Ghost Whisperer von phinix (~Kannst du sie sehen?~) ================================================================================ Kapitel 5: Krankenhaus ---------------------- Kapitel 5: Krankenhaus Noch immer war Kai wie erstarrt, als das Fenster zerbrach und Splitter auf den Rothaarigen niederregneten. Dann erwachte er aus seinem Schock. „Yuriy!“ Sofort rannte er auf Jenen zu, der gerade die Arme vom Gesicht weg nahm. „Ist alles okay?“, erkundigte sich Kai, als er die blutigen Kratzer sah. Leicht nickte Yuriy und sah auf seine Arme, die als einzigstes verletzt waren und leicht zerkratzt waren. „Ja“, war die knappe Antwort. »Zum Glück hat es nur meine Arme erwischt. Wenn die Splitter mein Augen oder so getroffen hätten, könnte ich nun blind sein...« Erneut wandern die blauen Augen zum zerstörten Fenster. „Was war das?“ Abwesend, da er die Wunden musterte, gab der Rotäugige ein simples „Das war ein zersplitterndes Fenster“, zurück. Dann griff er sanft nach Yuriys Armen „Das sollte besser behandelt werden“ Kopfschüttelnd befreite jener sich und ging aufs Krankenbett zu. „Ich sagte schon, dass ist nichts schlimmes. Außerdem will ich mehr über das Fenster wissen. Fenster zersplittern eigentlich nicht einfach so“, meinte er, während er sich aufs Bett setzte. »So ein ****. Warum passiert mir das alles? Was zum Teufel geht hier überhaupt vor sich? Ich verstehe das alles nicht. Es kommt doch nicht einfach so vor, dass Fenster zersplittern.« Leise seufzte Kai. „Das passiert ja auch nicht einfach so“, entgegnete der Graublauhaarige. Er war sich sicher, dass dies kein Zufall war. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er den Geist gesehen, welcher dafür verantwortlich war. „Hm?“ Verwirrt sahen die blauen Augen auf, bevor sie ernst wirkten. „Du weißt etwas...“ Erneut seufzte Kai. „Später. Zuerst die Verletzungen, okay?“ „Kai... Bitte!“ „Nein und es ist mir egal, wie sehr du quengelst!“, fauchte der Rotäugige, während er zu Yuriy ging und dessen Wunden musterte. „Zum Glück ist es tatsächlich nichts erntest.“ Dieses mal war es an Yuriy zu seufzen. „Bryan?“, sprach er seine erste Vermutung aus. Das alles ließ für ihn keinen anderer Schluss aus, als dass es sein einst bester Freund gewesen sein könnte, welcher sich nun an ihm rächen wollte. Zaghaft nickte der Kleinere. „Ja... Aber Yuriy. Vielleicht wäre es besser, wenn du erstmal zu mir ziehst. Es wäre sicherer für dich. Immerhin kannst du die Geister weder sehen noch hören. Aber ich kann dies. Also könnte ich mit dem Geist reden und versuchen dich so zu schützen. Wenn ich es schaffe, dass er hinüber geht wirst auch du zur Ruhe kommen. Es wäre vorbei und du in Sicherheit.“ „Ich glaube aber nicht, dass er mit sich reden lässt. Er wird nicht aufgeben... Sieh der Wahrheit ins Gesicht Kai, du kannst mich nicht schützen.“ „Und warum nicht?!“, fauchte Kai aufgebracht. Er konnte nicht verstehen, wie der Andere sowas sagen konnte, ja praktisch aufgab und den Geist ihn töten ließ. Das alles klang in seinen Ohren so absurd. Schon erklang Yuriys ruhige Antwort: „Ganz einfach, weil er ein Dickkopf ist. Er gibt nie nach, bevor er sein Ziel erreicht hat. Außerdem lässt er sich nie von etwas anderem überzeugen, als das was er tut. Du kannst ihn nicht umstimmen Kleiner.“ Augenrollend fiel dem Rotäugigen was auf. „Das heißt also, er ist genauso ein Dickkopf wie du?“, neckte er. „Genau das heißt es. Also geh jetzt endlich. Ich werde weder bei dir einziehen, noch wirst du Bryan aufhalten können...“ Aber schien Kai nicht so zu denken. Er war stur und blieb stehen wo er war. „Weißt du Yuriy, nicht nur du und der Geist sind Dickköpfe, auch ich bin einer. Daher werde ich weder aufgeben, noch gehen. Du kommst mit mir mit und damit Basta! Und wenn du mit sowas kommst, wie ´keine Lust´ ist mir selbst das egal, denn es ist dein Pech wenn du keinerlei Ambitionen dazu hast mitzukommen, denn du wirst mit mir gehen! Oder ich werde nicht mehr von deiner Seite weichen. Such es dir aus!“ Leise knurrte der Rothaarige, als er das an den kopf geworfen bekam. „Nervenbündel“, zischte er. Unbeeindruckt zuckte Kai mit seinen Schultern. „Na und? Dann bin ich halt eines. Mir ist das egal da ich mich selbst ja nicht nerve.“ Schon setzte er sich neben Yuriy auf das Bett und wirkte nicht so, als würde er in nächster Zeit alleine gehen wollen. Fragend zog Yuriy eine Augenbraue hoch. „Was willst du?“ „Leidest du unter einem Kurzzeitgedächtnis? Ich habe es dir doch eben schon gesagt. Ich weiche nicht mehr von deiner Seite, bis der Geist von diesem Bryan hinüber gegangen ist und dich zufrieden lässt. Immerhin bist du ihm schutzlos ausgeliefert, wenn ich nicht da bin.“ „Na... ein!“ „Ach nein? Was willst du denn tun?“, fragte der Graublauhaarige verwirrt. »Irgendwie ist es seltsam... Es kommt mir fast so vor, als würde Yuriy eben was anderes sagen, als ´Nein´. War das nur Einbildung? Nein, dass glaube ich nicht. Aber, was wollte er dann sagen ´Na...´´ na.. Was?« Leicht schnaubte Yuriy. „Das sehe ich dann schon! Aber ich komme alleine klar!“ Wütend blitzten die roten Augen ihn an. Dieser Sturkopf brachte Kai an den Rand des Wahnsinns. „Nein, du kommst nicht alleine klar! Daher werde ich dich nicht alleine lassen! Ich lasse nicht zu, dass er dich tötet und du erneut zu einem Geist wirst. Hat dir diese eine Erfahrung nicht gereicht?“ „Ich werde ja auch kein Geist“, versicherte der Rothaarige entschlossen. Er wirkte nicht einmal unsicher. Scheinbar dachte er, dass er entweder nicht sterben würde, und wenn doch nicht als Geist weiter existieren würde. Vielleicht gab es ja auch nichts, was ihn an diese Welt band. „Ach nein? Und wieso nicht?“ „Weil ich niemals eine umherirrende Seele werde“, versicherte Yuriy entschlossen. Skeptisch zog der Rotäugige eine Augenbraue hoch. „Und du denkst also dass du gleich deinen Frieden finden wirst? Ich bezweifle das nämlich!“ „Aber ich denke ja.“ „Ich nicht.“ „Aber ich!“, entgegnete der Größere weiter und ließ sich nicht beirren. „Egal, ob du es findest oder nicht. Es zählt eh erstmal das Hier und Jetzt! Und ich sage dir gleich, dass ich bei dir bleiben werde!“ Stur blitzten die Augen des Graublauhaarigen auf. Leise seufzte der Andere auf. „Kai...“ Yuriy verstand nicht wirklich, warum der Kleine so dickköpfig sein musste. Er wollte doch einfach nur in Ruhe gelassen werden. „Es freut mich, dass du noch weißt wie ich heiße“, kam die ruhige Erwiderung, während die roten Augen zum zerstörten Fenster sahen. »Was kommt wohl als nächstes? Schon jetzt ist der Geist mächtig, und die Wut nährt ihn weiter... Er kommt wieder und ich frage mich, was er sich dann als nächstes überlegt hat um Yuriy zu töten...« Yuriy folgte seinem Blick und sprach eine Frage aus, die ihn schon etwas länger beschäftigte. „Wie können Geister so etwas, wie Fenster zerstören? Sie sind doch eigentlich körperlos und können nichts anfassen“, bemerkte der Rothaarige. „Ganz einfach. Es ist ihre Energie, mit welcher sie Dinge schweben lassen, oder gar zerstören können. Erinnere dich doch nur daran, als wir uns auf der Straße begegnet sind. Du warst wütend und hast so die Straßenlaterne geschrottet. Gefühle, wie Wut und Hass verwenden Geister um diese in Energie umzuwandeln.“ „Du hast mich damals provoziert!“, kam die Verteidigung, als er beschuldigt wurde die Laterne zerstört zu haben. Doch nahm Kai dies ganz locker auf. Grinsend sah er zu seinem Nachbarn und entgegnete: „Ich weiß. Aber es war ja keine Absicht von mir. Als ich bemerkt hatte, was ich damit bewirkte war es bereits zu spät. Tja, das nennt man wohl Pech.“ „Super“, murrte Yuriy. „Ich weiß.“ „Du bist...“, mitten im Satz stoppte Yuriy. „Was?“, wollte der Rotäugige sofort wissen. „Keine Ahnung...“ Diese ausgesproche, aufschlussreiche Antwort ließ Kai seufzen. „Super." „Was denn?" „Nix", meinte Kai nur und blickte ihn musternd an. »Irgendwie sieht er ja schon verdammt gut aus. Mein Gott! Was denke ich hier bloß? Das ist doch total verrückt! Ich kann doch für keinen Jungen schwärmen und schon gar nicht für Yuriy!« Kopfschüttelnd versuchte Kai seine Gedanken zu vertreiben. Er wollte jetzt nicht an sowas denken. Diese Gestik entging Yuriy auf keinen Fall und er sah verwirrt drein. „An was denkst du?", fragte er sofort leicht neugierig nach. „Nix", log der Rotäugige sofort. »Was fragt er auch so dämlich? Ich kann ihm doch unmöglich sagen, dass ich an seinen geilen Körper gedacht habe. ARGH! Was geht nur in meinem Kopf vor sich? Erst sah er gut aus und jetzt schon geil? Was kommt als nächstes? Am besten ich höre auf zu denken...« „Kai? Mit leicht geröteten Wangen wegen seiner Gedanken sah der Rotäugige Yuriy an. „Was denn?“ Mit der folgenden Antwort hatte Kai wohl am allerwenigsten gerechnet. Schon sagte der Rothaarige mit ernster Stimme: „Du willst mich nur nackt unter der Dusche sehen!" „Was?!", entwich es Kai erschrocken und er fragte sich, ob der andere Gedanken lesen konnte, denn das Gesagte hatte sich gerade tatsächlich vor seinen Augen geformt. Fies grinste Yuriy. „Das war nur ein Spaß, weil ich zu dir ziehen soll, aber deiner Reaktion nach..." Langsam beugte er sich zu Kai und kam immer dichter. Jener wich sofort erschrocken zurück, als er näher kam. „Was soll denn das?“, fragte Kai und unterdrückte das Zittern in seiner Stimme. Er wollte ihn doch nicht tatsächlich küssen; oder doch? Plötzlich stockte der Rothaarige, bevor er sich wieder normal aufs Bett hinsetzte. „Ich wollte nur was testen“, versuchte sich Yuriy hinauszureden. „Und was, wenn ich fragen darf?“ Unsicher blickten die roten Augen ihn an. „Ob du mich wirklich nackt sehen willst!" „Und was hast du herausgefunden? Will ich dich unter der Dusche nackt sehen?“, hakte Kai weiter nach. »Na ja, irgendwie will ich ihn schon gerne nackt sehen, aber nicht nur unter der Dusche... Nicht schon wieder... Was denke ich bloß die ganze Zeit?« „Sag ich nicht!", entgegnet Yuriy fies grinsend. Er dachte nicht im Traum daran seine Vermutung zu äußern. „Doch, bitte.“ Lieb sahen die roten Augen ihn an. „Nein!" Schmollend verzog Kai die Schnute und verschränkt die Arme. „Warum nicht?" In diesem Moment korrigierte er seine Gedanken. »Von wegen geil. Yuriy ist auf keinen Fall geil, sonder einfach nur fies zu allem und jedem, vor allem zu mir.« „Weil ich keine Lust habe! Außerdem, warum fragst du mich überhaupt. Du müsstest doch selbst wissen, was du denkst und willst." Kopfschüttelnd grinste der Graublauhaarige. „Ne, ich weiß es nicht. Ich dachte du könntest mich vielleicht erleuchten.“ „Du stehst auf mich!“, wechselte Yuriy plötzlich das Thema. Nach Luft schnappend weiteten sich die roten Augen. „Wie kommst du nur auf diesen Mist?“ „Ganz einfach, du wurdest rot." „Bestimmt nicht. Beweise es mir doch! ... Siehst du, du kannst es nicht. Also was machen wir nun?“ Schulterzuckend lehnte Yuriy sich rücklings auf das Bett und starrte die Decke an. „Keine Ahnung, du bist doch das Genie von uns beiden“, behauptete er einfach. Verdutzt starrte Kai ihn aus großen, roten Augen an. „Seit wann das denn? Diese Behauptung ist mir ja völlig neu.“ „Ganz einfach. Überall wo man dich hinstellt genierst du einen! Und es ist mir egal, dass du mir nun wiedersprechen willst. Ich bleibe dabei", erstickte der Rothaarige jeglichen Protest, was den Anderen nur zum grummeln brachte. Seufzend gab Kai nach und blickte zu dem neben ihm Liegenden. Er konnte nicht anders als jenen zu bewundern. In seinen Augen war er einfach wunderschön... Schnell lenkte er seine Gedanken auf ein anderes Thema. „Ähm, was machen wir nun wegen Bryan?“ „Aufgeben?“, bot Yuriy lustlos an. Es schien fast, als würde er das alles nicht ernst nehmen. Diese Einstellung bemerkte auch der Kleinere und sie gefiel ihm überhaupt nicht. Wütend zwickte er Yuriy in die Seite, so dass dieser zusammenzuckte. „Nein! Wir geben nicht auf. Denk nicht mal daran!“ „Aua“, beschwerte sich der Blauäugige, während er sich über die Seite strich. „Weichei!“ „Mädchen!“ „Wie bitte? Ich bin sicherlich KEIN Mädchen!", fauchte Kai und regte sich über diese Betitelung auf. »Ich bin doch kein Mädchen, was denkt sich dieser rothaarige Idiot überhaupt?« „ Doch... du zickst und knuffst!" Schnell suchte Kai ein Gegenargument, dass ihn aus dieser Situation befreien könnte. Dann fiel ihm was ein. „Aber unter der Dusche musst du doch gesehen haben, dass ich ein Mann bin, so wie du mich gemustert hast" Bei dieser Erinnerung grinste Yuriy. „Na und? War ja auch süß der Kleine!", bemerkte er grinsend. Knurrend funkelten die roten Augen daraufhin. „Musst du mich immer ärgern?!“ „Jepp!" „Super", murrte Kai nur. Dann wanderten die roten Augen zur Armbanduhr, die er am rechten Handgelenk trug. Eigentlich hatte er ja keine Zeit auf den Anderen aufzupassen, da er noch einiges zu tun hatte, aber er hatte keine andere Wahl. Nur ungern wäre er für den Tod Yuriys verantwortlich. Daher blieb er an Ort und Stelle. Er würde nicht vom Platz an der Seite des Rothaarigen weichen. Yuriy entging der Blick auf die Uhr keinesfalls und er bekam Hoffnung, endlich alleine gelassen zu werden. „Hast du nicht Schule, oder Arbeit?“ Kopfschüttelnd entgegnete der Graublauhaarige. „Nein, ich hab keine Arbeit mehr...“ Ein leises Seufzen ertönte bei der Erinnerung, was geschehen war. „Wieso nicht mehr?“, erkundigte sich Yuriy. Irgendwie war er neugierig und wollte mehr, nein alles über den Anderen wissen. Schon begann Kai zu erzählen: „Na ja weißt du, mein Boss hat mich für verrückt gehalten, aber was kann ich dafür, wenn er vom Geist seiner Mutter verfolgt wird, welcher mich die ganze Zeit nervt. Ich wollte ihr nur helfen hinüber zu gehen und habe mit ihr geredet. Für ihn sah es jedoch so aus, als würde ich nur mit Luft reden, oder gar Selbstgespräche führen. Daraufhin hielt er mich für nicht mehr ganz richtig im Kopf und hat mich gefeuert.“ Als die Erzählung beendet wurde konnte der Rothaarige nicht anders und musste lachen. Eingeschnappt murrte Kai. „Das ist überhaupt nicht witzig.“ Das alles wurde noch geprägt von seinen Gedanken. » Nein, dass ist wirklich nicht lustig, vor allem, da ich bald wieder die Miete bezahlen muss, und ohne Geld wird es mir nicht möglich sein. Genug Erspartes habe ich auch nicht, um mich lange über Wasser halten zu können...« Mühsam versuchte Yuriy sich zusammenzureißen. „Sorry... aber das kam so trocken!" Noch immer grinsend wischte er sich die Lachtränen fort. Derweil redete er sich ein, nicht mehr zu lachen. »Nicht mehr lachen... nicht mehr lachen... Bloß nicht lachen!!! „Hauptsache du hast deinen Spaß. Das merkt man bereits an diesem Lachkrampf, den du eben hattest." „Na und?“ Irgendwie fühlte Yuriy sich durch diese Bemerkung angegriffen. »Da Lacht man einmal und schon das...« Abwehrend hob Kai die Hände. „Nichts na und! Das war ja auch nicht böse gemeint, es ist schön wenn jemand lachen kann. Und denk jetzt bloß nicht, dass ich versuche mich einzuschleimen. Ich denke nicht, dass ich das nötig habe, oder?" „Doch hast du!“ „Schön!“, fauchte der Kleinere aufgebracht. „Zicke, Zicke, Zicke!", trällerte Yuriy und war gut drauf. Kai zu ärgern bereitete ihm sichtlich Spaß. „Besser eine Zicke, als ein rothaarige Typ, der den Tod sucht. Und da du ja förmlich darauf wartest, dass Bryan zu dir kommt um dich umzubringen werde ich ja nicht gebraucht. Ich werde daher gehen! Falls du jedoch deine Meinung ändern solltest und das Leben leben willst meine Nummer liegt neben dir.“ Mit diesen Worten stand Kai vom Bett auf, während er aus seiner Hosentasche eine Karte mit seiner Adresse hervor zog und sie neben Yuriy legte. Überrumpelt starrten die blauen Augen ihn an. „Warum tust du das?" „Was?",fragte Kai verwirrt und hielt inne in seiner Bewegung. „Mit diesem Helferkomplex sich in andere Leben einmischen!“ Leise seufzte der Graublauhaarige. Für ihn war diese Diskussion komplett sinnlos. „Warum sollte ich nicht? Jeder braucht ab und zu Hilfe und ich mag es, wenn es den Leuten, denen ich helfe, anschließend besser geht. Das macht mich selbst glücklich." „Was willst du dafür?“ Wütend blitzten die roten Augen. Es fühlte sich an wie ein Deja-vu. Hörte der Andere ihm nie zu? „Das hab ich dir doch schon einmal gesagt. Nichts! Ich mache das nicht für eine Belohnung oder so, sondern einfach nur so. Ich nehme niemals etwas dafür." „Aber alles, das ganze Leben, ist ein geben und nehmen!", verteidigte sich Yuriy. „Die Menschen, denen ich helfe geben mir das Gefühl was Gutes getan zu haben, mehr nicht, und das reicht mir. Viele würden es wohl für dumm halten was ich tue und dass ich nichts dafür nehme, doch dann bin ich gerne dumm." „Das ist mehr als Dummheit!“, zischte Yuriy. „Ach ja? was denkst du denn, was es ist?" „Bekloppt und dumm!" Augenrollend seufzte Kai auf. Yuriy konnte wohl nicht einfach das Thema ruhen lassen. Dann müssten sie es wohl erneut durchdiskutieren. „Wäre es dir denn lieber, ich hätte dich ausgenommen, nachdem ich dir geholfen hab deinen Körper wieder zu finden?" „Nein...", entgegnete der Blauäugige leise auf Grund dieser Frage. „Siehst du, und bei Anderen soll ich es also machen? Aber die empfinden dann genauso wie du, so ist es viel besser. Gleichberechtigung für alle... Da wir das nun geklärt haben. Was ist nun? Soll ich gehen oder bleiben?", wurde das Thema zurückgelenkt. „Mir egal!“ „Nein, du musst es wissen, immerhin geht es um dich. Ich bleibe nicht hier, wenn du es nicht willst. Also sag schon. Es ist doch garnicht schwer. Soll ich hierbleiben? Ja, oder nein? Mehr verlange ich ja nicht!", erinnerte Kai und sah auffordernd in die blauen Augen. Den Kopf schief legend dachte Yuriy nach, während er abwartend, mit undurchdringlichem Blick angesehen wurde. Leise murrte er. „Ich mag diese Blicke nicht! Also was ist?" „Nichts. Ich warte nur, dass du mir endlich eine klare Antwort gibst. Soll ich bleiben? Ja oder nein?", wurde die Frage erneut wiederholt. „Das musst du wissen!" wich Yuriy ungeschickt aus. Auch wenn er irgendwie wollte dass Kai blieb, konnte er nicht dazu stehen. Seufzend ging der Rotäugige auf ihn zu. Direkt vor ihm bleib er stehen. „Sag mir deine Meinung, ja oder nein, mehr will ich nicht wissen." „Wieso sollte ich?!" „Weil ich es wissen möchte." „Na und?... Sag ich trotzdem nicht!" Wie ein trotzendes Kind verschränkte Yuriy die Arme. Allmählich reichte es dem Rotäugigen. „Schön! Wie du willst; dann nicht! Es scheint mir dann doch besser, wenn ich gehe, wenn du dich so kindisch aufführst!“ Als der Andere nichts sagte schnaubte Kai und wand sich ab. Dann ging er festen Schrittes auf die Tür zu um das Krankenzimmer zu verlassen. Keiner der beiden Dickköpfe wollte nachgeben. Yuriy drehte sogar den Kopf weg. Als Kai bereits die Türklinke in der Hand hatte, hielt er nochmals inne. „Wenn was ist, oder du dich entschieden hast ob ich dir nun helfen soll ruf an“ Doch reagierte Yuriy nicht. »Ich werde ganz bestimmt nicht anrufen und um Hilfe bitten. Ich werde ihn überhaupt nicht anrufen! Auch ich habe meinen Stolz und den werde ich mir wahren!« Seufzend verstand Kai das Schweigen. „Schön, pass aber zumindest auf dich auf", bat er noch ein letztes Mal und drückte den Griff hinab. Yuriys Worte ließen ihn dann jedoch inne halten. „Wie soll ich das machen? Ich kann ihn nicht sehen!" Die Türklinke loslassend wand sich der Rotäugige wieder um. „Ich weiß das, doch willst du dich überhaupt von ihm fern halten? So wie sich das angehört hatte suchst du schon förmlich den Tod. Egal was du nun sagst, ich weiß dass es wahr ist, daher werde ich bestimmt nicht hier bleiben und tatenlos zusehen... Aber Yuriy? Ist es nicht so, dass du sterben willst? Du fühlst dich schuldig wegen deiner Freunde und denkst, dass der Tod die gerechte Strafe wäre. Außerdem weißt du nicht was dich noch hier hält. Deine einzigsten Freunde sind tot. Nur du hast überlebt. Du siehst keinen Sinn mehr im Leben“, deutete Kai das Innere des Blauäugigen, welcher schweigend zuhörte und sich fragte, seit wann er so durchschaubar war. Yuriy wich dem Blick aus und sah zum zerstörten Fenster. Leise seufzend ging der Graublauhaarige auf ihn zu und schlang von hinten seine Arme um den muskulösen Körper, drückte ihn eng an sich. „Du musst lernen wieder zu leben Yuriy, außerdem musst du einsehen, dass du nicht mehr alleine bist, ich bin doch da." Das aufmunternde Lächeln, dass diesen Worten folgte, konnte der Angesprochenen nicht sehen. So konnte man jedoch auch nicht sehen, wie Yuriy rot wurde. Doch entspannte er sich und lehnte sich zurück gegen den warmen Körper. Sanft strichen zarte Hände über seine Arme und versuchten so eine Wärme zu schenken, die sein Inneres erreichen sollte. Genießerisch schloss Yuriy die Augen. »Irgendwie ist das schön... Ich habe mich selten so geborgen gefühlt.« Beide waren so sehr in ihre eigenen Welt versunken, dass sie die Bedrohung nicht wahrnahmen. Ein grauhaariger Junge stand im Zimmer und knurrte wütend. Dann griff er mit der Energie, die jedem Geist inne wohnt nach den Glassplittern des zerstörten Fensters und warf jene mit den Worten: „Yuriy hat kein Recht glücklich zu sein!", auf die Schmusenden. Beide wurden erst aufgeschreckt, als die Splitter auf sie niederprasselte. Während Yuriy knurrte wanderten die roten Augen zum Geist, „Hör auf!“, rief er panisch und krallte sich an Yuriy. Doch hörte der Grauhaarige nicht auf ihn und machte weiter. Er würde erst aufgeben, wenn sein ehemaliger Freund tot war. Kai schien das zu erkennen. „Nein! Ich lasse nicht zu, dass du ihn tötest, hörst du! Sein Tod wird dir nichts bringen, es ändert nichts an dem was geschehen ist." „Na und?", entgegnete Bryan grinsend und kam näher, so dass er direkt vor ihnen stand. Beschützend ging der Rotäugige zwischen den Geist und dessen Opfer. „Ich lasse nicht zu, dass du ihn umbringst Bryan. Warum willst du es überhaupt, was hat er dir getan? Dein Tod war ein Unfall! Er konnte nichts dafür!" Höhnisch starrte Bryan ihn an. „Ein Unfall ja? Hat er dir das erzählt?" „Es war ein Autounfall, soweit ich weiß. Was ist denn genau passiert? Verrätst du es mir?" „Sicher nicht!", zischte der Geist, während das ganze Zimmer anfing zu beben. Der Spiegel, welcher über Yuriy an der Wand hing zerbrach laut klirrend. Erschrocken nahm Kai dies wahr und riss sofort den Rothaarigen aus der Gefahrenzone, so dass der Spiegel nur aufs leere Bett fiel. Fehlend sah Kai zum Geist. „Hör auf damit Bryan, dass ist es nicht wert. Außerdem wenn du Rache willst, dann musst du erst an mir vorbei." Entschlossen straffte sich der Körper des Kleinsten in der Runde. Unbeeindruckt grinste der Angesprochene nur. „Dann töte ich dich eben mit!" Über diese Worte erschrocken zuckte der Graublauhaarige zusammen. „Warum willst du das? Geht deine Rache schon soweit Unschuldige zu töten? Denkst du, dass macht das Unrecht, was dir geschehen ist wieder weg?" „Nein, aber wenn du ihn schützt muss ich es tun!" Die Wut von Bryan stieg immer weiter an, so dass der ganze Raum bebte und die noch intakten Scheiben erzitterten. Selten hatte Kai solch einen Ausbruch von Energie gesehen. Es ängstigte ihn, diese grenzenlose Wut zu erleben. „Bryan bitte beruhige dich; Hass und Wut führen doch zu nichts." „Doch... zu seinem Tod!!" Dann erhoben sich die Möbel bis zur Decke. Sofort drängte Kai den Rothaarigen weiter zurück, er dachte nur an dessen Sicherheit. „Raus hier, los geh!", hauchte er ihm zu, bevor er erneut zu Bryan sah. „Sein Tod? Denkst du, du hast das Recht sein Leben zu beenden?" „Ja... Genau so wie er unseres beendete!" knurrte er und die Möbel knallten gegen Yuriy und Kai. Hart wurden jene getroffen und zurückgeschleudert. Noch immer gab der Rotäugige nicht auf und redete weiter: „Er wollte es aber nicht, ihr seid für ihn alles!" „Seid wann? Wenn das wahr wäre, wäre er auch tot!" Erneut erhoben sich die Möbel, doch dieses eine Mal prasselten alle auf Kai. Er war momentan das Zentrum aller Wut. Er schütze den Mörder! „Er hätte alles getan, um euch zu retten!",versicherte Kai noch bevor er spürte, wie die Möbel auf ihn niederprasselten. Schmerz durchfuhr seinen Körper, während er keuchend zu Boden ging. Plötzlich war Yuriy an seiner Seite und nahm ihn schützend in den Arm. Wütend funkelten die blauen Augen, während sie durch die scheinbare Leere des Raumes glitten. „Bryan! Hör auf!", knurrte er. Instinktiv stoppte die Attacke. Hoffnungsvoll, dass es vorbei war blickten die restlichen Personen auf. Doch gab sich Yuriy nicht geschlagen und redete weiter. „Bryan... wenn du mich umbringen willst, kannst du es gerne tun, aber lass Kai in Ruhe!" Damit stand er auf, wobei er sich von Kai löste und breite die Arme aus - stellte sich so wehrlos hin, lieferte sich der Rache des Geistes aus. Erstarrt sahen die grauen Augen dem nur zu. »Ich verstehe Yuriy nicht. Warum tut er das? Er war sonst nie so...« Noch immer zögerte er. Dann verschwand er mit den Worten. „Ein ander Mal..." Langsam richtete sich auf der Graublauhaarige auf und lehnte sich geschafft an Yuriy, während er ihm mitteilte: „Er ist weg." Langsam wanderten die blauen Augen zu ihm, bevor sich Arme wie von selbst um den zierlichen Köper schlangen. „Alles okay?“, hauchte Yuriy. Nickend sah der Gefragte lächelnd auf. „Ja, alles okay. Ich muss dir wohl danken. Auch wenn ich mich nun frage, wie ich jemandem helfen soll, wenn ich nicht einmal mich selbst schützen kann... Ich bin wohl ziemlich nutzlos." Die Umarmung festigte sich bei diesen Worten. Bevor der Rothaarige langsam sagte: „ Wir sollten uns nicht mehr sehen!" Geschockt weiteten sich die roten Augen. „WAS?!" Zustimmend nickte Yuriy. „Oh doch. Du hast mich schon richtig verstanden!" „Warum sollte ich gehen?" „Weil du sonst verletzt wirst!" Kai wirkte ziemlich unbeeindruckt von diesem Argument. „Ja und? Das ist Berufsrisiko" „NEIN!" „Doch ist es, außerdem halte ich das schon aus." „Nein, du gehst!", blieb Yuriy stur. „Sicherlich nicht.“ „DOCH!" „Du wirst mich nicht los" Leise seufzte der Blauäugige verzweifelt auf. „Kai... ich bitte dich!" „Nein danke.“ „Oh doch! Geh Jetzt!", knurrte Yuriy. „Nein, ich lasse dich nicht alleine. Ich bleibe und werde nicht gehen!" „Hau ab!", zischte der Rothaarige aufgebracht. „Nein!“ „Kai... bitte! Ich will nicht, dass du verletzt wirst!" „Und ich will nicht, dass du stirbst", kam die Erwiderung. Plötzlich stand Yuriy auf. „Schön, dann anders. Ich werde gehen und dich alleine lassen." Bevor der Andere reagieren konnte war er bereits an der Tür und verließ das Zimmer. Als jene wieder ins Schloss knallte riss es Kai aus seiner Erstarrung. Sofort rannte er zur Tür und wollte jene öffnen, doch ging es nicht. Verzweifelt rüttelte er an der Türklinke, doch bleib sie zu da Yuriy abgeschlossen hatte. Verzweifelt wurde gegen die Tür gehämmert. „Yuriy, mach auf!" „Nein...", entgegnete jener nur, schon wand er sich um und verließ heimlich das Krankenhaus. ****************************************************************************** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)