Bewohner der Dunkelheit von -Bastet- ================================================================================ Kapitel 4: Alles wendet sich gegen einen, oder? ----------------------------------------------- Sie gelangte rechtzeitig in ihr Zimmer, streifte ihren Mantel ab und legte ihr Schwert ab, als kurz nach ihr, ihr Vater eintrat. Mit einem Ruck drehte sie sich um. Hatte Lex doch etwas besseres vorgehabt, als die Lyrik zu ende zu stellen und war letzten Endes doch noch an ihrem verwaisten Zimmer vorbei gekommen? „Vater. Was führt dich hierher?“, fragte sie unschuldig. „Ich bin hier, um deinen Stubenarrest zu verkürzen. Lex konnte mich davon überzeugen, dass du nur raus gegangen bist, um zu zeigen, wie selbstständig du schon bist. Ich weiß, dass ich in der letzten Zeit nicht sehr viel Zeit für dich gehabt habe und ich weiß nun, dass ich etwas ändern muss.“ Alira sah ihren Vater verwirrt an. „Ich möchte den Stubenarrest aufheben, weil ich weiß, dass es nichts bringt. So werden wir uns nie verstehen.“ Er ging auf sie zu und umarmte sie. „So, und nun geh zu deinen Freunden.“ Wenn ihr Vater gewusst hätte, dass sie das Zimmer so wie sonst auch immer verlassen hätte, glaubte sie kaum, dass Lex ihn noch so leicht um den Finger hätte wickeln können. Ihre Hand hinter sich versteckend, lächelte Alira ihrem Vater zu, bis dieser durch die Tür verschwunden war, holte dann aus ihrem Nachtschränkchen einen Verband und begann dann, ihre Hand zu verbinden. Es musste ja nicht unbedingt jeder auf den ersten Blick sehen, dass sie eine Begegnung mit einem Werwolf gehabt hatte. Alira streiften einen Träger ihrer Bluse herunter und begutachtete die Bißwunde der Harpyie. Sie war schon fast wieder verheilt. Dennoch war sie gut zu erkennen. Gedankenverloren setzte sie sich auf ihr Bett. Wenn sie die Augen schloß, sah sie wieder die gelben Augen des Werwolfs, so, als würde er genau vor ihr stehen. Es waren nicht die Augen eines wilden Tieres gewesen, dass sie vernichten wollte. Es waren sanfte Augen gewesen, die sie nicht mehr los ließen. Wütend schüttelte sie den Kopf. Das darf nicht und das kann nicht! Es war gegen das Gesetz! Und dennoch waren da diese Augen, die sie so sehr faszinierten. Diese gelb goldenen Augen, in denen man einfach zu versinken drohte. Alira ließ sich auf ihr Bett zurückfallen und sank in der weichen, dicken Bettdecke ein. Ihre Sinne entschwanden allmählich und ihre blauen Augen fielen langsam zu. In der nächsten Nacht wurde sie durch etwas ungewohntes wach. Etwas war über ihr und küßte sie direkt auf den Mund. Alira riss die Augen auf und stieß Lex grob weg, als sie ihn erkannte. „Was zur Hölle machst du hier?“, fauchte sie. „Immer mit der Ruhe. Dein Verlobter wollte nur nach dir schauen, wie es dir geht.“, grinste er. „Raus! Oder ich bringe dich um!“, brüllte sie. Lex zog einen spöttischen Schmollmund und verließ gedehnt langsam ihr Zimmer. Kaum war er draußen wischte sie sich den Mund grob mit der Hand immer wieder ab, als wenn etwas ziemlich ekliges an ihm haften würde. Was es ja eigentlich auch tat. Alira konnte es nicht fassen. Da hatte diese Ausgeburt der Hölle es doch tatsächlich gewagt, sie, Alira zu küssen. Das war so ungeheuerlich, dass sie wirklich drauf und dran war ihm zu folgen und seinem Leben ein Ende zu setzen. Doch ein Schauer nach dem Anderen durchjagte ihren Körper. Angewidert zog sie die Mundwinkel nach unten und rannte in ihr Bad. Dort beugte sie sich über die Waschschüssel, schrubbte sich mit kaltem Wasser das Gesicht ab und spülte ihren Mund aus. Dann endlich war sie der Meinung, dass sie den ekligen Geschmack los war. Kurz nachdem sie sich fertig gemacht und umgezogen hatte, betraten ihre Eltern das Zimmer. „Alira, kommst du? Wir wollen heute ausgehen. Dein Verlobter kommt auch mit.“ Sie wollte gerade eine Grimasse schneiden und laut anfangen los zu schimpfen, als Lex ,hinter ihren Eltern stehend, seinen Finger lautlos auf seine Lippen legte. Sie verschluckte das, was sie sagen wollte schnell herunter und legte ein gezwungenes Lächeln auf. „Das.... ist schön.“, sagte sie brav und Lex nickte. Ihre Eltern lächelten. „Dann komm. Die Kutsche steht schon bereit.“ Lex tat so, als würde er jetzt erst in das Zimmer kommen. „Alira, du siehst fabelhaft heute Nacht aus. Komm, wir wollen deine Eltern doch nicht warten lassen.“, er ging auf sie zu und bot ihr seinen Arm an. Sie zögerte einen Moment, doch er sah sie noch eindringlicher an. Dann nahm sie seinen dargebotenen Arm an. Ihre Eltern freuten sich, dass die beiden „Verliebten“ so große Fortschritte machten. „Pass auf, wenn meine Eltern einmal nicht hinschauen, breche ich dir deinen Arm und deine Lippen werde ich dir abschneiden, du Perversling.“, zischte sie wütend. Er grinste sie nur spöttisch an. Lex wusste, dass er sie in der Hand hatte. Alira würde es nicht wagen Hand an ihn zu legen, da war er sich sicher. Vielleicht zu sicher. In der Stadt angekommen, machte sich die Gruppe auf den Weg in ein feines Restaurant. Es war der absolute Geheimtip für alle wohlhabenderen Vampir – Familien. Lex führte Alira immer noch an der Hand, während sie ihm ihre Krallen in den Unterarm ritzte. Die Vier setzten sich an einen für sie vor reservierten Tisch und begannen die Speisekarte zu studieren. Schließlich kam der Ober und nahm ihre Bestellungen auf. „Es ist schön mal wieder hier zu sein. Wir waren so lange nicht mehr hier, nicht wahr, Marcus?“, lächelte seine Frau. „Deshalb fand ich, es wäre jetzt der passende Augenblick, dass wir wieder hier hinkommen würden. Jetzt, wo ihr euch endlich entschlossen habt, zu heiraten.“ Ihr Vater sah Alira stolz an. Die verschluckte sich an ihrem Cocktail und sah völlig entgeistert in die Gesichter der anderen. „Ja, Schatz. Ich habe es ihnen erzählt. Ich konnte unser Glück nicht länger für uns behalten.“ Langsam drehte Alira ihren Kopf zu ihm um. „Du hast ihnen was erzählt?“, fragte sie langsam. Ihr Vater ergriff die Initiative. „Reg‘ dich bitte nicht auf, Liebes. Er hat es doch nur gut gemeint.“ Alira sprang hastig auf, sodass sie ihren Stuhl umwarf. Ihre Eltern sahen sie verwirrt an. Lex sah sie eindringlich an und schüttelte kaum merkbar den Kopf, doch jetzt war ihr alles egal. Mit einem lauten Krachen landete ihre Faust auf seiner Nase, sodass er von seinem Stuhl fiel und benommen am Boden liegen blieb. Dann ergriff sie die Flucht. Rasend vor Wut stürzte sie aus dem Restaurant und rannte blindlings in die Nacht hinein. Sie jagte durch die Straßen an vielen Geschäften, Bars und anderen Häusern vorbei. Die junge Vampirin machte erst halt, als sie in eine dunkle Seitengasse lief. Dort glitt sie an der Wand zu Boden, zog die Beine an, legte ihre Arme darauf ab und senkte den Kopf. Völlig hilflos fing sie an zu schluchzen. Niemand verstand sie. Alles was sie wollte, war ein normales Leben ohne nervigen Verlobten und Eltern, die meinten alles besser machen zu wollen, dabei machten sie alles nur noch schwieriger. Ewig diese Vorschriften und Floskeln, die sie noch nie interessiert hatten. Doch eins wusste sie, Lex würde seiner Lebzeiten nicht mehr glücklich werden. Eine Träne rann ihre Wange hinunter und tropfte auf den Boden. Warum konnte sie alledem nicht einfach entfliehen? Einfach den Rücken kehren? Eine weitere Träne rann ihre Wange hinab. Ein Hand wischte sie zärtlich weg. Alira erschrak. Jemand hatte sich neben sie gesetzt, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie versuchte in das Dunkel vor sich zu starren. „Warum weint ein so wunderschönes Mädchen wie du?“, fragte eine sanfte Stimme. „Wer ist da?“, entgegnete sie und wischte sich die letzte Träne weg. „Ich habe viele Namen.“ Alira gefiel das Spiel und sie stieg drauf ein. „So, du mit den vielen Namen, dann sag mir doch, warum du hier bist?“ „Ich habe dich gesehen, da bin ich dir gefolgt. Du sahst verzweifelt aus. So ein wunderschönes Wesen, wie du es bist, sollte keine Tränen vergießen.“ Alira wurde ein wenig rot. Es schien sich um einen etwa gleichaltrigen Jungen zu handeln von der Stimme her zu beurteilen. „Danke.“, sagte sie und lächelte. „Wenn du lächelst, siehst du gleich noch schöner aus.“ Bei Alira machte es leise Klick. „Wie kannst du sehen, dass ich lächle?“, fragte sie misstrauisch. Ihr Gegenüber verstummte. Ihre Augen weiteten sich und sie wollte tief Luft holen zum Schreien. Doch er hielt ihr den Mund zu. „Bitte, hab keine Angst. Ich tue dir nichts.“ Eine Stimme am Eingang der dunklen Gasse erklang. „Alira, bist du hier?“, es war Lex, der sich die Hand vor die Nase hielt, da aus ihr wahrscheinlich immer noch das Blut tropfte. Als sie ihn bemerkt hatte, war sie unwillkürlich zusammen gezuckt. „Er ist es, der dich traurig gemacht hat, nicht? Bitte komm mit mir mit. Ich will dir etwas zeigen.“, flüsterte er. Alira wusste nicht, was sie tun sollte. Nach einer schier endlosen Minute, nickte sie mit dem Kopf. Lex war nicht mehr zu sehen. Rowen stand auf und reichte ihr die Hand. Zögernd nahm Alira sie und schon rannten sie in die Dunkelheit. Die Vampirin wusste nicht, wo er sie hinbrachte. Trotzdem hatte sie ein Gefühl von Vertrauen. Nach einer Weile wurde es wieder heller, da Mondstrahlen den Weg zu ihnen fanden. Sie spürte, wie sein Griff ein wenig fester wurde. Dann verließen sie die Stadt und liefen einen Hügel hinauf, der über diese ragte. Oben angelangt, hielten sie an und er ließ ihre Hand los. Er drehte sich wieder zu ihr um und deutete mit dem Arm nach oben. „Schau, hast du schon einmal so viele Sterne aufeinmal gesehen?“ Verwundert hob auch sie den Kopf und sah gebannt auf das Firmament. „Es ist... wunderschön.“, gestand sie und lächelte. Sie sah ihn wieder an und erst jetzt konnte sie seine gelben Augen sehen, die sie sanft ansahen. Fasziniert sahen die beiden sich an. Schließlich brach sie den Bann. „Warum machst du das? Immerhin bist du einer von ihnen, nicht wahr?“ Rowen ging ein Stück weiter und setzte sich in das Gras. „Komm, setz dich.“ Schließlich streckte er sich lang aus und legte sich hin. Schmunzelnd folgte Alira seinem Angebot und setzte sich neben ihn. „Warum müssen wir uns hassen? Es gibt doch keinen Grund mehr gegeneinander zu kämpfen. Aber die Fehde wird Generation von Generation fortgeführt.“, murmelte er. Alira war überrascht. Sie ließ sich neben ihn in‘ s Gras fallen. „Wir sind uns ziemlich ähnlich. Genau das habe ich mich auch schon gefragt.“, überrascht über ihr eigenes Selbstgeständnis lief sie rot an. Rowen sah sie an. „Weißt du, du bist einfach wunderschön. Ich konnte dich damals auf dem Friedhof einfach nicht angreifen. Lieber hätte ich mich selbst umgebracht.“, gestand er. „Du kennst mich nicht einmal.“, entgegnete sie etwas unwirsch, was ihr im nächsten Moment jedoch sofort leid tat. Rowen richtete sich wieder auf. „Aber das war ja das Besondere. Es war, als würde ich dich schon ewig kennen.“ Alira sah ihn verwundert an und richtete sich auch auf. Wieder schaute sie in diese gelben Augen, in denen sie zu versinken drohte. „Ich... ich kann nicht. Es ist verboten. Wenn sie es wüßten....“, sprach sie und sprang auf. „Aber das müssen sie nicht.“, erwiderte er rasch. Alira wandte sich zum Gehen, als er noch einmal ihre Hand nahm. „Bitte, werden wir uns wieder sehen?“, fragte er hoffnungsvoll. Sie sah ihn traurig an. „Ich weiss es nicht.“, dann wandte sie sich ab. Leise schlich Alira hoch in ihr Gemach. Es war kurz vor Sonnenaufgang und sie war sehr müde. Tausend Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Ihre Eltern hatten sich wahrscheinlich schon schlafen gelegt, genau wie Lex. Der nächste Abend würde wahrscheinlich nicht sehr berauschend werden, nach dem Auftritt, den sie vor wenigen Stunden hingelegt hatte. Dennoch gönnte sie Lex die gebrochene Nase und vor allem, dass es an ihm lag, alles zu erklären. Jedoch würden die Konsequenzen nicht gerade sehr angenehm werden. Beunruhigt und abgespannt legte sie sich in ihr Bett, wo sie noch lange über den Werwolf nachdachte. Ihr fiel jetzt erst auf, dass sie gar nicht seinen Namen wusste. Doch wollte sie ihn wirklich wissen? Sie würde ihn eh nicht wieder treffen. Oder doch? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)