von Larian und Lenn von _Ayame_ (Geschichten für Kahori-Chan und Larian.) ================================================================================ Prolog: Prolögchen ------------------ Die beiden Elfen waren schon lange gerannt. Der Schweiß lief ihnen in Strömen übers Gesicht, ihre Beine drohten ihnen den Dienst zu versagen und dennoch rannten sie wie sie nur konnten. Larian, der jüngere und etwas kleinere von beiden, keuchte wie ein asthmatischer Igel als sie sich durch kniehohes Gestrüpp kämpfen mussten. Leider entuppten sich die Pflanzen als Brombeerranken. Die kleinen, gemeinen Stacheln stachen durch die Kleidung wie Wespenstiche und verfingen sich in dieser. So kam es, dass sich eine Ranke um Larians Fuß wickelte und ihn zum stürzen brachte. Mit einem lauten Keuchen fiel er der Länge nach in das pieksige Gestrüpp. Lenn, der ihn gehört hatte, blieb sofort stehen und lief schwer keuchend zu ihm zurück. "Komm schon, Larian.", sagte er und wischte sich eine schweißverklebte, blonde Strähne aus dem Gesicht, "Wir müssen weiter." "Nein...", kam es gedämpft aus dem Gestrüpp zurück, "Lenn; Ich kann nicht mehr!" Lenn, der selbst nahezu am Ende seiner Kräfte stand legte eine Hand auf Larians Schulter und sagte: "Dann komm wenigstens aus diesem Gestrüpp raus!" Larian versuchte sich aufzurichten, doch die Ranken fanden zu viel Halt in seinem sumpfgrünen Umhang, als das er aufstehen konnte. Er war nahezu an den Boden gekettet. "Lenn, ich komm nicht mehr hoch!"; sagte er darum und versuchte die Dornen wenigstens daran zu hindern sich auch in dem Stoff seines kurzen Oberhemdes festzusitzen. "Warte, ich helfe dir!", sagte Lenn und begann die dornbewehrten Ranken aus seinem Umhang zu zupfen und zur Seite zu halten, damit sie sich nicht wieder darin verfingen. Sie stachen ihm zwar in die Haut, doch er hielt es aus, bis Larian die Ranken von seinem Hemd und schließlich auch von seiner Hose gezupft hatte. "Komm, weiter, dort hinten wachsen sie schon nicht mehr so dicht.", sagte Lenn und nahm Larian vorsichtshalber am Arm, damit er nicht noch mal so verheerend stürzte. Es brauchte länger als erwartet um aus dem Dornengestrüpp zu kommen. Doch schließlich schafften sie es und liefen noch ein Stück auf dem weichen Waldboden weiter, dorthin wo keine Ranken mehr wuchsen. Restlos ausgelaugt lehnte sich Larian rücklings an einen Baum und lies sich daran hinabrutschen, bis er zwischen seinen Wurzeln saß. Auch Lenn lies sich vollkommen ershöpft nieder und setzte sich auf eine dicke Baumwurzel. Beide versuchten neue Kräfte zu schöpfen und ihren Puls zu beruhigen, der seit der Flucht schneller ging als sonst. "Hörst du sie noch?", fragte Lenn in die Stille des Waldes hinein. Beide blieben für einige Momente ruhig. Doch ihnen antwortete nur das leise säuseln der Blätter, die Geräusche der Vögel und das sanfte murmeln eines Baches in der Ferne. "Ich glaube wir haben sie abgehängt!", sagte Larian und wuschelte sich durch die braunen Haare. "Sicher trauen sich die Wachen auch gar nicht so weit in den Wald hinein.", gab Lenn zu bedenken und klopfte sich ein wenig Schmutz von seinem Umhang. Eine Weile saßen sie beide unter dem Baum, lauschten dem leisen säuseln der Blätter, das so beruhigend klang, als wollen die Bäume sie versichern, das ihre Verfolger nicht mehr auf ihrer Fährte seien, sie lauschten den Geräuschen der Vögeln, die so klangen als kennen sie die Probleme der Welt nicht und wüssten nichts von den Dramen, die sich manchmal unter ihnen abspielten, und sie lauschten dem leisen Murmeln des Baches, der wie ein kleiner Miesmuffel klang, der ständig schlechte Neuigkeiten aus ferner Gelegenen Landen bringt, die in diesen Gebieten nichts zählten. Larian sah auf "Ich hab Durst!", sagte er zu Lenn. "Ich auch", antwortete dieser und versuchte mit der zunge zu schnalzen. Aber sie hing ihm wie ein lederner Lappen im Mund. Auch Larian klebte das vollkommen ausgetrocknete Organ am Gaumen. Einen Augenblick spitzte Lenn die Ohren, dann deutete er zielsicher in eine Richtung. "Dort müsste der Bach sein." Sie erhoben sich und gingen zielstrebig darauf zu. Es brauchte gar nicht lange, da standen sie vor einem langen Riss im weichen Waldboden. Er war mehrere Meter breit und durch seine Mitte schlängelten sich die lauteren Wasser, die sie gehört hatten. Sie kletterten mit Hilfe von Wurzeln und einigen Steinen an dem rund zwei Meter tiefen Hang hinab und gelangten endlich an das Wasser. Erschöpft von dem Gerrenne, aber froh Wasser gefunden zu haben knieten sie sich an den Bach und begannen zu trinkten. Es brauchte lange, bis ihr Durst gestillt war, doch als es soweit war erfrischten sie sich an dem kristallklaren Wasser und füllten ihre Feldflaschen auf. Ein Eichhörnchen leistete ihnen eine zeitlang Gesellschaft, sprang dann aber in eine kleine Kuhle im Boden, in der es ein paar Nüsse versteckt hatte. Geradezu, als wolle es die Elfen auffordern sich zu bedienen. Doch weder der Waldelf Larian, noch der Enomer Lenn mussten dem kleinen Eichhörnchen die Nüsse nehmen, denn sie selbst brauchten ja keine Nahrung. Sie brauchten nur die Magie aus der Luft und dem Wasser und das Wasser selbst. Das genügte den Elfen zum Leben. Nachdem sie sich an dem Bach erquickt hatten machten es sich die beiden Elfen auf dem Boden gemütlich und wollten ein wenig ruhen, als sie einen Vogelruf hörten, der sich von den bisherigen, nein, von allen anderen im Wald unterschied. Erstaunt setzten sich die beiden auf und hielten Ausschau nach dem Vogel. Wieder ertönte sein Ruf und es dauerte nicht lang, als sie das Geraschel seiner Flügel hörten. Ein bunter Vogel in den Farben des Regenbogens rauschte auf die beiden zu und landete schließlich anmutig auf Lenns Schulter. "Jahruch!", sagte Lenn und streichelte den Vogel, "Schön, dass du wieder da bist." "Wo bist du nur gewesen, Jahruch?", fragte Larian, froh Jahruch wieder bei sich und Lenn zu haben, und streichelte den Eno. Lenn lauschte kurz dem Eno, dessen Sprache nur er verstand, und sagte dann zu Larian: "Er hatte uns nur verloren." Larian strich dem Eno noch einmal durchs Gefieder und sagte: "Du glaubst gar nicht, was uns passiert, während du weg warst!" Doch anstatt dem Eno zu berichten standen die beiden auf. "Am besten machen wir uns wieder auf den Weg.", meinte Lenn. Larian nickte zustimmen und Jahruch rückte Lenns Oberarm hinauf, um schließlich auf dessen Schulter Platz zu nehmen. Lenn strich ihm noch einmal über das bunte Gefieder, dann gingen sie weiter. Kapitel 1: Der Wald ------------------- Es stellte sich heraus, dass sie sich nicht nur ein einem sehr ruhigen, sondern auch überaus schönen Wald befanden. Die Sonne schien in warmen Strahlen auf das Dach der Bäume. Ihre Lichtstrahlen wirkten wie weiche Finger, die den mit Moss durchsetzten Waldboden streichelten. Der Wind säuselte lieblich in den Blättern und die Vögel stimmten mit ihren zwitschernden Stimmchen mit ein in das Lied der Natur. Der Bach murmelte die Melodie, die Vögel gaben den Ton und der WInd und die Blätter begleiteten alles. Die beiden Elfen liefen frohgemut durch den Wald, lauschten dem leichten Säuseln der Blätter, genossen die zärtlichen Sonnenstrahlen und die sanften Berührungen des Windes und waren glücklich darüber, wie gesund der Wald doch war. Mit einer inneren Zufriedenheit wandelten sie über den Waldboden, der von Ästchen, Blättern und Moos ganz weich war, sogen den Duft der Waldpflanzen ein und pfiffen hie und da einen Ton zu den Vögeln. Aussprechen über diese Schöhnheit mussten sie sich nicht, denn es war die Melodie des Waldes, die schon allein Wort genug war. Ohne ein Ziel wanderten sie durch diese grüne Lunge der Welt. Ohne Sorge. Ohne Leid. Ohne Schmerz. Doch nach einiger Zeit hielten sie inne. Lenn sog tief die Luft ein und atmete langsam wieder aus. Auch Larian schnüffelte leicht und versuchte den neuen, leicht fremden Duft genauer wahrzunehmen, der sich unvermittelt zwischen all die anderen Eindrücke gemischt hatte. "Das ist doch nicht...", setzte Lenn an. "Feuer?", vollendete Larian seinen Satz. Er spitzte die Ohren und drehte sich in Windrichtung, aus welcher der leichte Brangeruch kam. Doch er sah nichts, was auf ein Feuer schließen könnte. "Ich hoffe, dass wir uns täuschen.", sagte Lenn, "Wir sollten trotzdem einmal nachsehen." "Gehen?", meinte Larian, "zu dem... Feuer?" Lenn konterte: "Wenn es tatsächlich Feuer ist, dann müssen wir hin und es aufhalten! Oder willst du etwa, dass dieser wunderbare Wald in Flammen aufgeht?" Als Waldelf hatte Larian große Angst vor Feuer, doch seine Liebe zu den Wäldern überwog schließlich. So nickte er und sagte: "Lass uns gehen!" Sie folgten dem leichten Gerucht, der in der Luft hin und bald stärker wurde, bis er so beißend war, dass es sie in den Nasen kitzelte. "Das ist ja grau-en-voll", sagte Lenn und zog sich den Ausschnitt seines Hemdes über die Nase. "Das riecht ja, als verbrenne jemand feuchtes Holz!", sagte Larian halb entsetzt und rieb sich die Nase. Lenn zupfte sich das Hemd wieder runter und schniefte kurz. Sie konnten den Geruch förmlich sehen, in Form von grauen Dunstschleiern stieg er nicht weit von ihnen auf. "Da scheint eine Höhle zu sein!", meinte Larian. "Lass uns mal nachsehen.", schlug Lenn vor. Die beiden Elfen näherten sich der Stelle, aus der die Dunstschleier kamen. Die Stelle lag an einem leichten Abhang, scheinbar hatte es hier vor langer Zeit einmal einen Erdrutsch gegeben. Auch eine kleine Spalte im Waldboden lies darauf schließen. Zusäzlich zu dem beinahe unterträglichen Geruch nahmen die Elfen nun auch das leise Raunen von Stimmen wahr. Sie hielten inne und versuchten herauszufinden, was das wohl für Stimmen sein könnten. "Das sind doch wohl nicht etwa Orks?", fragte Lenn leise. Seine Augen wurden schmal bei der Erwähnung dieser Rasse. "Da hilft nur eines", knurrte Larian leise, "hingehen und es herausfinden!" Vorsichtig schmiegten sie sich an den Abhang und schoben sich leise an ihm entlang. Es war schwierig auf dem laubdurchsetzten Boden zu schleichen, doch nicht unmöglich. Und schon gleich gar nicht für Elfen. Insbesondere für einen Waldelfen. Aber auch Lenn stellte sich äußerst geschickt dabei an. Der Geruch und die unverkennbaren Rauchschleier kamen aus einer kleinen Nische des Abhanges. Behutsam schlichen sie darauf zu und erreichten schon bald den Rand davon. Lenn richtete sich an der Wand entlang auf, während sich Larian zu seinen Füßen hockte. Sie tauschten einen Blick, nickten sich zu und strecken die Köpfe um die Ecke. Es war nicht nur eine kleine Nische, die sich da vor ihnen erstreckte, sondern ein kleiner Höhlenraum. Obwohl das Erdreich im Wald größtenteils sehr locker war, war es hier fest zusammengessesen und bildete einen kuppelförmigen Raum. und in diesem Raum loderte ein kleines Feuer, um das herum drei Ork versammelt waren und beständig einander beschimpften. Anscheinend befanden sie sich schon eine Weile länger dort, denn abgesehen von dem Feuer hatten sie sich noch ein paar nieder Sitzgelegenheiten aus vermoderten Baumstämmen gemacht und notdürftig ein paar aufgeschichtete Steine und mehrere Äste zu einem Tisch zusammengeschustert. Auf der anderen Seite, nahe des Eingangs, waren ein paar Felsen wie zu einer blickdichten Mauer aufgeschichtet. Larian knurrte leise, als er seinen Verdacht auf Okrs bestätigt sah. Lenn hielt ihm für einen Momemt die Hand auf den Mund, um ihn daran erinnern kein unnötiges Geräusch zu verursachen. Dann ging er, wie Larian, leicht in die Hocke und schob sich furchtlos in die Höhle, um gewandt hinter den aufgeschichteten Steinen Deckung zu nehmen. Larian kroch ihm hinterher. Lenn drückte sich nah auf den Boden, damit Jahruch bequem seine Schulter verlassen konnte. Dann streckten die beiden Elfen die Köpfe über die Felsen, um die Ork im Blick zu haben, und Gesprächsfetzen aufzuschnappen. "Du Idiot!", sagte der erste. Es war ein langer, dünner Kerl, der beständig zwischen Feuer und Tisch hin und herlief und etwas aufgebracht erschien. "Was hast du denn?", fragte der zweite. Seine Statur war breit, er saß vor dem Feuer und hatte eine wirklich schlechte Haltung. "Es brennt doch", fügte er mit einer Unschuldsgeste in Richtung Feuer hinzu. "Grüne Zweige für ein Feuer benutzen, das war wirklich nicht klug, Morron!", regte sich der erste auf, unterbrach aber seine Pendelei zwischen Feuer und Tisch nicht. "Und wenn schon", erscholl eine dritte Stimme, so nah bei Lenn und Larian, dass sie zusammenzuckten. "Qualmt ebend ein bisschen. Stinkt aber bei weitem nicht so sehr wie das Essen, das du kochst!" Der dritte Ork trat zu den anderen beiden ans Feuer und damit in die Sichtweite der Elfen. Er wirkte sehnig, hatte eng anliegende Muskeln und eine struppige Mähne, die ihm bis zum Steißbein reichte. Während Morron, der breit gebaute, am Feuer sitzende Ork lauthals lachte, knurrte der andere Ork und unterbrach sein stetiges Gehen für einen ugenblick, um eine Drohgebärde in Richtung des Dritten zu machen. "Sei du lieber still, Graviol!", zischte er dabei, "Hast das Kaninchen doch selbst entkommen lassen, dass wir gestern zum Abendessen haben wollten!" Larian hätte vor Schreck fast nach Luft geschnappt, aber Lenn war geistesgegenwärtig genug ihm schnell genug den Mund zu verschließen. Auch er fand es widerwärtig ein hilflofes Tierchen wie ein Kaninchen abzuschlachten und zu verzehren. Orkisch widerwärtig nunmal. Er nahm die Hände wieder von Larian und sie lauschten weiter den Ork. Graviol, mit der langen struppigen Mähne, überkreuzte abwehrend die Arme und sagte: "Nicht wir, sondenr du wolltest es haben, Basdor! Mach da einen Unterschied zwischen deinem Willen und meinem, ich lass mich von dir nicht herumkommandieren, du siehst ja, wohin das geführt hat!" Bei dem letzten Teil machte er eine Geste an die Wand der Höhle. Als die Elfen einen Blick dorthin riskierten sahen sie, dass der Höhlenraum, in dem sie sich aufhielten, nicht der einzige Teil war. Ein dunkler Tunnel führte ein Stück weiter in den Hang hinein, doch er verlor sich im Schatten, so dass sie nicht sehen konnten, was es damit auf sich hatte. "Bevor ich dir das nächste mal so blindlings folge werde ich es mir doch lieber zweimal überlegen.", setzte Graviol hinzu und verschränkte wieder die Arme. "Nicht wahr, Morron?", fügte er hinzu und blickte zu seienm sitzenden Kumpanen. "Nun mach aber mal langsam und lass Morron aus dem Spiel", ereiferte sich Basdor und ging einen drohenden Schritt auf Graviol zu. Insgeheim erhofften sich die Elfen, dass er gleich auf den anderen Ork losginge. Doch stattdessen blieb Basdor stehen und sagte: "Du weißt doch genau, das unser Fleischmops keine eigene Meinung hat!" "Oh, jetzt wirst du aber beleidigend!", bemerkte Morron und sah auf. Graviol lachte nur. Schließlich lies er die Arme sinken und setzte sich zu Morron. "Wir sollten besser überlegen, wie wir hier wieder wegkommen! Dieser verdammte Erdrutsch hat den Tunnel zurück verschüttet..." "Das weiß ich selbst.", fauchte Basdor. Kurz darauf wurde sein Gesicht kritisch nachdenklich und er stützte sich mit einer Hand auf dem notdürftigen Tisch ab, der dadurch ein ganzes Stück schiefer zu werden schien. "Mag sein, dass der Weg zurück blockiert ist.", murmelte Basdor, "Aber dafür ist ein anderer Weg jetzt frei. Der Weg zu den alten Schürfmienen der Zerge! Denkt nur, was sie dort für Metalle an die Oberfläche befördert haben müssen!" "Jetzt mach aber mal halblang!", sagt Morron und sah besorgt zu seinem Kumpan, "Du weißt doch so genau wie ich, dass die Zwerge gründlich schürfen. Da unten finden wir sicher nichts mehr." "Du und etwas wissen?", feixte Basdor und nahm die and vom Tisch, "Da lach ich ja!" "Trotzdem hat Morron Recht", setzte Graviol ein, "Außerdem sind die Zwerge sicher nicht begeißtert, wenn sie auf einmal drei Ork wie uns in ihren Mienen wiederfinden!" "Das ist es ja.", sagte Basdor und krümmte eine Hand zur Klaue, "Ein unentdeckter Weg zu den Zwergen. Wir fallen unseren Feinden genau in den Rücken!" "Dazu müssten wir aber erst mal zurück zu unseren Leuten kommen!", brauste Graviol auf, "Basdor, das ist Wahnsinn!" "Ja", fügte Morron hinzu, "Und denk nur an die Geschichten von den Drachen, die..." "Zum Teufel mit diesen Drachengeschichten!", brüllte Basdor und schlug mit einer Hand auf den Tisch, der dadurch gefährlich wankte. "Wir kundschaften die Zwerge aus, finden einen Weg zurück zu unseren Leuten, und dann...", er rieb sich die Faust und knurrte blutlüstern. Auch Morron brummte wie beim Gedanken an süßen Trank und selbst Graviol konnte einen kehligen Laut nicht unterdrücken, der wie das schnurren eines gesättigten Werwolfes klang. Basdor schien nun etwas weniger aufbrausend und kniete sich ans Feuer. "Jetzt lasst uns endlich Essen!", sagte er und hob drei Spieße aus dem Feuer. Larian hätte sich beim Anblick der Mahlzeit fast übergeben, auch Lenn drehte sich plötzlich der Magen um. Sie duckten sich wieder hinter die Felsen, um den Anblick des undefinierbaren Spießes nicht länger ertragen zu müssen. Aber das Geschmatze der Ork konnten sie leider nicht so leicht ausblenden. Vorsichtig lehnte sich Lenn gegen die Steine und flüsterte leise: "Zwerge, huh?" Larian kauerte sich neben ihn und raunte leise: "Ob die Geschichten von den Drachen wahr sind?" Lenn schüttelte den Kopf. "Nur Geschichten.", sagte er. Jahruch tapste unterdess neben den beiden herum. Schließlich packte Lenn ihn am Körper und zog ihn vorsichtig zu sich her, damit er nicht die Aufmerksamkeit der Ork auf sich zog. Larian blähte die Nasenflügel. Das Feuer stank wirklich widerlich! "Wir müssen sie vertreiben.", flüsterte er zu Lenn. Dieser zuckte mit den Schultern. "Auf jeden Fall können sie hier nicht bleiben! Auch wenn ich unheimlich gern etwas mehr über ihre Pläne gehört hätte...", flüsterte er zurück. Jahruch tapste wieder weiter und fand mit einem Mal den Grund, warum dieser Teil der Höhle halbwegs blickdicht abgeschottet war. Fast wäre er in dne Grund hineingetreten. Mit einem tonlosen Geräusch wandte er sich davon ab, beschloß aber den Elfen nichts davon zu sagen. Die Erkenntnis wollte er ihnen ersparen. Stattdessen torkelte er auf der Stelle und taumelte zu Lenn zurück. "Denkst du etwa die Ork bekämpfen die Zwerge?", fragte Larian leise. Lenn schüttelte den Kopf. "Ich weis es nicht.", raunte er leise, "Aber Ork traue ich sehr viel zu. Vor allem, dass sie sich mit Zwergen um Höhlen streiten. Aber ob das gleich in Krieg ausartet..." "Da muss wohl mehr dahinterstecken.", gab Larian leise zu bedenken und rieb sich über die Nase. Dieser Geruch... Das Feuer biss ihm in die Nase und obwohl ihn seien Waldelfeninstinkte zum weglaufen rieten blieb er ruhig. Diese Ork mussten weg! Sie mampften was-auch-immer und machten keine Anstalten nur eine Spur manierlich zu sein. Lenn strich sich über die Nase und reckte vorsichtig den Kopf über die Steine. Die Ork saßen noch da und aßen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt ihre überaus widerliche Mahlzeit mit noch abstoßenderen Geräuschen zu verzehren. Angewidert zog er den Kopf wieder zurück und merkte, wie Larian das Gesicht verzog. Fragend blickte er Larian an, doch dieser winkte ab und rieb sich die Nase. Kurz darauf machte er eine Geste. Schwert? Lenn schüttelte leicht den Kopf. Er deutete auf seinen Bogen. Hinterhalt? Schon besser. Larian lächelte mit grimmiger Zustimmung. Er verzog die Nase während Lenn leise seine Köcher zurecht rückte. Dieser Geruch war unaustehlich. Möglichst leise versuchte er zu schniefen. Als er die Hand wieder runter nahm kam er etwas ungeschickt auf den Boden und wirbelte leicht Staub auf. Dieser stieg ihm in die onehin vom Feuer gereizte Nase und kitzelte ihn furchtbar. Lautlos schnappte er nach Luft. Lenn, der zu Spät realisierte was los war, kam nicht einmal mehr dazu die Hände vom Bogen zu nehmen, um Larian die Nase zuzuhalten, als dieser Niesen musste. Schlagartig war es still. Entsetzt blickten sich die Elfen an. Schon war Scharren vom Feuer zu hören, die Ork mussten aufgesprungen sein. "Was war das?", scharrte Baldors Stimme. "Ungebetene Gäste", knurrte Graviol mit kehliger Stimme. "Eindringlinge!", tönte Morron. Schon hörte man ihre kampfbereiten Schritte auf dem Boden. Die Elfen nickten sich zu. "Jetzt!" Lenn wirbelte herum, während er einen Pfeil aus dem Köcher riss. Überraschend tauchte er hinter den Steinen auf und schoss den Pfeil gegen die Ork, doch da er keine Chance zum Zielnehmen hatte, zischte der Pfeil knapp an Morrons Kopf vorbei und streifte ihn nur an der Schulter. Larian sprang mit einem Satz auf die Felsen und riss sein Kurzschwert heraus. Auch die Ork waren bewaffnet: Basdor hatte eine Nagelkeule in der Hand, die ebenso schlank wie er selbst war, während Graviol einen kleinen Morgenstern mit verdrehter Kette in der Hand hielt. Morron schien den Faustkampf zu bevorzugen, obwohl er eine stämmige Keule an seinem Lederschurz hängen hatte. Lenn schlüpfte rasch durch seinen Bogen, um ihn wieder auf dem Rücken zu haben und zog seinerseits die Waffe. Die Ork brüllten, auch Larian schrie und sprang von den Felsen ab, um sich auf einen der Ork zu stürzen. Doch die schlechte Konstruktion gab unter seinen Füßen nach, sodass er statt eines offensiven Satzes einen offensichtlichen Sturz hinlegte und seinen Gegnern geradezu zu Füßen fiel. Lenn gab ein leicht genervtes Geräusch von sich und Sprang mit einem Satz über die verhängnisvollen Steine hinweg, um Basdors Keule abzublocken, die fast auf Larian niedergesaust war. Mit einem Ruck stieß er Basdor nach hinten und versetzte Morron einen gut platzierten Tritt in die Magengegend, der ihn zurücktaumeln lies. Larian rappelte sich auf und stieß sein Kurzschwert in Morrons Knie, danach zog er ihn rasch wieder heraus, um Basdors seitlich kommenden Angriff blocken zu können. Als Konter schlug Larian ihm gegen den Kiefer. Lenn wandte sich Graviol zu, der die Kette seiner Waffe zwischen den Fäusten spannte. "Komm nur, komm.", forderte er Lenn mit seiner kehligen Stimme auf, die wie die des bösen Wolfes klang. Lenn lies sich nicht beeindrucken und schlug kommentarlos mit dem Schwert nach ihm, doch Graviol federte den Schlag mit seiner Eisenkette ab. Als er sie mit einem Ruck spannte wurde Lenns Schwertklinge so aprubt zurückgestoßen, das ihm das Schwert fast aus der Hand geschleudert wurde. Doch er schaffte es, es fest in der Faust zu behalten und kassierte dabei einen Tritt von Graviol. Der zurückgestolperte Basdor machte wieder einen Schritt auf Larian zu und erhob die Keule zum Schlag. Doch Larian blockte. Rechts. Links. Links. Rechts. Basdor mochte wendig sein, doch Larian war geschickter und ritzte ihm, rechts, links, in das Handgelenk. Morron brummte laut auf und hob beide Fäuste um nach Larian zu schlagen, doch dieser realisierte früh genug und sprang zurück. Beide, Morron und Basdor drangen auf ihn ein, trieben ihn zurück, bis Larian gegen einen der Steine stieß und ins straucheln geriet. Lenn rieb sich kurz über den Bauch, nahm dann das Schwert in beide Hände und hieb waagrecht nach Graviol. Dieser Schlag hätte dem Ork den Kopf von den Schultern gerissen, hätte er sich nicht überaus flink geduckt. Lenn nutzte den Schwung für einen tiefer gelegenen Angriff, doch Graviol sprang einfach kurz hoch. Immer noch gab Lenn nicht nach und folgerte mit einem leicht schrägen Hieb. Doch Graviol blockte wieder mit seiner Kette, zurrte sie um die Klinge und zog die ganze Konstruktion zu sich her. Lenn wurde von dem Zug nach vorn gerissen. Graviol nutzte dies und trat Lenn einmal seitlich in den Rumpf, um ihm darauf einen schmerzhafteren Tritt auf Kopfhöhe zu verspassen, ehe er seinen Fuß auf seine Brust setzte und ihn mitsamt Schwert von sich stieß. Seine Kette zog er dabei einfach wieder ab. Lenn fing sich gerade noch, doch Larian hatte weniger Glück gehabt und landete auf dem Hintern. Basdor und Morron holten zum Schlag aus, doch mit einem Ruck zog Larian die Füße unter seinen Körper und mit einem Satz sprang er zwischen den Beiden hindurch, rollte sich ab und stand nun hinter ihnen. Ihr Schläge gingen ins Leere und wirbelten nur unheimlich viel Staub auf. Basdor drehte sich mit grimmigen Gesicht um und schwang die Keule seitlich gegen Larian, doch dieser wich gewandt wie ein Wiesel dem Schwung aus. Auch dem folgenden Schlag wich er aus. Als Basdor zum dritten ansetzte trat er ihm gewaltsam gegen das Knie. Mit einem Jaulen brach der Ork ein. Larian trat ihm mit einem Aufwärtskick gegen die Kinnlade und rammte ihn danach so ungestüm gegen den Brustkorb, so dass der Ork rücklings zu Boden ging. Morron holte Schwung für einen Rempler und trampelte dabei über Basdors Handgelenkt, was dieser mit einem spitzen Schrei kommentierte. Larian wollte auch dem Rempler seitwärts ausweichen, stolperte dabei jedoch über einen Stein und blieb der Länge nach liegen. Morron, der mit den Fäusten schneller als mit dem Hirn zu sein schien, verpasste es abzubremsen und stolperte über Larian, dass auch er der Länge nach auf dem Boden lag. Und ungeschickterweise mit seinen schweren Füßen auf Larians Rücken. Unterdessen setzte Graviol zum Gegenangriff an. Er schlug nach Lenn, doch dieser macht einen Satz rückwärts, um dem stachelgespickten Kettenende zu entgehen. Aber Graviol lies ihn nicht verschnaufen und versuchte ihn mit einem fiesen Tritt den Fuß wegzuziehen. Lenn war geschickt genug auf die aufgetürmten Felsen hinter sich zu springen, um dem Fußzieher zu entgehen. Mit einem zweiten Tritt versuchte es Graviol trotzdem noch einmal Lenn die Beine wegzuziehen. Aber dieser sprang für die Dauer des Tritts ab, landete wieder sicher auf den wackligen Steinen und machte einen Satz mit erhobenem Schwert nach dem Ork. Der rollte sich geistesgegenwärtig zur Seite, sprang wie ein Springteufel wieder auf und lies die Kugel nach Lenn saußen. Im letzten Moment riss Lenn das Schwert hoch und schaffte es gerade noch die Kugel abzublocken, als Graviol einen Satz auf ihn zu machte und ihm den Fuß in die Magengegend rammte. Nach Luft ringend stolperte Lenn zurück. Der Tritt hatte seinen Magiekern knapp verfehlt. Satt seinen Widersacher verschnaufen zu lassen verpasste Graviol Lenn noch einen Kinnhaken, das dieser zu Boden ging. Mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht lies Graviol seine Kette um den Stab schwirren und erhob sie letzendlich zum Schlag. Larian mühte sich ab wieder hochzukommen. Er lies sogar für einen Augenblick sein Schwert los, um die Arme unter den Körper stemmen zu können, um sich hochzudrücken, doch dieser fette Morron war einfach zu schwer für ihn. Zu allem Überfluß rappelte sich Basdor auf. Als er den Waldelfen in Bedrängnis sah verzerrte ein Unheil verkündendes Lächeln sein Gesicht. Mit gemächlichen Schritt trottete er auf den Waldelfen zu, während er mit der Keule rhythmisch in seine Handfläche tippte. Vor Larian blieb er stehen. So nah, dass Larian der unangenehme Geruch ungewaschener Orkfüße in die Nase stieg. Er verzog angewidert das Gesicht und griff nach seinem Kurzschwert. Aber Basdor setzte ihm den Fuß auf die Fingerknöchel, so dass Larian nicht dazu kam seine Waffe zu benutzen. Anscheinend fand der Ork Gefallen an der ungünstigen Situation des Waldelfen, denn er verstärkte den Druck auf Larians Hand, das es schon leise knackte. Larian biss die Zähne zusammen und lies die andere, die freie Hand zu seinem Gürtel wandern. Basdor verstärkte den Druck noch ein wenig. Als Larian schon befürchtete der Ork würde ihm die Fingergelenke brechen fand er, wonach er an seinem Gürtel getastet hatte: Seinen Dolch. In dem Moment, in dem Graviol den Morgenstern nach unten reißen, und Lenn damit den Schädel zertrümmern wollte, stieb etwas buntes hinter den Felsen hervor und stürzte sich mit einem gellenden Schrei auf Graviol. Es war Jahruch, der seinem Enomer die Gelegenheit gab sich wieder zusammenzurappeln. Wie wild flatterte er mit den Flügeln, während er mit den Füßen stetig in das Gesicht des Ork trat. "Ksch", machte Graviol, "Kusch, verzieh dich!" Doch Jahruch lies erst von ihm ab, als Lenn auf die Füße sprang und mit dem Schwert nach Graviol hieb. Der Eno stieb im letzten Moment zur Seite, doch Lenn hatte den Schlag zu kurz angesetzt: Statt den Ork in zwei Hälften zu spalten schaffte er es nur ihm einen tiefen Wunde von der Schulter, über den Brustkorb bis zum Hüftknochen zu ziehen. Gequält schrie Graviol auf und stolperte zurück. Lenn setzte nach und ritzte mit dem nächsten Schwung Graviol Oberarm. Dieser drehte den Oberkörper ab, anscheinend um sich Lenns Attacken zu entziehen, doch statt zurückzuweichen drehte er sich auf einmal ungestüm wieder Lenn zu. Reflexartig hob der Elf das Schwert, da er einen frontalen Faustschlag erwartet hatte, doch der Schlag kam nicht. Stattdessen sah er auf einmal den Morgenstern auf sich zufliegen. Panisch warf er sich zur Seite und versuchte zeitgleich mit dem Schwert den Morgenstern abzufangen. Beides gelang ihm, doch durch den unkontrollierten Auswich fiel er zu Boden und blieb seitlich liegen. Ebend wollte er sich aufrichten, da setzte ihm Graviol den Fuß auf die Brust und drückte ihn zurück. Fies grinste der Ork ihn an, begann den Morgenstern zu schwingen, dass die Kette wieder um den Stab schwirrte. Jahruch sauste noch mal heran, doch der Ork wischte ihn mit einer Handbewegung beiseite. "Jahruch!", sagte Lenn entsetzt. Er spürte zwar, dass es kein gefährlicher Schlag gewesen war, dennoch wollte er aufpsringen, aber Graviols Fuß hinderte ihn daran. Der Ork trat ihn unsanft zurück auf den Boden. Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. Blitzschnell zog Larian den Dolch vom Gürtel und stieß die Klinge in Baldors Fuß. Mit einem Aufschrei zog dieser den Fuß weg, so dass Larian seine Hände endlich wieder frei hatte. Mit dem Dolch ritzte er auch Morron in die Wade. "Wer ritzt?", fragte der Ork dümmlich. "Runter von mir!", keifte Larian. "Oh, ja...", sagte der Ork und machte Anstalten aufzustehen. Durch die Verlagerung seines Körpergewichts lag auf einmal noch mehr Druck auf seinen Beinen und damit auch auf Larian. Ebend wollte der Waldelf lautstark protestieren, als sich Morron zum Aufstehen mit der Hand aufstützte- unglückseelgerweise genau auf Larians Schulterblättern. Durch das plötzliche Gewicht wurde ihm alle Luft aus den Lungen gedrückt. Er wollte aufschreien, doch wie schrie man ohne Luft in den Lungen? "Runter, Tölpel, ich will ihn plätten!", zetterte Basdor und stieß Morron von Larian. "Och, immer du...", murrte der Ork und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Larian pumpte so viel frische Luft in seine Lungen wie er nur konnte, um für einen Kampf mit Basdor genug Atem zu haben. Leider war der Boden so schmutzig, dass er mehr Staub als Luft in seine Lungen pumpte. Sich auf dem Boden krümmend erlag er einem krampfartigen Hustenanfall. Basdor hatte mit dem hilflosen Waldelfen keinerlei Mitleid und hob die Keule über den Kopf. Das nächste, was folgte, war ein scheußliches Knacken, das die gesamte Höhle füllte. "Larian!", schrie Lenn ensetzt auf, doch sehen konnte er den Freund nicht, da ihm Graviol die Sicht versperrte. Der Ork hatte den Kopf gewandt, um nach der Ursache des Geräusches zu sehen. Sein Gesichtsausdruck sah aus, als lechze er nach dem Blut eines Neugeborenen. Von Wut gepackt schloss Lenn den Schwertgriff fest in die Hand und hieb mit einem Kampfschrei zu. Der Schlag durchschnitt die Haut auf Graviols Unterschenkel, höher ansetzen hatte Lenn den Schlag nicht können, ritzte auch durch die darunter liegenden Gewebe und schnitt sicher auch einen tiefen Kratzer in den Knochen. Fast sofort verlor Graviol alle Kraft im Fuß, dass es für Lenn ein leichtes war den Ork beiseite zu stoßen und auf die Beine zu springen. Er rannte auf Basdor zu, welcher, mit dem Rücken zu Lenn gewandt, die Keule noch einmal erhob. "Ich rädere dich mit meiner Keule!", rief der Ork und wollte ein weiteres mal zuschlagen da war auch schon Lenn heran. Mit einem wütenden Kampfruf stürzte er sich im wahrsten sinne des Wortes auf den Ork und riss ihn zu Boden. "Was zum...", ereiferte sich der Ork, da bekam er von Lenn Eine ins Gesicht gedonnert. Und noch Eine. Lenn holte zu einem dritten Schlag aus, als ihn vier Arme packte, das eine Paar fleischig und muskulös, das andere dürr und kräftig. Es waren Morron und Graviol, die Lenn von Basdor zerrten. Dieser richtete sich langsam auf und strich sich über den Mundwinkel. Blut floß daraus. "Dafür wirst du... bezahlen!", fauchte er wütend und stand vollends auf. Lenn wehrte sich gegen den Griff der beiden anderen, schaffte es aber nicht sich loszuwinden. Und so hatte Basdor freie Bahn ihm ebenfalls ins Gesicht zu schlagen. Lenn lies trotzdem nicht locker und wehrte sich immer heftiger gegen den Griff der Ork. Basdor holte zu einem zweiten Schlag aus, doch Lenn zog schnell genug den Kopf ein, so dass Basdors Hand knapp über seinem Kopf hinwegzischte und stattdessen Morron traf. "Hö", ereiferte sich der dickliche dümmlich und langte Basdor ebenfalls eine. "Du Idiot, halt ihn fest!", fauchte Graviol Morron an, der Lenn nur noch mit einer Hand festhielt. Da gelang es Lenn endlich sich loszukämpfen: Er entriss seinen Arm Morron und rempelte mit seinem vollen Körpergewicht gegen Graviol, das dieser ein zweites mal zu Boden ging. Mit dem Schwert, das Lenn keinen Augenblick losgelassen hatte, stach er nach Basdor, der es leider schafft im letzten Moment auszuweichen. Trotzdem griff Lenn ihn weiter an: Wie ein Berserker vollführte er einen Schwerstreich nach dem anderen und drängte Basdor immer weiter zurück. Denn der Ork versuchte mit Rückwärsschritten der schwirrenden Schwertklinge entkommen zu können. Doch Lenn rückte fast schneller nach als der Ork ausweichen konnte. Als der Elf hinter sich die Schritte von Graviol und Morron hörte, die ihn wohl ein zweites mal von Basdor wegzerren wollten, drehte er sich rasch um und schlug schneller nach ihnen, als sie ausweichen konnten. Graviol verlor einen Teil seiner struppigen Haarmähne und Basdor zog sich einen schweren Schnitt am Oberarm zu. Basdor wollte Lenn zwar von hinten angreifen, doch der Elf, der einen Angriff hinterrücks nahezu erwartet hatte, war schon wieder herumgesschnellt und stach zu. Die für Basdor vollkommen überraschende Verteidigung kostete ihn ein Stück seines Ohres. Anstatt den zweiseitigen Angriff fortzusetzen rannte Lenn aus der Mitte der Ork heraus und lief zu Larian, der immer noch auf dem Boden lag. Er hätte den Freund gerne angestoßen, aufgehoben, sich versichert das er noch lebte, doch die Ork hingen an seinen Fersen wie Brombeersträucher in der Kleidung. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich wieder den Ork zuzuwenden und sich gegen ihre Angriffe zur Wehr zu setzen. "Larian!", sagte er zwischen parierten Schlägen und gekonterten Attacken, "Larian, sag etwas!" So oft er konnte warf er aus den Augenwinkeln einen Blick zu Larian, doch er konnte nichts ausmachen, als die Gestalt eines jungen Waldelfen, die regunglos unter einem langen, grünen Umhang lag. Doch schließlich regte Larian sich. Wimmernd zog er sich unter dem Umhang zusammen, um sich dann vorsichtig aufzusetzen. Er warf einen Blick über die Schulter und sah wie sich Lenn gegen die drei Ork wehrte. Langsam aber sicher schien ihm die Kraft auszugehen, Larian sah genau wie stark sich sein Brustkorb weitete und wieder zusammenfiel. Lenn keuchte. Entschlossen packte Larian seinen Dolch und lies ihn im selben Augenblick mit einem spitzen Schrei wieder los. Ein scharfer Schmerz war durch all seine Finger, durch seine ganze Hand gefahren. Dieser Ork musste ihm die Fingergelenke gebrochen haben! Er presste die Zähne zusammen, während er sein rechtes Handgelenk mit der linken umklammert hielt und darauf wartete, dass der Schmerz abflaute. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Für einen Augenblick kniff er nicht nur die Zähne, sondern auch die Augen zusammen. Als er sie öffnete fand er sich in einem Schatten wieder. Überrascht schaute er auf und sah Basdor ins Gesicht, der mit verächtlich verzogener Miene zurückschaute. "Immer noch nicht erledigt, wie?", sagte er und lies seine Keule locker aus dem Handgelenk kreisen. Larian wollte rasch mit der Linken nach seiner Waffe greifen, doch Basdor war schneller und stieß sie mit dem Fuß weg. Die rettende Schneide drehte sich wild um den Griff, die Waffe schlitterte quer durch die Höhle, stieß klingend gegen ein paar Steine, schlitterte noch ein Stück weiter und kam schließlich zum stehen. Dort blitzte es, das rettende Metall, weit weg, unerreichbar, unnütz. Basdor ging einen Schritt auf Larian zu. Dieser schob sich von dem Ork weg. Doch er kam trotzdem näher. Ohne seine verletzte Hand zu benutzen kroch Larian auf allen Dreien rückwärts von Basdor weg. Erst versuchte er an dem nachrückenden Ork vorbei einen Blick auf Lenn zu erhaschen, doch jener war noch immer voll beschäftigt mit Graviol und Morron, wobei letzterer schon sehr geschafft aussah. So viel Fett zu bewegen schien nicht einfach zu sein. Basdor jeddoch schien die Flucht seines Opfers zu genießen und lies sich nicht zur Eile treiben. Stattdessen trieb er Larian vor sich her und lies die Keule weiter kreisen. Doch Larian war nicht so ziellos wie es schien. Immer weiter robbte er durch die Höhle, quer durch den Raum, über den schmutzigen Boden. Der Saum seines Umhangs verfärbte sich bereits braun, doch er robbte immer noch weiter. Plötzlich blieb Basdor stehen. Er stoppte das kreiseln und nahm die Keule fest in die Hand. Scheinbar war ihm die Lust am Spiel vergangen zu sein. Hämmisch grinsend blickte er zu Larian hinab, lies noch eine Runde die Keule schwingen, dann setzte er zum Schlag an. Aber Larian war schneller: Wie aus dem Nichts schoß seine unverletzte Hand mit dem Dolch hervor und traf Basdor genau im Schlagarm. Mit einem wütenden aufheulen lies Basdor die Keule fallen und schlug mit dem anderen Arm nach Larian. Der Schlag traf und schickte Larian zu Boden. Seinen Dolch hielt er trotzdem noch fest in der Hand. Basdor hatte nicht bemerkt, dass Larian stetig in Richtung seines Dolches zurückgewichen war, bis er ihn schließlich hatte erreichen können. Nun sprang er wieder auf die Beine, duckte sich unter einem zweiten Schlag Basdors hinweg und spang ihn mit gezückter Waffe an. Er stieß dem Ork den Dolch direkt durch die Rippen. Eine Fontäne von Blut schoß aus der Wunde. Keuchend stolperte der Ork zurück und brach unter Larians Angriff zusammen. Blut rann stetig aus der Wunde. Doch Larian war noch nicht fertig: Er stieß den Dolch noch ein Stück tiefer, drehte ihn einmal herum und zog ihn ruckartig wieder heraus. Wieder spritzte das Blut und der Blutstrom nahm zu. Larian hatte die Lunge durchbohrt. Das Blut musste Basdor aus den Lungen in die Atemwege rinnen, denn er verschluckte sich plötzlich. Schnell genug sprang Larian von ihm runter, um dem folgenden Bluthusten zu entgehen. Hasserfüllt starrte er auf Basdor und sah ihm zu, wie er leidlich vor seinen Füßen verendete. Der Ork wand sich am Boden, Blut floß aus seinem Mund, stetig röchelte und hustete er und noch mehr Blut spritzte aus ihm heraus. Dreckiges, verseuchtes Orkblut. Er wand sich immer noch, wollte wimmern, brachte nur ein ersticktes Gurgeln zu stande. Versuchte den Blutfluß an seiner Seite zu stoppen, doch als wolle man Wasser mit der hohlen Hand halten, so rann ihm sein Lebenssaft, seine Kraft, sein Leben, zwischen den Fingern hindurch. Er schnappte nach Luft, doch seine Lunge war gefüllt mit Blut. Weiter wand er sich, es kitzelte ihm im Rachen, dass er würgte, es floß aus seinem Mund, rann aus seiner Nase, spritzte aus seiner Seite. So oft er versuchte Luft in die Lungen zu Pumpen, so oft spritzte eine kleine Blutfontäne aus seiner Seite. Die Sicht verschwamm ihm, seine Haut wurde blasser vom Blutverlust, darauf wieder dunkler vom Sauerstofmangel und seine Glieder wurden schwer. Weiter wand er sich, wollte wimmern, wollte schreien, doch sein Blut füllte nicht nur seine Lungen, sondern auch seinen Rachen, sein Hals, verstopfte seine Stimmbänder. Er brachte nur ein ersticktes Gurgeln und Würgen zu stande, spürte auch, wie es seine Speißeröhre hinablief, in den Magen. Ihm wurde schlecht davon und er erlag einem weiteren Brechreiz. Und vor ihm, senkrecht, gerade, aufrecht, stand der Waldelf den er ebend noch so hilflos durch die Höhle getrieben hatte. Er, der Waldelf, der Sieger. Larian sah aus verengten Augen zu dem Ork hinab, der ihn verzweifelt ansah. Doch kein Mitleid regte sein Herz. Es brauchte nur noch wenige Augenblicke, bis der Ork Krämpfe bekam. Es würde nicht mehr lange dauern und er wäre tot. Schoss es Larian durch den Kopf. Er unternahm nichts, sondern sah seinem Gegner bei seinem Ende zu. Sein Hass gegen diese Rasse war groß. In ihm schien ein Feuer zu brennen, das mit jeder Begegnung, die er mit Ork hatte, noch ein Stück höher aufschlug. Es wurde nur durch den brennenden Hass gegen die Bergelfen übertrumpft. Trotz allem war es nicht zu sagen, ob das Leiden des sterbenden Ork vor ihm den Hass gegen diese Rasse schürte oder löschte. Ein helles Klirren riss Larian aus seinen Gedanken. Er sah auf von dem sterbenden Ork und zu Lenn. Morron lag regunglos auf dem Boden. Blut rann aus mehreren Wunden auf seinem Körper, ganz besonders aus dem tiefen Einschnitt im Schädel. Lenn hatte ganze Arbeit geleistet. Doch nun wurde er von Graviol immer weiter zurückgedrängt. Zwar hatte der sehnige Ork ebenfalls einige Wunden erlitten, doch er wirbelte seinen geketteten Morgenstern flink wie gehabt. Und während er Lenn immer weiter zurücktrieb fiel Larians Blick auf etwas langes, schmales auf dem Boden. Er brauchte einen Augenblick, bis er erkannte, was es war: Es handelte sich um Lenns Langschwert. Rasch setzte Larian über den sich krampfhaft windenden Ork hinweg und sprang zu der Waffe. Er wollte sie ergreifen, doch seine Hand versagte ihm den Dienst. So blieb ihm nichts anderes übrig als den Dolch wegzustecken und die Waffe notgedrungen mit der Linken zu nehmen. Das Schwert war länger, als er im ersten Moment gedacht hatte, darum schaffte er es nicht, das Gewicht der Waffe auszubalancieren. Sie glitt ihm aus der Hand und fiel wieder zu Boden. Leicht panisch warf er einen Blick zu Lenn, der just in diesem Moment gegen die Platten des notdürftigen Tisches stieß. Graviol lies ihm den Morgenstern entgegenrauschen, doch Lenn drehte sich geschickt zur Seite. Einem zweiten Schlag wich er aus, indem er auf den Tisch selbst sprang. Doch der war so schlecht geschustert, dass er mit dem Fuß zwischen zwei der Holzbretter geriet und stecken blieb. Hektisch versuchte er sein Bein zu lösen, als Graviol mit der Kette nach ihm hieb. Die stachelgespickte Kugel verfehlte ihn nur um eine Handbreite. Sie zerschlug das Holz des Tisches, so dass Lenn zumindest seinen Fuß wieder hervorziehen und über die Tischplatte hinweg zurückweichen konnte. Graviol setze ihm nach und sprang nun seinerseits auf den Tisch, die Eisenkugel rotierte immer noch wie wild an der kurzen Kette. Wieder sauste das Stück nach Lenn. Der Elf warf sich nach hinten und rollte sich über den Tisch ab. Dabei kam er über den Tischrand. Gewöhnlich wäre er jetzt vom Tisch gerollt und geschickt auf den Beinen gelandet, doch da die Holzteile nicht festgenagelt waren, kippten sie über die Steine, welche die Tischbeine bildeten, und wurden in hohen Bögen vom Tisch katapultiert. Zwischen Brettern, ein paar verutschten Steinen und jeder Menge Staub krachte Lenn auf den Boden. Rasch richtete er sich wieder auf und sah Graviol über den Tisch auf sich zukommen. Der Ork stellte sich um einiges geschickter an, wohl weil er wusste welche Teile des Tisches labil und welche einigermaßen stabil geraten waren. Da entschloß sich Lenn ihm einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Mit einem fiesen Grinsen trat er heftig gegen die aufgeschichteten Steine, die eines der schiefen Tischbeine bildeten, um sie zum Zusammenstürzen zu bringen. Doch nichts tat sich. Etwas übertölpelt dass ihm die Gesetze der Physik diesmal nicht zur Seite standen verpasste Lenn es eines der Holzbretter zu schnappen, um Graviol wortwörtlich einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Graviol stieß sich vom Tisch ab und holte in der Luft zu einem derben Schlag an. "LENN!!", brüllte Larians Stimme irgendwo in der Höhle. Ein tiefes Surren war zu hören. Plötzlich zuckte Graviols Körper zusammen und erschlaffte im selben Augenblick. Der Flegel kam zum Stillstand und rutschte dem Ork aus der Hand. Die Waffe landete knapp neben Lenn, dicht gefolgt von ihrem ehemaligen Besitzer, der Lenn jedoch nicht verfehlte, sondern genau auf ihn drauf fiel. Mit einem erstickten Schreckensschrei wurde Lenn unter dem leblosen Orkkörper begraben. Larian hastete heran, um den Freund zu befreien. Er brauchte einen kurzen Moment, bis er ihn zwischen Schutt und den Trümmern des Tisches fand. Rasch hob er den Orkkörper an, so dass sich Lenn zumindestens aufrichten konnte. Den Rest schaffte er von selbst. Als er endlich neben Larian stand und den Ork musterte fiel ihm die Todesursache auf: Ein elfisches Langschwert steckte in seinem Rücken. Mit hochgezogener Augenbraue sah Lenn auf sein Schwert, das da im Orkrücken steckte, dann warf er einen Blick zu Larian. "Das hast du nicht nach mir geworfen, oder?", fragte er leicht skeptisch. Larian hob verteidigend die Hände: "Ich wollte es dir zuwerfen, aber der Ork war im Weg!" Lenn lies es dabei und bückte sich, um seine Waffe aus dem Ork zu ziehen. Er steckte sie ein und drehte sich zu Larian, der sich bekümmert das Handgelenk hielt. "Was ist?", fragte Lenn. Mit Blick auf die Hand machte er einen Schritt auf Larian zu und verlangte: "Zeig mal her!" Erschreck versteckte Larian die Hände hinter dem Rücken. "Es ist nichts!", sagte er rasch. Doch Lenn nahm Larians rechten Arm und zog ihn mit sanfter Gewalt hinter seinem Rücken hervor, damit er die Hand begutachten konnte. Vorsichtig nahm er Larians Rechte in seine Hände, wobei Larian zusammenzuckte. "Tut dir das etwa weh?", fragte Lenn besorgt. Larian nickte leicht. Lenn seufzte und sagte kopfschüttelnd: "Was machst du nur ständig? Halt still, am besten mach ich dir einen Verband!" Damit griff er in seine Tasche und zog ein kleines Gefäßchen und zwei Verbände hervor. Ohne auf Larians Zusammenzucken und leises Wimmern zu achten schmierte er ihm die kühlende Paste auf Kräuterbasis, die sich in dem dickbauchigem Gefäß befand, über die verletzte Stelle. Dann wickelte er ihm die Verbände um. Als er fertig war sah er Larian ernst an. "Am besten schonst du deine Hand in Zukunft!", sagte er. Larian nickte und schluckte leicht. Der Schmerz in seiner Hand lies bereits nach. Lenns Pasten wirkten wahrlich Wunder. Bereits beim auftragen hatte Larian eine angenehme Kühlung in der scherzenden Hand verspürt. Nun hatte er das Gefühl, dass sie durch die Haut, durch die Muskeln bis auf den Knochen drang und den Schmerz auf wundersame Weise einfach fortwischte. Dankend sah Larian in Lenns Gesicht. Doch sein dankbares Lächeln wich einem erschrockenem Blick, als er einen feinen, langen Schnitt quer über Lenns Wange entdeckte. "Du...", stammelte er, "Bist ja auch verletzt!" Er deutete in Lenns Gesicht, auch die Lippe blutete. "Was? Wo?", fragte Lenn leicht erschreckt. Larian hob die Hand und fuhr vorsichtig mit den Fingern über Lenns Lippe, um das Blut abzuwischen. Danach fasste sich Lenn selbst an die Lippe. "Das geht bald vorbei", murmelte er leise, "Ich mach mir mehr Sorgen um deine Hand." "Und ich mir um dich!", entgegnete Larian und besah sich seinen Freund mit sorgenvollen Blick von oben bis unten. Nicht nur im Gesicht hatte er eine Verletzung, auch auf seinem unbekleideten Unterarm zog sich ein langer Schnitt, seine Faustknöchel waren gerötet und ein Stück aufgeschürft, seine Kleidung war an vielen Stellen rissig fleckig und teilweise waren auch Blutspritzer darauf zu entdecken. Vorsichtig klopfte Larian an einer Stelle den Schmutz weg, worauf Lenn anfing zu lachen. "Du meinst ich sei schmutzig, was? Sieh dich doch mal selbst an!" Lachend gab er Larian einen Klaps auf die Schulter das es nur so staubte. Auch Larian überwand sich zu einem Lachen und klopfte sich selbst den Staub und den Schmutz ab. Ebenso wie Lenn. Ihre einstmals grüne Kleidung trug jetzt jede Menge braune und teilweise graue Akzente. Trotz eifrigen Rubbelns und Klopfens blieb ihre Kleidung in diesem schmutzigen Zustand. Als Jahruch angetrottet kam, um von Lenn auf die Schulter genommen zu werden, beendeten sie ihr erfolgloses Unterfangen. Lenn strich seinem treuen Eno über das schillernd bunte Gefieder und flüsterte ihm gut zu, bedankte sich für den Beistand im Kampf und erkundigte nach eventuellen Verletzungen des Enos. Doch zur Erleichterung des Enomers ging es dem farbenfrohen Vogel prächtig. Abgesehen vielleicht von der Geruchsbelästigung durch das Feuer, die Orkleichen und das gewisse Etwas, das er entdeckt hatte. Lenn versorgte Jahruch noch mit ein paar Streicheleinheiten, als ihm Larian leicht nervös am Umhang zupfte. "Was ist denn los, Larian?", fragte Lenn darauf und wand sich seinem Freund zu. Doch dieser deutete nur stumm auf das immer noch lodernde Feuer. Lenn verstand auch ohne eine Erklärung, das der Waldelf das Feuer aus sehen wollte. Der Enomer nahm einige Steinbrocken vom Boden und legte sie in die Feuerstelle. Die Flammen schlugen nun weniger hoch auf. Daraufhin schob Lenn etwas Sand und Staub vom Boden zusammen und drückte es sorgfältig zwischen die Steine. Eine Weile wartete er, dann prüfte er vorsichtig die Temperatur der Steine und in den Zwischenräumen. Dann nickte er zufrieden. Das Feuer sollte erloschen sein. Larian schenkte ihm ein dankbares Lächeln. Ohne das Feuer war es viel besser. Dann fiel ihm ein, was die Ork gesagt hatten. "Lenn", sagte er, "Die Ork hatten etwas von Zwergen geredet..." Lenn zuckte mit den Schultern. "Vielleicht ein Krieg, oder übliche Grenzreibereien.", meinte er. Larian sah ihn nachdenklich an. "Was ist, wenn es ein Krieg ist und die Zwerge Unterstützung brauchen?", dachte er laut, "Anscheinend haben die Ork einen Weg zwischen ihren Gebieten entdeckt, der bisher unentdeckt blieb. Wenn wir diesen Weg den Zwergen verraten..." Ein mit Stolz erfülltes Lächeln zog sich über Lenns Gesicht. Wirklich listig der kleine Larian. Doch im nächsten Moment nahm sein Gesicht wieder einen gewohnten Ausdruck an. "Schon möglich", bestätigte er, "Aber was haben wir zu tun mit Zwergen?" Auf diese Worte schwieg Larian einen Augenblick. Schließlich zuckte er mit den Schultern. "Ich weiß nicht", gab er zu, "Es fiel mir nur so ein." Jahruch stupste mit seinem Flügel sacht gegen Lenns Wange. "Es ist eine gute Idee.", sagte er zu Lenn, "Wenn ihr zu den Zwergen geht entkommt ihr entgültig euren Verfolgern." "Werden wir denn noch verfolgt?", fragte Lenn den Eno. Jahruch hob die Flügel. "Als ich auf Erkundungsflug war waren sie noch ziemlich dicht auf euren Fersen." "Und als du uns gefunden hattest?", bohrte Lenn nach. "Das kann ich nicht genau sagen.", antwortete der Eno, "Gut möglich, das sie euch noch auf der Spur sind. Darum wäre es das beste sich unter die Erde zu flüchten- Menschen mögen keine dunklen, Enge Gänge. Wenn sie eure Spur finden und merken, dass ihr den Weg ins Erdreich eingeschlagen habt, werden sie euch sicher nicht mehr folgen!" Lenn nickte nachdenklich. Die Worte des Enos waren eingänglich. "Hat er was gesagt?", fragte Larian neugierig, der während des Gespräches immer wieder neugierig zwischen Enomer und Eno hin und hergeblickt hatte. Lenn nickte. "Jahruch schlägt vor den Weg zu nehmen.", erklärte Lenn und wieß auf die Erdspalte in der Höhle, die den Weg zu den Zwergen zu bilden schien. "Warum?", wollte Larian wissen. "Er meint es sei das beste, um unsere etwaigen Verfolger vollkommen abzuschütteln." "Wir werden doch nicht mehr verfolgt, oder?", fragte Larian leicht skeptisch. Lenn hob leicht die Schultern und lies sie wieder sinken. "Sicher ist sicher.", meinte er und Larian stimmte ihm mit einem Nicken zu. Die beiden Elfen drehten sich um und gingen Seite an Seite auf den dunklen Riss in der Wand zu, dessen Dunkelheit ihnen wie das Maul eines Monsters entgegengähnte. Furchtlos betraten sie den engen Spalt und waren kurz darauf von der Erde verschluckt. Die Orkleichen rotteten vor sich hin. Kapitel 2: Der Weg durch die Erde --------------------------------- Kaum das sie wenige Schritte in die Erdspalte getreten waren wurden sie von Dunkelheit ummantelt. Dennoch gingen sie weiter. Larian lief dicht hinter Lenn, um ihn in der drückenden Finsternis nicht zu verlieren. Selbst das bunt schillernde Federkleid des Enos, der auf Lenns Schulter hockte, war in der Dunkelheit nicht auszumachen. Nicht das kleinste Schimmern. Und es schien immer dunkler zu werden je weiter sie gingen. Der Weg war erstaunlich eben, sie hörten ihre Schritte auf dem Boden scharren, doch die erdigen Wände verschluckten die Geräusche zu einem großen Teil. Wenn sie nicht aufpassten prallten sie gegen eine dicke Wurzel, die von der Decke hing, oder schrammten an der Wand entlang. Larian fühlte sich immer unwohler. Während dem Laufen tastete er vorsichtig nach der Höhlenwand, um eine Weile tastend an ihr entlang zu gehen. Bald wechselte er die Seite, ging ein paar schräge Schritte, und prallte darauf gegen die andere Seite des Ganges. Sie war beängstigend nah. Wieder tastete er eine Weile daran entlang. Das Erdreich war relativ locker und kleine Erdkrümmel lösten sich unter seinen Fingern. So nahm er bald die Hände wieder weg und schloß zu Lenn auf. Obwohl Larian die Erde mochte, schließlich gab sie Pflanzen Kraft und Nahrung, mochte er es gar nicht unter ihr zu sein. Er fühlte sich nahezu begraben in diesem Gang. Je länger er über die Breite nachdachte, desto mehr schien es ihm, als rückten die Wände näher. Langsam, unaufhaltsam, unsichtbar in der drückenden Schwärze. Er versuchte diese Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, indem er sich die genaue Breite in den Kopf zu rufen versuchte. Doch es gelang ihm nicht. Er rückte dichter zu Lenn auf, als hätte er Angst ihn plötzlich zu verlieren. So nah rückte er, dass ihm Lenns Umhang über die Nase kitzelte. Und dennoch bedrückte ihn die Schwärze des Erdreiches und die Tatsache so weit darunter zu sein. Wie weit mochten sie nun schon gegangen sein? Sein Zeitgefühl lies ihn nach und nach im Stich. Er versuchte sich vage an den blühenden, schönen Wald über sich zu erinnern, doch es schien ihm, als sei das alles schon ein Leben lang her. Leicht fröstelnd zog er sich den Umhang enger. Die Geräusche ihrer Schritte hallten dumpf auf dem Boden, der mit jedem Schritt härter zu werden schien. Larian spitzte die Ohren. Er meinte ein Geräusch gehört zu haben, blieb jedoch nicht stehen um zu lauschen, sondern lief weiter. Da war es wieder. Wie wenn eine Schnecke an einem Salatblatt knabbert, allerdings um ein vielfaches lauter. "Hörst du das Lenn?", fragte Larian. Ein Hauch Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit. Er hoffte innig der Freund würde ihn bestätigen, dann konnte er sicher sein sich nicht alles einzubilden. Doch: "Was meinst du, Larian?" Larian schluckte. "Das Geräusch mein ich..." Lenn blieb auf einmal stehen. Larian, darauf nicht vorbereitet, prallte gegen ihn. Statt zurück zu weichen drückte er sich nah an Lenn. Wie gut doch seine Nähe tat in dieser finsteren Höhle! Lenn drehte und wendete den Kopf, spitzte die Ohren und hörte kurzzeitig auch auf zu atmen, um etwaiige Geräusche aus der Umgebung besser hören zu können. Doch so sehr er sich auch konzentrierte, er hörte nichts. "Da ist nichts.", sagte er und strich Larian beruhigend über das wuschelige Haar, "Lass uns weiter gehen!" Schon setzte er sich wieder in Bewegung. Doch kaum, dass sie ein paar Schritte gegangen waren hörte Larian das Geräusch wieder. "Da ist es wieder!", stieß er aus und krallte sich in Lenns Umhang. Wieder blieb Lenn stehen, legte schützend einen Arm um Larian und lauschte in die Stille hinein. Diesmal wollte er sichergehen nichts überhört zu haben. Darum stand er einfach nur da und lauschte, wartete, lauerte. Larian klammerte sich zwar an ihn, hatte die Ohren aber ebenfalls gespitzt. Minuten, die sich wie Stunden dahinzogen, vergingen, ehe sie ein leises Scharren vernahmen. "Lenn, da.", sagte Larian und deutete mit dem Arm in die Richtung, in der er das Geräusch vermutet hatte. Lenn, der es ebenfalls gehört hatte, ging in die Richtung. Das Larian darauf zeigte hatte er nicht bemerkt, schließlich war es stockfinster. Larian fühlte, wie sich Lenn von ihm löste und ein paar Schritte von ihm weg ging. Er wagte es nicht ihn zurück zu rufen sondern wollte ausharren bis er wieder kam. Lenns Schritte verklagen und es war wieder still. Nur das scharrende Geräusch setzte wieder ein. Deutlich hallte es durch den erdigen Gang und füllte Larians Ohren, bis es wie ein Pfropfen in seinen Ohrmuscheln hallte. Kam es etwa näher? Mit angespannten Atem stand er da und versuchte zu lauschen. Die Sekunden schienen unheimlich lange zu dauern um zu verrinnen. Plötzlich gab es eine rasche Bewegung, ein leises aufquieken und ein "hab ich dich!" von Lenn. Seine Stimme klang viel weiter entfernt als Larian vermutet hatte. Eine rasche Folge von tapsigen Geräuschen folgte, das aufgeregte Rascheln von Stoff und ein überaschter Ausruf von Lenn. Larian hörte deutlich, wie etwas kleines auf dem Boden aufschlug und wie sich plötzlich etwas auf ihn zu bewegte. Wie erstarrt stand er da, unfähig sich zu bewegen. Kurz darauf hörte er nur wenige Schritte vor sich ein weiteres Geräusch, ob etwas aufschlug oder absprang konnte er nicht sagen. Die Schritte setzten aus und im nächsten Augenblick prallte etwas von der Größe einer Kanonenkugel in seine Magengegend. Reflexartig packte er das Ding, als er mit einem Keuchen einknickte. Es fühlte sich seltsam warm und weich an. Was auch immer ihn gerade getroffen hatte, und was er jetzt in Händen hielt, strampelte wie wild. Es wand sich in seinen Händen, doch er lies nicht los. Es strampelte, quiekte, doch er lies nicht locker. Erst als ihn das Etwas in die Hand biss lies er mit einem erschrockenem Ausruf los. "Sag bloß es hat dich auch gebissen?", fragte Lenn. Seine Stimme war plötzlich um einiges näher als zuvor. "Was ist das?", fragte Larian während er sich die Hand hielt. Die Bissstelle tat verflucht weh, fast als hätte das Ding ihm die Knochen gespalten. Einen Augenblick später erstarrte er. Er war in seine verletzte Hand gebissen worden. Eine warme Hand senkte sich auf seine Schulter, was Larian erschrocken zusammenfahren lies. "Alles in Ordnung?", erklang Lenns Stimme kurz vor seinem Gesicht. "J-ja, alles klar...", stammelte Larian. Er schüttelte kurz den Kopf, um sich zu besinnen, dann fragte er Lenn: "Was war das?" "Irgendein Tier, vermute ich.", kam seine Antwort. Er nahm zwar seine Hand von Larians Schulter, aber Larian spürte, dass er immer noch neben ihm stand. Vorsichtig ging er in die Knie. Ein Stück vor sich hörte er das Gurren des seltsamen Tieres. "Na, Kleiner?", sprach Larian zu dem Tier. "Wohnst du hier unten etwa?" Ein verunsichertes Quieken kam als Antwort. Larian war sich zwar nicht sicher, ob das Tier ihn verstehen konnte aber dennoch sprach er weiter: "Kennst du dich hier unten aus, mh? Mein Freund und ich suchen nämlich den Weg, führst du uns?" Eine Weile kam nichts, dann ein langgezogenes Geräusch. In gewisser Weise klang es resigniert, doch es wurde rasch leiser und verstummte schließlich. "Du kennst dich hier wohl auch nicht aus, was?", fragte Larian, "Magst du uns vielleicht trotzdem begleiten?" Vor sich hörte er zwei tapsig dumpfe Geräusche. Er fragte sich, ob das Tier vielleicht auf und ab gesprungen war. "Du kommst also mit, ja?", redete er weiter, "Hast du auch einen Namen?" Ein niesendes Geräusch kam zur Antwort. Larian fand, dass es wie "Mino" klang. Zufrieden lächelte Larian in die Dunkelheit hinein. "In Ordnung, Mino. Ich bin Larian", sagte er zu Mino. "Und mein Freund heißt Lenn. Er hat einen Eno Namens Jahruch." Von Mino kam ein paar mal ein hohes Quieken, dann unverständliches Gebrabbel. Es brachte Larian zum Lachen, denn er fand es klang als hätte Mino "Hallo" zu den Vorgestellten gesagt. Vorsichtig streckte Larian die Hände nach Mino aus. "Komm her, ich trag dich!", bot er an. Es gab ein fröhliches Quieken, ein zwei dumpfe Geräusche und Mino landete in seinen Armen. Er mochte gut einandhalb Kilo wiegen. Glücklich über den neuen Begleiter stand Larian auf und drückte Mino an sich. Der kleine Kerl kuschelte sich nicht minder fröhlich über Begleitung in seine Arme. "Alles klar, gehen wir weiter?", fragte Lenn. Larian nickte. Dann fiel ihm ein, dass Lenn das doch gar nicht sehen konnte. Also bestätigte er noch einmal und zu viert nun gingen sie weiter. Lenn lief voran in der Dunkelheit und je weiter er lief desto mehr meinte er, das die Dunkelheit wiche. Vielleicht lag es auch daran, dass sich seine Augen an diesen lichtlosen Ort gewöhnten. Seinem Gefühl vertrauend und mit einigen Hinweisen von Jahruch ging er sicher voran. Nur selten prallte er gegen vorstehende Teile der Wände oder striff an hängenden Gewächsen, die sich in der Dunkelheit wie tastende Finger anfühlten. Doch er striff sie immer wieder beiseite und ging unerschütterlich weiter, Larian dicht hinter ihm. Seit Mino dabei war war Larian weniger ängstlich. Sie plapperten unermüdlich miteinander und Larian wurde es nicht leid das Tier zu tragen. Öfter knuddelte er den kleinen Kerl, dann quiekte es freudig durch den dunklen Gang. Und wieder plapperten sie. Larian sprach mit Mino wie mit einem tierischen Freund den er schon lange hatte und Mino antwortete mit teils fiepsenden, teils murmelnden Lauten. Dann lachten sie und das ganze Spielchen ging von vorne los. Lenn verwunderte es leicht, dass der oft misstrauische Larian gleich Vertrauen gefasst hatte zu diesem Wesen das sie noch nicht einmal bei Tageslicht gesehen hatten. Doch er beschwerte sich nicht. Vielmehr wunderte er sich wie Larian so ausdauernd mit Mino reden konnte, obwohl er vielleicht kein Wort von dem Verstand, was der kleine Kerl sagte. "Oder ist das wie bei mir und Jahruch?", schoss es ihm durch den Kopf. Konnte vielleicht nur Larian verstehen was Mino sagte? Oder gebrauchten die beiden am Ende gar keine Worte um sich zu unterhalten? "Anstatt zu grübeln solltest du lieber auf den Weg achten. Fast hätte mich eine dicke Wurzel von deiner Schulter gefegt.", vernahm Lenn Jahruchs Stimme in seinem Kopf. "Natürlich, entschuldige Jahruch.", gab er zurück und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Enomer und Enos konnten auf telepathischem Wege miteinander kommunizieren. Das war nur eines der Dinge, die die Beziehung zwischen Enomer und Enos so besonders machte. Denn jeder Enomer hat einen Eno, für sich allein aber für sein gesamtes Leben. Denn die Leben der Elfen sind an die der Vögel gebunden und umgekehrt. Alle Verletzungen die der Elf erleidet gehen auf den Vogel über. Und alle Schmerzen die dem Vogel zu Teil werden vernimmt auch der Elf. Und wenn einer von beiden stirbt, so stirbt auch der andere. Auf diese Weise sind auch die Leben von Jahruch und Lenn aneinander gebunden. Und werden es immer sein, bis zu ihrem Tod. "Was meinst du, wie lange wird das noch gehen?", fragte Lenn den Eno in Gedanken. "Wir wandern bereits Stunden durch diese Dunkelheit aber wir sind immer noch nicht am Ende." "Falls es ein Ende gibt.", gab Jahruch zu bedenken. "Wie meinst du das?", fragte Lenn zurück. Anstatt klar zu antworten führte Jahruch den Elf auf die Lösung: "Haben du und Larian nicht vermutet, dass dieser Weg zu den Zwergen führt? Zwerge leben unter der Erde- weit unter der Erde. Wenn es ein Ende gäbe, führte es nicht ans Tageslicht. Wenn dieser Weg endet, dann wäre dies..." "... dann wäre das eine Sackgasse.", schloss Lenn den Gedanken. Er führte weiter, was Jahruch ihm nahe legen wollte: "Der Gang wird nicht enden, sondern münden. Er wird in eine Höhle münden oder ein ganzes Netz von Gängen und Tunneln- falls wir nicht schon in einem stecken." "Das meinte ich.", bestätigte Jahruch, "Und es wird noch lange dauern." Er wartete, um Lenn Zeit zu geben auch diesen Gedanken von sich aus weiter zu denken. "Wenn Zwerge also wirklich so tief unter der Erde leben...", überlegte Lenn, "... dann wird es noch lange brauchen, bis wir sie treffen. Denn der Gang ist relativ eben und führt kaum in die Tiefe." Jahruch bestätigte ihm dies und gab ihm zu bedenken, dass der Weg auch zu den Ork führen könnte. Oder gar nirgendwo hin. Dann war er ungewöhnlich ruhig. "Stimmt etwas nicht?", erkundigte sich Lenn. "Wir haben Larian verloren.", sagte Jahruch. Lenn blieb stehen. Er spitze die Ohren und wandte lauschend den Kopf. Er wartete eine Weile, ob Larian vielleicht schon im nächsten Moment wieder zu ihm aufschließen würde. Doch er kam nicht. Ein leises Wimmern erreichte Lenns Ohren. Mit einem unguten Gefühl setzte er sich sofort in Bewegung und folgte den Lauten. Sie klangen weit weg und durch den Gang gedämpft, doch er kannte diesen Laut nur zu gut. Und er war sich sicher, das er von Larian kam. Kapitel 3: Im Untergrund ------------------------ Lenn wollte den Gang entlang rennen, doch nachdem er zum drittenmal mit voller Wucht gegen eine Wand gerannt war beschloß er etwas vorsichtiger vorzugehen. So huschte er, mit einer Hand an der Wand tastend, den Gang entlang in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Doch irgendwann strauchelte er. Die Wand hatte aufgehört. Vorsichtig ging er wenige Schritte zurück, um sicher zu gehen das da noch ein Wandabschnitt gewesen war. Anschließend tastete er sorgfältig daran entlang und tatsächlich: Der Gang hatte sich hier gegabelt. An dieser Stelle musste er Larian verloren haben. Womöglich hatte er die falsche Richtung erwischt und sich gestoßen als... im nächsten Augenblick zuckte er zurück. In dem Gang meinte er einen Lichtfleck zu sehen. Er kniff die Augen zusammen, um sicher zu sein, dass er keiner psychischen Täuschung unterlag. Doch auch nachdem er fest blinzelte blieb dieses Licht bestehen. Und mehr noch: Es bewegte sich. Vorsichtig ging er einen Schritt näher. Das Licht schien von einer Fackel zu kommen. Er spitzte die Ohren und vernahm leise Stimmen. Dann einen erstickten Schrei. "Larian.", keuchte er und sprang auf, um ihm zu Hilfe zu eilen. Doch bereits nach drei Sätzen blieb er stehen. Die Vernunft hatte ihn eingeholt und gebot ihm Ruhe zu bewahren. Er hatte einen Vorteil und den durfte er nicht verspielen. Wer auch immer Larian in die Fänge bekommen hatte wusste nicht, das ein weiterer Elf in der Nähe war. Ein sehr zielsicherer Elf schoß es Lenn durch den Kopf und er fasste nach seinem Bogen. Aber... den hielt schon jemand. Eine kräftige Hand hatte sich auf seinen Bogen gesenkt und hielt ihn eisern fest. Erschrocken wirbelte Lenn herum, den Mund zu einem überraschten Schrei geöffnet, als ihn ein Knüppel am Hinterkopf traf. Bewußtlos ging er zu Boden. Langsam löste sich der Schleier von Dunkelheit um Lenn auf. Noch leicht benommen von dem Schlag sah er sich um. Er befand sich in einer kleinen Felshöhle, von den Ausmaßen vielleicht auch eine große Nische. Erleuchtet war der naturell geformte Ort von einer Pechfackel, die in einer gerosteten Halterung in der Wand steckte. Mit dem Rücken saß Lenn an die Felswand gegenüber dem Eingang gelehnt und konnte nicht aufstehen, denn seine Hand und Fußgelenke waren mit Seilen gefesselt. Für einen Moment schloß Lenn seine Augen, um seine Gedanken zu ordnen und zurückzuverfolgen, wie er noch einmal an diesen Ort gekommen war. Erst war er mit Larian durch den dunklen Gang gelaufen, hatte ihn verloren, gesucht, gefunden und wurde niedergeschlagen... Nun wieder vollkommen klar schlug Lenn die Augen auf. "Nevo...", murmelte er, "Sehr schlecht sogar" dennoch begann er mit dem Versuch seine Fesseln zu lösen. Doch sie waren viel zu sehr verknotet, als das er sie hätte lösen können. "Keine sehr angenehme Situation", dachte er sich, "Kannst du die abmachen, Jahruch?" Als auf seine Gedanken keine Antwort kam sah er sich panisch werdend um. Doch der Eno fehlte. "Jahruch??", rief er in Gedanken. Keine Antwort... "Jahruch!!" doch der Eno blieb aus. Den Schreck des Verlustes seines Begleiters in den Gliedern schloß er fast resigniert die Augen und lies den Kopf nach hinten fallen. Doch im selben Moment schreckte er wieder hoch. Larian fehlte ebenfalls! Nun war Lenn wie wild dabei sich zu befreien. Er versuchte zuerst aus den Schlingen zu schlüpfen, doch alles was er erreichte war, dass seine Handgelenke langsam schmerzten. Dann begann er beherzt sie an den Felsen aufzureiben. Doch das einzige Ergebnis war, dass er sich die Handgelenke aufschürfte. `Wenn ich nur etwas scharfes zum schneiden hätte...´, dachte er. In diesem Moment bemerkte er mit Schrecken, dass sein Schwert fehlte. Aber nicht nur sein Schwert, sondern auch sein Bogen und sein Köcher mit den Pfeilen fehlte. Doch so sehr er auch schaute, er fand keinen. Verbissen drückte er sich gegen die Wand, an der er lehnte und versuchte die Fesseln an dem nackten Fels aufzureiben. Aber auch das brachte nichts, abgesehen davon, dass er sich die Haut noch mehr aufrieb. Resigniert seufzend sank er zurück gegen die Höhlenwand und lies seine Gedanken zu Larian wandern. Wo mochte er nur stecken? Und was mindestens eben so wichtig war... ...wo war Jahruch? Lenn schloß die Augen um seine Gedanken zu sammeln. Wenn er sich konzentrierte konnte er vielleicht Kontakt mit seinem Eno aufnehmen. Schon meinte er so weit zu sein und zu Jahruch sprechen zu können, als ein Geräusch seine Konzentration brach wie ein Beil eine Hängebrücke zum abstürzen bringen konnte. Überrascht fuhr Lenn hoch und sah sich nach der Geräuschquelle um, dieses immerzu rythmisch knarzende Geräusch. Den Kopf drehend und wenden suchte er nach dem Ursprung und fand ihn schließlich am offenen Teil der Nische: Zwei solide Verankerungen waren am Rande in den felsigen Boden getrieben. Und diese Verankerungen, durch die Zeit in den Fels gerostet, umschloßen fest das Ende einer Leiter. Und dieses rhythmische Knarzen konnte nur bedeuten, das Lenn gleich Besuch bekommen würde. Mit festem Blick wartete er ab, mit wem er es zu tun bekommen würde. Das Geräusch wurde lauter, die betreffende Person kam immer näher. Und endlich, ein paar mal wackelte ein behelmter Kopf über den Rand der Nische, ein stämmiger Arm legte ein längliches Bündel auf den Felsrand und schob es weiter hinein. Es waren Lenns Waffen! Sein Bogen, sein Köcher, auch sein Schwert konnte er ausmachen. Sorgfältig mit einer Stoffbahn zu einem handlichen Bündel verschnürt lagen sie kaum einen Meter von ihm entfernt. Und derjenige, der sie getragen hatte, kletterte auch schon über das Ende der Leiter und kniete letzendlich vor Lenn auf dem harten Boden. Stutzend betrachtete Lenn die stämmige Gestalt, die sich leicht schnaufend aufrichtete und Sand und Staub von der dicken Kleidung wischte. Er hatte zwar erwartet irgendwann mit ihnen zusammenzustoßen, aber so früh einen zu treffen war für Lenn doch in gewisser Weise überraschend. Vor ihm stand ein leibhaftiger Zwerg. Obwohl Lenn saß vermochte ihn der vollaufgerichtete Zwerg kaum an Körpergröße zu überragen. Er trug dicke Stiefel an den Füßen und an den Händen geschnürte Armstulpen aus Hartleder, die den ganzen Unterarm bedeckten. Sein struppig roter Bart reichte ihm bis zum Bauch und deckte fast die ganze Schnalle seines breiten Gürtels ab. Seine Haarmähne war ähnlich lang, allerdings zu handlichen Zöpfen geflochten und über die Schulter nach hinten geworfen. Obwohl er für einen Zwerg wohl nicht namenhaft gekleidet war musterte ihn Lenn mit unverholener Neugier, während sein Gegenüber seine Aufmerksamkeit woanders hatte. Erst als sich der Zwerg zu ihm wandte setzte Lenn eine undurchdringliche Mine auf. Letzendlich war er immer noch ein Gefangener und vor ihm stand sein Entführer. Oder ein Komplize des Entführers. Die Lage spitzte sich zu, als der Zwerg plötzlich ein Klappmesser aus dem Gürtel zog und aufschnappen lies. Mit gezückter Waffe näherte er sich Lenn, der die Füße fest auf den Boden setzte, um zu jeder Gegenwehr bereit zu sein. Doch zu seiner Überraschung hatte der Zwerg nicht vor ihn zu verletzen, sondern bückte sich stattdessen zu seinen Fesseln und schnitt sie durch. Während der Zwerg sein Klappmesser wieder einsteckte rieb sich Lenn die geschundenen Handgelenke und blickte den Zwerg abschätzend an, der jetzt seinerseits Lenn mit einem Hauch Neugier musterte. "Und du bist also ein Elf, ja?", brummelte er in seinen Bart. Seine Stimme klang überraschend sanft für einen Zwerg, nicht so rauh wie man es von Erzählungen meinen möchte. "Hast du auch einen Namen?", fragte der Zwerg. Lenn antwortete nicht, sondern stand mit einem Satz auf. "Wo ist Larian?", fuhr er den Zwerg an. Es klang eine Spur bissiger als er beabsichtigt hatte. Doch der lies sich nicht aus der Ruhe bringen: "Bist wohl nicht der freundliche Typ.", meinte er, "Ich bin übrigens Bramo" Er streckte Lenn sogar die Hand hin, zog sie jedoch schneller zurück als das Lenn sie, selbst wenn er gewollt hätte, ergreifen und hätte schütteln können. "Das sind doch deine Sachen?", brummelte Bramo und wickelte Lenns Waffen aus dem Tuch. "Ist ja eine feine Arbeit. So ein Zeug findest du hier unten nirgends." "Unten?", wollte Lenn nachhaken, doch Bramo hatte bereits die Leiter ergriffen und machte sich an den Abstieg. Lenn packte seine Waffen ein und da es keinen Sinn gemacht hätte in der Nische zu bleiben folgte er Bramo. Beim Heruntersteigen der Leiter warf er einen Blick nach oben. Es musste tiefste Nacht sein, denn der Himmel war dunkel. Im nächsten Moment schaltete sich jedoch Lenns Verstand ein, der ihm klipp und klar sagte, das er unmöglich draußen sein konnte, schließlich war er ja durch eine Höhle hergekommen und musste sich noch in einer befinden. Er hielt kurz mit dem Klettern inne, um in die Runde zu blicken und sein Verdacht bestätigte sich: Es war kein Himmel, der ihn umgab, sondern Felswände, die sich nach oben hin in der Schwärze verloren. Was Lenn erst für Sterne gehalten hatte mussten Fackeln sein, die überall angebracht waren, um die Höhlen ein wenig zu erhellen. In den Felswänden selbst erkannte Lenn noch viele weitere Öffnungen, ob von Höhlen oder Nischen lies sich aus der Entfernung nicht genau sagen. In seinem Drang nach Wissen beging Lenn einen Fehler und blickt nach unten. Vor Schreck wäre er fast von der Leiter gefallen. Er war ja schon oft auf hohen Bäumen, aber die Tiefe in die er nun blickte überstieg jede Klettertour die er in der Natur unternommen hatte. Rasch wandte er den Blick ab und konzentrierte sich stattdessen auf die Sprossen der Leiter. Behutsam nahm er eine nach der anderen. Ein Blick nach oben verriet ihm, das er schon recht weit gekommen war, doch er wollte nicht noch einmal einen Blick nach unten riskieren um zu sehen wie viel noch vor ihm lag. Bramo musste ein weites Stück unter ihm sein. Doch als Lenn noch tiefer stieg begann die Leiter zu schwanken. Erschreckt hielt er inne, doch sie schwankte weiter. Es musste daran liegen, dass Bramo weitaus weniger vorsichtig nach unten stieg als er. Einmal schluckte Lenn. Wenn die Leiter den Zwerg aushielt musste sie ihn allemal aushalten. "Jahruch wo bist du?", fragte er sich in Gedanken als er tiefer stieg. "Jahruch?" doch seine Gedanken blieben unbeantwortet... Kapitel 4: Suche nach den Freunden ---------------------------------- Mit leicht zittrigen Knien stand Lenn am Fuß der Leiter. Er warf einen Blick nach oben und konnte es kaum fassen, dass er aus dieser schwindelerregenden Höhe hinabgestiegen war. "Wo bleibst denn?", rief Bramo ein Stück vor ihm. Lenn löste sich von der Leiter und ging zu dem Zwerg. Der wandte sich ab und lief weiter. Da er im Augenblick keine nennenswerte Alternative sah folgte Lenn ihm einfach. Der Zwerg führte ihn einen breiten Gang entlang, dessen Wände so unregelmäßig waren, dass man kaum den Weg als ganzes betrachten konnte. So war der gesamte Weg nur schwer abzuschätzen. "Wohin bringst du mich?", fragte Lenn mit einer Spur Härte. "Ich dachte mir, ich führ dich ein bisschen herum", der Zwerg entgegnete Lenns Härte mit Gleichgültigkeit. "Sei unser Gast- das wirst du nicht bereuen!" Einen Augenblick sonn Lenn darüber nach. Er war nicht nur ein einfacher Elf mit ein paar Wachen, er schrieb auch Gedichte und Lieder. Von Zwergen hatte er auch einige Geschichten gehört und nun hatte er die Chance ihren Wahrheitsgehalt zu testen. Ein verlockendes Angebot, aber dennoch... seine Freunde waren ihm um einiges wichtiger als dem Wahrheitskern alter Sagen aufzuspüren. "Wo ist Jahruch?", fragte er den Zwerg. In Gedanken suchte er zeitgleich nach dem Eno, doch er fand keine Spur von ihm. "Wer?", fragte Bramo ohne sich umzuwenden. "Spiel nicht das Unschuldslamm", mahnte er den Zwerg ruhig, "Ich spreche von meinem Vogel - und dem Elfen, den ihr mitgenommen habt!" Bramo lief eine zeitlang schweigend Lenn voraus, doch letzlich lies er sich zu einer Antwort herab: "Dem Vogel geht es gut... Sollte es zumindest. Meine Frau passt auf ihn auf. Und der Kleine... der gehört zu dir? Ein Wunder, so bissig wie der ist." Lenn überholte den Zwerg und trat ihm in den Weg. "Ich will zu Jahruch! Bring mich zu ihm!" Der Zwerg blieb zwar stehen, wurde aber kein bisschen wütend oder trotzig. Zu Lenns Verwunderung klopfte ihm der Zwerg auf den Oberarm (Lenns Schulter konnte er ja kaum erreichen) und ging mit ausgestrecktem Arm um ihn herum. "Nund, dann..." er bog um eine vorstehende Felswand und war Lenns Blicken entzogen. "... da entlang.", hörte Lenn noch seine Stimme. Er bog seinerseits um die Felswand, wo Bramo auf ihn wartete, und folgte dann dem Zwerg zwischen den steilen Wänden entlang. Neugierig warf Lenn einen Blick nach oben und entdeckte zu seiner Überraschung, das die Zwergenbaut mehrstöckig war: Weit über ihm sah er deutlich Eingänge zu Höhlen, Gabelungen in andere Stollen oder Stiegen zu höher gelegenen Stockwerken. Teilweise waren auch Rampen in den Fels gebaut, die breit genug für Karren oder große Tiere waren. Wobei Lenn die Anwesenheit letzteres bezweifelte. "Wo läufst du denn hin?", ertönte Bramos Stimme. Der Zwerg hatte Lenns Umhang gepackt und zog ihn zurück, wobei er den Elf, wohl unabsichtlich, würgte. Lenn wandte sich zu ihm um und war im ersten Moment etwas verdutzt, da er auf Augenhöhe mit Bramos Stiefel war. Erst ein Blick nach oben zeigte ihm, das der Zwerg eine Rampe erklommen hatte, die neben dem Weg verlief den er zuvor mit Lenn gegangen war. Hätte der Zwerg ihn nicht zurückgezogen, Lenn wäre wohl auf seiner Entdeckungstour blindlings geradeaus weitergetappt. Endlich lies Bramo Lenns Umhang los und der Elf ging ein Stück zurück zum Anfang der Rampe und stieg hinauf. Als er bei Bramo angekommen war nickte der Zwerg ihm zu und ging wieder voraus. Lenn schätzte sich glücklich, das der Zwerg außen lief. Er brauchte nur über Bramo hinwegzuspähen und schon tat sich unter seinen Füßen ein schwindelerregender Abgrund auf. Wie konnte der Zwerg angesichts der Höhe nur so ruhig bleiben? Er war es wohl gewohnt... Bramo packte Lenn plötzlich am Arm und deutete ein Stück voraus auf eine Biegung. "Dort geht's lang.", sagte er. Lenn nickte und die beidne bogen ab in einen schmalen Stollen. Es flutete kaum Licht hinein, darum verschwand ein weites Stück voraus der Weg schon in matter Dunkelheit. Doch so weit mussten die beiden gar nicht gehen. Irgendwann hielt Bramo an (er stoppte Lenn, indem er ihm einmal kräftig am Umhang zupfte) und bog durch einen schmalen Einlass im Erdreich ab. Mit leicht mulmigen Gefühl angesichts der zwergenhöhe des Durchganges folgte Lenn ihm und wurde positiv überrascht: Er fand sich in einer geräumigen Höhle wieder, die durch ein wärmendes Feuer in einem Ofen erhellt wurde. Zudem spendeten ein paar Kerzen in Wandhalterungen Licht, ebenso wie eien aufgehängte Öllampe, die zeitgleich einen aromatischen Duft verbreitete. Doch er war mit Bramo nicht allein in der Höhle. Unwillig musste er lächeln, als er sah, was sich hier tummelte: An einem Tisch in der Nähe des heimischen Herdes stand eine beleibte Zwergin mit einem kleinem Racker auf dem Arm. Ein weiterer Zwergenjunge tummelte auf einem Stuhl und versuchte unter Strecken und Dehnen eine Milchschüßel auf dem Tisch zu erreichen, während ihm seine Schwester, ein junges Ding mit zwei dicken roten Zöpfen, ihm dabei zusah. Bramo selbst ging mit ausgebreiteten Armen auf seine werte Frau zu und wurde mit entnervten Worten begrüßt. "Na, auch mal wieder zu Hause?", sie klang leicht zickig, "Alle anderen vergnügen sich an der Front, nur du schlenderst durch die Höhlen und dir fällt es bei all deiner freien Zeit nicht einmal ein hier vorbeizuschauen!" "Aber, Binni, Liebes...", maunzte Bramo, "Hast du nicht ein Küsschen für mich? Du weißt doch, dass ich keineswegs einem Müßggang nachhänge. Ich mache doch Botengänge für den Ältesten!" "Dafür kann er auch jeden dreijährigen einspannen!", entgegnete Binni kein bisschen beruhigt, gab ihrem Gatten aber dennoch einen Kuss auf die Wange. Im nächsten Augenblick hatte Bramo den Jungen im Arm, den sie ebend noch getragen hatte. Binni selbst näherte sich dem Hed und meinte: "So. Und jetzt kümmer dich um die Kleinen, die machen mich noch ganz verrückt! Ich koch uns derzeit etwas zu essen." Bramo setzte den Kleinen, den ihm Binni in den Arm gedrückt hatte, auf dem Boden ab und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Erst sah der Kleine Lenn mit großen Augen an, dann huschte er an ihm vorbei aus der Höhle. Lenn hörte seine eifrigen Tapser in der Ferne verhallen. Mit einem mal bekam er das mulmige Gefühl, dass hier noch ganz andere Dinge am laufen waren. "Sag mal, Binni, Liebes.", Bramo wandte sich fragend an seine Frau, "Wo steckt denn der Vogel den Bertji außerhalb gefunden hatte?" "Was interessiert dich der Vogel?", verwundert blickte Binni Bramo an, "Aber wenn es dir so wichtig ist... Momentan ist er im Schlafsaal und ruht sich aus." Sie wies mit dem Kochlöffel auf einen weiteren Durchgang, fast gegenüber des Einganges der Höhle, und wandte sich wieder dem Herd zu. Bramo nickte vielsagend zu Lenn und ging in den nächsten Raum. Lenn lies es sich nicht nehmen ihm nachzugehen und fand sich tatsächlich in einer Art Schlafsaal wieder: Er stand direkt vor drei zweistöckigen Betten. Sie waren kurz und breit, doch standen so dicht, dass es genauso gut als ein einziges Stockbett hätte fungieren können. Auf einer der obersten Etagen, eingekuschelt zwischen Kissen und einer Felldecke lag... "Jahruch!", erleichtert stürzte Lenn zu em Eno und stieß dabei fast Bramo zu Boden. "Jahruch, geht es dir gut?", Lenn streckte die Hand aus und fuhr dem Eno durch die bunten Federn. Der Vogel reckte den Kopf, streckte sich und setzte sich auf. "Kein Grund zur Sorge, ich bin in Ordnung.", antwortete ihm Jahruch in der Sprache die nur die Enos und Enomer verstehen. "Da bin ich aber beruhigt.", antwortete ihm Lenn in derselben Sprache, "Aber warum hast du nicht auf meine Rufe geantwortet?" "Ich hörte sie wohl, von fern. Aber auch ich hatte meine Ruhe bitter nötig, Lenn, ich hoffe du bist mir nicht böse." "Nein, nein.", versichterte ihm Lenn und setzte ihn sich auf seine Schulter, "Ich bin froh, das es dir gut geht!" Er strich über das Gefieder des regenbogenbunten Enos und sagte, wieder in normaler Sprache: "Nun müssen wir nur noch Larian finden." Kapitel 5: Findung ------------------ Es war dunkel. Und es war kalt. Larian kauerte auf der Erde und suchte sich selbst zu wärmen. Er hatte es schon längst geschafft die lodernde Pechfackel, die zuvor Licht gespendet hatte, zu löschen. Das Feuer war ihm nicht geheuer, für ihn war es wie die leckende Zunge eines Drachen. Er schniefte leise und reflektierte noch einmal, wie er hierhergekommen war. Es stand vor seinen Augen als geschehe es just in diesem Moment: Zusammen mit Lenn lief Larian einen dunklen Tunnel entlang. Es war so finster das er den Freund nicht sehen sondern nur seine Schritte hören konnte. So war er ihm durch die beängstigende Dunkelheit gefolgt, bis ihm Minno aus der Hand gesprungen war. Sofort war Larian ihm nachgelaufen. Doch er hatte ihn nicht mehr erreichen können. Im Dunkel des Tunnels legte sich eine eiserne Hand fest auf Larians Schulter. Der Elf erschrak, wirbelte herum, wirbelte aber wieder zurück als er hinter sich plötzlich den Schein eines aufflackernden Feuers wahrnahm. Man hielt ihm eine Pechfackel dicht vors Gesicht. Er wollte schreien, rennen, laufen doch ein Gewicht war auf dem Saum seines Umhanges, womöglich ein dort mit absicht platzierter Fuß, und riss ihn mit solcher Gewalt zurück dass er würgend zu Boden ging. Im gespenstischen Schein der Pechfackel sah er Gesichter über sich schweben die zu stämmigen Körpern gehörten, die kaum größer waren als er selbst. Spiegelnde Rüstungen reflektierten das Licht des Feuers, während ihn kalte Augen musterten. Larian wollte einen Entsentzsenschrei ausstoßen, doch angesichts dieser gespenstischen Erscheinungen blieb ihm der Schrei im Halse stecken. Endlich wurde er wieder Herr über sich selbst, sprang behende auf um zu türmen, doch flinke Hände packten ihn am Umhang, den Armen, am Kragen und zerrten ihn zurück. Er wurde so gewürgt das er nach Atem ringen musste. Wie wild schlug er um sich, doch seine Fäuste trafen nur auf eiserne Panzer oder lederne Schütze. Er biss nach den Händen, die ihn hielten, hatte auch zeitweise Erfolg, doch für jede Hand die er so vertrieb schienen ihn zwei neue zu packen. Es schien fast aussichtslos doch er wehrte sich weiter. Verzweiflung stieg in ihm auf. Er war sich nicht einmal sicher, was ihn da fest hielt. Schlagend, beißend, kratzend leistete er Gegenwehr bis er Ermüdung in seinen Muskeln verspürte. Trotzdem hörte er nicht auf zu kämpfen bis er sich kaum noch bewegen konnte. Endlich kam ihm eine rettende Idee: Sein Dolch! Das ihm das nicht früher gekommen war... Mit zwei Bissen kämpfte er seine rechte Hand los, lies sie zum Dolch schnellen und hatte ihn flugs in der Hand, um damit nach den Händen zu stechen die seinen anderen Arm hielten. Erst zuckten die Hände zurück, doch dann flog etwas über ihn und drückte gegen seine Kehle. Ein langer, schmaler Gegenstand, vielleicht eine Eisenstange. In seinem verzweifelten Versuch das Ding von sich weg zu drücken tastete er hastig daran entlang. Ein Hammerkopf. Man drückte ihm mit dem Stiel des Hammers die Kehle zu. In seinem Rücken spürte er einen kräftigen, kleinen Körper. Der Besitzer des Hammers. Doch wie diese Erkenntnis ihm das Leben retten sollte war unklar. In seinen hektischen Versuchen den Stiel des Hammers von sich zu drücken lies Larian den Dolch fallen und presste beide Hände gegen das kalte Metall, das ihm nach dem Leben trachtete. Kaum noch fähig Luft zu holen schöpfte er von seinen Reserven in seiner Lunge. Heftig mit den Füßen zappelnd merkte er, dass er halbwegs in der Luft schwebte. Und diese wurde ihm immer knapper. Heftig rang er nach Atem, doch seine Kehle war so zugedrückt das er kein bisschen Luft einsaugen konnte. Langsam aber sicher wurde ihm schwindelig. Die tanzenden Schatten der Fackel schienen einen immer wilderen Reigen um Larian zu tanzen, in seine Gedanken einzudringen alles zu ersticken. Seine Muskeln begannen ihm den Dienst zu verweigern. Immer weniger konnte er dem Druck des Hammers entgegenbringen. Schließlich sackten seine Arme herab und das Kinn fiel ihm auf die Brust. Als er wieder zu sich kam fand er sich auf dem staubigem Boden wieder. Begierig nach Luft füllte er seine Lungen - Etwas zu rasch - und atmete dabei jeder Menge Staub mit ein. Niesend und Keuchend richtete er sich halbwegs auf und tastete um sich. Er lag auf halb vermoderten, ausgetrockneten Teppichen die sich in Staub aufzulösen schienen sobald man sie nur ansah. Der Raum in dem er sich befand war zwar groß, doch durch lange Barrikaden aus soliden Eisenstäben abgegrenzt - er saß in einer Zelle. Noch leicht benommen sah er sich um. Zellen rechts, Zellen links. Behauene Höhlenwände, eine Pechfackel gegenüber seiner Zelle. Bei dem Anblick schauderte er. Wie eine brandende Woge überflutete ihn die Erinnerung wie er hierhergekommen war. Immer noch war er sich nicht sicher was ihn angegriffen und fast getötet hatte. Fröstelnd schlang er sich die Arme um den Leib und merkte erst jetzt, dass er gar kein Oberteil mehr anhatte! Auch sein Mantel war verschwunden. Er trug nur noch seine Hose, war auch barfuß, und vor allem entwaffnet. Noch etwas fehlte ihm... In der ganzen Aufregung hatte er es vergessen doch nun trat es mit neuer Kraft in seine Erinnerung: Mino. Aber mehr als die Trennun von Mino schmerzte ihn, dass Lenn nicht da war. Hier. Bei ihm. "Lenn...", sagte er leise. "Wo bist du?" Doch sein leises Murmeln blieb unbeantwortet. Lenn war nicht da. Und er hatte nicht die Kraft mit Lenn über Gedanken zu sprechen, nicht so wie Jahruch. Der auch nicht da war. Ebenso wenig wie Mino. Er war allein. Und diese lodernde Fackel machte ihn zusehends nervös. Er blickte auf, um einen bösen Blick auf das Ding zu werfen und schrak herftig zusammen. Da war etwas, das vorher noch nicht dort gewesen war: Unter der Fackel stand jemand! Erst mit einem ungeheuren Schrecken, dann mit Neugier, letzendlich mit dem Gewohnten misstrauen musterte Larian die Gestalt unter der Fackel: Untersetzt, stämmig, bärtig, teilweise gerüstet, einen großartigen Hammer auf dem Buckel und einen vielversprechenden Beutel in der Hand. Ein Zwerg. Später würde Larian erfahren dass sein Name Hark lautete. Doch nun stand er da. Er sagte nichts. Larian sagte nichts. Sie standen sich gegenüber wie die Ölgötzen und warteten darauf wie und ob der andere wohl zuerst reagieren würde. Larian war solch ausdauernde Spielchen gewohnt. Letzendlich war er ein Waldelf und hatte dieses Rangspielchen häufig mit Wölfen gespielt. Und so einfach war es: Wer zuerst blinzelte oder wegsah verlor. Also standen sie sich gegenüber, sahen sich in die Augen, blinzelten nicht, sprachen nicht, sahen nicht weg und das eine sehr lange Zeit. Eine wirklich lange Zeit. Doch plötzlich lenkte sein Gegenüber etwas ab. Er wandte den Oberkörper kurz zum einzigen Eingang der Baut, verlor dabei lediglich den Blickkontakt, wandte sich dann aber wieder zurück zu Larian. "Der Rat wird bald hier sein", brummte der Zwerg mit einer vom Alkohol beschädigten Stimme, "Dann will er wissen was du da unten getrieben hast." Larian sagte nichts. Er blickte den Zwerg nur mit einem felsenfesten Blick an. Dieser straffte die Schultern und eilte hinaus. Von draußen hörte Larian wie er jemanden abpasste. Dann leises Gemurmel. Nach einem kurzen Zeitraum kam er gemächlich wieder herein. Er blieb dicht am Eingang stehen und musterte Larian aus verengten Augen, scheinbar etwas abwägend. Aber Larian war es zu bunt geworden: "Wo sind meine Sachen?", fragte er herrischer als er sich im Moment fühlte. Der Zwerg nickte mit dem Kopf hinter sich ohne dabei Larian aus den Augen zu verlieren. Ein wenig reckte Larian den Hals, um um den Zwerg herumzulinsen. Dort in der Ecke, nur zwei Schritte vom Eingang entfernt, standen zwei Stühle. Über die Sitzflächen waren wohlbekannte Waffen gelegt, ein Hemd war auch dabei, unter den Stühlen stand ein paar Schuhe und über allem lag ein gewisser Mantel. "Gib sie mir!", verlangte Larian und verschränkte die Arme vor der Brust. Hark schüttelte den Kopf. "Brag ist gleich da", sagte er als rechtfertige das seine ganze Verweigerung. Trotz der steinernen Miene zog Larian eine Augenbraue hoch. "Brag?", fragte er nach. Der Zwerg nickte. "Brag ist Henker." Bei diesen Worten wurde Larian doch anders zumute. Der Knoten seiner Arme löste sich und seine Knie standen plötzlich nicht mehr so felsenfest wie zuvor. Dazu kam noch das dieser Zwerg so nebensächlich darüber sprach als plaudere er über das Wetter. Und tatsächlich hörte Larian von draußen schon schlurfende Schritte. Dem Schall nach zu urteilen musste der Ausgang dieses Zellenraumes in einen Höhlengang münden. Im Eingang erschienen zwei weitere Gestalten. Beides Zwerge. Die erste war noch stämmiger als Hark, seine Kleidung bestand aus gefüttertem und gesteiftem Leder. Außerdem war sie schwarz wie die Nacht. Schwarz wie der Tod, schwarz wie ein Henker. Seine Muskeln schienen groß, stachen unter der Fettschicht aber nicht sonderlich hervor. Sein Gesicht war von großen Furchen geprägt, die ihm ein grimmiges Aussehen verliehen. Er machte insgesamt einen Eindruck als sei mit ihm nicht zu spaßen. Hinter ihm drippelte ein älterer Zwerg mit herein. Sein Gesicht war eingefallen, die Haut hing schlaff vom Knochen. Auf seiner feisten Nase saß ein rundes Gestell, in das zwei flach geschliffene Steine eingelassen waren. Er trug eine Robe die ihm so schwer und schlaff vom Körper hing wie die Haut vom Knochen. Abgerundet wurde seine Erscheinung durch eine dürre Feder und eine lange Rolle Pergament. Der Zwerg im dunklen Leder, das musste Brag sein, stellte sich vor Larians Zelle. Für einen kurzen Augenblick musterte er den Elf, dann wandte er sich ab. "Hark", sagte er kurz angebunden. Der angesprochene warf ihm im hohen Bogen einen Schlüßelbund zu, während sich der alte Zwerg auf die andere Seite des Ganges drippelte. Fast hatte es den Anschein als brächte er sich in Sicherheit. Dort schniefte er erst einmal Respekt heischend mit der Nase, schob sich das Gestell auf der Nase zurecht und hob die Feder um zu notieren. Doch er schrieb nicht, sondern blickte abwartend zwischen Larian und Brag hin und her auf das etwas passierte das er festhalten konnte. Brag fing die Schlüßel auf und schob sie ins Schloß. Doch ehe er umdrehte heftete er seine Augen auf Larian. "Deine letzte Chance.", sagte er mit der Stimme eines fettgefressenen Wolfes, "Du kannst uns sagen, was du in unseren Tunneln getrieben hast. Und wer dich geschickt hat." Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung nickte er zu dem alten Zwerg. "Alles fürs Protokoll", lispelte dieser und schob sich zum wiederholten mal das Gestell auf der Nase zurecht. Aber Larian lies sich zu nichts bewegen. Er baute sich hinter der Zellentür auf, verschränkte erneut die Arme vor der Brust und sagte mit fester Stimme zu Brag: "Ich habe dir nichts zu sagen!" Mit einem Ruck drehte dieser die Schlüßel um. Das Schloß klickte als läute es Larian Todesurteil ein während Brag zu ihm in die Zelle trat. Als liese man ein wildes Tier in eine Arena. Brag brauchte keinen Moment, da stand er plötzlich vor Larian und stieß ihm mit einem kräftigen Ruck den Ellenbogen in die Magengegend. Der Schlag kam so plötzlich das alle Luft aus Larians Lungen wich und er rückwärts zu Boden kullerte. Aber ein Schlag würde nicht reichen um ihn fertig zu machen. Er schnappte kurz nach Luft, rappelte sich dann aber wieder auf mit dem ernsten Vorsatz Brags nächsten Schlag zu kontern. Doch der kam wieder so schnell das Larian kaum Zeit zum reagieren blieb: Mit einer kräftigen Ramme bohrte sich Brag's Ellenbogen wieder in Larians Magen. Aber dieses mal an einer viel ungeschickteren Stelle. Durch die Luft schwang ein vielfaches Knacken, als die äußerste Schutzhülle um Larians Magiekern brach. Ein Poltern gab es als Larian, von der Wucht des Schlages zurückgestoßen, gegen die unebene Wand prallte. Wimmernd fand er sich am Boden liegend wieder. Er krümmte sich unter den Schmerzen an seinem Magiekern. Aber Brag war noch lange nicht fertig: Er packte Larian an nur einem Handgelenk und hob ihn so mühelos in die Luft als handele es sich um ein Strohpüppchen. "Sag was du da unten getrieben hast.", zischte er. "Ich sage dir nichts", wollte Larian sagen "Von mir erfährst du nichts" Doch stattdessen bekam er nur die erste Hälfte des Satzes "Ich habe dir nichts zu sagen" heraus, die andere ging in einem plötzlichen Würgreiz unter, gefolgt von erbrochener Magie. Die bläulich schimmernde Flüßigkeit trat aus Larians Mund, rann über Brag's kräftigen Arm wie Blut über eine Klinge und tropfte zu Boden wo sie letzendlich von den halb verfallenen Teppichen aufgesaugt wurde. Brag zögerte keinen Augenblick und nutzte den jungen Elfen, den er immer noch an einem Handgelenk hielt, zeitweise als Punchingball. Zwischen besonders heftigen Schlägen auf seinen Magen erbrach dieser immer wieder Magie, teilweise auch Wasser, und die Teppiche saugten gierig jeden Tropfen auf. "Lass gut sein, Brag.", meldete sich plötzlich der alte Zwerg zu Wort. Seine Pergamentrolle war noch längst nicht vollgekritzelt trotzdem rollte er sie ein und steckte die Feder weg. Natürlich verrichtete er das alles nicht ohne sich zwischendurch gewichtig das Gestell auf der Nase zurechtzurücken. Larian stöhnte. Sein ganze Körper schien aus einer wahren Blumenwiese von blauen Flecken, geziert mit einer gebrochener Magiekernhülle zu bestehen. Brag hingegen hob kommentarlos die Achseln und lies Larian ohne weiteres fallen. Stöhnend lag Larian zusammengerollt am Boden, während Brag die Zelle verließ und wieder abschloß. Den alten Drippelzwerg auf den Fersen schickte er sich an zu gehen. "Auf ein baldes.", sagte Hark als Brag an ihm vorbeischritt. "Hä, hä.", machte dieser knurrig und war auch schon mit dem Alten verschwunden. Larian währendess lag am Boden und stöhnte. Seine Arme fest um den Magiekern geschlungen versuchte er den Schmerz etwas zu lindern. Dennoch konnte er nicht verhindern ab und an etwas Magie zu erbrechen. Hoffentlich würde er hier unten keine Zauber blocken müssen, sonst hätte er ein ernstes Problem. Während er da so lag und versuchte sich vom Schmerz zu erholen stieg ihm ein beißender Geruch in die Nase. Röchelnd richtete er sich an der Wand gestützt auf und sah zum Eingang. Da saß er. Hark. Seelenruhig und rauchte Pfeife. Der weiße Qualm aus dem Holzstück schwängerte die Luft mit Rauch, breitete sich in der Zellenbaut aus und stach Larian furchtbar in die Nase. "Mach das aus!", verlangte er. Hark hörte anscheinend nicht oder wollte nicht hören. Larian vollkommen ignorierend starrte er an die Decke und sog weiter am Mundstück. "Ich sagte mach das aus!", quengelte Larian ungehalten. "Und die Fackel gleich mit!" Als Hark wieder nicht auf ihn reagierte wurde es ihm zu bunt. Seine Schmerzen ignorierend schlug er einen der Teppiche zurück, lud eine großzügige Hand voll Staub und Erde und war sie aus der Zelle auf die Pechfackel. Endlich sprang Hark auf. "Hö", äußerte er sich und nahm die Pfeife aus dem Mund. Larian nahm eine weitere Hand voll Erde auf und schmiss sie noch einmal auf die Fackel. Sie züngelte bedrohlich und ihre Flamme schrumpfte. "Hör auf.", sagte Hark, eilte herbei und bekam prompt die nächste Ladung Schmutz ab die zeitgleich auch seine Pfeife löschte. "Hö!", empörte er sich. "Dann hör auf zu rauchen!", sagte Larian den Zwerg trotzig anblickend. "Du befiehlst mir nichts!", sagte Hark knurrend. Plötzlich klang er sehr böse. War er wohl einmal in rage schien auch mit ihm nicht mehr gut Kirschen essen. Wie zur Demonstration zog er einen Fidibus hervor und steckte sich seine Pfeife aufs Neue an. Dann verließ er eilends die Zellen. Nun war Larian wieder allein. Doch auch nicht lange. Bereits nach kurzer Zeit war Hark wieder da- eine Kiste unter dem einen, seinen Hammer unter dem anderen Arm. Larian hatte sich noch gar nicht richtig Zeit genommen das Ding ausgiebig zu betrachten und holte es nun nach. In dem reich verzierten Stiel des Hammers erkannte er jenen wieder, der ihm im dunklen Tunnel an die Kehle gepresst worden war. "Du!", stieß Larian hervor. Er knurrte Hark verächtlich an. Seine schweren Verletzungen schien er mittlerweile vergessen zu haben. "Oh ja.", sagte der Zwerg. Ihm schien nicht klar zu sein was Larian genau meinte. Aber es störte ihn auch nicht. Stattdessen lies er die Kiste unter dem Fackelhalter zu Boden plumpsen. Die Fackel, die von Larian gelöscht worden war, zog er heraus und ersetzte sie durch eine Neue aus der Kiste. Ein rascher Blick in die Kiste zeigte Larian, das sie nur mit Fackeln gefüllt war. Hark schien Ernst zu machen. Außerdem sah sein Beutel nun um einige Fidibuse schwerer aus. Larian fragte sich, ob er am Gras genauso zugelegt hatte. Hark schleifte die Kiste zu den Stuhlen und schob sie unter einen der beiden. Sicher verwahrt außerhalb der Reichweite Larians. Seinen Hammer, der im übrigen fast größer als er selbst war, stellte er neben sich ab und pflanzte sich auf einen der Stühle. Gemächhlich steckte er sich seine Pfeife wieder in den Mund und begann zu pfaffen. Larian nahm das als förmliche kriegserklärung auf und kickte sofort ein Teppicheck beiseite, um an die Erde darunter zu kommen. Mit zwei gut beladenen Händen voll drippelte er zur Zelltür und schleuderte seine Geschoße gegen das Feuer. Er brauchte ein paar Versuche, doch dann hatte er die Fackel gelöscht. Natürlich eilte Hark herbei, die Pfeife diesmal in Sicherheit damit Larian sie nicht löschen konnte, und steckte eine neue Fackel an. Dann schritt er wieder gemächlich zu seinem Platz zurück und paffte weiter. So ging das Spielchen eine gewisse Zeit. Doch auch der größte Vorrat von Fackeln war irgenwann erschöpft und so versuchte Hark unter halblaut gemurmelten Flüchen und murren die bereits gelöschten Fackeln von Sand und Schmutz zu reinigen und erneut aufzustellen. Und es funktionierte. Der Zwerg und der Elf schienen den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt zu sein als dem Fackellöschundwiederanzündspiel. Doch Larian Schmerzen im Magiekern nahmen mit jedem mal weiter zu. Irgendwann hörte er auf die Fackeln mit improvisiertem Löschmittel zu attackieren. Stattdessen klappte er die Teppichecken wieder zurück und verzog sich in den hintersten Abschnitt der Zelle. Hark nutzte die Pause seinerseits um dieses mal in Ruhe Pfeife zu rauchen. Larian versuchte zu schlafen, doch der Pfeifenqualm hielt ihn auf unsanfte Art in der Realität fest. So lag er unter Schmerzen gekrümmt einfach nur da, hoffte das die Schmerzen abklingen würden und wartete darauf, das Harks Pfeife endlich erlosch. So gingen bittere Stunden vorüber, doch endlich schien Harks Pfeife ausgesogen. Doch der beißende Geruch blieb. Und er blieb auch als Larian endlich Schlaf fand. Er verfolgte ihn sogar in seinen Träumen, hielt ihn in bitteren Ecken seines Geistes fest, trieb ihn durch Alpträume und verfolgte ihn in dunklen Tunneln in denen tanzende Feuer warteten. Ein metallenes Geräusch weckte Larian. Noch halb im Schlaf hob er den Kopf. Er brauchte einen Blick sich zu orientieren, doch als er erkannte was zu ihm in die Zelle stieg war er mit einem Schlag wach. Brag türmte vor ihm auf und blickte auf ihn nieder. Seine Augen sprachen es schon aus, die gewohnte Frage. Und Larian entgegnete ihm mit einem Blick der die herkömmliche Antwort enthielt: Ich habe dir nichts zu sagen. Auf diesen kurzen Blickwechsel hin folgten Stunden der marter und der Qual. Als Henker war Brag nicht wirklich darauf geschult Wesen zu exekutieren- seine wahre "Kunst" lag in der stunden, wenn nicht tagelangen, Folter ohne den Deliquenten dabei zu Tode zu verletzen. Wie gewohnt war auch der alte Drippelzwerg und sein Federchen mit seiner Pergamentrolle dabei. Larian fragte sich so langsam was der hier eigentlich wollte, er würde ja doch nichts sagen. Trotzdem wunderte er sich, was der Alte zum protokollieren hatte. Brag hatte zugelegt. Unter seinen wuchtigen Schlägen erzitterten Larian's Knochen selbst dann, wenn dieser blockte. Einmal haute Brag hart mit der gesamten Länge seines Unterarms zu. Der Schlag kam von oben, sauste an Larians Block vorbei und traf sein Schlüßelbein, das unter einem hässlichen Knirchen brach. Als Larian schon aufschreien wollte wurde er von Brag an der Kehle gepackt und gegen die Wand gedrückt- so fest das Larian einige bange Sekunden glaubte der Zwerg würde ihn mit einer Pranke zerdrücken. "Lass gut sein, Brag.", sagte die genispelte Stimme des Alten. Er rückte sich sein Drahtgestell zurecht- eine Angewohnheit die einen in den Wahnsinn treiben konnte- und rollte sein Pergament unter gewichtigem Schniefen zusammen. Brag lies los und verließ die Zelle, um sie wieder zu verschließen und mit dem alten Zwerg wieder zu verschwinden. Nun, von der Last Brags befreit, rutschte Larian ermattet an der Wand hinunter und sank zu Boden, wo er erschöpft liegen blieb. Auf seiner Haut zeigten sich deutlich merhre blaue Flecken. Brag hatte einen so kräftigen Schlag am Leib, das sich auch blutige Striemen über Larians Unterarme zogen. Sein Rücken war leicht aufgerieben von der unebenen Höhlenwand, doch das war nichts im Vergleich zu den Schmerzen in seinem Schlüßelbein. Er konnte den Arm nicht bewegen, nicht einmal ruhen lassen, ohne große Schmerzen zu leiden. Doch selbst das verblaßte im Gegensatz zu den Schmerzen am Magiekern. So ging es die nächste Zeit weiter: Brag besuchte Larian gern und häufig mit dem Alten in der Zelle und er kam immer zu Larian hinein um wunderbare Patien mit ihm zu feiern. Außerhalb dieser Besuchsstunden vertrieben sich Hark und Larian die Zeit, indem sie den Verschleiß von Fackeln unter Einwirkung mittlerweile hoch treffsicheren Erd- und Sandgeschossen testeten. Und wenn selbst das nicht anstand lag Larian zusammengekauert an der Höhlenwand und gab sich hingebungsvoll dem Klagen und Wimmern über seine Wunden hin. Mittlerweile brannte nur noch eine einzige Fackel. Alle anderen hatte Hark abgehängt um sie als Ersatz für die eine verwenden zu können. In einer Stunde des besonders verbitterten Zorns hatte Larian auch diese gelöscht und Hark, der ausnahsweise zu faul war um sie wieder anzumachen, blieb dieses mal in aller gemütsruhe auf dem Stuhl sitzen und paffte seine Pfeife. Die Dunkelheit, die nun alles einnahm war Larian noch unwohlsamer als die flackernde Flamme davor. Doch Hark lies sich von nichts in der Welt dazu bewegen das Ding wieder anzuzünden. Irgendwann verzog sich auch der Pfeifenrauch. Larian war nun allein. Ganz allein. In der Dunkelheit. Ohne Lenn... oder Jahruch... und ohne Mino... Larian schniefte. So war es gewesen... so war er hier hergekommen... Vorsichtig rollte er sich an der Wand zusammen. Kapitel 6: ----------- Drückende Dunkelheit umgab Larian. Er hob den Kopf und rieb sich die Augen. Er kam sich immer noch wie gerädert vor aber zumindest war sein Körper durch den Schmerz so taub geworden das er kaum etwas davon spürte. Mit einem zucken furh sein Kopf hoch. War da nicht etwas? Ein Geräusch? Noch weit weg, doch es kam näher. Larian spitzte die Ohren. Ja, da war es ganz deutlich. Schlurfende Schritte, leises Gemurmel, ein kurzes und rau klingedes auflachen. Es konnte glatt Brag gehören. War er jetzt etwa gekommen um... Selbst wenn Larian gewollt hätte wäre ihm keine Zeit geblieben den Satz zu Ende zu denken. Den in diesem Moment hörte er etwas ganz deutlich: Es waren zwei verschiedene Geräuschquellen und sie unterschieden sich in einem, ganz sicher! Während die einen Schritte schlurfend und Erdboden nah waren, setzten die anderen viel leichter auf und in längeren Abständen. Eine größere Gestalt. Leichter. Anders. das Feuer der Hoffnung entzündete sich in Larian, schlug hoch, wischte auch einen Teil der Schmerzen weg und gab ihm die Kraft sich aufzurichten und ein Stück über den Boden zu kriechen. Da hörte er noch mehr Geräusche. Das Bauschen eines Umhanges. Das Geraschel von Federn. Nun brauchte er keine Hoffnung mehr, nun war es Gewissheit wer da gekommen war um ihn zu retten. Larian warf sich gegen die Gitterstäbe und klammerte sich an ihnen fest bis seine Finger taub wurden. Er hörte wie etwas den Raum betrat. Dann ein dumpfes Geräusch. Ein dröhnendes Auflachen mit dem Kommentar: "Du bist gegen die Wand gelaufen, Freund." Die Stimme war nicht Harks Stimme. Aber sie war auch definitiv nicht die Stimme von Brag oder die des alten Zwerges. Es gab kurze, leicht orientierungslosse Tapser, dann hörte Larian wie auch die zweite Gestalt den Raum betrat. Wie eine sanfte Brise wehte sie in die Höhle. Eine wohl vertraute Stimme sprach: "Ist ja ganz schön dunkel in hier..." "Der Kerl hat die Fackeln ausgemacht." Diese brummige Stimme war ganz klar die von Hark. "Wer ist das?", fragte die jugendhafte, sanftere Stimme erstaunt und mit einer Spur von misstrauen. "Das ist Hark", antwortete die fremde Zwergenstimme wie beiläufig. "Mach mal Licht hier an.", fügte sie zu Hark hinzu. Es gab eine Reihe von gemurmelten Worten, daraufhin die fermde Zwergenstimme wieder erboßt: "Mir egal wie oft am Tag der die Teile ausgemacht hat, mach endlich (es folgte eine kleine Reihe von Schimpföwertern) die (noch ein, zwei Schimpfwörter) Fackeln an!" (Es folgte ein Fluch um den ganzen Nachdruck zu verleihen) Es gab ein paar rasche Bewegungen, die Elfenstimme sprach wieder: "Sag mal, Bramo..." "Lenn!"; flüsterte Larian erstickt in die Dunkelheit hinein. Für einen kurzen Moment war alles still. Dann Lenns Stimme: "Larian!" Es gab hektische Bewegungen. "Ich kommäää" Mit einer Reihe von Schlägen, einem poltern und dumpfen Geräuschen brach Lenns Satz ab. "Lenn??", rief Larian geschockt. "Lenn!!" Er sprang wie besessen ans Geitter und rüttelte daran. "Wehe, wen ihr ihm etwas..." Doch in Larians tollwütes Toben mischte sich Lenns beruhigende Stimme: "Alles in Ordnung. Ich bin hier nur über etwas gestolpert..." Das war ich du Trottel!", polterte Harks Stimme los, "Ich hab mich nur nach den Fackeln gebückt und..." Ein jäh aufflamender Lichtschein lies ihn verstummen. Ein fremdes Zwergengesicht erschien im Schein einer einzelnen Fackel. Lenns voriger Aussage nach zu schließen musste es sich um Bramo handeln. "Alles muss man hier selbst erledigen...", brummte er und sah dabei nicht ohne eine Spur Tadel zu dem am Boden liegenden Knäuel hinab. Das bestand aus einem von Larians Schuhen, Hark, dem Saum des Umhanges und dem Kurzschwert in der Scheide, Lenn, ein umgefallener Stuhl und obenauf Jahruch auf der Stuhllehne trohnend. Von unten nach oben etwa in der Reihenfolge. Anstatt sich mühsam emporzukämpfen kroch Lenn einfach aus dem Haufen heraus, rappelte sich auf un spurtete zu Larian ans Gitter. Jahruch folgte ihm, seine schillernden Federn leuchteten selbst im schwachen Fackelschein wie eine Regenbogen. "Larian.", sagte Lenn als er vor Larian stand. Er blickte dem Freund erfreut ins Gesicht, doch seine Miene wurde besorgt als er Larian musterte. "Du siehst ja schlimm aus, was haben sie denn mit dir angestellt?" "Das könnte ich dich auch fragen!"; entgegnete Larian, "Du siehst ja nicht halb so schlimm aus." Just in dem Moment erkannte Larian das braune Etwas, das Lenn die ganze Zeit im Arm gehalten hatte. "Mino!", sagte er erfreut. Mino quiekte freudig und zappelte. Das Quieken hatte überraschende Ähnlichkeit mit dem Wort "Larian" "Den kleinen Kerl hab ich bei Bramo gefunden.", erklärte Lenn und schob das Erdschweinchen zu Larian durchs Gitter, "seine Kinder hatten es als Haustier. Aber als ich ihnen erklärte zu wem es gehörte hatten sie sofort verständnis." "Jo", dröhnte Bramos Stimme aus dem Hintergrund, "Sind eben meine Drecksblagen." Er meinte es wohl als Kompliment an seine Drecks... äh Kinder. "Macht die Tür auf.", befahl Lenn den Zwergen mit einem Nicken auf die Zellentür. Hark zögerte. "Der Rat scheint nicht gestattet zu haben, dass..." Bramo fuhr ihm mit einer wirschen Bewegung ins Wort. "Ist alles geklärt. Ich hab meinen Jüngsten geschickt, der plappert dem Rat jetzt Wort für Wort vor wie die Dinge stehen." Hark zuckte mit den Schultern und kam langsam mit dem Schlüßelbund angetrottet. "Vorsicht.", warnte Larian Lenn als Hark näher kam, "Er raucht eine Pfeife- und die stinkt!", angewidert verzog er das Gesicht. "Ha, ha", brummte Hark und schnitt eine Grimasse in Richtung Larian. Endlich klickte das Schloß und die Zelltür schwang auf. Sofort fiel Larian Lenn um den Hals. "Du glaubst nicht, was ich mitgemacht habe!", wimmerte er. "Und ich erst.", sagte Lenn. "Aber jetzt zieh dir endlich mal was über, gute Liebe bist du kalt!" Er nahm Larians Hand in die seine und legte angesichts Larians niedriger Körpertemperatur die Sitrn in Falten. Statt sich lange zu besinnen wie man ihn wärmen könnte schob er ihn sachte zu dem Knäuel von Larians Ausrüstung in dem immer noch Hark verstrickt war. Bramo lehnte an der Wand und vergnügte sich im Stillen an Hark's Hampelei. Geschickt fischte Lenn Larians Oberteil aus dem Knäuel und streifte es Larian über. Dankbar sah Larian Lenn an, aber ihn fröstelte immer noch. Mino saß vor dem sich windenden Hark und beschnupperte ihn neugierig. "He, lass los.", sagte Larian und zog mit aller Körperkraft an seinem Umhang. "Würd ich ja gern.", kam es von Hark, "Aber ich bin eingeklemmt." Während Lenn Larians Schuhe einsammelte stemmte sich Larian mit seinem gesamten Körpergewicht gegen den Umhang, um ihn herauszuziehen. Nach einer Weile schüttelte Bramo den Kopf, löste sich von der Wand, und reichte Harke einen Arm, um ihm aufzuhelfen. "Danke.", kommentierte Hark knapp, "Du glaubst nicht wie einen dieser Hammer nach unten ziehen kann." Mit einer Handbewegung deutete er auf seinen wuchtigen Hammer, den er sich mittlerweile wieder umgeschnallt hatte. "Du sollst das Ding auch nicht dauernd wie einen Schildkrötenpanzer tragen!", brummte Bramo und sah auf Larian, der, nachdem sich Harks Gewicht vom Umhang gelöst hatte, unsanft auf den Boden gefallen war. Nun stand Lenn neben ihm, stellte die Schuhe neben Larian ab, und half seinem Freund auf die Füße. "Danke.", schniefte Larian und lies es zu, das Lenn ihm den Umhang um die Schultern legte. Während sich Larian anzog sammelte Lenn dessen Ausrüstung ein und reichte sie ihm. Als sich Larian den Dolch umhänge wimmerte er und presste sich die Hand auf den Magen. "Was ist?", fragte Lenn besorgt. "Magiekern.", sagte Larian undeutlich. Er befürchtete das seine Magie jeden Moment hallo sagen könnte. "Das kriegen wir hin.", sagte Lenn keineswegs beruhigt und legte die Arme um den viel kleineren Larian. "Vielleicht, aber im Moment gibt es andere Dinge zu klären.", ertönte eine Stimme vom Eingang. Bramo und Hark wandten sich verwundert um, Lenn sah überrascht auf und Larian überlief ein Schauer. Ihm kam diese Stimme sehr bekannt vor. Und als er den Kopf hob und im Fackelschein einen breit gebauten Schemen erkannte sah er seine Vermutung bestätigt: Brag stand im Eingang. Kapitel 7: Bei den Zwergen -------------------------- Mit Brags auftauchen war es schlagartig still geworden. Bramo wurde sehr unauffällig, Hark trommelte nervös auf den Stiel seines Hammers. Lenn, der Brag noch gar nicht kennen gelernt hatte, sah den fremden Zwerg verwundert an, während Larian sofort wieder anfing zu knurren. "Und?", meinte Hark zu Brag, "Was hat der Rat entschloßen?" Brag schüttelte den Kopf. Hinter ihm stand der alte Zwerg und funkelte die Elfen missgünstig an. Sein Schreibzeug hatte er ausnahmsweise nicht dabei. "Was, keine Hinrichtung heute?", meinte Hark mit einem zaghaften Lachen. Brag brummte nur und löste sich von der Wand, gegen die er bisher seine Schulter gelehnt hatte. "Der Rat will sie sehen.", sagte er, "Alles andere kann danach noch kommen." Er grinste gehässig zu den Elfen hinüber danach war seine Mine wieder so rau wie immer. "Also...", sagte Hark und schwang sich in einer so ausladenden Bewegung den Hammer auf den Rücken, dass sich Larian ducken musste um nicht eine übergezogen zu bekommen. "Auf geht's!" Larian knurrte Hark an weil er das Gefühl hatte der Zwerg hätte es absichtlich gemacht. Lenn lies einen Blick über die Anwesenden schweifen und fragte: "Dazu ist so eine große Eskorte nötig?" "Dipel und ich haben nur den gleichen Weg.", sagte Brag und wandte sich ab. Der alte Zwerg hieß also Dipel. Ein sehr passender Name, wenn man seine drippelnde Gangart bedachte. Die beiden liesen sich zu keiner weiteren Erklärung hinab und waren kurz darauf im Gang verschwunden. Lenn warf seinen fragenden Blick nun auf Hark, doch der wehrte mit einem Schulterzucken ab. "Was erwartest du?", sagte er, "Ich soll auf den Elfen aufpassen also kann ich ihn nicht frei in der Gegend herumlaufen lassen." Mit dem Elfen meinte er Larian. Als sich Lenn Bramo zuwandte wich der seinem Blick aus und nuschelte irgendetwas unverständliches in seinen Bart. In dem Moment war sich Lenn sicher das auch er einen persönlichen Aufpasser hatte. "Kommt.", sagte Hark noch einmal, "Den Rat lässt man nicht warten und ihr würdet euch sowieso nur in den Gängen verlaufen." Larian knurrte ihn unbarmherzig an, musste aber abrupt abbrechen und sich ducken, weil Hark so schwungvoll umdrehte das er beinahe Larian mit seinem Hammer umgehauen hätte. Zum Dank knurrte ihm Larian in den Rücken, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, doch Hark war bereits voraus gelaufen. Angesichts Larians unerzogenem und außerdem äußerst animalischen Verhalten konnte Lenn nur seufzend den Kopf schütteln. Jahruch setzte sich auf seine Schulter und piekte ihm sanft in die Wange. "Zeit aufzubrechen", wollte er sagen. Also ging Lenn ebenfalls hinaus und Larian blieb gar nichts anderes übrig als ihm zu folgen. Allerdings nicht, ohne vorher Mino vom Boden aufgelesen zu haben. Sie hatten Hark schnell eingeholt, der wohl absichtlich langsam gegangen war. Doch nun beschleunigte er wieder seinen Schritt. Während er ausladend ausgreifen musste um rasch voranzukommen musste sich Lenn kaum mühen schneller zu machen. Im Gegensatz zu Larian der, als Waldelf von kleinerem Wuchs als Lenn, sich schon eher spurten musste. Zwischen dem ganzen Knurren und sputen schien ihm langsam die Puste auszugehen. Lenn seufzte nur stumm. Wenn sich Larian heißer knurren wollte sollte er es doch. Lenn sah sich nach Bramo um und fand ihn hinter sich. Der Elf deutete ein Lächeln an und wollte Bramo fragen, warum er so weit hinten ging, doch der schloß plötzlich auf bis er neben Lenn ging und sagte dabei zu ihm: "Immer dein Schatten, Freund." Larians Kopf fuhr herum und er stieß ein äußerst aggressives Knurren gegen Bramo aus. Wie konnte es dieser Zwerg wagen seinen besten Freund Lenn seinerseits mit "Freund" anzusprechen? Seit Larian so lange in der Zelle gesessen hatte waren in seinen Augen alle Zwerge böse. Lenn, der um einiges friedfertiger und weniger voreingenommen war, wollte Larians ewige Knurrerei nicht mehr tragen und hielt ihm einfach die Nase zu. Im nächsten Moment musste er einsehen das es rein gar nichts brachte, also hielt er ihm auch den Mund zu. Binnen Sekunden blähten sich Larians Wangen prall auf und er verschluckte sich an seiner eigenen Knurrerei. Rasch lies Lenn los während sich Larian einem Hustenanfall hingab und dabei zu Boden stürzte. Mino, den er bis dahin im Arm getragen hatte, konnte mit einem Quieken noch rechtzeitig in Sicherheit hechten. Doch nun lag Larian am Boden und die Erschütterung des Aufpralls hatte seinem angschlagenem Magiekern nicht gerade gut getan. Er hustete und würgte und spürte förmlich wie sich der Geschmack von Magie in seinen Mund legte. Lenn kniete sich besorgt neben ihn, die Zwerge standen still. Mino schnupperte ebenfalls besorgt an Larian und knabberte tröstend an seinem Ohr. Larian wollte ihm einen heißeren Dank zuflüstern, wurde aber von einem weiteren Hustenkrampf davon abgehalten. Lenn schob die Arme unter Larians Oberkörper, richtete ihn halb auf und lud sich seinen Freund auf den Rücken. In Lenns Näche fühlte sich Larian schlagartig besser. Er rieb freundlich den Kopf an Lenns Schulter und atmete dessen Elfengeruch ein. Der Hustenkrampf lies endlich nach und auch der fahle Geschmack verflüchtigte sich. Für den Moment vergaß Larian das er sich in einer Welt von Zwergen befand, die er zu etwas bösem deklariert hatte. Lenn war nun vollbeladen mit Jahruch auf der einen, Larians Kopf auf der anderen Schulter. Zu allem Überfluß lies es sich Mino nicht nehmen auf ihn zu springen und sich seinerseits auf Larians Schulter niederzulassen. Trotz der neuen Packzusätze ging Lenn weiter. Mit einem Kopfnicken deutete er Hark an er möge ebenfalls weiter gehen. Der Zwerg quittierte nicht einmal mit einem Nicken, sondern wandte sich einfach um und schritt weiter als hätte es keinen Zwischenfall gegeben. Bramo dagegen lief beständig neben Lenn. "Sieht nicht sehr gesund aus dein Freund.", gab er zu bedenken. Bevor Lenn etwas beschwichtigendes antworten konnte setzte Larian zu einem Knurren an und zischte Bramo zu: "Das hab ich alles euch zu verdanken." Bei dieser Anschuldigung holte Lenn Luft um Larian zurechtzuweisen, doch Bramo kam ihm zuvor mit einer Antwort: "Na, na, na, na. Nun sei doch nicht so fremdenfeindlich." Selbst der Tadel, mit dem Bramo seine Antwort begonnen hatte, wirkte kein bisschen unfreundlich oder beleidigend. Es schien so, als könnte Bramo nie böse oder gar wütend werden. "Wir wussten ja nicht was du in unseren Tunneln verloren hattest- zumal das seit neuestem eine ziemlich verwinkelte Sackgasse ist." Er strich sich nachdenklich über den Bart. Anscheinend musste er abwägen ob er nun zuviel gesagt hatte oder welche Themen er bei einem Plausch umgehen sollte. Lenn meinte nun selbst eine Aussage machen zu können, doch Larian knurrte Bramo wieder böse an: "Ihr habt mich brutal niedergeschlagen und mit Feuer bedroht!" Lenn setzte zu einer leicht entnervten Erwiderung an, aber wieder war jemand schneller als er: "Du hast in unseren Tunneln herumgeschnüffelt und unsere Schwachstellen ausspioniert." Hark war es, der geprochen hatte. Nun lies er sich zurückfallen und verdrängte dabei wohl unwissentlich Bramo von einem Platz. "Ich hab nicht herumgeschnüffelt!", sagte Larian wütend. "Ihr habt mich ange-" doch Hark fiel ihm ins Wort als spreche Larian gar nicht: "Es ist ebenso wahr wie deine Ansicht das wir dich angegriffen und "mit Feuer bedroht" hätten." Im Gegensatz zu Bramo hatte Harks Stimme einen rauen Tonfall und schien nur selten, wenn überhaupt Widerspruch zu dulden. Vor allem in einer Diskussion wie dieser. Lenn frage sich ob die beiden auch während Larians Gefangenschaft miteinander gesprochen hatten und setzte zu einer Aussage an, die die ganze Debatte beenden sollte. Doch wieder kam er nicht dazu da Larian sich empört ereiferte: "Ihr HABT mich mit Feuer bedroht! Und ihr habt mich angegriffen! Außerdem..." "Außerdem solltest du endlich mal die Klappe halten.", beendete Hark Larians angefangenen Satz. Der schnappte in einer Sekunde der Empörung nach Luft und Lenn sah nun seine Chance etwas zu sagen und den sinnlosen Streit zu beenden. "Haltet ihr das nicht auch für verwunderlich?", erklang Bramos Stimme. Er auf Lenn's anderer Seite aufgetaucht und wieder einmal war dem Elf jede Initiative gestohlen. Dieser lies abrupt den Kopf fallen und schrie im Stillen einen lang gezogenen Schrei der Verzweiflung. "Au. Das tat mir richtig in den Ohren weh.", meinte Jahruch. Lenn hob wieder den Kopf und fragte vorsichtig: "Ich habe nicht wirklich geschrien, oder?" Die beiden sprachen ohne Worte, nur über ihre Gedanken und Lenn fürchtete Jahruch durch seinen gedanklichen Schrei betäubt zu haben. Doch im nächsten Moment wurde ihm klar das Jahruchs Aussage nur gespielten Ernst besaß. "Ich habe nichts gehört.", sagte der Eno trotzdem zu Lenns beruhigung, "Aber deine Verzweiflung war für mich ja nicht zu übersehen." "Sie wollen mir einfach nicht zuhören.", sagte Lenn leicht geknickt. Jahruch nickte. Dabei streichelten seine Feder über Lenns Wange. Es war so gut den Eno bei sich zu haben. Jahruch verstand Lenn in jeder Lebenslage und konnte ihm in scheinbar jeder Lage Beruhigung und Klarheit spenden. "Sie wollten einfach nicht auf mich hören.", sagte Lenn noch einmal, "Dabei war das so unnötig." "Es war sogar schlimmer als das.", sagte der Eno, "Sie wollten dich gar nicht erst zu Wort kommen lassen." "Ach, Jahruch.", sagte Lenn und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Der Eno verstand ihn in wirklich jeder Situation. Selbst das kurze Gespräch hatte Lenns zuvor entmutigte Stimmung nahezu weggeblasen und schenkte ihm ein Stück weit Ruhe für das Gespräch das noch vor ihnen lag: Die Anhörung vor dem Rat der Zwerge. "Mit euch beiden zu reden ist wohl echt schwierig.", Bramos Stimme holte Lenn in die Wirklichkeit zurück, "Der eine knurrt nur noch und du schwelgst in deinen Gedanken." Erst jetzt wurde Lenn bewußt das er bei dem Gespräch mit Jarhuch gedanklich tatsächlich etwas aus der Wirklichkeit entrückt war. Larian und Hark warfen sich Drohungen und Beleidigungen in Form von knurrenden Lauten an den Kopf und Mino schlief seelenruhig in Lenns Nacken, was nicht gerade zu dessen Komfort beitrug. Bevor sich Lenn dessen erst richtig bewußt wurde war Bramo dicht zu ihm grückt und stupfte ihm mit dem Ellenbogen in die Hüfte (er kam ja nicht an Lenns Seite) "Sie ist hübsch nicht war?", fragte er leise. "Wer?", fragte Lenn komplett überrumpelt. Ein wissendes Lächeln spielte um Bramos Mund. "Na die Elfin an die du die ganze Zeit denkst." Bevor Lenn richtig Zeit hatte sich noch überrumpelter zu fühlen fuhr Bramo fort: "Du hast sicher eine liebreizende Elfin in deinen Heimatlanden. Und zu der wirst du zurückkehren sobald du die Ork aus den Waldgrenzen gejagt hast, nicht wahr?" Das Lächeln haftete beharrlich auf Bramos Gesicht und er knuffte Lenn noch einmal leicht mit dem Ellenbogen. Es brauchte kurz bis sich Lenn wieder gefangen hatte, doch dann sagte er gedehnt: "Du bist...." er machte eine kurze Pause in der Bramos Grinsen noch breiter zu werden schien, "...auf dem Holzweg.", schloß Lenn kurz und bündig seinen Satz. Bramos Gesichtszüge waren wie vereist. Nun war er derjenige der überrumpelt war. "Was?", brachte er endlich stotternd hervor, "Du bist nicht? Ich meine... oh. Entschuldige bitte..." Er löste sich wieder von Lenns Seite, was Larian nicht entging. Der Waldelf knurrte und hieb mit einer Hand nach Bramo, die ihm den Helm mit den kleinen Hörnern vom Kopf fegte. "Hö!", rief dieser aus und griff nach seinem Helm, verfehlte ihn aber so ungeschickt das er zu Boden purzelte und einen Purzelbaum schlug. Das sah so ulkig aus, das Lenn gar nicht anders konnte als frei und fröhlich aufzulachen. Sein klares, nur von Freude erfülltes Lachen, war so ansteckend das sich Larian mit aller Gewalt zwingen musste nicht mit zu lachen. Er Schnitt Grimassen, verkrampfte sich und versuchte sich den Mund zuzuhalten. Doch alles brachte nichts: Schließlich musste er kichern und lachte bald darauf schallend mit obwohl er es gar nicht recht wollte. Auch der seit dem "Gespräch" mit Larian recht verstimmte Hark lachte mit. Er hielt sich mit der einen Hand den Bauch mit der anderen den Hammerstil, der für ihn eine Art zweite Seele sein musste. Der immer noch am Boden sitzende Bramo packte seinen Helm, stülpe ihn sich auf den Kopf und brumelte Larian zu. Es war kein grollendes Brummeln, sondern eines in dem gespielter Ernst und auch Freude mitschwangen. Schließlich endete auch er in einem kurzen Lachen. Letzendlich rappelte er sich auf und klopfte sich den Staub aus dem Bart. Sie warteten einen Moment bis er fertig war dann gingen sie weiter. Es ging durch tiefe Stollen und die Elfen überkam ein umheimliches Gefühl als sie sich im stillen fragten wie viele Meter sie nun schon unter der Erde sein mussten. Dies war einfach nicht ihre Welt. Seltsamerweise beschrieb der nach unten führende Gang, in dem sie gingen, irgenwann einen Knick nach oben und es ging wieder bergauf. Steil bergauf. Lenn, der ja nahezu alle seine Begleiter trug, wurde zusehends schwächer bis die Zwerge alle zwei Schritte stehen bleiben mussten um zu sehen wo er blieb. "Du kannst mich auch absetzen, das Stück schaff ich sicher allein.", sagte Larian in Lenns Ohr und lockerte seinen Griff. Lenn lies ihn bedingungslos von seinem Rücken rutschen und richtete sich erleichtert auf, als er spürte das auch Mino seinen Platz verlies. Der kleine Kerl mochte niedlich sein aber ihn im Nacken sitzen zu haben konnte auf Dauer anstrengend sein. Es knackte leise als Lenn seinen Hals wendete und drehte und sich den Nacken rieb, um das steife Gefühl loszuwerden. Schon im weitergehen rieb er sich auch die Schulter. Jahruch, der immer mitdachte, tapste von Lenns Schulter, über seinen Trapezmuskel und auf die andere Schulter, damit sich Lenn auch die massieren konnte auf der Jahruch die ganze Zeit gesessen war. Um es seinem Freund zusätzlich zu erleichtern ahmte er eine Art katzentritt nach, um Lenns Schulter seinerseits zu massieren. "Danke mein Freund.", sagte Lenn in der Sprache der Enos, "So ist es wirklich um einiges besser." Er nahm Larian bei der Hand und gemeinsam liefen sie mit den Zwergen weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)