von Larian und Lenn von _Ayame_ (Geschichten für Kahori-Chan und Larian.) ================================================================================ Kapitel 2: Der Weg durch die Erde --------------------------------- Kaum das sie wenige Schritte in die Erdspalte getreten waren wurden sie von Dunkelheit ummantelt. Dennoch gingen sie weiter. Larian lief dicht hinter Lenn, um ihn in der drückenden Finsternis nicht zu verlieren. Selbst das bunt schillernde Federkleid des Enos, der auf Lenns Schulter hockte, war in der Dunkelheit nicht auszumachen. Nicht das kleinste Schimmern. Und es schien immer dunkler zu werden je weiter sie gingen. Der Weg war erstaunlich eben, sie hörten ihre Schritte auf dem Boden scharren, doch die erdigen Wände verschluckten die Geräusche zu einem großen Teil. Wenn sie nicht aufpassten prallten sie gegen eine dicke Wurzel, die von der Decke hing, oder schrammten an der Wand entlang. Larian fühlte sich immer unwohler. Während dem Laufen tastete er vorsichtig nach der Höhlenwand, um eine Weile tastend an ihr entlang zu gehen. Bald wechselte er die Seite, ging ein paar schräge Schritte, und prallte darauf gegen die andere Seite des Ganges. Sie war beängstigend nah. Wieder tastete er eine Weile daran entlang. Das Erdreich war relativ locker und kleine Erdkrümmel lösten sich unter seinen Fingern. So nahm er bald die Hände wieder weg und schloß zu Lenn auf. Obwohl Larian die Erde mochte, schließlich gab sie Pflanzen Kraft und Nahrung, mochte er es gar nicht unter ihr zu sein. Er fühlte sich nahezu begraben in diesem Gang. Je länger er über die Breite nachdachte, desto mehr schien es ihm, als rückten die Wände näher. Langsam, unaufhaltsam, unsichtbar in der drückenden Schwärze. Er versuchte diese Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, indem er sich die genaue Breite in den Kopf zu rufen versuchte. Doch es gelang ihm nicht. Er rückte dichter zu Lenn auf, als hätte er Angst ihn plötzlich zu verlieren. So nah rückte er, dass ihm Lenns Umhang über die Nase kitzelte. Und dennoch bedrückte ihn die Schwärze des Erdreiches und die Tatsache so weit darunter zu sein. Wie weit mochten sie nun schon gegangen sein? Sein Zeitgefühl lies ihn nach und nach im Stich. Er versuchte sich vage an den blühenden, schönen Wald über sich zu erinnern, doch es schien ihm, als sei das alles schon ein Leben lang her. Leicht fröstelnd zog er sich den Umhang enger. Die Geräusche ihrer Schritte hallten dumpf auf dem Boden, der mit jedem Schritt härter zu werden schien. Larian spitzte die Ohren. Er meinte ein Geräusch gehört zu haben, blieb jedoch nicht stehen um zu lauschen, sondern lief weiter. Da war es wieder. Wie wenn eine Schnecke an einem Salatblatt knabbert, allerdings um ein vielfaches lauter. "Hörst du das Lenn?", fragte Larian. Ein Hauch Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit. Er hoffte innig der Freund würde ihn bestätigen, dann konnte er sicher sein sich nicht alles einzubilden. Doch: "Was meinst du, Larian?" Larian schluckte. "Das Geräusch mein ich..." Lenn blieb auf einmal stehen. Larian, darauf nicht vorbereitet, prallte gegen ihn. Statt zurück zu weichen drückte er sich nah an Lenn. Wie gut doch seine Nähe tat in dieser finsteren Höhle! Lenn drehte und wendete den Kopf, spitzte die Ohren und hörte kurzzeitig auch auf zu atmen, um etwaiige Geräusche aus der Umgebung besser hören zu können. Doch so sehr er sich auch konzentrierte, er hörte nichts. "Da ist nichts.", sagte er und strich Larian beruhigend über das wuschelige Haar, "Lass uns weiter gehen!" Schon setzte er sich wieder in Bewegung. Doch kaum, dass sie ein paar Schritte gegangen waren hörte Larian das Geräusch wieder. "Da ist es wieder!", stieß er aus und krallte sich in Lenns Umhang. Wieder blieb Lenn stehen, legte schützend einen Arm um Larian und lauschte in die Stille hinein. Diesmal wollte er sichergehen nichts überhört zu haben. Darum stand er einfach nur da und lauschte, wartete, lauerte. Larian klammerte sich zwar an ihn, hatte die Ohren aber ebenfalls gespitzt. Minuten, die sich wie Stunden dahinzogen, vergingen, ehe sie ein leises Scharren vernahmen. "Lenn, da.", sagte Larian und deutete mit dem Arm in die Richtung, in der er das Geräusch vermutet hatte. Lenn, der es ebenfalls gehört hatte, ging in die Richtung. Das Larian darauf zeigte hatte er nicht bemerkt, schließlich war es stockfinster. Larian fühlte, wie sich Lenn von ihm löste und ein paar Schritte von ihm weg ging. Er wagte es nicht ihn zurück zu rufen sondern wollte ausharren bis er wieder kam. Lenns Schritte verklagen und es war wieder still. Nur das scharrende Geräusch setzte wieder ein. Deutlich hallte es durch den erdigen Gang und füllte Larians Ohren, bis es wie ein Pfropfen in seinen Ohrmuscheln hallte. Kam es etwa näher? Mit angespannten Atem stand er da und versuchte zu lauschen. Die Sekunden schienen unheimlich lange zu dauern um zu verrinnen. Plötzlich gab es eine rasche Bewegung, ein leises aufquieken und ein "hab ich dich!" von Lenn. Seine Stimme klang viel weiter entfernt als Larian vermutet hatte. Eine rasche Folge von tapsigen Geräuschen folgte, das aufgeregte Rascheln von Stoff und ein überaschter Ausruf von Lenn. Larian hörte deutlich, wie etwas kleines auf dem Boden aufschlug und wie sich plötzlich etwas auf ihn zu bewegte. Wie erstarrt stand er da, unfähig sich zu bewegen. Kurz darauf hörte er nur wenige Schritte vor sich ein weiteres Geräusch, ob etwas aufschlug oder absprang konnte er nicht sagen. Die Schritte setzten aus und im nächsten Augenblick prallte etwas von der Größe einer Kanonenkugel in seine Magengegend. Reflexartig packte er das Ding, als er mit einem Keuchen einknickte. Es fühlte sich seltsam warm und weich an. Was auch immer ihn gerade getroffen hatte, und was er jetzt in Händen hielt, strampelte wie wild. Es wand sich in seinen Händen, doch er lies nicht los. Es strampelte, quiekte, doch er lies nicht locker. Erst als ihn das Etwas in die Hand biss lies er mit einem erschrockenem Ausruf los. "Sag bloß es hat dich auch gebissen?", fragte Lenn. Seine Stimme war plötzlich um einiges näher als zuvor. "Was ist das?", fragte Larian während er sich die Hand hielt. Die Bissstelle tat verflucht weh, fast als hätte das Ding ihm die Knochen gespalten. Einen Augenblick später erstarrte er. Er war in seine verletzte Hand gebissen worden. Eine warme Hand senkte sich auf seine Schulter, was Larian erschrocken zusammenfahren lies. "Alles in Ordnung?", erklang Lenns Stimme kurz vor seinem Gesicht. "J-ja, alles klar...", stammelte Larian. Er schüttelte kurz den Kopf, um sich zu besinnen, dann fragte er Lenn: "Was war das?" "Irgendein Tier, vermute ich.", kam seine Antwort. Er nahm zwar seine Hand von Larians Schulter, aber Larian spürte, dass er immer noch neben ihm stand. Vorsichtig ging er in die Knie. Ein Stück vor sich hörte er das Gurren des seltsamen Tieres. "Na, Kleiner?", sprach Larian zu dem Tier. "Wohnst du hier unten etwa?" Ein verunsichertes Quieken kam als Antwort. Larian war sich zwar nicht sicher, ob das Tier ihn verstehen konnte aber dennoch sprach er weiter: "Kennst du dich hier unten aus, mh? Mein Freund und ich suchen nämlich den Weg, führst du uns?" Eine Weile kam nichts, dann ein langgezogenes Geräusch. In gewisser Weise klang es resigniert, doch es wurde rasch leiser und verstummte schließlich. "Du kennst dich hier wohl auch nicht aus, was?", fragte Larian, "Magst du uns vielleicht trotzdem begleiten?" Vor sich hörte er zwei tapsig dumpfe Geräusche. Er fragte sich, ob das Tier vielleicht auf und ab gesprungen war. "Du kommst also mit, ja?", redete er weiter, "Hast du auch einen Namen?" Ein niesendes Geräusch kam zur Antwort. Larian fand, dass es wie "Mino" klang. Zufrieden lächelte Larian in die Dunkelheit hinein. "In Ordnung, Mino. Ich bin Larian", sagte er zu Mino. "Und mein Freund heißt Lenn. Er hat einen Eno Namens Jahruch." Von Mino kam ein paar mal ein hohes Quieken, dann unverständliches Gebrabbel. Es brachte Larian zum Lachen, denn er fand es klang als hätte Mino "Hallo" zu den Vorgestellten gesagt. Vorsichtig streckte Larian die Hände nach Mino aus. "Komm her, ich trag dich!", bot er an. Es gab ein fröhliches Quieken, ein zwei dumpfe Geräusche und Mino landete in seinen Armen. Er mochte gut einandhalb Kilo wiegen. Glücklich über den neuen Begleiter stand Larian auf und drückte Mino an sich. Der kleine Kerl kuschelte sich nicht minder fröhlich über Begleitung in seine Arme. "Alles klar, gehen wir weiter?", fragte Lenn. Larian nickte. Dann fiel ihm ein, dass Lenn das doch gar nicht sehen konnte. Also bestätigte er noch einmal und zu viert nun gingen sie weiter. Lenn lief voran in der Dunkelheit und je weiter er lief desto mehr meinte er, das die Dunkelheit wiche. Vielleicht lag es auch daran, dass sich seine Augen an diesen lichtlosen Ort gewöhnten. Seinem Gefühl vertrauend und mit einigen Hinweisen von Jahruch ging er sicher voran. Nur selten prallte er gegen vorstehende Teile der Wände oder striff an hängenden Gewächsen, die sich in der Dunkelheit wie tastende Finger anfühlten. Doch er striff sie immer wieder beiseite und ging unerschütterlich weiter, Larian dicht hinter ihm. Seit Mino dabei war war Larian weniger ängstlich. Sie plapperten unermüdlich miteinander und Larian wurde es nicht leid das Tier zu tragen. Öfter knuddelte er den kleinen Kerl, dann quiekte es freudig durch den dunklen Gang. Und wieder plapperten sie. Larian sprach mit Mino wie mit einem tierischen Freund den er schon lange hatte und Mino antwortete mit teils fiepsenden, teils murmelnden Lauten. Dann lachten sie und das ganze Spielchen ging von vorne los. Lenn verwunderte es leicht, dass der oft misstrauische Larian gleich Vertrauen gefasst hatte zu diesem Wesen das sie noch nicht einmal bei Tageslicht gesehen hatten. Doch er beschwerte sich nicht. Vielmehr wunderte er sich wie Larian so ausdauernd mit Mino reden konnte, obwohl er vielleicht kein Wort von dem Verstand, was der kleine Kerl sagte. "Oder ist das wie bei mir und Jahruch?", schoss es ihm durch den Kopf. Konnte vielleicht nur Larian verstehen was Mino sagte? Oder gebrauchten die beiden am Ende gar keine Worte um sich zu unterhalten? "Anstatt zu grübeln solltest du lieber auf den Weg achten. Fast hätte mich eine dicke Wurzel von deiner Schulter gefegt.", vernahm Lenn Jahruchs Stimme in seinem Kopf. "Natürlich, entschuldige Jahruch.", gab er zurück und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Enomer und Enos konnten auf telepathischem Wege miteinander kommunizieren. Das war nur eines der Dinge, die die Beziehung zwischen Enomer und Enos so besonders machte. Denn jeder Enomer hat einen Eno, für sich allein aber für sein gesamtes Leben. Denn die Leben der Elfen sind an die der Vögel gebunden und umgekehrt. Alle Verletzungen die der Elf erleidet gehen auf den Vogel über. Und alle Schmerzen die dem Vogel zu Teil werden vernimmt auch der Elf. Und wenn einer von beiden stirbt, so stirbt auch der andere. Auf diese Weise sind auch die Leben von Jahruch und Lenn aneinander gebunden. Und werden es immer sein, bis zu ihrem Tod. "Was meinst du, wie lange wird das noch gehen?", fragte Lenn den Eno in Gedanken. "Wir wandern bereits Stunden durch diese Dunkelheit aber wir sind immer noch nicht am Ende." "Falls es ein Ende gibt.", gab Jahruch zu bedenken. "Wie meinst du das?", fragte Lenn zurück. Anstatt klar zu antworten führte Jahruch den Elf auf die Lösung: "Haben du und Larian nicht vermutet, dass dieser Weg zu den Zwergen führt? Zwerge leben unter der Erde- weit unter der Erde. Wenn es ein Ende gäbe, führte es nicht ans Tageslicht. Wenn dieser Weg endet, dann wäre dies..." "... dann wäre das eine Sackgasse.", schloss Lenn den Gedanken. Er führte weiter, was Jahruch ihm nahe legen wollte: "Der Gang wird nicht enden, sondern münden. Er wird in eine Höhle münden oder ein ganzes Netz von Gängen und Tunneln- falls wir nicht schon in einem stecken." "Das meinte ich.", bestätigte Jahruch, "Und es wird noch lange dauern." Er wartete, um Lenn Zeit zu geben auch diesen Gedanken von sich aus weiter zu denken. "Wenn Zwerge also wirklich so tief unter der Erde leben...", überlegte Lenn, "... dann wird es noch lange brauchen, bis wir sie treffen. Denn der Gang ist relativ eben und führt kaum in die Tiefe." Jahruch bestätigte ihm dies und gab ihm zu bedenken, dass der Weg auch zu den Ork führen könnte. Oder gar nirgendwo hin. Dann war er ungewöhnlich ruhig. "Stimmt etwas nicht?", erkundigte sich Lenn. "Wir haben Larian verloren.", sagte Jahruch. Lenn blieb stehen. Er spitze die Ohren und wandte lauschend den Kopf. Er wartete eine Weile, ob Larian vielleicht schon im nächsten Moment wieder zu ihm aufschließen würde. Doch er kam nicht. Ein leises Wimmern erreichte Lenns Ohren. Mit einem unguten Gefühl setzte er sich sofort in Bewegung und folgte den Lauten. Sie klangen weit weg und durch den Gang gedämpft, doch er kannte diesen Laut nur zu gut. Und er war sich sicher, das er von Larian kam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)