Nothing To Lose von -Mikaru- (Es gibt nichts zu verlieren... wenn sich niemand um dich kümmert..) ================================================================================ Kapitel 2: Die Vergangenheit ist nicht zu ändern! ------------------------------------------------- Vor lauter Aufregung habe ich die Schmerzen der letzten Minuten schon vergessen. Ich will unbedingt auf ein Konzert! Dafür würde ich alles tun – wirklich alles! Gespannt suche ich im Internet nach Karten. “Irgendwo muss doch noch welche geben“, versuche ich mir einzureden. Ich zittere am ganzen Körper. Ich weiß, dass klingt ziemlich verrückt, aber mir bedeutet das unheimlich viel. Wahrscheinlich könnt ihr mich nicht verstehen, aber Billy Talent sind alles für mich! Sie schreiben Texte, die mein Leben erzählen könnten und wenn Ben sie singt, oder auch schreit, bekomme ich jedes Mal Gänsehaut. Immer mehr sinke ich in meinem Stuhl zusammen. Egal auf welcher Seite ich auch gucke, überall sind die Karten ausverkauft. “Was soll diese Scheiße?“, denke ich. Tränen steigen mir in die Augen. “Kann ich nicht einmal Glück haben?! Nur dieses eine Mal?! Ich meine, ist es denn so schwer, eine einzige Karte zu bekommen?“ Wütend schleudere ich die Tastatur gegen die Wand, lege meinen Kopf auf die, auf dem Tisch verschränkten, Arme und weine mich langsam in den Schlaf. Der nächste Morgen. Das schrille Piepen des Weckers reißt mich aus meinen Träumen. Ich schrecke auf und sehe mich verwundert um. Ich hatte die ganze Nacht am Schreibtisch geschlafen. Mein Blick fällt sofort auf die Uhr: 9:30 Uhr! Mist! Schon wieder verschlafen! Ich überlege: Soll ich mich jetzt umziehen, zur Schule rennen um mich dort zu langweilen und von den anderen gehänselt zu werden oder sollte ich noch ein wenig in meinem Bett liegen, Musik hören und vor mich hin träumen? Ganz klar, mein Bett hat gewonnen. Endlich verstummt das ´Schreien´ des Weckers. Also schalte ich den Computer aus, der die ganze Nacht das Tourplakat von Billy Talent angezeigt hatte, lege eine CD mit meinen Lieblingsliedern in die Anlage, kicke meine Schultasche in die Ecke und lasse mich auf mein Bett fallen “Wie schön die Welt doch sein kann!“ Ein oder zwei Stunden später erhebe ich mich träge von meinem Bett. Langsam trotte ich ins Badezimmer um mich endlich einmal zu waschen. Gerade, als ich die Tür vom Bad wieder öffne, ruft meine Mutter von unten: “Nana! Jetzt beweg endlich deinen faulen Arsch hier runter!“ Ich merke sofort, wie sie versucht, nicht zu lallen. “Na toll… Die ist schon wieder besoffen“, denke ich mir wütend. Weil ich auf jeglichen Streit verzichten will, gehe ich zurück in mein Zimmer, hole meine Tasche und meine Jacke und versuche dann, die alte Holztreppe so leise wie möglich hinunter zu schleichen. Und es klappt! Mein Blick fällt kurz auf meine Mutter, die in der Küche vor einem Tisch voller halb oder auch ganz leeren Flaschen sitzt. Unbemerkt komme ich zur Haustür und verlasse das Haus. Nachdem ich die Tür hinter mir leise zugezogen habe, atme ich erleichtert auf. Wieder einmal konnte ich mich einfach so davonschleichen. Mit den Händen in den Hosentaschen und gesenktem Kopf gehe ich die Straße hinunter, ohne auf irgendetwas um mich herum zu achten oder ein Ziel vor Augen zu haben. Hauptsache, ich bin weg von Zuhause! Ab und zu werde ich fast von Fahrradfahrern umgefahren oder von anderen Fußgängern, die es eilig haben, angerempelt. Immer weiter gehe ich die endlos scheinende Straße entlang. An den Straßenlaternen hängen Plakate von Veranstaltungen, die in der nächsten Zeit stattfinden sollen. Darunter auch einige von Billy Talent. “Na toll!“, denke ich, “nicht einmal hier draußen kann man seine Ruhe vor solchen Sachen haben! Ist es denn nicht genug, dass meine Mutter, seit dem Tod meines Vaters, fast täglich betrunken vor dem Fernseher rumhängt?!“ Mein Dad ist vor 1 ½ Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Und er war nicht einmal dran schuld! Eine Gruppe Jugendlicher kam gerade aus der Disco. Der Fahrer war betrunken und die beiden Autos knallten frontal zusammen. Mein Vater war sofort tot! Der Fahrer des anderen Wagens kam schwer verletzt davon und die anderen Insassen wurden nur leicht oder gar nicht verletzt. Ungerecht! So träume ich also vor mich hin. Es scheint für mich fast so, als würde die Zeit in mir drin stehen bleiben. Ich habe immer noch das Gefühl, das kleine Mädchen meines Vaters zu sein. Aber ich bin schon 15 und außerdem lebt mein Vater doch gar nicht mehr. Oft wünsche ich ihn mir zurück. Denn seit seinem Tod, streite ich mich nur noch mit meiner Mutter. Vorausgesetzt, wir reden überhaupt miteinander. Dadurch, dass sie ständig betrunken ist, hat meine Mutter nun sogar ihre Arbeit verloren. Alle unsere Verwandten und Bekannten wollen nichts mehr mit uns zu tun haben. Und weil ich mich in der letzten Zeit immer mehr zurückgezogen habe, habe ich so gut wie keine Freunde mehr. Eigentlich rede ich mit niemandem mehr. Die ganzen Leute aus meiner Klasse, von meiner Schule verdrehen nur die Augen, wenn sie mich sehen. Für sie bin ich ein Niemand. Meistens bemerken sie mich nicht einmal. Okay… ich gebe zu. Ich gebe mir auch keine große Mühe mit ihnen Kontakt aufzunehmen und ich sehe auch ein bisschen … komisch aus. In meinem Kleiderschrank liegen nur schwarze Sachen, mit nur sehr wenigen Ausnahmen, die dann mal ein wenig weiß beinhalten. Meine, von Natur aus blonden Haare habe ich mir schwarz gefärbt und ein Teil des Ponys hängt vor meinem Gesicht. Eigentlich habe ich das Gefühl, dass ich eher schüchtern wirke. Aber anscheinend sehen mich die anderen nur als einsam, irgendwie geheimnisvoll und vor allem anders. Das komische an der ganzen Sache ist, dass ich mich, so alleine, eigentlich ganz wohl fühle. Niemand nervt mich mit dummen Gelaber über die neuste Mode aus Paris oder irgendwelche Jungs. Ich hasse dieses ´Girly-Gerede´. Immer weiter vergrabe ich mein Gesicht in meinem Schal. Wie hypnotisiert laufe ich einfach weiter, ohne zu wissen wohin. Das einzige was ich weiß, ist, dass ich jetzt von niemandem gestört werden will, sondern einfach meine Ruhe haben will. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)