Bewohner der Dunkelheit von -Bastet- ================================================================================ Kapitel 3: Die nächste Begegnung -------------------------------- Das Schicksal nahm seinen Lauf. „Wo bist du schon wieder gewesen?“, fragte ihr Vater sie wütend. „Na wo schon? Auf der Jagd natürlich.“, entgegnete sie, als wenn es das Natürlichste auf der Welt wäre. „Ich bin enttäuscht von dir, Alira. Ich hatte es dir verboten auf die Jagd zu gehen. Außerdem solltest du das Haus alleine sowieso nicht mehr verlassen. Was soll dein Verlobter von dir halten?“, schimpfte er weiter. „Ich weiss, was der halten kann. Wie wäre es mit seiner viel zu großen Klappe?“, funkelte sie ihn an. „Alira! Jetzt ist aber genug! So sprichst du nicht von deinem Verlobten!“ „Gerade von dem! Diesem Schreibtischhocker! Der meint, dass er einfach über mich bestimmen könnte, dabei hat er doch keine Ahnung wovon er überhaupt redet! Wie konntest du mich nur einem solchen Nichtsnutz versprechen?!“, Alira brüllte ihren Vater an, dessen Wutpegel so langsam in Richtung High Explosion stieg. „Raus! Auf dein Zimmer! Ich will dich die nächsten Nächte nicht sehen! Du hast Stubenarrest! Und damit basta!“ Wütend und die Tür knallend verließ sie das Gemach ihres Vaters. Schnaubend ging sie durch den Flur und jeder, der ihr entgegenkam, war besser daran, ihr aus dem Weg zu gehen. „Alira, warte!“ Hinter ihr rannte Lex her, doch die Vampirin dachte nicht im Traum daran, extra wegen ihm ihren Weg nicht fortzusetzen. „Hör mir doch mal zu! Ich wollte doch nicht, dass du so einen Ärger mit deinem Vater kriegst. Ehrlich.“ „Steck dir das dahin, wo es ganz dunkel ist. Klar? Und lass mich endlich zufrieden.“, knurrte sie ihn an. „Jetzt warte doch mal.“, sagte er erneut und fasste ihre Hand. Im gleichen Moment entwand sie ihm diese und drehte sich so abrupt um, sodass er fast in sie hinein gerannt wäre. Ganz dicht stand sie vor ihm. Ihre hellen, blauen Augen starrten ihn direkt an, dass ihm eiskalte Schauer über den Rücken jagten. Ein tiefer Ausdruck von Verachten lag in ihren Augen. „Was bist du nur für eine erbärmliche Memme.“ Dann drehte sie sich wieder um und ließ ihn zurück. Völlig erschöpft ließ Rowen sich in sein Bett fallen. Er atmete tief durch. Es war wirklich eine besondere Nacht gewesen. In einer anderen Ecke des Zimmers bewegte sich etwas. „Rowen, bist du es?“ Eine Decke raschelte leise. „Natürlich bin ich es, du Spatzenhirn.“, entgegnete er lachend. „Pscht, nicht so laut. Sonst weckst du die anderen noch.“, erwiderte Garan. Rowen gluckste vor sich hin. Solche Gefühle, wie er sie momentan verspürte, hatte er noch nie in seinem Leben gefühlt. Er fühlte sich unheimlich frei und zu jeder Schandtat bereit. „Ich bin froh, dass du wieder da bist. Vor Angst, du würdest nicht wiederkommen, konnte ich nicht schlafen, weißt du? Und nun erzähl schon, hast du Vampire gesehen?“ Natürlich fand Garan es nicht gut, wenn Rowen draußen herumstromerte, doch andererseits war er selbst neugierig darauf, was für Abenteuer der Mutigere von ihnen erlebte. „Nein. Habe ich nicht.“, meinte Rowen unverwandt. „Aber der Mond war herrlich.“, er spürte, wie mißtrauische Blicke auf ihn gerichtet waren. „Und du hast wirklich keine Vampire gesehen?“, wollte Garan erneut wissen. Rowen hielt kurz inne. „Nein, oder glaubst du wirklich, dass ich dir das Massaker vorenthalten hätte? Natürlich hätte ich mich sofort in diese von Motten zerfressene Bande gestürzt und Kleinholz aus ihnen gemacht.“ Kampfeslustige Reden konnte Rowen schon immer schwingen, doch diesmal hatte er sich eindeutig selbst übertroffen. Das meinte auch sein Zimmergenosse, doch Rowen lachte nur, anstatt zu antworten. Schließlich überkam das Zimmer ein angenehmes Schweigen und die Beiden fielen in einen tiefen Schlaf. Alira lag noch lange wach, denn sie konnte nicht aufhören, an diesen Werwolf zu denken. Fragen über Fragen quälten sie, während sie auf ihrem Himmelbett lag und irgendwie ergaben sie alle keine plausible Antwort. Ihr Mantel hing über einem hohen Stuhl an einem schweren, kunstverzierten Schreibtisch. Ihr Schwert hatte sie gesäubert und auf zwei Sockel auf ihren Schreibtisch gelegt. Harpyien – Blut war nicht gut für Metall, wenn es länger, als einen Tag daran kleben blieb. Es würde es innerhalb einer Woche völlig zersetzen, auch wenn man es noch nach reinigte. Wild rasten Alira viele verschiedene Gedanken durch den Kopf, doch schließlich wurden ihre Lider immer schwerer und schon kurz darauf war sie eingeschlafen. Geweckt wurde die junge Vampirin durch hastiges Rascheln auf dem Flur. Neugierig setzte sie sich auf. Es war gerade Mitternacht und die Pendeluhr unten in der Eingangshalle schlug soeben den zwölften Schlag. Etwas schien nicht zu stimmen und so beschloss sie der Sache auf den Grund zu gehen. So leise wie möglich öffnete sie die Tür und schlüpfte durch den entstandenen Spalt in den dunklen Flur. Einige hastige Stimmen verrieten, wo sie suchen musste. Barfuß lief sie über den weichen Teppich, ohne einen einzigen Laut zu verursachen. Schließlich gelangte sie an der Geräuschquelle an. Vorsichtig legte sie den Kopf seitlich an die Tür, sodass ihre Ohrmuschel das Holz fast berührte. Drinnen konnte sie die Stimmen nun deutlicher hören. Die Eine stammte eindeutig von ihrem Vater, die andere von einem seiner Berater. Es schien Graf Heron zu sein. Er war einer der engeren Berater, denen ihr Vater sogar sein Leben anvertrauen würde. Und das tat er gewiß nicht jedem. „... diesmal vom Clan des ehrwürdigen Grafen Alexon. Niemand hatte etwas bemerkt, aber aufeinmal war er verschwunden. Es gab Kampfspuren, aber kein Blut. Deshalb denken sie nicht, dass es die Werwölfe waren. Sicher sind sie sich aber auch nicht, wer weiß, was diese Monster schon wieder aushecken. Das ist jetzt schon der dritte von uns, der diesen Monat auf unerklärliche Weise verschwunden ist. Das....“, doch weiter hörte Alira nicht. Eine Hand legte sich von hinten auf ihren Mund und zog sie den Flur entlang in ein anderes Zimmer. Erst als die Tür geschlossen war, ließ die Hand sie los. Wütend drehte die Vampirin sich um. „Na was ist das denn? Wen habe ich denn da beim Lauschen erwischt? Und das auch noch bei einem streng vertraulichen Gespräch mit unserem Grafen Heron? Nein, nein, nein. Wenn das nicht unsere Alira war.“, spottete Lex. „Was soll das? Ich habe nicht gelauscht, ich habe nur.... etwas gesucht.“, log sie. „Ach ja. Und du hast natürlich nicht die unehrenhafte Absicht gehabt, zu lauschen, nicht? Du bist nur rein zufällig mit deinem Ohr an der Tür hängen geblieben, nicht?“, grinste er. „Lass die Spielchen. Schön, ich habe gelauscht. Und nun? Willst du wieder zu Vater rennen und dich bei ihm ausheulen?“ Verächtlich musterte sie ihn von oben bis unten, während sie wie eine Tigerin im Zimmer auf und ab ging. „Nein, die Zeiten sind vorbei. Das tragen wir schön unter uns aus. Lass uns einen Deal machen.“ Alira schnaubte wütend. „Ich gehe nicht zu deinem Vater und erzähle ihm, dass du an der Tür gelauscht hast und du bist ab sofort ein wenig netter zu mir. Einverstanden?“ Sogar in dem Halbdunkel des Zimmers konnte sie sein schmieriges Grinsen vor sich sehen. „Leck mich.“, entgegnete sie und wollte an ihm vorbei aus dem Zimmer. Er jedoch war schneller und stellte sich mit dem Rücken an die Tür. Die beiden standen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. „Einverstanden?“, wiederholte er. Alira rang mit sich selbst. Wenn sie jetzt nein sagte, würde Lex es wieder ihrem Vater erzählen und dann würde das Faß endgültig überlaufen. Sie wusste ungefähr, ab wann man ihren Vater nicht mehr ärgern durfte und dieser Punkt war in den letzten Tagen etwas zu oft ausgereizt worden. Das sie gelauscht hatte, würde ihrem Vater überhaupt nicht gefallen, da er es als schweres Verbrechen und Vertrauensbruch verurteilte. Und wenn er einmal richtig loslegte, war Stubenarrest etwas, was man sich mehr wünschte, als alles andere auf der Welt. „Also schön.“, knirschte sie. „Gut.“, entgegnete Lex und ließ sie endlich passieren. Wütend ging Alira in ihr Zimmer und schloß die Tür hinter sich. Das Haus erwachte so langsam wieder zu leben und so zog sie sich um und ging in den Hauptsaal. Einige der Jäger waren schon da und so gesellte sie sich zu ihnen. „Hi.“, grüßte sie und bekam es im mehrstimmigen Chor zurück. Sie warf sich auf einen alten, muffigen Sessel und hörte den anderen zu, wie sie Geschichten von der Jagd erzählten. Einer der Grafen hatte ihr, als sie noch klein war, gerne solche Geschichten erzählt, aber nur, wenn ihre Eltern nicht in der Nähe waren. Die mochten es nämlich überhaupt nicht, wenn ihrer einzigen Tochter irgendwelche Gruselgeschichten unterbreitet wurden. „Das Mädchen ist doch noch viel zu jung. Setz ihr doch nicht irgendwelche Flausen in den Kopf“, und so weiter und so fort. Die Sprüche kannte sie auswendig, doch trotzdem fand sich immer die Gelegenheit eine neue Geschichte zu hören. Mittlerweile konnte Alira ihren Vater verstehen. Er hatte genau so eine Tochter bekommen, wie er sie nicht haben wollte. Nämlich einen unbändigen Wildfang, dem kaum einer was vorschreiben konnte. Vor allem nicht ein unfähiger Schwiegersohn. Sie konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Neben ihr erschien Lisk. Sie begrüßten sich und er nahm neben ihr Platz. Als Alira sich sicher war, dass ihnen keiner zuhörte, lehnte sie sich zu ihm hinüber. „Psst, Lisk. Du, ich hab da mal eine Frage, die mir seit einiger Zeit nicht mehr aus dem Kopf geht.“ Der Vampir sah sie neugierig an und lehnte sich zu ihr herüber. Es kam nur selten vor, dass Alira ihn etwas fragte. Meist war es eher so, dass sie ihm sagte, was er falsch machte. Natürlich war das nur im freundschaftlichen Sinne und es machte ihr jedes mal einen heiden Spass, ihn mit irgendetwas aufzuziehen. „Nun ja. Sagen wir es einmal so. Könntest du dir vorstellen, dass es auch Werwölfe gibt, die Vampire nicht hassen?“ Im ersten Moment sah ihr Kumpel so verwirrt aus, dass sie dachte, er würde gleich anfangen zu lachen. Dann fing er sich jedoch wieder und sah sie ernsthaft an. „Wie kommst du darauf?“ „Ich weiß auch nicht, ich kann mir einfach nur nicht vorstellen, dass sie alle uns hassen.“, entgegnete sie. „Aber wir alle hassen sie doch, oder etwa nicht?“, fragte Lisk nun. Rowen war bereits seit geraumer Zeit wach. Irgendetwas raubte ihm den Schlaf und er war sich inzwischen nicht mehr ganz sicher, dass es nicht doch mit der schönen Vampirin von letzter Nacht zu tun hatte. Wieso nur ließ sie ihn nicht mehr klar denken? Es war, als wäre er ein Gefangener seiner Gedankenwelt geworden. Hatte er sich etwa unglaublicher Weise in eine von ihnen verliebt? Hastig schüttelte er den Kopf. Dieser Gedanke war zu absurd, um ihn zuende zu denken. Garan lag noch ruhig atmend in seinem Bett und so schlich Rowen sich erneut aus seinem Zimmer. Durch die Metall beschlagene Eisentür entfloh er in die angenehm kühle Nacht. Der Vollmond hatte etwas abgenommen, dennoch stand er hell und klar am Himmel. Rowen fühlte, wie die Kräfte in ihm pulsierten und so ließ er ihnen freien Lauf. Seine kräftigen Beine brachten ihn schnell voran und mit gewaltigen Sätzen sprang er etliche Meter weit. Er gelangte wieder auf den Friedhof. Irgendein wohltuender Duft lag in seiner Nase. Er hatte ihn vor kurzem schon einmal gerochen. Seine Instinkte ließen ihn in Deckung gehen. Kurz darauf vernahm Rowen leise Geräusche, die sich in seine Richtung bewegten. Seine Ohren waren gespitzt und seine Augen nahmen jede noch so kleine Bewegung wahr. Zwischen den Reihen von Mausoleen erschien eine Gestalt. Sie hielt ein Schwert in der Hand. Langsam und vorsichtig folgte ihr der Werwolf, als sie ihre Richtung änderte. Er beobachtete jede Bewegung von ihr genau. Mit einem Ruck drehte Alira sich um. Hinter ihr hatte sich der schwarze Werwolf auf die Hinterbeine aufgerichtet. Er war nun um einiges größer, als sie. Mit seinen gelben Augen starrte er sie unverwandt an. „Was willst du? Wenn du mich töten willst, dann komm her und versuch es.“, sagte sie mit leicht zittriger Stimme. Der Werwolf kam tatsächlich auf sie zu. Alira hob ihr Schwert. Das schien ihn jedoch nicht zu entmutigen. Ihre Augen flackerten nervös und ihr Atem ging schneller. Sie war zu einer Salzsäule erstarrt, unfähig sich zu bewegen. Erst, als ihr der Werwolf das Schwert aus der Hand schlug, überwand sie diese Starre und wich zurück. Er hatte mit einer seiner Krallen ihre Hand erwischt, die anfing zu bluten. Sie hielt die verletzte Hand mit der gesunden Hand vor ihrem Brustkorb und wich zurück, bis an die Wand eines Mausoleums. Ihr Gesicht war kreidebleich geworden. Immer näher kam ihr der riesige Wolf und sah sie immer noch unverwandt an. Kurz vor ihr kam er zum Stehen. Sie schloß die Augen. , konnte Alira nur noch denken. Sie hörte, wie der Werwolf schnüffelte und sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut. Sie preßte sich noch enger an die Wand. Einige Sekunden lang geschah gar nichts, doch dann riß Alira vor Überraschung die Augen auf. Das große Tier fuhr mit seiner rauhen Zunge vorsichtig über ihre Hand und leckte das Blut ab. Unfähig zu denken, stand die Vampirin einfach nur da und starrte ihn an. Das konnte nicht passieren, denn es war absolut unmöglich. Werwölfe haßten Vampire, ebenso wie Vampire Werwölfe haßten. Dies war ein Naturgesetz, dass schon seit hunderten von Jahren existierte. Warum sollte es genau jetzt und genau hier außer Kraft treten? Der Werwolf hob den Kopf wieder an. Verwirrt sah sie ihn aus ihren blauen Augen an. Er fiepte einmal, dann sprang er auf und davon in die Nacht. Geschockt und unfähig noch irgendeinen klaren Gedanken zu fassen, sank sie an der Mauer zu Boden und hörte sein Heulen, dass Knochen und Mark und jede einzelne Zelle in ihrem Körper zu durchdringen schien. Nach einer schieren Ewigkeit machte sie sich auf den Weg nach Hause, nachdem sie ihr Schwert wieder eingesammelt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)