Verlorenes Paradies von -Lelias- (Unter den Weinbergreben) ================================================================================ Kapitel 1: Unter den Weinbergreben ---------------------------------- Verlorenes Paradies Es gibt Orte auf dieser Welt die sind schöner als das Paradies. Orte, die so rein und perfekt scheinen dass man nicht glauben kann dass hier Blut von tausenden Unschuldigen vergossen wurde um sie zu errichten. An die damaligen Kriege kann sich heute kaum noch jemand erinnern, Generationen später lebte auf einem der schönsten Weingüter der junge Arcadi mit seiner Schwester Zisa. Das Weingut war Arcadis persönliches Paradies und er tat alles daran es zu pflegen und in ehren zu halten. Seine Schwester Zisa war ein besonderes Mädchen, sie war intelligenter und schöner als die anderen Mädchen. Kurz sie war etwas ganz besonderes und das wichtigste im Leben von Arcadi. Ihre Eltern waren vor geraumer Zeit verstorben und Arcadi erbte an seinem 18 Geburtstag das Weingut und hatte den Auftrag sich um die jungen Reben zu kümmern und mit dem gewonnenen Wein sein, und das Leben seiner Schwester zu finanzieren. Mittlerweile war er 21 Jahre alt und das Weingut lief gut, jeden Sommer hatten sie die besten Ernten und den größten Umsatz von allen Bauern. Arcadi war gutgläubig, er dachte nicht daran dass irgendetwas anderes hinter den Erfolgsernten steckte, er war gläubig und hoffte jedes Jahr auf den Segen seines Gottes und bekam diesen auch. Warum also etwas Schlechtes denken? Er tat nie jemanden etwas Böses. Zisa belächelte seine Einstellung, sie war der Meinung dass man sich nur selber trauen konnte, aber sie war noch jung und ihr Bruder machte sich nichts daraus. Im nächsten Jahr fielen die Ernten wieder gut aus und die Leute redeten schlecht über das Geschwisterpaar, sie würden Dämonen beschwören oder für den Teufel arbeiten. Arcadi fragte sich die ganze Zeit warum sie solche Dinge behaupteten, bis er mit seiner Schwester darüber sprach. „Zisa, warum behaupten die Leute solche Dinge?“ „Bruder, du warst zu lange hier oben, wann hast du dir das letzte Mal die anderen Güter angesehen? Während bei den anderen die Reben vertrocknen oder von Ungeziefer heimgesucht werden, blühen unsere den ganzen Sommer über und wir haben nie Ernterückschläge. Macht dich das nicht misstrauisch?“ Arcadi dachte für einen Moment nach und schüttelte dann den Kopf, nein eigentlich glaubte er eher das ihnen sein beten die gute Ernte beschaffte. „Vielleicht sind wir einfach besser als die anderen?“ „Arc, wir leben ganz alleine hier, zu zweit und die anderen Bauern halten sich Hunderte von Sklaven die sich um die Ernte kümmern.“ Er schwieg, wusste doch selber nicht genau warum es so war WIE es war und schüttelte einfach nur den Kopf. „Sei doch froh dass wir immer gute Ernten haben und somit nie arm werden. Du hast keinen Grund dich zu beschweren.“ „Nein, natürlich nicht, aber du musst dich auch nicht mit dem Gespött der Leute auseinandersetzen! Du brauchst vielleicht keine Menschen um dich herum, aber ich brauche es!“ Sie sah ihn zornig an und lief davon. Ihr Bruder blieb ratlos zurück und sah ihr hinterher. „Ach Zisa…“ Zisa aber rannte zurück ins Dorf und wurde von ein paar anderen Bauern aufgehalten und gefragt: „Mädchen, kommst du von dem verfluchten Gut?“ Sie sah sie irritiert an und meinte nur verunsichert: „Was meint ihr damit?“ Die Bauern wechselten vielsagende blicke untereinander und meinten dann vorsichtig: „Du kommst also von dort?“ „ich weiß doch gar nicht was euer Problem ist!“ Wütend drehte sie sich um und ging weiter. Es war Sommer, der letzte Juli diesen Jahres und der Wein stand wieder besonders gut. Die Luft war entsetzlich schwül und sie fand dass es besser wäre wenn sie jetzt nach Hause gehen würde. Sommergewitter waren zurzeit nichts Ungewöhnliches und sie hatte ein schlechtes Gefühl. Es war einfach eine Ahnung, ein Gefühl das etwas nicht stimmte. Schnell lief sie Barfuss den Weg zu ihrem Haus entlang, begegnete einigen Bauern und Sklaven, die sie verwirrt anstarrten. Sie hatte das unbestimmte Gefühl das etwas mit Arcadi nicht stimmte und war binnen kurzer Zeit da, von ihrem Bruder keine Spur. „Arc! Arcadi! Wo steckst du?“ Sie lief durch Gassen von dicken Reben und Bewässerungsanlagen. Die Luft war schwer und drückte unangenehm auf ihrer Haut. „Arc!!“ Sie bemerkte ein rascheln nicht weit von ihr und fuhr herum. „Was schreist du denn so rum? Hier bin ich doch.“ Sie fiel ihm um den Hals und wisperte: „Ich hatte eine schreckliche Ahnung! Ich dachte dir wäre etwas passiert!“ Auf seine Fragen ging sie nicht weiter ein, sondern lächelte nur und entschuldigte sich dafür dass sie vorhin weggelaufen war. Arcadi strich ihr nur durch das lange schwarze Haar und blieb mit seinen Fragen alleine. Der Abend kam und sie saßen beisammen auf der Veranda und aßen zu Abend. „Was hältst du davon wenn wir von hier weggehen?“ Arcadi sah sie einfach nur schockiert an. „Warum? Hier haben wir doch alles!“ Sie lächelte schwermütig und meinte leise: „Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache und wir haben doch Geld…“ „Nein, ich bleibe hier, besser du bleibst es auch.“ „Ich sowieso!“ Er sah sie überrascht an. „Was meinst du damit?“ Zisa knurrte ihn leise an: „Du hast doch keine Ahnung!“ Damit war dann auch alles gesagt worden, sie stand auf und ging in ihr Zimmer. Arcadi seufzte nur und verleierte die Augen, sie war wirklich in einem schwierigen Alter. Der Abend verging und es wurde Nacht. Arcadi wälzte sich in seinem Bett unruhig umher, er konnte nicht schlafen und schob dies auf sein schlechtes Gewissen seiner Schwester gegenüber. Langsam stand er auf und tastete nach seinen Schuhen, am Rand bemerkte er den großen blutroten Mond der durch sein Fenster schien. Er huschte durch das Haus auf dem Weg zum Zimmer seiner Schwester. Leise klopfte er an, wahrscheinlich würde sie eh schlafen. Da er keine Antwort bekam betrat er ihr Zimmer einfach und stellte auch sogleich fest dass sie gar nicht da war. „Zisa?“ irritiert verließ er ihr Zimmer wieder und ging nach draußen. Warme Nachtluft schlug ihm entgegen und das fahle Mondlicht warf einen beängstigend aussehenden Schatten. „Zisa?“ Ein leises Wispern in die Nachtluft, er bekam keine Antwort, spürte aber das sie hier irgendwo sein müsste. Arcadi ging um das Haus herum. Ein leicht bitterer Geruch machte sich bemerkbar, fast so wie der Geruch von Blut. Leichte Panik überfiel ihn und ein der hauch eines kalten Schauers huschte über seinen Rücken. Hatte er nicht gerade einen Schrei gehört? In der ferne sah er einen leichten Lichtschimmer und zögernd ging er auf ihn zu. Das Wäldchen. Hier war er Jahre nicht gewesen, der Wald war nicht groß genug um ausreichend Möglichkeiten zum jagen zu geben. Wozu also den Umweg nehmen und einen Wald betreten der laut Urkunde zu niemanden gehörte? Trotzdem nahm er sich eine Fackel von der Wand seines Hauses und betrat das Wäldchen, er täuschte sich nicht, der Geruch wurde hier stärker. Als ein leichter Nebelschleier seine Sicht erschwerte war er gewarnt, hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. War Zisa tatsächlich hier? Was sollte ein Mädchen wie sie hier, nachts, alleine, in einem dunklen Wald, machen? Schritt für Schritt kämpfte er sich durch den Nebel, der immer dichter zu werden schien. Wieder ein Schrei, dann ein lachen, was passierte hier? Aber als er weiterging fragte er sich für einen Moment ob er es wirklich wissen wollte. Manche Dinge blieben besser einfach unausgesprochen… Unausgesprochen und einfach ignoriert, das wünschte sich Arcadi im Moment am meisten… Was er sah lies ihn an seinem Verstand zweifeln. Seine kleine Schwester saß auf einer kleinen Lichtung und hielt etwas Rundes im Arm. Erst dachte er sie hätte einen Ball im Arm, aber bei näherem hinsehen sah er dass es sich um einen blutverschmierten Kopf handelte. Sie besah ihn fast liebevoll, ignorierte ihren Bruder vollkommen und fing an den Kopf in die Luft zu werfen, dreimal. Dabei murmelte sie eine ihm unbekannte Sprache, wurde von einem merkwürdigen blauen Licht umhüllt. Wie ein verschrecktes Kaninchen starrte er sie an und seine Lippen formten lautlose Worte. Ihm fiel soviel ein was er sie fragen wollte: Was tat sie da? Warum tat sie das? „Zisa?“ Ein krächzender Laut aus seiner Kehle, zu mehr war er zurzeit nicht imstande. Sie lachte boshaft und grinste ihn an. „Du wolltest wissen warum unser Gut immer Glück hat? Warum wir niemals Missernten haben? Hier hast du deine Antwort! Immer am letzten Tag des Monats muss ich hier Unschuldige töten, damit ihr Blut unsere Reben befeuchtet! Der Boden ist verflucht, er saugt das Blut auf und lässt es in form der Reben erblühen!“ „W…Was erzählst du da? Das ist doch Schwachsinn!“ „Nein, ist es nicht, Vater hatte mich in alles eingeweiht! Du glaubst die beiden sind bei einem Unfall ums leben gekommen? Du irrst dich, ich musste sie töten weil der Boden nach mehr verlangte! Du hast doch keine Ahnung!“ Fassungslos schüttelte er den Kopf und meinte leise: „Die verschwundenen Dorfbewohner, sind ist deine Schuld?“ „Richtig, alle die uns verspotten landen hier um ihr Blut zu opfern, sie sollten sich glücklich schätzen!“ „Du bist wahnsinnig.“ Arcadi schüttelte verzweifelt den Kopf und langsam krochen undeutliche Bilder in seinen Kopf. Er erinnerte sich schemenhaft. Ihr Vater hatte ihn mit hier hergenommen als er noch ein Kind war! Arcadi hatte ihm zugesehen wie er Unschuldige opferte… War das der Grund warum er diesen Wald nicht mehr betreten mochte? Er erinnerte sich an das frische Blut und ihm wurde schlecht. Das Blut… rot und frisch, später gerinnend und stinkend. Ihm wurde übel und er hatte mühe sich nicht übergeben zu müssen. „Zisa…“ „Was willst du? Du bist ein Schwächling, du wolltest nicht von hier weggehen, also übernimm gefälligst auch deine Rolle!“ Ihr lachen in seinem Kopf und das Blut in seiner Nase, es war zuviel für ihn. Arcadi griff fester um die Fackel in seiner Hand und starrte auf seine irre Schwester. Ohne weiter darüber nachzudenken rannte er auf sie zu und schlug immer wieder, wie im Wahn auf seine Schwester ein. Sie schrie und wehrte sich, aber, aber er ließ sie nicht gehen, ließ erst von ihr ab also sie blutend und schwer atmend auf dem Boden in ihrem eigenem Blut lag. „Dummkopf…“ Sie lächelte schwach und sah zu ihrem Großen Bruder. Arcadi starrte sie an und zitterte am ganzen Körper. „Zisa, nein, was habe ich getan?“ „Das richtige… Geh von hier weg und lasse den Fluch hinter dir…“ „das kann ich nicht!“ Sie lächelte wieder, ihr Kopf rutschte zur Seite und sie war tot. Arcadi weinte, drehte sich aber um und lief nach Hause, nun war es ihm egal dass es stockdunkel war… Wochen später bemerkten die anderen Bauern eine deutliche Veränderung. Das Gut war prächtig wie immer, aber die kleine Zisa war verschwunden. Nur Arcadi sah man manchmal wie er lächelnd zwischen den Reben saß und leise kicherte. Sie bewunderten ihn für sein Durchhaltevermögen, das er weiter machte, auch wenn er ganz alleine war… Aber er war nicht alleine… Die Reben nährten fortan von dem toten Körper seiner Schwester und dem Blut das auf seinen Feldern vergossen wurde. Es war nicht das was sich Arcadi vom Paradies vorgestellt hatte, aber es reichte ihm… Sein verlorenes Paradies und das verfluchte Gut… Der beste Wein aller Zeiten… Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)