Die Nische in der Bibliothek von Roter_Panda (Snape x Lily (kurz: Snily)) ================================================================================ Kapitel 8: Vollmond ------------------- In der Mittagspause des darauffolgenden Tages – einem verschneiten Dienstag – saßen Severus und Lily wieder in ihrer Lieblingsnische und brüteten über ihrem Zeitplan. „Ich würde sagen,“, so fing Severus an, „Wir sollten erst schauen, was wir in den Gewächshäusern finden können. Manche Sachen findet man sicherlich nur im künstlichen Anbau. Außerdem müssen wir dann auch nicht so lange im Wald bleiben, um zu suchen.“ „Bin genau deiner Meinung“, entgegnete Lily. „Das machen wir dann am besten Morgen. Ich wette Professor Lewis ist bei Vollmond in den Gewächshäusern – manche Pflanzen öffnen sich ja nur dann.“ „In Ordnung.“ Severus schrieb die bisherige Planung auf. Lily wippte mit ihrem Stuhl. „Wusstest du, dass Lewis nicht mehr lange bleibt? Nur noch drei Jahre oder so, dann bekommt Hogwarts einen neuen Lehrer für Kräuterkunde.“ „Na ja... er ist ja auch schon ziemlich alt...“ „Mmh...“ Lily schaute in ihre Unterlagen. „Und laut Buch muss der Trank 12 Stunden vor sich hin kochen. Also könnten wir doch Samstag Abend anfangen und Sonntag Morgen ist er fertig.“ „Geht klar.“ Severus schrieb es auf. „Also dann am Donnerstag in den Wald?“ „Am Donnerstag in den Wald.“ Severus notierte es. „Bist du Freitag Abend eigentlich auch im Apparierkurs?“ „Ja.“ Severus hielt inne. Fast hätte er das auch aufgeschrieben. Lily zögerte und hörte auf, mit dem Stuhl zu wippen. „Bist du schon mal appariert?“ Severus drehte sich zu ihr vollends um. „Ja. Mit meiner Mutter.“ „Wie... wie ist das so?“ Unsicher schaute sie ihn an. Severus überlegte. „Na ja... Wie soll ich das beschreiben? Es ist... unangenehm.“ „Tut es weh?“ Erschrocken schaute sie ihn an. „Nein! Nein, nein, keine Angst.“ Severus war kurz vorm Verzweifeln. So hatte er das jetzt nicht gemeint. „Es ist, als ob dich jemand zusammen drücken und dann auseinander ziehen würde. Oder... als ob dich jemand durch einen Schlauch ziehen würde.“ Als er Lilys panischen Gesichtsausdruck sah, musste er lachen. „Aber meine Mutter sagt, man würde sich daran gewöhnen und dann wäre es nur halb so schlimm.“ Lily nahm diese Information erleichtert auf und fing wieder an, mit dem Stuhl zu wippen und an die Decke zu starren. Severus indessen durchblätterte ein Lexikon, das er erst vor ein paar Tagen entdeckt hatte. In der Bibliothek war mittlerweile einiges los. Auch einige aus ihrer Klasse befanden sich auf der Suche zwischen den Regalen nach einer Lektüre, die ihnen bei ihrem Referat helfen könnte. Lily spickte durch die einzige Lücke in den Regalen – die sie selbst eingebaut hatte, um die anderen ein bisschen beobachten zu können - und verfolgte das Geschehen. „Steven sucht im völlig falschen Regal.“ „Wo sucht er denn?“, fragte Severus ohne von seinem Buch aufzuschauen. „Im Bereich der Zaubertränke für angewandte Zaubertranktheorie.“ „Ganz falsch“, seufzte Severus. „Der muss für den Viteratrank in den Bereich für Kriminalarbeit mit den Büchern über Auroren.“ Lily grinste. „Du schreibst dir die Themen auch auf?“ Severus lachte leise auf. „Die haben so was von billige Themen.“ Lilly lehnte sich wieder zurück und stubste eine der noch nicht brennenden Kerzen an, die in der Luft schwebten. „Ich hab sie schon alle nachgeschlagen. Slughorn hat ihnen einen Haufen von so offensichtlichen Tips gegeben...“ Severus lachte. Es überraschte ihn immer wieder, wie sie sich doch ähnelten. Er selbst hatte an einem Abend – der, an dem er etwas „zu erledigen gehabt hatte“ – alle Themen ausgearbeitet und Fachliteratur dazu gefunden. Ihn aus seinen Gedanken reißend, merkte er plötzlich, wie ihm die Haare aus dem Gesicht gestrichen wurden. Erschrocken sah er Lily in die Augen, die mit einer Hand den seitlichen Vorhang vor seinem rechten Augen lüftete. „Tschuldige, ich wollte nur sehen, ob das Auge auch existiert.“ Ein Lächeln breitete sich auf ihren Gesichtszügen aus – eher fast schon ein Grinsen. „Wie bitte?“, fragte Severus, der total aus dem Konzept gerissen war. „Siehst du auf dem Auge überhaupt was?“ „Äh... ja.“ Lily lachte. „Warum versteckst du dich? Ist doch viel schöner, wenn man dir in die Augen schauen kann...“ Lächelnd lehnte sie sich wieder zurück und starrte durch die Regale. „Ich glaube, Steven hat’s jetzt endlich kapiert.“ Ungläubig betrachtete Severus sie von der Seite. Jetzt tat sie schon wieder so, als wäre gar nichts gewesen... Etwas verlegen richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Lexikon. Hin und wieder spickte er grinsend zu Lily, die mittlerweile mit einem Lächeln im Gesicht kleine grüne Vögel in die Luft zauberte. Lily war einfach... unbeschreiblich. „Du hast eine Strafarbeit bekommen?“ Remus schaute Trudy ungläubig an, als sie zusammen im Atrium saßen. Trudy lachte. „Ja. Filch hat mich erwischt, als ich gestern Abend durch die Gänge gerannt bin.“ „Tut mir leid...“, murmelte Remus. „Hätte ich nur mehr auf die Uhr geachtet...“ „Dir braucht doch gar nichts leid zu tun. Mir hatte es gestern... sehr gefallen.“ Schüchtern schaute sie zögernd zu Remus, der sie anlächelte. „Mir hat es auch gefallen.“ Plötzlich war Gelächter im Innenhof zu hören. Hinter einem Baum traten vier Jungen aus der 5. hervor. Sie kamen auf Trudy zu und lachten gehässig. „Hey Trudy“, rief einer von ihnen. „Hey Trudytrud“, rief ein anderer. Auf einmal fingen alle an wie Wölfe zu jaulen. Nur hin und wieder wurde das Heulen von einem Lachen unterbrochen. Remus sah die Jungen erschrocken an. Wussten sie etwa...? Trudy sprang auf, nahm Remus bei der Hand und zog ihn mit sich weg. Ohne ein weiteres Wort flüchtete sie mit ihm in ein leeres Klassenzimmer. Zögernd ließ sie seine Hand los und schaute beschähmt zur Seite. „Es... tut mir leid. Ich wollte nicht, dass so etwas passiert...“ Remus war zu verwirrt, um auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. „Wie... ich meine... woher wissen die, dass ich... woher weißt du...?“ Trudy schien sein Gestammel nicht zu hören. „Ich... heiße überhaupt nicht Trudy...“ Remus hörte mit dem Versuch auf, seine Gedanken zu ordnen. Erstaunt schaute er Trudy – oder eher die angebliche Trudy – an, die sich auf einen der Tische setzte. „Was? Aber... wie heißt du dann?“ Trudy holte tief Luft und murmelte schließlich mit gesenktem Blick: „Wolftrud“ Die Stille, die sich daraufhin im Raum ausbreitete war erdrückend. Trudy machte sich schon auf das Gelächter bereit... „Und was ist so schlimm daran?“ Verstört schaute Trudy auf. „Was so schlimm daran ist? Wolf-trud. Verstehst du? WOLF-trud! Ich meine... Meine Eltern haben eine Schwäche für ungewöhnliche Namen. Leider haben sie nicht daran gedacht, dass Kinder böse sein können...“ Remus zuckte mit den Schultern. „Ja und? Ist doch nur ein Name.“ Überraschung konnte man es schon gar nicht mehr nennen, was nun auf Trudys Gesicht zu sehen war. Obwohl sich nach und nach ein Lächeln auf ihren Lippen bildete, sah man, dass sie mit den Tränen kämpfe. Das hatte bisher noch niemand zu ihr gesagt. „Sie sagen alle, dass ich ein Wolf sei. Aber das stimmt nicht. Remus, das stimmt nicht!“ Remus dachte nicht weiter nach – er nahm sie in die Arme. „Natürlich stimmt das nicht.“ Gelangweilt saßen Sirius, James und Peter an diesem Mittag im Aufenthaltsraum von Gryffindor. Es hätte zwar etwas zu tun gegeben, aber das waren Hausaufgaben. Und die waren nicht dazu da, in der Freizeit gemacht zu werden. James spielte mal wieder mit dem Schnatz, den er nach dem Quidditchtraining hatte mitgehen lassen. Sirius starrte in die Luft und konnte nicht mehr aufhören, zu grinsen. Am nächsten Tag würde er sich wieder abends mit Olivia treffen. Plötzlich wurde es im Gemeinschaftsraum lauter. Eine Gruppe Mädchen aus ihrer Jahrgangsstufe kam herein und kicherte laut. Eines der Mädchen hieß Marlen Merie. Sie war das schönste und (neben Lily) auch das begehrteste Mädchen der Stufe. Ihr Vater war geborener Franzose, weshalb sie nach Ferien, die sie Zuhause verbrachte, immer mit einem leichten französischen Akzent sprach. Marlen hatte James und Sirius entdeckt und schwebte mit einem charmanten Lächeln auf sie zu. „James, Sirius, schön euch zu sehen.“ „Guten Abend“, erwiderte James höflich und grinste frech. „Ich gebe am Wochenende eine kleine vorweihnachtliche Party. Ihr beiden seid natürlich eingeladen.“ „Vielen Dank“, antworteten beide wie im Chor. „Ich melde mich noch mal bei euch.“ Mit einem süßen Kichern drehte sie sich um und schwebte davon. Sirius und James gingen wieder an ihre „Freizeitbeschäftigungen“, als hätte es gar keine Störung gegeben. Nur Peter war hibbelig geworden, als Marlen sich über den Sessel, in dem er saß, und über ihn hinweg gebeugt hatte, um mit den beiden zu reden. Aufgeregt schaute er ihr hinterher. Sicherlich war er auch mit eingeladen von diesem wunderschönen blonden Mädchen, das wie ein Engel schien. James bemerkte Peters Nervösität und schätzte sie genau richtig ein. „Oho! Da hat sich unser Peter anscheinend verguckt.“ Er lachte. Sirius schaute auf. „Bitte was?“ „Marlen, Marlen, die schöne Marlen.“ Peter wurde rot und schüttelte den Kopf. Er brachte einfach kein Wort raus. „Peter, soll ich sie fragen, ob sie mit dir ausgehen möchte?“ James grinste und war bereits dabei, aufzustehen. Peters Kopf glich schon einer Tomate, als er erschrocken keuchte: „Nein! Nein, tu das nicht!“ Aber James war schon unterwegs zu Marlen. Peter sah ihm um die Sessellehne gebeugt erschrocken hinter her, wie er mit Marlen sprach. Marlens Gesichtsausdruck war zuerst erstaunt. James zeigte ihn Peters Richtung. Als sie ihren Kopf zu ihm wandte, versteckte er sich wieder hinter seinem Sessel. Kurz darauf hörte er sie schallend lachen. „Non! Jamais!“ Peter schaute James nicht an, als dieser zurück kam und ohne etwas zu sagen wieder mit seinem Schnatz spielte. Peter nahm sich vor, erst wieder aus seinem Sessel zu klettern, wenn niemand mehr im Raum war. „Was hast du jetzt für Unterricht?“, fragte Trudy als sie nach der Mittagspause den Gang entlang schlenderten. „Verteidigung gegen die dunklen Künste. Und du?“ „Verwandlung.“ Sie schmunzelte. „Wir werden uns erst morgen wieder sehen. Ich muss danach schon zum Nachsitzen.“ „Du schaffst das schon“, munterte Remus sie auf. Sie zuckte mit den Schultern. „Wenigstens muss ich nichts putzen oder so. Er hat mir mit Papierarbeit gedroht. Wird schon gehen.“ Sie lächelte Remus an. „Also dann bis morgen?“ „Bis morgen.“ Remus lächelte zurück. Vergnügt ging sie den Gang weiter zum Klassenzimmer für Verwandlung. Remus schaute ihr hinterher. Sein Blick wanderte zu einem der Fenster. Die Sonne stand schon sehr tief. Er ging noch zu Verteidigung gegen die dunklen Künste, um sich danach in den Gemeinschaftsraum von Griffondor zu schleichen, wo James, Sirius und Peter bereits mit dem Unsichtbarkeitsmantel auf ihn warteten. Nun mussten sie unbemerkt zur peitschenden Weide gelangen. Trudy machte sich auf den Weg zu Filchs Büro. Verwandlung war vorbei und sie musste jetzt ihre Freistunden bis nach dem Abendessen mit Papierkram verbringen. Sie hatte keine Lust, aber ihr gemeinsamer Abend mit Remus vom vorherigen Tag war es wert. Als sie kurz vor Filchs Büro war, hörte sie ein großes Getöse. Filch fluchte laut und schien, wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch zu sein. Neugierig rannte sie zu dem Lärm, um zu erfahren, was passiert war. Filch rauschte an ihr vorbei und war tiefrot vor Wut. Fluchend murmelte er etwas, aus dem eindeutig der Name des Poltergeistes Peeves herauszuhören war. Plötzlich bemerkte er sie und blieb abrupt stehen. „Was suchst du denn hier? Keinen Unterricht?“, fragte er genervt. „Ich sollte zu Ihnen ins Nachsitzen kommen“, entgegnete sie etwas verwirrt. Er machte ein Geräusch, das sich nach Fauchen anhörte und grummelte: „Vergiss es. Hab anderes zu tun.“ Damit verschwand er, verfolgt von seiner treuen Katze. Überrascht von dieser Wende musste Trudy lachen. Dann würde sie Remus doch beim Abendessen sehen können. Sie wollte gerade gehen, als sie den Sonnenuntergang bemerkte. Sie stellte sich ans Fenster und beobachtete den rosaroten Himmel, der sich über den verbotenen Wald erstreckte. Es war wunderschön. Sie beobachtete, wie der Schnee in den letzten Sonnenstrahlen funkelte. Doch da entdeckte sie etwas. Irgendetwas stimmte da nicht. Sie schaute genauer hin. Der Schnee wurde aufgewirbelt. Sie schaute zum Wald. Die Bäume waren ganz ruhig. Kein Windchen ging draußen. Sie schaute wieder auf den aufwirbelnden Schnee. Plötzlich erschien Remus. Sie blinzelte. Das konnte nicht sein. Sie schaute wieder hin. Doch, es war eindeutig Remus... der auf einmal wieder verschwand – so schnell wie er erschienen war. Mit den Augen folgte sie dem wirbelnden Schnee der sich wie ein Pfad über das Schulgelände bis hin zur peitschende Weide zog. Was hatte Remus dort zu suchen? Und warum war er unsichtbar? Die Weide bewegte ihre starken Äste. Trudy bekam Angst. Der aufwirbelnde Schnee – Remus – bewegte sich auf den gefährlichen Baum zu! Was hatte er vor? Ihm würde noch etwas passieren. Doch mit einem Mal erschlafften die Äste der Weide. Sie wurde ganz ruhig und bewegte sich nicht mehr. Trudy hatte das Gefühl, ihr würden die Augen aus dem Kopf fallen. Was war denn da passiert? Der unsichtbare Remus bewegte sich weiter auf die Weide zu und... verschwand vor ihren Wurzeln. Ohne nachzudenken rannte Trudy los. Sie musste wissen, was da vor sich ging. Ohne Mantel stürmte sie in die kalte Abendluft auf das schneebedeckte Schulgelände. Tatsächlich erkannte sie Fußspuren im Schnee die zur peitschenden Weide führten. Aber es waren mehrere! Sie folgte ihnen bis hin zur Weide. Sie war immer noch ruhig. Vorsichtig näherte sie sich den Wurzeln. Hier hörten die Fußspuren auf. Und zwar genau vor einem Spalt zwischen einer Wurzel und dem Boden. Sie beugte sich zu der Öffnung und lauschte. Sie meinte Stimmen zu hören. Ohne weiter einen Gedanken zu verlieren rutschte sie in die Öffnung und befand sich kurz darauf in Dunkelheit. „Lumos.“ Vor ihr lag ein langer niedriger Gang, der nun von ihrem Zauberstab erhellt wurde. Wo führte er nur hin? „Oje, heute scheint es richtig schlimm zu sein, Remus“, flüsterte Sirius, als sie unter dem Unsichtbarkeitsmantel über den Schnee zur peitschenden Weide gingen. „Mir geht es auch nicht wirklich gut“, murmelte Remus und hatte Mühe, gerade zu laufen. Ihm wurde immer schwindliger. „Soll ich dir helfen?“, fragte Sirius, doch Remus winkte ab. „Das bisschen Weg schaffe ich noch.“ Doch in diesem Moment stolperte er zur Seite und trat aus dem Unsichtbarkeitsmantel hervor. „Verdammt, hol ihn wieder rein!“, rief James, der versuchte den Mantel über den dreien zu halten. Peter huschte bereits als Ratte neben ihnen her. Sirius half Remus wieder unter den Mantel und hielt ihn den restlichen Weg fest. Die vier Freunde trafen kurz vor Mondaufgang in der Heulenden Hütte ein. Sirius, James und Peter verwandelten sich in Animagi, um mit Remus auf den Vollmond zu warten. Bald schon zeigte er seine Wirkung. Doch in dieser Nacht war etwas eigenartig. Der in ein Werwolf verwandelte Remus schnüffelte in der Luft, als würde er etwas Fremdes riechen. Er stürmte auf die kleine Öffnung zu, die zum Tunnel führte, doch er war zu groß um durchzukommen. James drängte ihn zurück während Sirius als Hund durch die Luke schlüpfte und sich im Tunnel zurück in einen Menschen verwandelte. „Halte ihn zurück, James. Ich schaue nach, was da ist.“ Trudy tastete sich weiter den dunklen Gang entlang. Schützend hielt sie den leuchtenden Zauberstab vor sich. Nervös biss sie auf ihrer Lippe herum. Wohin führte nur dieser Gang? Es war – so schien ihr - eine Ewigkeit vergangen, als sie vor sich plötzlich Schreie hörte. Geschockt lies sie den Zauberstab fallen und befand sich daraufhin wieder im Dunkeln. Was ging dort vor? Fluchend tastete sie den Boden ab. Ein solches Missgeschick sollte einer Hexe nun wirklich nicht passieren. Kurz darauf durchbrach ein eigenartiges Knurren die Stille. Trudys Herz begann zu rasen. Was war da mit ihr in diesem Gang? Und wie weit war es von ihr entfernt? Konnte es sie riechen? Und vor alledem: Was hatte Remus mit der Sache zu tun? Wo war er? Zitternd suchte sie weiter nach ihrem Zauberstab. Irgendwo musste er doch sein! Einige Meter vor ihr hörte sie plötzlich jemanden reden: „Halte ihn zurück, James. Ich schaue nach, was da ist.“ James? Und das war doch gerade eben Sirius! Aber, wo war Remus? Vor ihr begann ein Zauberstab aufzuleuchten. Erschrocken starrte sie in Sirius‘ überraschte Gesicht. „Du? W-was machst du hier?“ Sirius hatte eine Weile gebraucht, um die Situation zu realisieren. Trudy sprang auf. „W-wo ist Remus? Ich habe ihn gesehen. Er ist hier in den Gang gegangen. Wo ist er?“ Sirius ignorierte ihre Fragen. „Was suchst du hier verdammt?“ Ungläubig schaute er sie an. „Du kannst hier nicht bleiben. Geh sofort den Gang zurück!“ „Wo ist Remus?“ Sirius ging auf sie zu. „Remus ist nicht hier. Du musst dich irren. Er ist nicht hier. Geh zurück!“ „Er ist hier!“ Trudy verstand nicht, warum er sie anlügte. Sie hatte ihn doch gesehen! Was sollte das Ganze? „Geh ZURÜCK!“, wetterte Sirius sie an. Hinter ihm war plötzlich wieder ein Knurren und ein Rumpeln zu hören. „W-was ist dort?“, fragte Trudy und ging auf das Geräusch zu. „Da ist nichts. Geh zurück!“ „Remus ist dort!“ Trudy rannte los. Sie musste wissen, was dort ist. Sie musste wissen, wo Remus ist. Sirius hielt sie fest, als sie an ihm vorbei rennen wollte. „Du kannst da nicht hin, verdammt! Geh endlich zurück!“ „Lass mich los! Ich muss wissen, wo Remus ist.“ Verzweiflung begann sie zu packen. „Geh zurück!“ Sirius wusste nicht, was er machen sollte. Im Bruchteil einer Sekunde erfüllte den Gang ein ohrenbetäubendes Krachen. Holz zerbarst und Steine brökelten irgendwo hinter ihnen. Ein Rumpeln und ein furchteinflösendes Knurren folgte. James schrie aus der Richtung: „Sirius, pass auf! Er ist durch die Öffnung gebrochen!“ „Was?“ Sirius Gesichtfarbe schwand. Er packte Trudy und stieß sie weg. „Renn! Los, verschwinde!“ „W-was?“ Ungläubig beobachtete sie, wie Sirius sich urplötzlich in einen Hund verwandelte. Sein Zauberstab fiel auf den Boden und das Licht erlosch. Trudy konnte nur noch wage Umrisse erkennen. Kurz darauf rannte etwas Großes auf sie zu, wodurch der Boden des Tunnels erbebte. Zitternd drückte sie sich an die Tunnelwand. Was war das? Der Hund, der zuvor Sirius gewesen war, bellte und stürzte sich dem auf sie zukommenden Ungetüm entgegen. Trudy sackte vor Angst auf den Boden. Was war hier nur los? Zufällig fühlte sie unter sich ihren Zauberstab. Zitternd nahm sie ihn und hielt ihn vor sich. Schwach murmelte sie „Lumos“, woraufhin der Tunnel vor ihr hell beleuchtet wurde. Entsetzt erkannte sie, mit WAS Sirius kämpfte. Das Ungetum nahm den Lichtschein war und schaute zu ihr auf. Trudy meinte, ihr Herz würde still stehen. Ohne weiter nachzudenken stand sie auf und rannte los. Sie musste weg von dort. Sie musste weg! Sie musste weg! Hinter ihr hörte sie zuerst weiteres Knurren aus dem Kampf der beiden Tiere. Doch kurz darauf hörte sie, wie etwas hinter ihr her rannte. Etwas, das mehr als zwei Beine hatte. Blind vor Angst versuchte sie, schneller zu rennen, doch die Schritte hinter ihr kamen immer näher. Sie musste weg! Sie musste da raus! Das konnte nicht echt sein. Es war nur ein Traum. Nur ein Traum! Die Schritte kamen näher. Ihr Herz schien zu zerspringen. Es konnte nur ein Traum sein! Nichts anderes! Immer und immer näher kamen die Schritte. Hinter ihr hörte sie schon das Hecheln des Ungetüms. Der Weg wurde steiler. Ihre Beine schwerer. Das Hecheln lauter. Vor ihr kam der Ausgang näher und näher. Ein kühler Luftzug wehte ihr entgegen. Sie hatte es fast geschafft! Doch, zu spät. Das Ungetüm stürzte sich auf sie und riss sie mit auf den Boden. Aufschreiend fiel sie vornüber. Sich wehrend krabbelte sie vorwärts und versuchte so, ihrem Angreifer zu entkommen. Ihre Hände verkrampften sich in dem mit Wurzeln und Gewächsen überzogenen Boden und zogen ihren Körper nach vorne. Über ihr hörte sie das Knurren des Ungetüms. Sie musste weg! Verzweifelt versuchte sie ihre Beine zu bewegen, doch ihr Angreifer hielt sie mit seinem Gewicht fest. Ruckartig bewegte sie ihren Körper, um zu entfliehen, doch ohne Erfolg. Schluchzend stemmte sie sich gegen den Boden. Sie musste irgendwie entkommen. Sie wurde an den Schultern gepackt und mit Gewalt herumgedreht. Verschwommen erkannte sie, dass nicht das Ungetüm sie angegriffen hatte, sondern Sirius, der zuvor wohl noch in der Hundegestalt gewesen war. Er zog sie auf die Beine und ging mit ihr zum Ausgang. Er half ihr durch die Öffnung und ging ein Stück weit hinter die peitschende Weide unter einen Busch. Erst jetzt bemerkte Trudy, wie ihr die Tränen unaufhaltsam die Wangen hinunterliefen. Ihr Körper zitterte und ihr Herz schien nur noch Bruchteile zu sein. Was war nur passiert? Sirius setzte sich ihr gegenüber und betrachtete sie. Er hatte einige Schrammen im Gesicht und seine Haare waren zerzaust. Trudy war nicht fähig etwas zu sagen. Immer noch hatte sie das Bild des Ungetüms vor sich. Mit seinen scharfen Zähnen, den wilden Augen und den großen Klauen. Sirius schüttelte den Kopf. „Warum hast du nicht auf mich gehört?“ Geschockt schaute Trudy ihn an. Warum hatte sie nicht auf ihn gehört? Aber... woher hätte sie wissen können, was sie am anderen Ende des Gangen erwartete. War es... war es ein... Werwolf gewesen? Sie wagte es gar nicht, an diese Möglichkeit zu denken. Sie schaute Sirius an und fragte sich, was er und James mit der Sache zu tun hatten. Und was war mit Remus? Wo war er? Welche Rolle spielte er? Wieder kam ihr das Bild des Ungetüms vor die Augen. Es war alles so verwirrend. Wie war sie in diesen Tunnel gekommen? Warum lag sie nicht in ihrem Bett? Sie konnte ihre Gedanken nicht mehr ordnen. Wieder fing sie an, zu schluchzen. Sie konnte nichts dagegen tun. Ihr Körper wollte ihr nicht gehorchen. Zögernd legte Sirius seinen Arm um ihre Schultern. „Ganz ruhig. Es ist ja nichts passiert.“ Wieder schluchzte sie auf. Verzweifelt kratzte er sich am Kopf. Irgendwas machte er falsch... „Äh... du bist Trudy oder?“ Das Mädchen nickte. „Remus hat mir von dir erzählt.“ Wieder nickte Trudy. Sie schaute zu ihm auf. „Wo ist Remus?“ „Oje...“ Hilfe suchend schaute Sirius sich um, doch niemand war da, um ihm zu sagen, was er tun sollte. „Das... ist eine etwas längere und kompliziertere Geschichte.“ Er schaute zum Mond, der bereits seinen Höhepunkt erreicht hatte. „Warte noch ein paar Stunden, dann kann ich sie dir erzählen.“ Trudy wollte weiter fragen, doch Sirius schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt. Schlafe noch ein wenig. Ich passe solange auf dich auf. Beim Morgengrauen kann ich Näheres erzählen.“Er legte seinen Umhang, den er zum Glück trug, um sie beide herum und versuchte, das Mädchen etwas warm zu halten, während sie auf den Morgen warteten. Es dauerte nicht lange, bis das Mädchen eingeschlafen war. Sirius betrachtete sie seufzend. So viel Ärger nur wegen einem Mädchen. Was Remus wohl dazu sagen würde? Der Mond zog über den Himmel, während James und Peter Remus in der Heulenden Hütte Gesellschaft leisteten. In dieser Nacht würden sie nicht in der Gegend umherstreifen. Als Trudy mit Sirius kurz vor Morgengrauen durch den Tunnel ging, nahm eine innere Unruhe von ihr Besitz. Sie spürte wieder die Angst, die sie wenige Stunden zuvor gespürt hatte. Ihr Körper zitterte und das Licht von ihrem Zauberstab tanzte durch den Tunnel. Sirius bemerkte das und legte seine freie Hand auf ihre Schulter. „Ich bin da.“ Kurz zögerte er, dann nickte er ihr nochmals zu. "Glaube mir, es ist besser, wenn wir dich aufklären darüber, was du heute Nacht gesehen hast. Aber du brauchst keine Angst zu haben." Sie war nicht zu mehr als einem Nicken fähig. Mit klopfendem Herzen folgten sie weiter dem stickigen Tunnel, der kein Ende zu haben schien. An der Stelle, an der die beiden aufeinander getroffen waren, blieb Sirius plötzlich stehen. „Warte hier. Ich gehe kurz vor und komme dann wieder.“ Trudy wollte etwas einwenden, doch schon war Sirius in einen Hund verwandelt und eilte davon. Noch immer mit der Angst in den Knochen blieb sie stehen, wo er sie zurück gelassen hatte. Sie meinte das Knurren und das Hecheln des Ungetüms hinter und um sich herum zu hören, doch sie traute sich nicht nachzusehen, ob es wirklich da war. Immer und immer wieder versuchte sie sich klar zu machen, dass sie in Sicherheit war. Das Ungetüm war vor ihr und zwischen ihr und ihm war immer noch Sirius, der sie beschützen konnte, wie auch wenige Stunden zuvor. Schwer atmend wartete sie auf Sirius‘ Zurückkehr. Er würde ganz bestimmt wieder kommen. Die wenigen Sekunden, die sie tatsächlich an dieser Stelle verbrachte, kamen ihr wie eine Ewigkeit vor. Bei jedem einzelnen Geräusch zuckte sie zusammen und traute sich doch nicht ihren Blick von dem Punkt abzuwenden, an dem Sirius zuletzt gestanden hatte. Daher erschrak sie auch, als Sirius seine Hand auf ihre Schulter legte und sie so aus ihren Gedanken riss. „Wir können jetzt“, sagte er und wollte schon gehen, als Trudy ihn noch zurück hielt. „W-was... ist...?“ Sie machte eine Kopfbewegung hin zum anderen Ende des Tunnels und schaute ihn ängstlich an. Sirius seufzte. „Muss wirklich ich dir das sagen?“ Verspannt nickte sie. Sie musste wissen, was es war, sonst würde sie keinen Schritt weiter gehen. Ihr Begleiter scheute sich es zu sagen, doch nach kurzem Zögern murmelte er schließlich: „Ein Werwolf.“ Wie in Trance folgte Trudy ihm nun den Rest des Ganges entlang. Vor einer Öffnung machten sie Halt. Überall lagen abgebröckelte Steine und zersplittertes Holz. Hier war der Werwolf durchgekommen. Sirius wandte sich noch einmal ihr zu. „Es ist kurz vor Morgengrauen. Willst du auf den ersten Sonnenstrahl warten?“ Ohne es beeinflussen zu können, schüttelte sie den Kopf. Sirius nickte und sagte ihr, dass er sich aber nun verwandeln müsste. Ohne auf eine Antwort zu warten, stand er kurz darauf als Hund neben ihr und kletterte durch die Öffnung. Trudy folgte ihm. Wenige Sekunden später fand sie sich in einem kleinen heruntergekommenen Raum wieder. Vor ihr saß Sirius als Hund aufmerksam auf dem Boden. Sie folgte seinem Blick und konnte ihren Augen nicht trauen. Mitten im Raum stand ein Hirsch. Mit den Füßen scharrend hielt er mit seinem mächtigen Geweih den Werwolf zurück, obwohl das schon nicht mehr nötig war. Erschöpft saß das Ungetüm auf dem Boden und konnte noch nicht einmal mehr aufsehen, so schwach war es. Ängstlich betrachtete Trudy den Werwolf. Sie wusste nicht, was sie tun sollte oder was nun passieren würde. Wieder kam die Erinnerung an die Hetzjagd im Tunnel. An die gefährliche starke Gestalt, die sie im Tunnel gesehen hatte. Die ersten Sonnenstrahlen fanden ihren Weg durch die Ritze der Bretter, die vor die Fenster genagelt waren. Der Werwolf heulte auf vor Schmerz. Sein Rücken krümmte sich und die Arme umklammerten verkrampft den Körper. Trudy wurde unwohl und senkte den Blick. Was für Schmerzen das sein mussten, konnte sie sich gar nicht vorstellen. Als sie wieder aufblickte, stand vor ihr kein Werwolf und auch kein Hirsch mehr. James und Sirius befanden sich im Raum. In einer Ecke stand sogar Peter Pettigrew. Und mittendrin auf der Stelle, an der zuvor der Werwolf gewesen war, saß Remus, dem Sirius bereits geholfen hatte, seine Kleidung wieder anzuziehen. Zitternd ging Trudy einen Schritt auf ihn zu. „Remus...“ Erst jetzt blickte Remus zu ihr auf und bemerkte sie. Verwirrt stand er auf und schaute sie entsetzt an. „Trudy, was machst du...?“ Sein Blick schweifte in die Ferne und kurz darauf klarte sich sein Blick, als würde er sich an etwas erinnern. Traurig breitete er die Arme aus und hob kurz die Schultern, als wolle er sagen: „Hier siehst du, was ich bin.“ Trudy rannte los und fiel ihm in die Arme. Die Sonne ging auf und die Schüler von Hogwarts begannen einen neuen Schultag. Ein ganz normaler Tag in ihrem Leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)