musste Tomoyuki sein. Sein Hut hatte ihn verraten.

"Da hast du ja ein richtiges Leckerchen angeschleppt, Saga-chan!", raunte er mit seiner samtigen Stimme, nickte anerkennend zu seinem blonden Kumpel hinüber und musterte noch einmal kurz sein Gegenüber, bevor er dessen Hand wieder frei gab und sich geschmeidig wieder einige Schritte zurück zog.

//Kami-sama... strange people crossing...//

"Komm. Lass weiter gehen. Ich hab Bock auf tanzen!", gab Seiya plötzlich von sich und machte eine auffordernde Folgt-mir-gefälligst-auf-die-Tanzfläche-Handbewegung.

Als ihm die anderen beiden Visus daraufhin hinterher liefen, als er sich durch die Menge quetschte, wollte auch Tora ihm folgen, wurde jedoch zurück gehalten. Der Blonde neben ihm deutete lediglich fragend drein schauend auf eine im abgetrennten Bereich stehende Sitzgruppe, die grade frei geworden war. Der Ältere verstand sofort und war im Grunde auch froh darüber, dass er nicht tanzen musste. Er war nicht sonderlich gut in solche Dingen und saß lieber mit einer coolen Pose irgendwo herum als peinliche Hüpfbewegungen zu machen. So steuerte er also den besagten Loungebereich an und suchte sich das Sofa aus, von dem er wusste, das man von dort aus trotzdem noch den besten Blick auf die meisten Leute hatte.

"Das sind ein paar Kumpels. Dachte, ich stell sie dir ma vor."

Saga setzte sich neben ihn, kratzte sich verlegen am Kopf. Plötzlich kam es ihm vor, als müsste er sich dafür rechtfertigen, dass er ihn bei seinen Freunden angeschleppt hatte. Doch Tora nickte nur freundlich.

"Scheinen ganz nett zu sein."

"Meinst du?"

Der Größere zog seine frisch gezupften Brauen nach oben.

"Auf den ersten Blick..."

"Dachte, du könntest sie blöd finden."

"Naja, wird sich noch zeigen, denke ich. Aber eigentlich bin ich schon froh, wenn sie mich nich so anfahren wie Aki."

Der Blonde lachte daraufhin kurz auf.

"An den gewöhnst du dich auch noch", meinte er und lehnte sich, ließ seine Begleitung jedoch nicht aus den Augen.

"Ach, denkst du das?"

"Klar, warum nich? Hast dich doch an mich auch schon gewöhnt oder nich?"

Es folgte ein kräftiger Hieb auf den Arm und ein schelmisches Grinsen.

"Naja, ich geb mir Mühe.", erwiderte Tora langsam, rieb sich über die Stelle an der er getroffen worden war.

Er konnte es sich ja einbilden, doch irgendwie hatte das geschmerzt. Doch um nicht als Weichei dar zustehen, ließ er sich nichts weiter anmerken. Schließlich war es ja nur eine freundschaftliche Geste von einem angesoffenen Freund gewesen.

//Hab ich grad ,Freund' gedacht...?!//

"Bist mich ja den einen Tag im Zug ganz schön angegangen. Für nen kurzen Moment dachte ich, du haust mir eine rein.", sagte Saga lachend und lenkte Toras Gedanken nun auf ein völlig anders Thema.

"Naja, meine Laune war nich unbedingt berauschend und du hast ziemlich... eeto..."

"Genervt.", beendete der Visu sachlich.

"Hai, hast du."

"Gomen ne. Ich wusste nich, wie ich euch anders hätte anquatschen können."

Tora schielte zur Seite. Ein dezenter Hauch von Röte hatte sich auf seine blassen Wangen gelegt. Er blinzelte kurz ungläubig.

"Das war also geplant...?"

Der Jüngere lachte auf, kratze sich am Kopf und wich dem Blick des anderen geschickt aus.

"Weißt du was, ich geh ma eben pinkeln, ne. Bin gleich wieder da."

Er stand auf, wuschelte seinem hübschen Gegenüber durch die Haare, missachtete das daraufhin ertönende Knurren und watschelte davon. Der Größere sah ihm hinterher, schüttelte mit dem Kopf.

//Schön... Danke für die Antwort...//

Seufzend erhob sich nun auch dieser und ließ seinen Blick durch die Location schweifen. Er kam sich blöd dabei vor, nun völlig allein an der Tanzfläche herum zu stehen. So hielt er also Ausschau nach seinem neuen Bekanntenkreis und es dauerte auch gar nicht lange, bis er die Jungs, ziemlich weit voneinander verstreut, ausgemacht hatte.

Shou schien krampfhaft damit beschäftigt zu sein, jemanden abzuschleppen. Immer und immer wieder macht er bei diversen Unbekannten Annährungsversuche, die allerdings die meiste Zeit nach hinten losgingen. Völlig unbeirrt davon ließ der Rothaarige sich jedoch gar nicht weiter von seiner Idee abbringen die Nacht nicht alleine zu verbringen. Nach einigen Sekunden verlor Tora ihn jedoch wieder aus den Augen, da der Visu in der tanzenden Menge verschwand. So ließ der Schwarzhaarige seinen Blick weiter durch den gefüllten Saal schweifen.

Tomoyuki hatte die Zunge in einem von den drei Barkeepern, einem rosahaarigen jungen Mann mit engem weißen Shirt und ebenfalls weißen Pants, den Tora bereits schon öfter gesehen hatte. Dieser schien seine Arbeit völlig vergessen zu haben. Die Hand, welche die Getränkekarte und einen Lappen festhielt hing schlaff an ihm herunter. Der Schwarzhaarige musste lachen, als er die beiden sah. Es schien nicht das erste Mal zu sein, dass der Brünette mit dem Zylinder jemandem derart den Kopf verdrehte, dass dieser vollkommen vergaß wo vorne und hinten war.

Nach einigem Suchen fand Tora auch den dritten jungen Mann, den er frisch kennen gelernt hatte. Seiya. Dieser hielt sich in der Nähe der Toiletten auf, lehnte mehr oder weniger lässig gegen die Wand und hatte eine Hand tief in der Tasche vergraben. Er wirkte nervös, versuchte sich davon jedoch nichts anmerken zu lassen. Unruhig wechselte er ständig die Position seiner Beine, sah sich alle drei Sekunden gründlich um. Es schien, als würde er auf etwas oder jemanden furchtbar wichtiges warten. Unruhig spielte er mit einem halbleeren Glas in der Hand herum, mit einer hellblauen Flüssigkeit darin. Lediglich nebenher wurde mal daran genippt. Doch das Getränk sah so ansprechend aus, dass Tora glatt vergaß weiter darüber nachzugrübeln, was mit seinem neuen Bekannten los war.

//Jetz'n Drink...! Das wärs doch!//

Nach einem Blick über die Schulter musste der Schwarzhaarige feststellen, dass sich kaum jemand an der Bar aufhielt, an der er sich meistens seine Getränke holte. Lediglich drei Personen befanden sich dort, kauerten jedoch lediglich stark alkoholisiert auf ihren Plätzen und versuchten das Gleichgewicht zu halten.

Schon von weitem konnte er erkennen, dass an diesem Abend auch die anderen beiden neuen Barkeeper zugange waren. Sogar dieser Jin war da, den er beim letzten Mal kennen gelernt hatte.

"Hey, Kleiner! Auch wieder hier?", begrüßte der Langhaarige ihn freudig, als er sich an die Bar stellte.

Tora nickte grinsend, nahm sich einen der violetten Hocker und setzte sich. Kurz studierte er die Angebotstafeln, welche vor ihm an er schwarzen Wand hingen, und entschloss sich für einen Drink, den er weder kannte noch aussprechen konnte. So deutete er also wie ein kleiner Junge auf die betreffende Tafel und machte so den hübschen Barkeeper auf sich aufmerksam.

"Einma den zweiten von unten!", kicherte er und entlockte dem anderen ein kurzes Lachen.

"Alles klar. Kommt sofort.", meinte dieser, zwinkerte seinem Gegenüber zu.

Es dauerte nur einen Wimpernschlag bis der Drink fertig war. Nachdem er diesen erhalten hatte, zückte der Jüngere sogleich sein Portemonnaie und kramte darin herum. Doch genau wie beim letzten Mal schüttelte der Langhaarige nur mit dem Kopf, beugte sich nach vorne und grinste.

"Wenn du mir deine Nummer gibst, geht der aufs Haus.", sagte er, setzte einen übertrieben lasziven Blick auf und ließ so durchblicken, dass es im Grunde nur ein Spaß gewesen war.

Tora allerdings zückte sofort einen Untersetzter, welcher noch vom vorherigen Gast neben ihm lag, und verlangte nach einem Stift. Jin, etwas verdutzt, blinzelte kurz, kramte dann jedoch in seiner Ablage nach einem Kugelschreiber. Ungläubig reichte er diesen dem anderen und beobachtete irritiert, was dieser tat. Keine dreißig Sekunden später hielt man ihm ein Stück Pappe unter die Nase auf der die gewünschte Nummer stand. Langsam nahm er diese in Empfang, zog beide Augenbrauen nach oben. Er räusperte sich kurz, legt den Untersetzer zusammen mit dem Stift in die Ablage zurück.

"Du, das war'n Scherz. Hättest den auch so gekriegt.", sagte er nur so laut, dass er grade so zu hören war. Die Musik war ziemlich laut.

Tora lächelte lediglich und nuckelte an seinem Strohhalm, welcher aus seinem kreisch-pinken Gesöff ragte.

"Nimm sie doch trotzdem. Vielleicht treffen wir uns ja ma privat. Also ich meine, das muss ja kein Date sein. Ich dachte nur...."

Der Ältere nickte abermals lächelnd und richtete flüchtig den Sitz seines engen dunkelblauen Shirtes.

"Schon klar. Ich meld mich auf jeden Fall."

Im nächsten Moment schon wandte sich ein Gast an ihn, brachte so das Gespräch, welches im Grunde sowieso beendet war, zum erliegen. So wandte sich der Jüngere wieder seinem Glas zu, trank einen Schluck und versuchte heraus zu bekommen, was wohl für Zutaten enthalten waren.

Als Tora eine Hand auf seinem Rücken spürte, hätte er vor Schreck fast mit seinem Drink um sich geschmissen. Ruckartig fuhr er herum und sah direkt in das überaus frech grinsende Gesicht eines blonden jungen Mannes, der es nicht für nötig hielt die besagte Hand auch wieder von ihrem Platz zu entfernen.

"Hier bist du also! Ich dachte schon, du wärst abgehauen!"

Er lächelte freundlich, setzte sich auf den Hocker neben dem Größeren und bestellte sich charmant Wimpern klimpernd ein Bier. Der langhaarige Barkeeper warf beiden einen alles sagenden Blick zu und stellte sich schmunzelnd an die Zapfsäule.

Nachdem Saga sein Getränk erhalten hatte, nahm er einen kräftigen Schluck von eben diesem und sah dann zu seinen Nebenmann, der ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte. Er betrachtete den Älteren von oben bis unten.

"Das Hemd steht dir wirklich gut.", schlussfolgerte er schließlich.

"Arigatô.", meinte der Angesprochene nur knapp, versuchte zu verbergen wie sehr ihn dieses Kompliment in Verlegenheit gebracht hatte und trank ebenfalls einen Schluck.

"Es würde dir sicher noch mehr stehen, wenn es offen wär."

Noch in der selben Sekunde, in der das letzte Wort verhallt war, verschluckte der Schwarzhaarige sich dermaßen an seinem Getränk, dass er aufstehen musste. Hustend fasste er sich an die Brust und versuchte, den Alkohol wieder aus der Lunge zu bekommen. Der Kleinere neben ihm lächelte jedoch ruhig und klopfte seinem erstickenden Freund ein paar Mal auf den Rücken.

"Nich so hastig Schnucki!", sagte er lachend.

Da es Tora mitten im Husten ziemlich unmöglich war etwas wortähnliches von sich zu geben, konnte er sich noch nicht einmal gegen das verhasste Kosewort wehren, welches ihm wieder einmal an den Kopf geknallt worden war. Nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, stützte er sich auf die Theke vor ihm und versuchte dem schadenfrohen Blick des anderen Stand zu halten.

"Nenn mich nich so! Außerdem hast du das doch sowieso nich ernst gemeint.", bemerkte er trotzig und spielte mit dem bunten Schirmchen in seinem Drink.

"Doch hab ich."

Der Größere sah auf, skeptisch die Augenbrauen verziehend.

"Sicher?"

Der blonde Visu legte grinsend den Kopf schief, rutschte mit seinem Hocker noch ein Stück näher an sein Gegenüber heran. Seine rechte Hand legt sich kurz auf dessen Wange um federleicht darüber zu streichen und sich dann abermals auf dem schmalen Rücken wider zu finden.

"Du kannst sicher zeigen, was du hast."

Der Grund für diese Bemerkung lag, Toras derzeitiger Meinung nach, im übermäßigen Alkoholkonsum des Jüngeren, denn er konnte unmöglich ernst meinen, was er von sich gegeben hatte.

"Sag nix, was du nich ehrlich meinst ne."

"Ich weiß gar nich, warum so'n hübsches Ding wie du solche Komplexe hat."

//Will der mich verarschen....?//

Nervös rutschte der Schwarzhaarige auf seinem Hocker hin und her und fühlte sich absolut unwohl in dieser Situation. Ein weiters Mal fand sich die Hand des Kleineren auf der blasse Wange wider, wanderte dieses Mal jedoch lediglich bis zum Kinn des anderen. Toras Herz fing an zu rasen. Er wusste nicht genau, wie die ganze Sache enden würde, wenn er nichts unternähme. Doch rühren konnte er sich nicht. So gut es ging versuchte er, dem Blick des Jüngeren auszuweichen und fixierte eine Falte in dem dunkelroten Umhang neben ihnen. Aus dem Augenwinkel heraus konnte er jedoch erkennen, wie sich ihm ein nur allzu vertrautes Gesicht näherte. Nervös krallten sich seine Finger um das Glas, welches er schon seit geraumer Zeit fest umklammert hielt. Er machte sich bereits auf das schlimmste gefasst, als man kurz vor einer Kollision mit seinem Gesicht stoppte.

"Darf ich mich davon überzeugen, dass diese Lippen so schön küssen lassen, wie sie es versprechen?", hauchte ihm der Visu entgegen und strich sich eine Strähne seines Haares aus dem Sichtfeld.

Tora schlug das Herz nun bis zum Hals. Tausende von Gedanken rasten durch seinen Kopf und versuchten vergeblich Klarheit zu bewahren. Wollte er das wirklich? Einen Kuss mit ihm? Sollte das, was er sich, wenn er ehrlich zu sich selbst war, schon einmal heimlich vorgestellt hatte nun doch passieren? War er dazu bereit jemanden zu küssen, dessen Name nicht Yumehito war? Konnte er diesem fragenden Dackelblick widerstehen oder war es nicht vielleicht sogar besser nachzugeben?

Das hübsche Gesicht seines Gegenübers war ihm mittlerweile so nahe, das dessen Haarspitzen den Größeren bereits an der Nase kitzelten. Eine Hand legte sich in seinen Nacken und begann mit sanftem Druck seinen Kopf nach vorne zu beugen, um die finalen Millimeter zwischen ihnen zu überwinden. Der Schwarzhaarige ließ es geschehen. Ob es an dem Alkohol in seinen Blutbahnen lag, wusste er nicht. Und eigentlich war es auch nicht der richtige Zeitpunkt darüber nachzudenken, wie er fand. Instinktiv schloss er seine Augen, als ihre Lippen sich berührten. Ein Blitz durchzuckte ihn, durchströmte seinen ganzen Körper.

//Kami-sama...!//

Tora begann ohne weiter darüber nachzudenken zu erwidern. Fast schon schüchtern öffnete er den Mund für die Zunge, welche sich bittend über seine Lippen schob und um Einlass zu betteln schien. Es begann ein zarter Tanz zwischen ihnen, bei dem keiner genau wusste ob der andere es genauso genoss wie er selbst.

//Oh, fuck....!//

Zögerlich legte der Ältere seinen Arm um den Blonden, der dessen Gesicht nun in beiden Händen hielt. Er fühlte seine seidige Haut, seufzte leise. Seine Fingerspitzen strichen leicht durch das schwarze Haar, als er den Kuss langsam enden ließ. Ein letztes Mal streichelte er ihm sanft über die Wange, als er sich wieder zurück in seine Ausgangsposition begab. Grinsend sah er in sein Glas, drehte dieses ein paar Runden um die eigene Achse. Neben ihm Tora, völlig perplex und mit Fragezeichen in den Augen. Wie sollte man jetzt wieder fließend in ein Gespräch über gehen? Der Ältere suchte krampfhaft den Fußboden ab. Es schien sich tatsächlich auch nicht das winzigste Loch auftun zu wollen, in das er hätte entschwinden können. Er betrachtet erst seinen Drink, ließ dann seinen Blick hinter die Bar schweifen. Jin lehnte gegen den Kühlschrank für die Getränke. Sein Augen ruhten auf dem anderen Visu, der mittlerweile zu Tora hinüber schielte ohne das dieser selbst es bemerkte. Der Barkeeper schien seinen Gedanken nachzuhängen. Nach einigen Sekunden machte er jedoch einfach mit seiner Arbeit weiter.

Saga stand nun auf, stellte sein leeres Glas auf den Tresen und legte einen Arm um die Hüfte des Größeren, beugte sich zu dessen Ohr herunter.

"Es hat sich wirklich so gut angefühlt, wie ich gedacht hab.", flüsterte er.

Lächelnd ging er in Richtung Tanzfläche, die Finger beim umdrehen Toras Rücken entlang tastend. Als er außer Hörweite war, wandte sich Jin an den jungen Mann an seiner Theke. Sofort bekam er auch dessen ungeteilte Aufmerksamkeit.

"Ich hab ein scheiß Gefühl bei dem. Sei lieber vorsichtig.", meinte er und polierte weiter das Weinglas in seiner Hand.
 

Vier exzessive Stunden, fünf Drinks für Tora und mindestens acht Bier für Saga später, herrschte eine allgemeine Aufbruchstimmung bei der kleinen Visugruppe. Nicht etwa, weil es schon so spät war, denn es war grade einmal halb eins gewesen, sondern viel mehr weil es niemand mehr für nötig hielt sich weiterhin zu betrinken, da sowieso schon alle mental im Niemandsland waren und den überfüllten Club lediglich noch mit ihrer physischen Anwesenheit beehrten.

"Tora-chi!"

Ein Arm legte sich um die Schultern des Angesprochenen. Dieser drehte sich um, versuchte zu erkennen wer da wieder nicht die Finger von ihm lassen konnte. Zu seiner Überraschung war es jedoch nicht der blonde Visu, den er erwartet hatte, sondern dessen Kumpel mit dem Zylinder auf dem Schädel. Er grinste ihn mit seinen vollen Lippen an und deutete mit der ringbesetzten Hand, mit der er grade nicht seinen Arm befummelte, auf Seiya und Shou, die sich vor der Tanzfläche versammelt hatten.

"Wir gehen."

Der Schwarzhaarige, nicht mehr ganz Herr seiner Kräfte, nickte überschwänglich und reckte seinen Hals nach oben um Ausschau nach Saga halten zu können. Doch erblicken konnte er ihn nicht. Jedenfalls nicht bis zu dem Zeitpunkt, an dem Jemand von hinten den Griff von Tomoyukis Fängen löste und selbst den schmalen Körper umfasste. Tora drehte sich nicht um, war sich stattdessen bewusst wer es war.

"Ich übernehm dann ma."

Er schien zu grinsen. Jedenfalls ließ seine Stimmlage dies erahnen. Sein Arm legte sich ein weiteres Mal um die schmale Hüfte des Größeren und stützte ihn.

"Wir gehen zusammen mit Seiya, ne? Sein trautes Heim liegt auf unserem Weg.", sagte der Blonde lachend, stolperte los und zog den Größeren in seinem Arm mit sich, erhielt jedoch keine richtige Antwort. Kurz drehte er sich noch einmal um und verabschiedete sich winkend von Shou und Tomoyuki. Der Größere neben ihm tat es ihm gleich, musste sich jedoch eher auf den Weg vor sich konzentrieren um nicht bei nächster Gelegenheit auf die Nase zu gehen. Seine rechte Hand klammerte sich in das Shirt des Kleineren, der ihn noch immer stützte. Einige Male schwankten beide stark hin und her, hatten Mühe ihr Gleichgewicht zu halten. Zu Dritt schlichen sie nun die schmalen, schlecht beleuchteten Straßen entlang, die in die einzelnen Wohngebiete führten und sagten kein einziges Wort. Erst, als sie zwanzig Minuten später fast angekommen waren, änderte sich dies.

"Sag ma, wo war denn Aki heute?", meinte Seiya nach einer ganzen Weile und brach somit die Stille, die lediglich durch den gleichmäßigen Verkehrslärm gestört wurde.

Der Kleinste in der Runde schüttelte nur grinsend mit dem Kopf und machte eine abwinkende Handbewegung.

"Naja, der hat sich gestern das falsche Zeug rein gepfiffen."

"Nich im Ernst, ne?"

"Doch, doch. Der liegt bestimmt immer noch flach."

"So ein Depp..."

"Hab ich ihm ja auch gesagt, aber du weißt ja, wie er is. Lässt sich ja von keinem was sagen, bis er endlich ma auf die Fresse fällt."

Der Größere sah zu Boden, schob die Hände tief in die Hosentaschen und seufzte. Etwas unentschlossen kaute er auf seiner Unterlippe herum, bis seinem blonder Freund ein Geistesblitz kam.

"Geh doch zu ihm."

"Lass ma gut sein."

"Er freut sich bestimmt über deinen Besuch."

"Aber nich ein Uhr Morgens."

"Wenn du meinst. Du musst übrigens da drüben rum. Nich, das du eine Ausfahrt verpasst."

Seiya nickte. Verschwommen erkannte er den Weg, den er nun einschlagen musste, umarmte seinen alten Kumpel und dessen neuste Eroberung zum Abschied, erhielt von beiden ein synchrones ,Bye-bye-cycle', worüber diese lachten wie zwei Schulmädchen, und verschwand in der dunklen Gasse. Da waren es also nur noch zwei lallende und vor sich hin stolpernde Gestalten, die krampfhaft versuchten den Gehweg zu treffen und Laternen zu meiden. Sie mussten sich aneinender krallen und dachten über keinen Handgriff mehr nach, egal wohin dieser sich irrtümlich verirrte.

Eine weitere viertel Stunde später hatten sie ihr auch schon Ziel erreicht. Zumindest war die Endstation für Tora erreicht.

"Da sind wir auch schon.", nuschelte dieser vor sich hin und deutete ungeschickt auf das weiß gestrichene Haus vor ihnen.

Der völlig dichte Visu neben ihm betrachtete das Gebäude, gluckste vor sich hin und versuchte sein Taumeln unter Kontrolle zu halten. Er umarmte den Schwarzhaarigen von hinten und tapste die letzten Schritte bis zu dessen Haustür hinter ihm her. Auf dem Tritt erst ließ er ihn wieder los.

"Sind deine Eltern da?", fragte er.

Der Ältere drehte sich um, irritiert drein schauend. Seine Wangen waren leicht gerötet. Wahrscheinlich vom Alkohol. Schüchtern nickte er.

"Hai."

Der Blonde blickte zu Boden. Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht.

"Dann geh lieber rein. Nich, dass du noch Ärger bekommst."

"Bekomm ich schon nich.", erwiderte der Ältere hastig und hatte überhaupt keine Lust ins Bett zu gehen.

"Geh trotzdem."

Tora hob erstaunt die Augenbrauen. Warum sollte er denn jetzt gehen?

"Nani?"

"Sonst muss ich dich auffressen.", war die Antwort, die er beim besten Willen nicht erwartet hatte.

"Sou desu ka?"

"Willst du's drauf anlegen?"

Flüsternde Worte verhallten in der halbdunklen Straße, wurden kaum ausgesprochen, als ein hübscher junger Mann von einem anderen geküsst wurde. Zart und federleicht trafen sich ihre Lippen und trennten sich noch ehe der Realisierungsmoment eintreten konnte. Dem Größeren schlug das Herz bis zum Hals, als sein Blick den des anderen traf. Sie hatten es also schon wieder getan. Zum dritten Mal nun schon.

"Du bist betrunken.", stellte er sachlich fest und musterte die Reaktion des Kleineren.

Dieser lachte kurz auf, streichelte flüchtig über die leicht gerötete Wange seines Gegenübers und antwortete lediglich mit:

"Du doch auch..."

Schließlich drückte er den Älteren an sich und wollte sich verabschieden.

"Mata ne, Schnucki. Ich meld mich morgen! Schlaf schön!", meinte der Blonde lächelnd, ging rückwärts die schmale Treppe hinunter und winkte dem anderen ein letztes Mal zu, noch ehe er sich auf den Weg nach Hause machte. Der Schwarzhaarige stand noch immer unverändert auf dem Tritt und fuhr sich ungläubig über die blassen Lippen. Seine Augen folgten der rasselnde Silhouette des Visus, die leicht schwankend hinter der nächsten Ecke verschwand.

"Oyasumi...", wisperte er.
 

*1: Das Chap in dem L stirbt, heißt ,Ins Herz'.... TT_______________________TT~ *wahnsinnig großer L-fan desu*
 

Im nächsten Chap gehts heiß her! x3 Ich sag nur ,Rotwein'. xD

Und wo sind eigentlich meine lieben Kommi-schreiber abgeblieben? ö.Ö

Ich mag mich doch verbessern. *Dackelblick aufsetzt* *mit Wimpern klimpert*

Wer wegen das nächste Kapitel wegen des adul-Inhaltes nich lesen kann und mir deshalb ne ENS schickt: Es kann nen Moment dauern, bis ich reagiere. So oft bin ich nämlich nich on. Aber ich verspreche hoch und heilig zu antworten! *schwör* ^__________________________^
 

Musik: The Candy Spooky Theatre allgemein, Lovin' - DESCENT THE SAVAGE, lynch. allgemein

Coma black

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



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Kommentare zu dieser Fanfic (33)
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Von: abgemeldet
2009-06-16T22:02:35+00:00 17.06.2009 00:02
Ich mag deine FF. o,o
Würd' gerne mehr lesen. *O*
Von:  MikaChan88
2009-05-03T08:26:07+00:00 03.05.2009 10:26
die ff is total super
hoffe du machst bald weiter ^-^

cu,
MikaChan
Von:  SierraN
2008-12-01T23:51:53+00:00 02.12.2008 00:51
ok.. ich hab das teil letztens endeckt und beschlossen zu lesen^^
und ich mag es sehr sogar...
nur eines stört mich: ich kan kein japanisch. nur ein paar wenige worte. einiges kann ich ja noch imzusammenhang erraten, aber echt nicht alles... bitte *fleh* ich hoffe in den anderen kapiteln sind nicht so viele^^° ansonsten brauch ich ganz dringend ne übersetzung^^
*jetzt ins bett geh*
Von:  Chanyeol
2008-11-16T12:11:03+00:00 16.11.2008 13:11
Soo...
da schwarzleser was ganz böses sind, schreib ich jetzt einen kommi ^^
ich hatte schon gestern angefangen zu lesen, aber nicht mehr geschafft schon einen kommentar zu schreiben...
^^
ich finde die Idee Saga und Aki als Visus grandios... (irgendwie sind sie ja eigentlich alle visus aber in den meisten real-life-ffs eben nicht ^^)
ich mag aki ^^ auch wenn er ein junkie is (das liegt wohl einfach daran, dass ich sowieso ein aki fan bin...) vor allem is er kein opfer(uke) boah... das geht gar nicht, wenn aki so ein uke-viechs is...
Mir fallen in letzter Zeit immer mehr FFs in die Hände in denen Saga und Aki gepairt werden ... bzw. ansatzweise gepairt werden ^^
Bei näherem Nachdenken is das Pairing ja gar nicht mal so schlecht, aber in der FF wirds wohl nichts mehr XD
zu Rechtschreibfehlern kann ich ganz wenig sagen... ich war zu eingenommen von der Story, als dass ich auf welche achten konnte...
alles in allem tollig, aber eine Kleinigkeit hab ich dann schon noch auszusetzten... Diese übertrieben vielen Japanischen Wörter/Sätze... Es is verständlich, keine Frage, und unser aller Lieblingssprache in allen Ehren, aber es war schon etwas nervig, dann gegen 'Ende' hin is es besser geworden ^^

sooo...
das is das Ende
freue mich, wenns weiter geht
^-^
SASO

P.S: ach ja ich bin eine der U-18 Leser... (Vorschlag: du könntest die FF auch bei Fanfiction.de hochladen... ich hab sie da gesucht, aber nicht gefunden, also geh ich mal davon aus, dass sie da nicht vorhanden is ^^ da lesen sie dann noch mehr leutz)
Von:  -Bucky_Barnes-
2008-06-12T13:35:42+00:00 12.06.2008 15:35
das kapitel war wieder echt toll. als ich es sah musste ich es sofort lesen, und ich wurde wieder nicht enttäuscht, es war genial.
du hast einen echt tollen schreibstil, um den ich dirch beneide. mach weiter so, ich freu mich schon auf das nächste kapitel. bin mal gespannt ob aus saga und tora noch was wird.^^
Von: abgemeldet
2008-06-11T23:35:25+00:00 12.06.2008 01:35
Woah~ Tomo macht mir irgendwie au angst! x_X xD
Aki tut mir jetzt noch mehr leid >~<
uuuund yay es geht voran mit den beiden *O*~ voll süß~
huhm~ was ich vergessen hatte zu erwähnen beim ersten kommi: ich mags wie du beschreibst was sie immer an haben :)
was mich übrigens noch beschäftigt: wird shou irgendwann mal irgendwen abkriegen?? xD der arme xD
Lg <3
Von:  Micawber
2008-06-11T22:35:02+00:00 12.06.2008 00:35
*blinzel*
jetzt bin ihc müde...todmüde...aber die FF war toll!
Also das kapitel <3...
ich krieg den gedanke von Saga's Piercing an... naja *hust* Tora *hust* nimmer aus dem Kopf.
Hey! Ich bin auch Fan von diesen tollen Stiefeln >3... *kauft wo immer geht*
Freu mich schon aufs nächste kapitel!
Von:  Micawber
2008-06-11T21:43:42+00:00 11.06.2008 23:43
...also die vorstellung eines hackedichten Sagas der klimpernd nach Hause torkelt... du hast mir meinen Abend gerettet! xDD""
Thanks!
Von:  The_Black_Rabbit
2008-06-11T10:57:50+00:00 11.06.2008 12:57
aw >////<
LIEBE!!!
isch will mehr ;O;
Von:  -lucky-
2008-06-11T10:52:48+00:00 11.06.2008 12:52
ich kann echt nur sagen....das kapitel war mal wieder genial *.*
*schauder*
hab grad echt alles linksliegen gelassen um es zu lesen xD~
iwie weiß ich ansonsten nicht, was ich sonst schreiben soll x_X'
nur mac hweiter so ....
gomen, is mal wieder eines der üblichen kommis
*sighn*


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