Familienbande von Hana-chan2 (A tale of a young man) ================================================================================ Kapitel 3: Flucht ----------------- Nach langer langer Zeit gehts jetz mal weiter...^^" Hatte jetz wegen Schule zu tun, aber von jetz an gehts (hoffentlich) stetiger! Die Hufe des Pferdes knallten auf das Pflaster, als die kleine Kutsche das Stadttor wieder durchquerte. Laut wiehernd zog es selbige in Richtung des kleinen Häuschens am Rande der Stadt, neben dem auch der Stall stand, wo der junge Hengst seine Zeit verbrachte, wenn sein Herr ihn nicht brauchte. Langsam senkte sich schon die Nachmittagssonne gen Horizont, die bald den gesamten Himmel in ein Rot tauchen würde, das einen Hauch von Unendlichkeit in den Herzen der Betrachter entstehen lassen würde. Doch jetzt war daran noch nicht zu denken, auch wenn der Pferdewirt seine Tiere bereits von den Weiden vor den Mauern der Stadt hinein holte, da die Nacht kalt werden sollte. Er grinste, als er Adrian kommen sah. Denn es war selten, dass er etwas wusste, was dieser noch nicht erfahren hatte, und das konnte der ehemalige Händler nicht wissen. Misstrauisch schaute Cosimos Vater zu dem anderen, der sich um den Hengst kümmerte. „Na Adrian, die Ländereien besucht? War`s spaßig?“ „Hm“ brummte er von der Kutsche absteigend. „Dann weißt ja sicher noch nichts davon, was in den letzten Stunden hier los war…“ Seine Augen zogen nur flüchtig über Adrians, er hatte bereits erreicht, was er wollte. Vater und Sohn waren neugierig. „Was… was war denn los?“ fragte Cosimo zögerlich, woraufhin ihn sein alter Herr mit Blicken strafte, die ihm verdeutlichten, dass er zu voreilig war. „Tja, Kleiner, das is` so `ne Sache. Der Fürst war aufm Platz un` hat `ne Ansprache gehalten. Hat was von neuen Einbrüchen oder so gequatscht. Soll viel los gewesen sein gestern.“ Wie vom Donner gerührt stand Cosimo da, als er das letzte Wort vernahm. Gestern, hatte der Kerl gesagt, vielleicht sogar gestern Abend? Oder in der Nacht? Grad da vielleicht, wo Gonzo weg war? „… Na un` da hat er halt auch gesagt, dass der Knabe - alt kann er ja net sein, bei dem Bild – der vorn aufm Platz am Galgenpfosten seit Wochen, was sag ich, Monaten zuhängt, jetz verstärkt gesucht werden soll, weil jeder, der sich weigert verhaftet werden soll. Alle sin` halt in Aufruhr un` suchen überall, `n paar sin sogar auf die Dächer gekraxelt.“ Endete er mit seiner Beschreibung des Geschehenen kopfschüttelnd. Adrian fasste seinen Sohn erst erneut ärgerlich ins Auge, drehte sich dann aber doch wieder lächelnd zurück, um sich zu verabschieden. „Schließlich wäre noch so viel zu tun“, versicherte er, Cosimo vorantreibend. Kaum waren sie um die nächste Ecke gebogen verhärteten sich seine Züge. Kein Funken Gütigkeit lag mehr auf seinem Antlitz. Er grübelte, so viel erkannte sein Ältester und kombinierte dazu, dass Adrian wohl gerade entschied, was zu tun sei. Und als sie endlich vor ihrem Haus ankamen, schien der Plan gefasst zu sein. Auch das Gesicht des Vaters schien wieder freundlicher, während Cosimo sich durch die nun offen stehende Tür schob. Am liebsten wäre er gleich verschwunden, irgendwohin, nur weg von seinem Vater. Aber der hatte andere Pläne. Cosimo glaubte gleich ein Donnerwetter erleben zu dürfen, doch stattdessen flüsterten seine Eltern nur. Fast fühlte er sich schon unbeachtet, als ihm eine Träne seiner Mutter auffiel. Da endlich verstand er etwas. „… aber muss es denn sein?“ fragte sie mit halb erstickter Stimme, die voller Hoffnung schien, welche ihr durch ein erneutes Kopfschütteln ihres Mannes erstarb. Sie senkte den Kopf in Richtung ihres Schosses, vielleicht um ihre Tränen zu verstecken, wahrscheinlich ertrug sie jedoch einfach die Gesichter ihrer Familie nicht, nicht in diesem Moment. Stille herrschte. Kein Wort verlies die Lippen der Anwesenden. Adrian hatte das lebhafte Interesse an einem kleinen Keksschächtelchen gewonnen. Langsam hob er die Hand und spielte an ihr herum. Ab und an öffnete er sie, überprüfte den Inhalt und fuhr schließlich mit den Fingern über die Ornamente an den Außenwänden. „Und… was… was ist jetzt?“ schaute Cosimo fragend abwechselnd zu Mutter und Vater. „Was habt ihr vor?“ „Geh und bring Gonzo her.“ Kam die Antwort von seinem Vater, der immer noch die kleinen Ornamente abtastete, ohne auch nur auf zu sehen. Gonzo stand an dem Morgen am Fenster im ersten Stock, als sein Vater mit Cosimo das Haus verlies. Es war zur Straße hin ausgerichtet, mit zwei Stoffbahnen, die den Jungen verdeckten und von außen so nicht sichtbar machten. Anders als die Brüder am Abend nahm Adrian den Vordereingang. Nur wenige große Häuser hatten in Farun zwei Haustüren, so auch ihres, da durch die frühere Tätigkeit als Händler genug Geld zur Verfügung stand. Eine weitere Eigenheit dieser Häuser war die schön verzierte Schmuckseite, jene, der Cosimo gerade den Rücken zu wand. Würde er sich umdrehen, sähe er die Stuckverzierungen und die bunten Farben, die verwendet wurden, um es hervor zu heben von dem grauen Einheitsbrei der anderen Fassaden. Zudem war es eigentlich das einzige dieser Häuser, die nicht direkt am Markt standen, sondern an einer etwas kleineren, ruhiger gelegenen Straße. Der weißhaarige Junge beobachtete die beiden Fortgehenden bis sie nicht mehr sichtbar waren. Er war sich sicher, dass sie Matteo besuchen würden. Kein anderer Grund brachte Adrian in letzter Zeit aus dem Haus. Es war, als wolle er seinen mittleren Sohn beschatten. Das machte es Gonzo auch schwer sich frei zu bewegen. Sein Vater war einer der wenigen Menschen, vor denen er etwas Achtung hegte. Keine Liebe, nur Achtung. Und jetzt war er weg. Gonzo grinste zufrieden und ging dann hinunter zum Hof. Amando und seine Mutter waren noch immer in der Küche. Sie lachten vergnügt und aßen dabei die letzten Happen ihres Frühstücks. Vorbei an ihnen schlich sich Gonzo zum Hinterausgang. Leise, ohne jedes Geräusch erreichte er sie und nichts hätte den Rest der Familie darauf aufmerksam gemacht, das er weg war, hätte nicht die Tür ein kurzes Knarren von sich gegeben, gerade laut genug, dass Amando es hörte. Er stand auf, um nachzusehen, was los war. Und als er den Kopf zur Türe hinaus streckte, sah er noch Gonzo in einem braunen Umhang um die Ecke biegen, gerade dabei sein weißes Haar unter einer Kapuze zu verstecken. Der kleinste der Brüder wusste, verfolgte er ihn jetzt nicht, fände er ihn nie wieder. Also lief er nach einem kurzen, „Ich bin gleich wieder da“ – Ruf zu seiner Mutter, hinterher und holte ihn kurz vor dem Markt ein. „Was hast du vor?“ fragte der Kleine, woraufhin Gonzo in sich zusammen zuckte und wie angewurzelt stehen blieb. Er rappelte sich schnell wieder auf und fragte schließlich: „Und was denkst du hier zu tun?“ „Dich begleiten! Ich will nicht, dass du immer so allein bist!“ lächelte Amando weiter kindlich naiv. Gonzo aber blieb kühl und unbeeindruckt. Nie zeigte er viel Gefühl ihm oder einem anderen gegenüber, denn eigentlich kannte ihn niemand, und so sollte es sein. „Mach was du willst.“ Auf dem Markt versammelten sich viele Menschen, die Leute drängten heran, ohne auf den anderen zu achten, so viel es Gonzo und Amando leicht unbemerkt zu bleiben. Schnell ließ sich auch der Grund erkennen für diese Ansammlung. Der Fürst trat nun auf die kleine Tribüne unter den Galgen. In sein Gesicht war Zornesröte getreten. Er schäumte nur so vor Wut. In der folgenden Stunde schrie er seine Gefühle förmlich heraus und mit jedem Wort steigerte er sich weiter hinein. Amando schaute an seinem Bruder hinauf, während er langsam und zaghaft nach seiner Hand griff. Dieser stand wie vom Donner gerührt zwischen den anderen Leuten mit weit geöffneten Augen. Gonzo konnte kaum glauben, was er da hörte. Erst kurz bevor der Fürst endete, wurde ihm klar, dass sie verschwinden sollten. Immer noch Amando an der Hand lief er aus der Menge hinaus in Richtung der kleinen Gassen. Jetzt durfte er nur nicht zu schnell sein, schließlich wollte er ja keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Halb nachgezogen, halb selbst laufend verfolgte der kleine Bruder ihn. Immer darauf erpicht die Worte des Älteren zu erfassen. Doch er konnte das leise Flüstern nicht verstehen. So sehr er es auch versuchte. Weiter und immer weiter durch das Netz von Gängen fand er schließlich die kleine Tür und hielt inne. Amando neben sich, der jetzt noch fester Gonzo`s Hand drückte. „Was du eben gehört hast… du… glaub es nicht…“ begann der Größere stotternd. „Es ist nicht wahr. Nicht wahr! NICHT WAHR!“ Er geriet in einen Schwall der Gefühle, während er auf die Knie sank, ließ er Amando los und drückte beide Hände gegen den Kopf. Den Kleinen betrübte der Anblick, er kannte Gonzo, nie hatte er etwas abgestritten oder seine Gefühle so deutlich einem anderen gezeigt. Darum glaubte er ihm. Langsam schloss er die Arme um den älteren Jungen. Doch die Berührung, die Wärme, die der Kleine ihm bot, weckte Gonzo wie aus einer Trance. Er löste sich aus der Umarmung, öffnete die Tür und verschwand hinauf in die Zimmer. Amando blieb noch einen Moment stehen, blickte in Richtung der Mittagssonne und ging dann ebenfalls hinein, wo ihre Mutter das Mittagbrot bereitete. „Hast du Hunger, Gonzo?“ lachte der jüngste Bruder. Gonzo saß in einer Ecke nahe dem Fenster auf seinem Bett. Die Beine nah an den Körper gezogen schaute er hinaus zum Himmel, wo ein Schwarm Vögel gen Süden zog. Aus seinen Gedanken gerissen schaute er abwesend zur Tür. „Hast du es Mutter erzählt, Amando?“ „Nein, wieso auch, wenn Vater heimkommt erfährt sie es eh.“ Verhärteten sich Amando`s Züge, nur um sich gleich wieder zu einem Lächeln zu verziehen: „Kommst du nun mit herunter?“ Gonzo blickte noch einmal zum Fenster, „ja…“ Und damit erhob er sich. Amara war sichtlich erfreut den mittleren Sohn einmal zum Essen da zu haben, verzog er sich doch sonst immer in sein Zimmer. Sie saßen eine ganze Weile beieinander. Vielleicht ein letztes Mal, dachte Gonzo noch. „Vater, es… es tut mir leid, ich hätte dir sagen sollen, dass Gonzo gestern einfach verschwunden war, aber ich dachte es wäre schon nichts passiert.“ Cosimo suchte verzweifelt sich zu rechtfertigen. Er sah, dass die ganze Misere irgendwie seine Schuld war. Und er wollte, ja, tief in seinem Herzen, wollte er dafür bestraft werden, nur um die Schuld von seiner Seele zu glauben. Aber Adrian tat nichts dergleichen, immer noch spielte er an den Ornamenten, drehte und wendete die Schatulle und sah kein einziges Mal auf. „Geh, und tu, was ich dir gesagt habe.“ Voller Erregung stand Cosimo da, wütend, dass sein Vater nicht verstand, was er wollte. Die pure Erlösung von einer tiefen, inneren Unruhe, die ihn am vorhergehenden Abend ergriffen hatte. Aber wie so oft beugte er sich. Langsam, fast schleppend, stieg er die Stufen zur oberen Etage hinauf. Wie sein Bruder einige Stunden zuvor stand er an der Tür, den Blick auf den in der Ecke hockenden Gonzo gerichtet. Mit einer tiefen Melancholie in der Stimme, ihn nach unten zu zitieren. Der weißhaarige Junge nickte nur, kein Wort der Widerrede. Er nickte einfach und stand auf, vorbei an seinem Bruder hinab, dass Gespräch mit seinen Eltern aufzusuchen. Cosimo ging ihm nicht nach, er wusste dass er bei dieser Unterhaltung nicht erwünscht war. Stattdessen schritt er weiter in den Raum und wo Gonzo eben noch saß, ließ nun Cosimo sich nieder. Ein Lächeln huschte kurz über seine angestrengten Züge, als er ein kleines Stofftier fand, dass die Mutter damals genäht hatte, für jeden gab es eines. Gonzo´s stellte einen schwarzen Hund mit braunem Bauch dar. Er dachte an seines, einen Zentauren, mit schwarzem Fell, um den Cosimo sie gebeten hatte. Sie hatte einen ganzen Monat daran gesessen. Und er bettelte immer, wann es denn endlich fertig sei. Wie Gonzo hatte er es bis heute behalten, allerdings verwunderte ihn, dass sein kleiner Bruder ähnlich verfuhr. Eine ganze Weile hielt er den Blick auf dem Tierchen, erst als er unten etwas hörte konnte er sich davon losreißen. Vorsichtig ging er hinunter. Und kurz vor der Küchentür blieb er stehen und lauschte. Amara weinte, aber das Warum war Cosimo schleierhaft. Er rückte ein Stück näher, so dass ihm ein verstohlener Blick ins Innere frei war. Gonzo stand ruhig da, während Adrian auf ihn einredete. Was sie bis jetzt besprochen hatten wusste er nicht, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen, warum sie erst jetzt darüber sprachen was mit Gonzo geschehen sollte. Lange aber war es nicht der zentrale Punkt seiner Gedanken, schließlich donnerte sein Vater gerade dem Bruder entgegen, dass dieser das Haus und mehr noch die Stadt auf dem schnellsten Wege, am besten noch diese Nacht verlassen soll. Cosimo drückte die Hände vor den Mund und wich einige Schritte zurück. Er konnte das nicht ernst meinen. Und nicht in diesem kalten, gefühlslosen Ton, in dem er sonst nie sprach. Am ganzen Leib zitternd schritt er wieder an die Tür. Jetzt sah er auch wieder Gonzo, der sich nicht einen Millimeter bewegt hatte, nicht ein Wort sagte. „Gut“, hörte Cosimo seinen Bruder jetzt sagen. „Wie du willst, ich gehe noch heute.“, damit drehte er sich zum Gehen, den sonst hätte er seinem Vater gegenüber einmal Schwäche zeigen müssen, weil eine einsame Träne seine Wange hinab lief. „Warte noch!“ hielt Adrian ihn noch kurz zurück, „Ich will nicht, dass du Cosimo oder Amando etwas davon sagst, sie sollen es erst morgen erfahren, wenn alles vorbei ist. Ich denke du verstehst, warum.“ Gonzo nickte stumm. „Dann geh jetzt“ „Werde ich, und heute Nacht hau ich endlich auf nimmer Wiedersehen aus diesem Kaff ab.“ gab Gonzo barsch zurück. Gerade als er aus der Tür schreiten wollte, trat Cosimo herein. Die Hände in den Taschen tat er als wäre alles wie immer. Aber als sein Blick vom Boden hinauf in das Gesicht Adrians wanderte, zeigte er eine ungeahnte Härte. „Ich“, begann er, „werde meinen Bruder begleiten.“ Hosted by Animexx e.V. 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