Liebe... sie müssen zueinander finden! von 4Kolibris (eine One Piece Fanfic mit Nami und Sanji, die ineinander verliebt sind...) ================================================================================ Kapitel 1: Infancy - Kindheit 1 ------------------------------- PROLOG Liebe... sie müssen zueinander finden! In dieser Fanfic geht es um meine beiden Lieblingscaractere, Nami und vor allem Sanji. Die Geschichte spielt sich in unserer heutigen Zeit ab und dementsprechend gehen die Jugendlichen zur Schule (Uni, Arbeit, etc) und wohnen in einem ganz normalen Zuhause in einer ganz normalen Stadt, haben weder ein wildes Piratenleben noch Teufelskräfte. Die eigentliche Heldenfigur aus One Piece, Ruffy, wohnt mit seinem älteren, berufstätigen Bruder Ace zusammen, Zorro und Lysop haben jeweils eine kleine Stube für sich, Nami lebt bei ihrer Schwester in einem recht schönen Haus und Sanji hat ein kleines Appartement. Die fünf 17 bis 18-jährigen gehen alle in dieselbe Schule und sind in fast allen Kursen zusammen. In der Ausgangssituation sind alle Single, was jedoch interessiert sind Nami's und Sanji's Gefühle, die sie füreinander empfinden. Doch so leicht ist ihre Liebe nicht und darin besteht der Knackpunkt meiner Fanfic, wie sie denn zueinanderfinden können... Kapitel 1: Infancy - Kindheit 1 Sanjis Sicht Ich werde den Umweg nach Hause gehen. Erst an den Häusern mit den großen Gärten vorbei und dann in die nächste Straße rein, dann bin ich zu Hause. „Mir fehlen nur noch die letzten beiden Bonuskarten und ein paar Magieextras, dann hab ich alle zusammen!“ erzählt mir Kamyu nochmal, als er seinen Stapel Sammelkarten durchschaut. Er holt sich zu jeder neuen Serie die Sammelkarten. Am Liebsten wäre ich alleine Heim gelaufen aber er will immer mit mir laufen wenn ich den Umweg nehme. Den Weg haben wir mal zusammen entdeckt dass wir so genauso nach Hause kommen, nur dauert das etwas länger. „Ich glaube ich kann von Reik die letzten Karten kriegen, ich muss ihm nur einen guten Tausch vorschlagen. Aber mehr als sechs Mittelkrieger geb ich ihm nicht.“ redet Kamyu weiter. Ich laufe vor die Wohnungstür Zuhause und höre Papa laut schimpfen. Weil er nicht wie Kamyus Papa arbeitet ist er immer zu Hause. Er langweilt sich und schreit Mama an, wenn sie was falsch macht. Ich hab keine Lust zu klingeln und gehe die Treppen wieder runter, um noch mal um den Block zu laufen. Wenn ich wiederkomme hat sich Papa beruhigt, ich will seine miese Laune nicht abkriegen. Als ich klingele höre ich keinen Ton mehr aus der Wohnung. Papa macht auf. „Wieso bist du so spät!? Mach dass du rein kommst!“ Ich ducke meinen Kopf und laufe schnell an ihm vorbei in Richtung meines Zimmers. Ich sehe Mama im Wohnzimmer auf dem Sofa und sie hält sich das Gesicht fest. Ob sie blutet kann ich nicht erkennen. Das ist schon das dritte Mal, dass Papa sie gehauen hat. Hoffentlich schlägt er mich nie, der hat ja so viel Kraft und das tut bestimmt sau weh. Ich will grad meine Zimmertür aufmachen, da kommt Papa schon hinter mir. „Du hockst dich in die Küche und machst deine Hausaufgaben!“ Ich hab immer noch den Schulranzen auf dem Rücken und laufe mit ihm in die Küche. Ich hocke mich hin und hole erstmal meine Mathesachen raus. Ich hab voll den Dreh raus, die sind echt einfach. Ich schreibe sehr schnell alle Ergebnisse hin, danach kann ich ja Gameboy spielen oder noch rausgehen. Ich muss mich nur beeilen. Mama kommt rein und guckt was ich so schreibe. Ich schaue gar nicht zu ihr hoch, ich weiß auch so dass ihr Gesicht noch ein bisschen rot ist. Sie soll weggehen, ich will nicht dass sie guckt ob ich Fehler habe. Dauernd überprüft mich jemand. Entweder wühlt Papa in meinem Zimmer rum oder Mama schaut was ich für die Schule mache. „Das da stimmt nicht.“ sagt sie und zeigt auf die vierte Aufgabe. Da ist doch nichts falsch, die hab ich richtig. „Doch, das stimmt, das habe ich ausgerechnet.“ entgegne ich ihr. Mama wird sauer, sie will es nicht wenn ich widerspreche. „Das ist falsch, rechne es noch mal.“ sagt sie streng. Papa kommt jetzt in die Küche rein und muss auch gleich in mein Heft gucken. Jetzt gibt’s Ärger. „Da kommt 56 raus und nicht 65!“ sagt er. Ich verstehe aber nicht was ich falsch gemacht haben soll. „Doch da kommt 65 raus! Ich hab-“ „Das ist falsch!“ und Papa haut seine Faust auf den Tisch. Er nimmt mir mein Heft weg aber ich versuche es festzuhalten. Mama sagt „Lass es ihn noch mal versuchen.“ Papa schnaubt kurz und legt es wieder vor mich hin und sagt ich soll es verbessern. Ich will aber nicht, weil ich es doch richtig habe. Jetzt wird er wieder sauer und Mama auch. Mama will nicht, dass ich nicht tue was Papa sagt. Ich habe es aber richtig gemacht! Wieso wollen die immer Recht haben? Papa wiederholt sich und ich stehe auf. Ich will einfach auf mein Zimmer laufen und mir ist alles egal. Jetzt ist Papa echt wütend und sagt „Bleib hier!“ Ich schaue zu ihm und verzieh mein Gesicht zur Grimasse. Ich muss das nicht verbessern, morgen gibt uns der Lehrer sowieso die richtige Lösung. Papa kommt schnell zu mir und ich bekomme Angst. Bevor er mich schnappt muss ich ins Bad rennen. Wenn ich die Tür abschließe und die Klinke nach oben drücke kann er auch nicht rein. Dann bin ich sicher und er kann mich nicht bestrafen. Aber Papa ist schneller und hat mich schon vor dem Bad eingefangen. Ich bekomme wirklich Angst und schreie laut, aber er hält meinen Arm nur fester. Er kann mich nicht schlagen, das hat er noch nie gemacht! Mama muss mir helfen, er darf mir nicht wehtun! Papa zieht mich zum Keller und egal wie ich mich wehre, ich kann nichts machen. Er macht die Tür auf und schubst mich rein. Mama hilft mir überhaupt nicht! Was soll das? Was passiert jetzt? Papa sperrt mich da ein und schließt die Tür ab. erstellt am 24.03.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 2: School Outing - Gegenwart ------------------------------------ Kapitel 2: School Outing - Gegenwart Lysops Sicht „Ansonsten wisst ihr ja, was ihr für einen Ausflug braucht. Seid alle um 9:30 Uhr am Schuleingang, der Zug fährt dann eine viertel Stunde später ab. Zum Bahnhof laufen wir alle zusammen von der Schule aus, verstanden?“ erklärte Frau Ririka und schaute noch einmal in ihren Unterlagen nach, ob sie auch nichts vergessen hatte uns mitzuteilen. Alle Schüler unterhielten sich in Zimmerlautstärke miteinander, denn diese Klassenfahrt würde der Anstoß für die zwölfte Klasse sein. Sie war zwar erst Anfang September, aber jetzt wurde schon alles besprochen. Ich schrieb eifrig in mein Hausaufgabenheft, denn mir durfte auf keinen Fall etwas entgehen. Ich musste mir eine Möglichkeit überlegen, wie ich neben Kaya sitzen konnte. Da beide Kursgruppen gemeinsam nach Loguetown fahren sollten, war Kaya mit uns im selben Zug. Sie ging zwar in die Parallelklasse, aber Hauptsache ich bekam eine Möglichkeit, mit ihr ins Gespräch zu kommen. ...Es fehlte mir bloß ein wenig an Mut. Es durfte nämlich kein Aufsehen erregen, sollte ich mich zu ihr gesellen, sonst würde es nur peinlich enden! Kaya verstand sich recht gut mit Nami, also konnte ich ja irgendwie über sie mit ihr ins Gespräch kommen, dachte ich. Sanji stieß mich aus Versehen mit dem Ellenbogen, als er etwas wegradierte. „Ups sorry.“, war seine nebensächliche Entschuldigung. Ich schielte reflexartig auf sein Heft um zu sehen, was er versuchte zu beseitigen. Aha! Ein Herz, hab’s genau gesehen! Mit einem Grinsen sah ich ihn allwissend an, um einen geröteten Kopf zu erhaschen, doch Sanji blieb wie immer cool. Er umschwärmte immer alle möglichen Mädchen und tat unnahbar, aber er hatte natürlich genauso Gefühle, wie jeder andere und konnte sich auch richtig verlieben. Das Mädchen seines Herzens war für mich auch kein Geheimnis, denn das er sich bei Nami anders verhielt als sonst, war für mich Beweis genug. Aber unser supercoole Weiberheld brachte es nicht über sich, ihr zu sagen, dass er in sie verknallt war. So ein Weichei! „Frau Neil fährt übrigens nicht direkt mit uns mit, sondern wir werden sie in der Jugendherberge antreffen. Und ihr werdet nicht ihre Nerven strapazieren, ihr wisst ja, dass sie durch ihre Scheidung so gestresst ist.“ fuhr unsere Klassenlehrerin fort. Dass sie so offen über das Privatleben einer Kollegin sprach, war in diesem Fall nicht verwunderlich, da es Frau Neil praktisch selbst in die Luft posaunte, was für einen Arsch sie sich in ihren jungen Jahren angelacht hatte. Aus ihren Erfahrungen predigte sie in letzter Zeit allen Mädchen, dass jede Heirat eine zukünftige Scheidung sein würde. Ich konnte mir nicht vorstellen wie ihr Ex-Mann so war, aber wenn ich eine Freundin hätte würde ich sie auf Armen tragen, ich könnte sie niemals schlecht behandeln! Der musste echt der letzte Dreck sein. Meine Aufmerksamkeit wanderte zu Zorro, der schräg in der Reihe vor mir mit Ruffy rumzickte. Anscheinend hatte der ihm nämlich seinen Stifte-Geodreick-Turm kaputt gemacht, als er etwas zu Schreiben brauchte. Nami saß in der ersten Reihe neben Vivi und kippelte mit ihrem Stuhl, um ihren Hintermann etwas zu fragen. Sanji neben mir hatte seinen Bleistift im Mund und langweilte sich offensichtlich. Frau Ririka stöberte immer noch in ihren Blätterstapel herum und mein Blick fiel auf die Uhr. Noch dreizehn Minuten...schnarch! „Achja, bevor ich’s vergesse! Herr Gimon hat mir gesagt, dass ihr eure Hyperbeln am Mittwoch mitnehmen sollt. Wer keine zu Hause hat muss sich eine kaufen, ihr braucht sie auf jeden Fall.“ Ich verdrehte die Augen, da es ganz klar hieß, dass wir wieder Funktionen zeichnen würden. Wer braucht denn schon Mathe? „Wie sieht eine Hyperbel noch mal aus?“ hörte ich Ruffys Stimme und wunderte mich, wie er noch mal in die 11. Klasse kam. Er war zwar echt naiv und strohdumm –manchmal- aber Grips musste er trotzdem irgendwo haben. ...Nur kam der nicht so oft zum Vorschein. Nach dem Klingeln war die Schule endlich um. Als ich den Schulhof überquerte, sah ich vom Weiten Kaya, die ganz alleine zu den Fahrradständern lief. Wirklich ganz alleine! Diese Chance musste ich ja nutzen und mein Herz setzte einen Zahn zu. Ich lief also schnurgerade auf sie zu, dabei überlegend, wie ich sie ansprechen sollte, als die Stimme eines Mädchens „Hey, Kaya, bist du mit dem Fahrrad da oder fährst du mit dem Bus?“ ertönte. Die Besitzerin der vermaledeiten Stimme holte Kaya ein und wollte sie eindeutig, mindestens bis zum Schultor, begleiten. Ich drehte mich sofort wieder um und spürte selbst, dass ich rot wurde. Allein schon wenn eine einzige Person auftauchte, kniff ich! Ich war ja so ein Feigling! Wütend über mich selbst lief ich mit den Händen in den Hosentaschen zur Bushaltestelle. erstellt am 29.03.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 3: Divorce - Kindheit 3 ------------------------------- Kapitel 3: Divorce - Kindheit 3 Sanjis Sicht Der Ausflug war echt super! Ich brauche bloß an Dirks Gesicht zu denken und ein Lachen kommt wieder in mir auf. Wie der sich angestellt hat war echt lustig! Der Bus fährt auf den Parkplatz vor der Grundschule, wo Mama und die anderen Mütter auf uns warten. Erstmal drängeln sich alle nach draußen und dann muss ich warten, bis jeder sein Gepäck aus dem Kofferraum kriegt. Als ich meines hab geh ich zu Mama und sie nimmt mich in die Arme. Wir laufen zum Auto und ich fange schon an zu erzählen was wir in der Jugendherberge für Programm hatten. Sie freut sich für mich und sagt, dass sie Kuchen gebacken hat. Natürlich lasse ich ein paar Einzelheiten weg, immerhin braucht sie nicht zu wissen auf was für Ideen ich mit meinen Freunden so komme. Sonst verbietet sie mir womöglich noch mit ihnen befreundet zu sein. Aber es ist ja wohl normal dass wir nachts aus unserem Zimmer schleichen und draußen rumlungern, oder? Daheim werfe ich die Schmutzwäsche in die Wanne im Flur und den Rest packe ich zurück in den Schrank. Mama deckt schnell den Tisch und wir setzen uns auf Ecke nebeneinander. Sie erzählt von ihren Plänen für morgen und findet, dass ich neue Schuhe brauche. Als ein Schlüssel im Haustürschloss umgedreht wird ist Mama wieder ruhig. Papa kommt rein und grüßt nicht. Gut so. Ich hab keinen Bock auf Streit. Er läuft an unsrem Tisch vorbei und Mama trinkt ihren Kaffee. Ich nehme extra eine große Gabel in den Mund um nicht sprechen zu müssen. Der Schokoladenkuchen schmeckt plötzlich nicht mehr. Papa verschwindet im Flur. Ihm stinkt es immer noch, dass Mama mit mir für ein paar Tage zu ihrer Freundin gegangen ist ohne einen Zettel zu hinterlassen. Das war echt heftig gewesen. Ich weiß nicht ob es gut ist, dass Mama die Scheidung will. Alle andren deren Eltern geschieden sind sagen dass es schlecht ist. Ich will Papa auch nicht jedes zweite Wochenende besuchen müssen. Ich will nicht mit ihm alleine sein. Er könnte mir ja wehtun - oder noch schlimmer mich in einen Keller einsperren! Ich will auf gar keinen Fall wieder eingesperrt werden! Naja eigentlich gibt es keinen Unterschied ob Mama dann da wäre oder nicht, denn geholfen hat sie mir bis jetzt ja noch nie. Aber trotzdem würd ich diese Anspannung lieber ertragen als dass sie sich scheiden lassen. Ich weiß nicht warum aber ich habe Angst wenn Mama mit mir alleine dasteht. Am besten sollte die Situation so bleiben wie jetzt, wir reden nicht mehr mit Papa und er nicht mehr mit uns. erstellt am 30.03.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 4: Passenger - Gegenwart -------------------------------- Kapitel 4: Passenger - Gegenwart Namis Sicht An diesem Tag hatte ich erfahren, dass Sanji doch noch eine Familie hatte. Da er, wie wir alle, in einer eigenen, kleinen Wohnung lebte, dachte ich, er hätte keinen Kontakt mehr zu ihr. Also zu seinem Vater. Der hatte sich ja irgendwann verdünnisiert, soviel ich wusste. Ruffys und Aces Eltern waren verstorben, aber hatten ein fettes Erbe hinterlassen, nämlich das große Haus, in dem sie lebten. Über Zorro und Lysop wusste ich eigentlich nichts, sie wohnten beide in je einem kleinen Appartement, das ihnen völlig reichte. Keiner fragte nach Herkünften oder Familienverhältnissen der anderen, denn das waren Themen, über die wir nicht sprachen. Mein Vater hatte sich ja verdrückt und ich habe ihn nie kennen gelernt, nur Nojiko hatte noch schwache Erinnerungen an ihn. Unsere Mutter arbeitete in England und schickte uns monatlich immer Geld, damit wir festen Boden unter den Füßen hatten. Aber Nojiko machte trotzdem eine Ausbildung, damit wir nicht ganz von ihr abhängig waren, zumal sie sich schon ewig lange nicht persönlich gemeldet hatte. Meine ältere Schwester wollte dann irgendwann mit mir umziehen, obwohl ich das überhaupt nicht nachvollziehen konnte, da ich mich in unsere Bleibe wohl fühlte. Es war eher Zufall gewesen, dass Sanji und ich zusammen in die Stadt gingen. In der Pause hatte er gemeint, dass er seine Hyperbel Zuhause nicht mehr fände und eine Neue kaufen müsse. Da hatte ich recht schnell gesagt, dass ich an dem Tag nichts mehr vor hatte und ihn nach der Schule begleiten könnte. So bekam ich die Chance, mit ihm einmal alleine zu sein, denn normaler Weise waren die Jungs immer bei uns. Lysop wollte sich ursprünglich an uns dranhängen, da ihm auch eine fehlte und er kein Stundenprotokoll aufgebrummt haben wollte, aber zum Glück hatte er noch Nachmittagsunterricht, ansonsten wäre mir die Zweisamkeit vorenthalten geblieben. Wir hatten ja nicht alle Kurse gleich belegt. Ich war total glücklich, weil ich mit Sanji zusammen durch die Stadt bummeln konnte, denn so oft bekam man diese unauffällige Gelegenheit nicht! Ich wollte nicht, dass irgendeiner wusste, dass ich ein bisschen in Sanji verknallt war, und deswegen war es gut so. Ich hatte mich total gefreut, mit ihm vernünftig und vor allem ungestört reden zu können. Wenn wir in unserer Clique waren, benahm er sich ja auch so wie die anderen Jungs, und wenn man mit einer Person alleine redet ist es oft so, dass sie offener und ehrlicher ist. Deshalb wollte ich ihn bei diesem kleinen Stadtspaziergang ein bisschen aus der Reserve locken, um mir selbst zu zeigen, dass seine ganzen Liebeleien nur Masche waren und er anders war. Ich war schon mal mit Sanji kurz alleine, als wir alle zum Bowling verabredet, und wir zwei die ersten am Treffpunkt waren. Doch da hatte er mich kaum beachtet und bloß nach anderen Mädels Ausschau gehalten. Er war zu der Zeit, als ich ihn kennen lernte, ein totaler Mädchenaufreißer. Er hatte wirklich jede angebaggert, die ihm über den Weg gelaufen ist, Komplimente verteilt und rumgeschwärmt. Das fand ich echt zum Kotzen. Aber in letzter Zeit war er total anders, er war extrem lieb zu mir und gar nicht mehr so aufmüpfig. Okay, sein Geschwärme war noch immer vorhanden, aber bei Weitem nicht mehr so stark ausgeprägt wie vorher. Jetzt hätte ich ihm auch Treue zugetraut, denn irgendwie schien er gereift zu sein, das war die größte Umwandlung, die ich je bei einem Menschen beobachtet hatte. Vom Macho zum schüchternen Typen. Einen ziemlich süßen, schüchternen Typen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in seinem Alter als Junge schwer ist, sich erwachsen zu verhalten, weil man immer mit andren mitlaufen möchte. Aber Sanji hatte irgendeine Entwicklung durchgemacht, und in unserer kleinen Truppe sind alle so locker miteinander, da war es total in Ordnung, wenn jemand mal ne Zeit lang anders drauf war. Es war irgendwie schon festgelegt, dass wir einander nie ausschließen würden. Und dass Sanji sich nicht mehr in alle Mädchen verknallte, fiel wie ein Dorn ins Auge. Dafür wurde er aber gar nicht kritisiert, denn das war schon sehr seltsam für uns, bestimmt mindestens genauso seltsam wie ihm selbst zumute sein musste in dieser Lage. Als wir nebeneinander durch die Fußgängerzone liefen, rauchte er eine Zigarette. Wir wussten überhaupt nicht, über was wir reden sollten, und diese Stille fand ich schlicht doof. „Brauchst du noch was anderes, oder bloß die Schablone?“ fragte ich, um ein Gespräch anzufangen. Ich war mir nicht ganz sicher, ob Sanji bloß kein Interesse daran hatte, mit mir zu sprechen, oder ob ihm einfach nichts einfiel. Dass ich mit ihm mitging freute ihn sicher, nur ist so ein Schweigen schon unangenehm. „Ne, ich muss nur in den Bastelladen. Ich glaub der ist in der einen Seitenstraße dahinten.“ Als er das sagte, sah ich ihn dabei an. Ich wollte ja wie immer mit ihm umgehen, schließlich waren wir gute Freunde. Er sollte auch nicht denken, dass ich seinem Blick nicht standhalten könnte, oder gar als stechend empfinden würde, obwohl genau das der Fall war. Außerdem wollte ich ihn auch ansehen, er hat doch so schöne Augen und das wäre doch das Dümmste überhaupt, wegzugucken. „Hast du deine Arbeit für Kunst schon fertig?“ erkundigte er sich bei mir, um beim Thema Schule zu bleiben. „Ja klar, ich wollte noch Zeit haben, um für Erdkunde zu lernen.“ „Wieso denn für Erdkunde? Schreiben wir einen Test?“ Sanji schien manchmal wirklich im Unterricht zu träumen. „Ich denke schon, hast du noch nichts dafür getan?“ Dann wär’s aber Zeit geworden, fand ich. „Nein, ich hätte jetzt eher in Chemie damit gerechnet oder so, aber Erdkunde...?“ Sein Gesicht verriet eine Mischung aus Unwollen und Angst, der Gute hatte einfach keinen Spürsinn für Hausaufgabenüberprüfungen. Ich sollte ihm wirklich mal Nachhilfe oder so anbieten, denn ich glaube nicht, dass es ihm bis dato viel gebracht hatte, wenn wir bloß alle zusammen die Hausaufgaben machten, was schon seit langem eine Art Ritual bei unserer Clique war. Da fuhr ein schöner Wagen am Ende der Fußgängerzone vor uns vorbei, dass weiß ich noch. Er war silbern und der Besitzer hatte sicherlich Geld. Weiterhin hatte das Auto mich nicht interessiert, doch es wurde vor uns langsamer, als es an den Straßenrand fuhr. Sanji und ich überquerten die Straße und er sah auch dorthin, die Beifahrerseite zeigte zu uns. Ich dachte, es wolle da parken und lief auf dem Bürgersteig geradeaus weiter, aber Sanji war immer noch mit dem Gesicht dorthin gewandt. Als das Beifahrerfenster runtergekurbelt wurde, lief er die paar Meter dorthin. Jetzt fiel auch bei mir der Groschen, dass es Bekannte von ihm sein mussten. Also entschloss ich zu warten, bis er kurz ’’Hallo’’ gesagt hatte und zurückkäme. Ich stand an irgendeinem Laden gelehnt und beobachtete meinen heimlichen Schwarm. Ich überlegte auch, über was ich danach mit ihm reden könnte, damit es ihm auch gefiel, Zeit mit mir zu verbringen. Ich zupfte mein Top zurecht, es war ja schon richtig warm geworden die letzten Tage. Die Sommerferien waren zwar noch etwas hin, aber das Klima stimmte schon alle richtig darauf ein. Mein Blick galt wieder dem Auto und der Szene, die sich mir bot. Ich wollte wissen, wer das im Auto war und woher Sanji die Leute kannte. Der Fahrer schien ein älterer Mann zu sein, er hatte bestimmt ein faltiges Gesicht. Die Sonne wurde ein wenig von der Frontscheibe reflektiert, deswegen sah ich es nicht so gut. Im Beifahrersitz befand sich jedenfalls eine Frau, oder besser gesagt eine Jugendliche, in unserem Alter. Ihre Fensterscheibe war runtergekurbelt, und Sanji stand zu ihr runtergebeugt. Sie hatte den Anschein sehr hübsch zu sein, ihre Harre waren hellbraun und ziemlich lang, soweit ich das von der Stelle aus beurteilen konnte. Mir lief es schon etwas kalt den Rücken runter, als ich sah, wie sie Sanjis Hand anfasste und sie umklammerte. Sanji machte auch keine Anstalten, sie wegzuziehen und streichelte ihre ebenso. Ich konnte meinen Blick gar nicht mehr abwenden, das konnte doch nicht sein, dass er eine Freundin hatte? Dass sie wirklich seine Freundin war? Oder war das einfach nur ein Flirt, der von ihrer Seite ausging und Sanji natürlich nichts dagegen hatte? Bevor ich mich da in etwas hineinsteigerte, wartete ich weiterhin geduldig und behielt einen kühlen Kopf. Das Mädchen lachte wohl in dem Moment und drehte ihren Kopf zu dem Mann am Steuer. Der lachte nicht mit, und ich glotze immer noch auf die Händchenhaltenden beiden. Ich konnte unmöglich etwas unternehmen, ich musste warten, bis sich Sanji von selbst regte und wünschte mir innerlich, dass dies bald geschehen würde. Ich sah noch kurz nach links und rechts, ob jemand, den ich kannte, herumlief, aber da waren bloß fremde Gesichter. Ich überlegte auch, ob ich zum Auto gehen sollte um Sanji so was zu sagen wie: ’’Du Sanji, wenn du noch länger brauchst geh ich eben alleine, ich muss doch um 14:00 Uhr da sein, hab ich dir doch vorhin gesagt.’’ Nur wäre das nicht gut rübergekommen. Und sicherlich hätte ich das nicht gebracht, aber um von hier wegzukommen... Ich kam mir schon blöd vor, wie ich da stand und zusehen musste, was sich da direkt vor meinen Augen abspielte. Da regte sich Sanji grad, er schien sich verabschieden zu wollen. Endlich! Er redete aber noch und vor meiner Nase liefen Passanten vorbei, mithören war also nicht drin. Doch ich sah ganz genau, dass Sanji seine Hand auf ihren Kopf legte und einmal drüber strich. Er bückte sich zu ihr vor und gab ihr einen Kuss aufs Haar. Oder hab ich da falsch gesehen? Nein. Nein, er hat das echt getan. Er ...er hat wirklich dem Mädchen dort im Auto einen Kuss aufs Haar, auf die Stirn, was weiß ich, gegeben. Wer war das!? Jetzt war es da, das Gefühl der Eifersucht, die ich die ganze zeit beiseite geschoben hatte. Sanji, verdammt! Der war mir eine Erklärung schuldig! Und dieses Mädchen, ich hatte sie noch nie gesehen, nie, niemals, never , das konnte doch nicht sein! Er hat nie etwas von ihr erzählt, weder mir noch den anderen. Seit wann machte er so Heimlichtuereien? Ich kann wirklich nicht sagen, was mir da alles durch den Kopf gegangen ist, jedenfalls übelst viel. Sanji kam dann relativ gelassen zu mir zurück –auf den ersten Blick. „Wer war das?“ fragte ich vorne weg und sah ihn schroff an. Sanji holte sich eine Zigarette heraus und steckte sie sich in den Mund. Erfreulicherweise war er nicht so guter Laune nach dieser Begegnung. „Kennst du nicht.“ sagte er kurz angebunden. Dass ihm dieses Thema mehr als unangenehm war, sollte ich später noch genauer zu spüren bekommen. „Ist das ne Sandkastenfreundin oder so?“ bohrte ich aus Neugier weiter. So ließ ich die Sache ganz sicher nicht im Raum stehen, und er wusste auch, dass ich sehr hartnäckig sein konnte. Sanji zog noch mal das Nikotin ein und paffte es in Form von Rauch wieder aus. Er war bedacht darauf, nicht in meine Richtung zu gucken. Redete er noch mit mir? Hallo? „Das war meine kleine Schwester.“, sagte er nun betont lässig. Seine Schwester ? „Deine Schwester?“ Ich glaube meine Verwunderung war nicht zu überhören. Dass er eine Schwester hatte wusste ich nicht – und ich konnte darauf schwören, dass das auch kein anderer wusste! Ich dachte die ganze Zeit über, dass er Einzelkind sei! Woher zum Kuckuck hatte er auf einmal eine Schwester? „Ja, sie ist meine kleine Stiefschwester. Der Mann im Auto war der Freund meiner Mutter.“ Erklärte er und schaute dabei gen Boden. Das fand ich aber wiederum richtig interessant, da es mir verdeutlichte, dass ich ihn gar nicht so gut kannte, wie angenommen. „Das hast du nie erzählt, dass du eine Schwester hast.“ ging ich darauf ein. „Wir sind ja auch nicht blutsverwandt. Und mich hat eben nie einer danach gefragt.“, wollte er das Gespräch abwringen. „Und wieso hast du sie uns bis jetzt noch nie vorgestellt?“ Bevor Sanji darauf antwortete fummelte er heftig an seiner Zigarette rum. Ihn konnte das doch nicht nervös machen? „Du hast es also nicht gesehen? Oder gemerkt?“ fragte er auf eine verschlossene Art, die ich an ihm gar nicht kannte. Deswegen war ich etwas unsicher. „Was hab ich nicht gemerkt?“ Er nahm noch einen Zug und der Glimmstängel glühte leicht auf. Wieder mit leiser Stimme sprach er weiter. „Sie hat eine Behinderung. Sie ist immer im Krankenhaus, deswegen erzähle ich auch nicht gern darüber. Das geht keinen was an, ist nichts gegen dich.“ Was sollte sie denn für eine Behinderung haben? Natürlich wollte ich ihm nicht auf die Nerven gehen, wenn ich ihm alles aus der Nase ziehe, aber was mit ihr los war interessierte mich schon. „Sie scheint dir wichtig zu sein, so lieb wie du mit ihr umgegangen bist.“ sagte ich lächelnd. Die Vorstellung, dass Sanji als großer Bruder auf seine kleine Schwester aufpasst, fand ich richtig süß. „Klar ist sie mir das.“ meinte er, und auch auf seinen schönen Lippen zeichnete sich ein kurzes Lächeln ab. Er sah immer noch auf den Boden. „Kannst du mir sagen, was sie hat?“ fragte ich vorsichtig. Ich mein –ich hätt’s ja auch keinem erzählt, das ist ja was Familiäres. Seine Zigarette war nun aufgeraucht und er warf sie in den nächst besten Mülleimer. „Sie kann nicht sehen.“ Wir waren nun in der besagten Seitenstraße drin. „Du meinst sie ist blind?“ wollte ich mich noch mal versichern, nicht dass es Missverständnisse gab. „Ja.“ kam es von ihm. Ein wenig geschockt war ich schon, dass musste ja hart sein... nicht nur für sie, sondern auch für ihn. Aber wieviel hinter alldem wirklich steckte, wurde mir erst lange Zeit später bewusst. Ich hatte noch vieles über die beiden in Erfahrung gebracht, was ich an dem Tag natürlich noch nicht ahnen konnte. Jedenfalls bin ich sicher, dass er mir Genaueres gesagt hätte, wenn ich noch weiter gefragt hätte, aber Sanji mochte nun wirklich kein Wort mehr darüber verlieren. Das merkte man einfach. Die folgenden Schritte zum Bastelladen schwiegen wir. Ich hätte gerne mehr über sie gewusst, aber war gezwungen, aus Höflichkeit erstmal darauf zu verzichten. erstellt am 1.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 5: Stepfamily - Kindheit 4/Pubertät 4 --------------------------------------------- Kapitel 5: Stepfamily - Kindheit 4/Pubertät 4 Sanjis Sicht Jeff und Seulgi kommen zu Besuch und Mama hat sich richtig dafür rausgeputzt. Obwohl sie schon seit fünf Monaten mit Jeff zusammen ist, macht sie sich immer noch hübsch für ihn. Dabei mag –liebt- er sie doch wie sie ist, so wie ich das sehe. Ich bin mal gespannt, wie das so wird, wenn wir alle unter einem Dach wohnen. Mama und Jeff suchen ja seit kurzem auch eine Wohnung für uns vier. Ich freue mich zwar für Mama, da in ihrem Liebesleben endlich mal wieder was los ist, nur finde ich überstürzen die beiden es ein wenig, schon so früh zusammenzuziehen. Ich bin eh immer passiv und lasse alles auf mich zukommen, so wie es wird. Mit Jeff verstehe ich mich ganz gut und Seulgi ist auch sehr nett zu mir, und wahnsinnig hübsch. Nur dass ich sie dann als Schwester akzeptieren soll ist schon etwas ungewohnt. Naja, jedenfalls würde ich gern wissen was die beiden von mir so halten. Jeff macht immer einen auf lustig und hebt jedes Mal die Stimmung. Er scheint auch nicht so streng zu sein. Aber sollte er nur einmal Hand an Mama anlegen schmeiß ich ihn raus! Ich lasse nicht zu, dass Mama noch mal von irgendwem schlecht behandelt wird. Ich weiß ja, dass sie mit Papa damals bloß zusammen geblieben ist, weil ich noch so klein war. Aber als ich neun/zehn war wurde es ja unerträglich. Als er ausgezogen ist, sind Mama und ich in der Wohnung geblieben. Jetzt sollen wir also umziehen, zusammen mit Jeff und Seulgi. „Ich hör das Auto schon“ Mama geht aufgeregt zur Haustür, ich stelle mich brav hinter sie in den Flur. Die Autotüren werden zugeschlagen und Jeff taucht auf. Zuerst grüßen sich Mama und er, dann kommt er weiter zu mir während Seulgi Mama die Hand gibt und dann zu mir kommt. Die Stimmung ist total locker und wir sitzen alle im Wohnzimmer um den kleinen Tisch. Jeff hat seinen Arm um Mamas Schultern gelegt und auf der Couch geben sie eigentlich ein schönes Pärchen ab. Es wurde auch mal Zeit, dass ich Mama wieder so strahlen sehe. Sie kommt mir wie ein frisch verliebter Teenager vor. Jeff erzählt etwas und belebt seine Geschichte mit Handgesten. Seine blonden Haare verlieren ein wenig an Glanz und sein Bart ist noch etwas länger geworden seit dem letzten Mal. Ich könnte mir schon vorstellen, dass das mit den beiden lange hält. Seulgi sitzt so wie ich auf einem eigenen kleinen Sessel, gegenüber den beiden Erwachsenen. Sie ist wieder mal perfekt vom Aussehen her. Ihr Kleidungsstil ist unglaublich, obwohl es was völlig alltägliches ist. Sie könnte den letzten Plunder tragen und würde trotzdem immer noch gut darin aussehen, ohne Witz! Sie ist einfach nur umwerfend. Ihre langen braunen Haare sind heute zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, was ihr Gesicht gut hervorhebt. Sie verfolgt genau wie ich den inzwischen auf ein zweier-Gespräch reduzierten Dialog unserer Elternteile. Das heißt also, ihr Interesse ist halbwach, so wie meines. Deswegen stehe ich auf. „Ich geh mal auf mein Zimmer, zum Essen könnt ihr mich dann rufen.“ Wie zu erwarten gibt es keine Widerrede, auf mein lieb gemeintes Lächeln, und ich sehe zu Seulgi um ihr zu verdeutlichen, dass sie mitkommen kann. Sie lächelt auch und kommt hinter mir her. Ich dachte echt, ich wäre verklemmter bei ihr, aber wir verstehen uns so super gut! Wir können wirklich supergut miteinander reden, ohne dass einer zu viel sagt oder was Falsches sagt oder sich verspricht oder sonst was... Mir macht es total Spaß mit ihr zu erzählen und zu lachen. Von Freunden kenne ich ja bloß, dass Geschwister nerven oder herumkommandieren, aber hier ist das voll nicht so. Liegt halt daran, dass wir uns nicht von kleinauf kennen, deshalb werden wir uns auch nicht so schnell in den Haaren liegen können. Als wir gerufen werden steht ein leckeres Essen auf dem Tisch. So einen gemütlichen Tag hatte ich lange nicht mehr. Ich denke, dass das echt gut wird, wenn wir wie eine Familie sind. Mama ist total glücklich, Jeff ist überhaupt kein bisschen brutal und mit Seulgi kann ich über Gott und die Welt reden. Ich denke mit so einem Stiefvater und so einer Stiefschwester haben Mama und ich das große Los gezogen. Das Los in Richtung positive Zukunft! erstellt am 2.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 6: Schwimming Bath- Gegenwart ------------------------------------- Kapitel 6: Schwimming Bath - Gegenwart Sanjis Sicht Da Ruffys Bude am Größten ist, waren wir Samstagnachmittag bei ihm. Kaum dort angekommen wurde ich in die Küche gelotst und nun stand ich vor einem Schneidebrett und bereitete Obstsalat zu. Die ganzen Früchte hatten in einem Korb unterm Küchentisch gestanden; die konnte bloß Ace gekauft haben, denn auf so eine Idee kam der Strohhutträger ganz sicher nicht. Ich schnitt in normaler Schnelle alles in kleine Scheibchen, Kerngehäuse raus, Schalen weg, faule Stellen entfernen, dann Schlagsahne schlagen und alles in fünf Schüsseln aufteilen. Soviel ich wusste, waren Ace und Nojiko zusammen Eis essen; und wenn der Gute nach Hause käme und sein Ost nicht mehr vorfände, wären wir eh schon über alle Berge. Er hätte höchstens noch Ruffy verurteilen können, aber selbst Schuld, wenn man bei so einem Vielfraß als Bruder trotzdem groß einkaufen geht. Ruffy, Zorro, Lysop und Nami saßen um den kniehohen Tisch im Wohnzimmer und hatten Monopoly aufgebaut. Ich hoffte, dass einer schon für mich mitgespielt hatte, ansonsten waren alle Straßen sicher schon verkauft. Als ich mit dem Obstsalat kam, bekamen die Jungs große Knopfaugen und mussten wohl im selben Augenblick alle ihre Manieren –falls die vorhanden waren- vergessen haben. Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl, der einzige mit Anstand unter ihnen zu sein. Ich stellte vor ihnen die Schüsseln plump ab, servierte sie nur Nami mit Galan. Wie es zu dem Entschluss kam weiß ich nicht mehr, jedenfalls wurde uns das Brettspiel auf einmal zu langweilig. Da Action hermusste ging es: ins Schwimmbad. Wir nahmen den Bus und fuhren in die Nachbarstadt Orange Village. Dort gab es das ’’Water Desert’’, für das es sich richtig lohnt hinzufahren. Es ist ein Hallenbad, wobei wir bei der schon herrschenden Hitze ins Freibad könnten, aber dort gab es viel mehr Programm. Die haben zwei Schwimmerbecken, ein Wellenbad, zwei Kinderbäder, das meiste ist miteinander verbunden, es münden dann noch drei lange Rutschen in ein Extrabecken, es gibt zusätzlich noch ein Sprudelbad und ein Außenbad mit Salzwasser. Also: purer Luxus zu nicht überteuerten Preisen. Nachdem wir an der Kasse vorbei, uns umgezogen haben, alle Taschen in Schließfächer verstaut, Liegen gesucht und ans Wasser gewöhnt hatten, ging der Spaß richtig los. Ruffy und Lysop kamen echt auf verrückte Ideen und es sah so verlockend aus, da mitzuplanschen, aber ich riss mich zusammen, denn ich wollte nicht so kindisch auftreten –vor Nami. Im Wasser passte ich auf, ihr nicht zu nahe zu kommen, wobei ich sie liebend gerne von hinten gepackt oder untergetunkt hätte. Was gibt es schöneres, als mit dem Mädchen seines Herzens rumzuschäkern? Irgendwann relativ zu Beginn unseres Aufenthalts verschwand Zorro ins Schwimmerbecken, um dort seine Bahnen zu ziehen. Dann kam in Ruffy wieder der Hunger zu Wort. „Hey, ich hab vorhin auf nem Schild gesehen, dass die hier Hot Dogs verkaufen! Ich hab ewig schon keine Hot Dogs mehr gegessen!“ grinste er und bekam gleich darauf Zustimmung von der Langnase. „Also ich hätt eher Lust auf so was wie ein Eis.“ meinte Nami. Mein Mund fügte sich dann wie von selbst. „Ja, Eis ist ne gute Idee. Im Schwimmbad isst man doch immer Eis.“, stimmte ich ihr automatisch zu, aber sie schien es nicht zu bemerken. Lysop ergriff dann die Initiative. „Ich bin Erster!“ rief er und wollte zu der Treppe, die aus dem Becken führte, rennen, aber Ruffy griff ihn dann von hinten. Er wollte ihn zwar nur festhalten, aber dabei kam Lysops Hose ins Rutschen. Seine Reflexe waren grade noch schnell genug, diese festzuhalten, bevor Ruffy sie ihm runtergezogen hätte. Das war echt peinlich für den Lockenkopf und deshalb mussten wir alle über ihn lachen, am Lautesten war natürlich der Verantwortliche selbst -Ruffy. „Scheiße Mann! Du hättest mir fast die Hose runter gezogen!“ schrie er in seiner piepsartigen Stimme, und die Röte in seinem Gesicht untermalte die Szene noch besser. „Ja ich weiß!“ lachte Ruffy weiter und Lysop wollte ihn zur Strafe den Kopf unter Wasser drücken. Nami fand das auch sehr witzig und sie sieht so süß aus, wenn sie lacht! Lysop beruhigte sich bald auch wieder und wir wollten alle zu dem Kiosk. „Können wir nicht abmachen, dass keiner mehr den andren an die Hose geht?“ nörgelte er und Nami fand auch, dass dasselbe für Bikinis gelten sollte. Ich würde sie so oder so nie anrühren, sie konnte bloß Ruffy und Lysop meinen. Jedenfalls galt die Abmachung und keiner dachte mehr über den Vorfall nach. Namis Sicht Wir saßen auf dem Rand eines Blumentopfes einer plastischen, tropischen Pflanze und aßen unser Eis. „Auf jeden Fall geh ich danach aufs 5Meterbrett!“ kam es von Ruffy, „Das ist doch viel zu hoch! Ich würde allerhöchstens vom 3Meterbrett springen!“ entgegnete Lysop. Mein Blick wanderte zu Sanji, der sofort seinen Kopf von mir wegdrehte, und ein Lächeln stahl sich in mein Gesicht. Er hatte mich angesehen. Er hätte mir auch ruhig in die Augen sehen können, immerhin spricht das auch eine Sprache für sich. Er sah nun zu dem Schwimmerbecken, ich mochte es, dass seine Haare nass waren, dass er eine Badehose trug, dass er mit gebeugtem Rücken dasaß, dass er sich mit einer Hand abstützte, dass er mich angesehen hatte und auch dass er dann wegsah. Er war schüchtern, weil ich ihn ertappt hatte, als er mich angeguckt hatte. Ich leckte an meinem Eis weiter und beteiligte mich dann am laufenden Gespräch. „Ich würd gern in dieses Sprudelbad gehen.“ lautete mein Vorschlag. „Dann soll doch jeder grad einfach das tun was er möchte und in ner halben Stunde treffen wir uns wieder hier!“ schlug Ruffy vor. Trotz seines Dickkopfes hat er ein gutes Anführergefühl, er passt immer auf, dass alle zusammenblieben und jeder zufrieden war. Wir standen also auf und die Schwarzhaarigen gingen zu den Sprungtürmen und im selben Moment kam mir der Gedanke, dass Sanji vielleicht mit mir mitkommen könnte. Ich lief also nicht schnell davon, sondern drehte mich zu ihm um. „Was möchtest du machen?“ Ich sah ihn an, er saß nach wie vor am selben Fleck. „Ich weiß nicht genau.“ Mensch, hat er schöne Wimpern. „Würd’s dich stören, wenn ich mitkomme?“ fragte er freundlich und ein Siegesgefühl breitete sich in mir aus. Ich tat den ersten Bissen an meiner Waffel. „Nein überhaupt nicht.“ So stand er auch auf und lief hinter mir her, die Fliesen gaben ja nicht einen allzu breiten Weg preis. Ich sah mich nach einem Aushängeschild um, damit ich mich bloß nicht verlief. Und ausrutschen durfte ich auch nicht, der Boden war sehr nass. Obwohl mich Sanji dann auffangen würde, aber eine Peinlichkeit wollte ich damit nicht riskieren. An besagtem Becken angekommen saß ich mich vorsichtig hinein, darauf bedacht, keinen anderen schon sitzenden Schwimmbadbesucher zu streifen. Es war rund und abgesehen von Sanji und mir hätten wohl noch 2 Leute reingepasst. Die Blubberblasen waren schon in Betrieb, nur war das doch nicht so ein geeigneter Platz, um mit Sanji zu reden. Nur konnte ich natürlich nicht gleich wieder raus, da es mein Wunsch war, hierherzukommen, also blieben wir. Hätte ich meine Augen schließen und mich zurücklehnen sollen? Dann hätte Sanji mich vielleicht beobachtet und dann vielleicht auch gedacht, dass ich total hübsch bin, wenn ich so daliege. Das klingt zwar etwas eingebildet, aber er sollte mich doch hübsch finden, und Vivi hat mir etliche Male bestätigt, dass mir mein Bikini perfekt steht. Den hatte ich zwar nicht extra für Sanji gekauft, aber damals im Kaufhaus schon gedacht, dass der allen Jungs gefallen würde. Das mit dem ’Augen schließen und mich entspannen’ ließ ich aber gleich bleiben. „Magst du nicht doch wieder ins Kinderbecken?“ fragte ich ihn in leisem Ton, hier wurde ja nicht in normaler Lautstärke gesprochen. Sanji lächelte mich an und nickte, also drehte ich mich um und zog mich so elegant wie möglich heraus. Da wir das warme Wasser hinter uns ließen und die Kälte mir eine Gänsehaut bereitete, liefen wir schnell wieder ins Kinderbecken zurück. Dort waren nicht so viele Kinder, eher Jugendliche von 14 bis 15 Jahren, und mal ein Paar mit Baby in einem Luftreifen und mal Singlepersonen und mal eine alte Oma, aber es gab ja reichlich Platz. Ich weiß nicht mehr genau, was Sanji und ich redeten, aber ich musste viel über das lachen, was er sagte. Das ist ja auch immer das Ziel, dass die Jungs die Mädchen mit ihren Sprüchen zum Lachen bringen. „Wir können uns ja so eine Matte holen“ schlug ich vor und zeigte auf zwei kleine Kinder, die sich versuchten, auf eine obendrauf zu stellen. „Gute Idee.“ Und wir fragten die Kleinen lieb, ob wir sie denn haben könnten. Nein. Und weg schwammen sie. Doofe Kids. „Sehr freundlich.“ sagte Sanji ironisch und wollte sich auf dem Rücken treiben lassen, was misslang. Ich tauchte einmal kurz unter, um meine Haare wieder nass zu bekommen. Sie waren zu einem kleinen Zopf zusammengebunden, mir hingen höchstens Ponyfransen in der Stirn, die ich aber aus dem Gesicht haben wollte. Schade, dass ich keine Schwimmbrille oder einen Tauchreifen dabei hatte. „Magst du rutschen?“ war Sanjis nächster Vorschlag. „Nachher vielleicht.“ lehnte ich ab. „Ok.“ Im selben Augenblick hätte ich mir selber in den Arsch beißen können, das wäre doch die Chance gewesen! Er hätte sich breitbeinig hingesetzt und ich mich vorne dran und dann wären wir gerutscht, dabei hätte er vielleicht noch seine Hände auf meinen Bauch gelegt, um mich festzuhalten. Das alles spielte sich bildlich vor meinen Augen ab, mein Mund war einfach schneller gewesen als mein Verstand. Wenn er mich später noch mal gefragt hätte, hätte ich hundert Prozent ’Ja’ gesagt! Leider kam es dazu nicht mehr. Ich Idiotin aber auch... Von Ruffy und Lysop war keine Spur, mir gingen auch die Ideen aus, was wir tun sollten, also tauchte ich unter und versuchte einen Handstand. Dabei kippte ich leicht um und traf jemanden. Beim Auftauchen sah ich, dass es Sanji war. Ich lachte eine Entschuldigung, aber es war bestimmt nicht so schlimm. Ich hatte versucht, die Augen unter Wasser offen zu halten, und dabei hatte ich nicht mehr aufgepasst, wohin ich meine Beine streckte. Ich wischte mir das Wasser aus dem Gesicht, der Chlorgeruch war noch in meinem Mund. Sanji und ich hätten ein Spiel machen können, so was wie: ’ich tauche unter und schreie ein Wort, und du musst erraten, was ich sage’ Oder ich hätte tauchen können und ihn an den Beinen runterziehen können, das wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Nur wäre es sicherlich blöd rüber gekommen, so was hatte ich mal in der fünften Klasse mit Freundinnen gemacht, jetzt war ich in der Elften, Hallo? Da war eine dicke Frau in einem Reifendingens, und sie spülte irgendwie an uns vorbei. So ein Teil kann man ja schlecht steuern, deswegen nahm ich es ihr auch nicht übel, sondern schwamm ein kleines Stückchen zu Sanji hin. Mein Herz freute sich darüber. Danke, Reifenfrau! Mit einer kleinen Welle streifte ich seinen Arm und er ging –leider- ein paar Zentimeter von mir weg, dass wir uns nicht zu nahe kamen. Das war ja selbstverständlich, echt verflixt. „Hier fängt bald das Wellenbad an.“ sagte Sanji. Ich sah ihn an. „Woher weißt du das?“ Mit dem Kopf nickte er zu einer Wand, wo die Uhr hing. „Achso.“ Da stand es auf einer Tafel. Jetzt hatte ich eine gute Idee. Zwar sehr einfallslos und närrisch, aber gut genug, um es in die Tat umzusetzen. „Sag mal Sanji, bist du kitzlig?“ lächelte ich ihn wissbegierig an. Es lag auf einmal irgendetwas Verlegenes in seiner Stimme, war das schon wieder ein schüchterner Punkt an ihm, den ich getroffen hatte? „Äm... eigentlich nicht.“ Mein Grinsen wurde breiter. Er war kitzlig, also konnte ich mich an ihn annähern, nur durfte es nicht so überstürzt sein. Vorsichtigkeit war immer eine Norm in Jungen-und Mädchencliquen. Unsere Wasserspielerei war total lustig, ich hätte nicht gedacht, dass Sanji so mitmachen würde. Anfangs hatte ich nur immer wieder mal einen Arm nach ihm rausgestreckt, um ihn mit petzähnlichen Bewegungen meiner Hände zu quälen, aber der Spieß hatte sich ganz schön schnell umgedreht, und er kitzelte mich . Ich musste total lachen, durfte kein Wasser schlucken, und musste mich aus seinem Griff befreien. Ich setzte unter Wasser einen Fuß auf den Boden und konnte mit einem Schritt hinter ihn herauskommen, nutzte die Position sofort und drückte ihn von hinten nach unten. Meine Arme drückten seine Schultern unter Wasser, und er drehte sich in meine Richtung um. Normal wäre ich viel zu schwach, das zu schaffen, aber ich hatte den Überraschungseffekt auf meiner Seite. Er wollte wieder hochkommen, er war mit ganzem Körper unter Wasser, aber daran dachte ich nicht einmal. Falls er mich nicht kitzeln sollte oder nicht an meinem Bikini irgendwo ziehen sollte –beispielsweise den Knoten hinten aufmachen- hätte er nicht hochgekonnt. Aber ich wusste, dass er sich an die Regel von vorhin halten würde, also hatte ich ihn in meiner Hand. Ich war total in der Übermacht und wollte wissen, ob er wirklich so leicht aufgegeben hätte, oder ob er sich noch was einfallen ließe, sich zu befreien. Aber bevor ihm die Luft ausgehen sollte, musste ich ihn hochlassen. In dem Moment, als ich den Druck auf seinen Schultern nachließ, fasste er mit seinen Händen um meine Hüfte, zog sich zu mir heran und ich hatte keinen blassen Schimmer, was das werden sollte. Wollte er wie ein Klammeraffe an mir dranbleiben? Doch was er dann tat, warf mich irgendwie völlig aus der Bahn. Sein Kopf war direkt vor meinem Bauch, und alles ging so schnell, das ist total schwer, das nachzuerzählen. Ich dachte im ersten Moment, er küsste mich, aber in Wirklichkeit wollte er mich beißen! Er wollte mich in den Bauch beißen, und da hob ich vor Schreck erst recht die Arme hoch und ließ ihn von mir ab. Ich war irgendwie total erschrocken darüber, wich ein Stückchen zurück, da er so was noch nie gemacht hatte, und als er mit dem Kopf hochkam holte er erstmal tief Luft, hatte dabei ein breites Lächeln aufgesetzt und musste dann über meinen Gesichtsausdruck lauthals lachen. Die Hitze breitete sich rasend schnell in meinem Körper aus und ich spritzte ihm Wasser zu, damit er sich halber wegdrehen musste, um sich zu schützen. Seinen Arm hob er vor sich. „Hey, war doch nur Spaß!“ meinte er in immer noch lachenden Ton. Ich fand das ja auch toll, dass er das gemacht hatte, nur musste er das nicht als lustig empfinden. Immerhin war ich nicht darauf vorbereitet und ich war es überhaupt nicht gewohnt, dass man mich austrickste, weil ich immer die Fäden in den Händen hielt. Von den Seiten her kamen dann drei Gestalten, die mit einem „Yippieeee!!!“ vom Beckenrand reinsprangen. Es waren die vermissten Jungs, die uns ja hierher begleitet hatten. Achnein, wir waren ja als geschlossene Gruppe hierher gekommen, also ich war nicht mit Sanji alleine hergekommen. Natürlich wäre ich viel lieber mit ihm allein geblieben, aber es war schon okay, dass sie wieder aufgekreuzt waren. Zorro schien sogar richtig guter Laune zu sein. „Eine Wasserschlacht!“ kam es spontan von Ruffy, und er knallte seinen Arm mit voller Wucht auf die Wasseroberfläche, womit er uns alle außer Gefecht setzte. „Wenn du nicht sofort damit aufhörst, erwürge ich dich! Wie den Typen aus dem Schwimmerbecken!“ drohte Zorro. „Was hast du getan!?“ rief Lysop ungläubig, aber ängstlich. Zorro lachte kurz. „Du Angsthase, ich habe ihn-“ mit seinen Händen zeigte er so, als würde er jemandem das Genick brechen. Lysop war unsicher, ob das stimmte, tendierte aber eher dazu, es nicht zu glauben. „Nee!“ Mein Blick schweifte über alle vier, bis er Sanji visierte. Er hatte leider auf den Erzähler gesehen und nicht zu mir. „Ich hab den besten Schwimmer von Bahn Eins herausgefordert und besiegt.“ erzählte Zorro triumphierend. Bei seinen Muskeln konnte ich mir das nur allzu gut vorstellen. Er war sicherlich kein Meisterschwimmer, aber wer so ein Muskelpaket war, schafft das doch mit links. Seine Ausdauer und Hartnäckigkeit sind schon erstaunlich. Nur würde ich ihn als Freund nie haben wollen, ich konnte wirklich nicht verstehen, was Vivi an ihm so toll fand. Da war mir einer wie Sanji zum Schmusen millionen Mal lieber. Nichts gegen die Jungs, ich mein, ich mag sie ja alle total, nur waren sie noch nie mein Fall gewesen. Sanji war der einzige, für den ich wirklich Gefühle entwickelt hatte. Sanjis Sicht Wir gingen alle zu unseren Liegeplätzen zurück. Lysop nahm sich die Schlüssel, um zu den Schließfächern zu gehen, und ich begleitete ihn. Zwar hätte ich es vorgezogen, in Namis Gegenwart zu bleiben, aber es sollte ja nicht zu auffällig werden, wenn ich pausenlos an ihr geheftet blieb... dass ich sie zuvor gebissen hatte, hatte sie ja total erschrocken. Damit hatte sie nicht gerechnet und mir war rätselhaft, ob das nun ok gewesen war, oder ob ich zu weit gegangen war. Lysop schloss das Fach auf und holte die Fantaflaschen raus. Er drückte sie mir in die Hand und ich lief schon mal los, durch die Männerdusche und dann Richtung Gruppentreff. Ich rempelte dabei versehentlich jemanden. „Tschuldige.“ meinte ich und sah dann als erstes, dass es eine Brünette war, danach ihr Gesicht. Das durfte doch nicht wahr sein, dass ich jetzt einer über den Weg lief! Im gleichen Augenblick hatte sie mich auch erkannt und lächelte. „Hey, du!“ Ich hasste den Ton ihrer Stimme. Die Fanta war noch immer kalt, da sie in nasse Tücher eingewickelt im Rucksack war. Die beiden Plastikbehälter hielt ich am Flaschenhals fest und starrte meine Gegenüber an. Ich hatte keinen Bock mit ihr zu reden, so charmant, wie sie mich anlächelte. Ätzend. Ich wusste nicht mal wie sie hieß. Als ich bei den Decken war, stellte ich die Fantas ab und setzte mich auf mein Handtuch. „Wo bleibt Lysop?“ erkundigte sich Ruffy, und Zorro antwortete an meiner Stelle. „Der findet schon wieder hierher.“ Ich sah noch mal dahin, wo die Tür zu dem Männerduschraum war, und dann zu den Rutschen, weiter hinten in dem riesigen Saal. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich auf einmal, dass Nami zu mir sah. Ich konnte meinen Kopf unmöglich zu ihr drehen, also beobachtete ich weiter das Geschehen im Wasser. Wieso sah sie mich an? Dann machte ich aber doch eine Bewegung und sah an die Stelle, wo ich die Brünette getroffen hatte. Scheiße, von hier aus konnte man gut dorthin gucken. Ob Nami das wohl gesehen hatte? Die Sicht war erstklassig gewesen von hier aus, sogar im Sitzen konnte man das wie Kino gut beobachten. So ne Schlampe! Nami sollte doch nichts Falsches von mir denken! Ich konnte ihr aber unmöglich sagen, dass ich an der kein Interesse hatte, wie hörte sich das schon an? Seeehr unglaubwürdig. Ich senkte den Kopf und verfolgte einerseits weiter meine Gedanken, andererseits das Gespräch meiner Mitmenschen um mich herum. erstellt am 6.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 7: Amatory - Pubertät 5 ------------------------------- Kapitel 7: Amatory - Pubertät 5 Seulgis Sicht Unser Haus ist groß und vor allem sehr gemütlich. Mit dem Eingangsbereich verbunden ist das Esszimmer, dann gibt es noch die Küche mit dem Wohnzimmer im Erdgeschoß. Insgesamt führen zwei Treppen in weitere Flure, oben ist Sanjis Zimmer und nebenan meines, gegenüber liegen ein Bad und das Büro, und im unteren Stockwerk sind das gemeinsame Zimmer unserer Elternteile, auch ein Bad für sie und zu guter Letzt die Waschküche. Sanji und ich gehen auf dieselbe Schule, nehmen täglich den Bus, unsere Stundenpläne überdecken sich meistens. Papa arbeitet in der Stadt, hat manchmal Geschäftsessen und Lydia hat einen Halbtagsjob. Sie singt im Kirchenchor mit und geht wöchentlich zu Proben. Jeden Dienstag spiele ich Tennis im Verein, Sanji macht Kickboxen. Es klappt alles so wunderbar, seit wir zusammengezogen sind. Ich krame in meinem Geldbeutel nach dem Schlüssel, stehe vor der Haustür und sperre sie nun auf. Für Sanji, der hinter mir reinkommt, halte ich sie noch kurz offen. Wir legen unsere Schulranzen ab und er begibt sich in die Küche, ich werde den Tisch decken. Wir sind heute allein zu Hause und essen ohne Papa und Lydia. Nach getaner Arbeit gehe ich zum Briefkasten, und ich habe tatsächlich Post. Nur steht kein Absender drauf, aber ich entdecke eine Briefmarke aus Griechenland. Mein Herz rutscht mir sprichwörtlich in die Hose. Mama hat mir geschrieben! „Sanji!“ rufe ich und renne in die Küche. Er ist gerade beim Kochen und sieht, dass ich aufgeregt bin. „Was gibt’s?“ fragt er neugierig. „Meine Mama hat mir geschrieben!“ „Echt?“ Ich fummele so lange an dem Umschlag rum, bis er offen ist. Mit schon fast zittriger Hand hole ich das Schreiben heraus. Sanji stellt sich leicht hinter mich, um über meiner Schulter mitzulesen. Sie hat mit einem Füller geschrieben und ich lese ihn einmal, ohne die wirkliche Bedeutung der Wörter zu verstehen. Dann fange ich noch mal von vorne an. Ich nehme die Sätze, die da stehen, ganz passiv in mich auf. Dass Sanji seine Hände auf meine Schultern legt, kommt mir weit weg vor. Ich fühle mich so miserabel, in mir braut sich ein Gefühl aus Enttäuschung und Wut zusammen. Dass Mama nie mehr zu Papa zurückkommen wird, war mir ja die ganze Zeit klar, sonst hätte er ja nie Lydia getroffen. Aber dass Mama jetzt in Griechenland bei ihrer Arbeit bleibt, das tut so weh! Sie fehlt mir so schrecklich! Ich hatte immer irgendwie gehofft, dass sie mal wieder nach Deutschland kommt und so... aber jetzt... Ich ich bin so wütend auf sie! Sie hat dort bei ihren Archäologiearbeiten einen anderen Mann kennen gelernt und in dem Brief steht jetzt, dass sie schwanger ist. Ich werde Halbgeschwister haben, Zwillinge, die von einem Mann sind, den ich nicht kenne und nie kennen lernen will. Mama will echt Kinder haben außer mir. Ich werde dann nicht mehr ihr einziges Kind sein. Ich könnte heulen, aber es kommen keine Tränen in mir hoch. Meine Hände sinken nach unten und ich starre bloß auf den Küchenboden. Sanji reibt mir liebevoll die Arme und mein Kopf fühlt sich so an, als ob er platzen würde vor lauter Leere. Ich kneife meine Augen fest zusammen, während mein Herz stark gegen die Brust pocht. Das ist so unfair! Mama will jetzt einfach ein neues Leben anfangen und Papa und ich sind ihr vollkommen egal. Wir gehören jetzt nicht mehr dazu, sind wohl zu viel für sie. Sie will nur noch ihren Typ da haben und ihre neuen Kinder kriegen. Oder urteile ich zu hart? Immerhin hat sie an mich gedacht und mir geschrieben. Sie hat auch geschrieben, dass sie mich vermisst. Toll, sie vermisst mich und macht ein paar Kinder mit einem anderen Typen als Papa. Sanji umarmt mich von hinten, ich kann mich richtig an ihn anlehnen. Er hat meine Mama nie kennen gelernt, genauso wenig wie ich seinen Vater. Mir steigt Wasserdampf in die Nase und das Wasser im Kochtopf fängt an zu kochen. Sanji muss sich umdrehen und runterschalten, ich nehme mir derweil die Nudelpackung und schneide sie auf. Sanji wartet einen Moment, bis er mich etwas fragt. „Zeigst du den Brief deinem Vater?“ Gute Frage. Aber das interessiert ihn nicht mehr, was mit Mama ist. „Nein.“ Ich schütte die Teigware anklagend ins Wasser. Die nachher zu essen, darauf habe ich keine Lust. Der Appetit ist mir vergangen. /// Es gibt ja Probleme, über die man nicht spricht. Über die kein Ton verliert wird. Nicht in der Schule und auch nicht im Fernsehen, das ist echt unglaublich, wenn man bedenkt, dass so was existiert. Und ich denke da an das Thema: sexuelle Beziehung mit den Eltern. Es gab ja vor Jahrzehnten mal einen Skandal, weil ein Schauspieler sich von seiner Frau scheiden ließ, um mit seiner Adoptivtochter zusammen zu sein. Wie kann ein Mädchen an seinem Vater, oder ein Junge an seiner Mutter interessiert sein? Es ist klar, dass der Erwachsene das Kind dann aufwachsen sieht und merkt, dass es heranreift, aber das man sich dann wirklich so annähert ist für mich unvorstellbar. Das ist ein Thema für sich, denn mich beschäftigt etwas anderes. Ich kann darüber mit niemandem reden, das ist total schlimm. Carmen ist meine beste Freundin, aber sie hätte dafür kein Verständnis, an Vertrauenslehrer wende ich mich im Leben nicht und an eine Mädchenzeitschrift würde ich auch nie schreiben. Da bliebe höchstens noch das Internet übrig, aber in Chatrooms halte ich mich nicht gerne auf. Also trage ich es weiter mit mir herum. Das ist das Beste, es für mich zu behalten. Wenn ich mit Sanji in einem Raum bin, möchte ich in seiner Nähe stehen. Wenn er mit mir spricht, freue ich mich total. Wir sehen uns jeden Tag, weil wir im selben Haus leben, und damit bin ich glücklich. Ich befürchte immer, rot zu werden, oder dass man mir anmerkt, dass ich ihn oft ansehe. Es gibt bestimmt zwei, drei Jungs die an mir interessiert sind, aber von denen will ich nichts wissen. Keiner kennt mich wirklich, die finden ja bloß mein Aussehen toll. Der einzige, der mich zum Lachen bringt, bei dem ich mich wohl fühle, den ich mag, ist Sanji. Er hat auf dem ersten Blick nichts besonderes, aber das wir auf einmal miteinander leben bringt uns doch ziemlich nahe. Bei Carmen läuft das anders ab, sie redet mit ihrem Bruder nur das Nötigste, der ist bloß in seinem Zimmer am Computer und sie macht ihr Ding. Sanji und ich sind anders. Wir haben uns irgendwo als Geschwister akzeptiert, aber mir kommt es eher so vor, als würden wir als WG zusammenwohnen, und es geht nicht in meinen Kopf hinein, dass es immer so bleiben wird, dass er nun mein Bruder ist. /// Da Papa und Lydia zusammen sind, ist es für uns alle ein Neustart. Alles läuft wie geschmiert, wir essen abends immer zusammen wie eine richtige Familie, Sanji und ich haben viel Freizeit und an Wochenenden Ausgehmöglichkeiten. Jetzt sitzen wir am Esstisch und Papa erzählt von einem zerstreuten Kunden, den er heute hatte. Die Schmierpaste, die Lydia gekauft hat, schmeckt richtig gut. Da sind wohl Oliven drin. Ich beiße genüsslich in mein Brot. „Soll ich dir Salat auftun?“ fragt Sanji, der neben mir sitzt. Mit einem Nicken antworte ich, bei seinen Kreationen kann man ja nicht verneinen. Alles was er anfasst wird ein kleines Meisterwerk, ich bin mir ziemlich sicher, dass er mal ein Kochstudio oder so haben wird, würde jedenfalls zu ihm passen. „Im März veranstalten die Tylestons wieder ein Frühlingsfest.“ sagt Papa zu mir. Da sind wir die letzten drei Jahre hingegangen, die haben einen schön großen Garten. An Lydia und Sanji gewandt ergänzt er noch „Das sind Freunde von mir, die habe ich geschäftlich mal kennen gelernt. Da wird jährlich immer ein Fest veranstaltet, wo man mit seiner Familie hin kann.“ „Und wir gehen da auch mit?“ fragt Sanji, bevor er wieder seine Gabel zum Mund führt. „Ja.“ lautet die Antwort. „Es ist aber schon ganz schön früh, so was zu planen. Wir haben doch grad mal Herbst, das ist in nem halben Jahr.“ spreche ich meinen Gedanken laut aus. „Die planen halt schon weit im Voraus.“ „Hm.“ Ich esse weiter. Lydia wechselt das Thema. „Jeff und ich gehen am Samstag essen. Ich kauf morgen noch ein und ihr könnt euch dann selbst was zubereiten.“ Das übernimmt ganz bestimmt Sanji, mir soll’s recht sein. „Ok.“ sagt er und denkt bestimmt genauso. Ich habe mich kein einziges Mal in die Küche gestellt, seit wir umgezogen sind, da das Sanjis Job ist. „Und keine Partys, ihr könnt höchstens ein oder zwei Freunde einladen.“ ermahnt Papa uns. Auf solche Ideen kann auch nur er kommen, an so was hätte ich jetzt nicht gedacht. /// Papa und Lydia sind vor zehn Minuten weggefahren und ich sitze im Wohnzimmer auf der Couch. Dabei blättere ich in der Fernsehzeitung, um nach einen Film für heut Abend zu suchen. Sanji kommt aus der Küche und platziert sich in den Sessel. „Ich hoffe, du bist mit Hühnchen in Preiselbeersoße einverstanden?“ fragt er mich und die Vorstellung daran, dass meine Geschmacksknospen etwas Neues ausprobieren werden, lässt mich ihn anlächeln. So einfallsreich ist auch nicht jeder. „Und was gibt’s dazu?“ „Frische, grüne Bohnen.“ Und er macht eine Verbeugung wie ein unterwürfiger Kellner, der immer seinen Unterarm vor den Rippen hält. An Humor fehlt es uns ganz sicher nicht. „Ich habe uns dafür einen Film rausgesucht, der heute Abend kommt. Und zwar ist das ’Pretty Woman’, der ist aus den 80ern.“ „Ist das ne Romanze oder so?“ „Nein, eher eine Komödie, aber mit Oskars war der nicht ausgezeichnet.“ „Ok, wir können ja bis zur ersten Werbung schauen und wenn’s nix ist, schalten wir auf was andres um.“ „Meinetwegen.“ Ich stehe auf und steuere kurzerhand auf mein Zimmer zu, um dort eine Decke runterzuholen. Nachdem wir gegessen haben, deckt Sanji den Tisch ab und ich mache die Runde im Haus. Überall müssen die Rollläden runter und die Fenster geschlossen sein. Meine Armbanduhr zeigt 20.10 Uhr, also kann der Fernseher eingeschaltet werden. „Kommst du, es fängt gleich an.“ rufe ich Sanji zu und setze mich. „Ja.“ und schon kommt er zu mir aufs Sofa. Ich freue mich, dass er sich neben mich setzt. „Kannst du bitte lauter machen?“ Ich hebe die Fernbedienung und drücke den Plusknopf. „Danke.“ Ich breite die Decke auf meinem Schoß aus und lege sie über meine Füße. Der Winter steht wirklich schon vor der Tür, und meine Füße und Hände sind immer ganz kalt, da sind Wärmekissen oder Decken genau das Richtige für mich. Der Film fängt gleich an. Schon die dritte Werbung, das kann wieder bis zu zehn Minuten dauern, bis es weitergeht. Sanji macht den Ton weg und ich starre auf den flimmernden Kasten vor uns. „Der müsste danach zu Ende sein.“ sagt er. Ich blinzele nur noch wenn es nötig ist, ich habe den Fernseher total fixiert, das macht wohl die Müdigkeit. Sanji sieht mich von der Seite an. „Willst du dich schon hinlegen?“ Wie in Trance drehe ich meinen Kopf nach rechts, in seine Richtung. „Warum?“ frage ich mit müder Stimme. Mein Körper ist etwas schlapp, aber eigentlich bin ich noch fit, nur kommt das wohl grad nicht so gut rüber. Sanji lacht leise und findet mein erschöpftes Auftreten amüsant. „Mit den Hundeaugen, die du grad hast! Leg dich doch oben hin, ich erzähl dir morgen wie es ausgeht.“ bietet er mir an. Ich muss nun auch lächeln und schüttele leicht den Kopf. Wenn wir schon mal einen Videoabend haben und ich neben ihm sitze... Statt auf ihn zu hören setze ich mich etwas schräger, mein Gewicht geht nach rechts und ich lehne mich an seine Schulter. „Schön bequem.“ meine ich darauf und liege wirklich gemütlich. Sanji zieht seinen Arm weg, auf den ich mich wohl gesetzt habe und legt ihn um mich. „Hast Recht, so ist das schon viel besser.“ sagt er netterweise. Ich sehe weiter nach vorne, wo für Toyota gewerbt wird. Für einen Moment möchte ich meine Augen schließen. Sanjis Arm ist genauso warm wie der Rest seines Körpers, und ich fühle mich so geborgen wie selten zuvor. Seinen Geruch kann ich nun auch einatmen, und am Liebsten würde ich so angelehnt bleiben. Meine Gedanken wandern zu Mama. Eine gewisse Traurigkeit taucht wieder in meiner Brust auf, und dieses Gefühl will ich verdrängen. Ich komme zurück zur Wirklichkeit und möchte mich auf Sanji konzentrieren. Ich bin froh, dass er mein Bruder –Stiefbruder- ist, und dass wir uns so gut miteinander verstehen. Und auch, dass ich mich sogar an ihn lehnen darf, was ja vielleicht nicht so ganz selbstverständlich ist. Gleich müsste der Film weitergehen, noch vier oder fünf Werbeblocks tippe ich, und möchte nach der Fernbedienung greifen, die rechts neben Sanji liegt. Ursprünglich war sie das Ziel meiner Hand, doch als ich vor Sanji vorbeilangte ließ meine Kraft irgendwie nach. Mein Unterarm und die dazugehörige Hand legt sich auf Sanjis Schoß nieder und er legt sogar, nach kurzem Überlegen, seine Hand darauf. Er hält ganz real meine Hand mit seiner fest. Ich sehe nur auf diese Stelle und muss unmerklich schlucken. Das ist ja noch normal, das überschreitet keine Grenzen. Aber ungewohnt ist das schon ein bisschen und mein Herz legt einen kleinen Gang zu. Von ihm geht so viel Wärme aus, ich habe Angst, weitere Bewegungen zu machen. Seine Hand jetzt zu streicheln würde ich nicht über mich bringen. Ich hebe meinen Kopf kurz an, um ihn gleich wieder auf seiner Schulter hinzuplazieren. Sanjis linke Hand, die ja samt seines Armes über meinen Rücken bis zur Schulter hängt, setzt sich nun auch in Bewegung. Mit seiner Hand kommt er meinem Kopf näher und berührt meine Haare. Ich muss noch mal schlucken und schließe wieder die Augen. Er legt sie oberhalb meines Ohres leicht ab und er ist sich wohl unsicher, ob er mir jetzt übers Haar streichen soll, kann, darf oder nicht. Mit meiner rechten Gesichtshälfte drehe ich mich weiter zu ihm, will mehr von seinem T-Shirt damit berühren, und er fängt wirklich an einer Haarsträhne entlangzufahren. Der Moment ist irgendwie magisch. Was läuft da eigentlich ab? Um der Situation nicht ganz ausgesetzt zu sein, sagt er etwas. "Du hast richtig schöne Haare." Ich bin froh, dass er die Stille unterbrochen hat und etwas Normales gesagt hat, nichts, dass mit unseren Handlungen zu tun hat. "Mhm." kommt es dankend für das Kompliment von mir und ich spüre geradezu, wie schüchtern ich bin. Ich habe noch Überwindungsangst, meinen Kopf anzuheben und ihn anzusehen, also tut sich etwas in meiner Hand, die auf seinem Schoß liegt. Ich streiche nur ganz kurz über seine Finger, das ist schon mutig genug, und er fährt mit seinem Handrücken in meiner Handinnenfläche entlang. Das es so gekommen ist, war irgendwo genauso unmöglich, wie es nun möglich ist. Genauso unwahrscheinlich mir das vorkommt, genauso war es geplant, das es jetzt so ist. Mein Herz ist richtig glücklich vor Verwirrung, was Sanji wohl gerade denkt? Aber ihn fragen kann ich nicht, ich bringe sicher kein Wort raus! Ich schwanke immer noch und überlege, ob ich meine Augen nun geschlossen oder offen halten soll. Ich habe Angst, dass er irgendwie zu mir runterschaut und dann direkt in die Augen blickt. Meine Spucke bleibt für einen Moment aus. Ich brauche was zu Trinken! In mir stockt alles, nur Sanji bewegt sich. Er dreht seinen Kopf leicht in meine Richtung, genau das, was ich befürchtet habe, was soll ich jetzt machen? Sein Gesicht ist halb zu meinem Gesicht gedreht. Ich sehe ihm nicht höher als bis zu seiner Nase, also bleibt mein Blick an seinem Mund hängen. Im selben Moment scheint er auch auf meinen zu sehen, jedenfalls heben wir gleichzeitig unseren Blick, da wir uns ertappt haben, und sehen uns genau in die Augen. Seine Iris mit Pupille wirkt so stechend, dem kann ich nicht standhalten! Ich war ihm noch nie, nie so nahe gewesen. Eine Sekunde vergeht. Meine Hand will zittern, aber rührt sich nicht. Seine Hand, die mit meiner Haarsträhne fertig war, wiederholt denselben Akt. Eine weitere Sekunde vergeht. Ich muss schlucken, fühle mich blass, und zeitgleich schießt mir Hitze ins Gesicht, in meine Wangen. Ob er mir gleich über sie streichen wird? Ich bin so aufgeregt, wieder verstreicht eine Sekunde. Seine Augen nehme ich wieder wahr und meine Augenlieder schlagen nach unten, ich sehe auf seine Lippen und wir sind uns näher wie noch gar nie zuvor. Seine Wärme kann ich schon spüren, gleich werden wir uns küssen. Er ist mit seinen Fingern durch meine Haaren durchgefahren und unten angekommen, sie sind ja hüftlang und zum Glück ist er nicht in einem Haarknoten hängen geblieben oder so. Ich sehe nur noch seine einladende Lippen und schlucke ein letztes Mal, schließe meine Augen und gehe ein kleines Stück zu ihm. Sanji tut es mir gleich und unsere Münder legen sich vorsichtig aufeinander. Dabei durchfährt mich das wärmste und weichste Gefühl, das ich je gespürt habe. Einen Moment verweilen wir so, bis er sich ein paar Zentimeter von mir entfernt, aber bleibt mir noch genauso nah. Als seine Lippen meine verlassen, ist ein hauchdünner Atem zwischen uns. Gezwungenermaßen öffne ich meine Augen wieder und sehe ihn noch mal schüchtern an, er ist ebenso verlegen und beugt sich wieder zu meinem Mund hinunter. Meine Mundwinkel wollen lächeln, dieser Kuss ist noch schöner, noch perfekter. Ein neuer beginnt, dauert an, hört auf, beginnt, hört auf, wir werden beide mutiger und küssen, küssen, küssen uns. Immer wieder, die Wärme ist genauso unerträglich umhüllend wie sie angenehm ist, ich will schmecken, wie er küsst, will nicht seitlich neben ihm sitzen sondern ihn richtig umarmen, ich will so vieles und bin dabei so zufrieden, mit dem, was er mir gibt. Sehr viele, unterschiedliche Ströme durchfahren meinen Bauch, meinen Oberkörper, von der Brust bis zum Hals, dabei bin ich nur konzentriert, seine Küsse anzunehmen und richtig zu atmen. So ein Chaos von Glücksgefühlen hatte ich noch nie verspürt, und die Tatsache, dass Sanji mich so fühlen lässt, verschönert die Situation um vielfaches. Er öffnet zurückhaltend den Mund, und um ihm wissen zu lassen, dass ich auch einen Zungenkuss will, mache ich den weiteren Schritt. Weich und schüchternd fordernd küssen wir uns, ich kann noch das Aroma des Abendessens schmecken, es schmeckt süß und es gibt auf der ganzen Welt keinen anderen Menschen, den ich jemals küssen will, das ist mir in diesem Moment sonnenklar. Dieses Liebesgefühl ist so umwerfend, wir küssen uns, immer weiter, immer wieder, küssen, küssen, küssen, küssen uns, ich weiß ganz genau, dass Sanji dasselbe fühlt, es gibt keine Zweifel, wir lassen alles zu, nichts von Außen kann uns stören, das hier gehört nur uns beiden, seine Zunge, seine Lippen, sein Mund, seine Hand, die mein Gesicht hält, die andere, die mit meiner Hand Streicheleinheiten austauscht, alles gehört hierher, diese Wärme, diese Glücklichkeit, alles andere verschwindet, es soll nie aufhören, nie wieder, ich liebe ihn so sehr in diesem Moment, ich liebe ihn aus tiefstem Inneren. erstellt am 7.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 8: Schmooze - Gegenwart ------------------------------- Kapitel 8: Schmooze - Gegenwart Vivis Sicht Im Zimmerspiegel konnte ich mich selbst sehen und betrachtete das hellblaue Kleid, das ich trug, kritisch. „Das betont jetzt mal überhaupt nicht.“ stellte ich unzufrieden fest. „Ich mein, ich hab doch ne schlanke Figur, da brauch ich doch Zeugs, das zu mir passt!“ Ich sah spiegelverkehrt, dass Nami meine Stoffente in die Luft hob, als sie auf meinem Bett lag. „Hörst du mir zu?“ wollte ich sie aus ihren Tagträumen rausholen. „Ja klar, steht dir doch super.“ meinte sie geistesabwesend, ohne auch nur in meine Richtung zu gucken. Sie spielte weiter mit dem Plüschtier, als ich mich zu ihr umdrehte. „Und was bist du so trübselig drauf, heute?“ wollte ich von ihr wissen. Nami sah kurz zu mir herüber, dann wieder auf die Stoffente. So wie ich sie kannte, würde sie gleich erzählen, was los war. „Ich war am Wochenende mit den Jungs im Schwimmbad.“ fing sie an und legte eine kurze Pause ein. „Und?“ „Also, es war schon schön und so, aber Sanji hat da wieder angefangen, irgendwelche Weiber anzubaggern.“ Ihr Gesichtsausdruck war sauer, als sie an die Zimmerdecke starrte. Ihre Arme sanken nieder und die Ente drückte sie an ihre Brust. Das musste wirklich doof sein, da hatte sie sich ausgerechnet in einen Mädchenaufreißer verliebt. „Ich dachte, er hätte aufgehört damit?“ erkundigte ich mich, da ich nicht wusste, wie ich sie aufheitern konnte und ein Themenwechsel war aussichtslos. „Ja, hatte er ja auch, aber ihn hatte da so ne voll hübsche Frau angequatscht, wegen irgendwas und total mit ihm geflirtet! Es hätte nur noch gefehlt, dass sie ihn dabei angefasst hätte!“ Sie war echt aufgebracht und mit einem Seufzer meinerseits setzte ich mich neben sie auf das breite Bett. „Das find ich auch Scheiße von ihm, aber was willst du machen? Vergiss ihn am besten.“ riet ich ihr. Ruckartig setzte sie sich aufrecht, im Schneidersitz, hin. „Das sagt sich so leicht, ihn einfach zu ’vergessen’! Mann, ich liebe ihn, Vivi!“ Sie war total fassungslos, weil ich das so leicht von mir gegeben hatte. Ich wollte den Mund aufmachen und was darauf entgegnen, doch da sprach sie schon weiter. „Ich mein, du verknallst dich ja eh immer in alle Typen, du weißt ja gar nicht wie das ist! Mir hat das total wehgetan, das kannst du dir gar nicht vorstellen!“ Ich knabberte an meiner Unterlippe und sah sie an. Diese Anschuldigung fand ich richtig unfair, aber reizen wollte ich sie auf keinen Fall. Das konnte jedem mal passieren, dass einem so etwas rausrutscht. Einen Augenblick später fasste sie sich wieder. „Entschuldige bitte, war nicht so gemeint!“ Sie sah auf den Fußboden. „Schon okay.“ wollte ich sie aufmuntern und ihr zeigen, dass ich es ihr nicht übel nahm. Sie drehte das Schmusetier auf ihrem Schoß herum, und deutete einige Spielabläufe an, als würde die Ente laufen oder springen oder sich an ihrem Bauch schmiegen. Einige Sekunden beobachtete ich diese Handlung, bis ich wieder zu sprechen begann. „Vielleicht hattest du die Situation nur falsch verstanden, und es sah ganz anders aus, als es in Wirklichkeit war?“ vermutete ich. „Mm-“, schüttelte sie den Kopf, und ergänzend: „-Ganz bestimmt nicht.“ Ich seufzte leise für mich und stellte mich wieder vor sie hin. „Findest du nun, dass es mir passt, oder sollte ich ein enges Oberteil drüberziehen?“ Sie willigte nun in mein Klamottenproblem ein. „Wieso das denn?“ „Na, weil es wie ein Kartoffelsack aussieht muss ich was enganliegendes tragen, damit es an meinem Körper bleibt.“ „Du hast vielleicht Probleme.“ sagte sie mit einem Lächeln. „Jaaa ich will halt gescheit aussehen, wenn wir am Donnerstag ein Picknick machen!“ erklärte ich ihr, nicht dass sie dachte, ich sei eingebildet oder so. Sie legte das Plüschvieh weg und überschlug die Beine, wobei sie ihr Kinn auf der Handinnenfläche ablegte und ihr Ellenbogen sich auf ihrem Oberschenkel abstützte. Leicht vorgebeugt betrachtete sie mich und fragte unschuldig: „Jetzt ist die Frage, für wen du dich so hübsch machst.“; und ihr Grinsen könnte nicht breiter sein. Ich selbst musste nun auch von links nach rechts lächeln und wirbelte mich ablenkend zum Spiegel herum. Ich wusste selbst, dass sich ein Rotschimmer in meinem Gesicht niedergelegt hatte. Nami blieb auf meinem Bett und tippelte mit ihren Fingern an der Bettkante herum. „Stehst du immer noch auf Zorro?“ wollte sie wissen, währenddessen nahm ich meine Haarbürste und begann, meine hüftlangen Haare zu kämmen, anstatt ihr eine Antwort zu geben. Meine beste Freundin hob die Augenbrauen, das konnte ich im Spiegel deutlich erkennen, dann fragte sie nochmals „Halloooo?“, wobei ihre Stimme am Ende höher wurde. Die Bürste legte ich wieder zurück auf ihren Platz und schnappte mir ein paar Haargummis. Ich weiß nicht wieso, aber ich hatte früher immer alles Mögliche hinausgeschoben und immer um den heißen Brei herumgeredet, das war eben meine Art. Diese kannte Nami nur allzu gut und legte sich wieder mit dem Rücken auf die Matratze. Ich wollte mir wie gewohnt wieder einen Pferdeschwanz machen, aber das wurde doch allmählich langweilig. Aus liegender Position schaute mir Nami zu. „Du könntest sie dir doch mal flechten, zur Abwechslung.“ schlug sie vor. Ich drehte mich abermals zu ihr um und lehnte mich an den zimmerhohen Schrank. „Weißt du, Zorro interessiert mich nicht mehr so.“ gab ich zu. Eine Zeit lang fand ich ihn richtig toll, er war immer so verschlossen und abweisend, aber ich dachte immer an das Sprichwort ’Harte Schale, weicher Kern’. Ich wollte sein Inneres aus ihm herauslocken, ich stellte mir alles immer so romantisch mit ihm vor, und fand es auch ganz toll, dass er durch Kraftsport so eine tolle Figur hatte, aber so ganz das Wahre war es nun doch nicht. Ich hatte sowieso kaum Chancen, an so einen heranzukommen, da ich nicht so ganz zu der Clique gehörte. Okay, mal ging ich mit ihnen weg, aber Nami gehörte viel mehr zu ihnen. Sie gab sich schon in der sechsten Klasse mehr mit Jungs ab, als mit Mädchen, was nicht so oft vorkam. Dadurch hatte sie engen Kontakt mit ihnen geknüpft und sie waren heute noch dick befreundet. Nami nahm mein Kissen und legte es auf ihren Oberkörper. „Und wer ist es diesmal? Hast du dir den Nächsten schon ausgeguckt?“ Sie war richtig neugierig und ich nahm mir einen blauen Haarbüschel, um an ihm herumzufummeln. „Also, es gibt da schon einen, den ich richtig mag, aber...“ „Jetzt mach es nicht so spannend, sag’s einfach!“ befahl sie im neckenden Ton. Sie konnte meine Schwarmwechsel nicht ganz nachvollziehen, fand es aber toll, dass mir jeder Typ Mann gefiel. Vor Zorro stand ich auf Ace, der hat ja auch so schöne, schwarze Haare, und so goldige Sommersprossen, und er war immer so nett und so cool, er arbeitete ja schon und war nicht so wie die pubertären Jungs an unsrer Schule. Ich halbierte meine Haare am Hinterkopf, um zwei Zöpfe machen zu können. Ich begann, die linke Seite zu flechten. Um Nami nicht weiter auf den Zahn fühlen, nannte ich besagten Jungen. „Es ist Ruffy.“ „Echt!?“ war ihre überraschte Reaktion. Es war mir damals mit Zorro schon peinlich genug, es ihr anzuvertrauen, weil er ja einer von ihren besten Freunden war, aber ich hätte eh nur über sie die Möglichkeit gehabt, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Genau dasselbe war jetzt auch mit Ruffy. Ich konnte höchstens hoffen, bei einer Gruppenarbeit mit ihm zusammen zu sein, aber freizeitmäßig, also außerhalb der Schule, konnte ich ihn nur sehen, wenn Nami mich auf ein Treffen mitnahm. „Also jetzt nichts gegen dich Vivi, aber wie kamst du jetzt auf Ruffy? Davor waren es doch immer nur starke, muskulöse Typen.“ meinte sie halb Ernst, halb im Scherz. Ich drückte mich von der Schranktür weg und wanderte wieder zum Bett, um mich dort niederzulassen. Ich wollte ihr den wahren Grund sagen, weshalb ich Ruffy so mochte. „Weißt du, ich kann mir schon vorstellen, dass alle Jungs denken, dass ich total das doofe Mädchen bin. Die finden mich alle überlieb, halten mich für sensibel und denken, ich hätt gar nix drauf.“ fing ich langsam an. Nami hörte mir schweigend zu und wollte mich ausreden lassen. „Und die stehen doch bloß auf die andren Mädels in der Klasse, an mir ist keiner interessiert.“ Ich legte eine Pause ein und sah Nami, die neben mir lag und ihre Hände auf dem Kissen ruhen hatte, an. Nachdem wir einen langen Blick ausgetauscht hatten, brachte ich die Spange in Einsatz, nahm ich die anderen, noch offenen Haare, und begann auch diese zu flechten. „Ruffy denkt gar nicht nach, ob sich ein Mädchen hübsch macht oder sexy ist oder sonst was, er schaut immer nur auf den Charakter, und das finde ich eben gut an ihm. Er ist als einziger immer ehrlich und nett zu mir. Es gibt bestimmt den einen oder anderen, der über mich lästert, aber Ruffy würde nie hinter dem Rücken von jemandem über einen reden.“ Ich wusste nicht wirklich, ob Jungs auch so lästern wie Mädchen, aber ich war mir sicher, dass es stimmte, was ich da von mir gab. Ich dachte, dass Nami so was sagen würde wie ’Ach komm, Ruffy wirst du auch bald wieder vergessen.’, aber sie machte mir richtig Mut. „Guck mal, Vivi, du schwärmst immer ne Zeit lang für einen Jungen, dann findest du einen andren toll. Wenn du-“ Ich unterbrach sie jedoch. „Nein, diesmal mein ich es wirklich Ernst! Das ist nicht so wie bei Ace oder Zorro, da hab ich mir immer umsonst Vorstellungen gemacht, aber bei Ruffy-“ „Jaja, ist ja gut, lass mich doch mal ausreden!“ beharrte sie. „Ja.“ gab ich nach und hörte ihr wieder zu. „Also, wenn du dir diesmal richtig sicher bist, und es auch wirklich Ernst meinst, dann musst du dich doch auch mal anstrengen, um mit ihm zusammenzukommen. Wenn du dich echt in Ruffy verliebt hast, dann solltest du erstmal öfters mit uns mitkommen und dann auch mit ihm reden. Weil er sich ja immer eher wie ein Kind benimmt, mögen ihn ja auch kaum Mädchen, deshalb hat er auch keine Freundin. Aber ich glaube, wenn er erstmal richtig Kontakt kriegt und mit dir viel zusammen ist, wird er dich auch mögen und dann könntet ihr ja zusammenkommen. Nichts ist unmöglich!“ schloss sie ab, und ich erwiderte „-für Toyota!“, um den Werbespruch zu vollenden. Wir beide lächelten und ich band das Haargummi fest. Nami sah noch mal kurz an die Zimmerdecke und stand auf einmal auf. Sie ging an mein Fenster und sah in den Garten. Sie drehte sich zu mir um und fragte „Gehen wir in den Garten? Draußen ist es so warm!“ Zustimmung erntend gingen wir runter und dann auf die Terrasse. Nami beeilte sich, um als Erste von uns beiden in die Hängematte zu kommen. Ich überließ sie ihr, denn ich konnte mich ja jeden Tag da reinlegen, wogegen Nami dieses ’Privileg’ nicht hatte. Für mich war es was ganz normales, aber für meine Freundin eine Besonderheit, so etwas zu besitzen, und diese dazu noch im eigenen Garten aufgehängt zu haben. Ich meinerseits setzte mich in den Gartenstuhl und sah zu ihr herüber. Nami hatte die Augen geschlossen und ließ sich, so wie ich, von der Sonne bestrahlen. Ich musste komischerweise an Sanji denken, und fand, dass ich Nami einen guten Rat ihn bezüglich geben sollte, nur fiel mir beim besten Willen nichts ein. Und bevor ich dieses Thema wieder anbrach, ließ ich es besser bleiben, um diesen schönen Tag weiter genießen zu können. erstellt am 9.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 9: Snapshot - Pubertät 6 -------------------------------- Kapitel 9: Snapshot - Pubertät 6 Sanjis Sicht Mama und Jeff sind einkaufen fahren, es ist Wochenende, Seulgi besetzt das Bad und ich decke den Frühstückstisch. Als ich fertig bin schalte ich das Radio ein und ich vernehme das Lied ’Viva Forever’, wo der Moderator eben noch verraten hat, dass es von den ’Spice Girls’ ist. Ich setze einen Topf mit Wasser auf den Herd, um darin später die Eier zu kochen. Von oben her höre ich, dass das Bad aufgeschlossen wird, also ist Seulgi fertig mit der Dusche. Meinem Herzen wachsen augenblicklich Flügel und mit dem leichten Gefühl, dass sich in mir bildet, gehe ich die Treppe ins obere Geschoss hinauf. Seulgi kommt aus dem Bad und hat ihren knielangen, weißen Bademantel an. Bei ihrem Anblick beginnt mein Inneres zu jubeln und es keimt eine Vorfreude in mir auf, als würde ich schon seit Jahren etwas entgegensehnen und der Zeitpunkt der Empfängnis nun gekommen wäre. Sie erblickt mich und schenkt mir das schönste Lächeln überhaupt, womit sie tausend Schmetterlinge in meinem Innersten freilässt. Ihre nassen Haare, die sie offen trägt, liegen über ihre Schultern und sind durchgekämmt. Ein Hauch von Duschgel und warmer Luft kommt mir entgegen, der von der Badezimmertür ausgeht. Meine Schüchternheit kommt wieder in mir hoch, doch anmerken lasse ich mir nichts. Seulgi tritt direkt vor mich und ich blicke in ihre wunderschönen Augen. Ein sanftes Schweigen umhüllt uns, da keiner von uns weiß, was er sagen soll, nur unsere Augen sprechen miteinander. Diesen Moment lasse ich noch verstreichen, dann nehme ich ihre Hände und ziehe sie so leicht zu mir, dass ich sie umarmen kann. Es geht ganz einfach, und ich weiß auf einmal, dass sie dafür geschaffen wurde, um in meinen Armen zu liegen. Genauso wie ich weiß, dass mein Mund gemacht wurde, nur um sie zu küssen. Ich bin mir völlig im Bewusstsein, die Liebe meines Lebens gefunden zu haben... das was sich gestern Abend abgespielt hatte, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Ich bin zwar erst sechzehn, aber ich glaube nicht, dass ich mich noch mal in irgendeine andere Person verlieben könnte. Ich gehöre zu Seulgi und sie zu mir. Meine Arme liegen um ihren Rücken und ich wiege sie sanft hin und her. Ein paar feuchte Haarsträhnen berühren meine Wange und sie fühlt sich so frisch an, wie nichts anderes, was ich kenne. Sie hebt ihren Kopf und sieht zu mir. „Gehen wir auf mein Zimmer?“ „Mhm.“, füge ich mich ihrer Frage. Sie nimmt mich an der Hand und wir gehen in ihr Reich. Sie geht zum Kleiderschrank und holt sich einige Klamotten heraus, währenddessen möchte ich mich auf ihren Schreibtischstuhl setzen. Ich sehe nun ihre Rückseite vom Bademantel, und bewundere weiterhin, wie schön sie doch ist. Aber bevor ich sitze, kommt mir ein super Einfall: ich könnte Fotos von ihr machen! Ich gehe zur Tür und möchte die Kamera aus meinem Zimmer holen. Seulgi dreht sich zu mir um. „Wo gehst du hin?“ Ich bin schon aus der Tür und antworte: „Lass dich überraschen, bin gleich zurück!“ Mit ein wenig Neugier lasse ich sie zurück und suche mit Herzklopfen nach dem kleinen Apparat, der doch irgendwo auf meinem Schreibtisch rumfliegen muss! Gefunden! Ich beeile mich, um wieder in Seulgis Zimmer zu kommen, wobei ich im Türrahmen fast gegen sie renne. Mir rutscht ein „Oh!“ raus und ich muss automatisch lächeln. Entgegen meiner Vermutung hat sie sich noch gar nicht umgezogen, sie trägt nach wie vor den Bademantel und sie erscheint mir noch süßer, noch hübscher, als sie es vor zwei Minuten war. Sie sieht meine Kamera und hat sofort verstanden, was mein Vorhaben war. „Du wolltest mich fotografieren.“ Um ihr nicht Antworten zu müssen, dass sie Recht hat, schalte ich den Apparat auf ’on’ und die Linse fährt heraus. Diese Digitalkamera habe ich von irgendeinem Verwandten bekommen und ist sie noch recht gut in Schuss. Ich zoome etwas weg, da Seulgi nahe vor mir steht, und sie fängt leicht an zu kichern, da sie meine Idee besonders findet. „Und jetzt schenk mir dein schönstes Lächeln überhaupt!“ fordere ich sie auf, worauf sie meiner Bitte nachkommt. Ich halte dieses Bild mit dem Auslöser fest, damit es mir so lange wie möglich erhalten bleibt. Ich gehe ein paar Schritte zurück und locke sie weiter in mein Zimmer rein. Seulgi spielt mit und kommt mir brav nach, dann dirigiere ich sie auf mein Bett. Sie soll sich hinlegen, ich möchte sie unbedingt im Liegen fotografieren. Sie tut sogar was ich mir heimlich erhoffe und setzt sich erstmal auf die Bettkante. Ich knipse sie mehrmals, sie ist so wahnsinnig hübsch! Seulgi wirft sich die Haare hinter die Schulter, sie fährt mit ihrer Hand über die Stirn bis zum Haaransatz und nach hinten durch, dann stützt sie ihren Kopf auf dem Ellenbogen ab, lächelt mich die ganze Zeit über lieb an, ich sitze in der Hocke vor dem Bett, damit ich etwas unter ihrer Augenhöhe bin und gebe mein Bestes. So fotogen wie sie ist bestimmt kein Fotomodel der ganzen Welt! „Legst du dich mal auf den Rücken?“ und sie tut wie ihr befohlen. Das Glück breitet sich in mir aus und ich beuge mich über sie. Etwas verlegen lächelt sie mich an und ich bemerke erst durch ihre Handbewegung, dass ihr Bademantel vor ihrem Ausschnitt fast zur Seite gefallen wäre. Ich würde ihr schon nicht absichtlich was abgucken, aber ihr Schamgefühl ist verständlich. Ich verwerfe die Gedanken genauso schnell wieder, wie sie gekommen waren. „Würdest du bitte die Augen schließen?“ weise ich sie an und komme an das besagte Bild, sie muss einfach einem Engel gleichen. Seulgi sieht mich wieder an und stützt sich mit dem Ellenbogen auf der Matratze ab. Ich selbst setze mich auf einem Fuß, das andere Bein hängt von der Bettkante hinab. Wir lächeln uns wieder an, ich muss unwillkürlich an gestern Abend denken. Nachdem wir uns geküsst hatten, ist Seulgi irgendwann auf ihr Zimmer gegangen, ich sah mir noch die letzten fünf Minuten vom Film an, wobei ich das gar nicht realisiert hatte. Ich sah dann wohl noch die Werbung und den nächsten Film, der begann, bis Mama und Jeff zurückkamen. Als sie ins Haus kamen, sagte ich noch schnell gute Nacht und bin auf mein Zimmer verschwunden. Ich konnte bestimmt über eine Stunde nicht einschlafen, alle meine Gedanken hatten sich nur noch um Seulgi gedreht, über unsere Annäherung, über den Kuss, über meine Gefühle, ich war so verwirrt und aufgewühlt wie noch nie zuvor! Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie ich einschlafen konnte. Wir haben noch nicht darüber gesprochen und ich denke, das ist auch nicht nötig. Wir sind uns beide einig, es nicht unseren Eltern zu sagen, das würde die Ordnung, die sie aufgestellt haben, nur durcheinander bringen. Ich möchte sie unbedingt noch einmal küssen, die Nähe, die sie mir gegeben hatte, will ich noch mal spüren! Das wäre ja unfair, wenn sie mich von ihr kosten lässt, damit ich weiß wie gut sie schmeckt, und dann sagen würde, dass es das jetzt war. Ohne dass ich den Befehl dazu gebe, hebt sich meine Hand und streckt sich in ihre Richtung aus. Meine Finger streichen ihr über die rechte Wange, wobei ein Hitzeschauer über mich fällt. Diesen Moment möchte ich anhalten, nein er soll sich weiterdrehen! Sie fährt mit ihrer Hand über meine, kommt mir dann ein Stückchen näher. Ich kann an ihrem Gesicht erkennen, dass sie mich ebenso küssen will, wie ich sie. Doch bevor ich unser beider Verlangen nachgebe, zücke ich nochmals die Kamera und schieße noch ein Foto von ihr. Damit hatte sie nicht gerechnet und muss nun grinsen. Meine Finger wissen, wie sie den Apparat ausschalten können, tun das auch, während sich meine ganze Mimik, von Stirn über Augen über Nase über Mund über Wangen übers Kinn, vollstens auf sie konzentrieren. Meine Hand legt das Gerät weg und streicht dann wieder über ihr Gesicht. Ich beuge mich mit pochendem Herzen zu ihr herüber und setze zum Kuss an. Als ich hoffe, dass sie mein Herz nicht rasen hört, vernehme ich ihren eigenen Pulsschlag. Gleichzeitig schließen wir die Augen und bei der ersten Berührung unserer Lippen durchzuckt mich ein zarter, elektrischer Strom. Ich bin überglücklich darüber, dass sie genauso einen Gefühlsrausch bei mir bekommt, so wie ich bei ihr. Unsere Küsse könnten nicht süßer sein, nicht liebevoller ausgetauscht werden, Amors Pfeil hat mich richtig getroffen! Das Kribbeln verteilt sich überall, möchte am Liebsten mit meinem Körper und ihrer Seele entweichen, doch wir bleiben in der Realität liegen, vom höchsten Glück auf Erden gesegnet. Von weit, weit, weit, weit, weit, weit, weit weg, kann ich irgendeinen Song hören. Den muss wohl das Radio von unten spielen, die Melodie bleibt für mich unerkennbar, aber es ist in meinen Ohren ein Liebeslied. Alles was ich jemals im Fernsehen, oder sonst wo über Liebe gehört habe, stimmt, es ist wahr, dass Liebe das Schönste und Beste überhaupt ist, dass jetzt alles nur gut werden kann! Das Leben ist so furchtbar schön! Ebenso wie das Lied höre ich von weit her, wie ein Schlüssel im Schloss umgedreht wird. Erschrocken lösen Seulgi und ich uns voneinander, sehen uns noch einen Augenblick ertappt an. Wir richten uns auf und Seulgi fragt mich im Flüsterton „Was machen wir jetzt?“ Ich sehe sie an und weiß gar nicht, was sie jetzt von mir hören will. Mein Blick fällt auf ihren Bademantel und ich gebe ihr eine einfache Antwort. „Du gehst jetzt in dein Zimmer und ziehst dich um. Dann frühstücken wir.“ Parallel stehen wir vom Bett auf, sind immer noch etwas aufgeregt. Sie sieht mich mit ihren schönen Augen an, ich stelle mich vor sie, meine Arme legen sich um sie, ziehen sie zu mir heran und ich küsse sie noch mal mit aller Liebe, wie ich sie noch nie einem Menschen gegeben habe. Mein Glück ist perfekt, als sie den Kuss erwidert, dann muss ich sie ungewollt von mir wegschieben, sonst würde sie von sich aus nie aus meinem Griff lösen. Wie abgemacht kleidet sie sich ein und am Frühstückstisch treffen wir uns. Ohne ein Wort über irgendetwas zu verlieren wünschen wir Mama und Jeff einen schönen guten Morgen, bedienen uns an Brötchen und sontigem, was wir auf dem gedeckten Tisch finden. /// Wie jeden Mittwoch kommen Seulgi und ich zusammen von der Schule nach Hause, unsere Eltern sind wie gewohnt arbeiten. Schon im Bus habe ich mich darauf gefreut, endlich aus den Augen der Gesellschaft herauszukommen. Im Pausenhof bin ich immer mit meinen Kumpels unterwegs und Seulgi ist bei ihren Freundinnen, alle wissen, dass wir jetzt ’Geschwister’ sind und würden sich bestimmt nie vorstellen, dass wir was miteinander hätten. In der Öffentlichkeit behalten wir unseren Abstand bei, nur wenn wir alleine Zuhause sind, kommen wir uns wieder näher. Sobald die Haustür ins Schloss fällt, lege ich meinen Ranzen ab und begebe mich zu dem tollsten Mädchen, das ich kenne. Mit einem wundervollen Kuss hole ich mir meinen Tageslohn ab, denn ich gehe nur noch in die Schule, um danach diese Gegenleistung zu bekommen, auch wenn dieser Gedanke schwachsinnig ist. Sie legt ihre Arme um meinen Hals und wir genießen erstmal die Zweisamkeit. Da wir sturmfreie Bude haben, können wir uns sage und schreibe drei Stunden miteinander beschäftigen. Wir lassen und im Wohnzimmer nieder und verweilen längere Zeit dort, mit Streicheleinheiten und Glücksgefühlen. Ich kann immer noch nicht begreifen, dass ich, wirklich ich, dass ich ihr genauso schöne Gefühle bereite, wie sie mir! Dass sie sich wirklich in mich verliebt hat, ist das Schönste, das Unglaublichste auf Erden. Ich fahre wieder durch ihre langen, weichen Haare. Ich weiß, dass viele Typen auf sie stehen, und ich habe das pure Glück, mit ihr zusammen zu sein, ihre Liebe zu spüren. Ich könnte sie gar nie einem anderen überlassen, da sie niemand so aufrichtig lieben kann, wie ich sie! Und ich kann nur bei mir hundert Prozent sicher sein, dass sie in guten Händen ist, denn ich werde sie niemals enttäuschen! Ich werde immer nur gut zu ihr sein, alles für sie tun, ohne darüber nachzudenken. So geborgen habe ich mich noch nie gefühlt, habe ich noch nie einer Person vertraut. Ich schmuse mich weiter an ihr. Das alles ist genau diese Art von Zärtlichkeit, von Wärme und Liebe, die ich mir wahrscheinlich schon immer gewünscht habe. Sie gibt mir all das, was ich als Kind nie bekommen habe, und dafür bin ich ihr unendlich Dankbar, das geht genauso tief, wie meine Liebe zu ihr. Ich streichele ihre kleinen Hände und auch über ihren Kopf. Sie hat das hübscheste Gesicht, das ich kenne. Und den besten Charakter, den man überhaupt haben kann. Sie beugt sich zu mir, um mich zu küssen. Wieder einmal fahren meine Gefühle Achterbahn, es ist wie ein Karussell, das sich im Kreis dreht, von der Brust bis zum Bauch und wieder zurück. Ich möchte sie nur noch küssen, gar nicht an Pflichten oder anderes denken. Sie löst sich langsam von mir. „Kochen wir jetzt was zusammen?“ Stimmt ja, ich mache ja normal immer Mittagessen, wenn Mama und Jeff nicht da sind. Das habe ich total vergessen, weil ich mich die ganze Zeit nur darauf gefreut hatte, endlich mit ihr alleine zu sein. Ich seufze einmal für mich und stehe dann auf, sie an den Händen haltend. Zusammen laufen wir in die Küche und ich muss mir schnell einfallen lassen, was ich ihr leckeres zaubern werde. Um besser nachdenken zu können, umarme ich sie von hinten und atme ihren Duft ein. Mein Blick schweift über die Küchengeräte und meine Gehirnzellen arbeiten. Wie wäre es mit einer Mischung aus Wildreispfannenkuchen mit gegrillten Tomaten mit Bruschetta? „Also wenn Papa und Lydia da sind, sollten wir nicht zu viel Zeit miteinander verbringen.“ sagt Seulgi und pustet auf ihre Gabel, der Dampf vom Essen ist noch deutlich erkennbar. Ich trinke aus meinem Glas und denke nach. „Ich mein, ich würde schon gerne jeden Abend in deinem Zimmer sein, oder dass du zu mir kommst, aber es sollte ja nicht zu auffällig werden.“ spricht sie weiter. Dass es zu so einem Gespräch gekommen ist, wundert mich schon ein wenig, aber es muss sein. Auch ich versuche mich nun an dem heißen Gericht, in der Hoffnung, mich nicht zu verbrennen, und beobachte Seulgi weiterhin, die mir gegenüber sitzt. Ihr Blick ist gesenkt, ob sie mir nur ausweichen will oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Mir kommt da eine Erinnerung, als ich mal im Schullandheim war, in der Grundschule, da hatten wir immer Nachrichten verschickt. Wir durften ja nachts nicht unsere Zimmer verlassen, deshalb haben wir an einer Schnur immer Zettel gehängt und sie aus dem Fenster nach unten hängen lassen, um mit dem Zimmer im unteren Stockwerk zu kommunizieren. Das hat ja immer geklappt, das würde ich auch gern mit Seulgi machen, nur liegen unsere Zimmer nebeneinander und die Fensterabstände sind wahrscheinlich zu groß, als das wir uns darüber unterhalten könnten. Außerdem käme das verdächtig rüber, immerhin kann man von der Straße aus wunderbar unsere Hauswand sehen. Wir essen, ohne Worte miteinander zu wechseln, weiter. Ich werde mir schon noch was einfallen lassen, damit wir so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen können. Handys sind ne blöde Idee, außerdem würde das ja früher oder später rauskommen, falls Jeff oder Mama die Rechnungen in die Finger bekommen. Das wäre schlicht und einfach auffällig, wenn wir uns SMS’ schicken, obwohl wir im selben Haus wohnen... Ich sehe wieder zu Seulgi und in mir wird alles weich. Um meinen Gefühlen nicht ganz erlegen zu sein drehe ich mich von meinem Stuhl aus zu der Kommode um, die hinter mir steht, und schalte das Radio ein. Seulgi schaut nun wieder zu mir und muss traurig lächeln. Es ist schon schade, dass wir so glücklich sein können, aber über so was Unsinniges sprechen. Also unsinnig nicht, aber das verbreitet doch bloß trübe Stimmung. Sie fängt wieder an zu sprechen. „Weißt du, als Mama Papa verlassen hat, hatte er das ganz schwer zu verkraften. Sie wollte ja bloß in Griechenland arbeiten und dann zurückkommen, dann hat sie die Rückkehr immer weiter hinausgezogen, weil sie da schon den Neuen hatte. Aber wir wussten das zu dem Zeitpunkt noch nicht. Als sie es dann irgendwann zugegeben hatte war, Papa am Boden zerstört.“ Sie stochert mit der Gabel auf ihrem Teller herum. Ich esse normal weiter, obwohl es das erste Mal ist, dass sie über Jeffs Gefühle mit mir spricht. „Mich wundert es immer noch ein bisschen, dass er dann so schnell Lydia kennen gelernt hat, aber ich hab mich natürlich total für ihn gefreut. Und sie ist ja auch nett und so. Aber ihm fällt es allgemein schwer, anderen Leuten zu vertrauen, er kommt mir auch etwas zurückgezogener vor, als vorher.“ Sie macht eine kurze Pause und ich trinke wieder etwas. „Naja.“ beendet sie vorerst. Um ihr jetzt zu antworten, brauche ich viel Überwindungskraft! Ich sag es einfach vorne weg, dann ist es draußen! „Ich kann mir auch gut vorstellen, dass er total ausrasten würde, wenn er wüsste, dass wir ineinander verliebt sind.“ Ich sehe sie bestimmt an, auch wenn alles in mir weich wird und ich sicherlich rot bin. Seulgi fängt meinen Blick auf und versteht ganz gut, was ich meine. „Ja,“, fängt sie vorsichtig an, mir zuzustimmen, „also weil ich sein Ein und Alles bin, will er mich so gut schützen, wie es geht. Und da du ja jetzt ... also da du jetzt ’mein Bruder’ bist, vertraut er dir mich eben an. Wenn er aber das mitkriegen würde, wäre es ja Vertrauensbruch und so.“ Ich stehe auf und nehme ihren auf meinen Teller und trage sie in die Küche. Als ich sie in der Spüle ablege, kratze ich mir alle Wörter zusammen, die ich ihr sagen möchte. Sagen muss. Zurücklaufend zum Esstisch halte ich meinen Blick auf ihr gehaftet. Ich laufe um ihn herum und stelle mich hinter ihren Stuhl. Seulgi trinkt den Rest aus ihrem Glas und weiß sicherlich schon, dass ich meine Hände auf ihre Schultern legen werde. Genau das tue ich auch und umarmen sie, allerdings meinen Gedankengängen nachhängend. Ich muss schlucken und drehe meine rechte Gesichtshälfte gegen ihre linke Schläfe. Liebevoll gebe ich ihr einen Kuss auf diese, dann auf ihr Haar und dann auf ihr Ohr. Sie lächelt sicherlich und ich streiche ihr den Arm auf und ab. Grad eben habe ich ja schon indirekt -oder auch direkt- gesagt, dass wir beide uns lieben, das ist bei unseren Empfindungen ja auch irgendwie klar, aber so ganz direkt habe ich es noch nicht gesagt, dass ich sie liebe. Mit meiner Nasenspitze stupse ich an ihrem Ohr herum, sodass es sie kitzelt. Wie erhofft lacht sie auch leise. „Hey!“ beschwert sie sich im gespielt beleidigtem Ton. Sie hat ganz sicher das schönste Lachen auf der ganzen Welt. Ich drücke ihr noch einen Kuss aufs Ohr und drehe ihr Kinn zu mir herum, sodass ich auch ihrem Mund einen Kuss stehlen kann. Ich weiche ein Stückchen von ihr zurück, damit ich ihr ganzes Profil in Augenschein nehmen kann. So wie sie dasitzt, so wie ihr Gesichtsausdruck ist, möchte ich es festhalten. Und ich meine nicht körperlich, sondern bildlich! Ich flitze in mein Zimmer und krame meine Digitalkamera hervor. Die Idee, die sich in meinem Kopf entwickelt, verleiht mir ein riesiges, freudiges Gefühl! Ich werde den Film voll machen, und wenn ich alle Bilder hab, werde ich sie in ein Buch kleben! Vielleicht sollte ich dann noch Bilder von uns beiden machen, das schenke ich ihr dann zu ihrem Geburtstag oder sonst wann! Auf so was muss man erstmal kommen! Vom Flur her höre ich Seulgi nach mir rufen, was mir wieder Liebesgefühle einbläut. Sie hat die schönste Stimme, die ein Mädchen nur haben kann. Um dieses Mal einen Überraschungseffekt zu haben, verstecke ich die Kamera hinter meinem Rücken. Ich komme zu ihr zurück, küsse meine Geliebte und zücke dann den Apparat, möchte die restliche Zeit, die wir noch ungestört sind, zum Knipsen und küssen gebrauchen. Das wird das tollste Album, das sie je gesehen haben wird! erstellt am 11.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 10: Picnic - Gegenwart ------------------------------ Kapitel 10: Picnic - Gegenwart Namis Sicht Frau Neil zeichnete eine Tabelle an die Tafel, mit zwei Zeilen und sechs Spalten. In der oberen Zeile trug sie die Zahlen von eins bis sechs ein, darunter die Anzahl der dazugehörigen Noten. „Ich bin recht zufrieden mit euch, der Durchschnitt beträgt 3,2.“ sagte sie dabei laut. „Aber ein paar von euch würde ich raten, dass sie sich noch mal mit dem Stoff auseinander setzen.“ ermahnte sie, drehte sich zu der Klasse um und fing an um die Tische herumzulaufen, um uns die Tests auszuteilen. Ich machte mir keine Sorgen, da ich alles perfekt beherrschte. Erdkunde war schon immer mein Lieblingsfach und lag mir einfach, nur hoffte ich, dass die Jungs, insbesondere Sanji, eine gute Note bekamen. Frau Neil hatte den Test geschrieben, damit wir sahen, wo unsere Probleme lagen und dortiges noch mal wiederholten. Damit hatte auch keiner gerechnet, da wir am Freitag, also morgen in einer Woche, einen Zehnstundentest schreiben sollten. Ich fand es eigentlich gut, dass sie uns so testete, denn so sah sie, wer sich wirklich zu Hause hinhockte und büffelte und wer sich erst einen Tag vor der Arbeit reinhängte. Zudem war es ja auch für die Schüler zu Gunsten, da man sich anhand des Tests verbessern konnte. „Oh nein!“ stöhnte Sanji, der zwei Reihen hinter mir saß. Er schien eine schlechte Note zu haben und das stimmte mich auch unzufrieden. Er sollte doch gute Noten haben, damit wir zusammen die Schule beendeten! Ich kippelte mit meinem Stuhl nach hinten und fragte Zorro und Ruffy, was sie hatten. Danach auch Sanji. „Eine Fünf Minus.“ sagte er in von sich selbst enttäuschten, geschlauchten Ton. Dass ich eine Eins bekam war mir relativ egal, ich wollte am Liebsten mit Sanji die Note tauschen. Nach dem Klingeln war die Schule aus und alle wollten aus dem Klassenzimmer. Ich bekam noch mit, dass Frau Neil mit Sanji sprechen wollte. „Hör mal Sanji, ich weiß, dass Du mehr drauf hast als das.“ Sie meinte ganz klar den Test. „Die Fünf war das Äußerste, was ich dir geben konnte. Wenn du dich nicht aufrappelst wird die kommende Arbeit eine Katastrophe. Ich rate dir wirklich, dass Du Dir den ganzen Stoff noch mal zu Gemüte führst. Und... ich würde Dir diese Note sogar nicht zählen, wenn ich sehe, dass Du was geschafft hast.“ Sanji war dieses Gespräch sichtlich unangenehm und mit einem „Mhm.“ ging er zur Klassenzimmertür, gefolgt von mir. Im Schulflur warteten die Jungs auf uns. An Sanji gewandt sagte ich: „Sanji, wenn du wirklich nichts tust bekommst du womöglich noch ne Fünf ins Zeugnis! Du solltest wirklich noch mal alles nachholen.“ Er sah mich an. „Das lässt sich so leicht sagen, dir fliegt doch sowieso immer alles zu.“ Er meinte es nicht böse, sondern mir kam es so vor, als wäre es ihm peinlich, vor mir Supergenie eine so schlechte Note zu haben. Ich wusste auch nicht, wie ich ihn ermutigen sollte. Entweder er hatte einen Lernansporn oder nicht. „Weißt du,“, fuhr er fort, „dafür müsste ich jetzt alles nachholen, was wir in dem viertel Jahr gemacht haben.“ Ich gab zu, dass es viel Lernstoff war, wenn man nichts beherrschte. Aber es war doch machbar. Es musste sich nur einer bereit erklären, ihm zu helfen. „Und hast du schon mal an Nachhilfe gedacht?“ Er sah mich wieder an. „Wie kommst du denn auf Nachhilfe?“ Ich sah nach vorne, wo Ruffy das Treppengelände runterrutschte und einen Heidenspaß hatte. Wir liefen die Treppe nach unten. „Wenn du magst, können wir mal zusammen lernen.“ schlug ich vor, darauf bedacht, es so lässig und spontan wie möglich klingen zu lassen. Zu meiner Freude freute er sich total über den Vorschlag und konnte es gar nicht glauben. Wir machten also aus, dass wir am Dienstag oder Mittwoch etwas Erdkunde zusammeln lernten. /// Wir wollten an dem Tag noch das Picknick machen, also musste ich noch in den Supermarkt. Jeder sollte ein oder zwei Lebensmittel mitbringen, damit Sanji dort leckere Sandwichs machen konnte. Auf dem Heimweh besorgte ich Brötchenbelag, also Käse und Wurst. Ich wusste nur noch, dass Ruffy für die Getränke zuständig war, da er als einziger eine Kühlbox besaß, die noch funktionierte. Was die anderen als Aufgabe hatten, wusste ich nicht mehr. Mit dem Einkauf kam ich nach Hause und erwischte gerade noch Nojiko, die auf dem Sprung war. „Wo gehst du hin?“ fragte ich sie im Vorbeigehen. Doch ohne ein Wort zu verlieren zwinkerte sie mir zu und die Haustür fiel ins Schloss. Das hieß für mich, dass sie sich mit Ace traf. Ich zog mich um, wobei ich fast die Krise bekommen hätte. Ich konnte mich zu keinem Look entscheiden: sollte ich herausgeputzt, unschuldig, natürlich, verführerisch, fröhlich, elegant oder langweilig normal aussehen? Ein Mischmasch war irgendwie nicht drin, also schnappte ich mir letzten Endes doch bloß ein Top und einen kurzen Rock, da ich nicht zu spät kommen wollte. Wir trafen uns im Stadtpark, vor mir waren schon Sanji, Zorro und Ruffy da. „Hey!“ begrüßte ich alle zusammen. „Lange nicht gesehen.“ lachte Ruffy mich an und ich ließ meine Tasche mitsamt mir auf der Decke Platz nehmen. Kurz darauf kamen auch Lysop und Vivi hinzu. Ich war schon richtig gespannt, wie sie sich Ruffy gegenüber verhalten würde. Sie hatte ja irgendwie bis dato noch nie um einen Jungen gekämpft, sondern bloß immer von verschiedenen geschwärmt. Ich wollte mich da bei ihr überraschen lassen. Wie ich mit Sanji wieder ins Gespräch kommen sollte, wusste ich jedoch nicht. Ich hätte höchstens so anfangen können wie ’Ich fand die Mathestunde heute echt blöd.’ und dann würde ich bloß ein bisschen Zustimmung bekommen, mehr nicht. Ich sah zu der Springbrunnenanlage, die etwas weiter weg war. Bei dem schönen Wetter waren dort auch Mütter spazieren, deren Kinder im Wasser barfuss liefen. Lysop hatte angefangen, eine Abenteuergeschichte zu erfinden und ich hörte sogar ein wenig zu. Dabei behielt ich Sanji im Blickfeld, der sich dran gemacht hatte, die Brote zu belegen. Stimmt ja, er war für Butter und Kräuter und Brötchen zuständig gewesen. Die Decke war dann wohl von Zorro und das Besteck von Lysop. Vivi hatte Früchte mitgebracht und Crême Frech, den Tipp hatten wir mal von Sanji bekommen, dass man beispielsweise Bananen in Schmand tunken konnte, dass schmeckt echt superlecker. Man kann sogar Zimt oder Zucker draufstreuen, das ist echt ein leckerer Nachtisch. Später spielten wir alle Karten, Mau-Mau oder so was. Der Nachmittag war total angenehm und Vivi beziehungsweise ich konnten auf eine schöne Bräune hoffen, da das Wetter, oder besser gesagt die Sonne, so viel versprechend stand. Auf einmal klingelte ein Handy und beim zweiten Ertönen wussten wir alle, dass es das von Sanji war. Ich mochte die Musik, die er sich rausgesucht hatte, und verfolgte seine Bewegungen, als er nach dem Mobiltelefon suchte. Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, was er sagte, da ich ja nicht wusste, dass es von großer Bedeutung war. Nach dem Anruf legte Sanji, in Gedanken versunken, auf. Ich glaube, dass außer mir keiner so richtig darauf achtete, als er aufstand und seine Sachen zusammensammelte. „Willst du schon gehen?“ fragte ich verwundert. Seine Leitung brauchte kurz, bis er mir antwortete. „Ja, ich muss noch wohin.“ Das konnte ich nicht glauben, dass er mitten in unsrem reservierten Nachmittag abhauen wollte, aber na gut. Wenn der Anruf eben wichtig war, und vielleicht ein Freund von ihm Hilfe brauchte, ging es eben nicht anders. Wir verabschiedeten ihn und er lief eilig weg, seinen Rucksack aufgesetzt. Jetzt war mir auch egal, wie das Picknick weiterhin verlief, ich begnügte mich mit den Gesprächen der anderen und war müde. Ich überlegte, wo Sanji hingegangen sein könnte und wer der Anrufer gewesen war. Dass er am Tag darauf, am Freitag, nicht in die Schule kam, hatte mich dann schon gewundert. Krank geworden war er sicher nicht, sondern es musste etwas passiert sein. Ob ich mir jetzt zu große Sorgen machte wusste ich nicht, aber als er montags in die Schule kam, konnte man eine gewisse Ahnung bekommen, was passiert war. erstellt am 11.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 11: Chrimbo - Pubertät 7 -------------------------------- Kapitel 11: Chrimbo - Pubertät 7 Seulgis Sicht Es ist schon wieder Samstagmorgen und Papa ist mit Lydia weg, einkaufen. Mit Sanji ist abgemacht, dass ich den Tisch decke und mache mich deswegen sofort ans Werk. In einer Woche ist schon Weihnachten... Von oben her höre ich aus heiterem Himmel einen Bohrer! Sanji war zuvor im Haus herumgeschlichen, aber was will er denn ein Loch in die Wand machen? Ich lasse die noch aufgestapelten Teller stehen und begebe mich in Sanjis Zimmer, aus dem der Krach kommt. Ich warte, bis er von selbst aufhört die Wand zu quälen. Sein Regal hat er verschoben und bohrt auf Bauchhöhe das Loch. Endlich schaltet er das lärmende Gerät ab und dreht sich zu mir um. „Was soll denn das werden?“ möchte ich wissen. Er richtet sich auf und lächelt mich an. „Dreimal darfst du raten!“ Anstatt auf sein Spielchen einzugehen komme ich ihm näher und küsse ihn charmant. „Sag’s mir doch einfach.“ Wie zu erwarten kann er mir nicht länger den Sinn seines Aktes vorenthalten. „Ich erkläre dir jetzt, was das wird.“ Er zieht mich näher zu sich heran, sodass ich meine Arme um seine Hüfte legen kann. „Durch dieses Loch können wir uns zusammengerollte Zettel zuschieben.“ Mit Verwunderung sehe ich ihn an. Zettel zuschieben? Wann denn und wozu? Wie kam er auf die Idee? „Aha und dann?“ frage ich mit abgehackter Stimme. Er fährt fort. „Dann weiß niemand, dass wir uns heimlich Briefe schreiben. Guck, wenn wir das Möbel hier davor schieben sieht man es nicht. Und du musst auch bloß irgendetwas vorne dranmachen oder ein Bild aufhängen.“ Ich wüsste zu gerne, was in seinem Kopf vor sich geht, aber dieser Geniestreich ist ihm echt gelungen. Mit einem Lächeln schüttele ich den Kopf. /// Ich sitze im Badezimmer, mit dem Rücken an der Heizung gelehnt. Dabei lese ich im Buch ’Sophies Welt’ und bin so darin vertieft, dass ich kaum bemerke, dass Sanji hereinkommt. „Kuckgucks!“ hockt er sich direkt vor mich hin. Doch anstatt ihn zu beachten, möchte ich noch die letzten vier Zeilen zu Ende lesen. „Hallo?“ Ja, gleich! Er drückt mich ungeduldig am Fuß herum und mit einem ungewollten Lächeln lege ich das Buch ihm zu liebe weg. Er trägt eine schwarze Hose und einen sehr schönen Pullover, sowie ich einen Rolli anhabe. Es ist wirklich bitterkalt geworden, schon seit einer Woche schneit es ununterbrochen. Deshalb sitze ich auch gerne im Bad, weil es hier am Wärmsten ist. „Was gibt’s?“ möchte ich nach seinem Erscheinen wissen. „Hast du Lust, mit mir raus zu gehen? Wir packen uns warm ein und machen einen Spaziergang.“ Der Vorschlag hört sich gut an, ich brauche mir also nur noch eine Strumpfhose unter die Jeans anziehen und das war’s. „Geht klar.“ lächele ich wieder mal und stehe auf. Die Wärme der Heizung bleibt noch in meiner Kleidung hängen und ich sehe, dass die Badezimmertür halb zu ist. Also riskiere ich einen Kuss, dann gehen wir beide nach unten. „Wir gehen ein bisschen raus.“ ruft Sanji in Richtung Wohnzimmer, um Bescheid zu sagen. „Okay!“ kommt es von seiner Mutter zurück, während wir schon unsere Winterstiefel anziehen. Wir laufen am alten Uferweg entlang, der Himmel ist leicht bewölkt und die Temperatur liegt weit unter Null. Leider halten wir keine Händchen, aber was will man machen? Wenn uns jetzt ein Bekannter über den Weg läuft, wäre das unangenehm. Auf Geländern, Autos, Bäume und der Straße hat sich Frost gebildet und beim Sprechen kann man den eisigen Atem sehen. Auch wenn ich eher ein Sommertyp bin, ist dieser Winter etwas ganz Besonderes für mich, da ich ihn mit Sanji gemeinsam erlebe. So glücklich verliebt war ich noch nie... Unsere Hände streifen beim Laufen einander und wir halten immer für Millisekunden ein paar Finger ineinander verhakt, wirklich nur ganz kurz. Schon wieder berühren sie sich leicht und eine Wärme macht sich in mir breit. Schräg von der Seite sehe ich ihn an. Ich liebe seinen schwarzen Wintermantel, der so gut zu der schwarzen Hose passt! So einen Style finde ich umwerfend gut aussehend und zu seinen blonden Haaren passt das so gut, als wäre diese Kombination von Klamotten nur für ihn entworfen worden. Schwarz macht ihn kein bisschen blass, sondern nur attraktiver. Was soll ich ihm bloß zu Weihnachten schenken? Es muss etwas normales sein, aber beim genaueren Betrachten muss es auch was Besonders haben, immerhin ist es für Sanji! Und ich lass mich mal überraschen, was er sich für mich ausdenkt. Die Vorfreude könnte gar nicht größer sein darauf, ganz echt nicht. /// Gestern war Heiligabend und dazu noch ein ganz toller Tag. In der Kirche habe ich neben Sanji gesessen und unsere Knie haben sich berührt. Zuhause gab es ein unübertreffliches Weihnachtsessen und abends war die Bescherung. Sanji hat sich riesig über meinen selbst gemachten Kalender gefreut, und Papa und Lydia haben von mir auch etwas Gebasteltes bekommen. Sanji schenkte mir ein Plüschtier, einen Eisbären, der ist sooooo süß und richtig kuschelweich! Das ist für mich das schönste Geschenk von allen, der hat sogar ein rosa Herz auf der linken Brust aufgemalt und sich somit einen Ehrenplatz auf meinem Bett verdient. Im Moment räume ich mein Zimmer auf, da Carmen noch vorbeikommen wird. Auch wenn heute der erste Weihnachtsfeiertag ist, dürfen wir rausgehen. Mir fehlt gerade die Schippe mit dem Feger und ich gehe runter, wo Papa und Lydia noch mal die Kerzen vom Weihnachtsbaum angezündet haben, damit die ganz runter brennen. Es richt noch immer überall in der Wohnung nach Zimt und ich hole mir den gewollten Gegenstand. Sanji ist leider auch mit Freunden weg und ich fühle mich, als ob mir etwas fehlen würde, dabei weiß ich ja, dass er Schuld ist. Ich kehre den Staub zusammen und hole dann das Geschenk für Carmen raus, das ich ihr nicht vorher gegeben habe. Wenn ich daran denke, dass in knapp einer Woche schon Sylvester ist, finde ich, dass das Jahr ziemlich schnell vorbeigegangen ist. Ob wir dieses Jahr auch Raketen abschießen werden? Hauptsache ich bin dann in Sanjis Nähe, da ist es mir egal, was um uns herum geschieht. Unten klingelt es, das wird wohl Carmen sein! Den Dreck kippe ich in den Mülleimer und laufe die Treppe nach unten, um ihr aufzumachen. erstellt am 13.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 12: Cicatrice - Gegenwart --------------------------------- Kapitel 12: Cicatrice - Gegenwart Zorros Sicht An dem Tag hatten wir in der ersten Stunde Matheunterricht beim Gimon. Der wollte Funktionen mit uns durchnehmen und hat ganz viele Tabellen an die Tafel gemalt. Ruffy neben mir hatte das nicht alles mitgekriegt und musste es dann von Vivi erklärt bekommen, die vor uns saß. Nami hatte übrigens das gleiche Problem mit mir, aber egal jetzt. Es muss ein Montag gewesen sein, da gerade erst das Wochenende um war. Am Donnerstag war dieses Picknick, das wir hatten und am Freitag hatte Sanji in der Schule gefehlt. Doch an dem Tag in der Mathestunde ist er dann aufgekreuzt, ich dachte, er wäre auf dem Schwänztrip gegangen. Der Gimon hat uns grad ne Regel diktiert, als es an der Klassenzimmertür kurz klopfte und diese dann gleich darauf aufging, es war Sanji. Als er reinkam, muss ich zugeben, war es, als würde er kalten Wind von draußen mit reinbringen, das war richtig komisch. Normal beeindruckte mich nie groß was, aber das hatte irgendwas. Seine Haare waren entweder voll gesprayt oder er hatte auf dem Weg hierher einen Regenschauer abbekommen, was bei den Sommertemperaturen auszuschließen ist. Er lief an der vorderen Tischreihe vorbei, ohne einen Blick in die Klasse zu werfen. Sein Blick war außerdem total starr nach vorne gerichtet, was man ja ansonsten gar nicht von ihm kannte. Ich hob bei der Szene die Augenbraue und habe alles genau beobachtet. Der Gimon hat sogar zuerst freundlich gefragt, was er so spät kommt, und dass er sich entschuldigen soll, aber Sanji hat den total ignoriert und ist bloß zu seinem Platz in meiner hinteren Reihe gegangen. Als er durch den Mittelgang gegangen ist, sah jeder deutlich, dass seine Unterlippe aufgeplatzt war. Das sah echt übel aus, als ob er eine Schlägerei hinter sich hätte, aber mir war sofort klar, dass er dann auch ein paar blaue Flecken mehr hätte, es musste etwas anderes gewesen sein. Diese Platzwunde wurde ja dann zur Narbe, wie er sie heute normal hat. Im Nachhinein wollte er uns auftischen, dass er sich beim Kochen geschnitten hatte, aber das hat ihm natürlich keiner abgekauft. Ich hatte die ganze Zeit im Hinterkopf, dass da ne Messersticherei abgelaufen war. Naja jedenfalls lief er zu seinem Platz und da war der Gimon natürlich sauer und hat gefragt, was das soll. Sanji hatte dann seinen Ranzen abgelegt und sich ohne ein Wort hingesetzt. Der Lehrer hat schon mit Klassenbucheintrag, dem Direx oder Schulverweis gedroht, das war bei dem seine Art, der kann nicht anders mit Schülern klarkommen. Aber Sanji hatte voll die Ruhe weg und hat gar nichts gesprochen. Ich hatte dann so ne Schrecksekunde wo ich dachte, dass ihm vielleicht nicht nur der Mund verletzt, sondern vielleicht die Zunge hätte abgeschnitten sein können, aber das hatte ich dann schnell verworfen. Als er dann endlich meinte: „Entschuldigen Sie, Herr Gimon, aber ich habe verschlafen und bin deshalb zu spät.“, ist dem echt der Geduldsfaden gerissen. Sanjis Antwort war überfreundlich, total gespielt und alles andere als Ernst gemeint. Dass der Kerl so viel Mumm hatte wusste ich gar nicht, aber wer traut das schon so einem Jungen wie er es war zu? Unter Fluchen schrieb der Gimon was ins Klassenbuch, während Sanji in aller Ruhe seinen Unterrichtskram herausholte und so tat, als würde er mitarbeiten wollen. Die Szene, als er ins Klassenzimmer kam, ist mir lange danach noch nicht aus dem Kopf gegangen. Diesen kühlen Windhauch, der hinter ihm reingezogen ist, war alles andere als gewöhnlich. Nach der Stunde war eine Fünfminutenpause, in der wir den Saal wechselten. Schon als wir im Schulflur waren, zündete er sich eine Zigarette an. Normal war mir immer egal, wer von den anderen was tat, aber an dem Tag fiel Sanji eben besonders auf. Normal rauchte er bloß in der großen Pause, also bei einem Saalwechsel war es unüblich. Er schien echt was erlebt zu haben und ich hörte mit, als Lysop fragte, was los war und wo er am Freitag gesteckt hatte. „Mann, ich war krank.“ kam es von Sanji und sogar Ruffy durchschaute diese Lüge. „Von wegen, du bist doch kerngesund!“ hielt er dagegen. Sanji war einerseits die Ruhe und Selbstbeherrschung in Person, andererseits innerlich extrem angespannt, so was merke ich immer sofort. „Und wieso ist dein Mund so aufgedroschen?“ wollte er zusätzlich wissen. Ich sah mich nach den anderen Klassenkameraden um, die sich schon vor der nächsten Tür sammelten. „Ich bin mit nem Küchenmesser ausgerutscht.“ tischte er uns auf, was wieder bei keinem zog. „Von wegen!“ rief Ruffy beleidigt, denn dass man ihn für sooo dumm verkaufte, hat er in dem Moment echt zu spüren gekriegt. Sanji sah gar nicht weiter zu einem von uns, sondern bloß in der Gegend herum, als ob wir unwichtig wären und dieses Verhalten fand ich echt beschissen. „Sag jetzt was los war!“ beharrte der Sturkopf und Sanji meinte mit gelassener Stimme „Ja, ich wollt eben was kochen und hab auf ne Messerspitze was von dem Essen getan, und als ich grad probieren wollte bin ich abgerutscht und hab mir dabei die Lippe aufgerissen.“ war seine plumpe Erklärung, mit der sich Ruffy dann abgab. Also für so dumm schätzte ich den Koch nicht ein, aber bei menschlichem Ungeschick kann ja alles Mögliche passieren, also dachte ich auch nicht weiter darüber nach. Sozialkunde mochte ich auch nicht, da habe ich nie eines der Systeme kapiert. Den Lehrer, den wir da hatten war ziemlich streng und wenn einer nicht aufpasste musste der gleich Zusatzaufgaben erledigen, und das nicht zu knapp. Da jedem seine Freizeit heilig war wollte sich das auch keiner erlauben. In der Stunde war noch was Lustiges passiert. Also im Unterricht dachte der Lehrer, dass Sanji in seinem Heft malte und wollte es ihm abnehmen, wobei er dann keine Anstalten gemacht hat. Alle dachten, dass er jetzt ne Strafarbeit machen müsste, doch Sanji hatte sich in Wirklichkeit Notizen von dem gemacht, was der Lehrer vorher gelabert hatte. Das war für den voll die Abfuhr, und im Übrigen kann es dem doch egal sein, ob Schüler zuhören oder nicht, immerhin würde jeder seine Rechnung im Zeugnis zu begleichen haben. Nach dem endlos langen Schultag, wie immer, gingen alle nach Hause. Da konnte ich noch mal einen Blick auf Sanjis zukünftige Narbe werfen, über welche sich Nami schon Sorgen gemacht hatte. Sie benahm sich manchmal echt mütterlich, wollte wissen, ob er beim Arzt war und so weiter. Aber sie ist eben ein Mädchen und das akzeptiere ich ja auch. Ich weiß schon, warum ich keine Freundin haben will, mir reicht das Fechten, das ich habe. Naja ich bin dann halt nach Hause gegangen und habe mir ne Dose Ravioli warm gemacht. erstellt am 13.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 13: Fledge - Pubertät 8 ------------------------------- Kapitel 13: Fledge - Pubertät 8 Sanjis Sicht Der Frühling ist bei uns angekommen und verschenkt auftauende Blüten, Knospen und frische Düfte. Es ist zwar noch immer etwas kalt, aber sehr angenehm. Seit gestern sind Jeff und Mama weggefahren und diesen Freitag müssen sich Seulgi und ich uns selbst versorgen, was natürlich das Beste überhaupt ist. Wir sind bis jetzt nur zu Hause geblieben, da wir uns niemanden stellen wollen. Auf einmal ist diese Wohnung wie unser eigenes Traumhaus, das wir einmal haben wollen, ein Reich nur für uns zwei allein. Hier kann uns keiner stören, wir leben nur für uns, von der restlichen Welt abgeschirmt. Das alles gibt mir so unsäglich viel Kraft, dass ich richtige Topleistungen, beispielsweise in der Schule oder sogar im Kochen, fertig bringe. Seulgi strahlt auf mich so viel Glück und Geborgenheit aus, all das könnte ich mir anders gar nicht mehr vorstellen. Wir liegen in meinem Bett, Seulgi hat ihren Kopf auf meinem Brustkorb abgelegt und ich fahre durch ihre langen Haare. Um uns ist kein Stress, Zeit spielt keine Rolle und wir genießen die Zweisamkeit. Es ist so unendlich schön, dass wir gemeinsam schweigen können. Worte sind im Moment überflüssig, wir wissen einfach schon alles voneinander. Wozu reden? Die weiche Sonne strahlt bleich durch das Fenster herein und wir hören keinen Krach von draußen. Es ist einfach ein herrlicher Tag... In manchen Momenten mache ich auch die Augen zu, um mir wieder ihrer Nähe bewusst zu werden, dann konzentriere ich mich auf ihren Atem und versuche einen entgegen gesetzten Rhythmus zu haben. Ich liebe es, ihre ausgeatmete Luft einzuatmen, auch wenn das seltsam klingt. Genauso ist das wie mit Kleidungsstücken. Normal würde man bei einem T-Shirt, das zwei- oder dreimal getragen wurde, sagen, dass es nach Schweiß müffelt. Aber wenn es von Seulgi ist, duftet es, meiner Nase nach. Ein Sonnenstrahl scheint gerade direkt in mein Gesicht und lässt in meinem Riechorgan ein Niesen aufkribbeln, kann es aber dann doch unterdrücken. Seulgi merkt das und lächelt, während sie meine Hand streichelt. So langsam kommen wir beide wieder auf Kussentzug und aus diesem Grund beugt sich Seulgi zu mir hoch. Nach dem Kuss sehe ich ihr Gesicht nahe vor meinem. Ihre schönen, aufgeweckten Augen lächeln mich an, ihre Lippen tun es ihnen gleich. Mit meinem Zeigefinger stupse ich ihre Nasenspitze an, auf diese Berührung folg noch ein Kuss meinerseits, auf dieselbe Stelle. Sie vergräbt ihren Kopf in meiner Schulterkuhle und ich schlinge wieder meine Arme um sie, möchte ihren gesamten Rücken bedecken. Ich finde, dass zwei Arme viel zu wenig sind, wenn man einen Menschen so nah bei sich haben und beschützen will. Sie schmust an meinem Hals herum und es kitzelt mich überall, aber damit sie nicht aufhört, beherrsche ich mich, nicht zu lachen. Ein Grinsen lässt sich dennoch nicht unterdrücken und nun reicht es mir wirklich. Ich packe sie an den Schultern und drehe sie um, sodass nun sie mit dem Rücken auf der Matratze liegt und ich schräg auf ihr, sie ansehend. Meine Hand beginnt wieder damit, sich einzelne Haarsträhnen von ihr herauszusuchen und sie zu durchfahren. Sie hat so gepflegtes, glänzendes Haar, das ist echt der Hammer. Mir kommt da der Gedanke an Shampoo, darauf folgend mal mit ihr zu duschen, doch das entfällt mir auch schon wieder. Sie ist wie ein Engel, noch unberührt und unverdorben, ich hoffe zutiefst, dass sie sich niemals irgendeinem Macho hergeben wird. Wenn sie für immer bei mir bleibt, wird ihr niemals etwas Schlechtes widerfahren, das weiß ich. Und so blöde Gedanken brauche ich auch nicht zu haben, mir reicht es, sie küssen zu können und es ist ja schon das höchste Geschenk überhaupt, dass sie mich genauso liebt, wie ich sie! Wozu sollte ich ihren Körper auch noch erobern sollen, im Moment sind wir doch glücklich mit dem, was wir haben. Nur ob ihr das reicht? Vielleicht begehrt sie ja mehr, als einfach nur mit mir zusammen zu sein? Ich meine, sie ist ja auch ein Mensch wie jeder andere und hat ihre Bedürfnisse... vielleicht möchte sie ja doch mal mit mir duschen? Oder etwas anderes? Vielleicht möchte sie ja auch, dass ich sie einmal befriedige? Ob ich das auch kann? Ich möchte ihr alles geben, was ich habe, kann, was sie will und braucht. Ob sie an so was überhaupt denkt? Nicht, dass sie glaubt, mein Gehirn würde bei ihrem Anblick ausschalten und dafür etwas anderes das Denken übernehme. Ich hoffe mal, dass das gerade nicht der Fall ist. Ich will nicht so sein wie andere, ich möchte etwas Besonderes sein, weswegen ich ihre Liebe dann auch verdiene. Wenn ich jetzt nur daran denken würde, wie ich sie ins Bett kriege, das wäre ja ätzend, und das könnte ich überhaupt nicht. Nur wie sie so daliegt, mir ihr ganzes Vertrauen schenkt, finde ich sie schon sehr anziehend und verführerisch. Meine Güte was ich für Zeugs denke! Aber was soll ich machen? Ich bin auch bloß ein Mann... oder noch Junge... Ich kann sie nicht länger mustern, ich muss meine Augen senken oder sie schließen. Meinen Kopf lege ich ebenfalls auf der Matratze ab und atme ihren Duft ein, möchte es in mir speichern, nur geht das so schlecht. Wie sie sich wohl richtig anfühlt? Ich kann sie nur an den Armen oder oben rum streicheln, ich weiß gar nicht, wie das wäre, wenn wir miteinander schliefen. Ich will sie erstmal nur auf mir liegen haben, aber nicht nur einfach so, sondern ihre Haut spüren, komplett auf meiner. Das ist ja ein normales Verlangen, ich würde das echt gerne. Nach so etwas kann ich sie ja fragen. „Hey, Süße?“ flüstere ich zu ihr, absichtlich lasse ich meinen Atem ihr Ohr kitzeln, vor dem einige Haare verweilen. Sie sieht mich an und ein Schauer durchfährt mich, wahrscheinlich auch gerade sie selbst. In ihren Pupillen kann ich mich spiegeln, ihre Iris ist so hell und klar, ich muss verdammt noch mal aufpassen, dass ich mich nicht in ihnen verliere, obwohl es doch nirgendwo etwas Schöneres gibt. „Mhm?“ kommt es von ihr und ich tippele mit meinem Zeigefinger und dem Mittelfinger auf ihrem Gesicht herum. Sie wandern über ihre Stirn, das Nasenbein, die Wangen, bis Seulgi die Initiative ergreift und sie mit ihrer eigenen Hand stoppt. „Was ist?“ hakt sie nach. „Würde es dir was ausmachen, wenn ich mein Oberteil ausziehe?“ Puh, das hat Mut gebraucht. Nachdem ich das aussprach beobachtet sie mich weiterhin mit einer Mischung aus Vertrauen, Undurchschaubarkeit und Faszination. Sie liebt mich echt, echt, echt! Eine Millisekunde kichert sie, antwortet dann „Nur zu.“ und bleibt immer noch Herrin der Situation. Doch bevor ich mich rühre, möchte ich auch noch wissen: „Und...“ Mist, das wird peinlich, es auszusprechen. „...dürfte ich dann auch dir deinen Pulli ausziehen? Also würde es dich stören?“ Sie lächelt mich wieder so an, als wüsste sie genau, was in mir vorgeht. Hitze macht sich in meiner Magengegend breit, aber ich bleibe standhaft, so gut es möglich ist. Ihr Verständnisvermögen kann ja gar nicht normal sein... „Wenn du magst.“ meint sie, dieses Mal auch etwas schüchtern, worüber ich etwas erleichtert bin. „Also, ich will nicht das, was du denkst.“ versichere ich ihr. Sie soll bloß nichts Falsches von mir denken... „Ja, schon klar.“ sagt sie zurückhaltend. Sie setzt sich langsam aufrecht hin und zieht sich ihren dünnen Pulli aus, mit der Bewegung, als würde sie es wie täglich im Badezimmer tun. Dass sie sich schon mal nicht geniert, finde ich richtig toll. Ihr BH ist sehr schön, verpackt alles, was sie zu bieten hat, wunderbar, aber auf eine sonderbare Weise ist er nicht annähernd gut genug, ihr Kleidungsstück zu sein. Ich finde, dass Seulgi viel zu hübsch ist, als dass sie Kleidung tragen sollte! Der BH hat es nicht verdient, seinen Zweck an ihr zu erfüllen, also als ihr Busenhalter zu dienen. Aber was denke ich schon wieder für einen Schwachsinn!? Da entblößt sich das schönste Lebewesen unter der Sonne vor meinen Agen, und- „Jetzt du?“ unterbricht sie meinen total überflüssigen Gedankengang mit schwacher Stimme, ihr Herz klopft ihr sicherlich bis zum Hals. Unmerklich zögernd ziehe auch ich mir mein Oberteil über den Kopf. Ich hole Seulgi auf mich, sodass sie bequem liegt, und wir küssen uns. Ich möchte sie so liebevoll, schätzend, verwöhnend, neckend, beruhigend, sachte, fordernd und leidenschaftlich küssen und streicheln, wie es nur möglich ist. Mir sausen so viele Gedanken durch den Kopf, das kann man unmöglich sammeln und zusammenfassen. Gleichzeitig ist mein Kopf auch leer, ich kann mir keine Bilder mehr vorstellen, gar nichts mehr anstellen, nur meine Gefühle spüren, die durch mich brausen. Es klingt so verrückt, dass würde mir nie jemand glauben, was gerade in mir abgeht. Ich bekomme kaum Luft, obwohl wir uns noch recht langsam küssen. Mein Herz springt mir ja fast aus der Brust, hoffentlich bleibt das noch drinnen! Ich streiche ihr über den Rücken und stoße dabei zufällig auf einen Strang Wolle oder so... oder besser gesagt unzufällig, es muss wohl ihr BH-Verschluss sein. Ich versuche das Ding aufzumachen, es läuft sogar wie geschmiert und ich streiche ihr die Träger über die Arme. Sie hilft mir dabei und zieht ihn sich aus, wo auch immer er daraufhin landet. Ich begebe mich mit meinen Händen wieder zu ihren Rücken, ihre Haut ist so weich und ich möchte einfach nur noch über sie streichen, sie dabei ununterbrochen küssen. Doch ihr Oberkörper hat eine größere Spielfläche, also löse ich mich das Minimum von ihr und nehme mir vor, sie von oben bis unten abzuküssen. Unsere Haut klebt leicht aufeinander, doch löst sich auch wieder. Atemgestockt küsse ich ihren Hals entlang, dann ihr Schlüsselbein, begebe mich weiter nach unten. Irgendetwas ergreift von mir Besitz, ich habe diesen Drang, dass ich sie küssen will, muss, dass ich sie streicheln will, muss, das ist unfassbar. Ihr Bauch, sowie ihr Brustkorb, hebt und senkt sich unter ihren Atemzügen. Ich komme an ihrem Bauchnabel vorbei und küsse immer weiter nach unten, selbst noch über ihren Hosenrand streue ich meine Liebkosungen. Doch an ihren Oberschenkeln mache ich Kehrt, da sie unter dem Jeansstoff sicher nicht so viel spürt. Mein Rückweg führt an ihren Brüsten vorbei, an welchen ich einfach anhalten muss. Meine linke Hand, die an ihrer Hüfte liegt, hole ich zu mir hoch und streichle diese schönen Rundungen. Sie hat die schönsten kleinen Brüste, die ich kenne. Egal was ich schon in Filmen und Serien gesehen habe, die Realität ist tausendmal das Beste, was es gibt. Sie möchte anscheinend unsere Positionen tauschen, weshalb wir uns eng umschlungen und küssend auf die andere Seite wälzen. Mein eigener Atem geht in unseren Küssen unter, meine Lippen prickeln, sind schon völlig weich geküsst, das sind die schönsten Sekunden in meinem ganzen Leben! Unsere Zungen können gar nicht intensiver miteinander beschäftigt sein, trotzdem habe ich noch genug Verstand, meine Hand weiterhin über ihren Rücken und ihre Schulternblätter fahren zu lassen. Sie kommt an ihrem Hintern vorbei, fahre über diesen und würde am Liebsten zupacken. Ich wage es sogar und bekomme keine Unterbrechung ihrerseits, wir küssen uns weiter, weiter, weiter, können uns schon gar nicht mehr voneinander lösen! Sie liegt auf mir, ihre Beine sind nun angewinkelt und liegen auf meiner Bauchhöhe. Ich fahre wieder ihren Oberkörper entlang, drücke sie so fest an mich wie es geht, presse meine Zunge, meinen Mund gegen ihre, mir ist innerlich so warm und ich könnte platzen vor Freude. Das Gefühl, was sie mir verleiht, ist unvergleichbar! Ich werde immer gieriger und hoffe, dass es für sie in Ordnung ist. Zitternd befühle ich ihren Hosenschlitz und versuche herauszukriegen, wie man den öffnen kann. Seulgis Hand leistet meiner plötzlich Gesellschaft, doch ich erschrecke nicht. Sie nimmt mir die Arbeit ab und öffnet den Hosenlatz von selbst, sodass ich sie nur noch nach unten zu ziehen brauche. Sie streicht mir über mein Gesicht, ich verfolge ihre Bewegungen genau. Über die Wange, während wir uns küssen, dann wandert ihre Hand in meinen Nacken, fährt durch meine Haare, ich selbst drehe uns wieder so, dass ich nun wieder auf ihr liege. Ihre Haare hängen uns wüst ins Gesicht, doch das stört niemanden. Wir sind komplett in einer anderen Welt, nur noch unsere Körper erinnern an das Hier und Jetzt. Ich zerre an meiner scheiß Hose herum, die soll aufgehen und runter, es gelingt mir und bin sie sogleich auch los. Ich liege in den für mich schon immer vorbestimmten Ort und möchte weitergehen, jetzt wo es so weit gekommen ist, möchte ich kein zurück mehr. Jetzt will ich sie ganz haben, sie gehört mir, ich ihr, wir uns. Meine Angst steigt genauso steil an, wie sie schwinden tut. Ich schwanke, ob ich ihr den Slip wegnehmen soll, oder nicht. Aber was sollte mich noch daran hindern? Jetzt sind wir fast total nackt, es fehlt nur noch meine Boxershort, doch diese bleibt noch immer an mir. Zieht Seulgi sie mir aus oder soll ich das übernehmen? Ich muss ihr jetzt einfach wieder sagen, wie sehr ich sie liebe! „Ich liebe dich.“ küsse ich ihr in den Mundwinkel und bekomme diesen Satz erwidert. Ich hänge weiter an ihren Lippen, will ihren Körper schmecken und spüren. Mir wird heißer und meine Finger werden ungeduldiger. Wo soll ich sie streicheln? Sie wissen nicht, wo sie sich hinplatzieren sollen, sie können ja schließlich nicht überall zugleich sein. Ich will sie auf jeden Fall verschlingen! Ich will mit meiner Zunge alles fühlen! Wie schmeckt ihre Haut? Ihre Haare? Selbst wenn ich sie tausend Mal vernaschen würde, hätte ich immer noch nicht genug von ihr. In was für einen Rausch falle ich da gerade? Was stellt sie mit meinen Sinnen an, wie betäubt sie mich bloß? Es war nicht geplant, dass es so kommt, aber jetzt ist es so weit. Kein zurück. Ich liebe sie. Gedanken werden unmöglich. Meine Unterhose ist auch verschwunden, meine Lippen tun schon furchtbar weh. Ich war noch nie so aufgeregt, wieso steigert sich das alles so rasend schnell? Ist da gar kein genießen mit drin? Mein Verlangen wächst ins Unermessliche. Es passiert alles so schnell, ich bekomme kaum etwas mit! Es ist wie selbstverständlich, dass mein steifes Glied seinen Weg zu ihr bahnt. Es verläuft alles ohne Probleme, Seulgi zeigt kein bisschen Angst oder scheu, mir so ausgeliefert zu sein. Ich küsse sie als Belohnung für ihre Liebe, Geduld, Treue, ich weiß auch nicht, was ich noch groß anfangen soll. Jetzt bin ich in ihr drin, und nun? Mein Gewicht lastet total auf meinen Armen, auf ihrem wundervollen Körper, ich möchte sie weiter küssen, um sie vergessen zu lassen, dass ich gerade hilflos bin. Hoffentlich fange ich nicht an zu zittern. Wenn nicht mal ich weiß, was ich jetzt machen soll, was wird dann mit ihr sein? Einer muss doch dominant sein. Meine Zunge lockt die ihre weiter vor, zu mir hin, mein Becken fängt langsam doch an zu zittern und ich habe scheiße Angst, zu kommen! Es ist noch nicht mal losgegangen! Keine Panik, ganz ruhig. Ich stütze meine Unterarme erstmal neben ihre Schultern ab, versuche halbwegs gemütlich auf ihr zu liegen, ihre Oberschenkel und die ganzen Beine sind angespannt, sie fährt mir nun wieder durch die Haare. Mein ganzer Rücken ist feucht, ihre Haare schimmern richtig. Ich hebe sehr vorsichtig meinen Hüftbereich und erwarte ihre Reaktion. Ob ich es vielleicht bleiben lassen sollte? Es gibt viele Pärchen, die an der Stelle aufhören und erst kurze Zeit darauf ihr erstes Mal miteinander haben. Aber nein, es soll jetzt sein. Jetzt ist unser Moment, jetzt ist der Moment, wo wir vereint sind. „Geht’s?“ Meine Frage ist fast nur ein Keuchen. Sie nickt ihren rot angelaufenen Kopf verschüchtert und das gibt mir wieder Kraft, ich kann weitermachen. Wenn ich jetzt etwas falsch mache, werde ich es mir nie verzeihen... aber alles passt zusammen, es wird niemals besser sein als jetzt. Behutsam senke ich mein Becken auf ihrem nieder, halte einen Moment inne, sehe sie dann an. Ihre Augen sind geschlossen und sie würde alles mit sich machen lassen, so sieht es gerade aus. Ich muss lächeln, ihre Mundwinkel und die Wange küssen, ihren vollkommenen Mund und wende meine Aufmerksamkeit wieder meinem besten Stück zu. Ich möchte um Himmels Willen nicht, dass Seulgi irgendwelche Schmerzen hat, aber ich kann ja nicht wissen, was sie gerade empfindet. Sie soll nur schöne Erinnerungen haben... und die will ich auch haben. Mein Herz setzt für mehrere Schläge aus, ich selbst schließe die Augen und versuche bloß zu atmen. Noch ein letztes Mal möchte ich mich in mir bewegen, dann ist Schluss. Aber gerade jetzt versucht sie, auf mich einzugehen, also kann ich es nicht sein lassen. Sie passt sich total meinen Bewegungen an, wenn ich nach unten gehe, geht sie auch nach unten, wenn ich nach oben komme, folgt sie meinem Becken sozusagen. Das muss doch anders sein, sodass es entgegengesetzt ist, oder nicht? Aber es ist auch so schön genug, Hauptsache sie fühlt sich wohl, das stelle ich über alles! Wir fangen wieder an, uns zu beküssen, ich nehme mir ihren Hals vor und Gesichtspartien, sie bringt wohl grade so zustande, ihre Hände an meinem Oberkörper zu lassen. Ich lenke sie mit einem lang andauernden Zungenkuss ab, bis meine Hände sich auf ihre Oberschenkel legen, ich versuche sie ein wenig zu führen. Der Rhythmus ist fast gleichmäßig, aber so wird es besser sein. Wir sind relativ langsam, und ich hätte nie gedacht, dass ich bei meinem ersten Mal die Führung übernehmen würde. Und dass es nicht im besoffenen Zustand auf einer Party ist, sondern das alles mit der Frau meines Herzens geschieht, macht alles so... dafür gibt es keine Worte. Eigentlich bin ich genauso unerfahren wie sie, wir entjungfern uns gerade gegenseitig, das ist unglaublich, mir kommt das so irreal vor. Sie macht mich zum Mann, zum glücklichsten Jungen im Universum. Wir küssen uns leidenschaftlich und mit einem Mal laufen unsere Bewegungen wie von selbst. Meine Hände hole ich wieder hoch zu ihrem Oberkörper, streiche dabei kurz über ihre kleinen, runden Brüste, dann suche ich nach ihrer Hand. Unsere Finger verschränken sich ineinander und wir küssen uns weiterhin sehnsüchtig. Die Anstrengung ist zwar groß, aber das ist das Schönste, was ich bis jetzt in meinem Leben erlebt habe. Das alles, diese Stunden, diese Erfahrung, neigt sich leider dem Ende zu. Ich bin nicht gekommen, aber das brauchte es auch nicht. Ich wollte keinem etwas zu viel zumuten, oder besser gesagt ich habe viel zu viel nachgedacht, anstatt alles auszublenden. Aber es ist okay, wir haben uns geliebt, ich habe sie sooft geküsst wie ich konnte, auf meinem Gesicht krabbeln Schmetterlinge, meine Lippen sind wund, doch ich fühle mich von innen heraus erfüllt. Nun wirklich hört es auf, das war die letzte Hüftbewegung. Ich werde noch einmal einen kleinen Schuss los, doch das ist jetzt auch unwichtig. Es ist vorbei, wir küssen uns überglücklich und ich möchte gar nicht mehr aufstehen. Die Ärmste lag die ganze Zeit unter mir begraben, aber mein Gewicht scheint ihr nichts auszumachen. Wir küssen uns wieder, ich zieh die Bettdecke höher zu uns, begebe mich zu ihrem rechten Ohr und lege meinen Kopf auf ihrer Schulter nieder. Sie neigt ihre Gesichtshälfte zu meiner und lehnt ihre Stirn vor meine. Wir können bloß lächeln und ich bin hundemüde. Unsere Herzen und unser Atem gehen bis aufs Äußerste. Ich möchte auf ewig hier so bei ihr liegen, genau so. Schon in der Versuchung, einzunicken, vernehme ich ihre helle, ruhige Stimme. „Das war schön.“ Diese Worte können gar nicht lieblicher klingen. Ich kann nur mit einem „Ja.“ Zustimmen und ihr noch einen Kuss schenken, dann bin ich wirklich weg, im Land der Träume. Ich bin so erschöpft, habe meine passende Hälfte gefunden. Ich möchte niemals eine andere lieben, ich möchte für immer mit Seulgi zusammen sein. Ich glaube sie schläft jetzt auch. Die Sonne ist ja ganz schön gewandert, nur der blaue Himmel lacht noch durch die Fensterscheibe zu uns hinein. Ich habe meinen Kopf zwar davon weggedreht, aber spüre genau, dass er als einziger Zeuge dieses Erlebnisses ist. erstellt am 14.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 14: Coaching - Gegenwart -------------------------------- Kapitel 14: Coaching - Gegenwart Sanjis Sicht In der einen Woche war dieser Zehnstundentest am Freitag... und am vorangehenden Dienstag wollte mir Nami helfen, dafür zu lernen. Ich war überglücklich, dass sie mir das angeboten hatte. Im Unterricht wollte ich auch so gut es ging aufpassen, damit sie stolz auf mich sein würde. Nur konnte ich mich überhaupt nicht konzentrieren, ich war noch total müde und musste immer wieder an das Wochenende denken. Himmel noch mal, die beiden waren doch solche Psychopaten! Das wollte ich Seulgi nicht so schnell verzeihen, dass sie mir einfach die Lippe aufgeschlitzt hatte. Ich weiß schon gar nicht mehr, was sie dazu genommen hatte. Es musste ein Zirkel oder so gewesen sein, jedenfalls hatte das höllisch wehgetan. Nun wusste ich sehr genau, wie Blut schmeckte. Ich musste mir immer wieder die Wunde abtasten, mein Mund brannte davon förmlich. Er war die ganze Zeit über heiß und ich konnte nichts groß dagegen tun. Ein Pflaster war dort unmöglich einsetzbar und eine Creme wusste ich dafür auch nicht. Naja, es hätte schlimmer kommen können. Wenn sie das als kleinen Racheakt ansah, meinetwegen. Ich wollte nicht dauernd darauf zurückkommen, sondern mich auf den Nachmittag bei Nami freuen. Nur haute das nicht so ganz hin, da meine Gedanken immer wieder abwichen. Dienstags in der Pause bestätigte sie mir, dass es auch klappte und sie wirklich Zeit hatte. Innerlich war ich eigentlich total happy, nur war ich nach außen hin so betrübt, dass man das gar nicht merkte. Natürlich wollte ich ihr meine Lächeln schenken und sie umschwärmen, aber konnte mich ehrlich zu nichts aufraffen. Ich war in einem richtigen Tief angelangt, wobei das jedem so ergehen würde, der dasselbe wie ich durchmachen würde. Ich musste die ganze Zeit im Unterricht bloß gähnen, ich war einfach zu lange unterwegs gewesen. Mir kam es so vor, als würden Ruffy und Lysop nur um mich herumhopsten, obgleich das sicher nicht so extrem war, wie in meinen Wahrnehmungen. Zorro war irgendwie gar nicht vorhanden und meine zugeschnürte Aufmerksamkeit widmete ich Nami. Ich konnte sie einfach nur immerzu ansehen und davon träumen, sie einmal zu küssen. Sie hatte mir ja schon so sehr geholfen, ich fand sie einfach immer nur anmutig und süß und sie war ja auch so schlau und das liebevollste Mädchen, das ich kannte. Meine Tagträume beschranken sich auf Annäherungsversuche, nur verliefen die so tadellos, dass es schon gar nicht mehr realistisch war. Nach der Schule wollte ich noch mal nach Hause, um mich zurecht zu machen, immerhin war es das erste Mal, dass ich Nami alleine traf, ohne die anderen. Aber dann kam von ihr der überraschende Vorschlag, direkt mit zu ihr zu kommen. Etwas perplex stimmte ich ihr zu, da ich ihr einfach nichts ausschlagen konnte. Bei ihr zu Hause fingen wir nicht direkt mit Schulaufgaben an, worüber ich froh war. Nami bot mir an, dass ich uns etwas in der Küche zubereiten konnte, was ich dann auch tat. Erstmal musste ich runter kommen und mich entspannen, das ging mit Kochen schon immer am Besten. Mit zwei kleinen Schüsseln voll Obst kam ich ins Esszimmer, wo sie schon alles zurecht gelegt hatte. Bei den sommerlichen Temperaturen ist Obst einfach das Erfrischenste schlecht hin. „Das sieht lecker aus.“ lobte sie mich und befreite schon einen kleinen Vorboten aus meinem Schmetterlingskäfig. „Danke.“ meinte ich und hätte lieber nicht so schüchtern geklungen. „Also ich würde sagen, wir erklären erstmal alle Begriffe, die wir wissen müssen. Danach erkläre ich dir die Zusammenhänge, okay?“ „Du hast vollkommen Recht.“ Schon wieder war mein Mundwerk schneller gewesen, als mein Kopf. Mann, das konnte ja heiter werden. Sie schlug ihr Heft auf und fing an. Erstmal wollte sie testen, was ich auf dem Kasten hatte. „Weißt du, wann Nebel entsteht?“ Nebel? Zu meinem eigenen Erstaunen wusste ich die Antwort sogar. „Ja klar, das ist, wenn... also wenn die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist, dann gibt es Nebel.“ Ob das auch stimmte? Ich wollte so viel wie möglich richtig beantworten und war fest davon überzeugt, dass das der richtige Start war. Aber so ganz war sie noch nicht zufrieden. „Ja schon, aber wann entsteht Nebel denn ganz genau?“ Ich wusste es einfach nicht. Wozu mussten wir so was auch für Erdkunde können? Ich überlegte wirklich fieberhaft, kam aber nicht drauf. Schließlich resignierte ich. „Tut mir Leid, ich weiß es nicht.“ „Aber darum musst du dich doch nicht entschuldigen! Weswegen sind wir denn hier? Also ich sag’s dir.“ Ich wartete gespannt, wobei mich die Antwort nicht im Geringsten interessierte. Ich wollte bloß Zeit mit ihr verbringen und ich empfand wieder einmal pures Glück. Als sie weiter sprach, sah ich ganz genau auf ihre Lippen, zwischendurch blickte ich hoch zu ihrem Gesicht, in ihre Augen. „Also wenn feuchte, kühle Luft durch heiße Luft darüber kondensiert, dann ergibt das Nebel.“ Sie sah mich erwartungsvoll an. Ich hatte schon bei dem Wort ’kondensieren’ Schwierigkeiten, der Satz an sich ergab für mich erst recht keinen Sinn. „Hast du das verstanden?“ vergewisserte sie sich. „Äm, ja, ...ja.“ log ich und tat konzentriert. Ich war so müde, wollte es mir aber nicht anmerken lassen. „Also das musst du einfach auswendig lernen, da führt glaub ich kein Weg dran vorbei. Wir machen das ja nur, dass du’s schon mal gehört hast.“ Ich zwang ein Lächeln aus mir heraus. Meine Lippen brannten schon wieder wie verrückt. Sie sah wieder auf ihr Heft und ich konnte das Gähnen gar nicht unterdrücken, das in mir aufkam, deshalb versuchte ich es hinter meiner Hand zu verbergen. Hoffentlich sah sie es nicht. „Hm. Ich denke mal, dass wir lieber direkt zur Elektroenergiegewinnung kommen sollten.“ Und sie sah mich an. Gerade rechtzeitig erwiderte ich ihren Blick, ansonsten hatte ich nur auf ihren Mund geglotzt. Mir kam das echt vor, als würde sie Bahnhof sprechen. Mensch, so konnte das doch nie was werden. Ich riss mich zusammen und wollte mir genau merken, was sie sagte. „Der Ozean enthält Wärmeenergie, das ist gespeicherte Sonnenenergie. Dann enthält er auch noch Bewegungsenergie, daher entspringen auch die Wellen. Ok?“ Das war leicht zu merken, deshalb nickte ich. „Die Menschen haben schon immer versucht, aus dem Meer zu gewinnen. Es wurden viele Werke gebaut, die mit dem Meer funktionieren. Zum Beispiel gibt es die Gezeitenkraftwerke, die Wellenkraftwerke und die Temperaturgefällekraftwerke. Mehr haben wir nicht aufgeschrieben.“ Was auch immer das heißen mochte, es ging nicht in meinen Kopf rein. Ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder heraus. Mit großen Augen sah ich sie an. Nach einem fast unmerklichen Seufzer fuhr sie fort. „Ich erklär dir, was die heißen. Also das Gezeitenkraftwerk erzeugt Strom, mit Turbinen. Diese Turbinen werden von Ebbe- und Flutströmung angetrieben.“ Sie legte eine kurze Pause ein. „Das Temperaturgefällekraftwerk nutzt den Temperaturunterschied zwischen warmen Oberflächenwasser und dem kalten Tiefenseewasser der Weltmeere. Hmm...“ Sie überflog ein paar Zeilen und ich sah weiterhin auf ihre Lippen. Ein Kuss... ich wollte wissen, wie es sich anfühlte, sie zu küssen. Diesen schön geschwungenen Mund zu küssen. Ich schloss kurz die Augen, um wieder klar im Kopf zu werden, musste mich selbst ermahnen, nicht in Träumereien zu versinken. „Mache ich zu schnell?“ Mit einem Augenaufschlag sah ich sie wieder an. „Nein, geht schon.“ beteuerte ich. „Also ich glaube nicht, dass du viel von dem verstehst, was ich dir sage.“ bezweifelte sie, denn mir musste die Müdigkeit doch im Gesicht geschrieben stehen. Ich wollte nicht, dass sie glaubte, dass ich mich bei ihr langweilte. Ich fand es ja ganz toll, dass sie mir helfen wollte! Nur lenkte sie mich gleichzeitig so sehr ab. Ich hang die ganze Zeit nur an ihren Lippen, wie sollte ich mich da denn schon konzentrieren? Es war ja nicht ihre Schuld, nur... „Ich hab eine Idee.“ fing sie an zu sprechen. „Wir gehen jetzt erstmal zum Sofa.“ Und damit stand sie auf. Zum Sofa? Mit ihrem Heft unterm Arm geklemmt wies sie mich an, mich hinzulegen. Ohne darüber nachzudenken, setzte ich mich auf das Polster. „Du kannst dich hinlegen.“ Sie zog einen Hocker vor die Couch und platzierte sich darauf. „Ich lese dir vor und du machst die Augen zu.“ Dieses Angebot musste ich wohl oder übel annehmen. Ich tat, was sie sagte. Mit geschlossenen Augen lauschte ich ihrer Stimme. „Also wir waren bei den Kraftwerken am Meer. Das Wellenkraftwerk kannst du dir leicht merken. Die Wellen schlagen da an und setzen große Schwingflügel in Bewegung. Diese Flügel pumpen Wasser durch Rückschlagventile... ach, ich glaube nicht, dass wir genau wissen müssen, wie die funktionieren. Es reicht, dass du alle nennen kannst und weißt, wozu sie da sind.“ Das alles hatte ich schon mal gehört, wahrscheinlich im Unterricht. Nur wurde mir wirklich schwarz vor Augen und ich bekam Schiss, einzunicken. Also musste ich meinen Kopf zu ihr drehen und sie ansehen. „Kannst du noch?“ fragte sie freundlich. Meinem Geschmack nach war meine Antwort zu schwach, sie sollte auflockernder klingen. „Grad so.“ Sie legte ihre Unterlagen weg. „Ich glaube, dass du nicht mehr so ganz aufnahmefähig bist. Du bist heute auch echt müde.“ Diese Feststellung brauchte sie nicht zu machen, aber nun war ich wenigstens durchschaut. „Ja, schon.“ kam es von mir. „Wann gehst du abends denn ins Bett? Ich denke mal dass du Schlaf nötig hast.“ Sie meinte es ja nur gut mit mir. Meine Süße, du brauchst dir doch keinen Kopf um mich zu machen. „Ich hab gestern noch nen Film geguckt.“ log ich und hätte mir am Liebsten in den Hintern getreten. „Also, wir haben noch zwei Tage Zeit, um für die Arbeit zu lernen. Du solltest dich entweder heute früh hinlegen, oder du bleibst morgen ganz zu Hause. Einen Tag kannst du dir ja leisten zu fehlen, und was du dann verpasst zeige ich dir. Wir holen alles nach, versprochen. Lieber mehr Arbeit und einen aufgeweckten Schüler als eine Schlafmütze.“ Ich hätte sie am Liebsten in die Arme genommen und fest an mich gedrückt. Doch statt meinen Sehnsüchten nachzugehen, stimmte ich ihr zu. Dabei wusste ich schon ganz genau, dass ich keine ihrer Alternativen annehmen würde. „Also wir können uns morgen noch mal treffen, aber du musst dir wirklich zu Hause alles durchlesen.“ Ich sah ihr hübsches Gesicht. Ihre hübschen, großen Augen. Ihren hübschen Mund. Ein Seufzer entfuhr mir und ich stand auf. Nami begleitete mich an die Tür, ich glaube, ich war viel zu schnell dorthin gegangen. Ich hätte ja noch bleiben können und mit ihr über etwas anderes als Schule reden können. Ich hohle Nuss... Da fiel ihr noch etwas ein. „Achja, bevor ich’s vergesse: morgen können wir hier gar nicht lernen. Nojiko wollte die untere Etage für sich haben. Mein Zimmer ist glaube ich unpraktisch, falls sie laut Musik hören will. Also... wir können ja dann zu dir gehen, oder?“ Ich war wieder einmal verwundert über ihre Denkweitreiche. „Klar geht das.“ Und ein letztes Lächeln bekam ich hin, ein guter Abgang. Vielleicht blieb ihr dieser peinliche Misserfolg auch nicht so schlecht in Erinnerung, wie mir. Sie sollte ja auch Spaß daran haben, mir etwas beizubringen. „Und les dir wirklich noch mal alles durch, damit tust du schon ne Menge.“ legte sie mir ans Herz. Einen letzten müden Blick warf ich auf sie und ging dann auf die Straße. Ich schlenderte im Normalmarsch zur Bushaltestelle und dachte an den kommenden Abend. Ich würde so oder so wieder auf Streife gehen, da war nichts mit ausschlafen oder Friede-Freude- Eierkuchen. erstellt am 16.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 15: Thespian - Pubertät 9 --------------------------------- Kapitel 15: Thespian - Pubertät 9 Sanjis Sicht Die Autofahrt ist gar nicht so lange, da wir schon in der dorfähnlichen Stadt einbiegen. Das Märzfest wird bestimmt lustig, jedenfalls soll es dort Musik und gutes Essen und so was geben. Wir parken in der Nähe, steigen aus und laufen zu dem großen, geöffneten Eingangstor aus Holz. Von innen her ertönt schon die kleine Musikgruppe. Die Tylestons kommen, um Jeff und Seulgi zu begrüßen. Ich zupfe meinen Hemdkragen zurecht, da dieser nicht so glatt ist, wie er zu Hause aussah. Mama und ich werden dann vorgestellt und gleich freundlich als Gäste akzeptiert. Herr Tylestons Bauch hat einen großen Umfang, das gefällt mir irgendwie. Der Typ hat’s zu was gebracht, immerhin lebt er auf so einem Prachtgrundstück. Hinter uns kommen schon Neulinge und wir betreten den Innenhof, wo schon viele, lange Biertische aneinandergereiht sind. Das Büffet ist schon fast fertig aufgebaut, mal sehen, was es später gibt. Hier sind gar keine Jugendliche, dafür aber umso mehr Kinder. Die sind zwischen fünf und neun Jahre alt und scheinen einen guten Draht zu Seulgi gefunden zu haben. Sie beschäftigt sich mehr mit ihnen, als mit mir, was aber nicht so schlimm ist. Ich spaziere ein wenig über den gepflasterten Hof und sehe mich um. Man darf sogar das riesige Haus betreten, wo sich die Toiletten und so befinden. Ich sehe Jeff und Mama an einem Bistrotisch mit Sektgläser in den Händen, sie sind in ein Gespräch verwickelt. Ich gehe zu ihnen und frage nach dem Autoschlüssel. Ich besorge mir meine Kamera, die ich mitgenommen habe, und werde dann Fotos von Seulgi machen. Vorfreude macht sich in mir breit und ich komme wieder zu den schweren Holztüren. Die Ansprache hat gerade angefangen und Herr Tyleston bedankt sich, dass heute alle so zahlreich erschienen sind. Zehn Minuten später wird applaudiert und nach und nach verteilen sich alle wieder. Seulgi und die Kinder waren gar nicht hier, naja ist auch klar, dass das die Kleinen nicht interessiert, weshalb dieses Fest veranstaltet wird. Ich gehe zu der Wiese, die hinter dem Esssaal ist. Ich schieße recht viele Fotos, von Seulgi mit den Kleinen. Sie ist so kinderlieb, das wiederum finde ich total liebenswert an ihr. Sie kniet vor den Kleinen und spricht mit ihnen, während sie mit ihren Händen irgendetwas zeigt. Alle lieben Seulgi. Auf einmal sieht sie in meine Richtung, lächelt dann und ich bin für einen Augenblick wie festgewachsen. Ich eile zu ihr und mache einen auf Erschrecker, um die Kleinen zum Lachen zu bringen. Seulgi stellt sich neben mich und wir quatschen noch ein wenig. Die Kinder sind noch so jung, die denken nicht in größeren Dimensionen. Von daher ist es denen egal, ob ich Seulgi die ganze Zeit über ansehe, ab und zu ihre Hand berühre oder sonst was. Die Kinder wollen bloß unterhalten werden und führen Seulgi händchenhaltend, mit mir im Schlepptau, von einer Blume zur anderen. Sie sieht in ihrem weißen Frühlingskleid so unglaublich schön aus... Ich kann einfach nicht verstehen, dass so ein tolles Mädchen mich liebt. Sie ist die Hübscheste an unserer gesamten Schule, bei allen beliebt, eine der Klassenbesten, wohlerzogen, ich bin so unsterblich verliebt in sie, vollstens berechtigt. Der Tag geht leider viel zu schnell zu Ende, aber ein weiterer Film ist aufgebraucht. Mein Buch ist bald voll mit Bildern von ihr. /// Es ist Donnerstagmorgens vor der Schule und ich komme gerade ins Esszimmer, wo Seulgi schon frühstückt. Ich selbst mache mir auch ein Müsli und geselle mich zu ihr. „Du schreibst heute die Englischarbeit, oder?“ erkundigt sich Mama bei mir und da ich gerade den Mund voll Milch habe, nicke ich bloß. „Gestern war ich ja nicht da, ich hoffe mal, du hast es dir auch alles noch mal angeguckt?“ Auf ein Ausfragen habe ich keine Lust und meine bloß: „Jaaaa.“ Seulgi möchte mich ärgern. „Ich hab dich aber kein einziges Mal am Schreibtisch gesehn. Wie willst du da bitteschön gelernt haben?“ Ich sehe in ihre schönen Augen und ein schadenfrohes Lächeln macht sich in ihrem Gesicht breit. „Gar nicht war! Du hast dafür die ganze Zeit telefoniert, also konntest du gar nicht wissen, was ich in meinem Zimmer gemacht hab!“ kontere ich. In einer gespielten, missmutigen Stimme, sprach sie mit mir weiter. „Das will ich auch gar nicht wissen, was du in deinem Zimmer so machst.“ Wie sie das ausspricht muss ich einfach lächeln. Ich drehe mich grad zu Mama um, ob sie unser Gespräch beobachtet, doch sie hantiert mit dem Rücken zum Tisch gewandt an der Brotmaschine rum und hört wahrscheinlich bloß zu. Seulgi und ich halten Augenkontakt und auf einmal spüre ich ihren Fuß mein Schienbein treten. Will sie jetzt mit mir rumfüßeln? Da eine Tischdecke ausgebreitet ist, gehe ich darauf ein. Mama dreht sich zu uns um und lächelt. „Also, ich drück dir die Däumchen. Und passt schön auf in der Schule.“ Seulgi nimmt mir das antworten ab. „Werde ich.“ Um nicht allzu schlecht vor Mama dazustehen gehe ich auf diese Aussage ein. „Und ich überhaupt nicht, oder wie?“ Gespielt zickig kneife ich meine Augen zusammen und will ihr am liebsten die Zeitung wegnehmen, die sie nebenbei am Überfliegen ist. Sie bemerkt mein Vorhaben. „Hey!“ wehrt sie sich, doch locker lassen werde ich sicher nicht. „Ich will sie lesen!“ fordere ich sie heraus. „Lass uns darum spielen.“ Sie sieht mich fragend an, die Zeitung noch immer fest angepackt. „Was denn spielen?“ Daumendrücken oder ein Ratespiel oder so was, dachte ich. „Schnick- Schnack-Schnuck.“ schlage ich vor. „Das heißt doch Schere-Stein-Papier?“ sagt sie überlegend, doch mir ist das egal, das Spiel kann doch jeder nennen, wie er will. „Oder so.“ winke ich ab und zücke meine Hand. Sie nimmt die Herausforderung an. „Okay.“ Mama verlässt dich Küche. „Also, ich bin dann weg! Bis heut Nachmittag!“ und man hört ihre Stöckelschuhe den Flur entlang klacken. Die Haustür fällt ins Schloss und wir beide nehmen unsere geballten Fäuste wieder zurück, um weiter zu essen. „Ganz schön blöd.“ seufzt Seulgi kurz darauf lustlos. Ich weiß genau, was sie meint. Diese Schauspielerei ist ätzend. Wir machen einen auf fröhliche Geschwister und geben eine übliche Neckerei vor, wobei wir uns so überhaupt nicht untereinander benehmen. Aber um Mama und Jeff glauben zu lassen, dass wir uns als Geschwister akzeptiert haben und zwischen uns alles super läuft, muss das sein. Ich glaube, irgendwann sagen wir es ihnen. Im Moment ist alles noch so neu, so instabil, wir müssen warten, bis noch ein paar Monate vergehen. Das ist es uns nicht wert, für unsere Beziehung alles aufs Spiel zu setzen, wenn wir uns outen. Um Seulgi abzulenken stehe ich auf, laufe auf die andere Seite vom Tisch und küsse sie. Dann gehe ich zurück auf meinen Platz und esse weiter, sie lächelnd wissend. Meine zweite Portion frisches Müsli ist das schon und in acht Minuten fährt der Bus in die Schule. erstellt am 19.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 16: Photo - Gegenwart ----------------------------- Kapitel 16: Photo - Gegenwart Namis Sicht Meine Güte, war ich aufgeregt. Die Schule war um und ich stand vor meinem Zimmerspiegel. Ich würde bald zu Sanji gehen und noch mal Erdkunde mit ihm lernen. Das am Vortag war ja nicht so erfolgreich, aber heute würde es besser laufen. Nojiko klopfte an und guckte hinter der Tür herein. „Du gehst jetzt gleich weg?“ Sie wollte bloß sturmfreie Bude haben. „Jaaa.“ meinte ich und wollte, dass sie mich in Ruhe ließ. „Triffst du dich mit einem Jungen?“ grinste sie, woraufhin ich zu ihr glotzte. „Wie kommst du denn darauf?“ fragte ich zickig. Wie konnte sie mich nur so durchschauen? Das musste echt nicht sein! „Ansonsten zerbrichst du dir nicht deinen Kopf darüber, welches Top du anziehst. Du bist ja immer mit deinen Klassenfreunden weg, wird ja auch mal Zeit, dass du einen ordentlichen Jungen triffst.“ Die Rolle als ältere Schwester hatte sie schon immer drauf gehabt. Ich wollte auf keinen Fall, dass sie in dem Punkt das letzte Wort behielt, mein Liebes- oder Freundschaftsleben ging sie nichts an.. „Ich gehe nicht weg. Ich werde mit nem Freund lernen.“ Ungewollt errötete ich, zog mir dann einfach irgendwas über, dass Nojiko es nicht bemerkte. „Aha und mit wem denn?“ Ich pulte meine Haare zusammen und wollte sie zusammenbinden. „Mit Sanji.“ sagte ich kurz angebunden. „War das nicht der, an dem du interessiert bist?“ kam es schelmisch von ihr zurück. Ich hatte nie ein Wort über ihn verloren gehabt, dass alles hatte sie sich aus den Fingern gesaugt und warf mit ihr Zusammengereimtes an den Kopf, um die Wahrheit sozusagen bestätigt zu bekommen. „Von wegen!“ antwortete ich patzig. „Na dann ist ja gut, denn Nachhilfe ist nicht gerade ein super Vorwand.“ Meine Abfälligkeit war wie weggeblasen. „Wie meinst du das?“ Sie kam nun ein Stück in mein Zimmer rein und lehnte sich neben der Tür an die Wand. „Na sonst würdest du vielleicht als spießig rüberkommen. Wenn du dich mit diesem Freund bloß triffst, weil es ums reine Lernen geht, ist es ja okay. Aber wenn ihr aneinander interessiert wäret, dann rate ich dir, denk dir was Besseres aus. Wenn er auch was von dir will, würde er sich nicht ums Lernen scheren, sondern zusehen, wie er bei dir landet. Wenn du aber nur vom Unterricht quatschst wirkst du doch total langweilig, verstehst du was ich mein?“ Nach dieser Ansprache sackte mir irgendetwas in den Magen. Kam es wirklich spießig rüber, wenn ich Sanji Nachhilfe geben wollte? Nojiko fuhr sich durch ihre kurzen, lila Haare und seufzte für sich. „Naja, ist dein Ding. Ich bereite unten schon mal alles vor. Und...-“ Sie war im Inbegriff, mein Zimmer zu verlassen. „...zieh besser das hellblaue an, das lässt dich offener wirken, als das grüne.“ Ich klingelte an Sanjis Tür und wartete. Gleich darauf hörte ich hinter mir, wie jemand angejoggt kam. „Hey, Nami! Schon da?“ Sanji kam leicht außer Puste zu mir und lächelte. „Wo warst du denn?“ Er trug noch seinen Schulranzen, also kam er auch gerade erst von der Schule. Vielleicht hatte er danach noch was eingekauft. „Ich hatte total vergessen, dass ich noch Nachmittagunterricht hatte. Aber bin ja rechtzeitig gekommen, ich kann dich ja unmöglich hier stehen lassen.“ Ich machte den Weg frei und ließ ihn zu seiner Wohnungstür. Er fasste sich in die Jackentasche und dann in die Jeanstaschen, fand aber seinen Schlüssel nicht. Kurzum stellte er seinen Rucksack ab und lief zu der Regenrinne, die unauffällig neben einem Fenster rum hang. Er griff hinein und befühlte sie von innen, bis er mit einem Schlüssel zu mir zurückkam. Sanji schloss auf und ließ mir den Vortritt. Ich kam in den kleinen Flur und legte erstmal meine Tasche ab. „Also da ich noch in der Schule war, hab ich auch nichts vorbereitet.“ erklärte er mir und war etwas verlegen, glaube ich. „Macht doch nichts.“ Ich lief bis zum Esszimmer durch, aber setzte mich noch nicht. „Wenn du erstmal ne Pause brauchst, wir haben Zeit.“ bot ich an, dass er sich nicht selbst stresste. Gestern hatte er sich ja schon so sehr angestrengt, das hatte ich gemerkt, nur war er total powerlos gewesen. Heute kam er mir fitter vor, es war der letzte Tag vor der Erdkundearbeit. „Magst du was trinken?“ wollte Sanji wissen und ich roch, dass er geraucht hatte. Ich bejahte sein Angebot, woraufhin er in der Küche verschwand und ich mich setzte. Wir kamen ziemlich gut voran und dass freute mich. Er gab sich wieder total viel Mühe und beantwortete so einiges richtig. Den Gedanken, dass ich ihm langweilig oder besserwisserisch vorkommen könnte, hatte ich total aus meinem Gedächtnis gelöscht. Es machte richtig Spaß, zu sehen, was er für Fortschritte machte. Und zusätzlich war er mir ja dankbar und total freundlich. Das Beste war natürlich, dass wir so nahe beieinander saßen, da wir ja zusammen ins Heft schauen mussten. Irgendwann hatte dann sein Telefon geklingelt und er stand auf. Dass dieser Anruf sehr wichtig sein würde, konnte ich ja nicht sofort ahnen. Natürlich hatte ich das Gespräch nicht von Anfang an mitbekommen, doch als Sanji, nachdem er den Anruf entgegengenommen hatte, in die Küche ging, wurde ich neugierig. Ich verstand so Wortfetzen wie ’Warum rufst du an? (...) Ja, ich weiß. (...) Das sagst du schon zum tausendsten Mal jetzt. (...) Nein, ich kann heute nicht. (...) Ja, okay!’ Als er auflegte seufzte er entnervt. Gleich darauf stand er wieder im Esszimmer und sah betreten aus. „Du, es tut mir echt Leid, aber ich muss noch mal weg. Ist wichtig.“ Schuldbewusst sah er mich an und ergänzte: „Ich hab mir ja den ganzen Nachmittag für dich frei gehalten, aber ich muss da was abholen und kann’s nicht verschieben. Tut mir echt Leid, sorry.“ Um ihn nicht noch eins reinzuwürgen wollte ich freundlich sein. „Ist schon okay. Wie lange dauert das denn?“ Er blinzelte etwas verwirrt. „Äm, das kann schon ne halbe Stunde dauern, wenn ich mich beeile vielleicht nur zwanzig Minuten. Wieso fragst du?“ Ich holte das Buch, das ich zurzeit las, aus meiner Tasche. „Dann warte ich hier auf dich. Ob ich hier lese oder du mich dazu extra nach Hause schickst, ist ja egal.“ „Du willst hier auf mich warten?“ Ich gab ihm ein Lächeln zur Antwort und er verstand, dass ich mich nicht überreden lassen würde, zu gehen. Also beeilte er sich und suchte seine Schuhe und Geldbeutel zusammen. „Also dann, bis nachher! Wenn du etwas brauchst, bedien dich. Ich mach so schnell ich kann!“ Als er durch die Tür ging rief ich ihm noch ein „Tschüss“ hinterher. Nun war ich alleine, in Sanjis Wohnung. Wer, an meiner Stelle, hätte jetzt sein Buch aufgeschlagen und gelesen? Ich hatte Besseres zu tun und begann sogleich damit, mich ein wenig umzugucken. Ich sah erstmal nach, was er in den Schubladen im Esszimmer hatte. Logischerweise übliches Zeug wie Schreibpapier, Stifte, Schulkram, Erste-Hilfe- Kasten, Hammer und Nägel, Rohlinge, Kalender und so weiter. In der Küche und im Bad brauchte ich nicht zu gehen, viel interessanter war ganz klar: sein Zimmer. Ich öffnete die Tür und vernahm auf Anhieb Sanjis Geruch, ich fühlte mich mit einem Mal pudelwohl. Auf der linken Seite der Tür stand sein Bett mit einem kleinen Nachttisch, zu meiner rechten war sein Kleiderschrank und an der gegenüberliegenden Wand war noch ein kleines Fenster, wo die Vorhänge zugezogen waren, daneben noch ein Möbelstück. Zu diesem ging ich als erstes hin und wollte in der Schublade wühlen. Doch da war nicht gerade viel drin, aber das Anziehenste war ein Fotorahmen, der auf dem Rücken lag. Ich hob ihn hoch, um das Bild sehen zu können. Da war eine ältere Frau abgebildet, mit kurzen, braunen Haaren, sie lächelte in die Kamera und machte einen freundlichen Eindruck. Mit einem Schlag war mir klar, dass das Sanjis Mutter war. Ich wusste bloß, dass sie bei einem Autounfall gestorben war und bei dem Gedanken tat mir Sanji Leid. Er hatte niemanden mehr aus seiner Familie, schön, diese Stiefschwester und deren Vater, aber die kümmerten sich sicher nicht oft genug um ihn. Ich selbst hatte ja Nojiko, aber er war ganz allein, hatte bloß die Jungs und mich. Behutsam legte ich den Fotorahmen – wieder umgedreht- zurück in die Schublade und ließ es so aussehen, als wäre da nie jemand dran gewesen. Zurück im Esszimmer setzte ich mich und dachte nach. Einige Zeit später kam Sanji schon wieder zurück. Er musste gerannt sein, da er schwer atmete. „Wieder da.“ freute er sich und ich packte mein unangetastetes Buch zurück in meine Tragetasche. Sanji setzte sich wieder zu mir und ich wollte wissen, wo er eigentlich war. „Was hast du denn jetzt abgeholt?“ Unvorbereitet auf diese Frage sah er mich erstmal kurz an, winkte jedoch dann ab. „Unwichtig.“ Bevor ich nachhaken konnte, lenkte er auch schon wieder ab. „Machen wir jetzt Erdkunde fertig? Morgen ist die Arbeit, da muss ich doch alles können.“ Ich nahm das Blatt hervor, das eine Art Übungstest war. Sanji sollte es ausfüllen und sich dabei vorstellen, als wäre es schon in der Klassensituation. Kaum hatte ich es ihm erklärt, fing er schon an die Aufgaben auszufüllen. Während er arbeitete, sah ich auf seine Hand, was er schrieb. Normal hätte ich auf dem Kopf mitgelesen, doch ich sah in sein Gesicht, aber so, das er es nicht merkte. Mein Blick blieb an seiner Narbe hängen, die er seit ein paar Tagen hatte. Wie er die wohl gekriegt hatte? Sie betraf nur seine Unterlippe, geht aber nicht bis auf seine Haut über. Ich fand das total schön, dass er die hatte, auch wenn seine ’alte’ Lippe nun beschädigt war. Ganz ehrlich, mir gefiel diese Narbe. Sie machte ihn irgendwie noch attraktiver, und da kaum einer so was hatte, fielen alle Blicke sofort darauf. Das verlieh mir den wohlbekannten Reiz, ihn einmal küssen zu wollen. Wie sich das wohl anfühlte? Diese Narbe zeigte irgendwie Verletzlichkeit und das man eben nicht vollkommen ist. Ich hätte sie in dem Moment sehr gerne befühlt, doch mein Drang zu wissen, woher er sie hatte, war stärker. „Du, Sanji?“ holte ich ihn aus seiner Denkerei. Er sah zu mir, als befürchtete er, dass ich einen Fehler bei ihm entdeckt hätte. „Sag mal, woher hast du die Narbe noch mal?“ Dabei tastete ich meine eigene Unterlippe ab, um ihm zu zeigen, was ich meinte. Bis meine Frage an seiner Leitung angekommen war, dauerte es eine Sekunde, dann schaltete er um und schwindelte mir dieselbe Sache vor, wie schon damals in der Schule. „Das war ein Kochunfall. Die hab ich meiner eigenen Tollpatschigkeit zuzuschreiben.“ Weil ich ihm auch alles abnahm. „Komm, das kannst du Ruffy vielleicht erzählen, aber nicht mir.“ Das Lügen konnte er wirklich Lysop überlassen. Ich bearbeitete ihn weiter. „Mir kannst du’s doch sagen, ich behalt’s auch für mich. Versprochen.“ Mein letztes Lächeln hatte ihn wohl gefangen. Ihm war klar, dass es sinnlos war, meiner Frage auszuweichen. Also bekam ich eine andere Erklärung, als das, was er uns zuvor weismachen wollte. Sich selbst ablenkend spielte er mit seinem Kuli rum und fing an, zu erzählen. „Also, ich war am letzten Wochenende nicht hier, sondern bei... meiner Stiefschwester. ...Du hattest sie doch mal gesehen, als wir mal in der Stadt waren. Erinnerst du dich?“ Bejahend sah ich ihn an und lauschte weiter. „...Also, weil sie ja nicht sehen kann, ist sie bei mir total abgerutscht und hat mich dabei getroffen, das war total blöd. Daher habe ich diese Verletzung.“ Da hatte er wohl seine Erklärung beendet, wobei ich dachte, dass da noch etwas kommen würde. „Und das war alles?“ hakte ich unsicher nach. Er nickte. Also wollte er sie vor den anderen einfach nur nicht erwähnen. Doch eines gab mir doch noch zu denken. „Und wie kommt es, dass du wirklich nur am Mund getroffen wurdest? Ich mein, sie hätte dich ja überall treffen können.“ Seine vermeintliche Lüge warf ihn aus der Ballance. „Ja, also, sie hat...“ Jetzt begann er ungeschickt das Stottern, also hatte ich einen wunden Punkt getroffen. Ich wollte aus ihm herauskitzeln, was los war und ließ nicht locker. „Ich höre?“ Auf seinen Kuli starrend überlegte er sich eine Ausrede. Mich enttäuschte das so richtig, dass er so offensichtlich log. Wieso wollte er es nicht sagen? „Ja, es war eben eine dumme Situation.“ fing er wieder an. „Ist doch egal, wie das passiert ist, daran kann man jetzt auch nichts mehr ändern. Und das Ganze ist mir auch ein bisschen peinlich, weil ich mich da echt doof angestellt hatte.“ Er klickte die Schreibstiftmiene aus und schenkte seine Aufmerksamkeit wieder meinen, für ihn vorbereiteten, Test. Durch dieses Ablenken wurde meine Frage abserviert, aber ich konnte ihm ja schlecht böse sein. So eifrig wie er sich in die Schule rein hing, wollte ich meine Neugier im Zaun halten und musste mich wohl oder übel damit abfinden. Irgendwann würde er es mir ja vielleicht doch sagen. erstellt am 20.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 17: Nabbed - Pubertät 10 -------------------------------- Kapitel 17: Nabbed - Pubertät 10 Seulgis Sicht Ich bin einfach verrückt nach Allem von ihm! Nach seinen Küssen, nach seiner Liebe, meine Sehnsüchte steigern sich sogar noch, wenn ich all das bekomme, immer weiter. Ich werde nie, nie wieder einen anderen Jungen lieben! Sanji ist mein Ein und Alles, ich gebe mich ihm völlig hin, genauso wie er mir gehört, ganz mir alleine. Er hat mein Herz und ich seines. Wenn er stirbt, sterbe ich auch und umgekehrt ebenso! Ich will mein Leben mit ihm verbringen, ich liebe ihn unendlich. Unsterblich. Wir sind in meinem Zimmer und schlafen miteinander. Sanji liegt auf mir und die Welt dreht sich nicht mehr. Wir küssen uns leidenschaftlicher wie selten zuvor, ich genieße seinen Körper, seine Bewegungen und selbstverständlich seine Liebe, die er in seine Küsse steckt. Ich komme seinem Becken so gut es geht entgegen und spüre deutlich das Kribbeln an der Innenseite meiner Oberschenkel, sowie im ganzen Unterleib. Meine ganzen Liebesgefühle leuchten auf und sein Rücken ist richtig klatschnass geschwitzt. Die Bettdecke liegt noch halb auf uns und ich vergrabe ab und zu meine Hände darin, um Abkühlung für die Feuchtigkeit in meinen Handinnenflächen zu finden. Bald ist es leider zu Ende, aber eben noch nicht. Ich küsse ihn ununterbrochen, unter unseren Atem und empfange mehr als das, was ich mir jeden Abend –alleine im Bett liegend- erträume. Meine Gedanken strömen nur so in meinem Kopf herum und ich kann nur halber klar denken. Einen Augenblick öffne ich die Augen, sehe in seine wunderschönen und lege dann meinen Kopf schief, da er meinen Hals küssen möchte, während wir uns weiter lieben. Unklar nehme ich eine Silhouette wahr, die in etwa in meiner Zimmertür steht, doch mein Gehirn hat einen so großen Aussetzer, dass ich es nur unbewusst wahrnehme. Ich spüre Sanjis Lippen, seinen Mund, auf meinem Schlüsselbein und realisiere bloß jede seiner Bewegungen in mir, bis mich der Schlag trifft. Ich sehe noch mal zur Tür und Papa steht da! Mir wird heiß und kalt zugleich, er sieht uns da gerade zu. Er räuspert sich laut, dass auch Sanji etwas davon mitkriegt und sich zur Tür umdreht. Papa hat uns erwischt! Scheiße! Er zieht die Tür an der Türklinke zu und ich kann meine Augen nicht von der Stelle wenden, wo er gerade noch gestanden hat. Papa hat uns gesehen! Scheiße! Es ist aus! Mein Herz verabschiedet sich gerade mit tragischem Herzklopfen, meine Brust zieht sich zusammen und mein Kopf wird bleischwer. Sanji regt sich auch nicht mehr, ist nur auf seinen Ellenbogen gestützt und muss in seinem Kopf gerade alles sortieren. Mein Mund ist ausgetrocknet und mein Rücken ist mit Angstschweiß bedeckt, was machen wir jetzt? Geschockt sehe ich Sanji in die Augen, doch ihm ist ebenfalls Hilflosigkeit ins Gesicht geschrieben. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Papa hat uns gesehen! Scheiße, Scheiße! Scheiße! Das darf doch jetzt nicht wahr sein! Sanji überlässt mir wieder meinen Körper und steht zitternd auf, um seine Boxershort zu suchen. Ich selbst bleibe schwer atmend, immer noch unter Schock stehend, liegen. Ich könnte echt heulen, wenn ich wollte! Nein, nein, nein!!! Es ist raus! Was Papa jetzt wohl sagen wird? Ob er uns bestrafen will? Ich habe unheimlich viel Angst, obwohl er ja gar nichts Schlimmes tun kann, oder??? Sanji setzt sich auf die Bettkante und streicht mir abwesend über meinen Unterarm. „Komm, steh auf. Zieh dich an.“ sagt er mit leiser Stimme. Ich gebe mir einen Ruck und rappele mich auf. Sanji reicht mir meine Bluse und ich bekleide mich mit dem Nötigsten. „Was machen wir jetzt?“ Aus irgendeinem Grund flüstere ich das. Ein kalter Schauer läuft mir nochmals den Körper herunter und ich suche Halt an meinem Regal. „Wir gehen runter zu ihm.“ Wir müssen uns ihm jetzt stellen, soviel ist klar, doch ich habe totalen Schiss. „Das kann ich nicht.“ Meine Stimme ist fast erstickt, Sanji kommt zu mir und nimmt mich in die Arme. Mich hin und her wiegend spricht er mir Mut zu. „Wir schaffen das.“ Kleine Küsse auf meine Schläfe sollen mich beruhigen, doch mein rasendes Herz ist nicht zu stoppen. Papa hat uns erwischt. Meine Güte, was für ein Schock! Er dachte vielleicht, dass seine einzige Tochter noch unberührt ist und sich nicht wie alle anderen nur für Jungs interessiert, doch jetzt hat er die Realität gesehen und dazu kommt, dass es mit dem einzigen Jungen ist, dem er vertraut! Er hat mich Sanji als ’Schwester’ anvertraut und jetzt... Oh Papa....! So ein Mist! Wieso ist er auch hier? Er hatte doch ein Geschäftsessen oder so was! Wieso musste er ausgerechnet in mein Zimmer kommen? Er hat nicht mal geklopft, obwohl das auch nichts genützt hätte. Müssen wir jetzt wirklich zu ihm runtergehen? Ich will nicht! Sanjis Finger verschränken sich mit meinen und gemeinsam gehen wir die Treppe runter. Jetzt müssen wir echt stark sein, dabei habe ich doch solche Angst! Papa steht im Esszimmer und ich kann nicht einschätzen, was jetzt kommt. Händchen haltend stehe ich mit Sanji vor ihm und wir warten, was nun kommen mag. Ich kann Papa unmöglich in die Augen sehen, also ist mein Kopf gesenkt. Habe ich was falsch gemacht? Er fängt gefasst, an Sanji gewandt, an, zu sprechen. „Ich habe deine Mutter angerufen. Sie kommt gleich.“ Diese Sätze sacken erstmal in mir. Nun heißt es warten. Die angespannte Situation macht mir Angst, und dass Papa so beherrscht ist, ist das Schlimmste an allem. Sanjis Daumen streicht über meine Hand und seine Finger drücken in meiner Handinnenfläche rum. Er will mir zeigen, dass alles gut wird. Hoffentlich. Um mich nicht länger selbst zu foltern, fange ich an zu zählen. Eins, zwei, drei, vier, fünf, Papa räuspert sich und sieht sich im Zimmer um. Puuuh... nochmal... eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, Sanji sieht mich von der Seite an, doch ich schaue stur auf den Boden. Acht, neun, zehn, konzentrier dich, Seulgi. Elf, zwölf, dreizehn, da wird gerade die Haustür aufgeschlossen! Das wird Lydia sein! Ob Papa es ihr schon gesagt hat? Meine Güte, bin ich aufgeregt! Ich kann es nicht einfach so auf mich zukommen lassen, aber einfach weg gehen ist nicht drin. Lydia kommt mit schnellem Schritt ins Wohnzimmer und will die Situation einschätzen. Sie spricht Papa an. „Was ist los? Wieso hast du mich aus der Chorprobe rausgeholt?“ Eine gewisse Ahnung hat sie schon, da sie uns irgendwie mustert, nur wie, kann ich nicht beurteilen, da ich niemanden direkt ansehe. Außer meine Füße. Papa ist immer noch so beherrscht. „Dein Sohn hat Scheiße gebaut.“ Und Lydia sieht Sanji an. Ich glaube, er setzt sich freiwillig ihren Blicken aus und sagt dafür nichts. Papa spricht weiter. „Ich hatte ursprünglich ein Geschäftsessen heute, doch der Termin wurde abgesagt. Und als ich grade eben nach Hause gekommen bin, habe ich die beiden-“ Mein Herz setzt aus, was für eine Demütigung! Er sagt es jetzt. Bitte nicht. „-beim Sex erwischt.“ Dass er so direkt ist, musste nicht sein. Meine Wangen glühen, dafür kann ich aber wieder Spucke schlucken. Vorsichtig wage ich einen Blick in Lydias Richtung. Ihr Gesichtsausdruck ist ja auch erste Sahne, meine Güte, was machen wir jetzt? Sollen wir einfach gestehen, dass wir uns lieben? Ich bekomme ganz sicherlich nicht den Mund auf, außerdem wird Sanji das Sprechen übernehmen, das weiß ich. Lydia muss das auch erstmal kurz verdauen, so wie wir alle, dann sucht sie passende Worte. „Und... äm... ihr habt.... warum habt ihr- warum habt ihr das getan?“ Mir kommt das wie ein Vorwurf vor, ist es denn verboten, sich zu verlieben und miteinander zu schlafen? Menschenskind, ich LIEBE Sanji! Das ist doch nix verkehrtes! Meine Angst wandelt sich irgendwie in Wut und Vorwurf um, da sie uns ja vorwerfen, etwas Falsches getan zu haben, dabei stimmt das überhaupt nicht. Auf die Frage seiner Mutter zuckt Sanji bloß die Achseln. Sie kann es offensichtlich nicht glauben oder verstehen und deswegen übenimmt Papa wieder das Wort. „Ihr wisst schon, dass das nicht normal ist.“ Irgendetwas bebt in seiner Stimme, was aber noch unter Kontrolle ist. Ich sehe Sanji an und drücke seine Hand, weil er sprechen soll. Sag was, sei nicht so still! Doch er sieht seine Mama und meinen Papa nur gefühllos an, wofür die beiden kein Verständnis aufbringen können. Die wissen überhaupt nicht, was in uns gerade vorgeht! Sie sind doch selbst frisch verliebt, also kann das doch nicht zu viel verlangt sein, oder? Papas Augen stechen auf einmal in meine. „Euch ist ja hoffentlich klar, dass...“ Oh nein, was kommt jetzt? Ich unterdrücke aufkeimende Tränen, so ne Scheiße aber auch, das alles! Ich muss schlucken. Papa schüttelt den Kopf, da er seinen angefangenen Satz nicht zu Ende bringen kann. Er sieht schräg zur Decke und wünscht sich sicher auch, dass er es nie erfahren hätte. Plötzlich ist er wieder an Sanji gerichtet. „Und du, mein Junge...“ Sanji bleibt standhaft, seine Hand umklammert meine. „Du weißt, dass Seulgi deine Stiefschwester ist! Auch wenn ihr nicht blutsverwandt seid, gibt dir das noch lange nicht das Recht, sie...“ Zum Glück fällt sein Blick nicht auf mich, aber dass er so über mich spricht, ist schon unangenehm. „Ich dachte, es wäre klar, dass zwischen euch nie etwas laufen würde. Dass du dich aber an sie rangemacht hast...“ Papas Lippen werden zu dünnen Schlitzen. „Also dass du diese Situation so schamlos ausnutzt, dass wir jetzt alle zusammen wohnen, hätte ich nicht von dir erwartet.“ Er ist immer noch so ruhig, er dreht sein Gesicht zu mir. Jetzt bin ich dran, nur werden wir mit einer Standpauke nicht davon kommen. Väterlich macht er sich Sorgen. „Seulgi, hast du das auch wirklich gewollt? Oder hat er...“ Mit dem Kinn zeigt er zu Sanji. „...hat er dich dazu richtig überreden müssen? Oder dir vielleicht sogar Gewalt angetan?“ Allein schon dieser Gedanke ist unfassbar! Sanji und mich zu etwas zwingen? Niemals! Lydia mischt sich ein. „Sanji würde ihr nie etwas antun! Er kann keiner Fliege was zu Leide tun!“ Papa schnauzt sie an. „Du hast doch von gar nicht etwas mitbekommen!“ Und nun zu mir. „Sag, hat er dich vergewaltigt?“ Seine Wortwahl wird immer besser! Ich kann nur verständnislos geschockt ausatmen und krieg meinen Mund nicht mehr zu. Was saugt er sich da aus seinen Fingern? Papas Blick wird immer wütender und er will geradezu nur noch eine Bestätigung auf seine Vermutung, die er natürlich NICHT bekommen wird! Irgendwie vermischen sich alle meine Gefühle und ich brülle fast schon mein nächstes Wort. „NEIN!“ Wie konnte er so was nur von Sanji denken? Nun sagte dieser auch etwas, um mich zu unterstützen. „Du hast doch keine Ahnung, Jeff, wir LIEBEN uns!“ Diese Aussage hängt erstmal in der Luft herum und Papa besinnt sich etwas. Lydia muss schlucken und weiß nicht so recht, wen sie angucken soll. Meine Hand hält immer noch Sanjis fest. Wir halten das durch. „Ist das wahr?“ fragt Papa. Ich nicke. „Und wie lange... geht das schon mit euch?“ will er wissen. Das weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau, immerhin zählt man nicht die Tage, an denen man glücklich ist. Sanji antwortet für mich. „Noch nicht lange.“ Das ist gelogen, immerhin waren wir schon lange vor Weihnachten zusammen und inzwischen ist ja schon Ende März. Aber diese Notlüge ist als Minderung gedacht, ich hätte jetzt unter dem Druck die Wahrheit gesagt. Sanji spricht weiter. „Das war zwar nicht das erste Mal, dass wir... dass wir miteinander geschlafen haben, aber es geht noch nicht lange.“ Mann ist das peinlich, alles zu gestehen. „Und wieso habt ihr uns nichts davon gesagt?“ geht Papas Verhör weiter. „Wenn ihr euch... LIEBT?“ Mein Herzpochen verschnellert sich wieder, aufgrund seiner Tonlage. Eigentlich müsste er sich doch jetzt abregen, wieso tut er das nicht? Sanji grübelt kurz, weiß keine passende Antwort. „Also...“ Papa wird total wütend und geht einen Schritt auf uns zu, er will einen Schlussstrich ziehen. „Ich hoffe, dass ihr diesen Scheiß in Zukunft lassen werdet! Ich will euch NIE wieder zusammen sehen.“ Ich habe ihn noch nie etwas so bedrohlich aussprechen hören, er meint es todernst. Sanji hält meine Hand standhaft fest und trotzt Papas Blick. Er will auch etwas von sich geben, sucht nur noch nach passenden Worten. „Jeff, ich schwöre dir, dass ich das nicht aus Spaß mache, oder was auch immer du denkst, sondern ich liebe Seulgi wirklich.“ „VON WEGEN!“ Dass Papa so schreit eschreckt mich aufs Neue! „DU LÄSST DEINE FINGER VON MEINER TOCHER, KAPIERT!?“ Mit so einer Reaktion haben auch weder Lydia noch der Angesprochene selbst gerechnet. Papa läuft total rot an. „DU GEHST JETZT SOFORT AUF DEIN ZIMMER, VERSTANDEN!?“ Ich schlucke ängstlich und traue mich nicht, Sanji anzusehen. Lydia versucht, etwas zu helfen, aber vergebens. „Jeff,-“ „Lass mich in Ruhe! Dein Sohn hat sich an MEINE Tochter rangemacht! Uns hintergangen und seine Lüste an ihr befriedigt! Und unser Vertrauen missbraucht! Da willst du ihn noch in SCHUTZ nehmen!?“ Alles verstummt und Sanji dreht sich abrupt um. Er rennt die Treppen hoch und gleich darauf hören alle Beteiligten ein lautes Türenknallen. Jetzt stehe ich alleine da, ohne ihn an meiner Seite. Papa redet nun wieder mit mir, ohne dass ich in seine Richtung schaue. „Und du, junges Fräulein!“ sagt er schon drohend. „Dass du mir ja keine Dummheiten mehr machst! Ich will NIE wieder erleben, dass du mit ihm was hast! Ihr werdet euch in Zukunft nicht mehr sehen!“ Nun muss ich meinen Kopf zu ihm wenden. Wie will er das denn anstellen? Wir wohnen schließlich im selben Haus! Ich kann nicht schlucken, da sich ein Kloß in meinem Hals gebildet hat. Ich will ja fragen, wie er sich das vorstellt, bringe aber nix raus. „Na los, ab auf dein Zimmer, für dich gilt das gleiche!“ Nun bilden sich doch Tränen in meinen Augen und ich halte es nicht mehr aus. „Aber Papa...“ So sehr hat er noch nie mit mir geschimpft! Seit Mama weg ist hat er sich doch immer nur an mich gehalten, wie kann er jetzt nur so böse mit mir sein? „Halt den Mund! Verzieh dich! Ab!“ Mit ihm kann man jetzt nicht mehr reden! Ich renne auch durch die Tür und will in mein Zimmer! Wie kann er mir das nur antun? So eine Scheiße aber auch! Ich werfe mich in mein Bett und drücke mein Gesicht ins Kopfkissen. Gleich heule ich, bis jetzt haben sich nur Schluchzer ihren Weg nach Außen gebahnt. Ich liege in dem Bett, wo Sanji und ich vorhin noch gelegen haben. Ich hatte es gar nicht ordentlich gemacht, ich rieche noch ganz genau seinen Duft, will ihn unbedingt bei mir haben! Mann, ich hätte doch gerade in sein Zimmer gehen können, wieso bin ich in meines gerannt? Soll ich schnell rüber gehen? Mit ihm reden? Ich höre keinen Ton aus seinem Zimmer. Ich stehe gleich auf und gehe zu ihm, nehme ich mir vor. Ich höre gerade hektische Schritte im Flur und dann, wie auf einmal ein Schlüssel in mein Türschloss gesteckt wird. Nein! Wie ein Stich ins Herz wird mir klar, dass mich Papa einsperren will. Das kann er nicht machen! Hastig stehe ich auf und will zur Tür rennen, doch da hat er sein Werk schon beendet! Scheiße! Ich rüttele am Türknauf und schreie: „MACH AUF! LASS MICH RAUS!“ Doch nix ist zu machen. Angst und Panik vermischen sich in mir, aus dem Fenster geht es nicht, da unsere Zimmer im oberen Stockwerk sind, also hämmere ich gegen das Holz. „PAPAAAAAA!!!!!“ Er scheint bei Sanjis Zimmer dasselbe durchgeführt zu haben. SO NE SCHEISSE! Jetzt erst recht heulend schmeiße ich mich wieder ins Bett und lasse allen Gefühlen freien Lauf. Wie ungerecht! Scheiße! Papa ist so gemein! Mein Gesicht wird heiß und die Tränen laufen nur so über. Ich muss schluchzen und kaum gar nicht richtig atmen. Von weit her nehme ich Musik wahr, Sanjis Musik, sie ist sogar laut eingestellt, ziemlich laut, er ist ja bloß im Zimmer neben mir. Ich vergrabe meinen Kopf in meinen Plüscheisbären, und heule, weine, flenne, bis ich irgendwann nach einer endlosen Ewigkeit einschlafen kann –unter Resignation, Wut und Tränen. erstellt am 20.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 18: Illness - Gegenwart ------------------------------- Kapitel 18: Illness - Gegenwart Namis Sicht Wir legten die Stifte weg und Vivi war beauftragt, alle Blätter einzusammeln. Endlich war die Arbeit geschrieben, ich hatte alles richtig beantwortet. Hätten wir mehr Zeit gehabt, hätte ich noch viel weiter geschrieben. Zeitgleich klingelte es auch und ich packte mein Mäppchen weg. Die Jungs standen schon allesamt vor der Klassenzimmertür, sie waren am rumalbern. „Nami hat sowieso wieder ne Eins.“ meinte Lysop und ich lächelte zufrieden. Ich war in den meisten Fächern eben Klassenbeste. „Wer so schlau ist wie sie, hat eben gute Noten.“ stellte Sanji zu meiner Freude fest und wir verließen das Schulgebäude. Zorro strecke seine Arme und gähnte dabei laut. „Wie lief’s bei dir?“ wendete ich mich an Sanji und er strahlte mich an. „Einfach spitze! Ich glaub, ich krieg sogar ne Drei!“ Dass ihn eine Drei schon so fröhlich stimmte, stimmte mich auch fröhlich. Ein wohliger Schauer überfiel mich. „Super.“ gratulierte ich ihm im Voraus. Ruffy lief vorne an der Spitze und hatte sich zu uns alle umgedreht. „Wann kommt ihr dann zu mir?“ Wir wollten dieses Wochenende bei ihm schlafen und einen Videoabend machen. Lysops Arme waren hinter seinem Kopf verschrenkt und er lief mit großen Schritten hinter Ruffy her. „Keine Ahnung.“ Zorro beteiligte sich an der Frage. „Ich komm um halb vier. Muss zu Hause noch was aufräumen.“ Nun beteiligte auch ich mich: „Ich brauch bloß meine Tasche zu packen und bin dann meinetwegen in ner halben Stunde bei dir.“ Darüber freute sich Ruffy, und mir flatterte das Herz, weil Sanji fast dasselbe sagte. „Ich komme auch gleich zu dir, ich muss bloß noch was erledigen. Dauert höchstens ne Stunde.“ Grinsend und zufrieden drehte sich Ruffy wieder nach vorne um und ratterte mit einem Stock am Zaungelände. Von der Seite her behielt ich alle Jungs im Auge und überlegte, was für Schlafzeug ich mitnehmen sollte. Als einziges Mädchen will man ja ne gute Figur machen. /// Wir sahen uns den Film ’Kiss of a Dragon’ an, den sich Zorro von einem Freund geliehen hatte. Die Story handelte von einem chinesischen Samurai, der gegen eine Mafia oder so kämpfte. Draußen war es noch ein bisschen hell, aber die Vorhänge zugezogen, sodass eine Kinostimmung da war. Die Jungs waren von dem Film richtig begeistert, doch ich selbst war nicht in guter Verfassung. Zum Glück saß ich vor dem Sofa, wo mich keiner direkt sah. Auf der Couch saßen Lysop und Zorro, und ebenfalls auf dem Boden hockten Ruffy und Sanji. Ich hatte totale Bauchschmerzen und rieb mir unauffällig über die Wundquelle. Durchfall oder meine Periode hatte ich nicht, mir war ausschließlich übel und mein Wohlbefinden lag im Keller. Um aber die lockere Stimmung nicht kaputt zu machen, blieb ich still. Hoffentlich ging das bald weg. Die Handlung im kleinen Flimmerkasten vor mir war sichtlich nicht so interessant wie meine Übelkeitsaufkommen. Die Luft kam mir so dünn vor und ich wäre am liebsten im Bad verschwunden, aber beherrschte mich, so gut es ging. Einige Momente schloss ich auch meine Augen und versuchte, ruhig zu bleiben, was aber bei Actionszenen nicht so einfach war. „Holst du uns was zu Knabbern?“ bat Ruffy Sanji, der dann ohne zu Nörgeln aufstand und sich in die Küche begab. Meinen Kopf legte ich auf meine herangezogenen Knie ab, die ich zusätzlich mit meinen Armen umschlungen hatte. Ich blies ein paar Haarsträhnen weg, die mir die Sicht leicht einschränkten. Bald darauf kam Sanji zurück und ließ zwei Schüsseln frisches Popcorn herumreichen. Die auf dem Sofa hatte eine und die auf dem Teppichboden auch. „Willst du nix?“ Ruffy hielt mir eine Hand voll hin, was mich irgendwie wunderte. Ruffy wollte Essen mit jemandem teilen? Dankend schüttelte ich den Kopf. „Nein, nimm du dir.“ Er zog die Augenbrauchen hoch und schmatzte weiter. „Echt nicht? Ich-“ „Schschscht!“ kam es von oben hinter uns und wir beide wendeten uns wieder dem Film zu. An Aufmerksamkeit fehlte es mir nicht, ich wollte aber auch nicht, dass sich alle besorgt um mich stellten, nur weil ich mein Gesicht verzog. Und attraktiv wäre das sicher nicht rüber gekommen. Als die Frau im Film ihr Kind aus dem Kinderheim rausholen wollte, gab es wieder eine Explosion, doch ich hatte nicht schnell genug reagiert. Das hatte ich nur nachträglich, weil die anderen erschraken. Oh Mann war das blöd... Irgendwann stand ich auf und bahnte mir den Weg ins Bad. Dazu musste ich ins obere Geschoss, und auf der Treppe kam das Würgegefühl in mir auf. Die anderen hatten sicherlich nicht bemerkt, dass ich mich verdrückt hatte. Der unangenehme Geschmack von Magensäure kam mir in den Sinn und ich presste meine Hand vor den Mund. Es durfte nicht hochkommen, ich musste bis ins Bad! Ich riss die Tür auf und die bekam so viel Schwung, dass sie an der Duschenseite nebenan zurückprallte und fast wieder ins Schloss fiel. Der Klodeckel war zum Glück geöffnet und ich kniete mich davor, doch es kam nichts. Ich atmete schwer und wartete. Mein Bauch wollte grummeln und ich rieb ihn mir so dolle wie ich konnte, doch es wurde nicht besser. Wassertrinken war auch nicht drin, den Brechreiz konnte nicht gestoppt werden. Scheiße. Wieso wurde ich auch krank? Jetzt, da kam es hoch! Das schwummrige Gefühl breitete sich aus und gebeugt über die Klobrille übergab ich mich. Es dauerte nicht lange an und ich lehnte mich kurz zurück. Mein Gesicht wechselte von heiß über kalt und wieder warm, ich hatte noch mehr zu kotzen und blieb deshalb noch vor der Toilette gekniet. Mein Atem wollte sich nur gering wieder einrenken, das regte mich furchtbar auf, aber war hilflos. Ich hätte echt heulen können, doch rieb mir vor Müdigkeit bloß die Augen. Die Bauchschmerzen meldeten sich wieder; Da kam jemand ins Zimmer rein. Oh nein, nicht das noch! Ich tastete nach der Spülung und betätigte diese noch rechtzeitig, er musste ja nicht sehen, was los war. Es war Sanji, welcher langsam zu mir kam und sich nach kurzem Überlegen neben mich hockte, um mit mir auf selber Augenhöhe zu sein. Ich fasste mir an die Stirn und ließ meinen Atem für meine Situation sprechen, meine Augen hatte ich geschlossen. „Geht’s?“ fragte er fürsorglich und strich mir vorsichtig über den Rücken. Ich schwankte zwischen einem Nicken und Kopfschütteln, da kam wieder das scheiß Brechgefühl hoch. Ich würde ganz sicher NICHT vor Sanji kotzen! Das war ja wohl das Peinlichste überhaupt! Meine ganzen Gesichtsmuskeln zuckten kurz, um die Augen und den Mundwinkeln, dann wollte es wirklich wieder hoch. Konnte ich nicht einfach gesund sein? Konnte Sanji nicht einfach unten bei den anderen bleiben? Es half alles nichts ich musste mich wieder vorbeugen. Noch kam nichts, was aber bald soweit sein würde. Sanji strich regulär über meinen Rücken und tat mir damit einen großen Gefallen, das konnte er sich vielleicht gar nicht vorstellen, wie sehr mir das half. Ich sog die Luft stockend ein und bekam trotz seiner provisorischen Massage feuchte Augen. Dagegen blinzelte ich viel oder rieb mir über sie, wollte auf keinen Fall, dass er es bemerkte. Da nahm er seine Hand zurück, und ich selbst wippte ein wenig in meiner Hockposition. Noch nicht. Es kam noch nichts. Oh scheiße, Sanji sollte verschwinden... entweder mir weiter über den Rücken reiben oder raus gehen. Mein Magen drehte sich von selbst wie am Spieß und Hitze quoll mir heraus, das war total unangenehm. Dazu kam dann noch das Schamgefühl, das verhinderte, dass ich mich tatsächlich vor ihm übergab. „Is schon okay.“ hörte ich ihn sagen und nickte mechanisch. Gleich würde es wieder kommen. So ne Kacke ey... Meine Hand lag auf dem Klodeckel und ich wurde ungeduldig. Doch um Sanji zu befehlen raus zu gehen hatte ich Angst, meinen Mund öffnen zu müssen. Auf einmal fasste er an mein Handgelenk und ich schielte zu seiner Hand. Er nahm mir eines meiner zwei Haargummis ab, die ich immer bei mir trug und er sammelte anschließend meine Haare zusammen, um das Gummi rein zu machen. Dabei strich er mir alle Haarsträhnen aus dem Gesicht, was mir eine angenehme Kühle verlieh, da sie mir nun nicht mehr an der Stirn klebten. Das tat er wahrscheinlich, dass sie nicht bespuckt werden konnten, wenn das noch mal der Fall sein sollte. Als mein von ihm gebundener Zopf fertig war, wollte ich ihm liebend gern danken, doch der Zeitpunkt war gekommen- mir war kotzübel genug, dass noch mal was hochkam. Ich beugte mich reflexartig vor und übergab mich zum zweiten Mal an diesem beschissenen Abend, in Sanjis Gegenwart, doch das lag irgendwo im Hintergrund meiner Gedanken. Wenn alles draußen war, war’s ja okay. Und so fühlte ich mich dann auch. Nichts mehr im Magen, es war vorbei. Ich kam zurück in meine ursprüngliche Haltung und atmete, mit geschlossenen Augen. Sanji strich mir wieder über den Rücken, rauf und runter und runter und rauf. Das tat richtig gut und milderte meine unangenehmen, innerlichen Achterbahnfahrten. Doch da fing ich das Husten an. So ein Mist aber auch! Mein Magen war zwar leer, aber nun hustete ich gezwungenermaßen und ununterbrochen, es wollte und wollte nicht aufhören. Der Kloß in meinem Hals war sehr nervend... „Musst du noch mal oder ist es vorbei?“ Ich antwortete mit rauer Stimme und rauen Lippen. „Bin fertig.“ Sein Reiben hörte zum Glück nicht auf und in mir beruhigte sich alles wieder. Nur bildete sich nachbleibend unappetitliche Spucke in meinem Mund, welche ich noch ausspucken musste. So ein Shit war das! Ich stütze mich langsam auf, zog die Klospülung und hielt mich am Waschbecken fest. Sanji stand neben mir und seine Hand wurde langsamer... nicht aufhören! Beschämt sah ich an ihm vorbei und berührte meine Wangen, die wahrscheinlich tomatenrot waren. Mut genug, in den Spiegel zu gucken, hatte ich nicht. Ich strich mir noch mal über meine Haare, der Pony kam langsam wieder hervor und hing vor meinen Augen. Ich musste doch wie ein Zombie oder sonst was aussehen. „Magst du dich hinlegen?“ Sein Vorschlag kam mir irreal vor, ich war doch nicht bei mir zu Hause. „Hm?“ machte ich bloß und ließ es mir erklären. „Du kannst dich in Ruffys Bett legen. Ich sag ihm Bescheid.“ Im Moment war mir alles egal und ließ mich deshalb zu besagtem Zimmer führen. Sanji brachte mich ins Bett und mein gesamter Körper fühlte sich so richtig erschöpft an. Ich legte mich hin und brachte noch ein murmelndes Dankeschön raus. Sanji schenkte mir noch ein aufbauendes Lächeln und wünschte mir eine gute Nacht. „Ich sag den Jungs, dass sie unten leise sein sollen. Und du schläfst dich aus, damit du morgen wieder gesund bist. Okay?“ Mir fielen die Augen fast schon von selbst zu und mein Kopf kam mir, eingesunken in Ruffys Kopfkissen, sehr dick und schwer vor. Sanji verließ dann leise das Zimmer und die Bauchschmerzen waren bedingt verschwunden. Ich wälzte mich auf die andere Seite und konnte halbwegs normal atmen. So was peinliches, dass mich ausgerechnet Sanji sehen musste. Zum Glück hatte er nicht gleich die ganze Truppe zusammengetrommelt und es blieb unter uns. Mit einem üblen Geschmack beim Schlucken träumte ich mich in eine andere Welt, wo ich das alles schon längst wieder verdrängt hatte. erstellt am 24.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 19: Altercation - Pubertät 11 ------------------------------------- Kapitel 19: Altercation - Pubertät 11 Lydias Sicht Was hab ich nur falsch gemacht? Wie konnte das nur passieren? Mein kleiner Sanji ist mit Seulgi zusammen? Er ist zwar groß geworden, und dass er sich eine Freundin suchen würde, war mir auch klar gewesen, aber dass er etwas mit... mit unserer ’neuen Familie’ hatte? Ich hatte es mir so schön ausgemalt, mit Jeff und Seulgi zusammenzuleben. Sanji würde einen Vaterersatz haben und mit einer kleinen Schwester aufwachsen, das hätte alles so perfekt funktioniert. Aber dass die zwei andere Pläne hatten... Wieso haben Jeff und ich nichts von alledem gemerkt? Hatten sie es uns etwa die ganze über verheimlicht? Und wie lange schon? Dass Sanji so was machen würde hätte ich nie gedacht... Das Jeff gestern so ausgetickt ist, hat mir total Angst bereitet. So wütend hab ich ihn noch nie erlebt. Aber das war ja eine Ausnahmesituation... Ich hoffe mal, dass das ein gutes Ende nimmt. Wir müssen irgendeine Lösung finden, dass unser harmonisches Familienleben wieder hergestellt wird. Jeff kann ja nicht ewig auf ihnen herumhacken, ich finde, sie sollen zusammen sein dürfen, aber es muss Grenzen geben. Das alles darf nicht weiter ausschreiten. Ich bin heute Morgen aufgewacht und Jeff hat sich unmöglich aufgeführt. Da fragt man sich doch echt, ob er noch ganz dicht ist, ohne dass ich übertreibe. Er hatte die Kinder gestern Nachmittag eingesperrt in ihre Zimmer, und sie die ganze Nacht nicht raus gelassen. Heute wollte ich dann Kaffee machen, da ließ er Seulgi raus. Er hat sie ins Bad gescheucht und kam dann zu mir, mit einer sehr üblen Laune. Ich sprach ihn natürlich nicht darauf an, ich bin immer noch eingeschüchtert, wenn mein Freund, oder eben Mann, Aggressionen bekommt. Das muss ich unbedingt noch ändern... Sanji hatte mir mal vorgeschlagen, zu einem Psychiater zu gehen, doch dazu hatte es immer an Geld gefehlt. Jetzt mit Jeff könnte ich zwar, da wir ja stabilen Boden unter uns haben, aber ich dachte, es wäre nicht mehr nötig. Er kam dann zu mir und sagte auch kein Ton. Bald darauf kam Seulgi in die Küche, sah zwar von der Dusche gepflegt, aber vom Erscheinungsbild her unausgeschlafen aus. Man konnte ihr gut ansehen, dass sie einen schlechten Tag hinter sich hatte. Jeff gab nur Befehle wie ’Setz dich.’ oder ‚’Iss was.’ Seulgi sah keinen von uns direkt an und führte die Befehle gehorsam aus. Jeff holte auch Sanji aus seinem Zimmer, der ins Bad sollte. Als Seulgi mit ihrem knappen Frühstück fertig war, nahm Jeff ihre Schultasche und rief sie zu sich. Er wollte sie persönlich in die Schule bringen. Dabei dachte ich mir nicht viel, er wollte ja sicherlich nur auf der Hinfahrt mit ihr in Ruhe sprechen. Sanji kam dann auch runter und aß etwas. Er war auch verstummt, obwohl wir beide alleine waren. „Du sollst den Bus nehmen, hat Jeff gesagt.“ teilte ich ihm mit. Er sah stur an die Wand und beachtete mich nur bedingt, was ich eben schlucken musste. Das würde ja schon wieder werden. Jeff kam dann zurück und ich gab ihm eine Tasse Kaffee. Wir saßen uns an den Tisch und er begann, sich aufzuregen. „Das hätt ich von Seulgi nie gedacht! So hab ich sie ganz sicher nicht erzogen!“ „Hast du auf der Hinfahrt mit ihr geredet?“ „Nein! Sie war stumm wie ein Fisch. Sie hatte sich mir noch nie widersetzt!“ Seine Augenbrauen waren zugezogen und die Stirn in Falten gelegt. Wir würden das ganz sicher meistern. „Sanji hat auch kein Wort von sich gegeben.“ pflichtete ich ihm bei. „Dein Junge ist an allem Schuld! Er hat meine Tochter verführt!“ Dass er so eine Grenzlinie zwischen unsere Kinder ziehen würde, hatte ich nicht erwartet. „Ich werde Seulgi wieder von der Schule abholen. Die beiden werden sich jetzt erstmal nicht mehr zu Gesicht kriegen.“ Bei seinen Vorstellungen kamen mir schon Bedenken. „Aber Jeff, das kannst du nicht jeden Tag durchziehen, das weißt du schon!?“ Er gab bloß ein Grummeln von sich und ich blieb lieber still. In dem Moment dachte ich noch nicht groß weiter, immerhin gab es in der Pubertät unserer Kinder immer solche Phasen, wo sie sich mal gegen uns auflehnen oder widersetzen, doch Jeff hatte sich da richtig in etwas hineingesteigert. Gegen halb Zehn fuhr er an die Schule und meinte, dass er dort nur Aufpassen will, dass die beiden sich nicht in der Pause trafen und miteinander sprachen. Das war dann allmählich schon zu viel, immerhin spioniert man seinen Kindern nicht so hinterher. Aber er fuhr wirklich dorthin, um sie am Schulgeländer zu beobachten. Ich war mir sicher, dass er auch eingegriffen hätte, wenn sie miteinander Kontakt aufgenommen hätten. /// Ich bin gerade am Kochen und Jeff hatte genau dasselbe Programm durchgeführt, wie gestern schon. Für die große Pause behielt er sie im Visier und arbeitete ansonsten von Zuhause aus. Heute haben beide gleich lang Schule und wir werden darum gemeinsam Essen. Hoffentlich ergibt sich da die erste Gelegenheit, über alles zu sprechen. Gestern Nachmittag hatte Jeff sie nochmals zu Hause eingesperrt, was viel zu übertrieben war! Er kann ihnen ja nicht auf Dauer die Freiheit nehmen, höchstens Stubenarrest erteilen, wobei das ja nichts an ihren Gefühlen ändern würde. Ich decke den Tisch und warte ab. Da kommt Jeff mit den Kindern herein und ich begrüße sie. „Hallöchen.“ Doch Sanji fehlt. „Wo ist denn Sanji?“ Jeff gibt mir eine monotone Antwort. „Der kommt mit dem Bus.“ Ich möchte fragen, warum er ihn nicht einfach mitgenommen hat, doch unterlasse es. Seulgi grüßt mich leider nicht und will direkt in ihr Zimmer laufen, doch ich halte sie auf. „Ich hab Essen gemacht. Du kannst gleich hier bleiben, es ist schon fertig.“ Also dreht sie sich um und läuft zum Tisch. Ich eile in die Küche und gieße die Kartoffeln ab, sodass es dampft. Ich tue ihnen auf. „Warten wir nicht auf Sanji?“ wende ich mich an Jeff, doch er tut gleichgültig. Mitten im Essen geht die Haustür auf und Sanji kommt herein. Ich freue mich natürlich und stehe auf, um ihn zu begrüßen. „Hallo, Spatz. Wir essen grade.“ Er hat sich entweder abreagiert oder seine Wut angestaut, ich kann seine Laune nicht einschätzen. Doch ich bleibe freundlich, vielleicht färbt auf ihn ja etwas ab. „Hab keinen Hunger.“ sagt er und möchte auf sein Zimmer, doch da ruft Jeff ihn. „Hier geblieben, junger Mann. Komm her und setz dich.“ Er legt den Ranzen weg und geht tatsächlich ins Esszimmer, ich folge ihm. Ich glaube, er hält kurz Augenkontakt mit Seulgi, bis er sich Jeff zuwenden muss. „Setz dich.“ wiederholt sich Jeff und Sanji tut es. „Tu ihm was auf, Lydia.“ Normal nehme ich solche Anweisungen nur mit ’Bitte’ an, aber heute will ich mal nicht so sein. „Ich will aber nichts essen.“ beharrt Sanji und ich bleibe stehen, unklar, wie ich vorgehen soll. Jeff sieht zu Seulgi und dann wieder auf meinen Sohn. Ich will nicht, dass das in Streit ausartet, also greife ich ein. „Ich tu dir nur wenig auf, du musst was Warmes im Magen haben.“ Sanji antwortet nicht und schaut auf den Tisch. Ich begebe mich in die Küche und hole einen Teller. Das Telfon klingelt und ich breche mein Vorhaben abrupt ab, um das Gespräch entgegenzunehmen. Es ist eine Bekannte und ich muss sie eigentlich abwimmeln, was nicht so leicht wird. Ich gehe in den Eingangsbereich, wo ich nichts von dem Gespräch im Esszimmer mitbekomme, das würde jetzt nur ablenken. Sie redet mich mit der letzten Chorprobe zu und lässt sich offenherzig über den Gruppenleiter aus und ich muss höflicherweise zustimmen. Die Unterhaltung kann ich dann doch irgendwann beenden und lege gerade auf, da höre ich laut werdende Stimmen. „DU KANNST UNS NICHT VERBIETEN ZUSAMMEN ZU SEIN!“ Ich komme zurück, stehe in der Tür und sehe, dass Sanji hinter Seulgis Stuhl steht und sich auch Jeff erhoben hat. Das darf nicht eskalieren, ich muss den Streit unterbinden. „Sanji!“ Er sieht zu mir und zeigt dann auf Jeff. „Mama, das kann er nicht machen! Er kann uns nicht jeden Abend wegsperren und sogar in der Pause aufpassen, dass wir nicht zusammen sind! Ich meine – das ist doch total krank was hier abgeht!“ Seulgi sagt jetzt auch zum ersten Mal was, seit ich gekommen bin, im überredenden Ton. „Papa, das kann doch so nicht weitergehen. Wieso lässt du uns nicht einfach zusammen sein? Wir lieben uns wirklich.“ Beim letzteren Satz wird ihre Stimme leiser und ich überlege, mich für sie einzusetzen. „Sei still!“ herrscht Jeff sie an und spricht zu Sanji weiter. „Ich hab dir doch schon gesagt, dass du die Finger von ihr lässt!“ Er beschuldigt nur ihn, wobei Seulgi doch genauso mit dran beteiligt ist. Dazu gehören schließlich immer zwei, wenn man heimlich zusammen ist. „Aber was soll das bringen!? Du kannst doch eh nichts-“ fängt Sanji an, bekommt aber das Wort abgeschnitten. „Ich kann sehr wohl und du hörst auf mich! Ich hab das Sorgerecht für dich, ist dir das klar?“ Daran habe nun ich zu schlucken. Durch unsere Heirat haben wir die beiden gegenseitig adoptiert, das war nicht gut. Also nicht, wenn er das jetzt gegen ihn verwendet! Das macht Sanji natürlich wütend. „Jetzt spiel dich hier nicht so auf! Ich kann machen, was ich will! Und du brauchst mir gar nichts zu sagen, kapiert? Ich liebe Seulgi und spätestens wenn ich 18 bin gehen wir eh von hier weg, dann sind wir dich los!“ Das Sanji so gut kontern kann, wusste ich nicht. Das hat Jeff bestimmt getroffen, was kann ich jetzt noch machen? Das gibt ein großes Donnerwetter, wenn sich die beiden weiter so auslassen. „Du willst mir meine Tochter wegnehmen!?“ Jeffs Stimme klingt drohend, was mir gar nicht gefällt. „Sanji! Papa! Könnt ihr mal aufhören??“ Sanji hakt ein. „Aber Seulgi, das kann doch nicht angehen, dass der uns extra getrennt in die Schule bringt und abholt und nachts sogar einsperrt! Das ist KRANK!“ Ich will nicht, dass Sanji jetzt austickt! „Hey ihr zwei, beruhigt euch doch mal.“ beschlichte ich sie, doch ohne Erfolg. Meine Stimme ist einfach zu dünn, um da durchzudringen. Er dreht sich zwar zu mir um, doch jetzt bekomme ich alles ab. „Von wegen beruhigen! Merkst du eigentlich, was hier abgeht!? Das ist VERRÜCKT!“ Er tippt mit dem Zeigefinger an den Kopf und wirft dann wieder alle möglichen Rechtfertigungen an Jeffs Kopf. „Das geht so nicht an! Ich lass mir von dir nichts mehr befehlen, du kannst Seulgi und mich nicht auseinander bringen!“ Sein voller Einsatz zeigt bei dieser aber keine große Wirkung, sie wünscht sich auch, dass die Streithähne aufhören und nicht von ihr reden, als wäre sie nicht da. Ich versuche es noch mal, mich einzumischen. „Frag sie doch mal selber, was sie will! Du sprichst von ihr und sie hat keine Chance, mal selbst was zu sagen!“ Jetzt muss sie die Initiative ergreifen. Sie sieht ihren Vater an und sammelt nach Worten, weiß aber auch nicht recht, was sie jetzt tun soll. „Papa, könnt ihr nicht einfach aufhören euch zu zanken? Also, ich meine... Sanji hat schon Recht, ich wäre gerne mit ihm zusammen, aber ich will doch auch nicht, dass ihr euch deshalb so in die Haare kriegt.“ Sie schluckt und ich stütze meine Hände auf der Rückenlehne eines Stuhls. Jeff hält einen Moment inne. „Seulgi, ich möchte nicht, dass du in die falschen Hände gerätst, das ist alles.“ „VON WEGEN!“ ruft Sanji und wird immer wütender. „Grad weil ich mich nicht um sie kümmern könnte! Du hast doch keine Ahnung von NICHTS!“ Ich melde mich wieder zu Wort. „Sanji, beruhige dich!“ Doch er hört nicht auf. „MANN, ist doch wahr, du hast keinen Schimmer was ich alles für Seulgi tun würde! Ich schwöre dir dass ich sie wirklich liebe und- keine Ahnung was du von mir denkst ich weiß nur- ach – Pfffff! Ich scheiß auf das, was du mir vorschreibst!“ Er hat sich total verhaspelt und ich hoffe mal, dass ihm das alles nur rausgerutscht ist. Jeff wird wieder drohend und kommt ein Stück um den Tisch herum. „Mein Freundchen, du wirst dich meinem Willen beugen, das wirst du schon sehen!“ „Hey, dein Programm kannst du nicht jeden Tag durchziehen! Da hab ich auch noch ein Wörtchen mitzureden!“ Ihre Köpfe sind total rot, merke ich jetzt erst. Ich knabbere an meinen Fingernägeln, ein Stress-Abreg- Ding. „Du halbe Portion willst MIR drohen!?????? Übernimm dich bloß mal nicht! Ich hab noch ganz andere Mittel auf Lager!“ „Papa!!“ Sanji kontert wieder. „Mir ist das scheiß egal was du mir auf den Hals hetzen willst, ich lass mir von dir nix mehr sagen! Spätestens mit 18 bin ich hier weg!“ „Das dauert aber noch ne Weile, und wo du dann hinkommst ist mir auch Schnuppe! Ob du auf der Straße landest oder sonst was!“ „Mann fick dich doch! Du kannst mir nix anhaben! Wenn du willst schlag mich doch, aber das hast du Memme überhaupt nicht drauf!“ Dass Sanji ihn jetzt so provoziert geht reichlich zu weit. „Sanji!“ Jeff lässt sich zum Glück nicht zum Handgreiflichen mitreißen. „Das hab ich nicht nötig, ich lass lieber Taten sprechen! Ich könnt dich auf die Straße setzen, aber-“ ein leichter Lachansatz ist zu vernehmen und er deutet kurz mit dem Kopf zu mir; „da hat deine Mutter auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich denk ich hab die ideale Lösung!“ „Achja!? Das interessiert mich nen Scheißdreck!“ „KÖNNT IHR NICHT AUFHÖREN!?“ schreit Seulgi und steht hastig auf. „Mann, das ist furchtbar! Lasst doch mal gut sein!“ Jeffs Augen funkeln und er hebt drohend die Hand, ohne auf Seulgi einzugehen. „Ich kann dich hier ganz leicht aus dem Haus holen! Du kommst einfach ins Internat!“ Jeff macht doch nur alles schlimmer, als es ist! Sanji soll ins Internat!? Wie kann Jeff das einfach so festlegen und für mich mitentscheiden!? Einen Augenblick bricht die totale Stille, aus, bis sich Sanji wieder regt. Leicht geschockt und abwertend lacht er auf. „Mich einfach so abschieben, das ist so typisch! Was Besseres fällt dir jetzt auch nicht mehr ein, was?“ „Papa das kannst du nicht machen!“ „Jeff, das wirst du nicht tun!“ Seine Stimme ist mächtiger als die von uns dreien zusammen. „Ich kann, das werdet ihr noch sehen! Die werden dir wenigstens Manieren beibringen, und das du auch tust, was man dir sagt!“ Sanji stürmt auf ihn zu. „Halt’s Maul, du Arsch! Das kannst du nicht machen, das bringst du nicht fertig!“ Zu solchen Beleidigungen greift er normal nicht, in meiner Gegenwart zumindest, und ich muss hier wirklich Einhalt gebieten. „Sanji, lass ihn los! Und Jeff, das wirst du ganz sicher NICHT tun!“ Ich werde schon wieder überhört. Jeff stößt ihn von sich weg. „Dir wird gar nichts anderes übrig bleiben, dort kannst du dann deine Launen ausleben! Und du findest sicher wieder eine, die du rumkriegen wirst! Ich lass jedenfalls nicht zu, dass du meine Tochter noch mal mit deinen Schmutzfingern anfasst!“ „Papa! Lass ihn in Ruhe! Du hast doch keine Ahnung, Mensch!“ Sanji stiert ihn sauer an und ich weiß nicht, wie das weitergehen soll. Unser friedliches Miteinander ist erst mal im Eimer und ich weiß nicht, ob wir das noch mal herstellen können. erstellt am 24.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 20: Food - Gegenwart ---------------------------- Kapitel 20: Food - Gegenwart Ruffys Sicht Sonntag Früh bin ich ganz früh aufgewacht und hatte einen unglaublichen Kohldampf! Darum rüttelte ich Sanji wach, dass er mir lecker Frühstück macht. Zeitgleich sind alle anderen aufgewacht und behaupteten dann, dass ich schuld daran wäre, was gar nicht sein kann... Jedenfalls waren alle wach und ich war sehr gut gelaunt. Ich lief in die Küche und suchte Geschirr zusammen, um den Gartentisch zu decken. Es war wieder ein so herrlich warmer Tag und deshalb machte es nichts aus, das wir alle noch in Boxershorts und Unterhemden rum rannten. Dann war alles irgendwie schon bereit und Sanji servierte uns lecker, lecker Rührei! Ich liebe Rührei! „Wo ist denn Nami?“ fragte Lysop und da fiel mir ein, dass sie ja krank war und in meinem Bett schlief. „Soll ich sie holen?“ bot ich an, nachdem ich schon mal einen Teller gekostet hatte. „Äm... das kann ich auch machen.“ wollte mir Sanji die Arbeit abnehmen und um keinen unnötigen Verzicht auf gutes Essen einzugehen, überließ ich ihm sein Angebot. Lysop beschwerte sich dann, weil ich mir mehr Brot nehmen wollte als er, aber ich kann doch essen, soviel ich will, nicht? Zorro tat dann auch angewidert und meinte ich würde spucken, was auch nicht stimmte! Was hatten alle immer gegen mich, wenn ich beim Essen war? Das ging jedes Mal so. Aber Hauptsache ist doch, dass man eine gemeinsame Mahlzeit am Tag miteinander nahm, und da ist beschweren nicht dabei, würde ich mal sagen. Nami und Sanji kamen raus in den Garten. „Wie geht es dir?“ wollte ich unbedingt wissen. Bevor sie sich einen Platz suchte überlegte sie noch kurz, und antwortete mir dann. „Ganz gut. Besser als gestern.“ Lysop erkundigte sich auch. „Musstest du brechen?“ Sie fasste sich an die Stirn. „Ja. Geht aber schon wieder.“ Ich hatte mir gerade ein Brot mit Salami belegt und mein Inneres war hin und her gerissen, ob ich es ihr nun schenken sollte, oder nicht. Ich liebe Salamibrote. Aber ich bin ja ein guter Freund. Also bot ich es ihr an. „Hier, das kannst du haben.“ Beide nahmen nun ihren Sitzplatz ein und sie lehnte ab, mir zu Freuden. „Nein danke, aber ich kann jetzt nichts Essen. Ich trinke nur was.“ War auch ok, da blieb mir das leckere Brot übrig, und das Wichtigste war ja bloß, dass sie sich bald wieder pudelwohl fühlte. „Du hast doch bald Geburtstag, oder?“ fragte Zorro und wir alle sahen ihn an. Er hatte das Nami gefragt. „Seit wann merkst du dir denn die Geburtstage von uns?“ fragte Sanji misstrauisch und Nami ging auf ihn ein. „Ja, hab ich, wieso?“ „Na, feierst du denn nicht?“ Dass Zorro so was interessierte fand ich richtig witzig. Normal war er immer unbeteiligt, wenn wir alle miteinander plauderten. Ich holte mir den Kakao und schenkte mir ein. Ich liebe Kaba. Nami dachte wieder kurz nach, bevor sie antwortete. Weil sie krank war, konnte sie ja nicht so schnell denken, wie sonst. „Könnte ich, wollt ihr denn?“ Und sie lächelte das erste Mal an diesem wunderschönen, schulfreien Morgen. „Klaaaaaaar!“ teile ich allen begeistert mit, denn was gibt es schöneres, als den Geburtstag mit Freunden zu feiern? „Wen lädst du alles ein???“ fragte Lysop und ich hatte auch so einiges zu wissen. „Was gibt’s zu Essen? Machst du da Toast Hawaii?“ Ich liebe Toast Hawaii! „Langsam, langsam.“ sagte Nami. Sie lächelte wieder und das freute mich. Ich mag es überhaupt nicht, wenn einer von meinen Freunden traurig ist oder es ihm nicht gut geht. Ich schälte mir eine Banane und legte mir noch einen Apfel bereit, auf meinen Teller. „Also, da ich nichts geplant habe, weiß ich noch nicht genau, wer kommt. Und was es zu Essen gibt steht auch noch nicht fest.“ Das fand ich sehr Schade. „Also lädst du keinen von uns ein?“ musste ich unbedingt wissen. „Doch, doch! Auf jeden Fall, was denkst du denn? Und Vivi auch noch, und meinetwegen noch ein, zwei andere Leute, die ihr mitbringen könnt. Mir ist das egal.“ Ich freute mich richtig. Wir hatten alles weggeräumt und wollten zu dem Spielplatz gehen, der nur ein paar Häuserblocks von Ace’s und meinem Haus entfernt war. „Achja, bald sind endlich Ferien!“ streckte sich Lysop auf dem Hinweg. „Dann kann der Sommer beginnen!“ Ich hatte auch ein großes Grinsen im Gesicht stehen. Nicht mehr lernen und sich auf Tests vorbereiten. Am Mittwoch war der letzte Schultag, also Überübermorgen. Es war kaum abzuwarten, es kribbelte mir schon nach Urlaub. Mein großer Bruder wollte mit mir irgendwo in den Ferien hinfahren, nur war es noch nicht ganz klar, wo genau. Aber egal. Der Spielplatzzaun war schon direkt vor uns und ich rannte mit Lysop um die Wette zu den Schaukeln. Da gab es nur zwei Stück und die beschlagnahmten wir, die Kings des Stadtviertels! Zorro legte sich am Ende der Rutsche hin und wollte wieder schlafen, worüber ich laut lachte. Sanji lehnte sich ans Klettergerüst und rauchte, während Nami in Lysop’s und meine Richtung kam. „Hey, Langnase, wir machen mal ne Wette, okay?“ Der Angesprochene guckte dumm fragend, was mich zum Grinsen brachte. Lysop sah manchmal wirklich, anstatt verbarrikadiert, eher bescheuert aus. „Was für ne Wette?“ Nami grinste wieder richtig hinterhältig, so wie sie es immer tat, wenn sie eine fiese Idee im Hinterkopf hatte. „Bist du sportlich? Du hast doch viele Mukkis, oder?“ Ihren spaßigen Unterton mochte ich. Lysop wusste genauso wenig wie ich, was sie vorhatte. Wenn du es schaffst, innerhalb von fünf Minuten einmal um das Gelände hier zu joggen, gebe ich dir einmal einen Döner aus.“ Jetzt dachte ich doch wieder, dass sie noch nicht ganz gesund war, seit dem Samstagabend. Nami gab nie irgendwie freiwillig Geld aus. Und außerdem, warum hat sie nicht mich gefragt? Ich liebe Döner! „Und wenn nicht? Was muss ich dann machen?“ „Dann musst du mich auf was einladen, zum Beispiel drei Mal Eis essen oder so.“ Ich wollte auch auf ein Eis eingeladen werden, ich liebe Eis. Lysop rechnete anscheinend nach. „Und dann? Wieso fragst du mich? Ob du mir einen Döner ausgibst oder ich dir ein Eis, was ist dann?“ Nami zeigte auf ihre Armbanduhr. „Die Zeit fängt sofort an, also stell nicht weiter Fragen. Wenn du es nicht rechtzeitig schaffst, hab ich automatisch gewonnen.“ „Und wieso sollte ich dir jetzt Platz frei machen auf der Schaukel? Ich mach bei der Wette nicht mit.“ Sie beugte sich zu ihm vor. „Dann erzähl ich das in unserer Klasse rum.“ „Mach doch, ist mir egal.“ Nami wich wieder zurück und ich verfolgte dieses Schauspiel mit Vergnügen. Ich fand das richtig toll, auch deshalb, weil sie dauernd über Essen sprachen. „Dann wird das auch in die Parallelklasse übergreifen und alle Mädels werden es mitkriegen. Conis oder Kaya möglicherweise auch.“ Lysop hopste auf und war irgendwie sauer. „Wieso willst du das, Mensch!? Was soll diese Anspielung bitteschön!?“ Ich hatte da irgendwie den Faden verloren, jedenfalls willigte Lysop ein und lief los. Nami ließ sich auf der Schaukel neben mir nieder und ich fragte sie, was das sollte. Sie sah mich mit unschuldigem Blick an und meinte einfach. „Nix.“ Das reichte mir schon und ich stieß mich mit einem Fuß ab und wollte hoch hinaus. Nami wippte nur minimal, wogegen ich richtig Schwung holte. „Du, Ruffy?“ Ich schaukelte und hörte ihr dabei zu. „Ja?“ „Du magst doch Vivi, richtig?“ „Ja.“ Ich überlegte kurz. „Wieso?“ „Also, ich hab ihr letztens versprochen, mit ihr ins Kino zu gehen. Aber genau an dem Tag kann ich leider nicht mit ihr gehen, aber sie hatte sich so darauf gefreut. Und du weißt ja, wie wichtig Versprechen unter Freunden sind.“ Ich stimmte ihr zu, wo sie Recht hatte, hatte sie Recht. „Und ich wollte fragen, ob du an meiner Stelle mit ihr gehen würdest?“ Hä? Sie wollte, dass ich mich als Nami ausgab und sie vertrat? „Ich soll für dich mit ihr weggehen?“ „Ja genau. Ich würd dir den Eintritt dann natürlich auch bezahlen.“ Also das war ja ein Ding, dass Nami etwas bezahlen wollte! Schon das zweite Mal an dem Tag. Das hieß, dass es ihr echt wichtig war! „Ja okay, weil es ein Versprechen war.“ Ich lächelte Nami an, denn ich würde nie, nie, nie im Leben einen meiner Freunde hängen lassen. „Danke, Ruffy. Ich wusste, auf dich ist Verlass.“ Und auch sie lächelte mich an, was ich schön fand. Ich mag es, wenn ich meinen Freunden den Kummer nehmen kann. „Aber Vivi ist manchmal etwas schüchtern, also nimm ihr das nicht so übel.“ witzelte sie, was ich irgendwie nicht so lustig fand, aber trotzdem weiter grinste. Wieso sollte Vivi schüchtern sein? Sanji kam zu uns rüber und warf eine Zigarette weg. „Hey, was macht ihr so?“ „Wetten abschließen.“ antwortete ich und sprang von der Schaukel ab. „Machst du dann noch bei mir Mittagessen?“ Er ’mhm’- te. Diese Antwort genügte mir nicht, also bohrte ich weiter. „Und was gibt’s?“ Er verdrehte die Augen. „Weiß ich noch nicht, kommt drauf an, was du da hast. Überbackene Meerbarben, vielleicht.“ Ich explodierte innerlich! „Cooooool! Juhu!“ Das hörte sich super abenteuerlich an, auch wenn ich nicht wusste, was das war. Es würde so oder so galaktisch gut schmecken. Ich war mir sicher, dass ich überbackene Meerbarben liebte! Sanji platzierte sich auf meine Schaukel und holte sich einen neuen Glimmstängel raus. „Du, Sanji?“ fragte Nami und er sah zu ihr. „Danke noch mal, wegen gestern.“ Er lächelte, was mich wieder freute. Ich mochte es immer, wenn alles zwischen meinen Freunden gut lief. „Kein Problem.“ winkte er ab, aber da ich vor ihm stand sah ich, dass es ihn auch freute, das zu hören. Es ist immer schön, wenn man gesagt bekommt, dass man seinen Dienst als guter Freund grandios erledigt hat. Zorro kam auch in unsere Richtung und rieb sich halb müde die Augen. Er sah sich kurz um. „Wo steckt Lysop?“ Sanji fiel das auch jetzt erst auf. „Ja genau? Ich hab ihn vorhin raus rennen sehen. Ist was passiert?“ Ich grinste die beiden Unwissenden an. „Der hatte Lust, ne Runde joggen zu gehen.“ Nami sah auf ihre Armbanduhr und lächelte zufrieden. „Entweder er ist in vierzig Sekunden da, oder er muss mir drei Kugeln Eis ausgeben.“ Ich fragte sie: „Was nimmst du dann für Bällchen?“ Sie überlegte, zufrieden lächelnd und in den Himmel guckend. „Um was geht’s?“ wollte Zorro wissen und Sanji erhob sich wieder. „Ich glaube Melone, Kirsch und Vanille.“ Gab mir Nami Auskunft. Ich liebe Melone, Kirsch und Vanille. Lysop war am Spielplatzzaun und kam herangehechelt. Triumphierend jubelte Nami. „Jaaa gewonnen!“ Der war außer Puste und sah wie ein saurer Apfel aus. Ein lustiger, saurer Apfel, mit ausgeprägten Gesichtsmerkmalen. Wir brachen alle auf und ich dachte an den kommenden Kinobesuch mit Vivi. Sie war für mich ein sehr liebes Mädchen und ich mochte sie richtig. Sie war immer offen und lustig drauf, aber leider nicht so oft mit uns unterwegs. Sie würde sich sicher freuen, wenn sie eine Begleitperson hatte und ich freute mich tierisch, sie zu treffen. Aber zunächst freute ich mich auf ein leckeres Mittagsessen à la Sanji, mir lief das Wasser schon im Mund zusammen. erstellt am 25.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 21: Abscondence - Pubertät 12 ------------------------------------- Kapitel 21: Abscondence - Pubertät 12 Seulgis Sicht Papa fährt mich in die Schule, ich schweige ihn an. Er hält am Straßenrand und lässt mich aussteigen. „Bis nach der Schule, ich hol dich um Zwei hier ab.“ Ich schlage die Beifahrertür zu und hänge meinen Ranzen über die Schultern. Ich werde aber um Zwei Uhr nicht hier sein, Papa! Ich überquere den Schulhof und bekomme Herzklopfen, vor Aufregung. Vor meinen Freundinnen tue ich schon seit Tagen so, als wäre bei mir Zuhause kein Stress. So fällt es auch keinem auf, das da in Wirklichkeit totaler Terror herrscht. Bald darauf klingelt es zur ersten Stunde und wir begeben uns in die Klassenzimmer. Sanji muss seine Nachricht total Ernst meinen, ich habe alles Geld aus meinem Zimmer genommen und mir Klamotten mit eingepackt. Nach der großen Pause werden wir uns vor den Toilette treffen. Keine Ahnung, wie er sich das vorstellt, aber Abhauen ist eine super Lösung! Hoffentlich erwischt uns dabei keiner. Gestern Abend war ich in meinem Zimmer und habe Gedichte geschrieben. Das hilft mir richtig, wenn ich unter Druck gesetzt bin oder es mir Scheiße geht. Papa hatte mich dann vorm Schlafengehen noch mal raus gelassen, dass ich mir im Bad die Zähne putzen konnte und so, wie es schon täglich ging. Danach war Sanji dran und ich machte mich wieder ans Schreiben, war natürlich eingeschlossen und hang mit meinen Gedanken wie immer nur Sanji hinterher. Etwas später hat es an meine Wand geklopft, woraufhin ich recht schnell herausgefunden habe, was das zu bedeuten hatte. Sanji schob von seinem Zimmer einen Zettel durch das Loch, das er mal als Verbindung gebohrt hatte. Ich hang mein Bild ab, welches das Loch durchgehend verdeckt, und zog das zusammengerollte Blatt Papier heraus. Mir klopfte das Herz wie nach einem Schnellsprint im Sportunterricht, und ich begann zu lesen. <<>> Ich hatte mir sein Schreiben noch weitere Male durchgelesen und mich dann sofort daran gemacht, zu erledigen, was da stand. Er wollte echt mit mir hier ausbüchsen. Ich sehe permanent auf meine Armbanduhr, bis die dritte Stunde zehn Minuten vorbei ist. Meine Kleidung ist in einer Plastiktüte, dann wird sie gleich auch nicht nass. Vorsichtig greife ich in meinen Ranzen, öffne meine Wasserflasche und gieße ein wenig vom Inhalt ins Innere meines Ranzens. Dann verschließe ich die Flasche wieder und stelle sie zurück. Keiner hat hingesehen, da jeder mal versucht, heimlich was zu essen, wie Kaugummis oder so. Ich melde mich, als die Lehrerin spricht. „Ja, Seulgi?“ Ich nehme meine Hand wieder runter. „Mir ist Wasser im Ranzen ausgelaufen, darf ich ihn runter in die Toilette bringen? Ich lehne ihn da an die Heizung.“ Bitte, bitte sag ja! Wieso denkt die erst so lange nach? „Ja, okay. Ist ja auch unangenehm, wenn der Ranzen nass triefend ist.“ Die und ihre altmodische Sprache, ich hab ein extrem wichtiges Treffen! Jetzt nur nicht hektisch sein, langsam aus der Klasse raus gehen. Geschafft! Auch wenn der Ranzen jetzt etwas feucht ist, setze ich ihn auf und beeile mich. Ich muss zu den Klos! Da steht Sanji schon! Alles in mir wird vor Freude gesprengt und ich renne die letzten Meter zu ihm, um ihm dann um den Hals zu fallen! „Endlich!“ quietsche ich und er entgegnet meine Umarmung. Einen Augenblick verweilen wir so, dann sehen wir uns an. „Wir müssen jetzt zum Bahnhof, okay?“ höre ich seine schöne Stimme sagen. Ich strahle und nicke gleichzeitig. Jetzt kann nichts mehr schief gehen. Ich drehe mich irgendwie reflexartig um, ob hier jemand ist, den wir kennen –oder besser gesagt, der uns kennt- und es ist keiner in Sicht, also küssen wir uns. Endlich, endlich ENDLICH! Unser erster Kuss seit Wochen! Auch wenn es vielleicht bloß ein paar Tage waren! Ich liebe ihn so, ich habe seine Küsse so unendlich vermisst! Jede Nacht träume ich davon, jetzt haben wir uns wieder! Leider schiebt er mich schon wieder leicht von mir weg. „Komm jetzt.“ Er nimmt mich an der Hand und wir sehen zu, dass wir vom Schulgelände wegkommen. Nun sind wir schon eine dreiviertel Stunde unterwegs, bald am Ziel. „Hauptsache, wir haben uns. Auch wenn’s nur für kurze Zeit ist. Solange scheiß ich einfach auf alles zu Hause.“ Ich sitze so halb auf seinem Schoß und sehe kurz aus dem Zugfenster, auf die vorbeiziehende Landschaft, dann in seine lieben Augen. „Ich weiß, was du meinst.“ sage ich. Er streicht mir über den Arm, mein Gesicht und ich lehne mich, wie vorhin schon, an ihn an. Bald kommen wir irgendwo an. Das wird riesigen Krach geben, wenn wir übermorgen nach Hause kommen. Aber schlimmer als bisher kann es eigentlich nicht werden. Das Jugendamt wollen wir auch nicht verständigen, immerhin werden wir ja nicht geschlagen oder bedroht, und außerdem reicht mir das jetzt schon, was daheim abgeht. Oh Mann... ein Glück ist Sanji jetzt wieder bei mir, ich möchte nie wieder von ihm getrennt werden. Er fährt durch meine Haare, diese Angewohnheit hat er schon von Anfang an, ich mag das. Ich küsse ihn noch mal und stehe dann auf. Der Zug fährt an irgendeinen Bahnhof und verlangsamt sich. Wir nehmen uns an die Hände und steigen mit den Massen aus. Ein fremder Ort, hier drauf kommen Papa und Lydia nie. Wir haben einfach ganz normal ein Ziel gesucht, ohne weit zu denken. Wenn die uns suchen, werden die das erstmal im Umkreis tun, bei Freunden oder so. Da wir kaum Kleidung mitgenommen haben, werden die auch nicht direkt darauf kommen, dass wir durchgebrannt sind. Durchgebrannt, das Wort fand ich früher immer lustig, aber das ist scheiß Ernst und hat auch viel mit Angst zu tun. Wenn wir jetzt abhauen und nicht wiederkommen, wäre es was anderes, aber es steht von vorne rein fest, dass wir uns danach stellen werden und es ein riesiges Donnerwetter geben wird. Aber es ist sowieso egal, was Papa dann mit uns vorhat. Sanji soll doch so oder so ins Internat, also verlieren können wir nichts, da seine Strafe schon feststeht. Ich hasse Papa richtig dafür, was er mit uns gemacht hat. Das ist ja wirklich nicht normal. Aber ich glaube, er hat einfach Angst, dass wieder ein anderer Mann ihm sein Mädchen wegnimmt. So wie mit Mama. Die hat sich auch einen anderen geschnappt, und deshalb wollte er mich um jeden Preis behalten. Dass ich jetzt nicht mehr auf ihn höre, weil ich in Sanji verliebt bin und ihn höher stelle als Papa, ist er wütend auf ihn. Irgendwie so muss er das aufgefangen haben. Es besteht ja auch die Hoffnung, dass unsere Elternteile vielleicht bereuen, dass sie uns weggesperrt haben. Vielleicht kommen sie so ins Schwitzen, das sie uns danach um Entschuldigung bitten und uns erlauben, zusammen zu sein. Dann wird ihnen endlich klar, dass das so nicht angeht. Das wäre echt das Beste. Die sollen sich erstmal Sorgen machen, dann sehen wir weiter. Für zwei Tage sind wir mal egoistisch und denken bloß an uns, das ist nur gerecht, finde ich. Wir zahlen uns ein kleines Zweierzimmer in einer Jugendherberge oder in einem Motel oder so, mit Halbpension. Endlich haben wir’s geschafft! Sanji hat der Frau an der Rezeption falsche Namen angegeben, falls Papa und Lydia irgendwie herumtelefonieren sollten. Da wir bar bezahlen, klappt das schon. Wir schmeißen unsere Ranzen auf die Betten im Zimmer und werfen uns auch rein. Jetzt sind wir zu zweit! Ich kugele mich zu Sanji und lege mich auf ihn. Es kommt mir so vor, als gäbe es nichts Schöneres und als wäre unsere schlimme Zeit zu Hause nie gewesen. Alles ist wie früher, nur diesmal haben wir im Hinterkopf, dass es nur begrenzt anhält. Das verdränge ich auf jeden Fall erstmal. Wir werden es uns hier so schön gestalten, wir werden zwei Tage loslassen von allem, doch danach müssen wir uns was anderes einfallen lassen. Wir werden es so gut genießen, wie es geht! Diese dreißig Stunden werden wir bewusst leben und ich werde so vie Liebe tanken, mitnehmen, dass mir die Zeit später, wenn Sanji aufs Internat soll, erträglich wird. Wir werden uns dann immer Briefe schreiben und an Wochenenden sehen. Dagegen kann Papa nichts sagen, ich habe sehr wohl das Recht, ihn dann besuchen zu gehen. Wir schaffen das, dafür ist unsere Liebe stark genug! Ich bin da total sicher, wir haben das ja jetzt auch durchgehalten. Ich liebe ihn so sehr, wie er mich, das ist eine Flucht allemal wert und egal wie sauer Papa reagieren wird, das ist uns egal. Es wird auf jeden Fall etwas sein, das nur uns beiden erhalten bleibt. Diese zwei Tage sind nur für uns allein, das kann uns dann keiner mehr nehmen. /// Ich kann es einfach nicht glauben, dass die Zeit schon vorbei ist. Ich begreife es einfach nicht, es will mir nicht in den Kopf rein, aber wir sind schon im Bus auf dem Weg nach Hause. Es ist nicht möglich. Ich habe alles aufgeschoben, mir nicht vorgestellt, wie lange es noch anhalten würde. Es ist schon richtig dunkel und es sind nur wenige Leute im Bus. Sanji und ich stehen gegenüber der Aussteigetür, halten uns umarmt und ich möchte ihn nicht gehen lassen. Ich habe Angst vor Papa. Und was sie uns gleich für Standpauken halten werden. Was haben wir die ganze Zeit über gemacht? Ganz normal gelebt, und schon mussten wir wieder abreisen. Verdammter Dreck... Ich will nicht zurück. Mein Gesicht vergrabe ich in Sanjis Hemd, er spricht mir Mut zu, den er eigentlich von mir gut gebrauchen kann. „Das wird schon. Wir schaffen das.“ Mehr als ein Nicken bringe ich nicht fertig. Der Bus soll nie ankommen. Doch ich weiß genau, dass er wird. „Wir müssen gleich aussteigen.“ Mit diesem Satz schlägt mir die Realität brutal ins Gesicht. Ich könnte anfangen zu weinen, wenn ich wollte. Aber für Sanji bin ich tapfer, dieser Gedanke lässt mich kurz auflächeln. Wir fahren schon auf unsere Haltestelle zu und steigen dann aus. Händchen haltend machen wir uns auf den Weg, in meinem Magen braut sich was kreuz und quer zusammen. Es sind nur wenige Häuserblocks, ich kann schon die Lichter erahnen, die Zuhause sicher noch einige Zimmer erleuchten. Ich klammere mich an seinen Arm und halte meinen Blick gesenkt, auf den Asphalt gerichtet. Ich sehe schon einige Meter vor der Haustür, dass zwei Polizeimänner dort stehen und sich mit Papa unterhalten. Oh Scheiße! Papa hat uns gerade auch erspäht und da seine Aufmerksamkeit für die Polizeimänner erstorben ist, drehen die sich auch um. Papa sagt so etwas wie ’Danke, die Angelegenheit hat sich erledigt.’ oder so, ich verstehe es nicht ganz, jedenfalls nistet sich ein Kloß in meinem Hals ein. Papa hat die Polizei gerufen, um nach uns zu suchen. Nach 48 Stunden kann man eine Anzeige aufgeben, soviel ich weiß. Die Polizeibeamten richten ihre Mützen zurecht und verabschieden sich. Ich möchte stehen bleiben, gar nicht weiterlaufen, aber Sanji schleift mich irgendwie mit. Lydia steht hinter Papa im Türrahmen und ich kann keinen Blicken ausweichen, die von ihnen ausgehen. Sanjis Stimme klingt gefasst, doch ich weiß, dass sie etwas zittert. „Guten Abend.“ fängt er an und wir kommen zum Stehen, noch aus Papas Reichweite entfernt. Ich beginne leicht zu schwanken, wieso wird mir gerade jetzt schwindlig? Mir darf jetzt nicht schwarz vor Augen werden... Papas Stimme lenkt mich ab. „Schön, dass ihr wohlbehalten zurückgekommen seid.“ Auf einmal zwicken meine Schulranzenträger an meinen Schultern. Wehe es fängt an, mich zu jucken. Papa spricht weiter. „Kommt erstmal mit rein.“ Er macht Platz frei, dass wir ins Haus können. Sanjis Hand ist mein einziger Halt, deshalb lasse ich sie unter keinen Umständen los. Ich hoffe unser Auftritt verdeutlicht ihnen, dass es nicht möglich ist, uns zu trennen! Hoffnung und Angst halten sich die Waage, mal sehen, ob wir Glück haben. Wir laufen durch bis zum Wohnzimmer, wo wir alle stehen bleiben. Papa wendet sich uns zu, hinter Sanji kann ich mich nur schlecht verstecken. Wir kommen alle zur Ruhe und Papa eröffnet die auf uns zukommende Diskussion. „Das hätten wir nicht gedacht, dass ihr einfach abhauen wollt.“ Lydia sieht betreten aus, ihr ist es auch unangenehm, dass wir uns jetzt aussprechen müssen, und daran sind ja eigentlich Sanji und ich Schuld. Papas Stimme hallt wieder durch die Luft, er sieht dabei Sanji ernst an. „Ich habe mit deiner Mutter gesprochen und wir sind zu einem Entschluss gekommen.“ Sie wollen ihn mir wegnehmen, ihn aus meinem Leben reißen. Aber ein Internat kann uns nur auf Dauer trennen, mehr geht nicht. Ich finde es so ungerecht, dass Papa Sanji als den ’Bösen’ hinstellt, immerhin bin ich ja auch an allem mit beteiligt. „Und der wäre?“ fragt er geduldig nach, da von Papa nichts Neues kommt. Wir beide kennen doch die Antwort schon. „Deine Mutter möchte nicht, dass du auf ein Internat gehst.“ Ich schiele vorsichtig zu Sanji, der Lydia ansieht. Was er wohl gerade denkt? Er meinte mal zu mir, dass sie sich früher nie für ihn eingesetzt hatte. Vielleicht wird das zwar unser vorübergehendes Aus sein, aber ihre Beziehung kann sich vielleicht bessern. Wenn sich Lydia um Sanji kümmert, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Was jetzt anstelle von Internat kommt? Hoffentlich nichts Schlimmeres! „Sanji,-“ Papa macht eine Künstlerpause oder sucht einfach nur nach den richtigen Worten. Sanji atmet einmal tief ein und ich drücke seine Hand. Kann ich mehr tun? „Sanji, du wirst ausziehen.“ Es braucht einen Moment, bis ich verstehe, was Papa da gesagt hat. Sanji soll ausziehen. Also ausziehen von hier. Was geht? Was ist denn jetzt los, dass er gehen soll? Er wohnt doch hier. Also ich meine eigentlich tut er das. Und wo soll er hin? Wir sind noch Schüler! Darf Papa so was bestimmen? Ungläubig sehe ich ihn an und dann zu Sanji. Sein Mund ist leicht geöffnet, ich denke mal nicht daran, ihn küssen zu wollen, sein Blick durchbohrt Papas Augen. Ich wende meinen Kopf wieder zu Papa. Sanji kann nicht einfach ausziehen. Das geht nicht. erstellt am 27.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 22: Success - Gegenwart ------------------------------- Kapitel 22: Success - Gegenwart Sanjis Sicht Es war der vorletzte Schultag, also dienstags, und wir bekamen den Erdkundetest zurück. Meine Hände waren schon feucht, teils auch wegen der Hitze, und ich war irrsinnig gespannt auf meine Note. Sie musste einfach gut sein! Nami hatte mir ja so sehr geholfen, eine Drei musste einfach drin sein! Frau Neil stand hinter ihrem Pult und fing an zu sprechen. „Die Arbeit ist relativ gut ausgefallen, aber es sind immer dieselben, die nicht dafür gelernt haben.“ Sie lag den Blätterstapel zurecht und hob ihn dann hoch. Das hatte nichts Gutes zu bedeuten, was sie gerade bekannt gegeben hatte. Sie fing in der vorderen Reihe an, die Tests zurückzugeben und ich tippte Ruffy, vor mir sitzend, an die Schulter. „Frag mal Nami, was sie hat.“ bat ich ihn und er tippte daraufhin an ihre Schulter. Sie sah noch auf ihr Blatt und überflog ihre Fehler, bis sie sich zu Ruffy umdrehte. „Was hast du?“ Sie lächelte fröhlich ihr zauberhaftes Lächeln. „Eine Eins Minus.“ „Nur?“ grinste mein Freund in der Bank vor mir und ich holte mir nun auch Namis Aufmerksamkeit. „Glückwunsch.“ Äußerte ich mich ehrlich und jetzt war ihr Lächeln eindeutig für mich bestimmt, mich durchfuhr es vor Freude. Auch wenn ich gleich eine nicht so gute Note kriegen würde. Eine Vier wäre auch noch in Ordnung, nur wäre das eben peinlich vor Nami. Frau Neil ging durch meine Reihe, gleich bekam ich meine Note. Au weh! Sie legte das Blatt vor mich hin, ich sah anstatt auf die Note in ihr Gesicht. „Ich weiß gar nicht, warum ich dir eine Chance geben wollte, ihr Männer seid doch alle gleich: alle stur.“ Ich sah ihr direkt in die Augen, wegen ihrem getürmten Ehemann machte sie alle Jungs richtig schlecht. Aber deswegen brauchte sie mich nicht runter zu ziehen, sie hat kein Recht, mich ins schlechte Licht zu stellen. Hatte ich eben alles verkackt, war mir egal, ich stierte nur ihren Blick zurück. Lysop neben mir rief plötzlich „WOUH!“ und ich sah überrascht zu ihm hin. Er griff nach meiner Arbeit und starrte drauf, ich verstand gar nicht, was das jetzt sollte. „Sanji, du hast ne Zwei!“ Ich hatte mich wohl verhört, oder auch nicht, ich beugte mich zu ihm und suchte nach meiner Note. Tatsächlich! Eine ZWEI! Ich hatte eine Zwei!!!! Sie stand in rot da! Jetzt riss ich ihm meinen Test aus den Händen und starrte darauf. Ruffy drehte sich zu mir um und auch Nami zwei Reihen vor mir. „Aber...“ fing ich an, Frau Neil hatte doch gerade... Sie kam aus der Reihe zurück, da sie noch meine anderen Sitzreihegefährten ihre Kopien ausgeteilt hatte, und lächelte mich an. „Ganz schönen Schreck gekriegt, was?“ Ich sah sie irritiert an, was ihr Grinsen richtigerweise verstärkte. „Hast schön gelernt, hoffe, das ist jetzt der neuste Trend.“ Sie lief aus der Reihe raus und ging zu der hinter mir, ich konnte es einfach nicht fassen. Eine Zwei hatte ich bekommen! Meine Erleichterung war viel größer als der Schock. Ich hatte die Lehrerin davor noch so böse angefunkelt, dabei hatte sie mir eine Traumnote verpasst! Mit einem Mal schlich sich doch ein Lächeln in mein Gesicht, so lange hatte ich mich ewig nicht gefreut! Von vorne her kam Nami, die sich zu meinem Tisch runterbeugte. „Eine Zwei, ist ja irre!“ freute sie sich, ich konnte gar nichts groß dazu sagen. „Ja.“ Lysop sah auch noch kurz mit mir rein, dann auf seine eigene Arbeit. Ich suchte nach Worten. „Dank, Nami.“ Durcheinander sah ich sie an, ihre Anteilnahme war echt rührend. Diese Note hatte ich ihr zu verdanken. In der Pause rauchte ich keine einzige Zigarette, ich war einfach viel zu gut gelaunt. Außerdem überhäufte ich Nami mit Dankesreden und sprach nur von dem Test. Ich hatte so viel gewusst! Echt irre, ohne Nami hätte ich meine Zeugnisnote abhaken können. Nach der Pause hatten wir dann Hauswirtschaftsunterricht und sollten etwas auf eigene Faust kochen. Dazu mussten sich Gruppen bilden, und ein wichtiger Aspekt in meinem Lieblingsfach war, dass viele mit mir zusammen sein wollten. Hauswirtschaftskunde war mein Gebiet, hier hatte ich automatisch immer gute Noten, ich liebte kochen und wollte sowieso später mal eine Lehrstelle zum Koch anheuern. Natürlich wussten alle in der Klasse, dass ich so gut war und wollten deswegen mit mir in einer Gruppe sein, doch da man nur zu dritt arbeitete, war die Chance gering. Als Nami zu mir kam, klopfte mein Herz schneller. Das war nicht direkt das erste Mal, dass sie mich fragte, aber wie immer etwas Besonderes. „Sanji, machen wir zusammen?“ „Gerne doch!“ freute ich mich und von hinten schlich sich Ruffy an, der sich dann auf meinen Schultern abstütze. „Sanji, machen wir zusammen?“ fragte er wie ein unterwürfiger, spielerischer Hund, der schon mit einer Bejahung rechnete. Irgendeiner hätte so oder so gefehlt, also erlaubte ich es ihm. Ausgerechnet mit dem größten Schluckspecht aller Zeiten sollte ich jetzt kochen, aber was soll’s. Zuerst nahmen wir uns ein Rezeptbuch und sollten dann ein passendes Gericht aussuchen, wobei ich schon hunderte im Kopf hatte. Nami blätterte durch das Buch und fand, dass wir etwas machen sollten, dass zum Wetter passte, also nichts Warmes. Ich stimmte ihr vollkommen zu, sie war so schlau und dachte immer an alles. Ruffys Gesichtsausdruck zu urteilen hätte er am Liebsten alles gekostet, aber wir durften bloß eine Sache ausprobieren. Die Schule hatte zum Glück recht viele Zutaten zur Auswahl hier, die aber vor den Ferien aufgebraucht werden mussten. Das war auch etwas Gutes am Schulabschluss, dass wir alle Reste aus dem ganzen Speicher auskratzen konnten. Wir hatten jetzt die Möglichkeit, ein x-beliebiges Rezept auszuprobieren und letztendlich kamen nur in Frage: Quarkkeulchen mit Rhabarberkompott, Kokosmilchreis mit Exotensalat, Tomatensalat mit Ricotta- Bällchen oder Gefüllte Reispapierrollen. Wir entschieden uns für das Erstgenannte und besorgten die Zutaten. In dieser Unterrichtsstunde hatte ich das Sagen, hier hörte Ruffy auch mal auf mich und ich war in Namis Nähe; von daher war einfach alles perfekt. Ich teilte uns die Aufgaben zu, Ruffy sollte die Kartoffeln abziehen und dann durch die Kartoffelpresse ziehen, Nami machte den Teig aus Quark, Zucker, Ei, Zitronenschale und Salz und ich selber kümmerte mich um den Rhabarber. Also wusch und putzte ich diesen, dann schnitt ich ihn klein. Wie jedes Mal erledigten meine Hände das im Schnelltempo und ich war als Erster von uns dreien fertig. Nami hatte mir auch kurz zugeguckt, irgendwie mochte ich das, dass sie es vielleicht bewundern könnte, wie geschickt ich beim Kochen bin. Das ist mein einziges Spezialgebiet, damit möchte ich zwar nicht angeben, aber hier konnte ich ausnahmsweise mal Eindruck schinden, was mir ansonsten in anderen Bereichen immer unmöglich erschien. Namis Sicht In Hauswirtschaftskunde machte ich den Teig und knetete wie ein Weltmeister. Er war richtig zäh, normal musste der doch geschmeidig sein, oder? Aber vor Sanji wollte ich nicht wie eine Lusche dastehen, weil ich nicht mal die leichteste Aufgabe hinbekam und bat deshalb nicht um Hilfe. Ich wollte mir Mühe geben, damit unser Essen später auch so aussehen würde, wie im Kochbuch. Sanji passte nebenbei auch auf Ruffy auf, während er in Mordsgeschwindigkeit alles Mögliche erledigte. Mit ihm waren wir in halber Zeit fertig. Er erhitzte die Pfanne und goss Öl hinein, ließ dann den Rhabarber garen und vermischte ihn mit dem restlichen Zucker, den wir hatten. Dann fing er schon an die Erdbeeren zu waschen, das Grüne abzuzupfen und nachdem sie klein geschnitten waren, unterzurühren. Er wandte sich zu mir um. „Ist der Teig fertig?“ „Ich glaube schon.“ Bewusst ließ ich meine Unsicherheit nicht herausklingen. Er nahm mir die Schüssel weg und machte dann in einer für ihn alltäglichen Bewegung kleine Küchlein aus ihnen –mit einem Esslöffel- und setzte sie dann in die Ölpfanne. Glücklicherweise bemängelte er nicht mein Teigresultat, also war das doch okay gewesen. Ganz am Ende holte er den Kompott heraus und servierte sie zu den Quarkkeulchen. Ich musste zugeben, dass das besser aussah als alles, was andere Gruppen zustande gebracht hatten. Zwar hatte Sanji den Großteil gemacht, aber ich war stolz auf mich, da ich den Teig gemacht hatte. Eigentlich war es nun fertig, so wie es sein sollte, aber Sanji schlug vor, alles noch in den Backofen zu schieben. Nur hatte das dann später blöde Folgen gehabt – oder gute, je nachdem aus welcher Seite man es betrachtet. Als ich nämlich später das Tablett herausholte, verbrannte ich mich und kippte fast um. Mir war der Topflappen weg geglitten, keine Ahnung, wie das passieren konnte, aber Ruffy hielt das Tablett fest. Sanji hatte mich vor dem Hinfallen bewahrt und ich stützte mich an ihm und dem Tisch ab. Meine Finger waren total verbrannt und ich konnte sie bloß schütteln, gegen meinen Bauch drücken und vor Schmerz das Gesicht verziehen. Ich fluchte zwischen meinen Zähnen hindurch und konnte die Hitze nicht ertragen, so ne Scheiße mal wieder! „Komm, wir gehen ins Bad.“ meinte Sanji alarmiert und zog mich am Oberarm mit sich. Wir liefen auf die Mädchentoilette zu und er hielt mir die Tür auf. Innen drin drehte er den Wasserhahn auf mittlerer Stärke auf. Dass er jetzt mit mir in der Mädchentoilette stand, war mir völlig egal, ich hatte Angst, das Brennen würde nie aufhören und ich hatte Scheu, die Finger unter den Wasserstrahl zu halten. Doch was sein muss, muss sein und es ging tatsächlich schon besser. „Danke.“ brachte ich höflichkeitshalber noch raus und konnte den Wasserhahn unmöglich wieder verlassen, meine Hände mussten einfach so gekühlt werden. „Ich hab mal gehört, dass wenn man verletzt ist, soll man sich irgendwo anders verletzen, damit man vom eigentlichen Schmerz abgelenkt ist.“ erzählte mir Sanji und ich sah ihn verständnislos an. Sehr toll, er wollte mir jetzt woanders wehtun, damit mir meine Finger nicht abfallen würden, oder was? Er erkannte meinen Blick und sprach weiter. „Nein wirklich, das soll helfen. Zum Beispiel wenn man sich ins Ohrläppchen kneift oder so.“ Sein Vorschlag brachte mich jetzt doch kurz zum Lachen und ich machte mit meiner heilen Hand den Wasserhahn zu. „Tut’s noch weh?“ Ich sah zu ihm. „Geht.“ Daraufhin nahm er unerwartet meine Hand und pustete auf die Finger. „Ich hoffe, das hilft.“ Sagte er kurz und blies weiter, mein Lächeln war nicht mehr wegzudenken. Die kühle Luft tat tatsächlich gut und mir wurde nun auch im restlichen Körper warm, zum Energieausgleich in meiner Hand. „Danke.“ bedankte ich mich nochmals und wollte meine Hand wegziehen, da es irgendwo zu unangenehm, als schön wurde. „Willst du zurück?“ fragte er mich und ich zuckte die Schultern, meine Hand glühte immer noch. „Ja.“ war meine endgültige Antwort und er strich kurz über meine wunden Finger. Meine Gesichtsrichtung war schon dem Toilettenausgang gewidmet, es war sowieso niemand auf den Klos hier, und ich wollte schon meinen Körper zum Weggehen drehen, da spürte ich etwas. Etwas sehr, sehr schönes, was mich auch erschrecken ließ. Sanji hatte mir gerade einen Handkuss gegeben, oder? Ich sah zu ihm und er meinte „Jetzt kann’s nur wieder besser werden.“ In mir sprühte die Wärme, die Unsicherheit, ob das jetzt wirklich ein Gesundheitsküsschen war oder er mich vielleicht doch nur über die Verletzung gestreichelt hat. Eine Sekunde darauf ließ er mich los und wir verließen die Badeeinrichtung der Schule. Unsicherheit und Glück und Freude und Hoffnung und Wissbegierde und Zweifel und Liebe machte sich in mir breit, doch nach außen hin zeigte ich nichts. Hatte er mir gerade einen Handkuss gegeben oder war dass nur pure Einbildung gewesen? Wir betraten wieder den Klassensaal, wo wir dann verkündet bekamen, das beste Endergebnis von allen ergattert zu haben. Jeder durfte sein Gericht selbst essen. Unseres war ein richtiger Erfolg, genauso wie Sanjis super Erdkundenote. erstellt am 28.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 23: Caged - Kindheit 2 ------------------------------ EIN SCHREIBEN AN EUCH alle mal aufgepasst! Erstmal möchte ich mich bei euch ALLEN bedanken, es ist unglaublich, dass euch meine Fanfiction so sehr gefällt! Ich hoffe, dass ich da genügend Spannung reingebaut habe bis jetzt und ihr am Ball bleibt! Das Ende steht noch nicht ganz fest, aber eines verrate ich euch: ein Drittel ist erstmal geschafft bis hierhin! Also es kommt noch recht viel bis zur Aufklärung, wobei man jetzt schon so einiges erahnen kann. Ich drücke euch alle ganz lieb und danke für die Verbesserungsvorschläge! Ihr muntert mich echt auf und ich lege mich ja schon ins Zeug, euch fast täglich neuen Stoff nachzureichen.^^ Natürlich wäre mir es auch lieber, das geile Wetter momentan zu genießen, aber das Schreiben macht einfach unendlich viel Spaß. Ich sitze jedes Mal zwei Stunden am PC und komme zu nichts, doch dann sprudelt es aus mir heraus. Ich habe mir schon voll viele Blätter vorbereitet, wo meine Story durchgearbeitet ist, und ich freue mich jedes Mal aufs Neue. Am Anfang dachte ich so: wenn ich die ersten zehn Kappis hab freu ich mich XD und jetzt denke ich: wenn ich die dreißig hab wird gefeiert! *g* Also ich halt mal nicht länger auf, sonst wird das nie was...:) Gaaaaaanz viele Grüße und alles, alles Liebe! wünscht euch die One Piece und Nami-SanjiPairing Fernatikerin: Elena Kapitel 23: Caged - Kindheit 2 Sanjis Sicht Ich war bei Kamyu und laufe zurück nach Hause. Zu Hause werde ich mir eine Milchschnitte nehmen, die hat Mama gestern gekauft. Morgen ist Wochenende und ich werde mit den Jungs wahrscheinlich Fußballspielen, da wurde der Rasen auf dem Platz gemäht. Wenn der Rasen gemäht ist kann man da super laufen und schön rutschen. Ich klingele an der Haustür und warte. Keiner kommt mir aufmachen. Ich klingele noch mal, wenn gleich keiner kommt mache ich Klingelsturm. Noch bleibe ich geduldig und da kommt auch jemand. Mama macht mir auf und sieht mich still an. Ich komme rein und sehe an ihr vorbei. An Probleme möchte ich nicht erinnert werden. Wo ist Papa? Ich biege in die Küche ein und er steht da. Papa guckt aus dem Fenster. „Hallo.“ sage ich normal und öffne den Kühlschrank. Wo sind die Milchschnitten? Ah da oben. Papa dreht sich zu mir um und sein Gesicht ist knallrot! Ich muss schlucken und kriege es mit der Angst zu tun. Ich mache die Kühlschranktür zu und versuche ihn nicht anzusehen. Wieso ist er so still? Seine Augen machen mir Angst und ich drehe mich langsam um. Ich werde auf mein Zimmer gehen und mich den ganzen Abend nicht blicken lassen. Ich laufe aus dem Zimmer und Mama kommt mir in den Weg. Papa kommt auf einmal aus der Küche hinter mir her und fasst mich an. Ich zucke zusammen und sehe ihn an. „Lass ihn.“ höre ich Mama erstickt sagen. Papa hält aber meinen Arm umklammert. Das macht er immer, wenn er mich in den Keller sperrt. Aber ich hab nix gemacht! Mir wird warm und ich schwitze und habe Angst. Was macht er jetzt? „Halt’s Maul!“ schnauzt er Mama an und ich rieche plötzlich den Alkohol. Er hebt mich unter den Achseln und geht zum Keller, dabei macht er mir furchtbar weh. Ich zappele nicht so viel. Er schließt die Tür auf und setzt mich vorne ab. Ich muss da wie immer rein gehen. Das Licht ist aus und ich hasse den Raum. „Rein mit dir!“ Papa stößt mich da rein und knallt die Tür so zu, dass ich den Schwungwind hinter mir spüre. Der Lichtschalter ist hinter der Tür, also komme ich nicht dran. Die Tür wird abgeschlossen und der Schlüssel dann herausgezogen. Papa wird ihn so verstecken dass Mama ihn nicht finden kann. Vielleicht versucht sie es nicht mal. Mir kommen Tränen hoch und ich laufe tastend in den Raum rein. Wenn ich Mist baue oder so kann Papa das ja machen, aber ich hab nix getan! Das ist so ungerecht! Ich will hier nicht eingesperrt sein! Es ist dunkel hier und ich habe Angst! Ich setze mich in die Mitte vom Keller und habe meine Beine angezogen. Ich möchte mich nicht an die Wand oder an eine Zimmerecke setzen, da können Spinnen sein. Hier ist nur ein kleines Fenster, wo ich tagsüber alles leicht erkennen kann. Hier gibt es keinen Ausweg raus, nur wenn mich Papa raus lässt. Das kann aber dauern. Er hat mich mal für vier ganze Tage hier drin gelassen! In der Schule wird er so was gesagt haben wie: ’Mein Sohn ist leider krank.’ Das kann ich mir schon denken ich bin nämlich nicht blöd. Ich habe nichts zu essen aber es gibt ein Waschbecken wo ich draus trinken kann. Da es Tag ist geht es noch, aber ich habe Angst vor der Nacht. Da ist es hier stockdunkel und kalt. Hier sind keine Decken sondern nur feuchte Schmutzwäsche. Wenn es nachts dunkel ist habe ich am meisten Angst. Hier sind Spinnen und komische Geräusche. Ich tippe auf meinen Unterarm und in meinem Kopf ist es wackelig. In mir dreht es sich ein wenig und die Zeit vergeht langsam. Sehr langsam. Eine Minute verdreifacht sich oder mehr. Die ersten Male habe ich mich hier voll verrückt gemacht. Das passiert mir nicht mehr. Hier ist bloß gähnende Langeweile und Einsamkeit. Wenn ich schreie kommt Papa und bringt mich dazu, still zu sein. Das probiere ich also nicht noch mal. Ich lege meinen Kopf auf die Hände und muss weinen. Meine Mundwinkel kann ich nicht mehr nach oben ziehen, es ist schlimm! Meine Tränen laufen mir am Gesicht runter und meine Nase fängt an zu laufen. Ich ziehe sie ohch aber es bringt nichts. Ich wische mir alles weg und stehe auf. Ich laufe lange im Kreis und muss weiterheulen. Meine Mundwinkel zerren sich von selbst nach unten und ich starre abwechselnd von der Decke zum Boden. Dabei laufe ich immer im Kreis. Aber laut schreien kann ich nicht. Ich beiße meine Zähne zusammen um nicht laut zu schluchzen. Ich setze mich wieder und halte mich selbst fest. Ich will hier nicht sein, das hat doch keinen Grund. Ich hasse Papa. Und Mama soll mir gefälligst helfen. Was machen die da oben nur? Ich gehe zum Waschbecken und trinke etwas um mich zu beruhigen. Morgen kann ich nicht mit zum Fußball gehen. Und wieder läuft meine Nase. Die Milchschnitte habe ich jetzt nicht gegessen. Ich reibe mit meinem Unterarm über die Augen. Dieses Gefühl ist so scheiße! Ich bin scheiße enttäuscht und in mir verbinden sich Wut und Leere. Ich kann jetzt das Wochenende hier verbringen. In diesem kalten, dunklen, vergammelten Loch. Und dieser Ort macht mir scheiße Angst. Ich hatte schreckliche Angst einzuschlafen. Ich bin bloß wach dagesessen und habe geguckt ob sich was bewegt. Es ist zwar noch immer dunkel aber ich habe etwa eine Stunde schlafen können. Oder sogar zwei Stunden. Oder eine halbe. Jedenfalls hatte ich das total gebraucht. Meine ganzen Körperteile sind müde und schlaff. Ich gähne ununterbrochen. Ich sehe immer noch nicht die ganzen Umrisse der Gegenstände hier aber es wird schon. Ich sehe nach vorne, nach oben, zu meinen Seiten aber es ist überall gleich schwarz. Ich habe totalen Hunger gekriegt und kann nur was trinken. Aber ich habe Angst zum Waschbecken zu gehen. Da drin werden eigentlich schmutzige Wanderstiefel gewaschen oder hartnäckige Kleidungsflecken. Ich finde das alles ätzend. Ich wippe ein bisschen um nicht so angewachsen am Boden zu sein. Ich bin müde und habe Bauchweh. Ob andere Jungs auch solche Eltern haben? Die sie einfach wegsperren? Ich finde das nicht normal. Das ist einfach nur gemein. Ob die überhaupt an mich denken wenn ich weggesperrt bin? Meine Geduld ist echt beeindruckend. Ich würde am Liebsten hier ausrasten aber bleibe stattdessen ruhig. Das bringt alles nichts. Vorhin als es Abend wurde konnte ich unter den Türspalt noch Licht sehen aber jetzt nicht mehr. Mir ist sehr kalt und ich reibe mich. Meine Augen kleben noch vom Weinen und ich mache Spucke auf sie. Hoffentlich ist die Nacht bald rum oder ich kann noch ein wenig schlafen. Ob es hier drinnen viele Insekten gibt? Hoffentlich kommen die nicht durch das Fenster hier rein. Ob die mich auffressen können? Bis jetzt haben die mich noch in Ruhe gelassen. Ich schließe meine Augen und lausche. Man hört keine Geräusche. Es gibt nur meinen Atem und mein Schlucken. Ich taste den Boden um mich rum ab. Es kann ja sein dass da jetzt auf einmal was liegt was vorhin nicht da war. Ich lege mich zusammengekauert hin. Da wo ich gesessen hab ist es etwas warm aber hier auf dem Betonboden um mich herum ist es sehr kalt. Ich schiebe meinen Arm unter den Kopf und werde wieder ängstlich. Ob ich die Augen auf oder zu habe macht keinen Unterschied. Es ist eh dunkel. Ich lasse sie nun zu und will schlafen. Ich denke an das Motto: ’Wenn ich nichts sehe sieht mich auch keiner.’ Schlafen ist das Beste was ich tun kann, dann wache ich auf und kann durch die Sonne wieder sehen. Irgendwie leiten meine Gedanken weg und ich schlafe ein. Ich höre etwas und mache die Augen auf. Mama und Papa sind oben wach. Es ist heller als in der Nacht und ich kann alles erkennen. Da stehen die Waschmaschine, das Waschbecken, alte Schuhe, kaputte Geräte und Bücher. Auch mein altes Kinderrad wo noch Stützräder dran sind. Ich stehe ungemütlich auf und strecke mich. Mir tut alles weh. Ich hab in meiner Position die Nacht verbracht. Jetzt ist Muskelkater da. Und ein blauer Fleck auf meinem Arm den mir Papa gestern verpasst hat. Ich trinke etwas und mein Magen knurrt. Es geht leider nicht an die Tür zu klopfen und um was zu Essen zu bitten. Es bringt alles nichts. Ich lehne mich an die Kellerwand und sehe mich zum hundertsten Mal im Zimmer um. Es verändert einfach nichts. Wenn ich hier raus bin muss ich mal den Schlüssel klauen und hier vorrätig Essen verstecken. Etwas das nicht vergammelt oder sauer wird. Das ist ne echt gute Idee. Ob Papa ihn immer bei sich trägt? Ich sinke in die Knie und lege meine Arme darum. Ob die das noch lange machen werden? Ob das mal aufhört irgendwann und die mich in Ruhe lassen? Vielleicht sperren die mich ja mal hier ein und vergessen mich dann. Bis ich dann ein alter Mann bin mit einen langen grauen Bart. Das will ich mir gar nicht vorstellen. Mein Hunger meldet sich wieder. Mir ist richtig langweilig. Ob die Jungs schon auf der Wiese sind und Fußball spielen? Ich stehe auf und gehe zu den Büchern. Das sind nur so alte Schinken, so was kann ich vielleicht auch noch gar nicht lesen. Da steht ‚2.Weltkrieg’ drauf, da steht ‚Sammelwerk Goethe’ drauf, da sind ein paar alte Kinderbücher von mir, da steht ‚Mallorca’ drauf, da steht ‚Lieblingsgerichte’ drauf, da steht ‚Wie halte ich mich fit?’ drauf, da steht ‚Hasen sind pflegeleicht’ drauf, da... ich höre auf und sehe mir die Buchumschläge an. Ich nehme mir das Buch wo Essen drauf ist. Das ist ein Kochbuch. Ich gehe zu meinem Platz zurück und mache es auf. Die Bilder sind ganz hübsch. Wie geht kochen eigentlich? Und was ist der Unterschied zu backen? Was ist garen, braten, garnieren und räuchern? Ich lese zum ersten Mal etwas außerhalb der Schule. Ein ganz guter Zeitvertreib eigentlich. Aber Fußballspielen und im Freien sein ist besser. Ich lege das Buch schnell wieder weg denn ich bekomme davon nur mehr Hunger. Oder es hilft mir. Ja genau, das Buch lenkt mich ab. Ich nehme es doch wieder und sehe mir die Bilder wieder an. Ich trinke ununterbrochen und werde auch nicht aufhören. Ich klopfe auf meinen Magen. Hör doch auf verdammt! Ich setze mich wie schon die ganze Zeit an die Wand. Hier sind im Moment keine Viecher. Die Kälte vom Boden kommt mir langsam als warm vor und das ist gut so. Mein Bein ist vorhin mehrmals eingeschlafen und das Kribbeln war recht interessant. Wie sich das auflöst ist irgendwie cool. Ich stehe auf und öffne das Fenster. Da kann man unmöglich rauskrabbeln auch wenn ich schmal bin. Ich versuche mich trotzdem einfach so mal dran hochzuziehen. Ich bin nicht stark genug und lass es bleiben. Ich laufe wieder im Kreis und schaue dabei an die Decke. Mein Knurren will und will nicht aufhören! Ich laufe und denke und lenke mich ab und langweile mich und erinnere mich an lustige Sachen und muss auf einmal lachen. Wo Kamyu von Reik die seltenen Karten gekriegt hat, das war echt komisch! Ich muss an die eine Flasche da denken die dann geplatzt ist. Mein Kichern vergeht wieder und ich laufe weiter. Wenn ich hier bloß einen Ball hätte oder irgendwas zum Spielen. Ich kreise meine Arme, das tut voll gut. Ich probiere sogar Handstand, den haben wir im Sportunterricht gelernt. Ein Rad krieg ich noch nicht hin. Im Moment geht die Zeit noch, aber bald kommt die Nacht. Ich schiebe das weiter vor mich hin und lasse mir viel einfallen. Sich selbst zu beschäftigen ist ganz schön schwer. Die Ideen gehen mir wie jedes Mal aus und ich knie mich wieder. Ich könnte vielleicht den Wasserhahn so aufdrehen dass der ganze Raum überflutet wird und die Kellertür aufbricht. Aber bis das Zimmer voll ist könnte ich ertrinken, also wäre das nicht so sinnvoll. Mein Kopf wird wieder schwer und ich stütze ihn auf meine Knie. Wie lange soll ich noch hier drin bleiben? Die Dämmerung geht immer so schnell vorbei. Bald wird es dunkel und mein Magenknurren könnte nicht musikalischer sein. Was werde ich meinen Freunden erzählen was ich am Wochenende gemacht habe? Windpocken gehen ja schlecht und andere Krankheiten kenne ich nicht so ganz. Ich schwitze und kann mich selber riechen. Aber mehr als den Kopf unter den Waschbecken nass zu machen geht hier nicht. Ich sehe wieder an die Decke und denke an ein Lied das ich letztens im Radio gehört habe. Und schon ist es nachts, ich trinke ein letztes Mal für heute ein wenig Wasser. Ich setze mich wieder in die Mitte vom Kellerraum. Ich kann mich nicht auf Anhieb hinlegen. Es wird kühler und ich komme mir so einsam vor. Das Alleinsein ist tagsüber gar nicht so stark vorhanden. Ich seufze und denke an die Bilder die im Kochbuch waren. Mir kommen Tränen wieder hoch und ich lasse sie laufen. Meine Nase läuft diesmal nicht und ich schluchze auch nicht. Ich zähle jetzt einfach meine Tränen und ich höre sie von meinem Gesicht auf den Boden fallen. Ich will hier raus. erstellt am 28.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 24: Ice Cream - Gegenwart --------------------------------- Kapitel 24: Ice Cream - Gegenwart Namis Sicht Der erste Ferientag bei neunundzwanzig Grad Celsius! Ich saß am Rand vom Stadtspringbrunnen und wartete auf Vivi. Meine Sonnenbrille schütze mich vor der blendenden Sonne und ich hob zusätzlich meine flache Hand vor die Stirn, um nach meiner besten Freundin Ausschau zu halten. „Hi, Nami!“ kam sie auf mich zu und ich erhob mich, um ihr links und rechts ein Küsschen zu geben. „Wie geht’s?“ fragte ich und wir liefen vom Brunnen weg. „Super, echt gut.“ strahlt sie wie ein kleines Mädchen. „Echt heiß hier.“ plappert sie weiter und ich brauche sie nur von der Seite anzusehen, um sie erröten zu lassen. Sie konnte mir einfach nichts vormachen, wir kannten uns gut genug, denn ich wusste, wenn sie was zu erzählen hatte. „Und wie war dein letzter Schultag gestern?“ begann ich zweideutig. „Ganz gut. Mein Zeugnis ist gut ausgefallen.“ Sie brachte es ja nie direkt auf den Punkt, bei Vivi musste man immer nachhaken, dass sie es auch ausspuckte. „Und du warst nicht rein zufällig im Kino gestern, oder?“ Ich stieß sie in die Seite und fand es ziemlich lustig, dass sie sich dabei so von mir ertappt fühlte. „Ja, ganz gut.“ antwortete sie schulternzuckend, aber lächelnd, wohl bemerkt. Ich musste ihr immer alles aus der Nase ziehen, echt schlimm. „Wie war der Film?“ Vivi sah nur geradeaus, nicht zu mir. Das würde sie wie immer nur verraten, wenn ihr Blick meinen kreuzte. „Ganz gut.“ Ich regte mich mal wieder künstlich auf. „Jetzt tu nicht so, Mann! Ist was gelaufen? Ja oder nein?“ Jetzt hatte sie Tomatenfarbe angenommen und ich musste einfach lachen, sie sah so komisch aus. Wieso war sie nur so verdammt scheu? „Hör auf zu lachen. Da war nichts.“ blieb sie ruhig und ich fasste sie an der Hand, während wir weiter liefen. „Hab ich mir auch gedacht, bei Ruffy ist da nichts so schnell. Aber ihr habt doch sicher ein neues Treffen ausgemacht, oder?“ Sie schüttelte den Kopf und folgerichtig patschte ich meine Hand gegen die Stirn. „Mann, Vivi!“ Sie ließ meine Hand los und stellte sich in Abwehrstellung. „Ja, dafür kann ich nichts.“ Ich sah sie vorwurfsvoll an und setzte einen Schmollmund auf. „Und was habt ihr nach dem Kino gemacht? Seid ihr noch ein wenig durch die Stadt gelaufen oder so?“ Sie lächelte verlegen und sah auf meine oder ihre Schuhe. „Also, er hat mich nach Hause gebracht und das war’s.“ Naja, immerhin ein Anfang. Mich zum Beispiel hatte Ruffy noch nie bis nach Hause begleitet. „Und kein Gutenachtkuss oder was in der Art?“ Sie grinste mir entgegen und schüttelte den Kopf. Typisch Vivilein. „Man kann nicht alles haben.“ scherzte ich und wir liefen auf eine Eisdiele zu. Ich sah sie von der Seite an, denn in mir reifte ein Plan heran. „Du Vivi, am Wochenende feiere ich doch meinen Geburtstag. Da ist Ruffy natürlich auch da.“ Sie sah mich erwartungsvoll an und dann kam ihr auch ein Gedanke. „Nein Nami, du machst keine Verkupplungsparty.“ warnte sie schauspielerisch. „Hab ich auch nicht vor. Aber wenn du magst kann ich dich ja in ein Zimmer oder so mit ihm einschließen.“ Ihr Gesichtsausdruck war überrascht und geschockt und einen Moment konnte ich noch meine kühle, ernste Fassade beibehalten, doch dann musste ich lachen. „War nur ’n Witz.“ An der Schlange standen viele Menschen und alle Terrassentische waren besetzt. Ich sah nach, ob auf dem Aushängeschild der Eisdiele meine Lieblings-Eise verkauft wurden. „Was willst du dann machen?“ wollte Vivi wissen und ich entdeckte ’Kirsch’ auf der Speisekarte. „Gar nichts. Das kriegst du schon hin.“ beachtete ich sie nicht weiter und suchte nach Melone. „Hmm... sag mal, was wünschst du dir eigentlich von mir?“ Ich sah sie an und hatte keine Antwort auf diese Frage. Die war doch voll unnötig, ich freute mich sowieso immer über jedes Geschenk, das ich bekam. „Keine Ahnung, schenk mir, was du willst.“ Vivi ließ nicht locker. „Ja eher einen Gutschein, was zum Hinstellen oder was zum Anziehen?“ Das war das blöde an Geburtstagen, da fragte einer immer vorher was man besorgen soll. An Weihnachten steht es eigentlich nicht fest, wem man was schenkt, aber auf Geburtstage, auf die man eingeladen ist, musste man ja immer was mitbringen. „Vivi, das ist mir egal.“ Wir kamen dran und eine Eiskugel kostete zwei Berry, das war schweineteuer! Ich drehte mich zu ihr um. „Vivi, wenn du willst, lade ich dich ein.“ Trotz meines natürlichsten Lächelns kam sie ins Stutzen. Anscheinend hatte sie auch gerade die Preise für das gefrorene Vergnügen gesehen. „Du willst mich einladen?“ Wieso waren alle sofort misstrauisch, wenn ich sie einladen wollte? Sie sollte sich eher freuen. „Warum das?“ Naja, so ganz ohne Grund hatte ich es nicht gesagt und lächelte den Eisverkäufer an. „Ich hätte gerne eine Kugel Kirsch und meine Freundin hier möchte...?“ Vivi schaltete sich ein. „Ich hätte gerne Nuss.“ Der unattraktive Mann schaufelte riesige Eiskugeln aus den Blechbehältern und hielt sie uns hin. Ich wandte mich an Vivi. „Ich zahle das hier für dich mit, wenn du dir dann an meinem Geburtstag mit Ruffy Mühe gibst. Okay?“ Sie leckte an ihrer Waffel, dass das Eis nicht heruntertropfte. „Okay.“ meinte sie halb entschlossen und ich zahlte. Das Geld hatte ich sowieso von Lysop bekommen, weil er auf dem Spielplatz vorgestern zu lahmarschig war. Ich ritt weiterhin auf Vivi herum. „Du wirst dich irgendwo mit ihm absetzen, dass ihr auch mal etwas alleine seid. Sonst wird das nie was mit euch.“ Ihr wurde das Thema allmählich unangenehm und sie versuchte wieder abzulenken. „Wo willst du hingehen?“ Wir steuerten auf den Wasserturm zu. Die Sonne schien uns direkt ins Gesicht und Vivi bereute es, nicht so wie ich an eine schützende Brille gedacht zu haben. Es war so heiß! Zum Glück hatte ich ein neues, gutes Deo besorgt, dadurch schwitzte ich nicht so viel. „Ich freue mich auf deinen Geburtstag.“ griff Vivi das vorherige Thema wieder auf und ich fing an mir Gedanken zu machen, was ich meinen Gästen für ein Programm bieten sollte. Ob Sanji mir beim Essen unter die Arme greifen würde? Nichts gegen Vivi, aber ich wäre in dem Moment lieber mit Sanji durch den Stadtpark gelaufen als mit ihr. Der Tag verlief so in der Richtung weiter, man schwätzt nun mal mit seiner besten Freundin immer über alles und jenes, während man Sonne und Bräune tankte. erstellt am 29.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 25: Grief - Pubertät 13 ------------------------------- Kapitel 25: Grief - Pubertät 13 Jeffs Sicht Ich laufe durch das poplige Haus. Der Junge hat jetzt alles was er braucht. Ich verlasse das Haus und komme meinem Wagen entgegen. Ich steige ein und lasse den Motor an. Ich stecke den Schlüssel im Zündschloss um und fahre los zu Lydia und Seulgi. „Lass mich in Frieden!“ kreischt Seulgi durch ihre Zimmertür und mein Dickkopf widersetzt sich, locker zu lassen. „Du wirst jetzt Essen kommen, junges Fräulein!“ rufe ich durch die Tür. Ich kann sie zwingen. „Ich hab aber keinen Hunger!“ Lydia hat mich gebremst, in Seulgis Privatsphäre zu treten. Ihr Zimmer braucht sie als Zufluchtsort. „Du kommst jetzt!“ Meine Hand legt sich auf die Türklinke und ich warte noch einen Moment, bevor ich sie runterdrücke. Man hört Schritte und Seulgi macht die Tür auf. Mich ignorierend läuft sie ins Esszimmer und hockt sich trotzig hin, den Kopf launisch in die Ellenbogen gestützt. Sie war noch nie in ihrem ganzen Leben so ungehorsam. Lydia stellt den Topf auf den Untersetzer in die Mitte des Tisches und geht zurück in die Küche. „Soll ich dir auftun?“ frage ich meine Tochter. Sie hat keine Lust den Mund aufzumachen und von daher nehme ich ihren Teller. Lydia kommt gerade mit einem Schopflöffel zurück und ich tue uns dreien auf. Hier am Tisch fehlt niemand. Aus den Augen, aus dem Sinn. /// Verdammt, was tickt sie jetzt schon wieder aus!? Das wird eine schreckliche Angewohnheit, wenn sich Seulgi mir immer widersetzt! Das alles ist nur wegen diesem Kerl! Was hat er mit ihr gemacht!? Ihr die Unschuld geraubt und die Ordnung in meinem Zuhause auf den Kopf gestellt! Ich bin auf Hundertachtzig und lasse mich im Wohnzimmer in den Sessel fallen. Lydia kommt zu mir und massiert mir meine Schultern. Wir schweigen für kurze Zeit, bis ihre Stimme die Stille durchbricht. „Hast du dir die Wohnung angesehen?“ Ich brumme zur Antwort. „Wird sie ihm auch gefallen?“ „Muss.“ Sie lässt von meinen Schultern ab und nimmt im anderen Sessel Platz. Ich bin der Herr im Haus. Ich kann mit dem Buben machen was ich will. Er wird auf eine andere Schule gehen und Seulgi nie wieder sehen. Vorerst. Lydia hat dagegen protestiert, dass ich ihn aufs Internat schicke. Das sei sein Albtraum, aber der hätte sich das alles früher überlegen sollen. „Ich finde es schrecklich, was du getan hast.“ wirft Lydia den Satz in den Raum. Ich sehe sie stur an. Man muss sich doch zur Wehr setzen, wenn sein Ein und Alles beschmutzt wird. Hintergangen zu werden ist das Abscheulichste, das auf Erden existiert. Und dann auch noch in meinen eigenen vier Wänden, wo man von Vertrauen und keinerlei Gefahren ausgeht. Seinetwegen gehorcht mir Seulgi nicht mehr. Aber ich hätte nie akzeptieren können, wenn meine Tochter mit ihrem Stiefbruder zusammen wäre. Ich habe sie wohl nicht streng genug erzogen. Ich dachte es sei klar, dass sie keinen Sex vor der Ehe hätte! Keinen Anstand heutzutage! Dann auch noch mit dem Kerl, dem ich immer Halt geboten habe. Ich wollte auf die Zukunft beider bauen und hätte sie auf ihren Berufswegen unterstützt. Aber der Taugenichts soll erstmal die Schule schaffen, dann kann er aber alleine zusehen, wo er ohne mich bleibt. Der wird sich hier nie wieder blicken lassen. /// Zum Abendessen will Seulgi auch nicht kommen, aber das Kind muss doch was essen! Langsam machen sich Sorgen in mir breit und ich stelle einen Teller vor ihre Tür. Später am Abend sehen Lydia und ich Fern. Sie hat sich auch total von mir abgewendet, muss aber meinen Willen so hinnehmen, wie er ist. Seulgi kommt urplötzlich ins Wohnzimmer und hat rot geweinte Augen. „Ich hab so Kopfweh!“ jammert sie und ich stehe auf. Sie kommt zu mir und ich lege meine Arme um sie. „Ich hab richtig schlimmes Kopfweh!“ wiederholt sie sich. Ich streiche über ihren Kopf. „Lydia, bring ihr bitte einen Tee.“ Sogleich steht sie auf und eilt in die Küche. Ich sehe meinem Schatz ins Gesicht und wische die Tränen fort. „Das wird schon wieder.“ Sie reibt sich über die Augen und klagt weiter über Kopfschmerzen. /// Lydia kann und kann sich nicht aufs Lesen konzentrieren. Sie starrt nur auf einen Fleck in ihrem Buch, ihre Augen bewegen sich gar nicht. Ich liege auf der linken Seite unseres Ehebettes und beobachte sie schon eine Minute lang. „Was hast du?“ erkundige ich mich und sie dreht ihren Kopf in meine Richtung. „Ich fürchte...“ beginnt sie und macht den Satz nicht zu Ende. Ich nehme ihr das Buch weg und lege es auf den Nachttisch neben mir. „Ja?“ möchte ich sie zum Singen bringen. Sie sieht mir in die Augen und ich erkenne Reue, wie auch Angst. „Ich fürchte, dass ich keine gute Mutter bin.“ Es entsteht eine kurze Pause. „Unsinn. Ich bin hier der schwarze Peter für die beiden, nicht du.“ Sie vertieft sich in die Bettdecke und ihr Blick wird leerer. „Schon als Sanji kleiner war, hab ich mich nie richtig um ihn gekümmert.“ beginnt ihre Mitleidsrede und sie führt sie fort: „Ich finde, dass er sich richtig gut entwickelt hat, obwohl sein Vater abgehauen ist. Darum bin ich ja sehr froh, aber jetzt kann ich keinen Zugang mehr zu ihm finden. Weil er ja jetzt alleine wohnt.“ Jetzt kommt die Masche, daran lässt sich doch auch nichts mehr ändern. „Es ist so gekommen, wie es kommen soll. Glaubst du nicht an Schicksal?“ Auf solche Ansprechungen kann keine Frau abweichen. „Nein.“ sagt sie ungläubig. „Ich hätte vieles besser machen müssen. Das hat doch nichts mit Schicksal zu tun.“ Ich erhebe das Wort. „Mach dir jetzt keine Vorwürfe, Lydia!“ Wir halten unserem Blick stand. Sie spricht weiter. „Ich wohne hier mit dir und Seulgi, aber habe Sanji jetzt nicht mehr. Das ist einfach nur...“ Sie sieht an die Decke und ich drehe mich auf die andere Seite. „Bei mir ist er unten durch. Dass er von dir so abweicht, konnte doch keiner wissen. Das hat nichts mit Erziehung zu tun.“ Auch wenn ich sie nicht sehe, weiß ich, dass sie das nun beschäftigt. Sie knabbert bestimmt an ihren Fingernägeln, ich kenne sie gut. „Das ist es nicht.“ Vielleicht sollte ich das Thema abhaken. Irgendwann hole ich den Buben ja sowieso zurück, aber er muss lernen, dass ich mir das nicht gefallen lasse. In einem halben Jahr erlaube ich es ihm wieder, hier zu wohnen. Vielleicht hat er sich bis dahin gebessert. Aber das sind nur Sekundenbeschlüsse. Ich sage davon keinem was, erstmal müsste er mir beweisen, dass er reifer geworden ist, falls das möglich ist. Jetzt denke ich schon an so was, ich bin echt müde. Bekloppt. Ich darf nicht vergessen, zu welcher Sorte er gehört. Er könnte Seulgi nie glücklich machen und ihr das geben, was sie braucht. Er holt ihr die Sterne vom Himmel und alles, aber irgendwann würde er sich aus dem Staub machen und ihr damit das Herz brechen. Womöglich hat er sie dann auch noch geschwängert und sie steht entblößt vor der Gesellschaft. Dann wäre es ihr zu spät klar geworden, dass ich Recht hatte. Lydias Sohn ist kein Typ der treu sein kann. Meine Gedanken schweifen mal wider zu viel ab, ich konzentriere mich wieder auf das Hier und Jetzt. Lydia legt ihre Hand auf meinen Rücken. „Ich glaube, ich habe ihm als Kind nicht genug Liebe gegeben. Du weißt doch, Kinder brauchen viel Liebe von ihrer Mutter.“ Ich schüttele den Kopf. Jetzt liegt es an mir, ihr diesen absurden Gedanken auszureden. „Red dir nichts ein. Schlaf besser.“ werde ich noch los und möchte wirklich einschlafen. Sie seufzt und dreht sich auch auf die Seite. Es gibt nur Probleme hier, der Kerl bereitet uns Sorgen, Probleme, Kopfschmerzen und miese Laune. erstellt am 30.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 26: Birthday Party - Gegenwart -------------------------------------- Kapitel 26: Birthday Party - Gegenwart Nojikos Sicht Es war der dritte Juli, Namis siebzehnter Geburtstag. Meine kleine Schwester wurde von kleiner Maus zur Großen, das fand ich richtig niedlich. Ihre ganzen kleinen Freunde waren eingeladen, also Vivi, Zorro, Sanji, Ruffy und Lysop. Alle gingen ja noch zur Schule und hatten beneidenswerte Freizeit. Ich stand in der Küche und bereitete die Cocktails vor, zum Glück waren das nicht solche Draufgänger, die ausschließlich Alkohol saufen wollten. Der größte Trinker war Zorro, aber auch wenn er mal Blau machen durfte, wie alle in dem Alter, wollten wir mal nichts überstürzen. Deswegen musste er heute etwas kürzer treten, denn ich mischte nicht zu viel Alk unter, sondern bevorzuge mehr Fruchtsäfte. Ich stellte alle Gläser auf ein Tablett und trug es ins Wohnzimmer. „Danke Nojiko.“ sagte meine kleine Sis und ich zwinkerte, wie so oft in letzter zeit. Ich drehte mich um, um auf mein Zimmer zu gehen, doch Nami hielt mich zurück. „Du kannst ruhig hier bleiben. Setz dich zu uns.“ Gleichgültig ließ ich mich auf die Couch plumpsen, ob ich den Nachmittag hier oder in meinem Zimmer verbrachte, war mir schnuppe. Doch im Nachhinein war ich froh, dageblieben zu sein, denn ich wurde sehr oft zum Lachen gebracht. Die waren alle noch richtig kindisch und ich fand die Stimmung lustig. Ruffy ist ja Aces Bruder und von daher kannte ich ihn von allen am besten. Vivi war manchmal bei uns, aber mit ihr hatte ich nicht viel zu tun. Lysop und Zorro waren ganz okay, ich hatte zu allen genügend Vertrauen, Nami mit ihnen alleine losziehen zu lassen. Sanji war dann wohl Namis Schwarm, aber man musste ihr unter die Arme greifen, dass das auch was wurde. So wie ich die Lage einschätzte, würde da ohne Unterstützung nichts passieren. Du meine Güte, die wollten ’Twister’ spielen. Ich musste richtig laut lachen, dass die auf solche Ideen kamen. Nami hatte das Spiel schon ewig nicht mehr rausgeholt, das es schon fast in Vergessenheit geraten wäre. Jedenfalls rang ich mich dazu durch, die Scheibe zu drehen, als da persönlich mitzuspielen. Vom Sofa aus beobachtete ich den lustigen Zirkus, die stolperten praktisch über ihre eigenen Arme und Beine. Deren Stellungen waren einfach zu ulkig. Gewonnen hatte dann Ruffy, da er am biegsamsten war. So gelenkig wollte ich nicht sein, das war schon etwas unheimlich. Es setzten immer zwei aus, dieses Mal fiel die Wahl auf ihn und Vivi, sie blieben auf den Kissen auf dem Boden sitzen. Ich bekam das Gefühl, dass Vivi auf Ruffy stand. Sie blieb nur in seiner Nähe und redete hauptsächlich nur mit ihm. Da bahnten sich richtig Pärchen an, Liebesstimmung lag in der Luft. Der einzige Muffel war Sanji, der Junge hatte echt Schlaf nötig. Also an Namis Geburtstag war er keine Stimmungsgranate, aber besser kennen tat ich ihn ja nicht. Vielleicht kam der am Vortag einfach nur nichts zu Schlaf. Es klingelte an der Tür und ich sprang auf. Das war bestimmt die Geburtstagstorte, die ich bestellt hatte. Alle saßen am Tisch, auf dem sich schön Geschenke gestapelt hatten. Nami war richtig errötet und freute sich wie ein Honigkuchenpferd. Sie begann mit dem größten Geschenk, dass die Mitte des Tisches in Beschlag nahm. Unter dem Geschenkpapier kam ein großer Karton zum Vorschein, wo man schon sehen konnte, dass es eine Plasmakugel war. Nami freute sich und packte die magische Kugel aus. Die Dinger sind leicht zerbrechlich, aber es war schon cool, wenn dort Blitze ausgingen und man diese mit der Hand auf der Glasoberfläche beeinflussen konnte. Das Geschenk war von Vivi und Nami umarmte sie zum Dank. Als nächstes suchte sie die Karte, die bei dem Blumenstrauß in der Vase beilag. Es waren Margaritenblumen und ein paar farbige Tulpen, dass sah nach einem Experiment aus, wobei der, der die restlichen Blumen ausgesucht hatte, eher wahllos gewesen sein musste. „Für Nami von Ruffy.“ las mein Schwesterherz belustigt vor und sah dann zu dem Spender. „Gefallen sie dir? Ich wusste nicht was du genau magst, aber ich finde die Kombi gut!“ Ich fand die Idee auch süß. Nami umarmte auch ihn und ging weiter. Da lag noch ein verpacktes Buch, man erkannte es sofort an der Form und das stammte von Zorro. Nami packte es aus und es war mit Sicherheit aus der Biologieabteilung. Es war ein Buch über Ozeane. Nami mochte Meere zwar, aber ob sie sich durch so einen Walzer schlagen würde? Sie bedankte sich und gab ihm einen Wangenkuss. Sie nahm jetzt einen weiteren verpackten Karton, wo ich auf Parfüm tippte. Aber es war ein Massageöl, von Sanji. Nami freute sich auch hierbei und gab ihm auch einen Wangenkuss, was ich total niedlich fand. Das vorletzte Geschenk war meines, ein zusammengelegtes Top aus einer Boutique. Sie fühlte wohl schon, dass es ein Kleidungsstück war und holte die Plastikverpackung heraus. Die Farben gefielen ihr supergut, wie nicht anders zu erwarten und sie umarmte auch mich, während ich einen Wangenkuss abbekam. Auf dem Übriggebliebenen Geschenk lag eine Packung Gummibärchen und unter der eingerollten Verpackung waren Haarspangen. Das war von Lysop. Nami bedankte sich auch bei ihm und gab ihm ein Wangenküsschen. Ich räumte schon mal alle Papiere weg und stopfte sie in den Küchenmüll. Alle machten sich auf, da sie ans Meer fahren wollten. Ace kam hinzu und aß noch mit uns den Kuchen, bis sie daraufhin an den Strand fuhren. Das war der zweite Teil von Ruffys Geschenk, dass er seinen Bruder zum Chauffeurspielen überredet hatte. Ich blieb hier, da ich noch für mein nächstes Examen büffeln musste. Leider! Doch meiner siebzehn Jährigen Sis wünschte ich noch einen angenehmen Tag. Ich schlenderte auf mein Zimmer und suchte mein Heft zum Lernen. erstellt am 30.04.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 27: Nickname - Pubertät 14 ---------------------------------- Kapitel 27: Nickname - Pubertät 14 Sanjis Sicht Die Straßenlaternen spenden Licht in der dunklen Stadt. Ich schlendere irgendeine Straße entlang und denke an nichts. Meine Wohnung ist kacke. Ich hasse Jeff und ich hasse vor allem Mama. Toll, ich komme zwar nicht auf ein Internat aber auf eine neue Schule. Können die mich einfach so umschulen? Da kenne ich kein Schwein. Höchstens Ace, wenn ich mich nicht irre. Der war mal mit mir im Kickboxen, doch den Sport hab ich jetzt auch gestrichen bekommen. Müsste ich mir wenn schon selbst finanzieren. Wütend erblicke ich eine leere Coladose vor mir auf dem Bürgersteig und laufe gezielt darauf zu. Ich kicke sie vor mich her, auch wenn sie nichts für alles kann. Scheiß Dose. Scheiß Leben. Zu Seulgi kann ich auch nicht mehr. Es ist alles aus. Ich schmeiß die Schule, ich hör doch nicht mehr auf die. Die können mich alle mal. Die Dose trifft eine Blechmülltonne und es gibt ein schepperndes Geräusch. Ich schnaube Luft aus und setze meinen Weg fort. Wenn die denken, dass ich das mit mir machen lasse, liegen sie falsch. Mama, du hast gar nichts für mich getan. Du verbockst mein ganzes Leben. Das war schon immer so. Und Jeff ist ein Spaßt. Wer tickt denn so verrückt aus, nur weil man sich verliebt. Pfffff. Mir ist alles so scheiß egal. Ohne Seulgi hab ich keinen Bock mehr auf Schule oder sonst was. Ich hab gar keine Ziele mehr vor mir. Die Straße gabelt sich und ich biege nach rechts. Heute streune ich so lange herum, bis ich in einer Bar lande und mein ganzes Geld versauft hab. Ich war noch nie besoffen, aber es gibt immer einen Anlass zum ersten Mal. Am Horizont, der nur ein paar hundert Meter weit reicht, taucht eine Brücke auf. Der Abendwind bläst stärker, aber die Kälte macht mir nichts aus. Ich friere von innen. Mein Trotz wächst ins Unermessliche. Ich will nicht alleine wohnen und auf ne neue Schule gehen. Ich will einfach nur, dass das alles nie passiert wäre. Meinetwegen hätte ich auch auf Seulgi verzichtet, dann hätten wir uns nie kennen gelernt und das wäre alles nie passiert. Fuck, Mensch! Ich komme an der Brücke an. Belanglos starre ich über das Geländer auf den Fluss unter mir. Springen werde ich aber ganz bestimmt nicht. Das könnt ich weder mir selbst noch Seulgi antun. Ich drehe mich um und hole eine Zigarette aus meiner Tasche. Damit habe ich neulich angefangen und es stimmt, das beruhigt echt die Nerven. Mein neues Feuerzeug ist lackschwarz und funktioniert gut. Ich zünde sie mir an und sauge das Nikotin in meine Lungen. Das tut wenigstens gut. Windböen versuchen, mir mein letztes Vergnügen streitig zu machen, doch ich drehe dem Wind den Rücken zu. Belanglos sehe ich auf meine Armbanduhr und es ist nach Elf, bald Mitternacht. Meine Haare fliegen um meine Ohren, ich sollte sie mal schneiden lassen. Ich drehe mich wieder zur Hälfte mit dem Gesicht zur Straße. Es sind kaum Menschen unterwegs, aber dafür sind viele Lichter in den Hochhäusern an. Es gibt noch ein, zwei Leutchen, die ihren Hund ungeduldig ausführen. Auf dem Weg hierher, wo auch immer ich gerade bin, waren ein paar kleine Grüppchen von Jugendlichen, die um die Zeit noch draußen rumlungern. Zwielichte gestalten, alles. Es steht noch eine Frau, so wie ich, an der Brücke und bibbert sich was ab. Ist ja nicht zum Ansehen. Da nichts Umliegendes interessanter ist, gucke ich sie an. Sie hat kurze, blonde und gelockte Haare. Sie ist ein ganzes Stückchen kleiner als ich, aber ihr Alter kann ich nicht einschätzen, da ich nur ihre Seite sehe. Doch ich finde sie hübsch. Auf einmal dreht sie ihren Kopf zu mir und ich ziehe an meiner Zigarette. Einen Moment passiert nichts, doch dann kommt sie auf mich zu und kramt in ihrer Jackentasche. Wenn sie lieb ist holt sie gleich eine Pistole heraus und erschießt mich, dann hätte ich keine Probleme mehr. Sie sieht sehr viel älter aus als ich, fünfundzwanzig vielleicht. Sie holt sich auch eine Zigarette heraus. „Haste mal Feuer?“ fragt sie mit dumpfer Stimme und sieht nicht gerade fit aus. Überhaupt nicht, denn unter ihren Augen sind Ringe angedeutet. Meine Hand hat schon automatisch das Feuerzeug umschlossen und holt es zum Vorschein. Sie hält mir ihre Kippe hin, welche ich anzünde. „Was hat’n einer wie du hier zu suchen? Von zu Hause abgehaun, oder was?“ Sie zieht an ihrer Zigarette und bläst ein kleines Wölkchen aus. „Sowas in der Art.“ Sie stellt sich neben mich und wir beobachten das Hochhaus gegenüber der Brücke. Dort steht ein Ehepaar, das sich streitet. Die Frau neben mir schüttelt den Kopf. „Die haben Probleme. Die soll ihn rausschmeißen.“ Sie schaut mich an, sagt aber nichts, ich sehe auch keinen Grund, ein Gespräch mit ihr anzufangen. „Du bist aber nicht normal hier. Du kommst aus gutem Haus.“ stellt sie fest und ich gehe nicht darauf ein. Dann sieht man mir das eben an. Sie mustert mich weiterhin von der Seite, während uns der Wind von hinten her weht. „Bist du ziellos durch die Stadt gelaufen und dann hier gelandet?“ Ich zucke die Schultern, sehe nur auf die Balkons vom Hochhaus vor uns. „Also hast du keine Ahnung wo du jetzt hinsollst. Ich glaube du willst was erleben. Das Nachtleben ist herrlich.“ Ich konzentriere mich auf meine Zigarette, aber meine Ohren hören ihr wie von selbst zu. Sie dreht sich zu mir, steht aber noch immer auf ihrem Platz neben mir. „Magste mit zu mir kommen?“ Bei diesem Angebot sehe ich in ihr Gesicht. Dass sie so billig ist, hätt ich net gedacht. Sie ist doch viel zu alt für mich. Hat wohl auch reichlich Probleme und ihr Leben nicht auf die Beine gestellt. „Ich bin nicht zu haben.“ entgegne ich ihr kühl. Seulgi betrügen, klar doch. Meine Abweisung bringt sie zum Grinsen. „Naja, wär auch zu schön gewesen. Sowas Gutes wie du ist immer gleich besetzt.“ Sie wendet sich von mir ab und ist mit ihrer Zigarette am Ende, so wie ich auch. Wir holen uns gleichzeitig eine Neue heraus, dann halte ich ihr meine Packung hin. „Du kannst von meiner Sorte probieren.“ biete ich ihr an und sie greift sich drei raus. „Danke, Blondie.“ Zwei verschwinden in ihrer Jackentasche und die Eine steckt sie sich in den Mund. Da sie kein Feuerzeug hat, zünde ich sie für uns beide an. Wir rauchen und jeder geht seinen Gedanken nach. Die Situation finde ich komisch. Was Seulgi wohl gerade macht? Dass ich sie einfach so alleine lasse ist so scheiße von mir. Die Frau neben mir regt sich. „Ich lauf ein paar Schritte. Kommste mit?“ Ich gebe ein „Mhm.“ zur Antwort und wir setzen uns in Bewegung. Ich würde es schon gerne wissen, was habe ich zu verlieren, also frage ich sie einfach. „Wie alt bist du denn?“ Sie bläst den Rauch aus. „Neunzehn. Und du?“ Neunzehn? Die sieht fünf Jahre älter aus, mindestens! Vielleicht hat sie ja ne Krankheit, oder ist einfach nur psychisch krank. „Ich bin siebzehn.“ „Also noch ein junger Hüpfer. Gehst wohl auch noch zur Schule, was?“ Ich nicke und nehme einen sehr tiefen Lungenzug. Das tut gut, meine Zunge lässt sich auch gehen. Die Sterne sind zum Großteil von Wolken verdeckt, vielleicht gibt’s noch Regen. „Und wie heißt du?“ will sie wissen. „Sanji. Und du?“ Warum sage ich das überhaupt? Geht die doch nen feuchten Dreck an, wie ich heiße. „Tamara.“ Das belanglose Gespräch interessiert mich weniger, aber sie hat eine gewisse Ausstrahlung. Vielleicht sollte ich besser nach Hause gehen. In das Zuhause, das ich nicht habe. Sie sieht mich noch mal an. „Bist du sicher, dass du nicht zu haben bist? Nicht mal für ne Tasse Kaffee?“ versucht sie es nochmal, sie scheint echt was an mir gefunden zu haben. Aber: nachts noch Kaffee trinken? Das ist ja wohl ne blöde Anlocke. Ich will ihr ’Nee, lass mal.’ sagen, aber wieso sollte ich sie abblitzen lassen? Ich werd schon nichts anstellen, mal auswärts zu schlafen ist ja nichts dabei. „Meinetwegen.“ entschließe ich mich um. Wir steuern dann wohl gerade auf ihr trautes Heim zu. Sie wohnt in einem Appartement in einem der Hochhäuser. Wir steigen die Treppe hoch und sie schließt ihre Haustür auf. Bin ich halt nicht zum Saufen in einer Bar gelandet, aber dafür bei nem netten Flittchen. Hab ich echt super hingekriegt, lasse mich immer zu jedem Scheiß überreden. Ich trinke bei ihr ne Tasse Kaffee und mach mich vom Acker. Ich kann’s so sehen, ich hab sie nach Hause begleitet. Ist nix dabei. Sie hängt ihre Jacke über die Stuhllehne Im Eingangsflur und ich laufe hinter ihr her. „Mach’s dir schon mal bequem, ich muss kurz ins Bad.“ weist sie mich zurecht und ich lasse mich nieder. Ihre kleine Wohnung ist schäbig, aber man kann drin wohnen. Sie hat wohl auch nicht viel Geld, aber was soll’s. Sie braucht ganz schön lange im Bad, muss ich schon sagen. Aber nach elend langer Zeit kommt sie dann doch wieder raus und sieht fix und alle aus. Das liegt bestimmt an dem Licht, draußen war es dunkel und ich hab weniger gemerkt. „Also, einen Kaffee für dich, oder?“ Ich schüttele den Kopf. „Ein Glas Wasser reicht. Danke.“ Sie läuft in die Küche, die irgendwie rechtwinklig zu dem Essenstisch steht. Ich stütze meinen Kopf auf den Arm und warte. Sie kommt zurück und setzt sich auf Ecke zu mir. Sie sieht müde und erfahren aus, keine Ahnung, wie ich darauf jetzt komme. Aber sie hat mehr drauf als ich. Sie hat mehr Lebenserfahrung als ich. Sie hat schon einiges durchgemacht. Keine Ahnung wie ich darauf komme, aber man sieht es. Ich trinke einen Schluck, sehe sie dabei an. Was sie denkt kann ich nicht einschätzen. „Weißt du, normal mach ich das nie.“ beginnt sie. Ich behalte sie bloß im Auge, halte es nicht für nötig, was zu sagen. „Ich gabel nie irgendwelche Typen auf der Straße auf und schleppe sie nach Hause. Aber du scheinst anständig zu sein.“ Sie lächelt schwach und reibt sich dann über die Augen. Sie ist echt müde. Ich stehe auf und sehe auf sie herab. „Ich geh dann mal. War nett mit dir zu plaudern.“ Ohne ein Wort zu verlieren sieht sie mich an. Ich bleibe auf der Stelle stehen und muss eine Reaktion von ihr abwarten. „Du könntets hier übernachten, wenn du Lust hast.“ schlägt sie vor, als wären wir schon ewig lang dick befreundet. Ich schlucke, meint sie das Wort ’Lust’ im zweideutigen Sinn? Hoffentlich nicht. „Schon okay.“ lehne ich nochmals ab. Ihr Blick senkt sich und sie steht auch auf. „Okay, Blondie. Äm, Sanji... oder?“ „Genau. Tamara.“ Sie lächelt, wahrscheinlich trifft sie nicht oft Typen, die sich ihren Namen merken. Irgendwo tut sie mir Leid. „Was auch immer du über mich denkst.“ Sagt sie, und ich warte auf die Beendung ihres Satzes. Sie kommt um den Stuhl herum auf mich zu. „Guten Heimweg.“ wünscht sie noch. Das ist nicht fair. Stochert sie mit Absicht in mir herum oder hat sie das ganz normal gesagt? Kann sie sich denken, dass ich gar kein richtiges Zuhause habe und mich so zum Dableiben überreden will? Nein, da denke ich zu weit. Ich gehe jetzt einfach. /// Ich bin gerade aufgewacht. Mein Kopf liegt schwer im Kopfkissen und ich richte mich auf. Ein Gähnen ist nicht zu unterdrücken, warum auch? Ich sehe auf meiner Armbanduhr, dass halb Sieben durch ist. Hä? Ich habe meine Armbanduhr gar nicht ausgezogen zum Schlafen gehen. Mir kommt alles auf einen Schlag zurück. Ich liege in - Tamara’s Bett, in ihrer Wohnung. Mir kommt alles zurück, gestern hab ich sie an der Brücke kennengelernt und dann sind wir zu ihr gegangen. Sie ist schnell weggeratzt und ich hab mich einfach neben sie gelegt. Da ist nichts gelaufen. Ich stehe auf und verlasse das Zimmer. Was für ein Wochentag ist heute? Soll ich jetzt einfach gehen? Nein, das ist doch unhöflich. Ich werde Kaffee machen. Die halb versteckte Küche ist sehr schmal und ich durchsuche alle Schränke nach einer Kaffeebox. Viel hat sie nicht gerade da. Arme Kirchenmaus. Als Alternative nehme ich den einzigen Tee, den ich finden konnte. Ich höre Geräusche und weiß, dass sie aufgestanden ist. Davon lasse ich mein Vorhaben nicht unterbrechen, sondern mache einfach weiter. Wasser in einen Topf und den Herd an. Sie steht in der Küchentür, sieht noch unausgeschlafen aus, aber besser als ich sie von gestern in Erinnerung hatte. „Was machst du denn da?“ „Ich wollte Tee kochen. Kaffee hab ich nicht gefunden, wo ist der denn?“ Sie sieht richtig perplex aus. Erinnert sie sich nicht mehr an mich? „Ich hab keinen Kaffee.“ „Also hattest du mich gestern unter falschen Vorwänden zu dir eingeladen?“ ertappe ich sie und muss irgendwie lächeln. Die ist echt kaputt, aber mein Zweifel, dass sie einen Blackout haben könnte, ist verflogen. Sie kennt mich noch. „Also, dass du jetzt Tee abkochen willst ist ja nicht normal.“ Sie tut ein paar Schritte in die Küche rein und lehnt sich an den Küchenschrank. „Wieso denn?“ möchte ich von ihr wissen. „Na, du hättest dich aus’m Staub machen können. So wie es alle tun. Oder vorher meine Wohnung nach Geld absuchen können. Hab aber nix hier.“ Sie lächelt auch, unsere beider Situation kann eigentlich nicht schlimmer werden, von daher sind Lächeln nicht fehl am Platz. Ich packe einen Teebeutel aus und lege ihn in den Wassertopf. „Ich hau eben nicht ab.“ Sie sieht an die Zimmerdecke und sagt etwas zu sich selbst, oder eben zu mir. „Mein erster Freier und dann so ein feiner Kerl.“ Sie grinst der Decke entgegen und ich weiß, dass ich so oder so nach dem Tee gehe. „Ach Schnucki, schade, dass es von deiner Sorte nicht mehrere gibt.“ seufzt sie und ich kann nichts daran ändern. Ich bin eben so, wie ich bin. Ich fülle das Wasser in zwei Tassen ab. Vielleicht treffe ich sie ja irgendwann mal wieder. Beim nächsten Abendspaziergang vielleicht. erstellt am 01.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 28: Collapse - Gegenwart -------------------------------- Kapitel 28: Collapse - Gegenwart Namis Sicht Wieder einmal trafen wir uns bei Ruffy zu Hause. Seine Wohnung war schon immer am besten geeignet, wenn wir bei jemandem übernachten wollten. Beim Abendessen planten wir für die Ferien, ob wir zelten oder wandern gehen sollten. Ruffy wollte zwar noch in Urlaub fahren, aber wir würden sicherlich einen Termin finden, an dem wir alle konnten. Vivi war leider nicht dabei, was, glaube ich, Ruffy schade fand. Als er mir die Haustür aufgemacht hatte, hatte er ganz enttäuscht geguckt. Ihm war es nie egal, seine Gefühle offen zu zeigen, was ich schon immer gut fand. Er hatte wohl irgendwie mit ihr gerechnet, dass würde ich ihr noch erzählen. Sanji spülte später das Geschirr ab, weil Ruffys Spülmaschine defekt war. Wir anderen gingen in den großen Garten, breiteten dort Decken aus und wollten Sternschnuppen gucken. Das wurde schon lange angekündigt, dass man in der Nacht viele Sternschnuppen sehen konnte. Ruffys Garten bestand aus viel Gras und wild wuchernden Pflanzen, da sich keiner um das Unkraut kümmerte. Die Decke konnte trotzdem glatt gestrichen werden, da wir vorher viele Nüsse, Tannenzapfen und Steine woandershin geworfen hatten. Wir pendelten alle vom Garten und der Wohnung hin und her, um die verschiedensten Sachen zu besorgen. Lysop holte Taschenlampen, Ruffy füllte Früchtetee in Thermoskannen ab, Zorro holte irgendwie Zeitschriften, keine Ahnung was für welche und wozu, ich suchte nach einer Umhängejacke, weil es abends kühl war, Sanji bereitete alles für die Marshmallows vor, wir liefen richtig kreuz und quer. Lysop hatte einen kleinen Elektrogrill mitgebracht und den wollten wir unbedingt austesten. Ich fand meine blaue Übergangsjacke und zog sie an. Die Hälfte der Jungs war draußen und baute alles auf. Ich lief durch den Flur und wollte zu ihnen, lief dabei an der Küche vorbei und blieb stehen. Wie von selbst warf ich einen Blick hinein und sah Sanji, der mit dem Rücken zur Wand gelehnt stand und sich den Kopf hielt. „Ist alles okay?“ fragte ich vorne weg, damit er mich bemerkte. Doch meine Stimme schien nicht zu ihm durchgedrungen zu sein, denn er änderte seine Position nicht, sah nur verkrampft aus und hatte starke Kopfschmerzen. Ich lief noch zwei Schritte auf ihn zu und fasste ihn an seiner Schulter, dass er merkte, dass ich da war. Doch er regte sich immer noch nicht. „Sanji?“ Langsam öffnete er seine Augen, aber schloss sie gleich darauf wieder. Seine Hände pressten fester auf seinen Kopf, er hatte RICHTIGE Schmerzen! Was konnte ich tun? Was sollte ich sagen? „Sanji, magst du dich hinlegen? Oder was trinken?“ Immer noch keine Reaktion, er lehnte mit ganzem Gewicht mit der Schulter an der Wand und hatte alle Gesichtsmuskeln angespannt. Seine Stirn war gerunzelt und die Augen zusammengekniffen. „Sanji!?“ Ich kam nicht zu ihm durch, doch dafür bekam er noch Bauchschmerzen hinzu, sowie ich in Panik geriet. Ich lief aus der Küche und aus der Haustür raus, da stieß ich mit Zorro zusammen. „Mensch, pass doch auf!“ motzte er mich an, was aber nicht weiter schlimm war. „Du Zorro, ruf mal Ruffy bitte ganz schnell! Sanji ist schlecht!“ Ich drehte mich auf Ansatz um und überließ Zorro seiner Aufgabe. Ich kam zurück in die Küche, wo Sanji an der Wand gelehnt auf dem Boden saß, sich immer noch den Kopf und den Bauch hielt. Wieso hatte er nur auf einmal solche Schmerzen? Ich kniete mich vor ihn hin. „Die andren kommen noch. Warte noch kurz.“ Ich wollte gerade aufstehen, um ein Glas Wasser zu holen, da durchzuckte mich ein kleiner Schock. Als es mir nicht so gut ging, war ich froh, dass Sanji niemand anderes geholt hatte, denn ich wollte unter keinen Umständen, dass mich noch jemand anderes in so jämmerlichen Zustand sah. Und genau das hatte gerade ich angerichtet! Wenn jetzt alle kommen und um Sanji stehen und sich fragen was er hat, ist es genau NICHT das, was er eigentlich wollte! Ich könnt mir den Kopf einschlagen, ich war ja so dumm! Vielleicht wäre er nachher sauer auf mich, weil ich einfach alle gerufen hatte, als es ihm schlecht ging! Ich meine, Jungs haben auch ihren Stolz und wollen nie zeigen, wenn es ihnen schlecht geht. Wieso musste ich auch immer so mütterlich rüberkommen und denken, ich würde alles richtig machen? Man hörte schon, dass sie anderen schnell eintrudelten. Sanji hatte die Beine angezogen und hielt sich den Bauch, er hatte sich ganz sicher etwas eingefangen. Ich blieb in der Hocke, um auf selber Augenhöhe mit ihm zu bleiben. Ruffy und Lysop versuchten, mit ihm zu sprechen. „Hey, Kumpel, was hast du?“ „Wo tut’s dir denn weh?“ „Sollen wir einen Arzt rufen?“ „Kannst du uns überhaupt hören?“ Sie plapperten einfach weiter, ohne ihm Zeit zu lassen, auf etwas zu antworten. Wobei, er hörte wahrscheinlich genauso wenig zu, wie bei mir vorhin. Er war total mit sich selbst beschäftigt, was mir richtig Leid tat. In letzter Zeit war er schon immer total schlapp gewesen, und heute schien es Konsequenzen für ihn zu haben. Ausgerechnet in den Ferien krank werden ist ja auch nicht das Wahre. Ihm war sicher schwindelig und übel, ich wusste es nicht genau, aber Ruffy stand auf. „Was machst du?“ fragte Lysop und Ruffy durchsuchte ein paar Küchenschränke. „Ah, hier!“ wurde er fündig und kam gleich darauf mit einem Glas Wasser zu Sanji. „Hier, eine Kopfwehtablette. Danach geht’s dir besser.“ Wollte er ihn aufbauen und ich fand es irgendwie süß von ihm, dass er sich so normal benahm. Immer wenn es einem von uns schlecht ging, war er total verantwortungsvoll und hatte sinnvolle Ideen. Er mochte es auf keinen Fall, wenn es einem von uns schlecht ging. Zwar hielt Ruffy ihm das Glas hin, aber Sanji regte sich immer noch nicht. Das Atmen machte ihm wohl schwer zu schaffen und es tat mir weh, nichts für ihn tun zu können! „Hey, nimm schon.“ forderte Ruffy ihn nochmals auf und Sanji öffnete tatsächlich seine Augen. Er brauchte kurz, um zu realisieren, dass wir alle um ihn herum standen, und er wollte aufstehen. Mit den Händen stütze er sich vom Boden und auch an der Wand ab, Ruffy und ich wollten ihn unter seinen Armen packen. Doch als er praktisch schon auf den Beinen stand, kippte er um. Damit hatte keiner gerechnet und für einen Sekundenbruchteil hielt die Zeit an, bis sein Körper hart auf dem Boden aufkam. Keiner hatte schnell genug mit Reflexen reagiert, um ihn aufzufangen. Alle waren von einer Sekunde auf die nächste aufgewühlt!. „SANJIIII!!!!“ schrie Lysop, Ruffy lauschte nach seinem Herz und bei mir brach der Schweiß aus! Die übertrieben es vielleicht, aber dass hatte uns alle tierisch erschrocken! Sanji war zusammengebrochen und in dem Durcheinander kam Ace nach Hause, von seiner Arbeit, er hatte ja keine Schulferien. Zorro klärte ihn in Sekundenschnelle auf, was los war und Ace schnappte sich das Telefon, um den Notarzt zu rufen. Ruffy hatte ihn auf den Rücken gedreht, dass wir ihm besser ins Gesicht sehen konnten. Ich fühlte an seiner Stirn, ob er Fieber hatte, aber sie war nur sehr warm. Was fehlte ihm bloß? Ich machte mir richtig Sorgen und wusste genauso wenig wie die Jungs, was ich tun könnte. „Die schicken einen Krankenwagen.“ beruhigte uns Ace, doch das änderte noch lange nichts daran, dass Sanji litt! Erstmal mussten wir warten, und das war furchtbar. Sanji atmete gleichmäßig, seine Augen waren geschlossen und sein Arm lag so da, als wollte er sich weiterhin den Kopf halten, aber kam nicht ganz dran. Ich strich ihm Haarsträhnen aus dem Gesicht und schaute abwechselnd zu den anderen. Sie standen nur rum und wurden ungeduldig. Aber am meisten betroffen war immer noch Sanji. Ich versuchte, mit ihm zu reden, vielleicht hörte er ja etwas. „Sanji? Hörst du mich?“ Keine Reaktion, ich sah zu Ruffy, der meinen Blick erwiderte. Besorgnis. „Sanji? Brauchst du was? Können wir was für dich tun?“ versuchte ich es noch mal, aber wurde wiederum nicht erhört. Das machte einen echt kribbelig, seinem Freund so hilflos beistehen zu müssen. Wir konnten nur auf den arschlahmen Krankenwagen warten. Aber irgendwo hatte Sanjis Zusammenklappen auch was Gutes, denn jetzt konnte ich ihm über sein Gesicht streichen. Ich hielt schon die ganze Zeit seinen Kopf und es fiel auch niemandem besonders auf, dass ich diese Position eingenommen hatte. Ob er bewusstlos war? Sein Kopf war total gerötet und er hatte Probleme, wenn er schlucken musste, da es schon an seiner Atmung haperte. Er drehte seinen Kopf auch manchmal zur Seite, von ihm ging richtig viel Wärme aus und er schwitze wahrscheinlich vor Anstrengung. Für mich sah das nach hohen Fieber aus, aber das hatte er ja nicht. Das war eher ein Kreislaufkollaps, das hatte ich bis dato noch nie hautnah miterlebt. Hoffentlich hatten die Ärzte auch gleich das nötige Zeug dabei, um ihm zu helfen! Ich nahm Sanjis Hand und streichelte, drückte sie. Ich war doch bei dir, halte durch. Soviel ich mitbekommen hatte, stellte sich Ace vor die Haustür, um dem Krankenwagen zuzuwinken, damit die wussten, dass der Notruf aus diesem Haus kam. Lysop hatte einen Waschlappen mit kaltem Wasser auf Sanjis Stirn gelegt, da sonst keinem etwas Besseres einfiel. Als das Sirenengeräusch aus der Ferne ertönte, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen! Pure Erleichterung ergriff mich und ich drückte Sanjis Hand, wodurch er seine Augen öffnete. Das hatte ich nicht direkt beabsichtigt, aber jetzt konnte es nur besser werden. „Hey, Sanji!“ hieß ich ihn Willkommen zurück, Lysop brachte nichts raus und Ruffy fiel gleich mit der Tür ins Haus. „Die Männer in weiß kommen, um dir zu helfen! Sie sind gleich da!“ versuchte er mit fröhlichem Ton Begeisterung wachzurütteln. Ich sah Sanji ins Gesicht und er musste kurz ordnen, was wir gesagt hatten. Lysop meldete sich nun auch zu Wort. „Mann, Sanji, du hast uns alle voll erschreckt! Wir haben schon den Notarzt gerufen, die kümmern sich gleich um dich.“ Den Geräuschen zu Urteilen nach, hatte der Krankenwagen soeben vor dem Haus geparkt. Sanji wollte sich aufrichten, doch Ruffy und auch sein eigener Körper spielten nicht ganz mit und er landete wieder auf dem Rücken. „Bleib liegen!“ befahl Ruffy streng. Sanji sagte jetzt auch was. „Ich – ich brauch keinen Krankenwagen!“ Jetzt machte er einen auf topfit, aber das nahm ihm doch keiner ab. „Unsinn, die schauen sich dich nur an.“ hielt ich gegen seine Lüge, doch er weigerte sich nachdrücklich. Dabei sah er nach vorne, oder oben, irgendwohin, aber nichts ins Gesicht von einem von uns. „Nein! Ich will das nicht! Ich brauche keine Ärzte! Es geht schon besser!“ ächzte er unter Schmerzen und verzog wieder das Gesicht. Lysop stellte sich mit gegrätschten Beinen über Sanjis Unterleib und sah ihn böse an. „Von wegen, du kommst ja noch nicht mal hoch! Erst jagst du uns so ’nen Schrecken ein und behauptest jetzt, es wäre nichts.“ Sanji hörte wohl wieder nicht zu, was wir sagten und dass wir es gut mit ihm meinten, denn er wollte sich nicht wieder beruhigen. „Ich brauche keinen Arzt! Ich will nicht ins Krankenhaus!“ Die Ärzte kamen in dem Moment rein und checkten schnell, wer der Patient war. Lysop, Ruffy und ich machten Platz, dass sie sich um Sanji verteilen konnten. Einer überprüfte, was fehlte und Sanji wurde wütend. Dass war bestimmt nicht gut für seine Nerven, wenn er jetzt anfing, sich aufzuregen. „Geht weg! Ihr braucht mich nicht zu untersuchen! Ich will keine Hilfe von euch!“ Mir tat das richtig weh, dass er sich nicht helfen lassen wollte. Warum war er nur so stur und gegen Ärzte? Die sind doch zum Helfen da! Und dass Sanji so unhöflich mit ihnen sprach fand ich auch nicht normal. Einen Moment lang kam er mir wie ein junger Hund vor, der sich mit allen Mitteln wehrte, weil er vielleicht mal schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Wir anderen wollten auf ihn einreden, dass er es gut sein lassen sollte, doch da die Männer vom Rosa Kreuz an ihm rumfummelten, blieben wir still. Alle guckten genau zu, Sanji fing sogar an zu Strampeln, das war alles echt heftig! Alles ging total schnell und sie hatten ihm erstmal ein paar Valiumtabletten rein geschmissen, dass er sich beruhigte. „Was hat er denn?“ fragte Ace, der sich nur im Hintergrund gehalten hatte und sich beteiligen wollte. Ein junger Mann schüttelte den Kopf. „Können wir noch nicht genau sagen. Wir müssen ihm erstmal Blut abnehmen.“ Zorro schaltete sich auch ein. „Ihr wisst nicht mal, was er hat!? Bis ihr Blut abgenommen habt und wisst, was los ist, dauert es doch ewig! Seht ihr nicht, dass es dem Kerl da schlecht geht!?“ Lysop stellte sich vor ihn und entschuldigte sich auf der Stelle. „Tut mir Leid, mein Freund hier macht sich bloß Sorgen! Machen Sie bitte weiter, um Sanji zu helfen.“ Zu Zorro fauchte er so was wie ’Idiot!’ und verfolgte dann die weitere Behandlung. Sanji konnte sich gar nicht mehr widersetzen, er biss die Zähne zusammen und musste es zwangsweise über sich ergehen lassen. Ich sah nicht genau auf seine Armbeuge, als sie ihm Blut abnahmen, sondern in sein Gesicht. Der eine Mann stand auf und lief zu seinem Kollegen, sodass niemand mehr hinter Sanjis Kopf stand. Ich nahm die Stelle sogleich in Beschlag und kniete mich zu Sanji runter. Er erkannte mich und verzerrte wieder das Gesicht. Seine Schmerzen nahmen einfach nicht ab, immerhin hatten die Ärzte ihm noch nichts verabreicht, dass ihn weitergebracht hätte. Ich berührte vorsichtig seinen Hinterkopf, seine Haarsträhnen, keiner bemerkte es. „Sanji, das wird schon wieder.“ sagte ich leise, denn es musste nicht gleich jeder mitbekommen. Die Rosakreuzmänner liefen vom Krankenwagen und Aces und Ruffys Haus hin und her, um das Blut zu analysieren. Letztendlich wollten sie Sanji in einer Trage in den Wagen bringen. Keiner, außer Betroffener selbst, hatte etwas einzuwenden. Ich konnte nicht nachvollziehen, weshalb Sanji solche Angst hatte, oder eben Wut. Die Männer holten eine Trage und Sanji musste sich einfach deren Willen beugen, was ihm offensichtlich nicht in den Kram passte. Da er gleich eh weggebracht wurde, strich ich über seine Stirn. Er sollte wissen, dass ich mich um ihn kümmerte. Er machte die Augen auf und traf direkt in meine, sein Blick war unglaublich stechend und mir lief es heiß –nein, kalt- den Rücken herunter, ganz langsam. Ich wendete meinen Blick aber nicht ab, sondern hielt ihm stand. Ich wollte irgendetwas sagen, dass er sich nicht den Ärzten gegenüber verschließen sollte, aber es kam nichts raus. Die Notärzte stellten die Trage ab und wollten an Sanji anpacken. Dieser schloss die Augen und hatte wohl wieder einen Schmerzensschub. Er wurde in den Wagen gebracht und wir alle standen vor dem Haus versammelt. Das alles ging richtig schnell, jetzt sollte Sanji wohl ins Krankenhaus verfrachtet werden. Mir wurde in dem Augenblick schon klar, dass ich ihn im Krankenhaus auf jeden Fall besuchen würde. Aber anstatt abzufahren, blieb der Krankenwagen in der Einfahrt stehen. Einige Nachbarn guckten aus den Fenstern zu, und wir alle wurden zu Schaulustigen. Sanjis Wohlergehen lag jetzt in guten Händen, das Einzige, das eben blöd war, war, dass sich Sanji so geweigert hatte. Man kann ja nur schlecht gesund werden, wenn man sich gegen Medizin verschließt. Dann hauten die Ärzte die hinteren Wagentüren zu und wollten anscheinend abfahren. Ruffy lief um das Auto herum auf die Fahrerseite. „Und was hat er jetzt!?“ Der vermutliche Fahrer gab, wie zu vermuten war, keine Auskunft. „Ärztliche Schweigepflicht.“ Es brachte nichts, die noch weiter zu löchern, das hatte er dann auch kapiert. Sie stiegen ein und mir kam ein brillanter Einfall. Ich klopfte noch rechtzeitig an die Beifahrerseite und fragte den einen jungen Kerl, ob ich mitfahren könnte. „Nein, nur Angehörige dürfen mit!“ „Ich bin seine Schwester!“ log ich, hätten sie nach meinen Personalien gefragt, hätte ich meinen Ausweis natürlich vergessen. Er zögerte einen Moment, übereichte diese Nachricht an den Fahrer und dieser erlaubte mir, mitzufahren. Die Jungs hatten diese Lüge mitgekriegt, aber waren schlau genug, nichts auffliegen zu lassen. Mir wurde die Kofferraumklappe geöffnet und mein Herz machte einen Mordssprung, dass die das echt schluckten! Bevor die es sich anders überlegten, stieg ich ein. „Ich ruf euch dann sofort an, wenn ich was weiß!“ sagte ich zu den Jungs und verschwand dann in Sanjis Obhut. Ich durfte mitfahren, da es ja kein ernster Notfall war. Ich verstand nicht ganz, wieso sie jetzt unbedingt ins Krankenhaus wollten, aber Hauptsache, sie würden ihm helfen. Bei der Fahrt saß ich auf einem kleinen, mit Stoff überzogenen Hocker. Sanji lag widerwillig auf dem Liegebett und ich weiß nicht, ob er mitbekommen hatte, dass ich mitfuhr. Um ihn hantierte ein junger Mann, vielleicht der Erfahrenste von den dreien. Ich blieb still, so wie es in den Normen stand, und sah auf Sanji. Auf Warten war ich nicht gerade scharf, aber da es um Sanji ging, war es etwas ganz anderes! Ich sah auf die Uhr am Ende des Ganges, sie tickte sehr viel langsamer als andere Uhren, außerhalb vom Krankenhaus. Sanji wurde gerade untersucht und ich hing vor dem Wartezimmer rum. Mal stand ich, mal saß ich, mal holte ich mir eine heiße Schokolade, für Zeitschriften hatte ich keinen Nerv und nach einer dreiviertel Stunde wurde Sanji auch schon entlassen. Er war also doch nicht schwer krank, ich hatte schon mit allem Möglichen gerechnet! Asthma, Krebs, Diabetes, keine Ahnung was! Er lief aus dem Zimmer und hatte wohl noch einen wackelnden Kopf, da er ein wenig taumelte. Aber er konnte schon mal gehen, immerhin ein Anfang. Sollte ich hinter ihm her? Brauchte er erstmal frische Luft und fünf Minuten für sich alleine? Unentschlossen stand ich vor der Tür, da kam eine junge Krankenschwester heraus. „Ah, hallo.“ sagte sie und ich wunderte mich erstmal, dass sie gleich einen netten Eindruck machte. Aus dem Fernsehen kannte man Krankenschwestern nur als hektisch, ’ich- darf-nichts-sagen’ und verschlossen, doch dass sie mich von sich aus ansprach, fand ich schon mal toll. „Hallo.“ grüßte auch ich zurück und sie sah sich kurz um. „Sie sind doch die Schwester von dem Patienten, den wir gerade hatten, oder? Oder verwechsele ich sie da mit jemandem?“ Ich schnallte sofort, dass sie mit einer Verwandten sprechen wollte und stieg in das Schauspiel ein. „Ja, ich bin seine Schwester Seulgi.“ Hatte ich den Namen richtig ausgesprochen? „Also, seine Halbschwester wollte ich sagen.“ korrigierte ich mich, nicht, dass sie genauere Informationen hatten. Oh Shit, hoffentlich verlangte sie jetzt keine Geburtsdaten oder andere Angaben von mir, dann wäre ich geliefert! „Ja, also, ich wollte fragen,“ fing sie vorsichtig an, sah sich noch mal um, ob jemand den langen Gang entlanglief, „ob Sanji vielleicht physische Probleme hat? Schulisch oder familiär, meine ich?“ Sie war wohl total eine Anfängerin, aber mir zu Gunsten. Ich musste erstmal über diese Frage nachdenken. Schulisch oder familiär? „Also ich glaube, dass es bei ihm in der Schule schon gut läuft. Also das Schuljahr hat er erstmal gepackt, wir haben gerade Ferien. Und in der Familie...“ Ich schwank meinen Blick ein wenig hin und her, um ihr vorzumachen, dass ich überlegte, doch dann schüttelte ich den Kopf. „Also vor mir war jetzt eigentlich nichts, würde ich sagen.“ Die Schwester pulte an ihren Fingernägeln herum und sprach weiter. „Ja okay, dann kann ich auch nicht weiter helfen.“ Sie wollte sich wohl von mir abwenden, da hielt ich sie noch mal auf. „Wieso? Was hat er denn?“ Ich wusste, dass ich bei ihr bohren konnte, bis sie mir etwas sagte. Solange kein Arzt in der Nähe war konnte ich mir das erlauben. Sie wollte was sagen, doch ich kam ihr zuvor, um sie in Bedrängnis zu versetzen. „Bitte sagen Sie mir, was er hat! Er ist doch mein Bruder!“ „Also,“ fing sie an und ich konnte es kaum erwarten. „Ja, was?“ „In der Blutprobe haben wir... also wenn ich jetzt mit Fachbegriffen komme, verstehen Sie sicher nichts.“ lachte sie kurz ablenkend, doch mein Blick wies sie wieder zurecht. Sie merkte das auch schnell und räusperte sich. „Also wir haben Reste von Drogen bei ihm gefunden, er scheint vor kurzer Zeit mal so einiges genommen zu haben.“ Mein Kopf kippte weg. Ihr war es sichtlich unangenehm, es mir gesagt zu haben, war ihr eigentlich klar, dass sie dadurch ihren Job verlieren konnte? Aber egal, das schockte mich jetzt, um ehrlich, ehrlich zu sein. „Und...“ versuchte ich eine Frage zusammenzubringen, doch meine Zunge hemmte mich. „Und warum? Und was für welche? Und wann war das?“ Viel zu viele Fragen auf einmal, jetzt würde ich erst recht keine Antwort mehr bekommen! Die Krankenschwester wendete sich so, dass sie gehen müsse und wollte mich abwürgen. „Also, eigentlich darf ich das nicht sagen, das hab ich jetzt nur, weil sie die Schwester sind und so...“ redete sie sich raus und ich konnte sie nicht mehr aufhalten. „Ich habe Ihnen das nur gesagt, weil man Probleme immer an der Wurzel packen muss. Vielleicht können Sie ihm erstmal am Besten weiterhelfen.“ Sie lief den Flur entlang und ich setzte mich auf einen, an der Wand fest angeschraubten, Stuhl. Sanji und Drogen, diese beiden Wörter passten einfach nicht in einen Satz. Diese Information musste erstmal sickern. erstellt am 01.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 29: Intoxicant - Pubertät 15 ------------------------------------ Kapitel 29: Intoxicant - Pubertät 15 Sanjis Sicht Ich beeile mich, um möglichst schnell an die Brücke zu kommen. Es ist wie immer schon sehr spät, wie zu erwarten steht Tamara am Brückengeländer und sieht mir rauchend entgegen. Ich komme bei ihr an und wir begrüßen uns, machen uns dann auf den Weg zu ihrer Wohnung. Ich bin neulich von Marlboro auf Tabak umgestiegen, das ist billiger, hole mir jetzt, aus Gewohnheit, ein Filterpapier heraus und drehe mir meine Zigarette selbst. Tamara hat heute einen schnellen Schritt drauf, ich muss mich richtig beeilen, um bei ihrem Tempo mitzuhalten. Ich zünde mir meine Fluppe an und sehe dabei zu dem Sternenhimmel. Irgendwie bringt es keiner von uns zustande, ein Gespräch zu beginnen, bis wir bei ihr ankommen. Den großen Sternenwagen habe ich nicht gefunden, aber nicht so schlimm. Normalerweise rücken wir immer zwei Stühle vor das Fenster und öffnen es, setzen uns hin und schauen raus. Wir reden in letzter Zeit immer abends, ich bin erst seit über eine Woche mit ihr angefreundet, doch komme trotzdem täglich. Wir sind total auf gleicher Wellenlänge, deshalb habe ich auch schnell Vertrauen zu ihr entwickelt. Mit meinem Tagesleben brauche ich gar nicht erst anfangen, im Moment geht es mir nur abends gut. Mit Tamara kann ich unglaublich gut reden, über alle Probleme, ohne dabei seine Privatsphäre überschreiten zu müssen. Wenn jemand was nicht erzählen will, ist es okay, wir hören uns gegenseitig zu und genau das hatte ich schon die ganze Zeit gebraucht. Doch heute ist sie anders drauf, wir kommen bei ihr an, sie sagt nur „Warte hier.“ und verschwindet in ihrer Wohnung. Ohne groß noch weiter nachzudenken lehne ich mich an die Hauswand und rauche meine Zigarette zu Ende. Vielleicht will sie einen Spaziergang machen und holt sich noch eine Jacke, wer weiß. Ich rolle mir ein neues Blättchen zusammen, stecke es in den Mund und zünde es an. Die Sterne sind ganz schön schwach, es gibt ja Orte, wo der Himmel mit Leuchtenden überstreut ist, doch hier ist echt nichts los. Liegt wohl an der Großstadt. Heute ist es wieder etwas kühler, ich ziehe mehrmals an der Kippe, damit mir innerlich warm bleibt, und warte weiter. Wo bleibt Tamara nur? Da höre ich Gepolter... wenn man vom Teufel spricht, sie kommt gerade aus der Hochhaustür heraus. Tatsächlich hat sie sich was übergezogen, sogar eine Handtasche übergehängt, was ich bis jetzt noch nie an ihr gesehen habe. Sie läuft an mir vorbei, so, dass ich mich an ihre Versen hefte und gleichen Schritt halte. „Wo willst du hin?“ frage ich, doch sie antwortet nicht. Sie sieht geistesabwesend aus, hat keine Lust zu Reden und raucht nicht mal. Ich unterlasse es, sie bei ihrem Namen zu nennen, sie wird schon wissen, wo sie uns hinführt. Wir laufen den ganzen Weg zur Brücke zurück, dann weiter geradeaus, überqueren Straßen, lassen den einen oder anderen Spielplatz hinter uns, alles liegt im Dunkeln und ich bin richtig gespannt. Weit kann der Weg ja nicht sein, sonst hätten wir einen Nachtbus genommen. Dass sie heute nicht reden will, finde ich komisch. Die Straßenlaternen werden seltener, ich kenne die Gegend hier kein bisschen, weiß nicht mal den Namen vom Stadtteil, wo wir sind, doch das macht ja nichts. Ich fange schon die fünfte Kippe an diesem Abend an, mal sehen, bis zur wievielten ich noch mitzähle. Wir nähern uns einem verlassenen Parkplatz, von irgendwoher kommt Musik, doch ich kann nur die Richtung einordnen. Wir kommen auf jeden Fall näher dorthin, da es lauter wird und ich halte mich streng an Tamara, um mich nicht zu verlaufen. Das ist hier zwar nicht gerade wahrscheinlich, aber so wie sie sich beeilt, könnte sie schnell mal hinter einer Hauswand verschwinden und bei meinem Glück hätte ich in dem Augenblick woanders hingeguckt, bis ich alleine dastünde. Ich denke mal, die Musik kommt von dem Untergeschoss, doch obwohl wir uns zügig nähern, ist kein Licht zu erkennen. Hier kommt bestimmt keine Menschenseele her, ich frage mich, was Tamara hier wohl will? Und wieso sie mich mitgenommen hat? Neben dem Tiefgeschoss ist ein Gebüsch, man kann daneben eine Treppe runtergehen, die tagsüber vielleicht sogar benutzt wird, Tamara schlägt aber den Weg ins Gebüsch ein und bahnt sich dort einen Weg. Wir nähern uns bestimmt dem Ziel, ich rieche schon verstärkt Qualmgeruch. Da geht bestimmt eine Party ab. Mich irritiert nur, dass hier kein Licht ist. Da ist eine große Wand, anscheinend von einem anderen Parkhaus, wir laufen den langen Weg drum herum und da kommt uns eine riesige Welle von gut riechendem Gestank entgegen. Das sieht nicht direkt nach einer Party aus, aber anders kann ich es nicht beschreiben. Eine riesige Menschenmasse tummelt sich unter dem Parkplatzdach, jeder raucht, Schweiß, Cocktails und viel Rauch liegt in der Luft, sticht mir nicht nur in die Nase, sondern auch in die Augen und ich fühle mich mit einer Körperhälfte abgestoßen, aber mit der anderen genauso auch angezogen. Ich muss Tamara im Auge behalten, sie kennt hier sicher ein paar Leute, sie schlängelt sich auch schon durch die große Halle und ich verliere sie nicht aus den Augen. Nimmt sie überhaupt noch Rücksicht auf mich? Sie läuft auf eine Wandseite zu und stößt auf eine Clique zu, die sie irgendwie begrüßt. Meine Jacke kann ich glatt ausziehen, so warm ist es hier, im Gegensatz zur Abendluft draußen. Zum Sitzen ist nirgends Platz, einige tanzen, einige sind schon richtig besoffen, wer organisiert hier bitte schön Musik und Alkohol? Tamara hat wohl schon angefangen was zu schreien, man muss hier echt gegen den Lärm ankommen. Nichts desto Trotz gabele ich mir einen Weg zu ihr, fasse ich sie an der Schulter, dass sie sich zu mir herumdreht und ich will sie fragen, wo wir sind und was das für eine Party ist. Tamara benimmt sich richtig komisch, ich will nicht wissen, wie sie sich verhält, wenn sie zu ist! „Wo sind wir hier!?“ rufe ich und sie brüllt ihre Antwort zurück. „Schrei nicht so, ich bin nicht taub!“ Eigentlich müsste sie doch selbst merken, wie sehr das hier dröhnt! Meine ganzen Sinne werden benebelt und ich selbst werde nervös. Besser, ich stecke mir noch eine Kippe an, das macht mich ganz hibbelig, wenn es überall nach Rauch riecht und jeder qualmt, außer mir. Tamara hat sich auch schon wieder zu dem Halbkreis umgedreht und mich würde es nicht im Geringsten wundern, wenn hier mehrere Shishas, also Wasserpfeifen, rumgereicht werden. Die meisten sehen sowieso total zugekifft aus, dabei ist grad mal halb Eins, wie das wohl in zwei Stunden aussehen wird? Ich drängele mich neben Tamara, um den Anschluss nicht zu verlieren. Ich schubse ein wenig jemand andres zur Seite, der sich aber nicht daran stört, und sehe, wie eine Person in der Mitte irgendwelche Pillen austeilt. Er hat ganz viele in seiner Hand, sucht je nach Größe oder Farbe bestimmte aus und gibt sie allen in die Hand. Bei mir schaltet sich sofort der Verstand ein. Sind das Drogen? Sehen so Ecstasypillen aus? Nimmt Tamara davon auch welche? Ja, jetzt ist sie an der Reihe und bekommt vier in die Hand gedrückt. Der Typ will jetzt mich drannehmen, sieht, dass ich nicht hierzu gehöre, doch Tamara setzt sich für mich ein und ruft: „Das ist hn Neuer, der gehört zu mir!“ Dabei klopft sie mir kräftig auf die Schulter und der Kerl will mir was raussuchen, da mischt sich Tamara schon wieder ein. „Gib ihm ein paar verschiedene mit, dann kann er sich selbst was schmeißen! Hn paar von den Happy Pills, Love-Drugs, XTC und Adam!“ Hä? Sie bekommt sofort, was sie verlangt und tritt ein paar Schritte zurück, wobei sie da schon wieder an jemanden stößt. Sie sieht mich an und grinst, richtig berauscht. „Hier, das konnt ich für dich rausholn! Probier mal!“ Ich bin mir gar nicht sicher, sie ist doch sowieso schon total neben der Spur. „Na komm! Du bist doch hn Prachtkerl, Blondie, das verträgst du schon!“ gluckst sie unter Lachen und drückt mir zwei in die Hand. Diese eine Woche, wo ich sie schon kenne, hatte sie mich nur ganz am Anfang Blondie genannt, danach nur noch mit ’Sanji’ angesprochen. Jetzt hatte sie mich wieder Blondie genannt, ist das jetzt mein neuer Spitzname, oder was? Sie meint es zwar nur lustig oder so, aber- „Hallooo?? Erde an Blondie! Nicht einschlafen, schlucken!“ Tamara fuchtelt vor meinem Gesicht herum und holt mich aus meinem Gedankengang, ich balle meine Hand, fühle die kleinen Tablettchen darin und beiße mir auf die Lippe. Bevor mein Gehirn wieder das Sagen übernimmt, hebe ich meine Hand vor den Mund und werfe mir die Dinger rein. Im ersten Moment spüre ich nichts, keine Wirkung, muss man die so schlucken oder erst im Mund zergehen lassen? „Na also, geht doch!“ lacht sich Tamara halb schlapp und mit einem mal kommt mir alles sehr viel schöner, unwirklicher vor, eine Leichtheit erfasst mich und ich weiß gar nicht, was genau passiert. Alle Leute hier kommen mir plötzlich sympathisch vor, die Musik war doch schon die ganze Zeit schon mein Geschmack, was war nur vorher mit mir los? Klar weiß ich, dass diese Pillchen jetzt alles in mir auf den Kopf drehen, aber ist doch herrlich so! Die Luft riecht lecker und ich habe Lust auf tanzen, auf Party und auf alles andere, was es hier sonst so gibt. Keinen Plan, was los ist, aber es fühlt sich toll an! erstellt am 02.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 30: Streaker - Gegenwart -------------------------------- Kapitel 30: Streaker - Gegenwart Aces Sicht Supergeiles Wetter war es an dem Julitag und ich trat aus dem Reisebüro, ohne Tickets gekauft zu haben. Ich würde ganz einfach meinen Flitzer nehmen und mit Ruffy in Österreisch oder in die Schweiss fahren, dort bergsteigen, mit Rucksack und Messer kämpfen wir uns dann durch den Dschungel, mehr Ausrichtung braucht man da nicht. Zelten fand er ja schon immer toll, dieser Draufgänger. Ich rannte über die Straße, in mir kribbelte es nach Action, aber ich war mit meinem Schnittchen verabredet. Mein orangeroter Flitzer wartete bereits auf mich, auf seine Flammenmuster war ich immer sehr stolz gewesen, die hatten mein kleiner Bruder und ich mal aufgemalt. Mit Schwung setze ich mich hinters Steuer, drehte den Schlüssel im Zündschloss um und startete meinen Wagen. Beim Aufbrummen des Motors sahen ein paar Fußgänger zu mir und ich parkte aus, düste dann Richtung Nojikos Haus. Nur einen spontanen Zwischenstop machte ich noch, um meinem Schnittchen einen Blumenstrauß bei der Tanke zu holen. Sie machte mir die Haustür auf und smilte sofort, als sie mich sah. „Na, Puma?“ neckte sie mich, als ich das Haus betrat und ihr spielerisch die Blumen ins Gesicht streckte, sodass sie sich von mir fern halten musste. „Was ist denn, die sind für dich. Selbst gepflückt!“ log ich übertrieben und sie nahm mir die duftenden Grashalme ab, ging in die Küche und suchte eine Vase aus. Ich schwang mich auf den Küchenstuhl und beobachtete sie dabei. „Wie war dein Tag?“ Diese klassische Frage stellte ich ihr des Öfteren, womit ich sie anscheinend immer bei guter Laune hielt. So fing ich meine Spielchen an, wo sie immer einwilligte, und sie kam schon auf mich zu. „Och, gaaaaaaaanz okay.“ Mit dem vierbeinigen Hocker kippte ich ein wenig vor und zurück, ließ sie keineswegs aus den Augen. „Sehr schön. Und was war dein bisheriger Erfolg?“ Da seufzte sie und schwang sich auf den Küchentisch, um höher als ich zu sitzen. „Ach, meine kleine Sis hat Liebeskummer. Und ich krieg das schon den ganzen Tag zu hören.“ jammerte sie theatralisch. Ach, unser kleiner Rotschopf war verknallt, richtig süß. Um Nojiko unter die Arme zu greifen machte ich ein Angebot. „Wenn du willst, nehme ich das in die Hand, ich kann ihr ja mal ein paar Tipps geben – so von Mann über Mann. Verstehst du?“ Sie lächelte dankbar, zeitgleich polterte jemand die Treppe herunter. Nami erschien in der Küche, Stress lag in ihrem Gesicht und sie erblickte mich erst auf den zweiten Hingucker. „Oh, hi Ace.“ Ich hob meine Hand zur Begrüßung. „Hi.“ Sie hatte das Telefon in den Händen und das konnte schon viele Storys laut werden, wie zum Beispiel nächtlich probiert anzurufen, bei Freundin ausgeheult, herumtelefoniert wo er sein könnte, keine Ahnung was. Nur passte das alles nicht zu Nami. „Was ist los?“ fragte ich und zeigte mit dem Kinn auf das Telefon und Nojiko antwortete großzügigerweise für ihre kleine Schwester. „Sie ist hin und weg, weil einer ihrer Freunde im Krankenhaus ist. Wer war das noch mal?“ „Sanji war das, Mann! Ace, du warst doch auch da! Die Ärzte hatten ihn am selben Abend noch raus gelassen, doch zu Hause geht er nicht ans Telefon.“ Ich hob die Augenbrauen, er wurde nicht eingeliefert? Um Nami von ihrer Trauerstimmung los zu bekommen, redete ich auf sie ein, ganz erwachsen eben. „Und deswegen machst du dir Sorgen? Vielleicht will er einfach nur seine Ruhe haben. Lass ihn doch.“ zuckte ich die Schultern, doch das beruhigte sie nicht im Geringsten. Nami setzte sich auch an den Tisch und stützte den Kopf in ihre Hände, Nojiko schenkte Orangensaft ein und stellte das Glas direkt vor ihre Nase. „Dankeschön.“ sagte Nojiko in Namis Namen und hockte sich wieder auf den Küchentisch drauf. „Jetzt mach dir nicht so ’nen Kopf, der taucht schon wieder auf.“ Ihre Aufmunterungsversuche gingen in die Hose, denn Nami schmoll ein wenig. Sie hatte bestimmt mitgekriegt, dass Nojiko vor anderen Leuten einfach so über sie sprach, damit dauernd neckte, weil sie vor allen Jungs, also ihren Freunden meine ich, immer so besorgt dastand, und das passte ihr natürlich nicht. Bei Nojikos Art war das völlig normal, doch von der großen Schwester immer in den Schatten gestellt zu werden ist sicher nicht leicht. Auch wenn das bei Ruffy und mir schon immer ganz anders war, konnte ich Namis Empfinden nachvollziehen, sie wollte wissen, was mit Sanji los war, doch Nojiko tat so, als wäre nichts gewesen, da sie auch nichts mitbekommen hatte. Ich setzte mich in Bewegung und lief zum Radio und bekam nach dem Anschalten auf halber Lautstärke das Lied ’Zombies’ zu hören, von... wie hieß die Gruppe noch mal? ’Cranberries’ glaube ich... Nojiko sah zu mir rüber und seufzte gespielt, da sich das Nesthäkchen nicht auflockern ließ. „Hey, Nami!“ fing ich an, um deren Aufmerksamkeit zu bekommen und lächelte sie breit an. „Du brauchst dir doch keine Sorgen zu machen, Sanji ist doch nicht vom Erdboden verschluckt worden. Wenn er irgendwo außerhalb vom Krankenhaus noch mal zusammengeklappt sein sollte, hätten ihn doch schon längst irgendwelche Leute gefunden. Der meldet sich schon wieder, versprochen.“ Ich wollte ihr ganz ehrlich Mut zusprechen, und auch Nojiko stimmte bei mir ein. „Genau, du weißt doch, Unkraut vergeht nicht.“ Nami richtete sich auf und trank vom Orangensaft, aber antwortete noch nicht. „Ich hab dir doch vorhin gesagt, dass sie Liebeskummer hat. Ihm geht’s nicht gut und jetzt geht es ihr deswegen schlecht.“ meinte Nojiko, als sie zu mir rüber kam. Sie sprach absichtlich von Nami in dritter Person Singular, also als ob sie nicht da wäre, um sie zu ärgern. „Halt die Klappe, du hast doch keine Ahnung!“ reagierte die Rothaarige etwas zu schnell, jetzt hatte sie sich endgültig verraten, sie war auf jeden Fall in Sanji verknallt. Ich lachte ein wenig, weil das doch richtig lustig war, oder nicht? Sanji, alter Schwede, den kannte ich schon seit fast drei Jahren, der war zu Beginn bei mir im Kickboxen und als er auf Ruffys Schule kam, hat er sich mit meinem kleinen Bruder angefreundet. Und jetzt ist die Schwester meiner Freundin in den Freund meines Bruders verliebt, richtig ulkig. Nur gefiel ihr das überhaupt nicht, weil ich an dem Punkt lachte, und stand sauer auf. Sie wollte aus dem Zimmer raus laufen, doch Nojiko packte sie am Arm. „Hey hey hey, nun mach mal nicht so schnell.“ Nami blieb also im Zimmer stehen und sah ihre ältere Schwester an, welche bezaubernd und entschuldigend zugleich lächelte. „Ich mach mich doch nicht über dich lustig, Nami. Ich möchte nur nicht, dass du dich immer zu sehr um andere Leute kümmerst. Weißt du noch, als Vivi am Anfang diese Macke hatte? Da meintest du doch auch zu ihr, dass sie sich immer in alles reinsteigert, und genau das gleiche machst du gerade.“ Nami passte es wohl nicht so ganz, dass Nojiko Recht hatte, aber sie musste sich das eben anhören. Unerbittlich fuhr die Lilahaarige fort. „Ich muss dir einfach nur sagen, dass kein Junge es Wert ist, sich den Kopf so zu zerbrechen. Es sei denn, er hat schwarze Haare, Sommersprossen, einen gut gebauten Körper,...“ Wir beide kicherten, sie war doch wirklich der Hammer! Nojiko sprach weiter, wollte den Ernst nicht untergehen lassen. „Er ist doch nicht aus der Welt, den siehst du schon noch wieder.“ Jetzt entgegnete Nami ihr. „Du kennst ihn doch gar nicht! Du hast doch keine Ahnung, was los ist! Er ist beim Übernachtungswochenende bei Ruffy –also bei Ace- zusammengebrochen und wir haben den Notarzt gerufen. Weißt du, was ich mir da in die Hosen gemacht hab?“ Trotzig und fast schon vorwerfend sah sie Nojiko an, doch diese zuckte nur mit den Schultern. „Komm einfach mal wieder runter, der wird schon wieder gesund. Wenn die Ärzte ihn haben gehen lassen, wird’s schon nicht so schlimm gewesen sein, nicht wahr? “ Nami verschränkte die Arme und lief aus der Küche raus, bei der Treppe hoch in ihr Zimmer nahm sie je zwei Stufen auf einmal. Nojiko lief zum Kühlschrank und schnappte sich eine Schüssel mit Obst drin. „Was hast du mir denn Schönes vorbereitet?“ möchte ich neugierig wissen und sie holte zusätzlich zwei kleine Schälchen, mit kleinen Gabeln und es war doch tatsächlich ein Orangensalat. Schon als ich mein süßes Sahneschnittchen kennen gelernt hatte, war sie die totale Orangenvernatikerin. erstellt am 03.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 31: Sapidity - Pubertät 16 ---------------------------------- Kapitel 31: Sapidity - Pubertät 16 Sanjis Sicht Wir kommen im Club an und ich fühle mich von innen nach außen umgekrempelt, das ist meine Welt, hier auf der Szene kann ich richtig leben. Tamara und ich bahnen uns zu der Clique durch und werden von Agotogi empfangen. So wie viele andere hier auch ziehe ich an meiner Kippe, den besten Tabak, den ich bis jetzt kenne, ist Black Devils. Den Rauch möchte ich so lange wie möglich nicht aus den Lungen lassen, da stößt Pola zu uns hinzu und zwängt sich in unsren Halbkreis, ihre Augen kommen bei den dunkelblauen, gelockten Haaren nur mehr zur Geltung als sonst und man sieht ihr an, dass sie voll auf’m Trip gekommen ist. Agotori teilt uns wieder Pillchen aus, jeder muss geduldig warten, bis er an der Reihe ist, und auch ich beherrsche mich noch. Das Dröhnen und der Gestank hier sind mein Zuhause, komme täglich hierher, bin nachts nur noch auf der Szene, habe dadurch keine Probleme mehr. Bei Mama oder sonst wem hab ich mich gar nicht mehr gemeldet, wurde ja regelrecht rausgeekelt, hier ist meine richtige Familie. Alle aus der Clique akzeptieren einander, jeder behält seine Sorgen für sich, um die anderen nicht zu nerven oder voll zu labern. Wir entspannen zusammen und probieren kreuz und quer alle Pillenkombinationen aus, die uns einfallen. Ich bin nun an der Reihe und strecke meine Hand aus, bekomme meine übliche Ration und mache mich dann damit vom Acker. Tamara kommt hinter mir her und klammert sich von hinten um mich, bis wir auf der Tanzfläche landen. Wir tanzen bis zum geht nicht mehr, ich fühle mich wie immer ultra leicht, happy, hab hn tolles Mädel und bin nicht auf Horror. Man kann manchmal auf einen Horrortrip kommen, wenn man einen neuen Mix ausprobiert, das ist mir bis jetzt auch schon mal passiert. Das kann einem voll Angst einjagen, weil man sich die dümmsten Sachen einbildet, echt irre. Tamara zieht mich an den Rand der Tanzfläche, auch wenn es da genauso eng ist wie überall in der Halle, sie ruft mir was begeistert zu. „Hey Blondie, u usst unedingt al en Eedall roieren!“ Ich beuge mich weiter zu ihr runter, um sie besser zu verstehen. „Was?“ rufe ich und sie wiederholt sich. „Ich hab gesagt, du musst unbedingt mal nen Speedball probieren!“ Ich sehe ihr direkt ins Gesicht, da ich diesen Mix noch gar nicht kenne. Alle Mixe werden verschieden genannt, das gefällt mir, weil man nie weiß, was sich dahinter verbirgt. „Was ist in Speedball drin?“ will ich wissen und werde von ihr am Kragen noch weiter zu ihr runter gezogen, sie schreit mir fast ins Ohr. „Kokain!“ Ich weiche ein Stück zurück und sehe ihr ins rotbraune Gesicht, das Licht ist sowieso ganz dumpf und auch total vernebelt. Ich bereite zwei Zigaretten vor, für uns beide, und gebe ihr die Sargkeule, mit einem Grinsen. „Wenn du mir so was besorgst, probier ich mal!“ rufe ich und sie beginnt zu lachen. Sie verschwindet in der Menge und ich bleibe an der Wand gelehnt. Ich fühl mich super gut, siegessicher, reif, erfahren, cool, ziehe an der Fluppe und spucke auch mal auf den Boden. Drogen sind das Beste überhaupt, man kann voll entspannen und ich hab super Leute hier kennen gelernt. Das Black Devils hat sich auf meiner Zunge ausgebreitet, ich blase den Rauch in die Luft, nur, um danach möglichst schnell einen neuen Zug zu nehmen. Tamara kommt zurück, ich erkenne sie an dem auffälligen Top, wo das Weiß im Licht leuchtet, sie streckt mir schon von Weitem ihre Hand entgegen, damit ich den Speedball nehmen kann. „Danke, Mara!“ schreie ich und schlucke nach einmal tief durchatmen den Mix runter. Sie ist nun ganz bei mir angekommen und fällt mir um den Hals, lässt ihr Gewicht unter mir zusammensacken, absichtlich. Ich muss sie festhalten, dass sie nicht bis zum Boden runterrutscht, sie lacht dabei wie eine Irre, sie ist wohl ganz hin und weg. „Und da ist Kokain drin?“ frage ich in angemessener Lautstärke, gibt es Kokain pur zu schlucken? Sie grinst über beide Ohren und möchte mir etwas verraten, den Gesichtsausdruck kenne ich ja schon. „Ein Speedball ist Kokain und Heroin! Ich denke, dass du das mal probieren wolltest!“ Heroin ist das drin!? Ich dachte, dass kann man nur rauchen und schnupfen oder sich fixen, aber auch als Pillengemisch? Ich weiß natürlich, dass es hier auch Heroin gibt, bei den ein oder anderen Dealer, aber hat sie das wirklich von Agotogi bekommen? Ich dachte der hat nur Ecstasy. „Zeigt’s schon Wirkung?“ ruft sie mir zu und ich schüttele den Kopf, noch nicht. Irgendwann verlassen wir die Szene und laufen zu ihr. Mein Kopf hat hundert pro ein Loch, wo kalte Luft reinzieht, aber egal wie oft ich mir drüber fühle, da ist nichts. Alles dicht. Ich kriegs nicht mehr ganz hin, ein Blättchen zu drehen und geb’s irgendwann sogar auf. Wir kommen nach elend langer Zeit an der Brücke an, lehnen uns dort kurz an und verschnaufen. Ganz schön anstrengend bis hierhin zu laufen. Aber es geht immer weiter und wir erreichen auch ihre Wohnung. Ich könnt mich ins Bett werfen und sieben Jahre durchpennen, andererseits pulsieren meine Adern und bin hellwach. Die Wohnungstür fällt ins Schloss und ich renne ins Bad, muss mich übergeben. Das tut richtig gut, da fühlt man sich echt leichter, ich fühl mich danach immer wie von irgendwas befreit. Kotzen ist nicht schlimm, im Gegensatz, das ist vollkommen normal, seit ich auf die Szene gehe. Ich spüle mir im Waschbecken den Mund mit Wasser aus und gehe in Tamaras Zimmer. Sie kniet auf dem Boden und macht eine komische Pose, steht dann auf, kommt zu mir, ich bleibe starr stehen und warte auf das, was jetzt kommt. Wie in Trance lächele ich bloß noch, der Abend verlief so reibungslos, so perfekt, da fehlt noch der krönende Abschluss. Wir küssen uns, ich fühle nur die Wirkung der Droge in mir, nichts sonst, möchte plötzlich rauchen, geht aber nicht, darum muss ich den Heißhunger meiner Zunge mit Küssen stillen. Alles zerrt in und an mir, ist irgendwo auch angenehm, ich will mich nur gehen lassen und keiner Verantwortung mehr stellen. Mara reißt sich die Klamotten vom Leib. Warum auch nicht? erstellt am 03.05.2007 T4Kolibris, Elena Kapitel 32: Queue Time - Gegenwart ---------------------------------- Kapitel 32: Queue Time - Gegenwart Namis Sicht Ich verstand es einfach nicht, wieso sollte Sanji so etwas genommen haben? Mit ihm war doch sonst immer alles in Ordnung. Nachdem er zusammengebrochen war, hatte er sich total gegen ärztliche Hilfe gewehrt. Er wusste ganz genau, dass sie noch was in seinem Blut finden würden und hatte deshalb so gestrampelt und sich gewehrt. Aber jetzt nahm er doch keine Drogen mehr, oder? Wenn die Krankenschwester nicht so eine Singdrossel gewesen wäre, hätte ich es ja nie erfahren. Dann hätte es keiner gewusst, und es wäre alles so wie immer gewesen und weitergelaufen. Seit dem Krankenhausbesuch hatte ich ihn kein einziges Mal mehr gesehen, als er sich zwei Tage danach nicht gemeldet hatte, wurde mir echt Bange. Hing sein Zusammenbruch vielleicht mit Entzug zusammen? Ich meinte, Entzug von Drogen? Oder weil er vorher nicht genug Schlaf hatte, lag das jetzt an einer Krankheit oder an ihm selbst? Waren das alles Vorboten oder wie sah’s aus? Wieso zerbrach ich mir die ganze Zeit den Kopf darüber? Ich sollte ihn suchen, dann zur Rede stellen. Irgendwie würde er mir schon sagen, was los war, nur musste er dazu mal wieder auftauchen. Und wo anfangen, ihn zu suchen? Keine Ahnung, wo er sich immer herumtrieb. Am besten, ich würde bei ihm zu Hause warten, irgendwann müsste er ja so oder so zurückkommen. Montags war nichts von ihm zu hören, nach diesem beschissenen Wochenende, das war richtig beunruhigend. Erst ließ er sich ins Krankenhaus einliefern, und dass er dann entlassen wurde, wussten die Jungs nur über mich, also hätte Sanji sich gar nicht bei uns gemeldet. Den ganzen Sonntag kam kein einziger Anruf von ihm und obendrein war er zu Hause nicht erreichbar. Wenn er nach dem Wochenende noch krank wäre und deshalb kein Ton von sich hat hören lassen, wäre es ja okay gewesen, doch sonntags war er nicht bei sich zu Hause; also war er auf Achse. Und wäre er, ohne uns was zu sagen, in Urlaub gefahren, wäre ich echt stinkig geworden! Anderen Sorgen zu bereiten war wohl seine Spezialität. Zuhause war ich voll verstört, konnte mich auf keine Ablenkung konzentrieren, mir ging Sanjis krampfhaftes Gesicht vom Übernachtungsabend nicht mehr aus dem Kopf. Darum entschloss ich mich, ihn bei sich zu Hause abzufangen, um mit ihm zu reden. Wie es ihm ging, wo er sich so herumtrieb, dann vielleicht irgendwie vom Thema abkommen und auf Drogen ansprechen... keine Ahnung wie ich das anstellen sollte, aber ein Versuch war es allemal Wert. Darum machte ich mich bald darauf auf den Weg zu ihm, es war 16.00 Uhr und sehr sommerlich warm. Nachdem ich mir geschlagene zehn Minuten vor seiner Haustür die Beine in den Bauch gestanden hatte, wurde ich ungeduldig und setzte mich vor die Haustür. Mit meinem Kopf in die Hände gestützt verzog ich die Mundwinkel und musste immer wieder mal ausgiebig gähnen. Vom heißen Wetter war ich richtig ausgepowert und hatte keine Lust, hier meine Zeit zu verschwenden. Schließlich waren Ferien und ich hätte mich genauso gut mit Vivi treffen können. Aber Sanji musste ja irgendwann kommen, spätestens abends. Aber hier vor der Wohnung zu sitzen brachte auch nicht gerade viel, nur fiel mir nichts Besseres ein. Eine Zeit lang beobachtete ich die kleinen Wolkenfetzen, die am strahlend blauen Himmel vorbeizogen und mir wurde immer wärmer. Ich saß nicht im Schatten, deshalb wollte ich mein Top lüften. Ich krempelte es nach oben, dass es nur über meiner Brust gespannt war. An der Tür gelehnt wurde mir immer langweiliger. Ich könnte zwar gehen, doch vielleicht käme er ja bald. Ich ärgerte mich richtig, weil ich mir nichts zu Lesen oder sonst was mitgenommen hatte. Wie dumm und durch den Wind konnte man schon sein? Mich hielt wirklich nur die Vorfreude noch hier, weil ich Sanji sehen wollte, hoffentlich kam hier niemand vorbei, den ich kannte. Wäre ja ganz schön doof, immerhin verschwendete man nicht den lieben langen Tag, wegen einem einfachen Freund. Das Warten nahm kein Ende, es war gerade mal eine halbe Stunde vorbei, doch auf ihn würde ich jede Warteschleife in Kauf nehmen. Letztendlich stand ich auf, weil ich mir im nahe legenden Einkaufszentrum Kaugummis holen wollte. Ich klopfte gerade das bisschen Erde von meinem Hintern, also vom Rock, und setzte mich in Bewegung, da fiel mir etwas ein. Ich konnte doch in seine Wohnung rein! Ich wusste, wo er seinen Schlüssel aufbewahrte! Innerlich machte sich ein Freudenfest breit, ich hoffe zutiefst, dass Sanji ihn an seinen üblichen Platz zurückgelegt hatte. Hoffentlich war es so! Mit Herzklopfen hüpfte ich zur Regenrinne und fühlte mit meiner Hand darin rum, und bekam wirklich, wirklich einen Schlüssel zu fassen! Was ein Glück! Ich schloss die Tür auf und war gut gelaunt, weil ich erfolgreich fündig geworden war. Ich machte die Haustür wieder zu und ging durch den schmalen Eingangsflur. Dort war auf der linken Seite der kleine Holztisch, wo Notizzettel und Stifte lagen, an der Wand darüber war das Telefon aufgehängt. Ich lief weiter durch, bis ins Esszimmer und holte mir dann was zu Trinken. Wenn Sanji nach Hause kam, würde er sich wundern, mich hier anzutreffen. Darauf freute ich mich schon total, und bis dahin würde ich mir die Zeit schon noch vertreiben. Ich stellte das Glas auf den Tisch und betrat sein Zimmer. Letztes Mal war ich nur kurz hier gewesen, doch dieses Mal konnte ich ganz uneingeschränkt schnüffeln. Wie von selbst ging ich zu dem von der Tür aus gegenüber stehenden Möbelstück, wo das Foto seiner Mutter drin war. Das hatte ich mal bei der Nachhilfe gefunden und dann wieder umgedreht zurückgelegt. Ob es noch immer drin war? Normalerweise schon, wieso sollte er es auch rausnehmen. Ich öffnete die Schublade und sie war immer noch genauso ungefüllt wie das letzte Mal, der Fotorahmen stach als einzige Interessantes heraus. Doch es war gescheit umgedreht. Ich sah direkt das Bild seiner Mutter - nicht die Rückseite- von der älteren Frau, die in die Kamera lächelte und einen freundlichen Eindruck machte. Die kurzen, braunen Haare waren unverändert –war ja auch ein Foto, ich Schlaumeier- und ich fand’s wieder Schade, dass Sanji sie nicht mehr hatte. Er musste sie richtig vermissen, sonst würde er sich ihr Foto ja nicht noch mal angeguckt haben, oder? Wenn für mich jemand im übertragenen Sinn gestorben war, interessierten mich auch keine Fotos mehr, da wäre es mir egal, wenn die verstauben. Doch da das Bild umgedreht war, hieß es eindeutig, dass er es sich in dieser einen Woche noch mal angeguckt hat, wenn nicht sogar mehrmals. So wie letztens schon legte ich den Rahmen wieder unverändert an dieselbe Stelle zurück und schloss die Schublade wieder. Sanjis Bett stand in der linken Zimmerhälfte und daneben ein kleiner Nachttisch. Dieser hatte auch eine Schublade, die ich erforschen wollte. Bevor ich um das Bett herum lief, öffnete ich eine der beiden Gardinen, um mehr Licht hereinzulassen und kippte das Fenster auch noch. Es war nicht stickig in seinem Zimmer, doch leicht schwül. Man sah nur die paar Meter vom Rasen, der Sanjis kleine Bude umgab, und daneben war schon das Nachbarhaus, im selben Baustil. Hier ließ es sich eigentlich recht gut wohnen, ich mochte seine Bude. Ich nahm mir nun den kniehohen Nachttisch vor und fand drei Bücher darin. Das eine war für mich unwichtig, das las er wohl momentan, das andere interessierte mich auch nicht, aber das Unterste hatte ein Schloss dran. Sofort wurde meine Neugierde geweckt und ich nahm es heraus, um es genauer zu untersuchen. Siegesfreude, Triumph und Spannung überkam mich, ich wollte sofort wissen, was darin war. Ob er es merken würde, wenn ich an dem Schloss herumfummeln würde? Es war hundert Prozent sein Tagebuch, denn was sollten Jungs ansonsten mit einem Schloss versehen? Das musste etwas älter sein, da es ganz unten lag, also hatte er eine Zeit lang schon nicht mehr rein geschrieben. Also würde auch nichts über mich drinstehen, wenn er überhaupt was von mir schreiben sollte... Das Tagebuch war in einem Dunkelgrün mit roten Tupfern, und es war vor allem sehr, sehr dick. Man konnte von den Seiten oben und unten erkennen, dass unglaublich viele Bilder reingeklebt wurden. Entweder hatte er Sachen aus Zeitungen ausgeschnitten oder sonst was, oder er hatte was von Computern ausgedruckt. Vielleicht ja Bilder von seiner heimlichen Liebe? Den Gedanken schüttelte ich ab, das war bestimmt schon länger her, dass er dieses Buch gemacht hatte. Oder vielleicht war es gar nicht seines, sondern von wem andres, wobei mir das nicht sehr plausibel erschien. Wenn das wirklich sein Tagebuch war, und er irgendwas ausgedruckt oder ausgeschnitten hatte, und extra reingeklebt hat, wollte ich es unbedingt sehen, beziehungsweise lesen. Nur konnte ich mir das nicht gerade erlauben, das Schloss kaputt zu hauen, deshalb legte ich das grüne Buch unversehrt zurück auf den Schubladenboden, bedeckt von den andren beiden Büchern. Ich hatte schon einiges erfahren und fand es furchtbar süß, dass Sanji mal Tagebuch geschrieben hatte. Welcher Junge machte denn so was? Ich hätte es liebend gern gelesen, nur ist das dumme an Tagebüchern, dass sie für andere tabu sind. Ich ging aus seinem Zimmer heraus und in sein Bad, da meine Blase drückte. Ich ging aufs Klo und wusch mir danach die Hände ab, da bekam ich Lust, sein Regal zu durchsuchen. Was sollte er dagegen haben? Mal sehen, was für ein Deo er benutzte, was für Gesichtswasser er hatte, und so weiter. Mit Herz und Verstand war ich völlig bei der Sache, freute mich, dass ich mich hier ungehemmt durchgucken konnte, ich fühlte mich wie bei einem Wühlstand auf einem Flohmarkt. In der einen Schublade fand ich dann einen Löffel, was ich komisch fand. Der gehörte doch in die Küche, war aber schwarz angekokelt. Nach einiger Zeit ging ich zurück in die Küche, um mir was zu Essen zu machen. Eigentlich ging ich davon aus, dass man bei einem Hobbykoch anständige Sachen vorfinden würde, doch außer Brot wurde ich nur mit einem Joghurt fündig. Damit begnügte ich mich und löffelte ihn aus. Danach wurde mir langweilig, wusste nicht mehr, was ich tun sollte und schaltete deshalb den Fernseher in Sanjis Zimmer ein. Bei so heißem Wetter hang ich in der Wohnung meines Schwarmes rum, echt krass. Ich sah mir irgendwelche Sendungen an, wartete, dass Sanji bald kommen würde und machte es mir so lange bequem. Er würde sicherlich gegen acht Uhr kommen, hoffentlich ließ er sich nicht allzu viel Zeit. Es wäre ja unsinnig, wenn ich jetzt nach Hause gelaufen wäre, denn bis jetzt hatte ich schon gewartet, nun musste es sich auch lohnen und bis dahin würde ich die Zeit auch totschlagen. Es wurde immer später und später, ich legte zur Abwechslung eine CD in den CD-Player und ließ sie zweimal bis zu Ende durchlaufen, dann warf ich mich wieder vor den Fernsehen und wartete weiter. Wo blieb er nur? Es wurde richtig spät. Als er um Acht nicht kam, okay, doch schon eine halbe Stunde später sackte ich immer mehr in mir zusammen. Bald müsste er doch mal kommen? Vielleicht sollte ich Nojiko anrufen und ihr sagen, dass ich erst spät kommen würde oder sogar bei Vivi übernachten wollte. Mensch, Sanji, ich warte schon geschlagene fünf Stunden auf dich! Irgendwann nach halb Zehn machte ich den Fernseher aus und lief in der Wohnung auf und ab. Toll! Hätte ich den Schlüssel nicht gefunden, hätte ich nur vor der Wohnung gehockt und Zeit verplempert. Ein Glück war ich hier rein gekommen, aber trotzdem war es immer noch sehr langweilig. Und Sanji kam und kam einfach nicht. Draußen war es schon dunkel geworden, obwohl das im Sommer ja erst spät wurde, darum spielte ich schon mit dem Gedanken, mich in sein Bett zu legen. Aber lieber nicht, sonst würde ich Gefahr laufen, ihm als Schlafmütze unattraktiv vorzukommen. Im Eingangsflur hockte ich mich neben den niedrigen Holztisch, lehnte mich an die Wand und vertiefte mich in Träumereien. Mir kam es wie an einem Abend vor, wo man in seinem Bett liegt und einfach nicht einschlafen kann. Weiß der Kuckuck warum, aber Sanji hatte sich höchst wahrscheinlich auf dem Heimweg verlaufen. Dass er auf einer Party war, schloss ich aber aus, sonst wäre er ja erst abends losgegangen und nicht schon seit Mittags weg gewesen. Ich lehnte meinen Kopf an das Holz neben mir, ich hatte alle Lichter ausgemacht, nur da sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich alles genau erkennen. Ab und zu schloss ich die Augen, änderte meine Sitzposition schon gar nicht mehr, lauschte nur, ob ich was Interessantes hören würde und die Langeweile war nicht mehr so schlimm. Das Telefon klingelte nicht einmal, also hatten es die anderen gar nicht mehr versucht, Sanji zu erreichen. Außer mir machte sich wohl keiner richtige Sorgen um ihn. Okay, sie wussten auch nicht, was mir die Krankenschwester erzählt hatte. Hoffentlich ging es ihm gut, er durfte kein Alkohol oder sonst was getrunken haben. Ich war schon der Versuchung nahe, einzunicken, da hörte man im Hintergrund, oder besser gesagt vor der Haustür, Schritte, die zu meiner Richtung hin lauter wurden. Mein Innerstes war auf einmal hellwach, dass musste Sanji sein! Die Haustür wurde aufgeschlossen, doch ich blieb unbeweglich sitzen. Das war eindeutig Sanji, zum Glück war er allein, also er brachte keine Kumpels oder sonst wen mit. Die Tür fiel ins Schloss und er machte nicht das Licht an. Ich beobachtete von meiner Sitzposition aus, wie er seine Jacke aufhängte und dann die Schuhe auszog. Noch hatte er mich nicht gesehen, innerlich machte sich eine schwere Wärme breit, aber ich machte nicht auf mich aufmerksam. Reflexartig schloss ich die Augen, er konnte meinetwegen ja denken, dass ich schliefe. Mal sehen, ob er mich bemerkte und dann wecken würde. Vielleicht war es für seine Augen auch noch zu dunkel, weshalb er nichts wahrnahm. Ich sah nur Schwärze, verließ mich vollkommen auf meine Ohren und achtete auf jedes noch so kleine Geräusch. Er lief am Holztisch, folglich auch an mir, vorbei, da stoppten seine Schritte. Hatte er mich gesehen? Meine Augen ließ ich geschlossen, wollte sie entspannt aussehen lassen. Er hatte Socken an, die ein weiches Geräusch auf dem Fußboden hinterließen. Von meinem Hals aus lief ein kühler, warmer Hauch innerlich meinen Körper herunter, als ich das Schönste aller Geräusche vernahm: er hatte einen Schritt auf mich zugemacht! Anscheinend kniete er sich gerade vor mir, ich rührte mich nicht. Okay, was wollte er jetzt machen? Meine Aufregung war unangenehm sowie auch angenehm, aber ich stellte mich weiterhin schlafend. Vielleicht würde er mich wecken, ich hatte keinen Plan. Ich hatte meinen Atem unter Kontrolle, war gespannt auf seine folgende Handlung. Sanji berührte meinen Oberkörper an den Armen, dann weiter hinten an meinem Rücken, er wollte mich wohl hochheben. Ganz behutsam schob er seinen Arm zwischen die Wand und meinen Rücken, der andere unter meine Beine, was er aber sicherlich ohne Hintergedanken tat. Er hob mich und somit mein ganzes Gewicht vom Boden hoch, dann hatte er sich ganz aufgerichtet und ich spürte sein Hemd an meinem Arm. Hatte er Parfüm benutzt? Mein Gesicht verzog noch immer keine Miene, möglicherweise sah er auf mich runter, ich wusste es nicht und wollte abwarten. Er lief in sein Zimmer, ich hörte, wie die Tür sanft aufgestoßen wurde und dann, wie er schräg nach links lief. Er zog irgendwie die Bettdecke nach hinten, dann legte er mich ab. Vorsichtig zog er seine Arme zurück, deckte mich aber noch nicht zu. Komischerweise ging er zu meinen Füßen, was hatte er vor? Ein blitzschnelles Lächeln zuckte über meinen Mund, weil er mir meine Sandalen auszog, dann ließ ich meinen gelassenen Gesichtsausdruck wieder Stellung nehmen. Er musste mir ja abnehmen, dass ich schlief, ein Lächeln oder wenn es mich kitzeln würde, würde mich ja nur verraten, dass ich eine Simulantin war. Die Sandalen stellte er wohl auf dem Boden ab, ich fühlte mich pudelwohl auf seiner Matratze, in seinem Bett und hoffte, dass er sich neben mich legen würde, auch wenn er das ganz, ganz, ganz sicher nicht tun würde. Er setzte sich dann an die Bettkante, mir kamen alle möglichen Ideen, dass er mich vielleicht küssen würde, keine Ahnung, ich war total aufgeregt! Hoffentlich hörte er nicht, wie mein Herz raste! Das wäre ja nur schlimm, aber wie sollte man in so einer Situation nicht auf solche Gedanken kommen und auch Herzklopfen unterdrücken sollen? Sanji hob meinen Kopf vorsichtig hoch, ich dachte, er wollte mir ein Kopfkissen untendrunter schieben, doch er fummelte an meinem Hals herum. Anstatt einen BH hatte ich ein Bikinioberteil an, was er versuchte zu öffnen. Das fand ich etwas merkwürdig, aber ich schlief ja, in seinen Augen jedenfalls. Kurz darauf bekam er den Knoten auf und legte mich etwas zur Seite, schob mein Top am Rücken zur Hälfte hoch und machte mir da auch noch den Verschluss auf! Was geht!? Das Bikiniteil legte er wohl auf den Nachttisch, brachte mich wieder in Liegeposition, hatte mein Top wieder runtergezupft und er stand auf. Zugedeckt behielt ich meine Scheinlage bei und lauschte weiter. Sanji machte das Fenster zu, das ich gekippt hatte, oder nein, er machte es ganz auf, setzte sich auf das Fensterbrett, soweit ich das mit geschlossenen Augen beurteilen konnte, dann kam mein Riechsinn ins Spiel. Als das Geräusch von einem Streichholz an der Schachtel erklang, war mir schon klar, dass mir daraufhin Rauch in die Nase steigen würde. Mit dieser Vorahnung behielt ich auch Recht, und ich fasste einen Entschluss. Ich wollte ganz langsam die Augen aufmachen, blinzeln und so, dann in seine Richtung sehen, damit er denken würde, dass ich gerade aufgewacht war. Und falls er mich nicht sehen würde, würde ich ihn einfach beobachten und sobald er gucken würde, die Augen wieder zu machen. Guter Einfall! Ich zog das durch, doch Sanji sah aus dem Fenster raus, als er rauchte. Ein Knie lag angewinkelt auf dem Fensterbrett, das andere hing innerhalb des Zimmers bis auf den Boden hinab, ich bekam nur seinen Rücken zu sehen. Was sollte ich jetzt machen? Ich hatte den ganzen Tag auf ihn gewartet, und jetzt stellte ich mich schlafend, hoffentlich war es nicht so verkehrt, einfach in seine Wohnung zu kommen. Aber er wäre mir sicher nicht böse, schließlich war es seine Schuld, mir zu zeigen, wo er seinen Schlüssel aufbewahrte und sich zwei Tage bei keinem von uns zu melden. Während er rauchte, drehte er sich kein einziges Mal zu mir um, was ich schon bedauerte. Aber wie er mit gebeugtem Rücken dasaß, nach draußen schaute und ganz lässig an seiner Zigarette zog, kam die Verliebtheit wieder in mir hoch. Er hatte gar kein Wohnzimmer, also folglich auch kein Sofa, wo wollte er denn schlafen, wenn er mir sein Bett überließ? Doch nicht auf dem Boden? Bitte nicht... Er war mit seiner Zigarette am Ende und drückte sie am Fensterbrett aus. Würde er sich jetzt zu mir umdrehen oder eine Neue beginnen? Er drehte sich um, nahm dabei das angezogene Bein vom Fensterbrett runter und stand auf beiden Beinen. Mein Herz blieb in meinem Hals stecken, aus Schüchternheit schloss ich schnell die Augen wieder. Er schloss das Fenster und ich hörte seine Schritte, wurde glücklicher und nervöser, da sie sich dem Bett näherten. Drei unsichere Sekunden verstrichen, dann setzte er sich nochmals neben mich, während meine Gefühle ganz durcheinander huschten. Ruhig atmen, ganz normal schlucken, gelassen aussehen, die Augen zu lassen und er würde nichts merken. Ob er mich ansah? Musste er ja wohl, sonst hätte er sich ja nicht zu mir gesetzt. Seine Hand legte sich auf meine Schulter, zum Glück zuckte ich vor Überraschung nicht zusammen. Ich blieb total ruhig. Seine Hand auf meiner Schulter, was hatte das zu bedeuten? Dass er mich mag? Am Liebsten hätte ich gelächelt, doch musste meinen Mund unter Beherrschung halten. Weiter bewegte er sich nicht. Mutig atmete ich einmal tief ein, bis zum Anschlag, und dann langsam wieder aus. Wollte er jetzt die ganze Nacht so verweilen? Wieso tat er nichts? Das verursachte bloß Unruhe. Was er wohl dachte? Seine Hand rutschte ein kleines Stückchen weiter auf mein Schulterblatt, das löste irgendeinen Effekt bei mir aus, sodass ich langsam die Augen öffnete. Ich konnte sie einfach nicht länger geschlossen halten. Langsam sah ich erst geradeaus, dann drehte ich langsam mein Gesicht etwas zur Seite, das ich nach oben zu Sanji sehen konnte. Mir war es trotz Dunkelheit möglich, total gut zu sehen, es stellte sich Augenkontakt her und keiner rührte sich. Sanji blinzelte ein paar Mal, hatte so schöne Wimpern, dann sprach er ganz leise. „Ich wollte dich nicht wecken.“ Seine Hand zog er sachte zurück, -Nein!- und ich musste ihm irgendetwas entgegnen. Er hatte wohl nicht gewollt, dass ich etwas Falsches dachte, weil ich mitgekriegt hatte, dass er meine Schulter berührt hatte. „Schon okay.“ flüsterte ich, obwohl ich in derselben Lautstärke antworten wollte, wie er zu mir gesprochen hatte, aber unwichtig. Zurückhaltend lächelte er, an seiner Position erkannte ich, dass er vorhatte, gleich aufzustehen, was ich unter keinen Umständen wollte. Der Blickkontakt wurde durch das Wegdrehen seines Kopfes augenblicklich unterbrochen, ich musste ihn irgendwie hier behalten. Ich schälte meine Hand unter der Bettdecke hervor und berührte die seine. Herzflattern überfiel mich, und Hoffnung, dass es bei ihm möglicherweise auch so sein könnte. Hoffentlich! Hauchdünn war unser Handkontakt, was sollte ich jetzt noch rausbringen? Ein Satz musste her, doch mein Verstand lag flach, war vollkommen abwesend. Zumindest hatte es bewirkt, dass er wieder zu mir sah und plötzlich kamen mir ganz viele Antworten, oder besser gesagt Fragen, die sich in meinen Mund legten. „Wo warst du denn so lange?“ flüsterte ich wieder, sah ihn unentwegt an. Bevor er antworten wollte, überlegte er kurz. Bitte keine Lügen, ich wollte die Wahrheit hören. Doch Abwarten war bei meiner Ungeduld nicht drin und ich redete einfach weiter. „Wieso hast du dich nicht gemeldet?“ Wieder sahen wir uns in die Augen, ihm fielen wohl keine Antworten ein, warum denn nicht? Meine Hand hatte seine immer noch leicht berührt, ich wollte endlich wissen, was in ihm vor sich ging. Schon den ganzen Tag hing ich bei ihm rum, jetzt endlich war er da. „Sanji, ich hab mir Sorgen um dich gemacht.“ war das Letzte, das ich ihm zu sagen hatte. Jetzt sollte er mir kommen und sich erklären. Doch stattdessen senkte er nur seinen Blick und nahm nun meine, in seine Richtung ausgestreckte, Hand. Er umschloss sie gedankenverloren, sagte aber nichts. Wissbegierde und Verletztheit rührten sich in mir um, ich musste wissen, was los war, hatte aber Angst, dass er mir Lügen auftischen würde. Sanji musste mir einfach vertrauen, wir kannten uns doch schon lange und waren gut befreundet. Reichte das nicht? Aber es kam nichts. Elend lange Sekunden kam nichts von ihm, was mich traurig stimmte. Doch er hielt meine Hand umschlossen, was mein letzter Funken Hoffnung war, an dem ich mich festnagelte. „Entschuldige, dass ich nicht angerufen habe. Und dass ich so spät gekommen bin.“ Dies hatte er in einer reuen Tonlage von sich gegeben, aber das reichte mir längst nicht mehr. Ein oder Zweimal war es okay, da nahm ich es ihm noch ab, aber wenn es ihm wirklich Leid tat, uns alle so zappeln zu lassen, dann müsste er doch verhindern wollen, dass es öfters vorkam. Also super, was hatte ich jetzt davon? Gar nichts... ich entzog meine Hand wieder und legte sie aufs Bettlaken. Dabei wandte ich meinen Blick von ihm ab, sah nur geradeaus an die Zimmerwand. Einen Moment lang passierte nichts. Dann legte er seine Hand wieder auf meine Schulter und rieb mich kurz an der Stelle. „Gute Nacht, Nami.“ Dann stand er auf und ging kaum hörbar raus. Vor der Tür blieb er noch mal kurz stehen und sah noch mal zu mir, ich merkte es aus dem Augenwinkel heraus, aber blieb stumm. „Schlaf gut.“ Er verließ sein Schlafzimmer und ich wollte nicht hören, wie die Tür zugemacht wurde. Und dass dann seine Socken über den Fußboden hinter der Tür Schritte begleiteten, wollte ich auch nicht hören. Er hätte doch mehr machen können, wieso hatte er das nicht? Wenigstens eine Erklärung hatte ich mir erhofft, doch wohl umsonst. erstellt am 05.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 33: Casualty - Pubertät 17 ---------------------------------- Kapitel 33: Casualty - Pubertät 17 Seulgis Sicht Egal wie fest ich mein Kopfkissen auf den Kopf drücke, es hilft einfach nichts! Mir tut mein Kopf so weh, fast jeden Tag schmeiß ich mich deswegen ins Bett. Am Anfang hat es noch geholfen, wenn ich ein Bad genommen habe, aber jetzt bringt alles nichts mehr! Das ist so furchtbar... mir dröhnt das richtig, so als ob ich mir den Kopf immer irgendwo angestoßen hätte, was aber gar nicht sein kann. Der Arzt hat mir Tabletten verschrieben, aber die scheinen gar nicht zu helfen. Ich hab sogar schon paar Mal in der Schule gefehlt, weil es nach dem Aufwachen einfach so schlimm war! Lydia hat mir Jasmintee aus einem teuren Bioladen gekauft, den ich mittags immer schlürfe. Danach hilft es mir zwar, doch die Schmerzen holen mich immer schnell wieder ein. Verdammt noch mal... Wenn Sanji nur hier wäre, dann wäre ich ganz sicher geheilt. Ich vermisse ihn so schrecklich, in mir klafft ein riesiges Loch, ich bin unerfüllt und habe pure Sehnsucht nach ihm. Schon seit über einem Monat habe ich ihn nicht gesehen, will wissen, wie es ihm geht, was er macht, ich habe echt gegen meine Krämpfe zu kämpfen und denke ausschließlich an ihn. Aber es kann doch nicht sein, dass ich diese Höllenschmerzen nur aus Sehnsucht habe? Klar bin ich traurig, dass Sanji nicht hier ist, aber das sind doch keine Gründe, weshalb ich so Kopfwehbefallen bin. Ich meine, ich weiß ja, dass es ihm gut geht und er wenigstens frei ist. Papa sperrt mich auch nicht mehr weg, aber ich darf nicht außerhalb von Zuhause weggehen. Nur Freunde einladen, nur habe ich dafür im wahrsten Sinne des Wortes keinen Kopf. Lernen läuft bei mir schon mal gar nicht, dafür sind meine rasenden Kopfschmerzen einfach zu stark. Manchmal habe ich auch Bauchweh, aber das kommt nur, wenn es mir schwindlig wird, das ist echt verrückt. Ich hab wirklich Schiss, dass ich eine Krankheit haben könnte! Sanji könnte mich in den Arm nehmen, mich trösten und küssen, aber er ist nicht hier. Vielleicht geht es ihm ja genauso schlecht wie mir, aber tue ich es auf keinen Fall. Papa bringt mir eine Wärmeflasche, welche ich mir auf den Bauch lege. Nicht mal Fieber habe ich, das würde wenigstens einiges klären. „Wir gehen nachher zum Doktor.“ sagt Papa und ich nicke nur kraftlos mit dem Kopf. Nicht mal Gedichte schreiben kann ich momentan, was mein einziges Hobby ist, abgesehen vom Tablettenschlucken. Ich schleife durchs Haus, weiß einfach nicht, was ich machen soll, nicht mal frische Luft hilft noch weiter. Ich sehe mir sehr viele Walt Disney Filme an und vertreibe mir somit die Zeit. Dann ist es 14.00 Uhr und ich mache den Fernseher aus. Ich schlüpf in meine Turnschuhe und ziehe meine Jeansjacke über. „Papa, kommst du?“ rufe ich in die Wohnung rein, er soll sich bitte beeilen. Gleich darauf kommt er aus dem Schlafzimmer raus, kramt dann in seiner Hosentasche und dreht sich abrupt wieder um. „Wo sind meine Autoschlüssel?“ Ich reibe mir die Augen, da sie richtig dolle jucken und warte, bis Papa seine Schlüssel wieder findet. Immer das gleiche, wirklich jedes Mal. Ich lehne mich gegen die Haustür und halte den Türknauf fest, bereit, ihn gleich runter zu drücken. War ich gestern beim Schlafwandeln auf einer Party, oder weshalb ist in meinem Kopf so ein berauschendes Kreisen? Mit einer Hand reibe ich mir wieder übers Gesicht, muss dann gähnen und die Kopfschmerzen kommen und gehen, kommen wieder und gehen, bleiben und gehen, kommen und bleiben. Wo steckt Papa nur? Warum kann er seine blöden Schlüssel nicht einfach auf die Kommode legen, wenn er nach Hause kommt? Das Telefon klingelt gerade. Papa kommt aus dem hinteren Wohnungsteil geeilt und nimmt ab, mir fehlt es einfach an Kraft, mich einem Dialog zu stellen und durch eine bloße Leitung mit jemandem zu sprechen. Höchstens wenn es Sanji wäre, würde ich es tun, was aber leider unwahrscheinlich ist. „Ja hallo?“ höre ich Papa anfragen, verfolge dann weiterhin das einseitige Gespräch. Dazu läuft Papa ins Wohnzimmer, ich verweile weiterhin an der Tür gelehnt, schließe die Augen und kneife sie leicht zusammen. „Ja, ich sitze, warum? (...) Ja. (...) (...) Nein.“ Wie Papa das ’Nein.’ ausgesprochen hat, gefällt mir überhaupt nicht. Da ist was passiert, ich laufe ins Wohnzimmer und sehe ihn im Sessel sitzen. Was ist los? Ich muss warten, bis das Telefonat beendet ist, bevor ich eine Antwort kriege. „Wo ist sie gerade? (...) Geht es –geht es ihr gut?“ Oje, das hört sich nicht, wirklich nicht gut an. Ich lege meine Hand auf den Sesselsaum und schließe meine Augen noch mal kurz, da das Kopfweh wieder zurückkommt. „Ok. Danke, wir kommen.“ Damit legt Papa auf und ist einen Moment mucksmäuschenstill. Ich räuspere mich leise. „Wer war das?“ Es kommt keine Antwort, also ist was passiert. Ich versuche es noch mal. „Ist was passiert?“ Papa hebt sich aus dem Sessel hoch. „Lydia hatte einen Autounfall. Sie liegt im Krankenhaus.“ Oh! Hoffentlich ist da nichts Schlimmes passiert! Papa sieht sich kurz im Wohnzimmer um und geht dann zielstrebig zum Fernseher. Auf dem Videorekorder liegen die Autoschlüssel, die er an sich nimmt. „Wir fahren hin.“ erstellt am 06.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 34: Peck - Gegenwart ---------------------------- Kapitel 34: Peck - Gegenwart Namis Sicht Ich wachte auf. Sonnenstrahlen kamen durch das Fenster und von außen her hörte ich Vogelzwitschern. Mit einem Mal fiel mir ein, dass ich in Sanjis Bett lag, ich war bei ihm zu Hause. Ich drehte mich um, stellte fest, dass ich mich alleine in dem Zimmer befand und richtete mich auf. Sollte ich nachsehen, wo er Vorlieb genommen hatte zu schlafen? Ich setzte meine Füße auf den Boden ab, stand auf und schlich zur Zimmertür. Vorsichtig öffnete ich sie und konnte schon ins Esszimmer sehen, wo Sanji am Tisch saß. Er hatte den Kopf auf den Armen liegen und schlief noch. Die ganze Nacht hatte er da gesessen, nur, um nicht neben mir schlafen zu müssen, aus Höflichkeit. Ich ging ein paar Schritte rein, er sah friedlich und richtig süß aus, dann sah ich in der Küchenuhr, dass es erst halb Sieben war. Ich konnte mich also noch mal in aller Ruhe hinlegen. Doch Sanji beim Schlafen zuzugucken war doch viel schöner und sinnvoller. Darum stellte ich mich vor den Tisch und sah ihn an, wie er ein -und ausatmete und noch in Alltagskleidung eingekleidet war. Mir gefiel das rote Hemd, das stand ihm richtig gut, das hatte er noch nie in der Schule angehabt. Mein Blick blieb an seinem Gesicht hängen, richtig unschuldig sah er aus, und verletzlich. Seine Narbe bekam wieder meine Aufmerksamkeit, woher hatte er sie nur? Und warum nur auf der Unterlippe, nicht ins Gesicht rein? Sie war schon verheilt und es musste sich doch cool anfühlen, ihn mal zu küssen. Ich seufzte und tat doch wieder leise Schritte in sein Schlafzimmer. Lautlos schloss ich die Tür und legte mich wieder hin, kuschelte mich in seine Bettdecke. Ein zweites Mal wachte ich etwas später auf, als Sanji in mein Zimmer kam. Oder besser gesagt in sein eigenes. Ich blinzelte noch müde, bis ich ihn erkannte. Er lächelte mir einen „Guten Morgen.“ zu. Ich drehte mich auf den Rücken, um zu ihm hochsehen zu können und lächelte ebenfalls. „Morgen.“ Sanji lief um das Bett herum, um das Fenster zu kippen und kam dann wieder auf meine Seite zurück. „Und, gut geschlafen?“ Und vor allem gut aufgewacht. Ich nickte müde, doch war innerlich schon in Topform. „Magst du Frühstücken?“ spielte er den vorbildlichen Gastgeber und ich wusste ehrlich nicht, ob ich nun Hunger hatte oder nicht. Ich entschloss, zu verneinen. „Okay.“ meinte er und kratzte sich am Hinterkopf, ich hätte ihm auch nur zu gern durch die Haare gewuschelt. Ich breitete den Arm aus und klopfte auffordernd auf die Matratze, auf der ich lag. „Setz dich doch.“ Einen Moment wartete er, doch folgte meinem Vorschlag, worüber ich innerlich jubelte. Die Matratze senkte sich ein wenig, als er Platz nahm und war mir nun sehr nahe. „Was gibt’s?“ fragte er und ich überlegte, was ich jetzt sagen könnte, was sich nicht dumm anhören würde. „Nichts. Wollte einfach nur, dass du dich zu mir setzt.“ Wir beide lächelten, wieso war er nur manchmal so schüchtern? Früher hatte er doch mit wildfremden Mädels rum gemacht, dass er das abgestellt hatte, fand ich ja gut, aber weshalb war er nur so in sich gekehrt geworden? Ich sprach weiter. „Wo warst du denn gestern?“ Er sah mich an und ich wartete, dieses Mal würde er sich nicht rausreden, das würde ich ihn nämlich nicht durchkommen lassen. „Ich ähm...“ Er sah sich ein wenig im Zimmer um, so als wäre er hier noch nie drin gewesen. Da fiel ihm sein gestriger Tagesverlauf anscheinend wieder ein, denn er sah mich an und grinste freundlich. „Ich war bei einem Vorstellungsgespräch.“ rückte er mit der Sprache raus. War das jetzt sein Ernst? „Und für was? Willst du einen Ferienjob machen?“ Er lächelte breit, wo sich die schönsten Lachfalten überhaupt bildeten! Ganz um seinen Mund herum zogen sie sich nach oben, und er hatte auch so richtig schöne Zähne! Sein Lächeln war das Schönste überhaupt an ihm, genauso wie seine schönen Wimpern, seine schönen Augen, die Haare, die Wangenknochen, ach Mensch! Nicht in Träumereien versinken, wie oft musste ich mir das noch sagen? „Ich werde über die Ferien nach Mocktown fahren! Da mach ich eine Ausbildung zum Koch!“ strahlte er weiter und ich richtete mich im Bett auf. „Echt?“ „Ja! Ich wurde genommen!“ Irgendwo aus meinem Körper hatte jemand eine Schublade geöffnet, wo sich die ganze Zeit über Freude gelagert haben musste! Sanji hatte ein Praktikum! Da ihn das so glücklich machte, musste ich mich einfach für und mit ihm freuen! „Das –das ist ja super!“ Ich war total sprachlos! Am Liebsten hätte ich ihn umarmt, oder sonst wie gratuliert, nur hatte ich damit jetzt gar nicht gerechnet und saß nur wie ein Klotz auf der Matratze. „Und wie, die waren total von mir begeistert! Ich fahre in fünf Tagen!“ Da stoppte alles in mir. Er fuhr dazu weg? Wohin? Für wie lange? Er durfte nicht weggehen! Ich brauchte einen Moment, um alles in meinem Kopf zu sortieren, bis ich etwas herausbrachte. „Ich freu mich voll für dich!“ lächelte ich weiterhin, obwohl mir ehrlich gesagt schon mulmig wurde. Wo lag Mocktown überhaupt? Ich wollte nicht, dass er wegging. Sanji sah mich an und erwartete wohl, dass ich noch etwas dazu sagte, aber mehr als schief lächeln konnte ich dann doch nicht mehr. Es breitete sich eine zähe Stille aus und mir fiel nichts ein. Von seinem Bewerben hatte er nicht einmal gesprochen, was ich auch nicht direkt nachvollziehen konnte. „Wie lange bist du dann weg?“ wollte ich wissen, wobei ich schon befürchtete, dass es die ganzen Sommerferien betreffen würde. „Für vier Wochen. Ich fahr am Samstag.“ Ich nickte, pulte dabei an meinen Fingernägeln rum. Vier Wochen ohne Sanji, da wollte mich wohl irgendjemand bestrafen. Aber wenn es ihm half, war es doch okay, immerhin hatte er sich gerade eben noch total gefreut. Aber dass ich ihn jetzt so lange nicht sehen würde passte mir nicht in den Kram. Gedankenversunken starrte ich auf meine Nägel, fummelte da weiter rum und musste dann lächeln, da mir was in den Sinn kam, dass ich zu ihm sagen konnte. „Da werd ich dich dann vermissen.“ Hoffentlich hörte sich das nicht zu traurig an, aber es entsprach auf jeden Fall der Wahrheit. Ich sah zu ihm, wobei Sanji vor sich hin guckte. Da er meine Kopfbewegung bemerkte, hob er seine Augenlieder hoch, sah zu mir und wir verfingen uns. Das war unvorhersehbar. Mir wurde blitzartig klar, dass so Liebe auf den ersten Blick sein musste und Sanji genauso fühlte wie ich, anders ging es gar nicht! Mir wurde das in einem Sekundenbruchteil klar, der Augenkontakt hielt einfach einen Moment zu lange an. Ich würde ganz sicher nicht zuerst den Blick abwenden, genauso wenig wie er es im Sinn hatte. Eine Sekunde nach der anderen verstrich, alles in mir wurde aufgewühlt und ich verbrannte in meiner Magengegend. Sein Blick war so stechend, ich fühlte einen innerlichen Schauer, der mir von der Brust in meinen Bauch floss und sich dort ausbreitete. Der Moment war perfekt, ideal für einen Kuss, nur saß er leider zu weit von mir weg! Es wurde mir zu brenzlig, seine Augen waren zu stechend und ich musste schlucken, hoffentlich hatte er es nicht gemerkt. Wie von selbst fingen meine Augenlieder an zu flackern und ich musste unwillkürlich den Blick senken – verflucht! Unmerklich kam mir Sanjis Oberkörper ein Stückchen näher, was ich erst einen Augenblick später merkte, da war er mir schon richtig nahe und mit der Situation konnte ich auf Anhieb nichts anfangen, gar nicht erst einen Gedanken fassen, sondern schloss schon automatisch die Augen. Seine Nähe war schon greifbar nahe, im nächsten Moment konnte ich schon den ganzen Ablauf erahnen: sein Mund würde sich auf meinen legen, da – wirklich! Wirklich, wirklich WAAAAAAAAAH! Er küsste mich tatsächlich! Er hatte wirklich die Initiative ergriffen und seinen Mund auf meinen gelegt, mich damit total überrascht, wobei ich es mir doch schon gedacht hatte! Total perplex musste ich das erstmal ordnen, schmiegte meine Lippen an seine, wollte den Kuss mehr als nur entgegennehmen, doch alle Funktionen in meinem Körper wurden lahmgelegt. Ich brachte es nicht mal zustande, meine Hand irgendwo an seinen Körper anzulegen, weder seine Hand zu ergreifen oder ihn im Gesicht zu streicheln, durch die Haare zu fahren oder sonst was, in mir verknoteten sich alle Muskeln und wurden von Endorphinen angedockt, mir kamen die irrsinnigsten Bilder in den Kopf, echt bescheuert! Da küsste mich mein Traummann, doch leider berührte er mich nicht mit seinen Händen oder sonst wie, nur unsere Lippen waren Verbindungsstellen unserer Körper. Ich fand das unglaublich schön, hätte ausflippen können, um mein ganzes Gesicht legte sich eine undurchdringliche Schicht, der Moment sollte nie aufhören, doch Unsicherheit und auch Schüchternheit ließen meinen Wunsch nicht in Erfüllung gehen. Vorsichtig lösten sich seine Lippen von meinen wieder, aber seine Nähe war immer noch spürbar, doch er wich einige Zentimeter zurück. Nicht überstürzt öffnete ich meine Augen, sah erst noch nach unten, bevor ich Blickkontakt mit ihm suchte. Uns beiden war dieser überraschende Kuss wohl noch peinlich, es gab keine Erklärung zwischen uns, nur Unsicherheit und Erwartung. Hatte er es getan, weil der Moment einfach wie geschaffen dafür war? Oder hatte er sich das auch schon vorher mal gewünscht? Wir starrten an uns vorbei, Löcher in die Luft, die Stimme fehlte und ich war total aufgeregt. Als er begann zu sprechen, konnte ich ihn immer noch nicht ansehen. „Ähm... magst du Kaffee?“ Die Frage ließ sich auf mir nieder, ich sah schüchtern auf das Bettlaken und nickte. Sanji stand auf und ich schälte mich irgendwie aus der Bettdecke, konnte glücklicherweise geradeaus laufen und folgte ihm in die Küche. Meine Güte, ich hatte nur meinen Rock und das Top an, trug gar keinen BH oder Bikinioberteil darunter, das war mir doch etwas unangenehm, aber ließ es mir nicht anmerken. Ich betrat hinter ihm das Kochreich, er lief zum Schrank und holte Filterpapier mit dem dazugehörigen Pulver heraus. Ich sah mich im Zimmer um, dann aus dem Fenster, dann zu ihm. Mir kam es komisch vor, ihn einfach zu beobachten, da wir uns gerade so nahe waren, aber ablenken konnte ich mich mit der Kücheneinrichtung doch nicht. Als er den Filter rein machte, sah ich, dass er an der Hand ein klein wenig zitterte, was mich total freute, denn dass hieß nämlich, dass er auch aufgeregt war! Also musste der Kuss etwas bei ihm ausgelöst haben, vielleicht sogar dieselbe Wirkung, wie bei mir. Innerlich hoffte ich weiter, während der Kaffee vor sich hinkochte. Bei der Wartezeit lehnte sich Sanji an den Küchentisch und sah halber zu mir. Erst da fiel mir auf, dass er gar nicht geraucht hatte, ich hatte keinen Restgeruch durchgeschmeckt. Irgendwie war das ja auch gut so, nur hatte ich überhaupt keine Erinnerungen an seinen Livegeschmack. Wie schmeckte er denn jetzt? Dazu war der Augenblick viel zu kurz gewesen, ich wollte ihn noch mal küssen, klarstellen, was das nun zu bedeuten hatte und überhaupt alles. Waren wir jetzt vielleicht zusammen? Normalerweise trank ich keinen Kaffee, nur wenn ich wirklich lernen musste und zu müde war, dann jedoch ungern, aber heute hatte ich richtig Lust darauf, was eindeutig an Sanji lag. Ich wollte mit einer Tasse in den Tag steigen, war richtig glücklich, nur die Stille zwischen uns störte. Endlich war die Brühe durch und Sanji goss das heiße Getränk in zwei Tassen. „Magst du Milch oder Zucker?“ „Ähm, nein danke.“ Ein Wunder, dass ich überhaupt eine Antwort herausbrachte. Wir gingen ins Esszimmer und setzten uns, noch immer schweigend. Ich nippte vorsichtig am Becherrand, schielte manchmal zu Sanji hin. Wieso er mich wohl geküsst hatte? Ich fand das natürlich richtig toll, aber jetzt kam leider nichts mehr von ihm –Schade! „Und, was machst du heute noch?“ fing er an und ich sah das erste Mal direkt in seine Richtung. Dann überlegte ich natürlich nicht lange und brachte irgendetwas zusammen. „Nojiko wollte noch aufräumen, ich helfe ihr.“ Das stimmte nicht einmal, aber egal, überprüfen konnte er es nicht. „Weiß sie, dass du bei mir übernachtet hast?“ Ich verneinte und wurde ruhiger. Zum Glück kein zähes Beisammensein, ich war heilfroh, dass er ein Gespräch angefangen hatte. Ich kam ihm jetzt auch entgegen. „Schreibst du mir eine Karte aus... Mocktown?“ Ich wusste sogar noch den Namen von der Stadt, Respekt. „Klar.“ lächelte er, wieder waren Ansätze seiner schönen Lachfalten sichtbar und ich musste es wohl so hinnehmen, dass er halt wegging. Schließlich freute er sich darauf und es war ja gut für seine berufliche Zukunft. Nach langer Zeit hatte ich es fertig gebracht, die Tasse ganz auszutrinken und Sanji trug beide in die Küche. Ich seufzte in mich rein und blieb auf dem Stuhl sitzen. Er kam zurück. Sollte ich jetzt besser gehen? Hatte das nichts zu bedeuten? Warum hatten wir uns auch gerade geküsst, wo doch schon feststand, dass er gehen würde? Ich stand auf. „Also, äm ich-“ Nicht verhaspeln, ich Depp! Ich musste einfach einen kurzen Moment klar im Kopf werden, begann noch mal von vorne. „Also, danke, dass ich bei dir übernachten durfte und dass es dir nichts ausgemacht hat.“ Ich strich einige Haare hinters Ohr. „Klar, kein Problem.“ Ich wippte ein bisschen mit dem Kopf, sah dabei zu Boden, blickte noch mal zu ihm auf, lächelte dabei. „Ich hol dann mal meine Sandalen.“ „Okay.“ Ich lief in sein Zimmer, nutzte die Gelegenheit um einmal tief Luft zu holen und kam zurück in den Eingangsflur. Mit einem Meter Entfernung von ihm schlüpfte ich in meinen Schuhersatz, sah nochmal etwas verlegen zu Sanji und wollte dann zur Haustür gehen. War jetzt alles schon wieder vergessen? Kam noch was? „Also dann, guten Heimweg.“ wünschte er mir mit zurückhaltender Stimme, was ich klipp und klar süß fand, aber leider nicht ausreichend genug. Mein Herz raste im leichten Tempo, ich drehte mich nochmals zu ihm um, zeigte ihm mein schönstes Lächeln. Unser Augenkontakt blieb wieder länger bestehen, als es unter Freunden normal war, worüber ich mich unendlich freute! Woher hatte er nur seine schönen Wimpern? Ich wollte gar nicht gehen, hätte ihn lieber noch mal geküsst, aber wir hatten unseren Moment gehabt. Vielleicht würde ein Neuer kommen, alle Gefühle in mir waren auf Hoffnung eingestellt. erstellt am 06.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 35: Impartation - Pubertät 18 ------------------------------------- Kapitel 35: Impartation - Pubertät 18 Sanjis Sicht In Tamaras Wohnungstür schenke ich ihr noch ein paar Abschiedsküsse, bevor ich zur Bushaltestelle marschierte. In meiner Brusttasche habe ich noch LSD, damit ich mir zu Hause einen Candyflip zubereiten kann. Das wird nachher Stress geben. Zum ersten Mal hat mich Jeff angerufen, mal sehen, was er von mir will. Ich kann mir nur denken, dass Seulgi so lange auf ihm rumgehackt hat, weil sie mich sehen will und ich deshalb dorthin bestellt werde. Meine süße Seulgi... ich hab sie schon ewig nicht gesehen. An der Haltestelle warte ich, drehe mir ein Blättchen und zünde dann die Zigarette an. Heute ist es etwas kühler als sonst, von daher ist es ungemein angenehm, warmen Tabak aufzurauchen und dann in die laue Luft hinaus zu blasen. Der Bus kommt, ich steige ein und fahre schwarz. Hier gibt’s doch eh keine Kontrolleure, außerdem fehlt’s mir am Kleingeld. Auf Jeff oder sonst einen Streit hab ich null Bock, aber muss nun mal sein. Ob sich Seulgi verändert hat? Sie hat bestimmt noch immer ihr schönes Lächeln, hoffentlich hat Jeff es ihr nicht ausgetrieben. Was Mama wohl zu mir sagen will? Sie hatte mich ganz am Anfang, als ich mich mit Tamara angefreundet hab, mal besucht, doch ich hab sie nur angeschnauzt. Sie hat sich ja nie um mich gekümmert und bleibt jetzt auch noch bei Jeff, anstatt mit mir gegangen zu sein. Ich mein, wie feige ist das denn? Das öffentliche Verkehrsmittel hält an und ich steige lustlos aus. Egal was jetzt auf mich zukommt, danach schmeiß ich mir einfach den Candyflip rein und alles ist wieder gut. Echt, Ecstasy ist das Beste, was es überhaupt gibt. Damit kommt man mit allem klar. Ich sehe schon mein Exzuhause, nehme die letzten Züge von meiner Kippe und werf sie dann achtlos auf die Straße, setze meinen Weg fort. Nachdem ich geklingelt habe, macht mir Jeff auf. Ungewollt grüße ich mit einem „Hi.“ Da sieht man mal wieder, dass ich einfach gut erzogen bin. Jeff geht einen Schritt zu Seite, damit ich reinkommen kann. Ich sehe schon, dass im Esszimmer Seulgi mit dem Rücken zu mir sitzt und ein schon fast vergessenes Gefühl steigt in mir hoch. Ich laufe mit schnellen Schritten auf sie zu, weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Neben ihr angekommen schaut sie zu mir hoch, unerklärlich ist ihr Blick, sie sieht total fertig aus und als wäre ihr zum Heulen zumute. „Hey.“ sage ich leise und beuge mich ein Stück zu ihr runter. Sie senkt den Blick, keine Ahnung, was das soll. Sie sieht nervös aus, wie sehr muss Jeff sie nur eingeschüchtert haben? Hat er ihr eingeprügelt, dass sie nicht mehr mit mir sprechen darf!? Dem ist doch alles zuzutrauen! Ich richte mich wieder auf, streiche ihr kurz über die Schulter und sehe zu Jeff. Und wieso sagt er nichts? „Was ist los?“ frage ich desinteressiert und überfliege kurz die Wohneinrichtung. Wie lange war ich nicht hier? Wie wohl mein Zimmer aussieht? „Sanji, setz dich bitte an den Tisch.“ ordert mich Jeff an und kommt nun auch in Seulgis und meine Richtung. Ich könnte rebellieren, aber weil ich vorhin ein paar nette Stündchen verbracht habe, will ich mal nicht so sein und gehorche. Jeff setzt sich Seulgi gegenüber, ich nehme am Tischende Platz. Seulgi sieht müde aus und schaut jetzt zu mir. Soll ich lächeln? Was ist los? Mit ihrem Vater ist sie echt bestraft... wenn jetzt ne Standpauke kommt hau ich wieder ab, mir egal. Ich brauch meine Zeit hier nicht zu verschwenden. Er hat bestimmt von der Schule nen Anruf gekriegt, dass ich mich da kaum blicken lasse. Jetzt steht er als schlechter Erziehungsberechtiger in der Öffentlichkeit und will mich überreden, wieder in die Schule zu gehen. Vergiss es, Alter. „Sanji, ich muss dir etwas sagen.“ So wehmütig wie er das schon gesagt hat, kommt jetzt eine Entschuldigung oder so. Geht mir am Arsch vorbei. Selbst wenn er jetzt zugibt, dass er pseudokrank ist und sich in der Klapse einweisen lässt, wäre es mir egal. Da er eine ach so tolle Künstlerpause macht, gebe ich nur einen Hm-Laut von mir, damit er weiterspricht. Mann, schweigt der lange um den heißen Brei herum, mach hinne. „Deine Mutter hatte gestern einen Autounfall.“ Jedes Wort spricht er langsam und bedächtig aus, soll mir das jetzt Angst bringen? Fehlt sie halt hier, jetzt will er mich doch nur dazu überreden, sie im Krankenhaus zu besuchen. Dann stehen wir als ach so tolle Familie da und was hab ich davon? Das kann Mama sich doch abschminken, außerdem hab ich sie so angeschnauzt, dass könnt ich mir jetzt net grad leisten, ihr nen Besuch abzustatten. Da würd ich höchstens wieder rumnölen und das kann sie bestimmt net gebrauchen, also würde ich ihr mit meinem Ausbleiben sogar einen Gefallen tun. „Sanji?“ will Jeff meine Aufmerksamkeit wiederhaben, und ich sehe zu Seulgi. Ihre langen braunen Haare sind verzottelt, sie hat die Hand vor dem Mund und starrt betroffen auf den Küchentisch. Jeff hingegen steht seinem Mann und ist gefasst. Ich erwidere seinen Blick, ja, das hab ich gelernt, andren in die Augen zu sehen, macht der das jetzt nur so dramatisch oder wie sieht’s aus? Ich warte auf eine Fortsetzung, sein Bart ist ganz schön gewachsen, finde ich. Und er sieht richtig alt aus, krank und müde. So richtig fertig. Alter Mann. „Lydia ist bei dem Unfall gestorben.“ Das glaube ich nicht, er lügt wie geschmiert. Mein Gesicht verzieht keine Miene, das ist nicht wahr, elender Lügner, ich hasse dich! Ich hasse dich dafür, dass du mir Seulgi weggenommen hast und ich hasse dich, weil Mama bei dir geblieben ist. Und jetzt lügst du mir auch noch mitten ins Gesicht, echt klasse, super gemacht, verbreitest wieder mal schlechte Stimmung, du Dreckskerl. Mehr als Lügen hast du nicht drauf. Es ist wahr. Jeff würde nie so etwas erfinden, es muss stimmen. Er würde nie lügen, das betrifft ihn richtig. So richtig, deshalb ist er so fertig. Und Seulgi so traurig. Jeff hat mir die Wahrheit gesagt, er leidet darunter. Seulgi leidet mit ihm. Mama ist bei einem Unfall draufgegangen. Gestorben, einfach weg. Wann habe ich sie das letzte Mal gesehen? Jeff bleibt standhaft, wartet auf eine Reaktion von mir. Aber ich gebe ihm keine. Ich bleibe einfach auf meinem scheiß Arsch sitzen und sehe ihn an, zeige keine Emotionen. Ich will nicht, dass es stimmt, aber es ist eben so. Sie ist wirklich tot. Ich habe keine Mama mehr. Sie ist weggegangen. Sie ist kein Teil mehr von meinem Leben, weil sie tot ist. Um diese Nachricht zu verstehen brauche ich einige Sekunden, mein Gehirn schaltet völlig ab. Ich stehe im Schneckentempo auf, gehe langsam zwei Schritte vom Tisch weg und bleibe stehen. Das kann nicht sein, wieso Mama? Wie ist das passiert? Hinter mir höre ich wieder Jeffs Stimme. „Es tut mir Leid, Sanji.“ Aber ich höre sie nicht. Ich höre sie, aber verstehe sie nicht. Ich verstehe sie, aber will sie nicht verstehen. Kein Mitleid von niemandem. Mit einem Mal wollen Schluchzer in mir hochkommen, ich spüre sie schon, aber gebe keinen Laut von mir. Nicht vor Jeff weinen. Und vor Seulgi auch nicht. Ich drehe mich um und will hier raus, ich brauche Freiraum! Aus der Haustür draußen laufe ich die Straße runter, fange ein bisschen an zu joggen. Noch nicht weinen. Noch warten. Kommt mir jemand hinterher? Ich drehe mich nicht um. Da hinten kann ich einen Radweg einschlagen, das tue ich auch. Meine raschen Schritte werden langsamer, bis hierhin habe ich es unterdrückt. Neben dem Radweg ist Grad, sind Blumen, der Himmel ist gut bewölkt und es ist keine Menschenseele hier. Gut so. Ich brauche niemanden. Ich bin stark, ich schaffe das. Ohne fremde Hilfe. Ich komm damit klar, wirklich. Nein, ich komme nicht damit klar! Ich brauche sie! Ich brauche meine Mama! Ich will nicht alleine sein! Mein Mund zieht an den Seiten nach unten, Tränen steigen in mir hoch und ich werde den ersten Heullaut los. Meine Atmung spielt verrückt, ich beginne zu schluchzen, ganz für mich allein, zum Glück ist grad niemand hier, der mich sehen kann. Ich laufe weiterschluzend den sandigen Weg entlang, mein Brustkorb hebt und senkt sich in regelmäßigen Abständen. Was tut da in mir nur so verdammt weh? Ich hinke zu einer Bank, lasse mich fallen und werfe den Kopf in die Arme. Ich heule ungehemmt, verschlucke mich schon fast zwischen weinen und Luft holen, mein Bauch zieht sich total zusammen und ich kriege Krämpfe. Meine Nase läuft, ich will sie am Shirt abwischen, aber der Fluss ist zu stark. Ich versuche auch, mir Spucke auf die Hand zu machen und mir über die Augen zu reiben, aber auch dort kommen einfach zu viele Tränen nach. Ich heule und schluchze und sinke in mich zusammen, rutsche von der Parkbank auf den Boden und kann einfach nicht mehr aufhören. Mein Heulkrampf heimst mir richtiges Bauchweh ein, mich zu beruhigen ist unmöglich im Moment. Meine Wehlaute hören sich in meinen Ohren weit, weit weg an, ich kann es nicht glauben, aber Mama ist nicht mehr da! Ich will es nicht verstehen, kann es auch gar nicht und sehe mit verschleiertem Blick in den wolkigen Himmel. Ich schluchze weiter und weiter, warum lässt du mich jetzt alleine? Mein Brustkorb läuft heiß an und ich ziehe die Nase hoch, sie soll aufhören, wische mir über die Augen, sie sollen auch aufhören, klopfe mir auf die Brust, sie soll nicht mehr schmerzen, es bringt alles nichts. Gar nichts. Eine unfüllbare Leere breitet sich in mir aus, die Schmerzen nehmen zu, ich heule mir verdammt noch mal die Augen aus dem Kopf, sie brennen schon richtig! Soll ich Mama jetzt nie wieder sehen? Wo bist du jetzt, Mama? Siehst du nicht, dass ich deinetwegen leide!? erstellt am 07.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 36: Regeneration - Gegenwart ------------------------------------ Kapitel 36: Regeneration - Gegenwart Sanjis Sicht Am Esstisch sitzend rieb ich mir übers Gesicht und atmete erschöpft aus. Übermorgen konnte ich nach Mocktown fahren, die Zugfahrt beträgt fünf Stunden und es war ein Eins A Restaurant, das Beste dort schlechthin, wo ich das Praktikum bekam. Dass die mich genommen hatten freute mich ungeheuerlich, aber irgendwie war mir dass schon im Vornherein klar gewesen. Die waren ja schon von meinen Kochkenntnissen an sich hin und weg. Meine Tasche war schon gepackt, ich konnte einfach weggehen, alles mal hinter mir lassen. So war ich mal Pola los, konnte auch eine Zeit lang von Edward wegkommen. Ich würde ja schon noch zahlen, brauchte aber Abstand. Jetzt waren Sommerferien, da konnte ich ausspannen und meinem Hobby nachgehen. Kochen hatte immer eine erholsame Wirkung auf mich, da war ich jedesmal mit Herz und Verstand bei der Sache. Dazu kam noch, dass ich Nami geküsst habe. So viel Mut hätte ich mir nicht gerade zugetraut, aber es ist nun mal so gekommen. Sie hatte mich nicht weggestoßen oder sonst was, sondern mich an sie rangelassen, was ich unglaublich schön fand. Hatte das schon was zu heißen? Waren ihr meine ganzen Annäherungsversuche aufgefallen? Hoffentlich... das Einzige, was ich nicht verstand, war, weshalb sie an dem einen Abend in meiner Wohnung war. Dass sie rein gekommen ist, machte mir nichts aus, aber warum hatte sie auf mich gewartet? Dass hatte ich gar nicht gefragt. Sie musste sich Sorgen gemacht haben, nehme ich an. Die Süße... Ich lächelte vor mich hin, fühlte mich das erste Mal seit Längerem wieder richtig gut und würde mich bald Schlafen legen. Morgen noch Seulgi besuchen und ihr Tschüss sagen, dann war ich in Mocktown. Vorfreudig schlurfte ich in mein Schlafzimmer. Namis Sicht Ich fand es so schade, dass Sanji über die Ferien einfach weggehen wollte. Natürlich freute ich mich für ihn, da er sich mal um seine Zukunft kümmerte und wir alle wussten ja, dass das sein Traum war, aber schon seit April hatte ich mich auf den Sommer gefreut, unter anderem, weil er dabei sein sollte. Doch nun fiel Sanji aus und ich konnte anders zusehen, wie mein Programm aussehen würde. Was sollte ich jetzt die vier Wochen machen? Mich langweilen oder was? Am Liebsten wäre ich mit Sanji mitgefahren, wobei das nur in Tagträumen möglich war. Gerade da hatten wir uns geküsst, im unpassensten Moment überhaupt. Wenn er jetzt erstmal eine Zeit lang aussetzt, können wir uns doch nie mehr annähern, wenn er zurück ist. Wem konnte ich es denn sagen, dass wir uns geküsst hatten? Vivi? Ob sie das verstehen würde? Ich war mir nicht so sicher, außerdem müsste ich dann erstmal vier Wochen warten, bis ich ihr eine Fortsetzung erzählen könnte. Und so lange nicht nur von mir selbst, sondern noch von der besten Freundin unter Druck gesetzt zu werden, immer gelöchert oder mitgefühlt zu bekommen, wollte ich nicht. Und wenn das mit Sanji doch nichts wurde, hätte ich es ihr umsonst anvertraut. Zuhause war ich ganz lange im Internet, hatte mit Leuten aus der Gegend gechattet, dabei warm gewordenen Eistee getrunken. Bei so schönem Wetter zu Hause zu versauern war auch nicht grad das Wahre, aber Ruffy war mit Ace weggefahren und Zorro oder Lysop hätte ich ganz sicher nicht alleine angerufen. Nur als Clique machte es Spaß, etwas gemeinsam zu unternehmen, nicht zu zweit. Nojiko kam nach Hause und pfiff im Flur eine mir unbekannte Melodie. Sie lief an meinem Zimmer, wo die Tür offen stand, vorbei und guckte herein, ihr Pfeifen verstummte. „Hallöchen, Schwesterherz.“ grüßte sie, aber ich war nicht auf Reden eingestellt. Sie lehnte ihren Ellenbogen an den Türrahmen und blieb stehen. „Hallo?“ Ich brummte ihr zu und tippte auf der Tastatur rum. „Liebeskummer?“ fragte sie in theatralischer Stimme und tat ein paar Schritte herein, bis sie neben mir stand. Sie guckte auf mich runter, das spürte ich, und ihre Stimme war wieder zu hören. „Du, sorry, dass ich letztens nicht gerade sehr einfühlsam war.“ Ich schenkte ihr einen neutralen Blick, zuckte mit den Schultern und widmete mich wieder dem Computerbildschirm. Nojiko stützte sich an meine Stuhllehne ab und sprach weiter. „Bist du mir böse? Hm?“ Nicht böse, aber sie nervte manchmal. Ich wollte mich hier mit Leuten unterhalten. „Nein.“ fasste ich mich kurz angebunden zusammen. „Dann ist ja gut. Und ich wollte dir noch eine Lebensweisheit mitgeben.“ Ich schickte noch etwas mit der Enter-Taste in den Chatroom, ließ vom PC ab und sah zu ihr. Das konnte nämlich etwas länger dauern, und meiner einzigen großen Schwester manchmal Aufmerksamkeit zu schenken war ja nicht so verkehrt. Sie ließ den Stuhl los und lief in die Zimmermitte. „Also, ich wollte dir sagen, dass du dir nicht immer Sorgen um deinen Freund zu machen brauchst.“ Wie meinte sie denn das schon wieder? Etwa, weil ich an dem einen Abend nicht angerufen hatte? Sie fing meinen Blick auf, lächelte und redete weiter. „Weißt du, Jungs sind gar nicht so verschieden wie wir Frauen. Also, untereinander reden sie manchmal ganz schön krass über Mädchen, aber im Grunde ähneln sie uns doch ganz schön.“ Ich glotzte mit meinen Knopfaugen und wusste nicht, warum sie mir das jetzt offenbart hat. Das brachte mich mit Sanji nicht viel weiter, aber na gut. Nojiko lächelte und wollte einen Abgang machen. „Also dann, schreib mal schön weiter.“ Sie lief aus dem Zimmer raus, manchmal war sie als Schwester doch ganz lieb zu mir. erstellt am 08.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 37: Mainliner - Pubertät 19 ----------------------------------- Kapitel 37: Mainliner - Pubertät 19 Sanjis Sicht Schon seit sechs Tagen weiß ich, dass Mama gestorben ist. Sechs leere, beschissene, traurige Tage. Ich bekomme keinen Schlaf, bin nur unterwegs, hänge nur an der Szene ab, um mich abzulenken. Mein Handy habe ich geschrottet, darum habe ich keine Anrufe mehr bekommen. Keine Ahnung, wie es mit Beerdigung oder sonst was ausieht. Im Moment bin ich total auf’m Egotrip, zicke alle Leute an und schmeiße mir nur Pillen rein, was auch hilft. Zwar erlebe ich meine Flashs, bin dann voll drauf, aber jeden Abend wo ich mit zu Tamara gehe, ist mein Körper fix und alle. Ich schlafe dann durch, wache erst mittags wieder auf und habe überall Muskelkater. Aber lieber körperliche Schmerzen, als täglich heulen zu müssen. Ich schnorre bei Tamara immer nach Speedballs oder andere Mixe, und weil sie merkt, dass es mir schlecht geht, gibt sie nach. Zwar labert sie immer von künftigen Schulden, aber darüber zerbrech ich mir nicht den Kopf. Hab andere Sorgen. Ich wache auf, da schwere Regentropfen ans Fenster prasseln, und befinde mich wie in letzter Zeit so oft bei Tamara im Bett, fühle mich nicht gerade prächtig. Ich setze meine Füße auf den Boden, fahre durch meine Haare und strecke den Körper, spüre mehr als deutlich, dass alle Muskeln in mir brothart sind. Ich stehe auf und torkele ins Bad, tue Tamara weder sehen noch hören. Sie war früher mal Studentin, hat leider wegen Drogen ihre Ausbildung geschmissen, aber wenn sie mit jemandem verabredet ist, kommt sie immer pünktlich, diese Angewohnheit ist ihr erhalten geblieben. Von daher nehme ich an, dass sie sich mit Freunden oder sonst wem trifft, mir egal, sie ist außer Haus. Ich laufe zur Badezimmertür, sie ist nicht verschlossen, also kann ich meine Morgentoilette erledigen. Ich drücke die Türklinke nach unten, öffne die Tür, und siehe da: Tamara steht vor dem Waschbecken. Innerlich durchfährt mich ein unspürbarer Schock, etwas an ihr zieht meine Augen an, ich kann sie nicht davon ablösen, das habe ich noch nie in Real gesehen. Sie ist eine Fixerin. Mit der einen Hand hält sie die Spritze, den anderen Arm hat sie durchgestreckt und sich in die Armbeuge gespritzt. Scheiße. Zwar hat sie mich bemerkt, aber macht ganz normal weiter, als wäre ich gar nicht da. Die ganze Handlung sieht interessant aus, schreckt mich aber irgendwie auch ab. Die Spritze wird herausgezogen und sie packt alles sorgfältig weg. Ich wusste gar nicht, dass sie auf H ist, da ist sie wohl neu draufgekommen. Es ist schon ein bissel her, dass wir zuletzt miteinander geschlafen haben, und damals hatte sie noch keine Einspritzstellen am Arm, also ist sie erst seit kurzem auf dem Trip. Warum hab ich nix davon gemerkt? Sie läuft an mir vorbei, als wäre ich Luft und ich bleibe noch ein Weilchen im Türrahmen stehen. Aufs Klo muss ich nicht mehr, würde stattdessen lieber eine Rauchen, aber müsste dazu ja erstmal irgendwo Hasch herkriegen. Ich bin schrecklich müde und reibe mir die Augen, gehe Tamara hinterher in die Küche und lasse mir von ihr auch was zu Trinken einschenken. „Was machst du jetzt noch?“ will sie wissen, ich zucke mit den Schultern. Ihre Pupillen sind tellergroß, keine Ahnung, wie sich diese Wirkung anfühlt. Müsste ich mal ausprobieren, aber nicht im Moment. „Gibst du mir ein paar Amphetamine?“ schnorre ich und hoffe, dass sie sich rumkriegen lässt, wenn sie auf H ist. Tamara sieht mich unter müden und zugleich hellwachen Augen an. „Hab keine hier.“ Shit. Ich kratze mir aus der Tabakpackung fast den letzten Inhalt raus und will mir eine Sargkeule drehen. Jetzt muss ich auch noch Tabak nachkaufen, mein Black Devil geht einfach zu schnell flöten. „Blondie?“ Ich schaue auf und nicke ihr mit dem Kinn zu. „Hast wohl wieder ein paar Probleme aufgehalst bekomm’n, wie schaut’s aus?“ Mein Feuerzeug bringt die Kippe zum Aufglühen. Ich ziehe an ihr und nehme sie dann zwischen Zeige –und Mittelfinger. „Ja, schon.“ „Und woran liegt’s?“ Weil meine Erzeugerin nicht mehr unter uns weilt, daran liegt’s. Ich hab einfach keinen Bock auf Nichts. Auch nicht darauf, mit ihr jetzt drüber zu reden. „Sanji, ich geb dir nen Tipp: geh zu deinen Leuts hin und regel alles.“ Lustlos sehe ich ihr in die Augen, irgendwie hat sie grad voll den Durchblick. Sie hat gecheckt, dass es was Familiäres ist. Sie zuckt mit den Schultern. „Musst du entscheiden, aber besser du bringst es hinter dich, als hier noch weiter in meiner Wohnung rumzugammeln.“ Sie kommt zu mir, küsst mich aber nicht, wie ich grade dachte, sondern nimmt sich den letzten Rest aus der Tabaktüte. Sie dreht sich auch ein Blättchen und zündet sich die Sargkeule an. /// Wann war ich eigentlich das letzte Mal in meiner eigenen Wohnung? Zahlt Jeff für die überhaupt noch? Ich könnte eigentlich dort mal ne Party veranstalten, und ein paar von der Szene einladen. Agotogi, wenn der Zeit hat, Kodama, Tamara und Edward. Die mag ich im Moment am Meisten. Die sind alle voll korrekt drauf. Bei Tamara wohne ich ja schon praktisch, Agotogi besorgt als Dealer immer Stoff, Edward ist mit Tamara ganz dicke und Kodama ist einfach nur cool drauf. Ich bin auf dem Weg zu Jeff und Seulgi, mal sehen, wie’s denen so geht. Ohne Drogen könnt ich mir das gar nicht vorstellen, mit Mamas Tod umzugehen. Das hat mich echt gerettet. Zwei Tage später war alles weg, keine Trauer mehr da, ich hab mir einfach alle Sprüche, die mir einfielen, selbst zugesprochen. Die Welt dreht sich weiter, Mama würde nie wollen, dass ich ihretwegen traurig bin, alles wird gut, und so weiter. Das hat echt geholfen. Aber nur dank den Pillen, eben. Ich biege in der Straße ein und sehe schon von Weiten mein altes Zuhause, freue mich irgendwie gar nicht, dorthin zu gehen. Ich will jetzt nicht mit deprimierten Leuten zu tun haben. Und wie ich Seulgi gegenüber stehen soll, weiß ich auch nicht. An dem Tag, wo mir Jeff gesagt hat, dass Mama den Unfall hatte, wollte ich sie ja in die Arme nehmen und streicheln und so, aber etwas in mir hat mich gehemmt. Vielleicht, weil ich ja schon was mit Tamara angefangen hatte. Weil ich ihr untreu geworden bin. Seulgi ist die ganze Zeit nur eingekesselt, wogegen ich draußen nur noch Party mache. Das unterscheidet uns jetzt. Ich weiß nicht mehr, was ich eigentlich fühlen soll, in Tamara bin ich ja überhaupt net verliebt, sie ist einfach nur voll cool drauf und so. Mit mir auf selber Wellenlänge, steht eben hinter mir. Und zu Seulgi hab ich überhaupt keinen Bezug mehr, da hat Jeff erreicht, was er wollte. Ich bin schon fast überzeugt davon, dass ich mich nie wieder verlieben werde. In wen denn auch? Wer will schon nen Drogenabhängigen, der mit seiner eigenen Schwester was hatte? Das hört sich so krank an, ich bin mit Tamara echt am besten bedient. Und ich bin soeben vor dem Haus angekommen. Ich klingele, warte, bis Jeff mir öffnet. „Hi.“ gebe ich von mir und warte, dass er mich rein lässt, doch Jeff bleibt breit im Türrahmen stehen. „Was ist?“ frage ich, weil er sich nicht regt, da ist schon wieder was im Busch. Blitzschnell werde ich sauer, was dauert das so lange? Wehe, es kommt jetzt noch so ne scheiß Meldung, von wegen Seulgi hätte jetzt auch nen Unfall gehabt! Ich schlucke, entgegne Jeffs Blick mit einem Schnauben, da sich Wut in mir breit macht. „Schön, dich zu sehen, Sanji.“ sagt er in bitterem Ton, was geht denn jetzt ab? „Was ist?“ wiederhole ich mich mit Ungeduld. Wieso lässt er mich nicht rein? „Wo warst du die letzten Tage?“ Jeff behält seine ganze Kühle, wieso will der jetzt ein Verhör starten? „Das geht dich nichts an. Wieso lässt du mich nicht rein?“ patzig bin ich, hab keinen Bock auf Stress, aber provozieren hat auch seinen Reiz. Das ist gut zum Abreagieren. „Seulgi will dich nicht sehen. Aber wenn du mit mir reden willst, kannst du gerne reinkommen.“ Ich pfeif auf sein Angebot, was soll das denn jetzt? Seulgi würde so etwas nie sagen, so blöd kann Jeff doch nicht sein, mir eine so offensichtliche Lüge aufzutischen! Ich schnaube. „Grad weil ich dir das glaub. Du hast sie sicher wieder eingesperrt und erzählst mir jetzt diesen Mist. Hast nicht mal Mumm genug, sie herzuholen.“ Penner! „Sanji, sie hat mir wirklich gesagt, dass sie dich nicht wieder sehen will. Aber ich biete dir meine Gastfreundschaft an, wir können in Ruhe -“ Seine scheiß Höflichkeit geht mir gewaltig auf’n Keks, darum unterbreche ich ihn. „Ja, sicher doch! Wenn du jetzt wieder mit der ganzen Scheiße anfängst und nicht zulassen willst, dass Seulgi und ich uns sehen, dann -“ In meinem Mund liegt so viel Power, da lässt es sich nicht vermeiden, dass ich alle Wörter mit so ner Energie ausspreche; und das ist auch gut so! Jeff soll ruhig meine Wut abkriegen, hat er nicht anders verdient! Mama hat ihn doch geheiratet, weil er auf sie aufpassen sollte, und jetzt ist ihr doch was passiert! „Sanji -“ fängt er noch mal an, aber ich unterbreche ihn erneut. „Du holst Seulgi jetzt her, sonst komm ich rein und hol sie, kapiert!?“ Jeff bleibt kurz beweglos stehen, dann löst sich seine Starre und er geht ins Haus rein, meine Drohung ist aufgegangen. Ich spucke in den Vorgarten und warte, dass er sie herholt. Der soll sich beeilen. Seulgi, hinter ihr Jeff, kommt an die Tür und ein Teil in meinem Herzen freut sich dabei wie ein Kleinkind. „Hey.“ Mit einem Mal ist meine ganze Stimme weich geworden, Seulgi hat immer noch so einen Effekt auf mich, dass ich einfach nur liebevoll mit ihr umgehen kann. Nur sieht sie nicht gerade erfreut darüber aus, mich zu sehen und Zweifel machen sich in mir breit. Die ganze Zeit habe ich sie alleine gelassen, sie hatte niemanden zum Trauern, war nur mit Jeff zusammen unter einem Dach. Wieso habe ich nicht früher daran gedacht? Ich bin total egoistisch abgezogen und hab Seulgi im Stich gelassen. Ich hätte mich bei ihr melden müssen, sie hat sich sicherlich Sorgen um mich gemacht. Ich Idiot! „Alles okay?“ versuche ich noch mal, sie zum Reden zu bringen, doch sie sieht mich nur unentwegt von hinter der halb geöffneten Haustür an. Was hat sie bloß? Ich dachte, sie würde mir vor Freude um den Hals fallen, nur war das alles bestimmt auch zu viel für sie, die letzten Tage. „Sanji, ich...“ Ihre Augen flackern, sie wird doch wohl nicht weinen? „Was hast du denn?“ Meine Stimme möchte fürsorglich klingen, ihr zeigen, dass ich für sie da bin, doch Seulgi senkt nur ihren Blick. Was geht nur in ihr vor? Ihr Verhalten versetzt meinem Herzen einen Stich. Mit einem Mal sieht sie mich mit Wut an, ihre Augen glänzen. Sie wird weinen. „Du bist so ein Idiot, Sanji! Ich will dich nicht noch mal sehen!“ Sie dreht sich zu Jeff um, läuft an ihm vorbei in die Wohnung rein. Jetzt steht noch Jeff vor mir in der Tür, sieht mich ausdruckslos an. Moment mal... HÄ!? Jeff muss sie gezwungen haben, das zu mir zu sagen, anders GEHT es doch gar nicht! Auf weitere Anschuldigungen und Beschimpfungen ist er nicht eingegangen, deshalb bin ich einfach davon gedüst. Was war da bloß nur los? Ich versteh es nicht! Wieso wollte Seulgi nicht mit mir reden? Wieso hätte sie fast geweint? Ich betrete das Hochhaus, in dem Tamara wohnt und renne die Treppen zu ihr hoch. Mein Herz rast, als ich oben ankomme, und ich bin immer noch nicht schlauer als vorher. Am Klingelknopf drücke ich mehrmals rum, bis mir meine Partnerin genervt aufmacht. Sie weiß schon so, dass ich es bin und fährt mich an. „Geht’s noch!? Du brauchst deine Laune nicht an meiner Klingel auszulassen!“ Ich laufe an ihr vorbei in die Wohnung rein, ohne ein Wort zu verlieren, sie macht die Tür zu und kommt mir nach. Ich lasse mich auf dem Küchenstuhl fallen und starre entgeistert vor mich hin. Tamara seufzt extra laut, stellt sich hinter mich und legt ihre Hände auf meine Schultern. „Mein Süßer, ist wohl nicht so gut gelaufen, was?“ Ich sehe keinen Sinn darin, ihr zu antworten, von daher schweige ich weiter vor mich hin. Sie merkt, dass es keinen Sinn hat, mir jetzt mit Worten weiterhelfen zu wollen und verlässt daher die Küche. Verdammt ey.... Ich starre vor mich hin, alle Küchengeräte an, aber Kochen würd mir jetzt auch nicht grad weiterhelfen. Außerdem müsst ich dazu erst mal einkaufen, weil Tamara nichts da hat. Da klingelt’s in meinem Kopf, ich weiß, was ich tun kann, um wieder bessere Laune zu bekommen. Ich brauche nur ein paar Pillen, aber Tamara hatte ja vorhin gesagt, dass sie keine mehr hier hat. Hmm... was mach ich jetzt? Auf der Szene ist jetzt ja noch nicht viel los und Agotogi ist um diese Uhrzeit noch nicht da. Wobei... da kommt mir noch ein brillanter Einfall: Tamara hat doch H im Badezimmer, oder nicht? Es ist mal Zeit, was Neues auszuprobieren. erstellt am 08.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 38: Farewell - Gegenwart -------------------------------- Kapitel 38: Farewell - Gegenwart Sanjis Sicht Bevor ich den Sommer über wegfuhr, wollte ich mich noch bei Seulgi verabschieden. Für sie zogen sich Wochen immer viel länger hin als für beispielsweise mich, von daher war es angebracht. Passend zur Besucherzeit erschien ich im Krankenhaus und durfte sofort in ihr Zimmer. Sie saß gemütlich in ihrem Bett und hatte ein elektronisches Gerät auf dem Schoß, eine Art Spiel als Freizeitbeschäftigung, wo man sich nur auf sein Gehör verlassen braucht. Ich schloß die Tür und Seulgi sah mit dem Kopf in meine Richtung, keine Ahnung wie sie das immer hinbekam, aber sie erkannte immer entweder an den Schritten oder dem Geruch, wer ihr Besucher war. Eine spitzen Leistung! „Hi, Sanji.“ Ich lief zu ihrem Bett und setzte mich an den Rand, strich ihr über die Stirn bis über die Haare hinweg. „Na, alles klar?“ Sie freute sich richtig, wobei ich mich wiedermal unbehaglich fühlte. Das Krankenhaus hatte so eine seltsame Atmosphäre an sich, keine Ahnung, aber hier benahm sich Seulgi immer ganz anders als sonst. Hier hätte ihr niemals jemand zugetraut, wozu sie in der Lage war. Sie war total lieb, freundlich und fröhlich, lachte über jeden kleinen Spaß und tat so, als ob ihre Erblindung ihr gar nicht wirklich zu schaffen machen würde. Aber bei ihr zu Hause sah das schon ganz anders aus, da ging sie immer voll ab. Gänsehaut erregend unvorstellbar. „Du hast Schulferien, gell?“ Ihre kindliche Stimme kam mir wie ein ferner Traum vor, denn so hatte sie früher immer mit mir gesprochen. Doch heutzutage war es für mich nur noch eine Illusion, die sie sich aufrechterhalten wollte, so als wäre alles im grünen Bereich. „Ja, deshalb bin ich auch vorbeigekommen.“ „Schön!“ freute sie sich und sah mit dem Gesicht in meine Richtung, doch ihre Augen verfehlten mich, was sie natürlich nicht wissen konnte. Dass sie sich nur nach meiner Stimme richtete, konnte ich mir gar nicht vorstellen, sie war wirklich tapfer. Ohne ihren Gegenüber zu sehen wollte sie sich so normal wie möglich benehmen. Ich sprach weiter, legte meine Hände auf ihre. „Weißt du was? Ich habe ein Praktikum bekommen.“ Eher für sie als für mich selber lächelte ich, wobei das ihr nichts brachte; sie sah es nämlich nicht. „Das ist ja toll! Wo denn?“ fragte sie wissbegierig, sie hatte meine Freude gut herausgehört. „In einer Stadt außerhalb von hier, da fahre ich für vier Wochen hin.“ Sie stutzte, denn das hieß, dass sie keine Krankenbesuche von mir bekommen würde. „Wieso denn so lange? Kannst du nicht hier bleiben?“ Besorgnis zeichnete ihr hübsches Gesicht, ich wollte ihr die gute Laune nicht verderben. Ich schüttelte ohne zu überlegen den Kopf, musste dann aber laut verneinen, da sie meine Bewegungen ja nicht sehen konnte. „Nein, ich möchte das wirklich gerne machen. Das geht eben über die halben Ferien.“ Ihr Lächeln war verschwunden und sie tatschte an meinen Händen herum, ich verstummte. Ihr war Körperkontakt sehr wichtig, darum hatte ich auch nie etwas dagegen, dass sie immer meine Hand halten wollte und ich ihr zur Begrüßung immer durchs Haar strich. Nur war mir das manchmal unangenehm, aber es hatte das eben eine große Bedeutung für sie. Sie seufzte und trommelte auf meinem Handrücken. „Das heißt, du kommst mich nicht mehr besuchen bis du zurück bist?“ Fast schon schmollend sprach sie das aus. Klar wollte ich ihr keine Abfuhr geben, aber diese kurze Ausbildung war nun mal sehr wichtig für mich. „Genau.“ Eine kurze Pause war entstanden. „Hm.“ Ich stand auf, lief zum Fenster und öffnete es. Draußen war es immer noch knallheiß, bald wäre ich in Mocktown. Ob es dort auch dreißig Grad warm war? Der Krankenhauspark war gut gepflegt, nur verwelkten die Pflanzen zum Teil von der Hitze. Wenn mein Besuch hier beendet war, würde ich noch bei Lysop und Zorro vorbeischauen oder anrufen, Nami vielleicht auch noch. Ich hätte ihr vielleicht doch besser ein paar Haarsträhnen abgeschnitten, als sie in meinem Bett geschlafen hat, dann hätte ich Erinnerung während des Praktikums, aber egal jetzt. „Sanji?“ Ich drehte mich nicht zum Bett um, sie konnte so oder so nicht wissen, wie herum ich stand. Ich fixierte im weitläufigen Garten einen Punkt und nahm den Rest aus meinem Blickwinkel verschwommen wahr. „Sanji.“ hörte ich erneut Seulgis Stimme, etwas ungeduldiger. „Ja, was?“ Stille zwischen uns. Sie machte mich einfach nur noch traurig, da hatte ich keine Lust auf ein belangloses Gespräch. Zwischen uns war einfach zu viel kaputt, das würden wir nie wieder hinbiegen können. „Wieso setzt du dich nicht zu mir? Das Fenster ist doch jetzt offen.“ Weil ich keine Lust hab, aber was soll’s. Innerlich seufzte ich und drehte mich wieder zu ihr um. Tat ich ihr eben den Gefallen und leistete ihr wieder mit nächster Nähe Gesellschaft. In dem Moment öffnete sich die Tür und Jeff kam herein. Aus dem folgenden Gespräch wurde ich indirekt ausgegrenzt, was aber nach Jeffs Aufkreuzen normal für mich war. Ich konnte die ganze Szene gut beobachten und erkannte wieder die Trägheit in ihrem Verhältnis, eine Trägheit, die ich 24 Stunden am Tag nicht aushalten würde. Es war eben nicht mehr die perfekte Vater-Tochter Beziehung von damals, Seulgis Krankheit hatte einfach alles verändert. Die Tür fiel ins Schloss und Jeff trat weiter heran. „Hallo, Sanji.“ „Hallo.“ „Hallo Papa.“ „Wie geht’s meinem Liebling?“ „Ganz gut, Sanji ist ja hier und wir unterhalten uns.“ „Und ansonsten einen schönen Tag gehabt?“ „Ja, die Krankenschwester hat mir vorhin das Keyboard gebracht und ich hab weiter gelernt.“ „Sehr schön.“ „Und Herr Shura war auch bei mir, um weiter Lesen zu üben.“ Jeff hatte so viel Geld, um sich einen Privatlehrer leisten zu können. Seulgi lernte nämlich die Blindenschrift, damit sie wenigstens noch Bücher in die Hände nehmen konnte. „Das ist gut so, immer fleißig weiter lernen.“ Jeff sah zu mir, wobei er mit Seulgi genauso gut hätte weiterreden können. „Und, was macht die Schule so?“ „Er hat Ferien, Papa.“ „Ach, sind es schon die Sommerferien?“ Ich antwortete. „Ja, seit einer Woche.“ „Schön, schön...“ Gedankenversunken sah er auf Seulgi, welche nirgends hinsehen konnte, und ich beobachtete die beiden in ihrem verzwickten Gitter. Klar hatte ich sie noch lieb, die beiden gehörten zu meiner Familie, ob ich wollte oder nicht, aber sie taten mir auch Leid. Ich gehörte nicht dazu, ich war ein stiller Zuschauer, der miterlebte, wie sie vor sich hin lebten. Aber so fühlte ich nur im Krankenhaus, bei Jeff Zuhause wäre ich nicht gerne mit ihnen alleine, da waren sie für mich einfach nur Psychopaten. Die Erlebnisse vom letzten Mal ließen mich immer noch nicht los, sind mir regelrecht in den Knochen stecken geblieben. Die beiden hatten sich dadurch aber keinesfalls Respekt von mir gesichert, mich sondern nur eingeschüchtert. Deshalb hörte ich auf das, was sie sagten und verhielt mich Seulgi gegenüber so, wie sie es brauchte. Dabei war ich dieses -nonsense - vor - sich – hinleben- tierisch satt. Manchmal fragte ich mich echt, weshalb ich Seulgi noch besuchen kam. Die beiden wollten doch nur eine Bestätigung, dass es mir wieder besser ging, dass ich wieder clean war. War ich ja auch, nur glaubte mir Jeff das nicht. Seulgi schon, vermutete ich zumindest. Die beiden sprachen echt nur noch aneinander vorbei, taten so, als wäre die Welt in Ordnung und Friedefreudeeierkuchen eben. Ich wollte zusehen, dass ich schnell wieder gehen konnte, um hier nicht noch einzutrocknen, so wie die Pflanzen draußen. Vier Wochen würde ich mein Kochen perfektionieren, dieser Gedanke kribbelte mir schon in den Fingern. Zum Glück war ich schon längst vom H weg, denn sonst hätte ich nie eine Chance gehabt, irgendwo angenommen zu werden. Selbst wenn ich noch drauf wäre und die nichts gemerkt hätten, wäre es zu riskant gewesen, irgendwas mitzuschmuggeln. Ich hatte ja schon im Kopf umgeschaltet, dass es so nicht weiterging, nur glaubte mir Jeff genau das nicht. Wobei mir dass ja egal sein konnte, in welchem Licht er mich sah, denn bis jetzt hatte ich immer nur das getan, was ich wollte und auf seine Meinung dazu gepfiffen. „Wie ich sehe, ist deine Platzwunde wieder verheilt.“ sagte Jeff, ich nickte ihm zustimmend zu. Ihm war das doch schnurzpiepegal, ob da jetzt eine Narbe war oder nicht. Selbst wenn mir Seulgi das Gesicht total zerkratzt und verstümmelt hätte, hätte er nicht eingegriffen. So wie Mama, so wie Papa. Ich bin wohl echt unter einem schlechten Stern geboren. Seulgi kam zu Wort, wobei es mir schaudernd kühl den Rücken herunter lief. „Darf ich mal fühlen?“ Noch kurz angewurzelt blieb ich auf meinem Fleck stehen, begab mich dann aber ans Bett und setzte mich. Sie tastete sich zu meinem Gesicht hoch und strich über meine Unterlippe. Richtig ungewohnt für mich, ich wollte nicht, dass ausgerechnet sie sie befühlte. Ich liebte sie doch nicht mehr, wieso gab sie es nicht langsam auf? Sie ließ einfach keine Gelegenheit aus, mich berühren zu können, so schien es mir immer. Dagegen war ich doch total entstellt, diese Narbe würde ich den Rest meines Lebens haben. Wer fand das schon attraktiv? Seulgi konnte sie nicht sehen, für sie war es nur wie ein Kratzer aus ihrer Erinnerung. Sie konnte sich vielleicht gar nicht vorstellen, wie mies das in meinem Gesicht aussah. Sie sollte mir nicht zu nahe kommen, deshalb stand ich wieder auf. Ich hatte mich genügend ihrem Willen gebeugt und mitgespielt. Jetzt war ich entlassen, konnte gehen, hatte mich der Höflichkeit halber blicken lassen, das war gut jetzt. Mein Herz war damit wieder im Reinen und ich konnte ohne schlechtes Gewissen einen Abgang machen. „Also, ich geh dann mal wieder.“ stellte ich fest und rechnete praktisch schon mit kommender Reaktion. „Och, schon? Bleib doch noch ein bisschen.“ „Aber ich muss meine Tasche noch packen, ich fahr doch weg.“ Zu argumentieren fiel mir alles andere als schwer. Jeff erkundigte sich nicht mal, wohin es ging. „Du verschwindest jedes Mal so schnell, du kannst gerne bleiben.“ Jetzt durfte ich mich da rausreden, aber nur, weil er wusste, dass Seulgi meine Anwesenheit immer fröhlich stimmte. Er hatte eingesehen, dass sie mich brauchte und nach mir verlangte. Ihretwegen forderte er mich jedes Mal auf, noch ein bisschen länger zu bleiben. „Ja schon, aber ich muss noch ein paar Freunden Tschüss sagen und dann meine Tasche packen. Ich hab ein Praktikum und fahr morgen weg.“ Das musste Jeff hinnehmen und ich war aus dem Schneider. Nur noch von ihnen verabschieden und dann hieß es: Freiheit. erstellt am 10.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 39: Cureless - Pubertät 20 ---------------------------------- Kapitel 39: Cureless - Pubertät 20 Seulgis Sicht Mein Gesicht brennt, mein Magen schmerzt und mir ist schwindelig. Aua, mir tut alles so elendig weh! Ich höre Papa reinkommen und nehme ihn verschwommen wahr. Ich muss meine Augen zu kleinen Schlitzen formen, um zu sehen, dass er etwas in den Händen hält, aber kann nicht gut erkennen, was es ist. „Hier, Seulgi. Ich hab dir ein Glas Wasser gebracht.“ Ich strecke ihm meinen Arm entgegen und er drückt mir das Glas in die Hand, dann trinke ich einen Schluck. Papa geht aber nicht aus meinem Zimmer raus, er setzt sich auf meinen Schreibtischstuhl. „Kann ich noch etwas für dich tun?“ Ich nippe an meinem Glas, schüttele dann den Kopf. Ich spüre mein Herz in den Schläfen pochen, das ist furchtbar anstrengend für mich, aufrecht stehen zu bleiben. Ich trinke das Wasser aus und stelle das Glas auf mein Regal. Bald werde ich nichts mehr sehen, bald ist alles schwarz. Ich habe solche Angst, das gibt’s überhaupt nicht. Bald werde ich keine Fabren mehr erkennen können, nie wieder irgendetwas sehen können. Der Gedanke macht mich total verrückt, aber ich bleibe ruhig, denn mein Körper hält mich gefangen. An der Haustür klingelt es. Nicht schon wieder, bitte Sanji! Lass mich einfach in Ruhe du... ach...! Durch die ganzen Schmerzen steigen mir Tränen in die Augen und ich schleife zum Bett, um mich hinzusetzen. Im Gegensatz zu mir steht Papa auf und verlässt das Zimmer. „Ich mach auf.“ sagt er noch im Vorbeigehen. Ich warte ein bisschen und habe schon die Bestätigung, dass es Sanji ist, denn ansonsten wäre Papa schon längst zurückgekommen. Wie konnte das alles nur so weit kommen? Ich seufze und wische mir mit dem Handgelenk über die Augen, obwohl Papa gesagt hat, dass ich mich da nicht reiben oder kratzen darf. Bringt doch eh alles nichts mehr... Papa hat mir letztens erzählt, dass Sanji Drogen nimmt. Er hat ihn in irgend so einem runtergekommenen Stadtteil gesehen und dass er mit solchen Leuten abgehangen ist. Papa hat sich richtige Sorgen um ihn gemacht, als Sanji nach Lydias Tod weggelaufen ist, dass er ihm hinterher wollte. Und da hat Papa das alles rausgekriegt und mir zum Glück gesagt. Das war der totale Schock... Die meisten wollen Krebskranke ja erstmal vor schlechten Nachrichten schützen, weil es nur alles verschlimmern kann, aber Papa ist ehrlich zu mir. Gott sei Dank, wenn Papa mir das verschwiegen hätte, wäre alles nur viel schlimmer gekommen. Und als Sanji dann einmal hier war, habe ich ihn sofort weggeschickt, ich konnte mich ihm noch gar nicht stellen, musste mich einfach schonen. Sanji weiß nichts von meiner Krankheit, und wenn er mir jetzt noch irgendwie Drogen ins Haus bringt weiß ich auch nicht... Als er hier war, hat er total nach Rauch gestunken und früher hätte ich ihm niemals zugetraut, dass er mal mit Rauchen anfangen würde. Er hat sich echt total verändert... Ich kann verstehen, dass mein Sanji nicht mit der ganzen Situation umgehen kann und da irgendwie reingerutscht ist, aber was mir Papa dann noch weiter erzählt hat fand ich viel, viel schlimmer! Sanji hat nämlich eine Andere, wirklich, Papa hat sie zusammen gesehen! Dass Papa die Wahrheit sagt weiß ich einfach, er würde sich so was nie ausdenken, und außerdem war er da auch total eingeschnappt. Erstmal hielt er mir vor, dass er Recht hatte damit, dass Sanji nie für immer bei mir bleiben würde und irgendwann abspringen würde, denn so sind alle Jugendlichen in dem Alter – laut ihm. Dass Sanji vom richtigen Weg abgekommen ist – okay, aber eine Andere? Ist ihm eigentlich klar, dass er mir damit mein Herz zerbricht? Ich dachte immer, dass er mir treu bleiben würde, aber da habe ich mich wohl geirrt. Von daher ist es ja eigentlich egal, ob ich jetzt blind werde und mein ganzes Leben damit verbockt ist oder sonst was. Wie konnte das alles nur passieren? Ich verstehe es nicht... Oh, da höre ich Schritte. Papa wird Sanji doch wohl nicht etwa rein gelassen haben!? Ich hab ihm doch gesagt, dass ich ihn nie wieder sehen will! Wobei... ein Funken Hoffnung keimt immer noch in mir, Sanji zurück zu gewinnen... /// Wieso hat Papa ihn nur rein gelassen? Ich sitze auf meinem Bett und Sanji steht mir gegenüber, ich kann nicht in seine Richtung gucken. Mein Herz schlägt irrsinnig schnell und nur mit Mühe habe ich meinen Atem unter Kontrolle. Keiner von uns sagt etwas, ich rieche den abstehenden Rauch, der von Sanji ausgeht und fühle mich total fehl am Platz. Mein Zimmer ist auf einmal ein großes schwarzes Loch, aus dem ich nicht mehr herauskommen werde. Ganz leise ertönt Sanjis Stimme. „Kannst du mir bitte sagen, was du hast?“ Meine Augenlieder schließen sich, schon ewig ist es her, dass ich ihn hab so leise zu mir sprechen hören. Das letzte Mal muss bei dem Abhauen gewesen sein, das liegt scheinbar Lichtjahre zurück. Papa hat ihm schon gesagt, dass ich eine Krankheit habe, aber wollte, dass ich persönlich mit ihm darüber spreche. Aber wie bitteschön? „Seulgi?“ flüstert Sanji, das wühlt mich nur noch mehr auf. Wieso flüstert er auf einmal? Ich senke meinen Kopf und sehe verschwommen den Parkettboden, auf dem meine Füße abgesetzt sind und ich weiß gar nicht, wie ich das jetzt alles erklären soll. Am besten mit ganz einfachen Worten, nicht so, wie es mir die Ärzte anfangs beschrieben haben. Ob ich das über mich bringe? Ich hebe den Kopf und werde wieder traurig, so wie in den letzten Tagen schon, denn anstatt ihn jetzt über meinen gesundheitlichen Zustand aufzuklären würde ich lieber wissen, was an dem dran ist, was Papa mir erzählt hat. Zugleich würde ich Sanji auch lieber deutlicher erkennen, aber es geht nicht. Für mich ist er nur eine verschwommene Gestalt, ohne Konturen, ohne Schärfe. Meine Augen wollen einfach nicht. „Also...“ beginne ich unsicher, starre nur auf den Boden. Tief durchatmen, dann wird alles gut. Ich habe seine volle Aufmerksamkeit, also lass dir Zeit. Es wird schon. „Ich habe einen Tumor im Kopf.“ Ruhig bleiben, nicht zittern. Langsam reden. Sanji liebt dich doch immer, egal was ist, egal ob du jetzt den Tumor hast oder nicht. Mit seiner Liebe stehst du das durch, dann kann dir keiner was anhaben. Du bist stark. „Und... dieser Tumor hat Metastasen, die...“ Wie hatte der Arzt es mir erklärt? Mir fällt es nicht mehr ein. Oder doch, mir kommt’s wieder. „Also Metastasen sind Geschwüre, die Krebs bilden... und... diese Metastasen setzen an andere Organe an... und so...“ Ich spüre in meiner Kehle, wie sich meine Stimme dort überschlagen will, aber beim Sprechen nur leise Worte zu hören sind. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt Töne raus bringe. Stimmt das alles denn auch genau so, wie ich es gesagt habe? Nicht, dass ich was verwechsle... Ich hole noch mal Luft und ohne Sanji anzusehen fahre ich fort. „Bei mir drückt der Tumor auf die Augen und... also, es gibt...“ Was gibt es nochmal? Zwei Arten, aber welche? Ich krieg die Kurve wieder. „...es gibt gutartige und bösartige Tumore. Die Gutartigen lassen sich mit einer Operation wegnehmen und die Bösartigen...“ Mir fällt das Sprechen zunehmend schwerer, ich kann das alles nicht erklären, es geht einfach nicht. Ich merke selbst, dass meine Augen feucht sind, aber möchte die Tränen noch zurückhalten. Noch einmal tief durchatmen. „Also bei Tumoren gibt es vier Phasen, und... also je nachdem wie weit der Tumor fortgeschritten ist, kann man noch eingreifen oder... eben nicht...“ Ich muss schlucken, das ist so hart, das alles aussprechen zu müssen. Mein Bauch grummelt stumm, mir kommt es so vor, als würde mein Herz von dort aus schlagen und... ich kann es gar nicht beschreiben. Mein Herzschlag setzt einfach überall an, ich hab schon wieder rasende Kopfschmerzen, sie wollen einfach nicht weggehen. Ich mache die Augen zu, weiter geht’s... „Also und die bösartigen Tumore kann man bestrahlen oder man muss eine Chemotherapie machen... ...ich weiß auch nicht...“ Meine Hand hält die Stirn, die ist richtig warm und mir ist wieder schwindlig, obwohl ich doch schon sitze. Jetzt geht das wieder los... Mir läuft die erste Träne langsam die Wange hinunter, ich ziehe kurz die Nase hoch und möchte weiter sprechen. „Also, bei mir ist das Ding schon ziemlich weit vorangeschritten... und auch sehr schnell... also seit du ausgezogen bist hab ich total viele Kopfschmerzen und... also ich wollte zum Arzt, aber dann ist das mit... Lydia passiert... und es hat sich alles verschoben... und dann war es zu spät... man hat es einfach zu spät entdeckt. Der Tumor ist schon im dritten Stadium... und dass heißt...“ Meine Güte, ich bin einem Kollaps ja schon nahe! Mehrmals muss ich die Nase hochziehen, da sie gerade Lust hat, zu laufen und meine Wangen werden immer tränenreicher. Mit den Händen fahre ich mir über alle Stellen, bin total mit mir selbst beschäftigt und darauf versessen, den Tränenfluss zu stoppen. Sanji bewegt sich nicht, ist so still, dass ich für einen Moment schon vergessen habe, dass er gerade hier zu Besuch ist. Doch dann holt mich seine Stimme wieder in mein Zimmer zurück, sie klingt unsicher und ängstlich. „Und... was genau heißt das ganze jetzt genau...?“ Red ich Chinesisch? Hat er mir etwa nicht zugehört? „Was?“ frage ich unmissverständlich und glotze ihn aus verquollenen Augen an. Er wiederholt seine Frage. „Was heißt das jetzt? Das du ne Krankheit hast oder wie?“ Ihm... ihm ist der Ernst der Lage nicht bewusst. Ich hab doch grad eben erklärt... mein Kopf schon wieder! Das Pochen wird wieder stärker. Ich atme normal durch, jetzt lässt das Drücken wieder nach. Ich sehe Sanji an, für ihn sind das ganz neue Neuigkeiten, ich hab ja auch erstmal ein paar Tage gebraucht, um das alles zu verstehen. Also nicht aufregen, Seulgi, erkläre es ihm noch mal in aller Ruhe. „Sanji, ich werde durch das alles blind.“ Ein Augenblick verstreicht, dann setze ich hinzu: „Ich kann bald nichts mehr sehen.“ /// Wut packt mich, ich springe auf und fauche ihn an. „Und was hat das mit deiner ’neuen Freundin’ auf sich!?“ Überrascht blickt er mich an. „Was?“ „Tu nicht so unschuldig, Papa hat mir genau erzählt dass du eine Andere hast!“ Ich neige meinen Kopf hin und her, hole tief Luft, mir darf jetzt nicht schlecht werden. „Sanji, ich...“ fange ich wütend an, so ein Mist, jetzt fehlen mir schon wieder die Worte! Aber kein Wunder, wie kann er mir das auch nur antun!? „Seulgi, ich weiß nicht, woher Jeff das wissen will, aber -“ Zwar unterbreche ich ihn, aber komme mit meiner Stimme ein bisschen runter. „Sanji, sag mir bitte, dass das nicht wahr ist.“ Einen Moment Auszeit nimmt er sich, bevor er antwortet. Nur antwortet er nicht in sachlichem Ton, sondern in Verachtung. „Ich wüsste zu gern bis wohin mich Jeff überall verfolgt! Ich dachte, wenn ich hier schon nicht mehr wohne lässt er mich außerhalb gefälligst in Frieden...“ Abfällig spricht er, was ich gar nicht an ihm mag. Ich spreche wieder. „Sanji: stimmt es jetzt oder nicht?“ Ruhig bleiben! Er schnaubt ein bisschen vor sich hin, sieht dann zu mir. Ich kann seinen Blick nicht erkennen, sehe ihn nur undeutlich vor mir stehen. „Es stimmt. Aber -“ NEIN! „Nein, Sanji! Wieso!?“ Energie durchströmt mich mit einem Mal, ich gehe zu ihm hin, packe ihn am T-Shirt und kralle meine Hände dort fest. „Das ist nicht wahr Sanji! Wieso!? Wieso hast du eine Andere!?“ Er will mich von sich losreißen, aber ich denk ja nicht dran! „Seulgi, jetzt hör mir doch mal zu! Es ist nicht so, wie du denkst!“ Die übliche Leier! Ich bin doch nicht bescheuert! „Achja!? Hast du überhaupt eine Ahnung wie WEH du mir damit tust!? Und überhaupt Sanji: Drogen!?“ Jetzt durchfährt auch ihn einen Schock, er ist ertappt, es ist also wahr. „Woher weiß er das denn schon wieder!?“ fragt er aufgebracht, noch abfälliger fügt er hinzu: „Mich wundert’s, dass er nicht gleich zur Polizei gegangen ist.“ Wenn ich meinen Körper genug unter Kontrolle hätte, würde ich ihm jetzt so eine Backpfeife verpassen, dass er sich sein Lebtag noch dran erinnern wird, nur geht das leider nicht. „Sanji, du hast von NICHTS eine Ahnung!“ Wie weinerlich hört sich meine Stimme eigentlich an? Zum Glück kommt Papa nicht rein, sondern lässt uns das unter vier Augen austragen. „Seulgi du lässt mich ja nicht mal was erklären! Ich -“ „Ja was: ’ICH’!? Du denkst nur an dich! Kaum warst du weg hast du dir ne andere geschnappt! Das ist... Das ist furchtbar! Sanji! Ich hasse dich!!“ Mir schmerzt alles, meine eigenen Worte tun mir selber weh, ich liebe ihn doch so sehr, wieso liebt er mich nicht mehr? Ich fange kümmerlich an, zu weinen, werfe meine Hände vors Gesicht und kann es nicht zurückhalten. Mein Kopf bricht gerade zusammen, alles in mir ist von der Erschütterung verletzt und ich fühle mich unendlich allein. „Ohne Jeff wäre das nie passiert!“ Jetzt redet er sich auch noch raus, ich glaub’s ja nicht! Wütend keife ich hinter einem Tränenschleier zurück. „Gib Papa dafür nicht die Schuld, Mensch! Er ist dir nur nachgelaufen, weil er sich Sorgen um dich gemacht hat! Aber du glaubst nur, dass er ein kranker Mann ist! Von wegen! Er ist als einziger ehrlich zu mir; im Gegensatz zu dir!“ „Seulgi -“ „Nichts mehr, Seulgi! Raus hier, Sanji! Verschwinde! Ich kann dich nicht mehr sehen....“ Meine Sätze gehen unter Schluchzen und Tränen unter, ich weine unerbittlich weiter... ich werde ihm nie wieder unter die Augen treten können, ich würde nie die verhasste Person sehen, die mir Sanji weggenommen hat. Bis es so weit ist, werde ich ganz erblindet sein. Ich glaub’s ja nicht... Sanji gibt sich endlich geschlagen und verlässt mein Zimmer ohne weiteren Protest. erstellt am 10.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 40: Deflection - Gegenwart ---------------------------------- Kapitel 40: Deflection - Gegenwart Namis Sicht „Ach Vivi! Ich hab einfach auf nichts Lust.“ jammerte ich in den Telefonhörer, als ich auf dem Rücken in meinem Bett lag, am helllichten Tag. Die Stimme meiner besten Freundin am anderen Ende der Leitung klang teilnahmslos, bemühte sich aber, mich abzulenken. „Mensch Nami, nun meckere nicht immer so. Nur weil Sanji jetzt ein Praktikum macht musst du doch nicht den Kopf hängen lassen. Immerhin sind Ferien!“ Geschlaucht seufzte ich. Sie hatte doch keine Ahnung, wobei es ihr nicht viel ausmachte, dass Ruffy auch gerade ein paar hundert Kilometer weg von hier unterwegs war. „Du hast gut reden, du fährst ja auch in einer Woche in Urlaub. Nojiko und ich haben leider nichts geplant und auch nicht das nötige Kleingeld.“ Leider stand es so um uns. Natürlich waren wir nicht arm wie Kirchenmäuse, auf keinen Fall, aber sorgenlos wegzufahren war dieses Jahr noch nicht drin, erst nächstes. Bei Vivis Vater war es keine Frage, ob sie wegfahren würden oder nicht, sondern sie lautete: ’Wohin dieses Jahr?’ „Mir hatte Sanji gar nicht gesagt, dass er wegfährt.“ überlegte sie, ich selbst versuchte, mein Kopfkissen auf den Füßen gerade in die Luft zu strecken. „Ich hab’s ja auch eher zufällig mitgekriegt. Naja wenigstens hat er sich noch bei Zorro und Lysop verabschiedet, wobei zwei Tage vor der Abreise auch nicht gerade toll ist.“ „Naja, egal. Sag mal, magst du morgen nicht zu mir kommen?“ schlug sie vor, hörte sich sogar viel versprechend an. „Und wieso jetzt nicht gleich?“ „Ich kann doch nicht, hab dir doch gesagt, dass ich Schwimmen hab.“ quängelte sie, also hatte sie heute keinen Nerv, sich mit mir zu treffen. Na super, mir war die ganze Zeit nur langweilig, Vivi war mein letzter Ausweg, doch jetzt konnte sie gar nicht. „Und was sollen wir morgen machen?“ fragte ich, damit ich mich wenigstens auf irgendetwas freuen konnte. „Keine Ahnung.“ Da fiel ihr etwas ein, denn sie wurde aufgeregt. „Du, Nami, da hat ein neuer Sommerclub aufgemacht. Da können wir doch hingehen, wie wär’s?“ Hm? Vivi wollte in einen Club gehen? Das war ja mal etwas ganz Neues. „Du meinst eine Disco, oder was soll das sein?“ „Ja genau, eine Disco! Und, wie wär’s? Morgen Abend?“ Dabei war sie doch sonst immer eher die Schüchterne, doch ihr plötzliches Interesse daran, auszugehen, überraschte mich. Darum stimmte ich zu, wir verabredeten uns für morgen Abend. Warum auch nicht? Hörte sich jedenfalls besser an, als den ganzen Tag zu Hause nur am PC zu hängen. Nojiko kam nachmittags von ihrer Ausbildung zurück und hockte sich in der Küche zu mir. „Hey.“ schnaufte sie erschöpft und ich schob ihr liebevoll die Schüssel mit Pudding zu. „Danke, Kleines.“ Sie holte sich einen kleinen Teller mit einem Löffel, tat sich dann vom Pudding auf. „Du, Nojiko?“ fing ich zuckerlieb an und mein liebes Schwesterherz sah zu mir. Den Blick kannte ich, genauso wie sie meinen deuten konnte. „Du willst dir Klamotten von mir ausleihen, stimmt’s?“ Genau ins Schwarze getroffen, so direkt wie sie war keiner, den ich kannte. „Mhm. Ich dachte da an dein schwarzes Kleid, weißt du?“ Sie setzte sich neben mich an den Tisch und begann, zu essen. Ihr war seit Ferienbeginn auch langweilig, weil Ace weg war, aber wenigstens hatte sie noch ihre Ausbildung, wo sie bis Nachmittag weg war. Ganz ehrlich, ich hätte in dieser Woche bevorzugt, Schule zu haben, denn da sah ich Sanji wenigstens noch. Hier zu Hause kam ich mir schlicht und einfach nur alleine vor, weil ich mit niemandem was unternahm. Alle fuhren weg, sogar Zorro wollte auf eigener Achse weggehen. „Und, wo gehst du mit meinem Kleid dann hin?“ „Was?“ Da hatte ich nicht aufgepasst, aber mir zu liebe wiederholte sie sich. „Wo du mein Kleid hin entführen willst. Triffst du dich mit einem deiner Liebhaber?“ Ich verdrehte die Augen und nahm den letzten Löffel in den Mund, antwortete dann. „Ich geh mit Vivi in einen neuen Sommerclub.“ „Aha. Wann denn?“ War sie meine Erziehungsberechtigte, oder wie sah’s aus? Musste ich ihr immer alles sagen? Naja, solange sie nicht mitwollte, kein Problem. Also, nichts gegen sie, aber manchmal hatte ich echt die Befürchtung, dass vielleicht ein Junge in meinem Alter und den ich süß fand, sich mehr für Nojiko interessieren könnte, als an mir, weil sie einfach älter, reifer und cooler war. Obwohl das Schwachsinn ist. „Morgen Abend.“ Mit dieser Auskunft stand ich auf, um mein Geschirr in die Spüle zu legen. /// So groß war dieser Club nicht gerade, aber die Musik gefiel mir ganz gut. Schon von außen her hörte man es ganz deutlich, auch wenn sie hier drinnen nicht so assi laut aufgedreht war, wie angenommen. Wenigstens konnte man hier den Überblick behalten und seine Freunde nicht so leicht aus den Augen verlieren, und die Toiletten waren auch schnell abgecheckt. Vivi ergatterte uns einen kleinen Sitzplatz, wo wir uns erstmal niederließen. Es waren schon einige Leute hier, da würde sich bestimmt etwas finden lassen. Nebenbei regte ich mich über mich selbst auf. Wieso hatte ich mich für ein schwarzes Kleid entschieden? Weiß war doch tausend Mal besser, aber ich Schlaumeier hatte einfach nicht an Blaulichter gedacht. Vivi bestimmt auch nicht, aber ihr Glücksgriff nach dem blauweißen Outfit leuchtete wenigstens schön. Dazu trug sie noch ihre langen Haare offen, was nachher auf der Tanzfläche sicherlich abgefahren aussehen würde. Ich, mit meinen kurzen, orangenen Haaren, stach überhaupt nicht raus, und dazu hatte ich noch Schwarz an. Bei meinem wenig vorhandenen Kleidungsstil hatte ich keinen Flirt verdient, den musste ich großzügig Vivi überlassen. Aber egal, jammern brachte noch nie jemanden weiter und Neid auch nicht. Meine Freundin und ich bestellten eine Cola zu überteuertem Preis, aber da ich nicht so oft wegging, auch kein Problem. Ich freute mich richtig auf den Verlauf des Abends, was so passieren würde. Ich vergaß endlich mal mein Rumhängen Zuhause, dass mir die ganzen Tage über langweilig war und ich auf nichts Lust hatte. Hier tat es mir richtig gut, einfach nur mit Vivi zu tanzen was das Zeug hält, es machte auch richtig Spaß, andere Leute dauernd zu streifen und ab und zu angemacht zu werden. Da fühlte man sich gleich viel besser, innerlich schön und sexy. Wer hatte schon was gegen Flirten einzuwenden? Solange Sanji weg war, konnte ich hier ruhig tanzen, die ganzen Typen würde ich doch eh nie wieder sehen. Vivi hatte auch ihren Spaß und wir tanzten mehrmals runter zum Boden und dann wieder nach oben, lachten über die dümmsten Sachen und waren gut drauf. Es floss kein Alkohol, wir gaben gegenseitig auf uns Acht und konnten richtig gut abschalten. Trotz alledem waren wir noch richtig zurückhaltend gewesen, da wir uns nur an uns festhielten und nicht nach Kontakt gesucht hatten. Die Musik und der Rauch machte mir schon nichts mehr aus, dass hier viel mehr Leute rein passten als zu Beginn angenommen, überraschte mich auch nicht mehr und ich ließ mich richtig treiben. Dann war es schon so spät, denn Vivi sollte abgeholt werden und von daher verschwanden wir bald wieder. Ihr Vater wollte sie nie so lange weggehen lassen, grad mal bis halb Eins sind wir im Club gewesen. Die kommenden Male konnte Vivi ja nicht mit, da sie durch Urlaub verhindert war, also musste ich mir eben anderweitig Beschäftigung suchen. erstellt am 10.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 41: Hassle - Pubertät 21 -------------------------------- Kapitel 41: Hassle - Pubertät 21 Sanjis Sicht Ich brauche H, also schnell zu Tamara! Es ist vierzehn Uhr, ich sitze im Bus und habe vor, an Tamaras Haltestelle auszusteigen. Mein Körper braucht jetzt H, dann wird alles in meinem Kopf wieder klar und ich kann gescheit entspannen. Hasch rauchen bringt nicht viel, beruhigt höchstens meine Lungen und die Atmung. Endlich dackelt der Bus in meine Zielstraße und lässt sich noch ein bisschen mehr Zeit. Ich will weg von den anderen Busfahrern, die gehen mir tierisch auf’n Sack. Die tun so, als wäre das Leben ganz normal und ganz okay und ganz gut. Von wegen! Und dann beschweren die sich auch noch, dass ich im Bus rauche. Die sollen bloß still sein. Ist doch eh alles Scheiße! So eine verfickte Scheiße! Mama ist gestorben und Seulgi krebskrank! Womit hab ich das Schicksal überhaupt verdient!? Ich jumpe aus dem Bus und überquere ohne mich umzuschauen die Straße, mein Ziel ist Tamaras Zuhause. Tamara ist nicht da, also nehme ich den Schlüssel unter’m Blumentopf neben ihrer Tür, um mir aufzuschließen. Ich laufe durch die schmale Wohnung, werfe meine Jacke auf den Esszimmertisch und schlüpfe aus den Schuhen, alles in Richtung Badezimmer. Ich mache die Tür zu, gehe zum Regal und hole aus der Schublade das Besteck raus. Ich bereite mir den Schuss vor, muss dazu das H auf einem Löffel erhitzen und die Spritze nochmals säubern. Ich brauche noch einen Moment Geduld, ziehe dann das flüssige Zeugs in die Spritze und setze an meiner Hüfte an. Mir ist schon etwas schwindlig, ich hab’s jetzt echt nötig. Tamara hat mir mal gesagt, dass man nicht so oft in dieselbe Stelle fixen soll, weil die Vene sonst verstopft werden kann, aber ich will nicht so viele Einstichlöcher haben, darum nehm ich immer denselben Punkt. Ich nehme extra nicht die Armbeuge wie die meisten, denn wenn ich ein Shirt trage muss es nicht gleich jeder sehen. Ich drücke die Nadel rein, lasse die Spritze runterfahren und spüre die ultimative Wirkung. Ein glorreicher Schuss durchfährt mich, mit der Nadel stochere ich ein paar Mal in der Vene rum, dann ziehe ich sie wieder raus. Ich fühle mich wie auf Wolke 7, mir geht es glänzend! Ich höre, dass Tamara nach Hause kommt und in mir findet ein Gefühlsumschwung statt. Zwar fühle ich mich wie neu geboren, geradezu erfüllt, aber es staut sich eine richtige Trotzigkeit in mir auf. Sie kommt ins Esszimmer, wo ich am Tisch sitze und was esse. „Hi, Sanji.“ Sie kommt auf mich zu, schlingt ihre Arme von hinten um meinen Hals und küsst mir aufs Ohr. „Na, schönen Tag gehabt bis jetzt?“ Ich antworte ihr nicht, habe keine Lust zu sprechen. Sie stupst mich mit der Nase an und wird ungeduldig. „Hallo? Sprichst du nicht mehr mit mir?“ Ich beiße in mein Toastbrot und kaue darauf rum, wodurch sie zickig mit mir redet. „Mann, wenn dir ne Maus über die Leber gelaufen ist brauchst du deine miese Laune nicht an mir auslassen!“ Sie ist doch nur wütend, weil ich jetzt net mit ihr in die Kiste steig. Dumme Gans, ich beiße noch mal in mein Toastbrot. Sie wartet wohl noch auf etwas, aber von mir kommt nichts. Eingeschnappt läuft sie in die Küche. Sie kommt zurück, gibt keinen Ton von sich. Ich schmiere mir noch ein Brot, schneide eine Tomate in dünne Scheiben und lege sie drauf. Tamara nimmt sich auch was davon, bei uns ist echt ein schweigsamer Krieg ausgebrochen. Mir ist das sowieso egal, ich brauch mich nicht mehr mit ihr zu verständigen. Ich merke aus dem Augenwinkel ganz genau, dass sie mich mustert. Ist mir shit egal, was du über mich denkst, Mara! „Sanji.“ Ich sehe sie immer noch nicht an, kaue einfach weiter. Sie schnaubt und ist sichtlich gereizt. „Sanji, schau mich an!“ Weil ich heute einen guten Tag hab, befolge ich ihrer reizenden Bitte. „Was ist?“ Sie funkelt mich an, ist ganz schön geschlaucht von meinem Verhalten. „Ich hab’s langsam echt satt, dass du bei mir nur noch rumhängst und dich voll gehen lässt! Mach mal etwas Sport!“ Was!? Was hat sie da gesagt? Ich verschlucke mich zum Glück nicht und entgegne sauer ihrer frechen Aussage. „Ich soll allen Ernstes Sport machen?“ Ihr Blick lässt nicht von mir ab, sie verarscht mich echt nicht. Das ist schon ewig her, dass mich jemand so beleidigt hat. Ich tippe mit dem Zeigefinger an meine Schläfe. „Bist du bekloppt?“ „Pffff.“ Sie lehnt sich zurück in ihren Stuhl und sieht mich gestresst an. Ihre Wangen sind total gerötet und ich glaube echt, dass das unser erster richtiger Streit ist. Vielleicht auch der letzte. „Sag mal, legst du’s wirklich drauf an?“ sagt sie bissig, doch ich habe kein Problem damit, zu kontern. „Tu ich doch schon. Ich lass mir von dir nix sagen, kapiert?“ Sie schüttelt verständnislos den Kopf, dann steht sie mit gebündelter Energie auf. „Mir reicht’s, mach hn Abflug!“ Sie zeigt aus ihrer Wohnung, aber ich rühre mich nicht. Das bringt sie nicht, mich rauszuschmeißen, das bringt sie wirklich nicht. „Hast du Tomaten in den Ohren? Du sollst verschwinden!“ Ich absorbiere ihren Blick, lasse sie noch einen Moment zappeln. Die größte Niederlage wäre es doch jetzt, sich ihrem Willen zu beugen und den Schwanz einzuziehen. Aber ich bin kein Arschkriecher, ganz bestimmt nicht, ich stehe mit Schwung auf und laufe mit meiner Jacke zur Haustür. Du wirst mich nie wieder sehen, Mara. Ihr fallen wohl keine Worte mehr ein, anders kann ich mir ihr plötzliches Schweigen nicht erklären. Sie hat wohl damit gerechnet, dass ich jetzt austicken würde oder sonst was, jedenfalls kommt sie nicht hinter mir her. Ich öffne die Haustür, zerre sie hinter mir zu und laufe zur Feuertreppe. Hasta la vista, Baby, war ne schöne Zeit. /// Der Streit war nicht der Auslöser für das Ganze, es hat einfach nicht mehr gepasst. Das war mir von vorneherein schon klar gewesen, irgendwie, aber jetzt hab ich die Erfahrung gemacht und gut so. Ich bin wieder auf der Szene gelandet, wo hätte ich auch anders hingehen sollen? Ich bahne mich durch das überdachte Parkgeschoss zu Kodama und Edward. „Hey, was geht?“ grüßt Kodama und ich zünde mir eine Black Devils an. „Geht so. Hab hn bisschen Stress mit meiner Alten.“ „Ah.“ wurde ich kurz bemitleidet und das Thema war gegessen. „Wo ist denn Agotogi?“ erkundige ich mich, da ich H brauche. „Da hinten.“ zeigt mir Kodama und hält für sich nach einem Weg nach draußen Ausschau. Sie will sniefen und muss dazu in ein ruhigeres Eckchen. Mein Körper macht total schlapp, aber wenn ich ein bisschen H nehme komm ich wieder auf die Beine. Achja, das ganze Besteck liegt ja noch bei Tamara, so ein Shit! Also kann ich mir gar nicht fixen, muss Folie rauchen oder so, na ganz toll. Ich wende mich an Edward und rufe, um zu kommunizieren. „Edward, könntest du mir dein Besteck leihen?“ Er zieht die Mundwinkel auf der einen Seite nach oben und guckt mich komisch an. „Ich bin kein Fixer!“ ruft er mir zu, da hab ich ihn wohl mit jemand verwechselt. Ich bin gearscht, noch wen andres kann ich ja net gerade fragen, ob ich mir ne Spritze leihen darf. „Sanji, du kannst dir Ecstasy schmeißen, ich hab noch welche!“ schlägt mir Edward vor und lieber nehm ich sein Angebot an, besser als nichts. Wir verdrücken uns und gehen vor den Platz, wo nur wenige Typen rumlungern. Die Nachtluft ist ganz schön kühl und mich friert’s komischerweise. Ich hab einen kleinen Horrortrip, weil ich schon länger keine Pillen mehr genommen hab, aber ich werd’s überleben. Keine Ahnung, über was Edward mit mir reden will, aber hier ist es totenstill und man kann richtig normal miteinander sprechen. Auf einmal stößt Agotogi zu uns und grüßt erstmal mit seinem geilen Augengezwinker. Widerlich, aber vielleicht findet das die Eine oder Andere ja anziehend, ich jedenfalls nicht. Was denk ich schon wieder für nen Stuss, ich bin doch net mal ein Mädel, ich könnt mir echt auf’n Kopf haun... ich bin so kaputt! Scheiß Horror! „Hey, ihr Kerle!“ grüßt und Agotogi, zu Edward: „Na, alles fit?“ und zu mir: „Wie geht’s, wie steht’s?“ Ich muss ihn jetzt einfach nach mehr H bitten, ich brauch Nachschub, um zu Hause auch was auf Lager zu haben. „Kannst du mir ein bissel H abdrücken?“ Einschätzend sieht er mich an, redet aber, bevor er handelt. „Stress mit Tamara gehabt?“ Ich nicke als Bestätigung, doch da macht mich überraschenderweise Edward runter. „Dein Pech, dann musst du jetzt erst Mal für Kohle aufkommen.“ Was? Was labert der da? Ich gehe sofort in Abwehrposition, was soll der Mist? „Wieso sollte ich?“ So als wäre ich ein Kleinkind stellt er sich hin, spielt mir den Dummen vor. „Weißt du, Sanji, Tamara hat die ganze Zeit für dich mit gezahlt, aber wenn du nicht mehr so dicke mit ihr zusammen bist, musst du eben selbst für deinen Plunder aufkommen.“ Ich verziehe mein Gesicht, wieso kommt der mir auf einmal damit!? Da begebe ich mich schon auf sein Niveau hinab, schnorre Agotogi an und jetzt – „Sanji, du kannst eben net immer auf Tamaras Kosten schmarotzen. Sie hat mich vorhin angerufen und auf hn neusten Stand der Dinge gebracht. Glaubst du etwa, dass sie sich so leicht abservieren lässt?“ Jetzt wär’s mal Zeit, ein bisschen Kickboxen anzuwenden, hab ich Recht? Ich ziehe ein letztes Mal an meiner Fluppe und schnippe sie dann weg. Edward prahlt ununterbrochen mit seinem Wissen weiter, immer top informiert zu sein. „Du kannst mir dann mal demnächst ein bisschen Geld zustecken, um deine Schulden wieder wett zu machen!“ Sarkastisch lache ich auf. „Klar doch, grad weil ich dir was in den Arsch stecken würd. Wie kommst du nur darauf, dass ich so blöd wäre, dir nachzugeben!?“ Agotogi mischt sich bei Edward und mir ein, aber er ist nicht auf meiner Seite. „Hör mal zu, Sanji, wenn du Tamara einfach so abschießt, steht sie vollkommen im Recht, dir die Kosten zu übertragen. Du hast keinen Anspruch mehr auf nichts.“ Sag mal, geht’s noch!? Grad weil ich auf diese Säcke hören würd! Ich will kontern, doch Edward kommt mir zuvor. „Sanji, ich sag’s ja nicht gerne, aber du wirst mir alles zurückzahlen, sonst geht’s dir an den Kragen.“ Am Liebsten würd ich ihm sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Ich versteh nur nicht, was das jetzt soll, der ganze Stoff kommt doch immer von Agotogi, wieso droht mir jetzt dieser kleine Wichser auf einmal? „Träum weiter, Milchgesicht.“ Aber er lässt sich nicht beirren und reißt sein großes Maul wieder auf. „Wenn du nicht zahlen solltest -was du wirst- dann wird’s dir eben schlecht bekommen. Willst du etwa im Knast landen?“ Wenn die mich verpfeifen wollen, verpetze ich die eben auch bei der Polizei. „Und komm nicht in Versuchung uns zu hintergehen, sonst...“ Ich stehe also mit Geldschulden alleine da, Tamara hat sich ganz schön clever aus der Affäre gezogen. Mir einfach alles gut zu schreiben und sich aus dem Staub machen, die hat se wohl nicht mehr alle. Und so wie ich das sehe, hat sie sich bestimmt schon einen anderen Blödian gesucht, den sie erst paarmal flachlegt und dem sie dann auch die Kosten aufhalst. Ich darf’s ausbaden, so schaut’s aktuell aus. So eine Bitch aber auch! Aber sich jetzt aufzuregen und dagegen zu wehren führt zu nichts, dass haben die sicher schon mehrmals abgezogen. Solche Wichser! Zum Notfall habe ich noch H mitbekommen, zu gütig aber auch. Ich schlendere nach Hause, ein Glück hab ich das ja jetzt, ich bin zum ersten Mal dankbar dafür. Ich mache die Lichter nicht an, gehe nur zu meinem Bett und leg mich hin. Morgen sieht die Welt schon anders aus, entweder nur beschissener oder null verändert. erstellt am 10.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 42: Dream Job - Gegenwart --------------------------------- Kapitel 42: Dream Job - Gegenwart Sanjis Sicht Angenehm warmes Wasser kam aus dem Duschkopf und bedeckte mich vollkommen. Ich wusch mir die Haare und ließ den Wasserstrahl auf meinen Rücken prasseln, das tat richtig gut, ich drehte den Hahn sogar noch weiter auf. Hier im Hotel gab es keinen allgemeinen Duschraum, sondern jeder hatte eine eigene Kabine zur Verfügung gestellt. An dem Tag fühlte ich mich wieder voll auf dem Damm, ich konnte sehr gut schlafen und war den ganzen Tag über in der Küche beschäftigt. Die Duschtür schob ich zur Seite, griff nach meinem Handtuch und rubbelte mir den Kopf trocken. Ich war sogar so gut drauf, dass ich anfing, vor mich her zu summen, das hatte ich ewig nicht getan. Ich wickelte mir das Handtuch um die Hüfte und legte ein anderes auf den Boden, da der ganz nass war. Im Hotelzimmer sammelte ich mir Klamotten raus, dann wollte ich Frühstücken. Hier ließ es sich echt gut leben, aber ich freute mich natürlich schon auf Zuhause. Nami fehlte mir ganz schön, beim Kochen dachte ich ziemlich oft an sie, denn daran, dass meine Gedanken bei der Arbeit immer abschweiften, konnte ich einfach nichts ändern. Aber das wollte ich auch gar nicht, denn ich war so glücklich, wieder verliebt zu sein. Und dazu noch in das liebevollste Mädchen unter der Sonne, ich hatte wirklich guten Grund, so happy zu sein. Es lief alles so verflixt gut, ich konnte sogar einige der dort Angestellten verbessern, obwohl die mich ja kontrollieren sollten und nicht umgekehrt. Alles ging hier bergauf und mein Abschlusszeugnis hatte ich schon so gut wie in der Tasche. Hier konnte ich so viele Rezepte ausprobieren, wo mir normalerweise immer die Zutaten fehlten, und es lief wie geschmiert. Am Beliebtesten war ich in der ausländischen Küche, wo wöchentlich Gerichte aus anderen Ländern vorgestellt wurden. In den vier Wochen, wo ich dort war, gab es Chinesisch, Griechisch, Mexikanisch und Italienisch. Dann waren die Köche noch eingeteilt in Desserts, Vorspeisen, Vegetarisches, Fleisch, Fisch, also ganz viel, das war der pure Luxus und ein Traum von Arbeitsplatz. Dabei konnte man noch richtig gut verdienen, wenn man als Drei- Sterne-Koch vollbeschäftigt war. Mir fehlte es nicht an Spaß, mir unterlief nicht ein einziges Mal ein Missgeschick, darum war mein Prüfer auch schwer begeistert. Der dachte wohl so was wie: ’noch so Einer von der Schule, aber bei den Empfehlungen, hm, mal sehen, vielleicht wird ja was draus.’ Und wie was draus wurde, ich wurde des Öfteren als Genie und Wunderkind gelobt, worüber ich nur lachen konnte. Alle waren richtig nett, klar gab es auch immer etwas Stress in der Küche, aber jeder hatte seine Aufgabe und es kam nichts durcheinander. Das konnte man sich ja auch nicht leisten, in so einem teuren Schuppen, wenn da mal das Chaos ausbrechen würde. Ich schaltete jedes Mal ganz ab, dachte nicht an das kommende Schuljahr oder sonst was, ich ließ es mir vollkommen gut gehen. So gesehen war es auch keine Ausbildung oder Prüfung für mich, sondern eher eine Art Urlaub. Zwar konnten wir nur abends mal aus dem Hotel raus, aber so viel Freiheit brauchte ich gar nicht, denn ich fühlte mich im Gebäude pudelwohl. Ich ließ mich gar nicht ablenken, außer, wenn meine Tagträumereien überhand nahmen und ich als Illusion Nami neben mir stehen sah, aber das war nicht weiter schlimm. Ich verschwendete keinen einzigen Gedanken an was anderes, für mich stand nur ganz groß ’Kochen’ im Vordergrund. Mein Traum, meine Zukunft, der Weg zu meinem Glück, ich hatte das schon lange gefunden, musste nicht noch danach suchen. Menschen beobachten, wie ihnen mein Essen mundet und sie den Kellnern sagen, dass es dem Koch gut gelungen ist, war das Schönste an allem. Wenn ich so was immer hörte, dachte ich sofort, dass es sich gelohnt hat, weiterzumachen, dass es sich gelohnt hat, sich im Leben anzustrengen. Auch wenn diese Momente im Leben eines Schülers noch nicht oft vorkamen, machte es für mich Sinn, daraufhin zu arbeiten, um einmal wirklich meinen Traumberuf ausführen zu können. Das Praktikum war einfach nur perfekt für mich, die richtige Entscheidung. erstellt am 11.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 43: Dull - Pubertät 22 ------------------------------ Kapitel 43: Dull - Pubertät 22 Sanjis Sicht Man darf Keine bzw. Keinen mit zu sich nach Hause bringen, denn sonst wissen die ja, wo man wohnt; und jemanden in die Privatsphäre eindringen zu lassen ist tabu. Leuchtet einem ja auch ein. Wenn’s mal gut läuft und sich Eine bzw. Einer immer wieder mit dir trifft, darf man keine Geschenke annehmen, denn ansonsten könnte sie bzw. er sich Hoffnungen machen und sich schlimmsten Falls in dich verlieben. Du kannst Preise selbst vereinbaren, und falls die mal nicht zahlen wollen, darfst du Gewalt anwenden, aber mehr wie schlagen ist verboten. Du kannst selbst bestimmen, zu was du bereit bist zu machen, ob volles Programm, oder nur Einzelaufträge, wie Finger, Zunge, Strippen, was weiß ich was es da alles gibt. Kunden dürfen den anderen Kollegen ausgespannt werden, falls dein Typ verlangt ist, aber nicht aus Rachegründen oder privaten Angelegenheiten. Mehr wie zwei Stunden dürfen nicht in Anspruch genommen werden, denn die Zimmer werden noch gebraucht. Das sind alle Regeln, die einzuhalten sind. Meine Fresse, wie bin ich da nur reingerutscht, verdammte Scheiße! Da hab ich mich doch tatsächlich auf die Parkstraße gestellt und Leute angegafft. Natürlich nur Frauen, für mich würde es im Leben nicht in Frage kommen, für Geld einem Typen einen runterzuholen, bei dem Gedanken schüttelt’s mich am ganzen Körper. Ich hab mir eine seelisch runtergekommene Frau angelacht, aber Geld hat sie, darauf kommt’s an. Schon beim ersten Augenkontakt fand ich sie abstoßend, sie stank nach Parfüm und hat mich abschätzend angeguckt, als ob sie was besseres wär, nur weil sie ne tolle Karre hat und eben viel Zaster. Dazu kommt noch ihr Alter, bestimmt über achtundzwanzig und überhaupt nicht mein Fall. Aber ich muss über dem allem stehen, sonst kann ich mir den Job hier abschminken. Ich komme mir so vor, als wäre ich ein eingefrorener Klotz, den man von Außen formen, aber Innen nicht mehr zum Schmelzen bringen kann. Ob ich überhaupt noch mal Wärme spüren werde? Jedenfalls bin ich felsenfest davon überzeugt, dass ich mich nie, nie wieder in meinem ganzen Leben verlieben werde. Seulgi war die Einzige, für die ich solche Gefühle empfunden habe, aber das war ein Fehler. Wenn man verliebt ist, kann es einem einfach nur wehtun, klar ist die Zeit schön, die man hat, aber für die Folgen lohnt es sich überhaupt nicht. Das sind meine Erfahrungen, und bevor ich noch mal so leiden werde, lasse ich es gar nicht erst so weit kommen. Darum werde ich es gar nicht erst versuchen oder sogar zulassen, mich noch mal zu verlieben, aus Angst, wieder die gleichen Fehler zu machen. Ich verbanne alle Emotionen in mir, habe alles weggeschlossen, dafür ist hier kein Platz. Wie soll ich sonst täglich bis zu drei Freier beschäftigen? Für mich gibt es weder Seulgi, noch Tamara, die beiden schwirren zwar immer in meinem Hinterkopf herum, aber ich muss mich davon lösen. Die beiden werden sich nie wieder in mein Leben einmischen, Seulgi kommt doch eh ins Krankenhaus und Tamara hat mich nur benutzt, diese durchtriebene Schlange! Aber selbst Schuld, wenn man sich so blindlings einlullen lässt... ohne sie wäre ich überhaupt nicht auf’m Strich gelandet, hätte nie mit Drogen angefangen. Aber vielleicht sollte ich nicht ihr alles in die Schuhe schieben, ich war ja wohl auch wie ein gefundenes Fressen für all die Dealer hier. Wenn ich jetzt weiter H nehme, steigen die Schulden immer weiter an, ich müsste es mir stufenweise abgewöhnen, also wöchentlich immer weniger H konsumieren, dann hätte ich irgendwann alle Schulden begleicht. So langsam schaltet es sich auch schon in meinem Kopf um, dass es so nicht weitergehen kann, ich will ja nicht ganz drauf kommen und von H abhängig sein. Einen Turkey hab ich noch nie erlebt, also dass mein Körper Entzugserscheinungen aufzeigt, und so soll es auch bleiben. Ich kann noch davon wegkommen, und ich werde es schaffen. Heute treffe ich eine Brünette, ein klassisches 0-8-15 Gesicht, sie ist total hübsch und hat einen schön geformten Körper. Wieso soll sich so eine wie sie mit einem Stricher abgeben? Die bräuchte doch nur in den nächst besten Nachtclub gehen und sich irgendeinen angeln, ich kapier das nicht. Aber sie zeigt Interesse an mir, bewundernswert, wir kommen ins Gespräch und die Falle schnappt zu. Wir vereinbaren einen Preis, verziehen uns auf eines der Zimmer, die uns Edward freistellt und den restlichen Ablauf möchte ich ausblenden. Später erklärt mir Agotogi, dass es eigentlich viele Weiber gibt, die sich alle Mal zu gut sein könnten für einen von uns, aber sie wollen nicht als Schlampe dastehen und das ihr Ruf geschändigt wird. Hier bleibt ja alles unter uns, wir prahlen auch nicht damit rum, wer welche geknallt hat und wer nicht. Sie wollen ganz einfach keine Beziehung, haben keine Lust auf so ’nen Stress und sind nur an dem Einen interessiert, so kommt es also zustande. Ohne Reden wird direkt zur Sache gekommen, mir sollen ihre Gründe recht sein, sind die eben notgeil, wenigstens stimmt’s bei mir in der Kasse. Ein paar Tage drauf treffe ich so eine Blondine, auch extrem hübsch und sie hat auch etwas an mir gefressen. Sie heißt Pola und nagt geradezu an mir, sie wollte keinen von den anderen, die dort auf Fang aus waren. Ich kapiere ziemlich schnell, wie das alles abzulaufen hat und was erlaubt ist und was nicht. Ich bin vormittags Zuhause, keine Ahnung, was ich da so treibe, nachmittags komme ich auf die Szene und abends schaffe ich mir Freier an. Nach kurzer Zeit habe ich sogar schon zwei, drei Stammkundinnen, die im Moment nur mit mir auf die Zimmer gehen. Eigentlich könnte mich das schmeicheln, aber ich finde das alles so widerlich, ich bin jedes Mal froh, wenn es rum ist! Zuhause onaniere ich nicht mal mehr, wie denn auch, ich fühle mich nur noch benutzt und abgestumpft. Ich hab schon alles verschenkt, meinen Körper, meine Würde, meine Gesundheit, mein ganzes Ich. Für mich sehe ich keine rosige Zukunft, aber irgendwie hoffe ich noch darauf, dass sich bald etwas ändern wird. Eine Wende in meinem Leben, ein Aufschwung durch den alles wieder gut wird. Träumen tue ich sehr gerne, auch wenn alles total unrealistisch ist, aber meine Fantasie hilft mir echt weiter. Werde ich halt gehasst, verachtet, missbraucht, aber ein Fleckchen in zeugt noch immer Selbsttreue, und das lasse ich mir von keinem kaputt machen, weiter runter in den Schmutz ziehen lasse ich mich ganz sicher nicht. erstellt am 11.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 44: Carouse - Gegenwart ------------------------------- Kapitel 44: Carouse - Gegenwart Namis Sicht Ich ging häufig, wirklich sehr oft in diesen Sommerclub und kannte ihn schon richtig gut. Die Preise für meine Lieblingscocktails, wo man am besten nicht mit Leuten ins Gespräch kam, sowohl als auch wo die geeignetsten Flirtchancen bestanden, waren mir alle bekannt. Ich war nur zum Abfeiern hier, um die Ferien halbwegs zu genießen, aber ließ jeden Typen abblitzen. Ich war ja nicht dort, um mir einen zu angeln, ich hatte doch Sanji, von daher interessierten mich andere Jungs nicht im Geringsten. Vivi war schon längst im Urlaub, deshalb ging ich meistens alleine hin, die Barkeeperin kannte mich schon ein bisschen, da ich auch manchmal mit ihr plauderte und einige kannte ich vom Sehen. Das Wichtigste war mir das Tanzen, da konnte ich meine ganze überschüssige Energie versprühen, nahm die Musik in mir auf und fühlte mich jedes Mal auf dem Nachhauseweg wie nach drei Tagen im Freizeitpark. Diese Wirkung hielt dann sogar immer noch im Bett an, ich lag da zwar auf meiner Matratze, aber glaubte, sie würde hin und her schwanken, echt cool. Es sah alles ganz anders aus als bei dem ersten schüchternen Mal mit Vivi in dem Nachtclub, ich ließ mich mit der Mucke wirklich treiben, wie nach dem Motto: ’Ich scheiß einfach auf alles!’ Die Cocktails trugen ganz schön zu meiner Partylaune bei, ansonsten kam ich nicht gerade von meiner Seite aus mir heraus, es sei denn, ich war unter Freunden. Mit lauter Fremden auf engen Raum zu sein machte mir nichts aus, außer mein bisschen Eintritts –und Biergeld nahm ich nämlich nichts mit, also brauchte ich keine Angst zu haben, meinen Perso geklaut zu bekommen. Im Club war es relativ sicher, also nichts mit Schlägereien oder Schlimmeren, Nojiko war auch einmal mit von der Partie und hat sich mit mir zusammen vergewissert, ob auch alles stimmte, was ich ihr erzählt hatte. Ich zählte die Tage, bis Sanji wieder zurückkam und wollte dann irgendetwas zum Ferienabschluss für uns alle organisieren. Eine kleine Fete oder so, jedenfalls an einem Tag, wo alle wieder zurück waren. Vielleicht würden wir ja hier in die Disko gehen, wer weiß. Dort hielt ich mich immer bis spät nachts auf, es machte mir auch überhaupt nichts aus, fast nur alleine hinzugehen. Ich kam auch recht schnell dazu, mehr wie zwei Cocktails zu trinken, also Bier mochte ich nicht so, aber dagegen hatte ich zu dem Zeitpunkt auch nichts mehr. Besoffen war ich ja noch nie, also achtete ich auf meine Gesundheit, immerhin wollte ich mit klarem Verstand zu Hause antanzen, und nicht als Zechgenossin verschrien sein. Einen Vormittag fiel mir das Herz fast in die Hose, da kam doch tatsächlich eine Postkarte! Von Sanji, aus Mockdingens oder wo er auch war. Wie ein wildes Huhn bin ich durch die Wohnung gehüpft und hab mich auf die Wohnzimmercouch fallen lassen. Ich erinnere mich auch noch an den ungefähren Inhalt, er schrieb so was wie: ’Hey Süße, ich hoffe, dir geht’s gut! Das Praktikum läuft klasse, hab ein bisschen Heimweh nach euch allen, insbesondere nach dir! :-) Das Wetter hier ist nicht so arg heiß wie in Deutschland, aber schön genug um Spaziergänge oben ohne zu machen.^^ Die Teilnahmebescheinigung von mir wird gut ausfallen, die ganzen Köche gucken mir sogar manchmal auf die Finger, weil ich schon genauso gut bin wie die. (-: Ich wünsch dir noch schöne Restferientage mit supergeilem Wetter! Alles Liebe, Sanji.’ Von Ruffy und Ace kam auch einmal Post, an meine Schwester und mich, und von Vivi ebenfalls. Das ist der einzige Vorteil, wenn man als einzige nicht in Urlaub fuhr, man bekam immer von den anderen geschrieben. Fünf Tage bevor Sanji zurückkam, war ich wieder im Sommerclub und da hatte mich ein Typ angebaggert, der war schon total blau. Normal wusste ich, wie man solche abschüttelt, aber er roch nach Zigarettenrauch. Normal stank das ja, aber es war dieselbe Marke, die Sanji immer rauchte! Deswegen redete ich an den Tresen auch ein bisschen mit ihm und wir tanzten sogar. Er wollte mich dann nach Hause bringen, war ja wohl klar, ich ließ mich aber nur den halben Heimweg begleiten. Der war ganz schön hartnäckig, aber ich ließ keinen erst an mich ran. Den restlichen Weg musste ich automatisch an Sanji denken, ich bekam richtige Sehnsucht. Normalerweise konnte ich mich immer ablenken, aber an dem Abend war das nicht drin. Mit einem Seufzen kam ich nach Hause und legte die Klamotten ab. Das bisschen Alkohol, das ich zu mir genommen hatte, wurde irgendwie in meinem Magen von selbst gerührt. Ohne mich für die Nacht umzuziehen legte ich mich in mein Bett, zog die Bettdecke hoch und wollte einfach nur ins Land der Träume. Aber wie so oft schon tauchte in meinem inneren Auge Sanjis Gesicht vor mir auf, seine schönen Lachfalten und die hellen Wimpern. Ich wollte gar nicht mehr länger warten, ihn wieder zu sehen, aber musste meine Wünsche noch zurückhalten. erstellt am 12.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 45: Disdain - Pubertät 23 --------------------------------- Kapitel 45: Disdain - Pubertät 23 Tamaras Sicht Mein ganzes Nervensystem liegt blank. Zuhause sieht’s aus wie auf ner Müllhalde und auf der Szene kackt grad alles irgendwie ab. Edward und Agotogi haben die Preise erhöht, genauso wie die anderen Dealer, und bei den Zweien sind nicht mal mehr Freundschaftspreise drin. Irgendwie muss ich ja meinen H-Vorrat decken, das wird in Zukunft nicht so leicht sein. Ich hab schon genug Probleme, das ist echt nicht einfach momentan mit allem. Ich laufe dem Babystrichrevier entlang, mit schnellen Schritten, ich möchte nach Hause, mich ins Bett legen. Ich ziehe an meiner Ziggi und halte meinen Blick gen Boden. Da rempele ich jemanden aus Versehen an, nuschelte eine Entschuldigung und gehe noch schnelleren Schrittes weiter. Ich biege um die Ecke eines Gebäudes in die nächste lange Straße, da stoße ich schon wieder mit jemandem zusammen, meine Ziggi fällt mir dieses Mal sogar aus der Hand. Wiederholt entschuldige ich mich, da laust mich ein Affe, Sanji steht vor mir. Wir beide zögern kurz, bevor wir uns mit einem „Hey“ grüßen. Ein kurzer Augenkontakt hält an, ich spüre schon wieder das Zwicken in meiner Brust und wie auf Knopfdruck laufen wir an uns vorbei, verfolgen unser Ziel wieder, haben den anderen ignoriert. Mit ihm habe ich nichts mehr zu tun, er hat alles verbockt, daran lässt sich jetzt auch nichts mehr ändern, ist ja auch egal. Ganz zu Beginn dachte ich, dass ich mit Sanji echt das große Los gezogen habe. Normal, wenn ich einen mit nach Hause nahm, wachte ich immer am nächsten Morgen alleine auf. Alle Kerle waren nur an meinem Körper interessiert, darauf, eine wilde Nummer zu schieben und machten sich danach immer aus dem Staub. Mein kleiner Blondie war am nächsten Morgen noch bei mir, obwohl gar nichts zwischen uns war, das fand ich ultra süß und ich fühlte schon irgendwie, dass er anders ist, dass er was Besonderes ist, nicht nur schwanzgesteuert, so wie alle anderen. Es ist richtig schade um ihn, dass er sich hat nur noch gehen lassen, hätte ich nicht eingegriffen wäre das so weiter gelaufen. Der Ärmste ist jetzt total runtergekommen, richtig abhängig geworden, ich dachte, ein paar Pillchen könnte er abhaben. So einen werde ich demnächst leider nicht wieder treffen, aber von Beziehungen hab ich im Moment eh die Schnauze voll. Das ist wirklich Schade um ihn, von Agotogi und Edward hab ich gehört, dass sie ihn ganz schön in die Mangel genommen haben, wobei ich sie überhaupt nicht drum gebeten hab. Sie haben Sanji irgendwie Geldschulden angehängt, solange ich noch mit ihm zusammen war, hatte ich immer für ihn mitgezahlt, also ihm was abgegeben, aber wenn er jetzt Stoff braucht, muss er eben selbst dafür aufkommen, ist doch selbstverständlich. Es gibt viele, die dadurch auf hm Strich landen und morgen werd ich mal gucken, wie mein Blondie da so zurechtkommt. Irgendwie fühle ich mich noch für ihn verantwortlich, er ist mein Schützling und ich bin sein Mentor, auch, wenn unser Verhältnis nicht mehr bestehend ist. Ich glaube ganz stark, dass er mir helfen würde, falls ich mal zusammengeschlagen werden sollte, genauso wie ich noch ein Auge auf ihn werfe, obwohl wir wie unsichtbar durch einen hindurchsehen. Auch, wenn wir füreinander gestorben sind, heißt das nicht, dass wir uns in Notsituationen nicht zur Seite stehen würden. /// Das ist kack übel, wie sich das alles entwickelt hat. Irgendwie müssen Agotogi und Edward Sanji ausgetrickst haben, ich hab aber keinen Peil von nichts. Agotogi hat ja schon des Längeren dieses verrottete Motel, das er einfach so zur ’Hilfe’ für Stricher freistellt, damit die nicht irgendwie im Gebüsch oder sonst was landen und gefunden werden. Aber Edward hat die Marionettenschnüre übernommen und fordert von Sanji ne erhebliche Summe, muss jedenfalls so sein, denn er ist schon richtig gut in der Callboybranche drin. Gut eingelebt hat er sich, schnauzt andre Leute an und sagt, was er von denen denkt. Der Junge hat vor nix mehr Respekt, echt schlimm. Sogar auf nem normalen Bürgersteig kommt der nem alten Ehepaar ganz blöd, wenn die ihn auch nur streifen. Und ein Kettenraucher ist er, wobei mich das gar nicht überrascht, aber er raucht jede Marke quer durch, bis es wohl eine findet, die ihm auch gescheit schmeckt. Ich beobachte ihn nur noch heute, mir reicht das vollkommen, was ich die letzten zwei Tage mitgekriegt hab. Ich hab gerallt, wie er denkt, für ihn sind alle Weiber einfach nur noch notgeil, so stempelt er sie ab. Wenn er jetzt nicht mehr die Kurve kriegt verreckt er noch, so wie alle Fixer die sich den goldenen Schuss setzen wollen weil sie mit nichts mehr fertig werden. Echt traurig das alles, wenn er sein letztes bisschen Selbstvertrauen auch noch verwischt kann ich nichts mehr für ihn machen. Irgendwie bin ich eifersüchtig, wenn er irgendeinen Freier abkriegt, in letzter Zeit ist es sehr oft so ne vollbusige Blondine, die ihn sich ausgeguckt hat. Ich hasse diese Sorte von Schlampen, die sich vollkleistern mit Puder und drei Kilo Wimperntusche drauf machen, die haben echt voll das Geld, um sich nur Schminke zu kaufen und nen armen kleinen Stricher vorm Abgrund zu retten, indem sie ihre wilden Triebe an ihm auslassen und ihm dann ein paar Mäuse zustecken. Naja, Sanji wird schon wissen was er tut, mir geht das so langsam auch am Arsch vorbei. Ich sollte mich mehr darauf konzentrieren, wie’s bei mir weitergehen soll, ich kann meinen Kopf ja nicht überall haben und meine Zeit wegen dem Blondie verschwenden. erstellt am 12.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 46: Longing - Gegenwart ------------------------------- Kapitel 46: Longing - Gegenwart Namis Sicht Ich war total, total, total aufgeregt, traf mich mit Zorro, Lysop und Ruffy am Stadtbrunnen und wir liefen dann gemeinsam in Richtung Bahnhof. Heute kam Sanji wieder, morgen auch noch Vivi, unsere Clique war wieder komplett! Vier ewig lang andauernde Wochen waren rum und ich konnte es nicht mehr erwarten, Sanji abzuholen. Er wusste es nicht, aber Lysop hatte irgendwie im Internet rausgekriegt, wann er den Zug nehmen würde, die Überraschung, von uns abgeholt zu werden, würde uns sicherlich gelingen, auf Sanjis Gesicht war ich schon richtig gespannt. Die Jungs wieder um mich zu haben tat echt gut, ich hab sie ja alle vermisst. Ruffy erzählte die ganze Zeit von der Schweiss, wo er mit seinem Bruder bergsteigen war. Unser Sonnenscheinchen hat mir auch ganz schön gefehlt, da weiß man mal wieder die Leute zu schätzen, die immer gut drauf sind und mit ihrem Lachen einem den Tag verschönerten. An Gleis 3B sollte der Zug eintrudeln, vor den Jungs verhielt ich mich weniger aufgeregt als ich in Wirklichkeit war, sie mussten ja nichts von meiner Sehnsucht mitkriegen. Noch acht Minuten, eine richtige Folterzeit, hoffentlich hatte er nicht Verspätung. Wir setzten uns auf eine Bahnhofsbank und Lysop machte viele Witze mit Ruffy. Zorro schrieb anscheinend ganz viele SMS, keine Ahnung mit wem. Lysop wandte sich dann zu mir und sah hämisch aus. „Hey, Nami, hast du einen Freund?“ Bei der Frage guckte ich nicht schlecht, wie kam der denn auf sowas? Aber natürlich sagte ich ihm weder ja oder nein, sondern lächelte nur geheimnisvoll. „Das braucht dich nicht zu interessieren, du hast jedenfalls keine Chance bei mir.“ Das würgte ich ihm absichtlich rein, wobei Lysop gar nicht beleidigt war, sondern nur allwissend grinste. Sanji hatte doch von unsrem Kuss dicht gehalten, oder? Aus den Lautsprechern ertönte eine Frauenstimme, die den Zug ankündigte. Mein Herz! Ich stand von der Bank auf, wollte nervös auf und ablaufen, aber sah nur gebannt in die Richtung, aus der ein kleines, modernes Dampflöckchen zunehmend beim Näherkommen größer wurde. Und Sanji saß da drin, endlich würde ich ihn wieder sehen! Meine Handinnenflächen wurden feucht, eine Vorfreude wuchs unaufhaltsam in mir und ich wurde Zeuge, wie die Bahn langsamer auf den Gleisen zu uns schritt. Dann hielt der Zug an, eilighabende Fahrgäste sammelten sich davor und mussten erstmal die Insassen rauslassen. Die Türen öffneten sich und ich behielt drei davon im Blickfeld, aus einer würde mein Sanji mit Gepäck kommen. Da, da war er auch schon, wie er leibt und lebt! „Saaaaanjiiii!“ winkte Ruffy ihm zu und vermasselte damit unsere Überraschung, wir wollten doch sehen, ob Sanji und erkennen würde. Naja egal, einen Moment war er noch irritiert, kam aber dann mit dem schönsten Lächeln, das ich seit Langem gesehen habe, auf uns zugelaufen. „Hey, Leute!“ freute er sich wahnsinnig, ließ seinen Rollkoffer auf dem Boden stehen und beeilte sich, um uns alle zu begrüßen. Ich hielt mich noch kurz im Hintergrund, ließ erstmal die Jungs vor mit ihm die Hand abschlagen, so, wie Jungs das eben immer regelten. Dann kam ich an die Reihe, eine mir unerklärliche Scheue überfiel mich und ich hielt schüchtern meine Hand hin, was machte ich Depp denn da, alle guckten doch zu! Doch Sanji reagierte schnell und nahm mich, anstatt mir einen Händedruck zu verpassen, in die Arme! Eine kurze Umarmung, damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet aber war megaglücklich, klopfte auch zweimal ganz kurz auf seine Schulter, dann ließ er mich schon wieder los und drehte sich zu den andren um, strahlte übers ganze Gesicht. „Wow, das ist voll die Überraschung! Damit hab ich überhaupt nicht gerechnet!“ Lysop rieb sich unter der Nase, so als wäre ihm ein Geniestreich geglückt, Ruffy verschrenkte die Arme hinter seinem Kopf und grinste, Zorro gab auch ein Lächeln von sich, nur ich war wie ein kleines Hündchen, dass darauf wartete, was als nächstes passierte, nur nicht selbst in Bewegung kam. Wir gingen alle zur Straßenbahn, wollten Sanji damit nach Hause begleiten, da er ja sein Gepäck verstauen musste. Ich stand irgendwie immer ganz in seiner Nähe, wir hatten voll den kleinen Kreis gebildet, was ich natürlich sehr gut fand. Ruffy ließ Sanji nicht mal erst ankommen, sondern erzählte ihm gleich mal von unserer geplanten Abschlussparty. „Wir machen übermorgen eine Grillparty!“ „Echt?“ kam es nicht nur von Seiten Sanjis, sondern auch von Lysop. Der war wohl nicht so gut informiert. „Ja, bei mir zu Hause.“ verkündete Ruffy freudestrahlend, Zorro ergänzend: „Das hat Nami in die Welt gerufen, um die Sommerferien zu beenden.“ Sanji sah mich freundlich an, danke Zorro, dass du mal deinen unnötigen Senf dazugegeben hast. Ich erwiderte Sanjis Lächeln, sehe dann wieder in die Runde, bei der sich wiederum Lysop beteiligte. „Wer kommt denn da alles?“ Ich kam zu Wort, um seine Frage zu beantworten. „Vivi kommt morgen aus dem Urlaub zurück und ich könnte Kaya noch anrufen, wenn du magst.“ Absichtlich überheblich grinste ich Lysop an, woraufhin dieser von mir weg sah. Außer mir schien wohl keiner gemerkt zu haben, dass er auf Kaya stand, denn niemand verstand meine Andeutung. Ich wollte mich ja nicht über die Langnase lustig machen, sondern nur, dass er etwas Spaß verstand, da stieß Ruffy urplötzlich einen Freudeschrei aus, der uns alle kurz aufschrecken ließ, denn er war über meine guten Neuigkeiten begeistert. „Schön, dass Vivi auch kommt!“ Wow, dass er seine Gefühle mal wieder so offen preisgab, das würde ich natürlich gleich am kommenden Tag meiner Freundin erzählen, die wird staunen! Irgendwann demnächst mussten wir aussteigen und den Rest zu Sanjis Wohnung laufen. Wir unterhielten uns noch viel, ich war so froh, mich mal wieder unter Gesellschaft zu befinden und lachte über vieles. Am Tollsten war Sanjis Duft, mir war nämlich gar nicht aufgefallen, wie sehr mir seine Geruch gefehlt hat, also ich will nicht sagen, dass er geschwitzt hat oder so, sondern es hatte mir einfach nur sein Körpergeruch gefehlt. Der war mir schon immer so vertraut, nur da ich über die Ferien das nicht mehr gerochen hatte ist mir das Fehlen gar nicht aufgefallen, nur eben jetzt kam es zurück. Dieser geborgene Duft war nur ein weiterer Grund für mich, so dicht wie möglich neben ihm zu laufen. Bald kamen wir an unser Ziel, hatten noch spontan Getränke gekauft da Sanjis Kühlschrank ratze putze leer war, und würden noch einen schönen Tag miteinander verbringen. erstellt am 13.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 47: Comeback - Pubertät 24 ---------------------------------- Kapitel 47: Comeback - Pubertät 24 Sanjis Sicht Geradezu verführerisch steht Pola an der Zimmerwand, neben der Tür, hat die Arme vor der Brust verschränkt und das linke Bein vor dem anderen stehen. Sie fixiert mich und wartet auf eine Antwort, wir sind alleine hier drin. Was soll ich sagen? Ihr Angebot annehmen? Ich weiß nicht so recht... das wäre schon gut, aber... Ich hab keine Garantie, dass es immer so gut läuft, und dann müsste ich nicht auch was mit wildfremden Mädels haben. Pola würde mir monatlich so und so viel Geld geben, dann hätte ich es doch relativ schnell geschafft, Edward alles zurückzuzahlen, in vier Monaten. Dann wäre ich solange abgesichert, muss mich nur mit Pola treffen und hier nicht mehr rumlungern. Nur an eine Frau verschenken und nie wieder eine andere... hmm... Dazu muss ich aber immer für sie abrufbereit sein, also kann ich meine Zeiten nicht mehr festlegen. Aber wieso schlägt sie ausgerechnet mir das vor? Sie will mich für sich haben, aber nur, weil ich sie gar nicht leiden kann, glaube ich. Sie ist so hübsch, sie könnte echt jeden haben, aber weil ich eigentlich kein Interesse an ihr hab ist bei ihr wohl der Reiz so groß, dass sie mich eben aufkaufen will. Ihr gefällt es nicht, dass ich auch was mit andren Schlampen mach, deshalb hat sie mir das vorgeschlagen, meine einzige Kundin zu sein. Ich glaube, ich werde das annehmen. /// Seit längerem gehe ich mal wieder einkaufen, mir fehlt’s Zuhause echt an Lebensmitteln. Und ich hab schon ewig nicht mehr gekocht, vielleicht sollte ich das mal wieder machen. Ich komme nach Hause, sehe, dass ich Post habe, die Schule schreibt mir, wieso ist das nicht an Jeff gegangen? Keine Ahnung was das ist, ein Verweis oder sonst was, ich reiße den Umschlag mit meinem Finger auf und hole den Inhalt raus. Vielleicht soll ich ja auf die Realschule gehen oder sogar auf die Haupt, mir egal, wie ich abgestuft werde. In dem Schreiben steht aber, dass ich die Klasse auf der neuen Schule wiederholen soll, das ist doch noch Gymnasium, was soll das? Diese neue Schule hat mein erstes Halbjahreszeugnis gesehen von der alten Schule, wo ich noch mit und für Seulgi gelernt hab, und das war wohl ausreichend gut gewesen. Vielleicht sollte ich es echt noch mal versuchen, die Klasse zu bestehen, muss sie eben nur wiederholen. Da hab ich ja ganz schön Schwein gehabt, dass die mein ganzes Fehlen toleriert haben, wahrscheinlich steht in den Unterlagen irgendwas wie ’wegen Tod der Mutter durch Trauern verhindert gewesen und konnte nicht im Unterricht erscheinen.’ /// /// /// Neue Leute, neue Umgebung, sogar neue Freunde. Ich kenne einen Jungen hier, wo der Bruder mal mit mir früher im Kickboxen war, er heißt Ruffy und ist supernett. Ich kann in den Pausen auch mit seinen Freunden mitgehen und die sind voll korrekt drauf, das ist echt total lustig mit denen. Sie heißen Lysop und Zorro, wobei Zorro genauso alt ist wie ich, er hatte das Jahr vor mir die Klasse wiederholt und ist auch siebzehn, wogegen Ruffy und Lysop sechzehn sind. Wir fangen auch langsam an, uns mal nachmittags zu treffen, um weg zu gehen. Ich habe bis jetzt keinen Schritt mehr auf die Szene gewagt, ich spritze mir auch kaum noch H. Manchmal will mich Pola sehen, mir egal, das sind die einzigen Stunden wo ich mich wieder zurückverwandele und unantastbar werde, meine Gefühle total abstumpfe, aber es ist zu ertragen. Mein Start in der neuen Klasse verläuft richtig gut, ich lerne für Tests zu Hause zwar nicht, aber es reicht schon, dass ich im Unterricht aufpasse. Am meisten mag ich das Fach Hauswirtschaftskunde, da krieg ich praktisch automatisch gute Noten, der Lehrer da ist auch total nett. /// Im zweiten Halbjahr wechselt ein Mädchen in unsere Klasse, sie kennt Ruffy und Vivi schon von vorher irgendwie und geht seitdem auch meistens immer mit uns in die Pause, manchmal aber noch mit ihrer Freundin Vivi. Sie ist total liebenswert und ihre schönen orangenen Haare fallen einem total auf. In den Pausen rauche ich immer noch sehr viel, aber nur noch Marlboro, bin von Hasch oder Black Devils länger weg, Halleluja! Ich habe mir irgendwie angewöhnt, alle Mädchen, die halbwegs hübsch sind, anzubaggern, aber diese Flirts meine ich natürlich nicht ernst. Die meisten von ihnen springen eh ab, was ich auch nicht anders erwarte, aber macht mir nichts aus. Nur, weil ich für Pola reserviert bin, heißt das nicht, dass sie mir auch das Recht nimmt, andere Mädels anzugucken. Ich kann immer noch machen, was ich will, lass mich von dere nicht einschränken, mache ich eben jedes x-beliebige Mädel an. Einige fühlen sich ja auch geschmeichelt, also tu ich niemandem das Herz brechen, sondern bestätige ihnen nur, dass sie hübsch sind, das ist für sie zusätzlich eine Freude, gut so. Stress will ich auf keinen Fall, ich geh diesen neuen Lebensabschnitt gediegen an. erstellt am 13.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 48: Braai - Gegenwart ----------------------------- Kapitel 48: Braai - Gegenwart Kayas Sicht Meine Ferien waren richtig schön. Um den schönen Sommer zu verabschieden, wurde ich von meinen Parallelklassenkameradinnen Vivi und Nami zu einer Grillparty eingeladen. Ich zog mir mein Lieblingssommerkleid an und machte mich an besagtem Tag auf den Weg. Mit Ruffys Adresse auf einem Stück Papier suchte ich wenig später die Straße, aber es war gar nicht schwer sie zu finden, da man schon von weitem Gelächter hörte. Der uneingezäunte Garten bot eine herrliche Fläche dar, ich sah schon Zorro zwei Kästen schleppen, Sanji den Grill anheizen und Ruffy irgendwie rumhüpfen. „Hallo, Jungs.“ grüßte ich sie und wurde schon herzlich empfangen. Zeitgleich kam auch Nami aus der Haustür, sie trug ein Tablett mit Fleischauflagen. „Hallo, Kaya.“ lächelte auch sie mich an und ich legte meine Handtasche weg. Gleich darauf kamen auch Vivi und Lysop aus dem Haus, ich war wohl die Letzte, die dort ankam. Es war wieder total schön warm, leider würde die Sonnenscheindauer langsam wieder abnehmen. Am kommenden Tag war Schulbeginn, und dann einen Monat drauf die Klassenfahrt. Da fuhren dann alle Kurse mit, was ich total gut fand. Sanji übernahm den Grill, ich hatte schon gehört, dass er im Kochen total gut sein soll und vielleicht sogar ein Stipendium kriegen konnte nach dem Abi. Der Tisch war auch schnell gedeckt und ich platzierte mich dort hin, gegenüber von Lysop. „Hey.“ sagte er, ich schenkte mir Limo in ein Glas. „Wie waren deine Ferien?“ kam es noch mal von ihm, was sollte ich ihm denn konkretes erzählen? „Ganz gut, ich war mit meinen Eltern in Frankreisch.“ „Am Meer?“ „Ja, im Norden aber, nicht südlich.“ Wir tranken beide aus unseren Gläsern, ich fand das ganz lieb von ihm, dass er ein Gespräch angefangen hatte. Lysop war total süß, und ich mochte seine Art sehr, weil er immer so lustig war. Da hinter mir staunende Ausrufe zu hören waren, drehte ich mich um und sah, wie die Flammen auf dem Grill sehr hoch loderten. Klar, Schauspiel gehörte auch mit dazu, dann stellte der Meisterkoch das Feuer wieder kleiner und Ruffy kriegte sich wieder ein. Ich drehte mich wieder zu Lysop um und lächelte, nippte an meinem Glas. „So, ist das laut genug bei euch?“ rief Zorro aus dem Küchenfenster, der im Haus die Stereoanlage sehr laut aufgedreht hatte. „Jaaa!“ rief Ruffy und alle sammelten sich daraufhin um die Nahrungsquelle, also standen auch Lysop und ich auf, um mit unseren Tellern ein Steak oder ein Würstchen zu ergattern. Ich glaube, mein Nudelsalat ist ganz gut bei allen angekommen, wir hatten es nämlich so geregelt, dass jeder etwas anderes mitbrachte; also einer kümmerte sich um die Getränke, einer um Salate, usw. Die Stimmung war total locker und angenehm, zwar hatte ich nicht so oft mit ihnen etwas zu tun, aber mochte sie alle sehr. Etwas später, als es immer noch hell war, kam jemand auf die Idee, Flaschendrehen zu spielen. Die Idee klang so kitschig, dass es schon wieder lustig war. Wir nahmen eine leere Colaflasche und setzten uns in den Rasen, die Plastikflasche legten wir auf einen Teller, damit man sie besser drehen konnte. Wir machten aus, nur mit ’Pflicht’ zu spielen, damit niemand gezwungen war, Peinlichkeiten preiszugeben, dann begannen wir. Es kamen urkomische Aufgaben zustande, zum Beispiel, dass einer zwanzig Mal um eine Flasche, die auf dem Boden stand, laufen musste, während er dabei den Flaschendeckel berührt hielt. Dann musste einer auf den Pflaumenbaum klettern, um dort eine noch unreife Frucht zu pflücken, ich glaube, dass war Ruffy gewesen, der wie ein Affe dort raufgeklettert war. Dann gab’s noch so Aufgaben wie: einmal die Straße entlang rennen, an einem Haus Klingelstreich machen und sich nicht erwischen lassen, eher was Kindisches. Und dann sollte sich einer einen Partner suchen und auf dessen Rücken eine Brücke schlagen, also da waren echt viele Dinge dabei, die richtig zum Wegschmeißen waren. Ich selbst hatte eine eher poplige Aufgabe, hätte gerne mehr Power gezeigt, ich sollte nämlich bloß wie ein Model den Garten einmal entlang laufen, dabei die Übergangsjacke ausziehen und so, war ganz harmlos. Das aller Interessanteste war, als, ich glaube Sanji war es, gedreht hatte und die Flasche auf Ruffy zeigte. Er überlegte, was er ihm befehlen sollte, da war Nami zu ihm gekrabbelt und hat ihm was ins Ohr geflüstert. Sein Auftrag lautete dann: Vivi zu küssen! Irgendwie hatte es vorher fest gestanden, dass wir ohne Küssen machen würden, aber keiner hatte dieses Tabu ausgesprochen, wir gingen einfach alle davon aus. Ich war mir dann ziemlich sicher, dass das ein Verkupplungsversuch von Nami gewesen ist, denn Ruffy hatte das dann wirklich gemacht! Die beiden waren total rot angelaufen, echt supersüß und zu köstlich. Wir anderen mussten uns mit Lachen zurückhalten, denn für die beiden war da ja ganz aufregend. Danach ging das alles irgendwie unter, wir hatten das Spiel beendet und wollten ein wenig rumlaufen, nicht ausschließlich im Garten sitzen. Wir machten den Spaziergang, wo ich ganz viel mit Lysop quatschte und irgendwann später sah es dann so aus, dass Ruffy und Vivi sogar Händchen hielten, echt super süß. Nur hatte ich verpasst, wie genau das zwischen denen da ablief, aber ich freute mich total für die beiden. So richtig schüchtern waren sie noch, ganz liebenswürdig eben. Leider war der schöne und letzte Ferientag nun zu Ende, deshalb kehrten wir nochmals zu Ruffy zurück und holten alle unsere Sachen. Schweren Herzens verabschiedete ich mich von allen, auf dass wir uns morgen vielleicht im Pausenhof begegnen würden. Auf dem Heimweg pfiff ich ein wenig für mich, freute mich auf einen seeligen Schlaf. erstellt am 13.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 49: Shakiness - Pubertät 25 ----------------------------------- Kapitel 49: Shakiness - Pubertät 25 Sanjis Sicht Wir alle, das heißt Ruffy, Zorro, Nami und ich, gehen zu Lysops Appartement, um ihn abzuholen. Es ist Anfang Februar, unglaublich, die Zeit ist so schnell rum gegangen. Nächsten Monat werde ich schon achtzehn, aber Führerschein mache ich dann noch nicht, das wäre mir viel zu stressig, auch noch dafür zu lernen. Lysop ist natürlich noch nicht fertig, er muss erst noch seine Bauchtasche voll stopfen, während wir anderen mit hochgezogenen Schultern und bis zum Anschlag geschlossenen Reißverschlüssen in der Kälte auf ihn warten. Wozu braucht er auch immer so viel Kleinkram mit sich? Aber er kommt in die Puschen und wir laufen schon kurz darauf zur Bushaltestelle. Wir wollen ins Kino, in einen angesagten Film, wo ich aber den Titel schon wieder vergessen habe, morgen ist Wochenende, also können wir abends lange ausbleiben. Wir stehen am Kinokiosk an, um Popcorn zu kaufen, wo schon sau viele Leute vor uns dieselbe Idee gehabt haben. „Ist aber wahr, mir hat Vivi erzählt, dass er am Ende vom Film stirbt.“ erzählt Nami Lysop, der ihr das nicht glauben will. „Kann ich mir aber nicht denken, sonst hätte das doch längst schon in der Kritik gestanden!“ hält die Langnase gegen sie an, woraufhin ich mich entschieden für Nami einsetze. „Wenn Nami sagt, dass es so ist, dann lass sie gefälligst auch in Ruhe! Willst du ihr etwa unterstellen, dass sie lügt!?“ Lysop wird bei diesem zweideutigen Satz sauer, ist ja logo, wenn man so angeschnauzt wird. „Und wieso mischst du dich immer bei allem ein!?“ zickt mich Lysop an, da greift Nami ein. „Jungs, Jungs!“ Sie schiebt uns auseinander, ist gespielt böse mit uns. „Jetzt hört mal auf, euch zu zanken, wir werden’s ja gleich sehen.“ Meine Stimmbänder schalten wie von selbst um, säuseln in verliebten Ton. „Ach Namilein, du hast immer Recht.“ Keiner von beiden geht weiter auf diesen Zwischenfall ein und innerlich ärgere ich mich über meine dumme Angewohnheit. Das ist bei mir schon richtig einprogrammiert, dass ich alle Mädels in Schutz nehme, was aber nichts Besonderes mehr ist. Die letzten zwei Personen vor uns nehmen ihre Colabecher und machen für uns Platz, Ruffy stellt sich an deren Stelle und grinst die Bedienung an. Ganz ehrlich, ohne die andren säße ich jetzt immer noch in der Patsche. Sie haben mir schon richtig viel geholfen, ohne es zu wissen. Mir ist nur noch das Rauchen geblieben, mit allem anderen habe ich aufgehört. Gut, ein, zwei Pillchen hab ich noch zu Hause versteckt, aber wenn die aufgebraucht sind, lasse ich die Finger davon, das habe ich mir fest vorgenommen. Zum Glück war ich noch nicht so ganz abhängig, es ging eigentlich ganz leicht: aus den Augen, aus dem Sinn. Die Schule läuft auch wieder grandios, in den meisten Fächern bin ich eigentlich gut, und die, wo ich ganz schlecht stehe, kann ich damit einfach ausgleichen. Ich habe echt Chancen, bis zum Abi auf der Schule zu bleiben! Ich habe zwar nie gesagt, dass ich mein Abi machen will, aber mal sehen, wie’s kommt, kann sich ja alles ändern. Ich weiß auch nicht, in letzter Zeit komme ich mir vor, als würde ich vom Boden abheben und mit dem Kopf in einer Blase rumlaufen. Wenn ich um mich sehe, kann ich meinen ganzen Lebensraum abchecken, fühle mich richtig gut, nicht ausgestoßen. Fast täglich bin ich mit den anderen unterwegs, wir haben uns ganz dicke angefreundet und akzeptieren uns alle vollkommen, mit allen positiven Seiten und auch den Macken. Ich hoffe, dass ich mit ihnen weiterhin zusammen die Schulbank drücken werde, sie tun mir richtig gut. Mein Alltag ist gar nicht öde, immer ausgefüllt und ich kann sehr, sehr viel lachen, wobei ich echt noch bis vor Kurzem geglaubt habe, dass ich das verlernt hätte. Ruffy ist immer gut drauf, unsere Stimmungskanone, naiv und verblödet, aber lebt nur mit seinen Instinkten, was echt faszinierend ist. Er erkennt in Leuten sofort, ob sie ’gut’ oder ’böse’ sind, legt seine Empfindungen offen zutage und ist ein super Kumpel, der allerletzte auf der Welt, der oberflächlich wäre. Zorro ist ein in sich zurückgekehrter Typ, legt es manchmal auf Provokationen an, aber ist auch schwer in Ordnung. Er behält Gefühle für sich und spricht über so was mit niemandem, aber wenn man Hilfe braucht, kann man auf alle Fälle auf ihn zählen. Lysop ist ein totaler Scherzkeks, übertreibt es manchmal mit seinen Späßen und kann auch schnell beleidigt werden, möchte immer top informiert sein, aber er ist total hilfsbereit und stets zur Stelle, wenn man ihn braucht. Jeder von uns hat seine Qualitäten, die den einen manchmal schlauchen und der andre dafür gut findet. Dann gibt’s da noch Nami, ich finde es richtig bewundernswert, dass sie mir uns immer weggeht und nicht allzu viel mit andren Mädels macht, da wir ja ansonsten eine reine Jungenclique sind. Sie kann manchmal raffiniert heimtückisch sein, aber dann ist ihre List immer für uns andere zum Schmunzeln gut, abgesehen für den, der von ihr reingelegt wird. Ansonsten ist sie immer fröhlich drauf, total lieb, unglaublich süß, sie schließt manchmal Wetten mit Geld ab und gilt von daher als geizig, was sie aber meines Erachtens nicht ist, und am allerschönsten finde ich ihr Lachen. Jedes Lächeln von ihr stimmt mich selbst auch ganz happy, auch wenn es mir irgendwo noch weh tut, sie dann zu sehen. Ich muss dann noch an Seulgi denken, sie hatte früher auch immer ganz fröhlich gelacht, von ganzem Herzen, nun kann sie das gar nicht mehr. Ich habe Angst, dass Namis Lachen auch irgendwann verschwindet, obwohl das schwachsinnig ist. Seulgi ist eben viel Schlimmes passiert, dass darf Nami nicht geschehen. Ich hoffe, dass sich in meinem Leben nie wieder irgendetwas von dem wiederholt, was ich durchgemacht habe, aber mit so guten Freunden, wie ich gefunden habe, gerät das alles allmählich in Vergessenheit. Ich flirte mit vielen Mädels, sogar mit welchen, die ich nicht kenne, das macht mir überhaupt nichts aus, sie anzusprechen, auch wenn ich meistens einen Korb kriege. Genauso springe ich auch mit Klassenkameradinnen um, aber alle wissen wohl, dass ich das nicht Ernst meine, was auch gut so ist. Von Nami bekomme ich auch ständig Abweisungen, sie hat sich an mein Verhalten gewöhnt. Die Jungs machen sich auch gar nicht darüber lustig, was ich auch gut finde, und wegen der gegebenen Umstände sehe ich keinen Grund darin, mir das alles abzugewöhnen. Das einzige Bedenken in mir liegt darin, dass ich mich vielleicht noch einmal verlieben könnte. Vor einem guten halben Jahr hätte ich mir das nie träumen lassen, ich war innerlich abgestorben und hätte darüber nur abfällig gelacht, wenn mir das jemand gesagt hätte, aber ich hab echt die Kurve gekriegt und mir stehen wieder Türen offen, ich muss nur durch eine, die richtige, gehen. Ich habe noch Angst davor, solche Gefühle wieder zuzulassen, wieder dieselben oder andere Fehler zu machen, wodurch alles kaputt gemacht werden kann, ich habe noch zu viel Angst, noch mal so eine Enttäuschung zu erleben. Aber ich fühle mich schon zu jemandem hingezogen, ein Mädchen, dass mir mit ihrer Art sehr nahe geht und die ich vor allem Schlechten der Welt schützen möchte, sofern das möglich ist. Noch unterdrücke ich das alles, werde noch traurig, wenn ich sie wie einst meine große Liebe lachen sehe, ich kenne die Kehrwende vom schönen Leben und möchte jeden davor bewahren, dasselbe durchstehen zu müssen; aber ich erhoffe mir sehnsüchtig, noch mal so etwas wie Liebe erfahren zu können nur brauche ich noch ein bisschen Zeit... erstellt am 14.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 50: Sunshine - Gegenwart -------------------------------- EIN SCHREIBEN AN EUCH alle mal aufgepasst! Liebe Leserinnen & Leser, hier mal wieder ein kleiner Einwurf von mir, denn ich möchte euch einen Zeitstrahl erklären. Da ich in meiner Fanfiction keine Jahreszahl angeben möchte, stellt euch einfach mal vor, dass bei Sanjis Geburt die Zeitrechnung anfangen würde, dann wären wir, wenn er fünf wäre, im Jahre fünf, wenn er zwölf ist haben wir das Jahr zwölf, und so weiter... Meine Fanfiction kann im Prinzip so gelesen werden: man liest sich alle Vergangenheitskapitel durch und kann dann ganz einfach bei den Gegenwartskapiteln weitermachen, nur ist das so natürlich nicht genau der Sinn. Also, im Jahre sechzehn ziehen Jeff + Seulgi zu Sanji und seiner Mum, da läuft dann alles in Richtung Winter zu, wogegen parallel in der Gegenwart Sommer ist. Es kommt zum ersten Kuss von Sanji und Seulgi, dann ist der Winter da und dieses Märzfest kommt, wenn ihr euch erinnert, wir befinden uns nun übrigens im Jahre siebzehn. Dann relativ bald kriegt Jeff alles raus und schiebt Terror, Sanji wird irgendwie abgeschoben und trifft dann auf Tamara. Er schmeißt die Schule und rutscht total ab, aber nach dem Sommer startet er einen Neuanfang und es geht bergauf mit ihm. :-) In der neuen Klasse lernt er den gleichaltrigen Zorro kennen, ebenso Nami, Ruffy und Lysop, die zu dem Zeitpunkt um die sechzehn sind (hab mich nicht mit deren Geburtsdaten auseinandergesetzt). Im neuen Schuljahr läuft alles prima, es ist nochmals Winter und dann Februar, wie im letzten Vergangenheitskapitel geschrieben ist, kurz darauf wird Sanji achtzehn. Das erste Gegenwartskapitel setzt Ende Mai bzw. Anfang Juni ein, in genau diesem Jahr, zu dem Zeitpunkt ist Nami noch sechzehn (sie hat ja dann B-Day). Ich hoffe ihr blickt bei meiner Fanfiction noch durch und dass sie euch realistisch genug vorkommt. Danke, danke, danke, dass ihr mir immer ganz viele Kommis schreibt, ich gebe mir auch total Mühe! Das letzte Drittel steht vor der Tür, bis hierhin hatte ich alles auf meiner Kladde aufgeschrieben aber jetzt die künftigen Kapitel sind noch nicht genau geplant, von daher muss ich erst mal noch alles überdenken... aber bis zu 20-30 Kaps werden es noch garantiert!^^ Ich hab euch alle ganz dolle lieb, die Vergangenheit ist nun abgeschlossen und ich bis für Fragen immer offen! H.E.A.G.G.G.G.G.D.L.!!!!! -One Piece ist einfach nur super! Ich bedanke mich bei Eiichiro Oda für seine Charaktere!- Viel Spaß noch mit der Fanfiction *Liebe... sie müssen zueinander finden!* :D Elena Kapitel 50: Sunshine - Gegenwart Sanjis Sicht Mit einem wundersamen Gefühl setzte ich mich in den Küchenstuhl und hielt den Henkel meiner Tasse fest. Der erste Schultag war ganz normal verlaufen, nichts Besonderes eben, jetzt war ich zu Hause und wartete auf Lysop. Ich nippte an dem Getränk und stellte die Tasse zurück, da es noch sehr heiß war. Nur noch maximal zwei Wochen und ich wäre Pola los. Unser Deal hätte eigentlich schon als ich noch siebzehn war anlaufen sollen, doch sie war für ein viertel Jahr im Ausland gewesen, hatte sich dort keine Ahnung wo und weshalb rumgetrieben. Von daher lief das damals alles nicht direkt an, sondern erst jetzt ab Ende April. Da ich noch den Sommer über weg war, ist die Zeit, die ich ihr zugesagt hatte, erst in zwei Wochen abgelaufen, aber dann musste ich sie nie wieder sehen. Sie beachtete, abgesehen von Schule, auch nie, wann ich Lust hatte sie zu treffen oder nicht, wie ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln wegkam, war ihr immer Schnuppe. Von daher hatte sie mich auch mal angerufen, während Nami mir mal Nachhilfe gab, und ich war abends immer mit ihr weg. Meine schlaflosen Nächte hatten sogar noch Auswirkungen auf die Schule gehabt, sie hatte mich nämlich des Öfteren beim Ausgehen als Begleitperson vorgestellt und das dauerte eben immer bis tief in die Nacht, aber besser so, als wäre es beim gleichen Programm wie zu Beginn unserer Affäre geblieben. Ich hoffte jedenfalls mal, dass ich ihr dann nie wieder zufällig über den Weg laufen würde, wie mir das damals im Schwimmbad widerfahren war. Da hatte mich diese eine Brünette versehentlich angerempelt und sich sofort an mich erinnert, das war total doof und man ist ja auch unvorbereitet bei sowas. Ein Gefühl der Siegessicherheit dehnte sich in mir aus, ich hatte echt gute Chancen darauf, die Schule noch zu packen und danach konnte ich ja als Koch arbeiten. Ich war auf niemanden mehr angewiesen, konnte in Frieden mein eigenes Leben leben, musste nicht immer irgendwo präsent sein. Ich bekam Lust darauf, mein Lieblingslied zu hören und stand auf, ließ meine Tasse stehen und ging zur Musikanlage. Meine CD lag schon drin, ich tippte bis zur entsprechenden Nummer vor und drehte ein klein bisschen lauter. Gleich darauf ertönten die ersten Klaviertakte, und Patrices Stimme begann die erste Strophe. Der Reggaerhythmus stimmte mich zufrieden und ich schlenderte genüsslich zurück in die Küche. Ich sang sogar den Text mit, da ich das Lied auswendig konnte, musste dabei an eine Mischung aus Nami und Seulgi denken. „Sunshine, we be cruising... it’s in our music, that’s where the truth is... cause we have done that, cause we haven’t been there... I wanna go there, cause we will run that, I wanna go for real... I wanna feel it, I wanna be there... I want you to feel it, the way that I feel it, don’t you conceal it, come on and reveal it... you better kiss me... you better love yourself...“ Es klingelte, das war ganz sicher Lysop. Ich öffnete ihm die Haustür und – siehe da, er hielt mir den Wecker entgegen. „Hier, so gut wie neu!“ verkündete er mir seine gelungene Arbeit und mit großer Geste nahm ich ihm meinen Ex-Schrott ab. „Hey, danke, du hast echt was gut bei mir.“ sagte ich aufrichtig und hielt die Tür weit geöffnet, damit er hereinkam. Wir liefen durch bis zum Esszimmer, ich stellte den Wecker auf den Tisch, sowie Lysop seinen Rucksack zu Boden gleiten ließ, und wir setzten uns. „Magst du was trinken? Oder eine Kleinigkeit essen?“ bot ich ihm gastfreundlich an, doch es war nicht nötig. „Schon okay, ich muss eh in fünf Minuten wieder weg.“ Warum war er überhaupt erst ins Haus gekommen, wenn er sich gleich wieder auf die Socken machen musste? „Wo gehst du denn hin?“ wollte ich neugierig wissen, woraufhin ein Seufzen seinerseits zu hören war. „Sanji, glaub mir,...“ wie weiche Butter zerfloss er und legte seinen Kopf auf der Tischplatte ab, sein Rücken ergab ein Hohlkreuz und seine Augen trieften vor Lustlosigkeit und Erschöpfen. „Was denn?“ brachte ich ihn zurück auf das Thema und er beendete seinen Satz. „Glaub mir, du bist nicht der Einzige, der von mir etwas repariert haben wollte...“ Ein kurz erhaschter Blick auf seinen Rucksack verriet mir, dass er über die Ferien wohl die eine oder andere Aufgabe gehabt hatte und nun eine Rundtour machte, um Repariertes zurückzubringen. „Verstehe...“ Ich klopfte ihm kurz brüderlich auf die Schulter, die sich fast auf Tischhöhe befand, dann richtete er sich wieder auf. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war ihm in dem Moment etwas Aufregendes eingefallen, das er mir unbedingt erzählen musste. „Sag mal, Sanji, soll ich dir mal was verraten?“ Ich spitzte die Lauscher auf, um nicht nur die Lieder meiner Lieblings-CD aufzuschnappen, sondern auch, um meinem Kumpel Gehör zu schenken. „Schieß los.“ war meine Aufforderung an ihn und Lysop rutschte noch mal kurz im Stuhl herum, bis er energievoll anfing. „Also, als du bei deiner Ausbildung warst, da hab ich einmal spät nachts Nami in der Stadt gesehen, mit irgend so einem Typen, den ich noch nie davor gesehen hab.“ schilderte er mir, wobei diese Information nicht bis in mein Gehirn durchsickerte. Er merkte wohl, dass ich nicht ganz gefolgt war und wiederholte sich. „Ich hab Nami in den Ferien mit einem andren Typen gesehen. Für mich hat es so ausgesehen, als würde er sie nach Hause begleiten.“ Ich hatte eine kurze Pause verdient und musste das erstmal auf der Schnelle schlucken. Wieso hätte sich Nami mit einem Anderen treffen sollen? Das klang für mich nicht logisch. „Bist du sicher, dass es Nami war?“ kam meine Rückfrage und Lysop beharrte es. „Ja, hundert Pro! Sie liefen da grad aus der Stadt raus.“ Das versetzte mir einen Stich in der Herzgegend, das konnte nur ein dummer Scherz von ihm sein... Ich kam nochmals zu Wort. „Und was hast du nachts am Rande der Stadt zu suchen gehabt?“ „Ähm...“ Wenn sich jetzt herausstellte, dass das eine seiner Lügen war, dann würde ich ihm den Hals umdrehen! „Ich hatte den ganzen Abend lang schon Bauchweh gehabt und konnte davon nicht schlafen... da hab ich mir im Automaten eine Cola geholt, weil das doch gut für Bauchweh ist. Da hab ich sie gesehen.“ Das hörte sich plausibel an, um die Ecke von seinem Appartement war wirklich ein Getränkeautomat und er brachte das auch glaubhaft rüber. Lysop verschwand genauso schnell wieder, wie er gekommen war, nur hatten sich wesentliche Dinge für mich geändert, wie vor seinem Besuch. Mein Wecker stand wieder funktionstüchtig auf meinem Tisch, mein Getränk war nun lauwarm, sodass man es trinken konnte und am Markantesten: mein luftigleichtes Gefühl hatte sich in sein Gegenteil verwandelt. Ich fühlte mich nicht mehr prächtig, zufrieden oder sonst was, es war genau anders herum. Fragen bäumten sich in mir auf, Zweifel und Vorwürfe, was sollte ich denn von der Geschichte halten? Wer war der Kerl? Wieso sollte Nami sich von ihm nach Hause begleiten lassen? War da mehr als nur ein Ausgehabend gewesen? Hatte sie ihn noch zu sich rein gebeten? Hatte sie... Ich schüttelte meinen Kopf und ging schwermütig in mein Zimmer, warf mich ins Bett. Meine Körperteile fühlten sich schwer an, ich war mit einer Unzufriedenheit randvoll gefüllt und ich war auch wütend auf mich selbst. Wieso hatte ich das nicht verhindert? Weil ich weg war? Ja genau, kaum war ich mal für drei, vier Wochen nicht da, hatte sie sich einen Anderen gesucht... Aber Nami tickte doch nicht so, sie war doch anders, eine Ausnahme von allen Mädchen, die ich kannte, sonst hätte ich mich doch nicht in sie verliebt... Die CD im Nebenzimmer war mit dem letzten Lied zu Ende und erstarb. Was sollte ich jetzt machen? War sie in den verschossen? Bitte nicht... ich hatte mir so sehr erhofft, dass sie mich mehr mögen könnte, aber... hatte sie meine ganzen Annäherungsversuche nicht bemerkt? Wirklich nicht? Oder wollte sie mir nicht ein ausdrückliches ’Nein’ geben, weil wir Freunde waren und sie mich nicht verletzen wollte? Hatte ich mir die ganze Zeit nur was eingeredet? War es wirklich so naiv von mir gewesen, mich neu zu verlieben, war mir die Rosabrille etwa von der Nase gerutscht? Mein Tag war im Eimer und ich hatte beim besten Willen keinen Bock mehr darauf, irgendetwas zu unternehmen. Meinen Kopf vergrub ich im Kissen und alle Funktionen meines Körpers setzten aus. Ich hätte heulen können, wenn ich wollte, doch das brachte ich nicht mehr über mich, wegen einem Mädchen Tränen zu vergießen, damit würde ich bestimmt nicht mehr anfangen. erstellt am 15.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 51: Deliver ------------------- ich möchte mich bei meiner lieben Freundin Nico entschuldigen, dass ich echt ein Vergissmeinicht bin und ihr sagen, dass ich sie gaaaaaaaaanz dolle lieb hab *in Arm nehm und hin und her wieg, sie nicht mehr los lass* das Kapitel kann ich dir leider nicht widmen, das ist für meine Fans, die ein paar Tage ohne FF-Nachschub auskommen mussten -pat- sorry! ~~~~also nico, du bist ein wunderbarer Mensch und ich hoffe, mein kleines Ständchen konnte das alles vielleicht ein kleines bisschen wieder wett machen.... hdgggggggggdl *heul* ganz ehrlich, du bedeutest mir wahnsinnig viel! (das sind nicht schuldgefühle die da aus mir sprechen, dass ist wahre Liebe....) deine elle (belle...) Kapitel 51: Deliver Namis Sicht „Ich freue mich voll für dich!“ strahlte ich Vivi von der Seite an, wobei sie sich nur noch mehr zierte. „Hör schon auf, ist doch nichts Besonderes...“ Ein leichter Rotschimmer bedeckte ihre Wangen und Nasengegend und ich musste sie einfach noch mehr necken. „Nichts Besonderes, ja klar doch. Du bist nur seit Neustem mit Ruffy zusammen, ist ja nichts dabei.“ Ein belustigtes Grinsen konnte ich nicht unterdrücken, denn ihr Verhalten verführte einen ja direkt dazu, sie damit aufzuziehen. Wir waren auf dem Weg zu ihrem neuen Lover, ich fand das richtig klasse, dass die zwei zueinander gefunden hatten, auch wenn das ziemlich außergewöhnlich zutage ging. Ich begleitete meine Freundin zu ihrem Freund, da Nojiko dessen Bruder unseren Toaster ausgeliehen hatte. Den sollte ich jetzt abholen und lieferte Vivi eben zeitgleich bei Ruffy ab, war ja derselbe Weg. „Du Nami, ich möchte wirklich nicht, dass du das alles an die große Glocke hängst. Ehrlich, ich bin ja auch total glücklich und so, aber deswegen brauchst du mich doch nicht immer damit löchern.“ Ich winkte ab, sie ratterte sowieso immer nur dieselbe Leier runter. „Jaja, ich fand das einfach nur goldig, wie ihr das angestellt habt. Ich mein, beim Flaschendrehen...“ Wieder einmal drehte sie ihren Kopf bescheiden von mir weg, damit ich nicht noch mehr ihre Röte sehen konnte, ich kannte diese schüchterne Seite an ihr noch gar nicht. Das lustige Bild von der Grillparty tauchte nochmals in meinem Kopf auf und ich gluckste ein wenig vor mich hin, auch wenn mein Spaß auf Vivis Kosten ging. „Hör doch auf...“ wehrte sie sich schwach, vergebens. Wir kamen Ruffys Haus näher, und Vivi wurde schon ganz hibbelig. Sie hatte es richtig erwischt und ich konnte mir fantastisch gut vorstellen, wie Ruffy sich schon auf sie freute. Frisch verliebt waren die beiden, hoffentlich würde das mit Sanji und mir auch so gut laufen. Bei jeder kleinen Möglichkeit dachte ich an ihn, war nie hundertprozentig bei der Sache. Aber egal, wir kamen bei der Haustür an und ohne auch nur klingeln zu müssen, riss unser gemeinsamer Freund mit einem kräftigen Schwung Wind die Tür auf. „Hay!!!!“ hieß er uns Willkommen und krempelte Fröhlichkeit aus unseren hintersten Ecken der Gefühlsschubladen hervor, seine Spezialität eben. „Kommt rein!“ Mit einem Schritt in den Flur machte er uns Platz und ich ließ –Ladies First- Vivi den Vortritt. Noch sehr zurückhaltend gab Ruffy ihr einen Kuss auf die Wange, vor meinen Augen natürlich nicht auf den Mund, was ich im Prinzip ganz süß fand. Und überhaupt, dass er ihretwegen seine Energie bündelte hatte Anerkennung verdient. „Kann ich dann den Toaster abholen?“ wollte ich mich nicht zulange bei den beiden aufhalten, denn mit einem anfänglichen Pärchen kann das etwas unpassend sein, man möchte ja schließlich erstmal die neu gewonnene Zweisamkeit genießen. „Klar doch, einen Moment.“ Er überließ mir Vivi und verschwand in die Küche, meine blauhaarige Freundin war richtig schon eingenebelt. Ich wollte ihr gerade zum Amüsieren in die Seite stupsen, da kam Sanji von der Treppe herunter. Im ersten Moment waren wir noch etwas überrascht, doch die Situation war dann richtig lustig und angenehm. Dass wir Sanji antreffen würden, damit hatten weder Vivi noch ich gerechnet. Hinter ihm kam Ace, sie waren wohl auf dessen Zimmer gewesen und ich fragte mich, seit wann die beiden so gut befreundet waren. „Hi, ihr.“ grüßte ich und hatte einen Wärmeschock, saßen meine Haare richtig, sah ich wegen dem warmen Wetter eingegangen aus? Ein zaghaftes Lächeln wurde mir von Sanji geschenkt, Ace hingegen war die Offenherzigkeit in Peron. „Was machen denn zwei so hübsche Ladys hier? So ein Glück aber auch, unser Haus ist zu einer Mädchengrube geworden, nicht wahr, Ruffy?“ Zustimmigkeitsuchend horchte er in die Küche, wo der kleinere und jüngere der beiden Schwarzhaarigen mit dem Gerät in den Armen zu uns kam. „Was ist?“ Da Vivi die halbe Küchentür versperrte, ging sie ein Stück zur Seite und die zwei Turteltauben konnten sich einen Blick zuwerfen. Ich aber beobachtete viel lieber Sanji, das Shirt was er trug stand ihm wie jedes Kleidungsstück einwandfrei. Er agierte, da er mich wieder wahrnahm, und räusperte sich, an Ace gerichtet. „Ich geh dann mal wieder.“ Ruffy griff seine vorherige Frage wieder auf. „Was ist los, worum geht’s? Und wieso gehst du schon, Sanji? Du kannst doch bei uns bleiben.“ Diese typische Frühreaktion war Ruffy rausgerutscht, denn er wollte ursprünglich genauso wie Vivi den Nachmittag gemeinsam mit ihr verbringen, also ohne uns anderen. Sein Angebot war lieb gemeint, aber an dem Tag eben unpassend. Sanji war derselben Ansicht wie ich und verabschiedete sich schon. „Tut mir Leid, aber ich will ja nicht stören.“ Ein charmantes Lächeln widmete er dem Liebespaar und drehte sich dann schon zur Haustür um, wobei die Angesprochenen ein paar Sekunden brauchten, um diese -vielleicht- zweideutige Aussage zu verstehen. Dennoch ohne Protest wurde die Türklinke nach unten gedrückt und Ace kam wieder zu Wort. „Also dann, bis die Tage.“ Ein vorwiegend letztes Mal drehte sich mein Liebling um, wieso ging er einfach so, ohne sich von mir zu verabschieden? Wurde ich seit Neustem ignoriert oder was??? Unterdrückte Verzweiflung machte den ersten Schritt, dass wenigstens ich zu ihm ’Tschüß’ sagen würde. „Also dann, bis morgen.“ Doch anstatt ein erhofftes Lächeln hob er nur kurz die Hand, so als wäre ich einer seiner normalen Kumpels, bei denen mehr nicht nötig wäre. Was hatte er nur? Etwas enttäuscht wandte ich mich auch an die letzten Personen, die mit mir im Raum standen und wollte doch lieber noch kurz bleiben. Wenn ich da raus gegangen wäre, hätte ich denselben Weg wie Sanji gehabt, aber wenn er schlecht drauf war, lieber nicht. Höflich fragte ich Ruffy, ob ich noch etwas Trinken konnte. Eine viertel Stunde drauf ging ich aber dann doch endgültig. erstellt am 21.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 52: Hairdresser ----------------------- Kapitel 52: Hairdresser Sanjis Sicht Ich hatte mich in der Schule schon wieder so scheiße benommen. Mein Ego verkraftete den Gedanken einfach nicht, dass Nami mit einem Andren oder möglicherweise sogar mit mehreren weggegangen ist. Das nagte an meiner männlichen Eitelkeit, es kränkte mich zutiefst, vielleicht reichte ich ihr einfach nicht. Wie konnte ich auch nur je glauben, dass ich eine ehrliche Chance bei ihr haben könnte? Als ich bei Ace war hatte er mir bestätigt, was Lysop als Singdrossel so preisgegeben hat. Ace wusste alles von Nojiko, sie hatte ihm erzählt, dass Nami fast jeden Abend weg ging und immer spät nach Hause kam, und ihm vertraute ich, Ace ist kein Typ für Lügen. Naja, wenn Nami sich eben amüsieren wollte, ihre Sache, ich hatte eigentlich keinen Grund, ihr deswegen böse zu sein, nur fand ich das ganz schön ungerecht. Ich hatte diese blöden vier Wochen die ganze Zeit nur an sie gedacht, und gehofft, dass sie auch an mich denken würde... aber Pustekuchen, das waren nur idiotische Tagträumereien. Heute, wie gesagt, hatte ich es wiedermal grandios hingekriegt, sie wie die anderen zu behandeln. Sie bekam von mir nicht mehr die gewohnte Aufmerksamkeit wie sonst immer, äußerlich wohlgemerkt, ich wollte nicht, dass sie mich irgendwie in der Hand hatte. So kühl zu ihr zu sein fiel mir nicht mal schwer, nur bekam ich trotz allem ein schlechtes Gewissen dadurch. Hatte sie das verdient, ganz ehrlich, oder sollte ich lieber egoistisch fragen: hatte ich das verdient? Nach dem Essen putzte ich meine Zähne, nahm dann den Geldbeutel und verließ das Haus. Ich hatte einen Frisörtermin, meine Haare waren echt ganz schön lang. Ich hatte ein luftiges Shirt an, die Wärme war langsam am Abnehmen, aber der Sommer würde sich dazu wohl noch Zeit nehmen. Ich fuhr mit dem Bus drei Haltestellen in die Stadt rein, vielleicht würde ich mir danach ein Eis genehmigen. Von weitem sah ich den Laden auch schon, der hatte seit einem halben Jahr geöffnet und war ganz okay. Ich kam rein, ein Glockenspiel über der Tür kündigte mich an und nach kurzer Begrüßung mit den Ladenbesitzern hockte ich mich in das Wartezimmer, wo schon ein älterer Herr wartete. Man konnte in den Nebenraum gucken, wo schon drei Friseurinnen am Werk waren, die Kunden hatten Handtücher umgewickelt und beobachteten im Spiegel ihre Veränderung. Auf der Fensterbank neben den Wartestühlen lagen mehrere Zeitschriften verstreut, in denen man Frisuren nachschlagen konnte. Aus Langeweile griff ich nach einer und begann, darin rumzublättern. Angeblich von Natur aus schöne Models sahen mich an, ihre Haare saßen auf jedem Bild perfekt und die Farbtöne leuchten schön in der Sonne, ich blättere durch und sah nach, ob da auch Männerfrisuren abgebildet waren. Im Hintergrund hörte ich Glockenläuten, dass wieder jemand hereinkam und achtete erst bewusst darauf, als diese Jemand mich freundlich ansprach. „Hi, Sanji.“ Während sich mein Kopf schon automatisch zu ihr umdrehte, hing mein Herz schon ein Stückchen weiter unten als Normal, neben mir stand Nami, ich hatte sie sofort an der Stimme erkannt. Sie hatte wohl ausgerechnet heute genau dieselbe Idee gehabt wie ich und würde sich nun neben mich setzen, warten, bis wir drankamen. Verwirrt lächelte ich ihr auch ein „Hi.“ zu, dann nahm sie neben mir Platz, ich zog meine Beine ran, dass wir nicht aneinander stießen konnten. „So ein Zufall aber auch, dass du heute auch hier deine Haare schneiden lässt.“ fing sie gleich ein Gespräch an und ich nickte ihr zu. Damit hatte ich echt nicht gerechnet, dass ich die Wartezeit mit Nami überbrücken würde, aber ich war ja flexibel. Nebenhandlich legte ich die Zeitschrift weg und sah sie gebannt an. Ich ging auf sie ein, irgendwie musste das ja zwischen uns am Laufen bleiben. „Bist du zum ersten Mal hier?“ Ich hatte kein Problem damit, ihr in ihre schönen Augen zu sehen, ich wurde nicht schwach. „Nein noch nicht, aber Nojiko war hier schon und fand das gut. Jetzt probier ich es auch mal aus.“ Just in dem Moment stand der alte Mann vor uns auf und betrat den Salon, einer der vorherigen Leute hatte den Salon verlassen. „Wusstest du schon, dass Zorro eine Freundin hat?“ fragte mich Nami, was mich etwas aus der Bahn warf. Zorro eine Freundin? Zorro und verliebt? „Nein, wen denn?“ erkundigte ich mich, Nami war gut in Stimmung, mir alles zu erzählen, so wie Mädchen nun mal sind. Dass ich seit zwei Tagen kaum mit ihr gesprochen hatte, war ihr vielleicht noch nicht mal aufgefallen, jedenfalls lief es zwischen uns so wie immer. „In den Ferien scheint er da irgendeine kennen gelernt zu haben, die hier in der Gegend wohnt und schreibt seitdem andauernd SMS mit ihr. Soviel ich mitgekriegt habe, soll sie Robin heißen.“ Die Vorstellung fand ich echt klasse, ich hätte in dem Moment gerne ein Foto von ihr gesehen. „Und ist er nur an ihr interessiert oder sind die fest zusammen?“ Noch während ich das aussprach, fand ich das ganz schön albern von mir, mit Nami über Zorro zu reden, wie es bei ihm in Sachen Liebe aussah, wobei zwischen uns gar nix mehr gefunkt hatte. Schweigend hatten wir uns darauf geeinigt, nicht mehr über den einen dummen Kuss zu reden, weil ich weg war und Nami sich anders zu beschäftigen gewusst hatte. Jetzt nach Zorros Flamme zu fragen klang in meinen Ohren falsch, wir sprachen über das Liebesleben eines Freundes, aber das war ja auch egal, besser aneinander vorbeizureden, als stumm nebeneinander zu sitzen und zu warten, bis man dran kam. „Ich glaube nicht, dass die schon zusammen sind, aber ich weiß nicht genau.“ überlegte Nami, mir lag schon die nächste Frage auf der Zunge, ich hatte beschlossen, das Gespräch am Laufen zu halten, aber da kam schon wieder eine Person aus dem Frisörzimmer heraus, mit noch nassen Haaren, aber einem neuen Schnitt. Es wurde abkassiert und eine rothaarige Frau, mit schwarzen Strähnchen bat mich zu sich. Nami lächelte mich an, als ich das Wartezimmer verließ und ich konnte mir gut vorstellen, dass sie mich auch weiterhin beobachtete, da es ja nichts anderes zu sehen gab. Die Friseurin dirigierte mich zu einem Sessel, wo am Kopfende ein Waschbecken angebracht war. Sie band mir ein Plastiklaken um und machte mir hinten am Nacken einen Knoten. Ich legte meinen Kopf in das Becken rein, wartete noch einen kurzen Moment, bis dann Wasser aus dem kleinen Duschkopf kam. Verbunden mit einer Kopfmassage wusch sie meine Haare mit speziellem Shampoo, dann rubbelte sie mir mit einem Handtuch über den Kopf. Ich wurde in einem bequemen Stuhl vor einem großen Spiegel umverfrachtet und konnte nun genau die Abläufe des weiteren Prozesses verfolgen. Nami wurde dann auch nach innen gebeten und bei ihr verlief das Schema ebenso, sie kam aber auf die andere Seite des Raumes als da, wo ich saß. Im Spiegel konnte ich sie nicht sehen, leider, ich war schon gespannt darauf, wie sie danach aussehen würde. Ein wenig Zeit verstrich, viele Haarspitzen fielen zu Boden und noch war kein unangenehmes Jucken von Teilchen zu spüren, die doch unter dem Laken gelandet waren. Bald war ich dann fertig, aber bei Nami war erst die hintere Seite gemacht, ich zahlte dann für die Behandlung und entschloss, auf Nami zu warten, so wie sie es auch getan hätte. Wieder setzte ich mich ins Wartezimmer, schmollte etwas vor mich hin, wieso hatte sie nur ihre Haare abgeschnitten? Auch wenn ich es nicht so gerne zugeben wollte, ich liebte sie doch immer noch und wollte nicht, dass sie ihre schönen Haare einfach abschnitt. Natürlich gehörte das zur Pflege dazu und sie würden nachwachsen, aber ich war trotzdem etwas beleidigt, dass ihre Haare jetzt kürzer sein sollten als vorher. Ich mochte sie so, wie sie vorher immer war, wollte nicht, dass sie sich in kleinster Weise veränderte, aber was sollte ich schon groß machen. „Danke, dass du auf mich gewartet hast.“ sagte Nami aufrichtig zu mir, als wir den Frisörsalon verließen. „Nicht dafür, hab ich gern gemacht.“ Kontinuierlich blieb es warm und die Luft trug leckere Düfte mit sich. Wir liefen nebeneinander her, mir kam ein guter Einfall. „Magst du noch ein Eis essen? Vorne bei der Eisdiele?“ Sie lächelte mich von der Seite an, mit der neuen Frisur sah sie so unglaublich süß aus, unmöglich, dass da was gewesen sein sollte, so wie die Jungs behauptet hatten. Sie war doch die Unschuld in Person, ein wiedergeborener Engel, aber im Inneren wusste ich, dass der Schein immer trog. Ich konnte sie einerseits nicht ansehen, weil meine Gefühle zu stark wurden, doch andererseits zog sie meine Blicke magnetisch an, total ungewohnt. „Gerne, wenn du mich einlädst?“ meinte sie im Spaß und natürlich würde ich das tun, jeden Preis der Welt bezahlen, um mit ihr eine halbe Stunde länger zusammen sein zu können. „Sag mal, was hast du in den Ferien denn noch so gemacht?“ Beiläufig ließ ich das klingen, obwohl mein ganzes Interesse an dieser Frage hing. Einen Moment überlegte sie, Menschen liefen neben uns vorbei, kamen uns entgegen und ich befürchtete schon, mich bei der Eisdiele lange anstellen zu müssen. „Da hat so ein neuer Sommerclub aufgemacht, da war ich paar Mal drin.“ gestand sie mir ohne Umstände, dass sie das so vorne weg sagte, überraschte mich. „Und was hast du da so gemacht?“ Damit das nicht zu neugierig klang, hing ich einen kleinen Scherz hintendran. „Du hast dich doch nicht etwa jeden Tag voll laufen lassen?“ Effektivvoll ging der Satz auf, sie grinste und sah geradeaus auf unser angestrebtes Ziel, wobei sie mir antwortete. „Nicht direkt.“ Absichtlich gab sie immer solche Antworten von sich, ließ andere immer zappeln, eine köstliche Eigenschaft an ihr. An Humor fehlte es uns beiden nicht, um auf ihren Spaß einzugehen, spielte ich den Ahnungslosen. „Was denn dann? Nicht nur jeden Tag, sondern auch noch jede Nacht dazu?“ In der Frage lag ein Funken Angst, dass das auch stimmen könnte, doch sie schüttelte den Kopf und sah wieder zu mir. „Ich war einfach nur zum Tanzen da, keine Sorge.“ Wirklich, wirklich, das beruhigte mich. Sie war nur zum Tanzen da, nicht mehr und nicht weniger. Aber noch war ich nicht ganz zufrieden. „Und du hast keine Bekanntschaft mit einem Prinzen auf seinem Ross gemacht?“ So ganz zog mein Witz doch nicht, Nami sah mich nur ausdruckslos an, antwortete dann, bevor sich die Situation anspannen sollte. „Nein, habe ich nicht. Wieso fragst du?“ Sie sollte nicht vermuten, dass ich sie irgendwie aus Eifersucht das gefragt hatte, deshalb überspielte ich meine vorherige Aussage. „Ist ja schade, ich hätte dich gerne in guten Händen gewusst.“ Man konnte das als ironisch auffangen, aber ich sagte es so, als wäre das die Wahrheit. Nami sah mich plötzlich mit einem Blick an, den Blick, den ich in Mocktown immer vor Augen hatte, diese Ungewissheit lag darin, wie es denn nun um uns stand. Wir wussten doch beide, dass wir aneinander vorbeiredeten, das war mir schon öfters klar geworden, wenn das so weiter ging, würden wir nie aufeinander zu gehen. Sie mochte es vielleicht nicht, dass ich so was sagte, jedenfalls wandte sie ihren Blick zu Boden, wir kamen dann bei der Eisdiele an die Reihe und ich durfte bestellen. Wirklich, mit der neuen Frisur sah Nami fast schon wie ausgewechselt aus, auch wenn nur leicht Stufen reingemacht wurden. Sie hatte irgendwie immer dieses Volumen in den Haaren, sie sah immer toll aus und war so eine Frohnatur. Wie konnte man sich nicht in sie verlieben? Ich konnte echt froh sein, dass sie nicht vergeben war, ansonsten hätte ich noch mehr Hemmungen gehabt, mich ihr anzunähern. Wir aßen beide unser Eis, sie hatte es in der Waffel genommen, wobei ich einen Becher in der Hand hielt, wir liefen in Richtung Stadtpark. Sie fuhr sich wieder einmal durch die Haare, das hatte sie schon mehrmals getan, ist wohl Angewohnheit, wenn man vom Frisör kam. „Was machst du heute noch?“ fragte sie, ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht räum ich das Esszimmer auf, da liegen ganz schön viele Sachen verstreut.“ Weitere Schritte über fiel keinem von uns etwas ein, wir mussten doch normal miteinander umgehen können. Was war nur für eine Wand zwischen uns? Sollte ich sie auf irgendetwas ansprechen? Direkt sagen, dass ich es nicht in Ordnung fand, dass sie einfach auf Partys gegangen ist, dass ich nicht wollte, dass irgendein dahergelaufener Typ sie abbekam, dass sie nur mir gehören sollte? Ich wollte alleine mit ihr Zeit verbringen, aber nur schöne Zeit, nicht beklommen neben ihr herlaufen und sie aus dem Augenwinkel anstarren und sie anzuhimmeln... so toll war sie doch gar nicht... doch, war sie... „Sanji?“ Ich nahm den letzten Löffel geschmolzenes Eis in den Mund, ließ noch einmal den Kirschgeschmack auf meiner Zunge zergehen. „Hm?“ Ihr sekundenlanges Zögern verriet mir, dass sie jetzt etwas Abnormales loswerden wollte, etwas, was man unter Freunden nicht fragen würde. „Sag mal, hättest du Lust, -“ Sie zog die Frage in die Länge, ich war für alles bereit. Ja? „Hättest du Lust, mal mit mir wegzugehen?“ Weggehen? Dass sie mich fragte, hieß doch, dass das dann ohne die anderen wäre, also wir zwei. Meinte sie Ausgehen? Hatte sie mich gefragt, ob ich mit ihr ausgehen will? „Ähm... ja klar, warum nicht?“ meinte ich nur einfallslos, das kam einfach zu überraschend, als dass ich meine überschwappende Freude gar nicht mal zu unterdrücken brauchte. Echt? Nami wollte mit mir weggehen und hatte ganz normal danach gefragt? Ich träumte nicht, also musste das stimmen, oder? „Schön, das freut mich.“ klang sie etwas erleichtert, sie hatte sich wohl kurz gehen lassen und wollte mir das gar nicht offenbaren, dass sie beruhigt war. „Ähm...“ machte sie, ich lächelte von der Seite zu ihr hinüber, fiel ihr ins Wort. „Und was wolltest du machen? Irgendwas Besonderes?“ Wir überlegten anscheinend beide, was die beste Möglichkeit wäre, Kino vielleicht, oder Essen gehen, wobei ich ihr ja selbst was kochen könnte, vielleicht einen Spaziergang machen, ins Schwimmbad gehen, oder... ach, keine Ahnung. „Weiß noch nicht, wir können ja mal gucken.“ sagte sie, ich hätte sie knuddeln können für ihr Angebot, ich war ihr wohl doch nicht so egal wie ich dachte. „Und du hast nicht irgendwie jemand anderen, mit dem du lieber weggehen würdest?“ musste ich sie einfach fragen, um meine letzte Barriere aus dem Weg zu räumen. „Was? Wen denn?“ Überrascht und leicht vorwurfsvoll klang sie, dass ich ihr so was unterstellen würde, denn das hörte sich ja so an, als würde ich davon ausgehen, als ob sie einen anderen hätte. Also war das nicht so, wenn ich richtig lag. Sofort winkte ich ab. „Nur so. Vergiss es.“ Doch sie hatte einen Narren daran gefressen, ließ jetzt erst recht nicht locker. „Mit wem sollte ich denn weggehen sollen außer mit dir?“ Ohne lange zu überlegen konterte ich schon, wollte nicht mehr Gedanken mit dem Thema verschwenden. „Ich denke mal, wenn du immer in Diskos warst hast du doch sicherlich jemand andres kennen gelernt, oder?“ Ich konnte es nicht verschönert ausdrücken, es klang eben zweideutig und misstrauisch. Aber wieder verneinte sie, klang ehrlich. „Nein, hab ich nicht. Keine Ahnung, wie du darauf kommst.“ Leicht geschockt über meine eigene Verbissenheit sah ich auf die Straße, wo wir entlangliefen und brauchte ein paar Sekunden Auszeit. Es war doch alles paletti, oder? Wir verabschiedeten uns am Eckkiosk, ich hatte ihr dazu sogar einen Wangenkuss gegeben! Den letzten Blick, den sie mir geschenkt hatte, war so liebevoll, fand ich, ich hätte sie viel besser auf den Mund küssen sollen, aber überstürzen wollte ich nichts. Überglücklich lief ich die Straße zu meinem Haus entlang, Zufriedenheit und Erleichterung erfüllten mich, es war nichts dran gewesen, was mir Lysop oder Ace gesagt hatten, wieso war ich auch so misstrauisch ihr gegenüber gewesen, wie konnte ich mir auch nur vorstellen, dass Nami so eine wäre? Jetzt waren wir verabredet, würden morgen in der Pause vielleicht noch mal drüber reden, uns dann vielleicht zu zweit in eine Ecke des Pausenhofs verziehen, damit es keiner von den andren mitbekommen würde, ach, das wird so herrlich! Jetzt musste ich mir bloß noch was Schönes ausdenken, was wir unternehmen konnten, ich würde es über mich bringen, ihr meine Liebe zu gestehen. Auf jeden Fall, das nächste Mal würde ich es ihr sagen, wenn ich da genauso einen Mutschub haben würde wie in dem Moment, als ich wollig meine Haustür aufschloss, den Blick in die Zukunft gerichtet hatte. erstellt am 22.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 53: Jealousy -------------------- Kapitel 53: Jealousy Seulgis Sicht Durchdringende Augen, auf die Sonnenlicht fällt, einen schönen Mund, der zum Küssen gemacht wurde, eine Nase, die ich von der Stirn aus entlangfahren möchte, unverwechselbare blonde Haare, durch die ich fahren möchte wann immer es geht, geformte Wangen, ein Gesicht, dass ich von morgens bis abends ansehen könnte, all das sah ich immer in meinem Inneren Auge, wenn ich an Sanji dachte. Für mich würde es nie mehr einen Anderen geben, ich hätte mich nie mehr in meinem Leben in einen anderen Jungen verlieben können, in jemanden, den ich noch nie gesehen hatte. Ich kannte nur Sanji in und auswendig, auch wenn ich ihn nicht mehr sehen konnte, blieb mir immerhin noch sein Bild im Kopf, wusste einfach alles von ihm, würde mich ihm jederzeit blind anvertrauen. Das war ein weiterer Grund, weshalb ich einfach nicht von ihm loslassen konnte. Wieso nur waren seine Gefühle für mich weg? Wie war das möglich? Manchmal hätte ich echt ausrasten können, dieser Idiot! Dieser Mistkerl! Schön und gut, er hatte seine Ehrlichkeit mir gegenüber beigehalten und mir gestanden, dass er sich neu verliebt hatte, aber ich wollte dieses Biest nie sehen! Wie konnte sie es nur wagen, mir Sanji wegzunehmen? Ich wusste, dass er mich noch immer liebte, nur war er zu der Zeit von diesem anderen Mädchen geblendet, aber er KONNTE sich nicht in die verliebt haben, er gehörte doch mir! Aber, umso mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wollte ich wissen, wer sie war, WIE sie war, und wie sie es geschafft hatte, Sanji für sich zu gewinnen. Was hatte sie, was ich nicht hatte? Ich musste sie irgendwann kennen lernen, würde ihr dann die Augen auskratzen, ihr den Mund ausreißen, dass sie nie die Gelegenheit haben könnte, Sanji auch nur einmal zu küssen, ich würde ihr Gesicht so zubeulen, dass man sie nicht mehr als Mensch wieder erkennen würde! Sie war meine Rivalin, ich musste doch um Sanji kämpfen, nur ging das nicht, wenn ich die ganze Zeit in Krankenhaus war. Sanji hatte mir nicht mal ihren Namen gesagt, logisch, aber da musste ich trotzdem irgendwie drankommen. Ich hörte, dass die Tür aufging und wusste, dass es Papa war, da ich ihn am Geruch von der Krankenschwester unterscheiden konnte. Nach kurzer Grüßung schüttelte er mein Kopfkissen aus und bereitete mir das Essen auf dem Tablett vor. „Auf zwölf Uhr sind Kartoffeln, auf drei Uhr Bohnen und auf sieben Uhr Speck.“ Mit diesen Anweisungen tastete ich mich mit meiner Gabel vor, um zu essen. Papa lief ins Bad, das sich gegenüber von meinem Bett befand und verschwand darin. Nachdem ich den ersten Bissen in den Mund geschaufelt hatte, nahm ich das Tetrapack Apfelsaft und hielt einen Zeigefinger in die Innenseite des Glasrand. Beim Einschenken musste ich nur warten, bis der Saft meinen Finger berührte, um zu wissen, dass das Glas auch voll war, dann stellte ich den Karton wieder weg. Ganz übliche Angewohnheiten, die man zu pflegen wusste, wie man sich durch den Alltag schlug. Ich konnte echt nichts mehr genießen, weder die Spaziergänge im Park, noch irgendein Essen, keinen Duft oder sonst was, keine Ausgänge, die ich mit Papas Begleitung und Zustimmung immer wieder mal mache, ich hatte wirklich keinen Ansporn mehr, jedes Mal denselben eintönigen Abend zu leben und den kommenden Tag abzuwarten. Ich musste wirklich etwas unternehmen, um Sanji zurück zu gewinnen, ohne ihn würde ich noch durchdrehen! Er sollte auf keinen Fall jemals einer Anderen gehören als mir! erstellt am 23.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 54: Nite ---------------- Kapitel 54: Nite Sanjis Sicht Das war vielleicht nicht die beste Idee, auf ein Museumsjubiläum zu gehen, aber ich dachte, Nami würde so etwas Kulturelles gefallen. Auf dem Flyer stand in etwa: ’der Förderverein lädt Mitglieder und Gäste in der Hauptlonge auf Sekt und Gebäck ein’ Nami fand meinen Vorschlag ziemlich gut und mit neu geschöpftem Mut wollte ich sie an dem Freitagabend abholen. Da ein Chauffeur nicht drin war, beziehungsweise ich weder Auto noch Führerschein hatte, würden wir den Bus nehmen, um in die Stadt zu fahren. Ich sollte nicht zu elegant angezogen sein, also nahm ich eine Jeans und T-Shirt, zog aber trotzdem zusätzlich eine Krawatte an. Schon im Unterricht hatte ich totales Herzklopfen, als ich Nami zwei Reihen vor mir sitzend beobachtet hatte, ich war so aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Ich nahm mehr Geld mit als üblich, da ich sie einladen wollte, falls wir danach noch irgendwo hingehen sollten. Noch immer war es hell, ich lief den Weg zu ihr, konnte durch mein Aufgewühltsein nicht klar denken, war mental zu sehr abgelenkt. Namis Sicht Meine Güte, ich war doch noch gar nicht fertig und da klingelte er auch schon! Ich legte die Pinzette weg, wo ich mir noch mal die Augenbrauenstoppel weggezupft hatte, wrang mein Haargummi ums Handgelenk und kam aus dem Badezimmer. Ein Glück hatte ich mich schon auf mein Outfit geeinigt, sonst wäre ich total aufgeschmissen gewesen. Aufgeregt lief ich die Treppe runter, um Sanji zu öffnen, aber nicht zu überstürzt. Wenn das jetzt ein Pizzabote gewesen wäre, hätte ich Nojiko den Hals umgedreht. Doch es war wahrhaftig er, wie er leibt und lebt. „Hi.“ kam es gleichzeitig von uns beiden und ich ließ ihn erstmal mit einem entgegenkommenden Lächeln ins Haus rein. Das lief alles schnell ab, noch immer gab es diese Distanz zwischen uns, aber hoffentlich würde sich das an dem Abend ändern. „Ich bin noch nicht ganz fertig, mach’s dir aber gern bequem.“ Ich deutete ins Wohnzimmer und na klar, machte es ihm nichts aus. Ich musste noch mal nach oben verschwinden, ich war nämlich noch nicht geschminkt. Zwar war das nicht nötig, da er in normalen Straßenanzug zu mir gekommen ist und ich auch bloß einen Jeansrock mit Top anhatte, aber er sollte doch sehen, dass ich mich wie jedes Mädchen zum Ausgehen schminkte. Ich frage mich immer noch, wie ich mich trotz zitternder Hand nicht nervös gemacht hatte und den Lidstrich perfekt hingekriegt hatte, aber hauptsache es lief alles wie am Schnürchen. Sanjis Sicht Dass ich auf sie wartete, machte mir nicht im Geringsten etwas aus, nur wurde ich damit noch mehr auf die Folter gespannt, als ich eh schon war. Vorwürfe kamen mir ins Gedächtnis, hätte ich ihr vielleicht besser eine Kleinigkeit mitgebracht? Immerhin kam von ihr das Angebot, mit mir wegzugehen und jetzt war ich ihr nicht mehr entgegengekommen, hatte nicht mal Blumen oder so dabei. Schon hörte ich, dass sie die Treppe herunterkam, darum stand ich auf. „Bin soweit.“ lächelte sie mir zu, über diese Tatsache war sie wohl sehr froh, Mädchen brauchten ja immer länger im Bad. „Okay.“ Wir gingen zur Haustür, sie hang sich eine Handtasche über die Schulter, wie ich Nami noch nie eine in der Schule habe tragen gesehen, aber sie war farblich sehr gut auf alles abgestimmt und ich musste unwillkürlich an einen Früchtecocktail denken. „Das Museum ist am Stadtende, oder?“ wandte sie sich an mich und ich bejahte es. „Das macht in einer viertel Stunde auf, bis dahin sind wir dann da.“ Erzählte ich, doch danach fiel mir keines der Themen mehr ein, die ich mir auf dem Hinweg zurechtgelegt hatte. Glücklicherweise sprach Nami wieder. „Hast du das vorhin im Radio gehört?“ Mein Gesichtsausdruck verriet ihr, dass ich es nicht hatte. „Da war ein Mann mit Handschellen in einem Hotel am Bett gefesselt, weil er sich da mit irgendeiner Frau getroffen hatte. Und weil er die Dinger dann nicht mehr aufgekriegt, ist die Polizei gekommen um ihn zu befreien.“ sprach sie belustigt, und auch mir gefiel der Gedanken an einen Mann, der mit Spielzeughandschellen von seiner Flamme noch angekettet in einem Hotel zurückgelassen wurde. „Ne, hab ich nicht gehört.“ grinste ich vor mich hin, schadenfreudig wegen dem armen Kerl. Einen kurzen Moment zögerte ich noch, ob ich mir wie immer spontan eine Zigarette rausholen sollte, ließ es aber dann bleiben. Diesen Abend wollte ich nicht rauchen, höchstens wenn ich abends nach Hause käme. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, es lief alles wie von selbst. Wir kamen bal darauf ins Museum und brauchten keinen Eintritt zu bezahlen, wir liefen durch mehrere Galerien und ließen die Bilder auf uns wirken. Ein wenig langweilig fand ich es schon, aber dass ich Nami begleiten durfte war natürlich eine komplett andere Situation. Die ganzen Gemälde interessierten mich schlicht nicht, ich bevorzugte es, zu Nami zu schielen, die dem Menschenstrom vor uns folgte und sich alle Bilder ansah. Kunst war auch eines ihrer Lieblingsfächer, und ihr musste die Ausstellung sehr gut gefallen. Ihretwegen mochte ich auch Kunst sehr gerne, so wie Erdkunde und alles, was ihr eben gefiel, aber Sport fand ich langweilig, weil Jungen und Mädchen getrennt Sport hatten, und auch in Biologie waren wir nicht im selben Kurs, in Religion auch nicht, glaube ich. Jedenfalls war ich zufrieden mit der Wahl, ins Museum zu gehen, denn hauptsache ihr gefiel es und ich würde ihr einen schönen Abend machen können, an den sie sich auch gut erinnern sollte. Noch zwei Blocks, dann wären wir hier durch, es hatte insgesamt nur Eineinviertel Stunden gedauert. Namis Sicht Im Museum war es ganz nett, zwar mochte ich es, mir Bilder anzusehen, aber da waren so viele Menschen, dass man sich von einem Raum bis zum nächsten durchdrängen musste, wie bei einer langen Warteschlange. Mit der Zeit wurde es ein bisschen langweiliger, weil Sanji hinter mir lief, konnten wir uns da nicht so gut ansehen und miteinander reden, aber ihm gefiel der Besuch anscheinend trotzdem. Er hatte das schließlich für mich rausgesucht und vielleicht interessierte ihn das ja auch. Wir waren dann mit dem letzten Raum fertig und wollten einen Abstecher in die Hauptlonge gehen, so wie es auf dem Flyer klein gedruckt unten stand. Wir wuschelten uns durch, bis wir schon die Longe, die von einer Seite mit Glaswand Blicke nach innen gewehrte, sahen. Einige Leute standen mit Sektgläsern zu dritt oder viert zusammen, unterhielten sich, ein paar saßen auf der Couch, wo vorne dran ein Tisch mit Knabberzeug stand. Sanji und ich betraten die Longe, wir waren Kleidungstechnik nicht ganz wie die Personen hier, die alle Suiten oder Eleganteres trugen. Zurückhaltend saßen wir uns auf eine Nebencouch und zögerten noch, uns von dem Essen auf dem Tisch zu bedienen, aber da es frei herumstand, griff ich dann doch zu. „Wie fandest du das eine große Bild am Ende der Ausstellung?“ fragte mich Sanji, denn man war ja in einer Longe, um über das Museum zu sprechen. „Das große mit den ganzen Gesichtern?“ Er gab einen Mhm-Laut von sich und ich überlegte, wie ich das fand. „Das war ganz okay, mir haben die Farben gut gefallen. Aber der Hintergrund war mir zu aggressiv.“ Um auf meine Aussage einzugehen, beugte er sich zum Tisch vor, um sich zu bedienen. Seltsamerweise wechselte er schon gleich das Thema, als er an meiner Schulter vorbei nach hinten sah, wo wohl die Fördervereinmitglieder diskutierten. „Sag mal, kann man von dem Sekt da nehmen?“ Ich drehte mich um, da stand eine kleine Bar, wo viele umgedrehte Gläser und drei Flaschen Sekt standen, von denen eine geöffnet war. Schulternzuckend lächelte ich ihn an. „Ich glaub schon, immerhin sind wir doch Gäste.“ Wenn man sich was nehmen will, soll man es sich holen. Wir standen auf und wollten zu dem Sekttisch rübergehen, da kam eine Frau in lila Anzug auf uns zu. „Entschuldigung, sind sie Vereinsmitglieder?“ fragte sie höflich, aber wusste doch eigentlich genau, dass wir es nicht waren. Einen kurzen Blick wechselten Sanji und ich aus, antworteten erst dann. „Nein, aber auf dem Blatt stand doch, dass das hier auch für Gäste ist. Und als Gast haben wir uns da angesprochen gefühlt.“ Redete ich mich heraus, aber letztendlich wurden wir raus gebeten. Zwar gab es keinen Ärger, sie war freundlich, aber jetzt war unser Museumsbesuch schon vorbei. Sanjis Sicht Nachdem uns diese Frau aus der Longe gebeten hatte, lachten Nami und ich uns kaputt. Das war schon mal das erste Highlight des Abends, dass wir da einfach reingeplatzt sind, obwohl wir wirklich dachten, dass da jeder Museumsbesucher reindrufte. Wir beide machten dann kurzfristig einen Spaziergang. Es dämmerte schon und wir liefen auf den Wasserturm zu, wobei mir einfiel, dass ich mit ihr hätte an den Strand fahren können, wenn wir jetzt sowieso nebeneinander her liefen, aber diese Idee kam mir zu spät. Es waren noch viele Leute unterwegs, doch je mehr wir uns dem kleinen Stadtpark mit dem Brunnen in der Mitte näherten, desto leerer wurde es. Der Mond war fast nur verschwommen erkennbar, es gab kaum Wolken am Himmel und es war wollig warm. Mir wurde schnell klar, dass sich das alles noch ins Romantische wandeln würde, Sterne waren zwar kaum zu sehen und ich war unmerklich aufgeregt, aber ich nahm mir vor, das Beste aus allem rauszuholen. Ob es Nami auch so ging? Es flogen dummerweise viele Motten herum und ich wollte sie mit Handbewegungen verscheuchen. Wir liefen am Stadtparkrand entlang, wo Bänke standen, aber wir setzten uns nicht hin. Da waren viele Bäume am Rand gepflanzt und mitten im Gespräch entdeckte ich ein Krabbeltier auf Namis Schulter, das musste von einem der Gebüsche gefallen sein. Namis Sicht Als dieses Viech auf mir rumkrabbelte und Sanji mich darauf aufmerksam machte, bin ich total erschrocken, ich hasse Spinnen! Alamiert wollte ich es wegkuschen, doch das Ding wollte sich einfach nicht abschütteln lassen. Sanji wies mich an, still zu bleiben und er machte es weg. Ein wenig dumm kam ich mir schon vor, weil ich mich vor Sanji wegen einem Insekt so aus dem Konzept habe bringen lassen, aber das war wohl nicht weiter schlimm. Etwas errötet setzten wir unseren Weg fort, in durcheinandertem Zustand versuchte ich wieder auf das Thema zu kommen, wo ich vorher stehen geblieben war, doch der Faden war weg. Sanji sah mich an, als ich zaghaft nachdachte und er wusste es wohl auch nicht mehr, dann war es irgendwie egal und wir ließen es dabei. Während er mich noch anguckte, meinte er: „Du hast da eine Wimper.“ Schon das zweite Mal, dass er etwas an mir entdeckte und ich sah ihn an, um von ihm zu erfahren, welche Seite meines Gesichts er meinte. Ich ging unbewusst davon aus, dass er bei sich zeigen würde, unter welchem Auge sie war, aber er machte sie selber weg. Als sein Finger leicht unter meinem Auge die Wimper wegstrich, bekam ich eine Gänsehaut und irgendwo war mir das wieder zu intim, so wie es unter normalen Freunden nicht war, aber genau das wollte ich doch. Sanjis Sicht Es wäre so leicht gewesen, so einfach, ich hätte bloß ihre Hand zu nehmen brauchen und ihr sagen sollen, dass sie mir sehr viel bedeutet und alles. Wir hätten genauso gut Händchen haltend nach Hause gehen können, ich hätte ihr einen Gutenachtkuss gegeben und wir wären zusammen gewesen. Nur hatte ich bloß die Wimper weggestrichen und dann wieder nach vorne gesehen. Die Bestätigung war doch schon da, dass mich Nami auch mochte, und wenn sie nicht an mir interessiert gewesen wäre, hätten wir uns doch nie verabredet. Ich brachte sie nach langer, langer Zeit nach Hause und in ihrer Straße blieben wir noch stehen, mir ist schon längst wieder entfallen, was wir alles zu bereden hatten. Einen letzten Versuch hatte ich noch, das mit dem Abschiedskuss war noch verwirklichbar und irgendwann kamen wir dann tatsächlich zum Ende, wo Nami langsam rein musste und ich langsam nach Hause musste und wir schon halber beim Verabschieden waren. Mein Herz pochte ungemein und ich musste mir die geschickteste Variante aussuchen, wie ich mich ihr für einen letzten Moment annähern konnte, was alledings alles andere als leicht war! Namis Sicht Das fand ich so süß von ihm, dass er mir noch einen Kuss auf die Wange gegeben hatte, bevor er nach Hause ging. Dass er sich so was trauen würde, war ich mir unsicher, aber er hatte es wirklich getan. Nach dem kurzen Küsschen lächelte ich ihn nochmal mit ganzem Einsatz an, ich war so zufrieden mit dem Abend und wir würden sicher noch einmal ausgehen. Ein letztes Mal wünschte er mir eine ’Gute Nacht’ und lief dann die Straße zurück. Einen Moment noch sah ich ihm nach, dann wandte ich mich zu Nojikos und meinem Zuhause zu. Innen drinnen war schon alles abgedunkelt und leise schlich ich mich auf mein Zimmer. Ich zog mir grad das Nötigste aus und ein T-Shirt zum Schlafen über, dann legte ich mich schon in mein viel zu warmes Bett. Nochmals ließ ich den Abend in meinem Kopf passieren und lächelte vor mich hin. Meiner Meinung nach lief alles super gut, das musste sich unbedingt wiederholen! erstellt am 25.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 55: Futurity -------------------- Kapitel 55: Futurity Sanjis Sicht Nach einer Art Besuch bei Freunden bin ich auf dem Nachhauseweg und befinde mich dazu in einem geräumigen Haus. Es stehen viele Möbel in Brauntönen herum und ich laufe um einen Sessel, eine Couch, einen Glastisch, mehreren Stühlen und noch mehr Sesseln, dann komme ich endlich am Ende des Zimmers an. Hinter der Tür ist ein kleiner, viereckiger Flur, den ich überquere und in ein Arbeitszimmer gelange. Mir hängen noch die Stimmen von den Leuten nach, von denen ich gekommen bin und ich weiß nicht so recht, ob ich hier in dem Haus auf dem richtigen Weg nach Hause bin. Ich laufe in das Arbeitszimmer hinein, an der Südseite steht ein Schreibtisch mit Laptop und dann steht da noch ein Regal, wo sehr, sehr viele Kristallskulpturen in Miniaturformat aufgestellt sind. Wahrscheinlich sind die von einem Sammler, es sind viele Tiere darunter und größtenteils ist es Schmuck, also zum Anziehen, aber ich weiß, dass der Besitzer dieses Raumes ein Mann ist. An der letzten Wandseite, die im Osten, steht ein Holzschreibtisch und unten drunter befindet sich Nami. Da liegt Geld auf dem Boden und sie ist darüber eingeschlafen, ich bekomme das Gefühl, dass sie da in Gefahr ist. Ohne groß nachzudenken bücke ich mich zu ihr hinunter und möchte sie wecken, doch da kommt jemand ins Haus rein, was ich ein paar Zimmer von der Eingangstür weg höre. Nami wacht dann von selbst auf und erkennt mich, ich sage ihr, dass wir gehen müssen und wir laufen in ein anderes längliches Zimmer, um einen Weg in unser sicheres Zuhause zu finden. Der Traum war vorbei und ich wachte auf, lag in meinem Bett und es war noch nachts. Durch meine Vorhänge kam kein Licht, also war es draußen noch dunkel, aber ich hatte keine Lust aufzustehen, nur um zu wissen, wie viel Uhr es war. Ich gab meinem faulen Körper einen Ruck, um mich auf die Seite zu drehen, da mir meine Liegeposition zu ungemütlich war. Ich klemmte mein Bein über die Bettdecke, weil die schön kühl war, denn die Hitze nachts war immer noch enorm. Ich wollte wieder eindösen, doch bemerkte dann, dass es draußen regnete. Das gleichmäßige Rauschen verlieh mich dazu, mich aufzurappeln und ich saß erstmal auf der Bettkante. Ein Gähnen musste ich loswerden und dann meinen Rücken strecken, dann schwang ich mich auf die Beine und lief zu der Kommode, wo meine Übergangsjacke lag, und holte mir das raus, was ich suchte. Wie immer saß ich auf der Fensterbank an geöffnetem Fenster, zog an der Zigarette und sah zum Himmel. Der Ausblick aus meinem Fenster begrenzte sich nur auf das Haus meines Nachbarn und ein wenig Rasen, deshalb nahm ich mir immer den Himmel raus, der in dieser Nacht sehr grau bedeckt war, was jedoch nicht die Hitze übertönte. So wunderbar kühler Regen bei den Temperaturen war so unendlich angenehm, dass ich schon gar keine Lust mehr hatte, mich aufs Ohr zu legen und meine müden Glieder auszuruhen. Ich konnte das Gras riechen, es war windstill und ich genoss die Geräusche des sanften Wasserfalls vom Himmel. Die ersten zwei Zigaretten über dachte ich an gar nichts, oder mir kamen nur belanglose Dinge in den Kopf, doch ich war nicht bereit, auf irgendetwas ernsthaft einzugehen. Doch als ich nach der dritten Zigarette griff, war mein Gehirn wach genug, um die ganzen Geschehnisse vom Abend noch mal abzuspielen, das war direkt das erste Thema, das mir in den Sinn kam, da er mein größtes Interesse in Anspruch nahm. Klar war ich sauer über mich selbst, hatte noch diese Überwindungsangst, Nami noch ein zweites Mal zu küssen, vielleicht wäre ja dann immer noch nichts von ihr gekommen. Andererseits war es okay, wie ich sie verabschiedet hatte, dann konnte sie auch noch nicht so ganz arg falsch von mir denken. Wieder stieg in mir die eine Frage hoch, die ich überhaupt nicht gut fand, nämlich, ob ich überhaupt mit Nami zusammen sein konnte. Wer war ich schon, was war ich schon? Was sollte mich so toll machen, als dass ich so Eine wie Nami verdient hätte? Ich war nur irgendein Typ, der halt in sie verliebt war, aber es gäbe bestimmt viele, die was von ihr wollten. Aber niemand ist perfekt, und genauso wie Nami dann alles an mir akzeptieren müsste, würde ich es bei ihr auch tun –bedingungslos. Ich machte mir sehr viele Gedanken ihretwegen, vielleicht war das auch gar nicht gut. Wenn sie die Richtige für mich war, müsste ich mir ja überhaupt keine Gedanken erst machen, aber da ich sie mir machte, war das vielleicht mit uns doch nicht so richtig. Aber das klang so chaotisch in meinem Kopf, dass ich es wieder verdrängte. War es okay, dass ich so in mich gekehrt war? Ihr zu liebe müsste ich viel öfters aus mir rauskommen, um ihr auch alle Seiten an mir zu zeigen. Oder war ich genauso richtig, wie ich war? Genügte ich Nami denn so, wie ich war? War es wirklich okay, wie ich war? Blöde Gedanken, ich zog wieder kräftig an der Zigarette, sodass diese hell aufleuchtete. Selbst als ich noch in den Regen sah, gen Himmel an meiner Fensterbank sitzend, irgendwann spätnachts oder frühmorgens, den Zigarettenrauch roch, fühlte ich mich richtig gut, einfach nur erfüllt. Ich hatte einen tollen Abend hinter mir und eigentlich verdammt gute Chancen. Und diese Unsicherheit, die zwischen Nami und mir existierte, machte das alles nur noch prickelnder, die ganze Situation zwischen uns. Wenn ich ihr Herz wirklich erobern konnte, dann würde ich sie nie, nie wieder gehen lassen, das stand für mich einfach fest. Wir hatten schon den ersten Schritt hinter uns, durch sie hatte ich eine Chance darauf, mich glücklich zu fühlen, ich wollte mit ihr zusammen sein. Ganz, ganz sicher. Ich hatte gute Chancen, sie für mich zu gewinnen, und die würde ich mir sicher nicht entgehen lassen. Wenn sie mich lieben würde, könnte ich mich selbst auch wieder lieben, das wäre das Schönste überhaupt... Ich sah nur noch die Zukunft vor mir, eine Zukunft, in der ich nicht mehr alleine war. Ich wollte nie wieder alleine sein, nie wieder jemanden verletzten und genauso wenig nie wieder verletzt werden. In dieser Zukunft, einer glücklichen Zukunft, sah ich Nami an meiner Seite. erstellt am 26.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 56: Avowal ------------------ Kapitel 56: Avowal Namis Sicht Nach Geschichtsunterricht war die große Pause und wir liefen alle die Treppe nach unten, in den Pausenhof. Ruffy wollte sich mit Vivi verdünnisieren und Zorro beschloss, zum Kiosk zu gehen. Der lag etwas außerhalb des Schulgeländes und wenn Zorro zu spät in den Unterricht kam, sagte er immer, dass er noch auf dem Klo war, von daher kein Problem, zumal er sich nie erwischen ließ. So standen nur noch Sanji, Lysop und ich alleine da, also eine Person zu viel. „Du wirst und ja sicher entschuldigen, aber wir zwei müssen uns auch von dir verabschieden.“ grinste Sanji Lysop an, er meinte natürlich sich und mich. Bevor Lysop groß was einwenden konnte, oder auch nur ein zweideutiges Grinsen zustande zu bringen, hatten Sanji und ich uns schon umgedreht und liefen zum Gegenüberblock unseres Klassensaals. Dass wir einfach so nebeneinander herliefen fand ich richtig toll, ich war selbstverständlich ganz schön aufgeregt, und wartete ab, weshalb mich Sanji von Lysop weggelockt hatte. Klar wollte er mit mir alleine sein, und möglicherweise über den Vorabend reden? Oder eine neue Verabredung ausmachen? In meinem Körper fühlte ich eine Vorfreude, ich war total gespannt, aber vielleicht wollte er ja sowieso nur mit mir ein bisschen quatschen und es hatte nichts zu bedeuten, das kam öfters vor, dass ich mich mit Hoffnungen verrückt gemacht habe und letztendlich alles nur ganz harmlos ausging. „Du kommst danach auch noch mit zu Ruffy, oder?“ fragte mich Sanji, als wir uns an dem Zaun anlehnten. „Ja klar, wir haben ja bis nächste Woche keine Arbeiten, also brauchen wir auch nicht zu lernen. Da ist mehr Zeit für Freunde und so.“ Bewusst sah ich nicht auf den Boden, sondern in Sanjis Gesicht. Er sollte nicht denken, dass ich schüchtern wäre oder es mir peinlich war, mit ihm ausgegangen zu sein, im Gegenteil, er sollte wissen, dass ich ihn gerne ansah und auch gerne mit ihm sprach. „So wie gestern unser Ausgang?“ Eine wunderbare Überleitung seinerseits und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Fandest du’s schön?“ war meine Gegenfrage und auch er lächelte mich an. „Sehr schön sogar.“ Einen kurzen Augenblick hielt er noch inne, dann fragte er es, ganz ungehemmt. „Würdest du noch mal mit mir weggehen wollen?“ Eine Freudekugel überrollte mich, und mehr als ihn anzustrahlen, konnte ich nicht. Sanji freute sich über mein Lächeln von einem Ohr zum Anderen und dann antwortete ich ihm. „Sehr gerne!“ Er war an dem Geländer gelehnt, ich stand vor ihm, noch mit Abstand, und zu meinem Rücken befand sich der Pausenhof, wo Jugendliche rumschlenderten und Kinder rumrannten, Fangen spielten. „Und wann hast du Zeit?“ wollte Sanji wissen, woraufhin ich nur mit den Schultern zuckte. „Wie wär’s mit morgen?“ schlug er vor, worauf ich ging sofort einging. „Ja, ist okay.“ Mit der Abmachung waren wir wohl beide zufrieden, der gestrige Abend verlief einfach erfolgreich und vielleicht würden wir uns morgen ja näher kommen. Ich malte mir schon wieder die schönsten Dinge aus, vielleicht unseren zweiten Kuss, wer weiß? „Nami?“ unterbrach er meinen Gedankengang und ich sah direkt in seine Augen, war glücklich, dass er meinen Namen gesagt hatte, weil er meine Aufmerksamkeit nochmals wollte. „Hm?“ kam es von mir, Sanji wirkte etwas schüchtern. „Ich wollte dir noch etwas sagen.“ Mein Herz rutschte mir fast in die Hose! Was wollte er mir sagen? Dass er in mich verliebt war? Oder dachte ich da schon viel zu weit!? Nach der Schrecksekunde konnte ich ganz gefasst nachhaken, denn das hatte er bestimmt nicht vor. „Was denn?“ Noch immer lächelte ich, war gespannt. Doch wie er das gerade gesagt hatte, dass er mir etwas Sagen will, da war es gar nicht so abwegig, gleich an eine Liebeserklärung zu denken, oder nicht? Jedenfalls drückte er sich ganz schön mit der Sache rum, die er mir sagen wollte, denn bevor er den Mund auftat, schien er noch ganz schön lange, mit sich zu ringen. Dabei klopfte mir das Herz bis zum Hals, ich sah ihn an, doch es war unmöglich, seinen Blick aufzufangen, da er den seinen zu Boden gesenkt hatte, also gar nicht seine Art. „Ich... ich wollte dir sagen, dass ich-“ Seine Stimme wurde immer leiser, ich wich einen Stück näher zu ihm hin, um ihn besser verstehen zu können. Jetzt würde er es mir sagen? Jetzt? Hatte er tatsächlich vor, mir Das zu sagen? Noch einmal schluckte er kurz, zwang sich dann anscheinend, mich anzusehen. Als seine Augen meine trafen, wurde mir im selben Moment heiß und kalt, und ich wurde wackelig auf den Beinen. Er sprach es aus, mit einer Menge Mut, seine Worte trafen direkt in mein Herz. „Ich habe mich ... in dich verliebt.“ Ich wusste es schon, aber war trotzdem total überrascht, da ich einfach nicht damit gerechnet hatte. Fragend sah ich in seine Augen, wusste zeitgleich, dass er die Wahrheit sagte und ich musste der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt sei, doch um das zu begreifen, hätte mich jemand durchschütteln müssen. Die Pausenhofgeräusche nahm ich schon gar nicht mehr wahr, dass Wichtigste auf der ganzen Welt waren Sanji und ich. Nachdem ich das erstmal geschluckt hatte, wurde mir klar, dass das für Sanji ganz schön peinlich sein musste, mir das zu sagen, und von mir kam keine Reaktion. Er hatte sich die ganze letzte Zeit so zusammengerissen, nicht mehr mit irgendeinem Mädchen geflirtet, er hatte sich einfach geändert und würde bestimmt nicht mehr auf dieses Niveau zurückfallen. Er war ehrlich, ich wusste es und ich konnte nicht glauben, dass er sich wirklich in mich verliebt hatte, so viel Dusel hatte ich doch noch nie, aber es war wirklich so! „Ähm...“ machte ich unbeholfen, um etwas zu sagen, versuchte, meine Hand so zu bewegen, als würde diese für mich sprechen können, doch ich brachte nichts über mich. Ich glaube auch, dass ich ganz schön rot wurde, aber das erschien mir in dem Augenblick als unwichtig. Wir sahen uns an, was sollte ich da schon groß sagen? Mir war das alles auch irgendwo ungewohnt, klar, hatte ich schon einen Freund gehabt, aber ich war noch nie so richtig in einen verliebt gewesen, wie in Sanji. Und bei mir ging es immer ganz schnell, da hatte ich mit diesem Jungen nie so etwas aufgebaut oder mich um ihn bemühen müssen, wie es bei Sanji und mir war. Ich war überglücklich, dass sanji mir seine Gefühle offenbart hatte und ich brachte dann auch ein Geständnis zusammen. „Sanji, ich...“ In meinem Kopf konnte ich die Gedanken gar nicht sortieren, obwohl da gar keine vorhanden waren. „Also... ich...“ Mir fielen einfach keine Worte ein, wobei Sanji auch nichts mehr herausgebracht hatte. Ich befahl mir selbst, nicht herumzustammeln, sondern auch was Gescheites rauszubringen. „Ich... ich bin auch in dich verliebt. ...“ Mir war das so peinlich, dass meine Stimme wie von selbst ganz leise eingestellt war, aber endlich war es gesagt! Einen Moment brach das totale Schweigen zwischen uns aus, ich starrte nur wie blöd auf meine Füße und auch Sanji verhielt sich viel zu ruhig. „Also...“ fing er dann doch an, wobei ich mich zwang, ihn wieder anzusehen. Auch er hob den Blick, wir hatten wohl diese eine Gemeinsamkeit, vor anderen immer selbstbewusst und cool aufzutreten, wobei wir ganz schön eingeschüchtert sein können, vor Allem, wenn wir diese Seite einer Person offen hinlegten. Ihm leuchtete ein, dass Worte nicht viel brachten und darum hob er seine Hand, hielt sie zu mir hin und ich kam zwei Schritte auf ihn zu, um ihn vorsichtig zu umarmen. Mein Herzklopfen war kaum zu stoppen und mein Bauch feierte ein Riesenfest! Sanft legte er auch seine Arme auf meine Schultern, drückte mich ganz leicht an meinem Rücken an sich. So ganz konnte ich es nicht genießen, da ich viel zu sehr aufgeregt war, doch da war der Moment schon wieder vorbei und ich wich zurück. Ich strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und sah ihn an, in sein hübsches Gesicht. Dieser Junge war in mich verliebt, dieser Junge war mein Freund, an diesem Jungen war ich interessiert, dieser Junge ließ mich Liebe empfinden. In meine Wangen rauschte das Blut und ich wusste nicht, was ich jetzt sagen sollte. Als es zum Pausenende klingelte, erschrak ich innerlich, da ich viel zu sehr in Gedanken versunken war. Sanji war auch ganz schön fertig mit den Nerven, aber schien glücklich zu sein, verständlich! „Nami?“ sah er mich unschuldig an, trug ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Hm?“ entgegnete ich, da griff er nach meinen Händen, aber ganz behutsam. „Darf ich ... dich noch mal küssen?“ Ohne mein Glück auch nur fassen oder begreifen zu können, nickte ich und im nächsten Augenblick hauchte er mir seinen Mund auf meine Lippen. Die Schüler verschwanden schon alle in die Gebäude, um nicht zu spät zum Unterricht zu kommen und mir wurde klar, dass auch Sanji und ich zurück sollten. Wir lächelten uns an, küssten uns noch einmal und meine Hand in seiner festhaltend, zog er mich in Richtung Klassensaal. Auch wenn ich in der ersten Reihe saß und normalerweise immer dem Unterricht folgte, war ich nach der Pause mehr als nur unkonzentriert. Als Sanji und ich in den Flur vor dem Saal kamen, hielten wir versteckt immer noch Händchen, es musste ja nicht gleich jeder was mitkriegen, da wir beide wohl noch selbst total aufgeregt waren. Meine Aufmerksamkeit dem Unterrichtsstoff lag gleich Null, aber das interessierte mich nicht weiter. Vivi wollte mir Bildchen auf die Hand malen und ich ließ sie gewähren, wobei sie merkte, dass ich etwas hatte, doch ich verriet ihr nichts. Nach Schulende liefen wir alle ans Schultor, wollten direkt zu Ruffy. Er hatte mit Ace einen Großeinkauf hinter sich und Sanji sollte dann für uns alle kochen, worauf ich mich nun noch mehr als vor der Schule freute. Wir machten uns auf den Weg, Vivi war seit den Sommerferien sehr viel öfters bei uns dabei, weil sie ja mit Ruffy zusammen war. Die Jungs liefen vor uns, quatschten noch recht viel, währenddessen nahm Sanji mich an der Hand und ohne den anderen etwas zu verkünden, liefen wir ihnen so hinterher. Die sollten schon selber merken, dass wir nun zusammen waren. Doch ich traute mich noch nicht so ganz, Sanji einfach beim Laufen zu küssen, das mit dem Händchenhalten war schon ganz schön viel für mich, so schüchtern hatte ich mich selbst noch nie erlebt. Wir kamen an, Ruffy schloss auf und wir gingen rein. Erstmal legten wir alle unsere Schulranzen ab, dann liefen Zorro und Lysop schon ins Wohnzimmer durch, wohingegen Sanji sich schon in die Küche begab, ich ihm hinterher. Ruffy kam auch noch rein, hatte Vivi wohl zu den andren beiden Chaoten vorgeschickt, und er wollte unbedingt wissen, was Sanji machen würde. Dazu kündigte er unserem Chefkoch an, was er mit Ace besorgt hatte. „Also, wir haben Käse, Wurst, Butter, Milch, Brötchen, Joghurts, Obst, Gemüse, Kartoffeln, Mehl, Eier und Chickenwings gekauft! Achja und Ace meinte, dass du wohl auch Rindfleisch zubereiten kannst, deshalb haben wir noch zwei Steaks mitgenommen. Und, was kannst du daraus machen?“ Er ließ Sanji nicht mal in Ruhe nachdenken, sondern rückte ihm schon richtig auf die Pelle, doch Sanji wusste seine Distanz zu sichern. „Lass mich mal machen, Ruffy, das wird alles eine Überraschung. Geh mit den andren in den Garten, ich mach schon was Leckeres.“ Unwillkürlich verließ unser Vielfraß die Küche, sodass Sanji mit mir alleine dastand. Ruffy hatte seine Einkaufsliste ganz schön runtergerattert, das war richtig lustig. Sanji lächelte mir zu und wieder verliebte ich mich in seine Lachfalten, es regnete Schneeflocken in meiner Magengegend. „Den bin ich erstmal los.“ witzelte er und kam auf mich zu, ich ließ mich liebend gerne von ihm umarmen und wir küssten uns, seine weichen Lippen auf meinen zu spüren war ein sagenhaft schönes Gefühl! Das Essen war uns erstmal total egal, unser Zusammenfinden war viel, viel wichtiger und schöner! Erst, als es an der Haustür klingelte, lösten wir uns voneinander. Ich kam aus der Küche, deren Eingangstür praktisch direkt neben der Haustür lag, doch da kam Zorro an mir vorbeigeflitzt, erst vor der Haustür kam er zum Stehen. Er sie auf und eine schlanke Frau stand im Türrahmen, sie trug ein schickes Top und eine Dreiviertelhose. Ihre langen schwarzen Haare fielen einem direkt auf und mich wunderte es, dass Zorro ihr geöffnet hatte, doch sie begrüßten sich und mir fiel es wie Schuppen von den Augen: das musste seine Flamme sein! Die Frau –sie war ganz bestimmt nicht in unserem Alter, aber sie direkt als Erwachsene zu bezeichnen empfand ich nicht als passend- kam herein und die Tür fiel ins Schloss. Sanji hatte von hinter mir die Szene beobachtet und legte mir leicht seine Hand um die Hüfte, ich trat einen Schritt zurück in die Küche, sodass Zorro und seine Freundin durch den Flur ins Wohnzimmer laufen konnten. Ob die wirklich schon zusammen waren? Sie hatten sich nicht geküsst. „Hallo.“ sagte die Schwarzhaarige plötzlich, Sanji und auch ich erwiderten dann ihren Gruß. „Ich heiße Robin, und ihr?“ sagte sie freundlich und mit einem Mal fand ich sie eigtnlich ganz in Ordnung. „Ähm – Nami.“ „Ich bin Sanji.“ Sanjis Stimme hinter mir zu hören war ein komisches Gefühl, doch genauso angenehm, wie es sein sollte. Robin lächelte uns zu, folgte dann Zorro in Richtung Wohnzimmer, sie liefen wohl in den Garten. Ich drehte mich zu Sanji um, wir lächelten beide und er drückte mir einen süßen Kuss auf. „Mir ist eine Idee gekommen, was ich kochen werde.“ Das machte mich neugierig, genauso wie er es wollte. „Was denn?“ löcherte ich ihn, er strich mir übers Gesicht, küsste mich noch einmal. „Süßkartoffeln in Kokossauce und dazu Ananasreis.“ Das hörte sich einmalig an, würde bestimmt wieder köstlich ausfallen. „Und weißt du was? Ich koche es nur für dich.“ verriet er mir, mein süßer Sanji, und das schönste Lächeln aller Zeiten zierte mein Gesicht, verdammt, war ich in ihn verliebt! erstellt am 27.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 57: Nosiness -------------------- Kapitel 57: Nosiness Namis Sicht Mir wurde vorher furchtbar heiß, wenn ich auch nur daran dachte, am Nachmittag zu Sanji zu gehen. Wir hatten uns schon gestern verabredet, dann war das in der Pause und heute sollte ich schon zu ihm gehen, ich war ja sowas von aufgeregt! Doch nun, wo wir bei ihm waren, fühlte ich mich pudelwohl und meine ganze Aufregung war wie weggeblasen. Schon als er mich zur Begrüßung geküsst hatte, schwebte ich auf Wolke Sieben und ich fühlte mich so richtig wie Zuhause. Er wollte dann für mich kochen, nicht mit mir, sondern explizit für mich. Ich stand neben ihm und wollte ihn liebend gerne dabei von hinten umarmen, aber Pustekuchen, ein Koch war immer in Bewegung und ich hätte ihn bei seiner Arbeit nur behindert. Ich guckte ihm aufmerksam zu, fand es wie immer erstaunlich, was für ein Handgeschick er hatte und fragte auch manchmal, wieso er was briet oder garte. Er schenkte mir immer wieder ein paar Küsse, so könnte ich echt leben, mich einfach zurücklehnen, bekochen lassen und zwischendurch von meinem Traummann geküsst zu werden. Die anderen waren entweder blind oder sonst was, jedenfalls hatten die noch nicht gemerkt, dass wir am Vortag Händchengehalten haben. Erstmal würden wir unser Glück zu zweit genießen und erst später die anderen daran teilhaben lassen. Irgendwann bat mich Sanji mit Hundeblick ins Esszimmer zu gehen, ich sollte den Rest abwarten, das Dessert war eine Überraschung. Es war unmöglich, ihm das abzuschlagen, denn er hat mich ganz hinterhältig aus der Küche geschoben, mit seinen Händen auf meiner Hüfte und dabei geküsst, von daher musste ich mich geschlagen geben. So war ich im Esszimmer gelandet, wobei ich sofort in sein Zimmer verschwunden bin. In seinem Zimmer war ich nun auch schon mehrere Male, hatte mich dort ja immer heimlich umgesehen und auch dieses Mal reizte es mich, in seiner Nachttischschublade zu wühlen. Sanji brauchte in der Küche eh noch zehn Minuten oder so, keine Ahnung, und ich hatte ja irgendwo auch die Erlaubnis, mich dort umzusehen, immerhin war ich ja seine Freundin. Dieses Recht nahm ich mir einfach heraus, er würde bestimmt nichts dagegen haben. In der Schublade waren nur noch zwei Bücher, eines war wohl von einem Freund ausgeliehen oder so und dann war da noch das Tagebuch, das ich schon mal gesehen hatte, in dem Dunkelgrün mit roten Tupfern und dem Schloss dran. Ich holte es zum zweiten Mal in meinem Leben raus und setzte mich damit auf die Bettkante. Es war wirklich sehr dick, er musste dort Sachen ausgeschnitten oder ausgedruckt und eingeklebt haben, oder es waren Fotos. Vielleicht gehörte das Buch ihm gar nicht? Ich hätte gerne gewusst, was da drin war und mir kam ein naiver Gedanke. Ich würde einfach zu Sanji gehen und ihn fragen, ob ich es mir ansehen dürfte, ich fand das schließlich richtig interessant. Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit und ich stand auf. Ja, Sanji würde mir den Schlüssel holen und ich dürfte es mir ansehen, wenn er etwas reingeschrieben hatte, würde ich es auch nicht lesen, versprochen. So wollte ich es machen, klemmte mir das dicke Etwas unter den Arm und schloss die Schublade, ging zurück zur Küche. „Sanji?“ Ich war zur Tür vorgelehnt und wartete, bis er herauskam, bevor ich hereinkommen würde, was er ja nicht wollte. Schnell wurde die Tür geöffnet, er trat zu mir vor und lehnte die Tür hinter seinem Rücken wieder an, lächelte mich hingebungsvoll an. Bevor ich meinen Fund vorzeigen konnte, beugte er sich zu mir vor und stahl mir einen Kuss, wieder fühlte ich mich zu ihm hingezogen wie noch nie in meinem Leben zuvor zu einem Jungen. Ich musste so glücklich lächeln, dass mir fast wieder entfallen wäre, weshalb ich ihn aus seinem Reich geholt hatte. „Was gibt’s?“ wollte er neugierig wissen, dann zeigte ich ihm das dunkelgrün-rotgetupfte Buch. „Das hab ich in deiner Nachttischschublade gefunden. Gehört das dir?“ Er sah das Buch an, schien kurz zu überlegen und nahm es mir dann aus den Händen, um es in den seinen noch länger betrachten zu können. Vielleicht wusste er ja nicht mehr, dass er es hatte? Vielleicht erkannte er es nicht mal wieder, konnte doch gut sein, oder? „Was ist?“ fragte ich belustigt, da er das Bündel in seinen Händen total fixiert hatte. Dann sah er mich an. „Ja, das gehört mir. Wieso?“ Er hatte nicht mal gefragt, was ich in seinem Zimmer zu suchen gehabt hatte, also war er mir nicht böse, aber das hätte er sowieso nicht sein können. Ich setzte einen unschuldigen und unwiderstehlichen Blick auf und trat einen Schritt näher an ihn ran. „Hättest du was dagegen, wenn ich es mir ansehe? Ich wüsste gern, was da drin ist.“ Ich dachte, so würde ich ihn rumkriegen oder wenigstens ein Hin-und-Her-Spiel anfangen, dass ich ihn so lange löchern würde, bis er nachgab, doch ganz wider Erwarten blockte er vollkommen ab. „Nein, das darf niemand sehen. Da machst du keine Ausnahme.“ Er war überhaupt nicht auf mein Schmollgehabe eingegangen und hatte einen ganz normalen ernsten Tonfall, als er mir das verbot, also kein bisschen Verliebtheit war herauszuhören, was mich leicht stutzig machte. „Warum nicht?“ fragte ich nach, doch Sanji war nicht mehr in Schmuse –oder Überredungsstimmung, ich konnte es vergessen, dass er mir den Schlüssel geben würde. „Weil das was Persönliches ist.“ Nachträglich lächelte er mich an, wahrscheinlich wollte er mir auch nichts ausschlagen, aber er drückte mir das Buch zurück in die Hand. „Leg es bitte zurück in die Schublade, ich muss in der Küche weitermachen.“ „Okay.“ sagte ich enttäuscht, denn ich hatte geglaubt, er würde mich es ansehen lassen. „Nicht böse sein, okay?“ Er fasste mich am Kinn und hob es an, er wollte nicht, dass ich deswegen nachträglich war, doch dann lächelte ich schon wieder. „Bin ich nicht, ich find’s ja nur schade. Du weißt doch, wie neugierig ich bin.“ Sanji erwiderte mein Lächeln und war wohl erleichtert, dass ich es ihm nicht übel nahm. Klar verstand ich ihn, mein Tagebuch hätte ich ihm auch nicht so mir nichts dir nichts überlassen, von daher war es okay. Ich lief zurück in sein Zimmer und kniete mich vor den Nachttisch und öffnete die Schublade, da fiel ein Bild aus dem Buch raus. Es landete mit der Bildseite nach oben und beim Aufheben sah ich, dass eine Jugendliche mit langen, hellbraunen Haaren darauf abgebildet war. Ich erkannte sie sofort wieder, ich hatte sie einmal im Auto sitzend gesehen, dass musste ganz sicher seine Stiefschwester sein. Es war kein echtes Foto, sondern am PC ausgedruckt und in mir tauchten gleich mal Fragen auf, weshalb er sie einfach so fotografiert hatte. Sie stand auf dem Bild in ihrem Zimmer –ich nahm einfach mal an, dass es sich um ihr Zimmer handelte- und sah auf das Regal vor sich, wahrscheinlich hatte sie die Kamera nicht einmal bemerkt. In mir keimte eine gewisse Eifersucht, ich fand sie viel hübscher als mich, mit ihren langen, gut gepflegten Haaren und ihrem hübschen Gesicht. Sie war wohl sehr fotogen und ich wurde wieder nachdenklich. Wieso wollte mir Sanji nicht Bilder von seiner Stiefschwester zeigen? Schämte er sich etwa dafür, dass sie blind war? Er sprach nie über sie, ich hatte sie ja auch erst in der Stadt damals zum ersten Mal gesehen – zufällig. Vielleicht waren da auch Bilder von seiner Mutter drin, und er wollte sie deshalb keinem zeigen, weil es sich eben um seine Familie handelte. Vielleicht war auch was von seinem Vater drin, wer weiß? Ich wurde richtig neugierig und fand es schade, dass mir Sanji es nicht zeigen wollte, ich hätte gerne mehr von seiner Familie gesehen. Wenn da nur Bilder von Familie und Freunden drin waren, hätte er es mir doch zeigen können, fand ich auf jeden Fall so. Ich würde ihm auch ein Bild von meiner Mama zeigen, wenn er mich fragen würde. Ich war wegen seiner Ablehnung zwar nicht verletzt, aber in mir reifte ein Verlangen danach, die restlichen Bilder zu sehen. Da war doch nichts dabei, oder? Letztendlich resignierend stand ich auf und verließ das Zimmer. Sanji müsste bald fertig sein. „Schmeckt es dir?“ stellte mir Sanji diese unnötige Frage und ich schaukelte mit meinem Bein, sodass ich sein Schienbein mehrmals streifte. „Überhaupt kein bisschen.“ äußerte ich mich und führte absichtlich einen gut gehäuften Löffel zu meinem Mund, um ihm zu zeigen, dass es mir wirklich absolut nicht schmeckte. Sanji stand auf, lief zwei Schritt um die Ecke des Tisches in meine Richtung herum und küsste mich, obwohl ich was im Mund hatte. Das Eis auf meiner Zunge schmolz zwar und ich konnte den vollen Geschmack schmecken, doch das war nichts im Vergleich zu einem Kuss von Sanji! Er setzte sich dann schon wieder zurück auf seinen Platz und ließ mich erstmal schlucken. Ich fühlte mich richtig wohl, er hatte speziell für mich gekocht und er liebte mich. Um ein Gespräch anzufangen, wollte ich wissen, was er morgen vorhatte, vielleicht würden wir uns wieder sehen. „Sag mal, was machst du denn morgen?“ Er nahm einen Schluck Apfelsaftschorle und dachte kurz nach. „Ich glaub, Zorro wollte was von mir. Keine Ahnung.“ Zorro wollte was von Sanji? Ich machte „Hm.“ und trank auch etwas. „Also hast du keine Zeit?“ zog ich dann einen Schmollmund und tat wie ein sehnsüchtiger Teddy, der wie bestellt und nicht abgeholt dasaß. „Doch, bestimmt.“ war er sogleich überredet und ich freute mich, dass er das für mich einrichtete. „Schön, wann kommst du dann?“ erkundigte ich mich weiter und bekam zur Antwort: „Wann immer du willst.“ Dabei nahm er meine linke Hand, weil ich mit der rechten noch aß, und küsste mir den Handrücken. „Bist du abends zu Hause?“ Ich nickte. Wunderbar, unser nächstes Treffen war erst morgen, also in genau vierundzwanzig Stunden. „Noch so lange warten.“ tat ich niedergeschlagen und er lachte süß auf. „Wir sehen uns doch schon vorher in der Schule.“ Ein Lächeln war nicht zu verkneifen und ich beugte mich zu ihm vor, um einen Kuss zu ergattern. „Ich weiß, zum Glück.“ sagte ich und küsste ihn noch weitere Male, bis ich mich wieder auf meine vier Buchstaben setzte und das angefangene Eis zu Ende löffelte. Sanji wollte mich zwar nach Hause begleiten, doch ich blockte ab, das war echt nicht nötig. So ganz anhänglich wollte ich nicht wirken, klar war ich unsterblich gerne in seiner Nähe und das Herzklopfen nahm einfach nicht ab, doch ich brauchte auch mal die paar Minuten für mich alleine. Die recht kühle Luft tat mir in den Lungen wirklich gut und Sanji hatte eigentlich den ganzen Tag nicht geraucht, soviel ich mitgekriegt hatte. Bei dem Gedanken war ich stolz auf mich, ich hatte echt eine Chance, es ihm abzugewöhnen. Na, wenn das kein Liebesbeweis war, was dann? Gut gelaunt lief ich in die Nachbarstraße entlang und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Sein Tagebuch hätte ich ja schon ziemlich gern gelesen, nur konnte ich das ohne Erlaubnis nicht bringen. Vielleicht sollte ich seine Schwester einfach mal besuchen? Sie würde sich bestimmt über Besuch freuen, wenn sie nur die ganze Zeit im Krankenhaus war. Ich brauchte bloß ihre Adresse und das alles, aber da wusste ich schon eine Lösung, wie ich da dran kommen würde. Das war eine gute Idee, dann könnte ich mit ihr ein wenig über Sanji reden und vielleicht würde ich mich auch ganz gut mit ihr verstehen. Ich kannte niemanden privat, der eine Behinderung hatte, und ich fand das eigentlich total interessant, mal mit solchen Leuten zu reden. Dabei standen noch nicht mal die Chancen so schlecht, bald eine neue Freundin zu finden, dann würden Sanji und ich sie gemeinsam besuchen und er würde mir gegenüber geöffneter über seine Familie sein. Ja, das war ein guter Plan und zufrieden latschte ich den kurzen Weg zu meinem Zuhause hin, bis ich vor der Haustür stand und die Schlüssel zückte. erstellt am 29.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 58: Plea ---------------- Kapitel 58: Plea Zorros Sicht Das war, fand ich, ein super Plan. Ich hatte Sanji zu mir bestellt und er würde an meiner Stelle kochen, was ich dann Robin vorsetzen würde. So viel Cleverness würde mir wohl nicht jeder zutrauen, aber ich hatte Grips. Als Sanji nach der Schule zu mir kam, öffnete ich ihm die Tür, nett grinsend. „Hey.“ meinten wir beide und er kam rein. Mensch, der wollte sich schon die Schuhe ausziehen, aber die konnte der doch anlassen! Aber wenn er eben so erzogen war, sagte ich nichts, hauptsache ich würde ihn einwickeln können; nur ging mir dieses gute Benehmen auch schon bei den anderen auf’n Senkel. Als wir schon im engen Flur standen, wollte er auch gleich wissen, was los war. „Und was brauchst du mich jetzt?“ Schon in der Schule wollte ich es ihm nicht sagen, sonst hätte er hundert Pro nein gesagt und wäre hier nicht mal aufgekreuzt. „Ich wollte, dass du mir etwas beim Kochen hilfst.“ Da wurde er stutzig und sah mich komisch an, und bevor der noch falsche Gedanken bekam, ergänzte ich schnell: „Das ist nicht für mich, also denk bloß nichts Falsches! Du bist doch so gut im Kochen, nicht?“ Noch immer skeptisch betrachtete er mich, ging aber dann in meine Küche. „Hier drin soll ich kochen? Ist ja ganz schön klein.“ Wenn ich nicht auf ihn angewiesen wäre, hätte ich jetzt sicherlich einen Spruch losgelassen, aber ich zügelte meine Zunge. Sanji drehte sich zu mir um. „Und wie komme ich zu der Ehre?“ Wieso dachten alle immer gleich, dass ich so was nur aus Eigenzweck machte? Aber gut, ich hatte ja wirklich was vor und es kam auch nicht gerade häufig vor, dass ich Sanji zum Kochen herbestellte. „Es soll ein Essen für zwei Personen sein.“ Überrascht sah mich ein Augenpaar an, doch dass konnte er sich sparen. War es so was Abnormales, wenn ich mich jetzt öfters mit Robin traf? Nur weil ich ihnen ansonsten noch nie eine Frau vorgestellt hatte, hieß das noch lange nicht, dass ich noch nie eine Freundin hatte. Wieso reagierten die jetzt so da drauf? „Sag bloß, deine Freundin kommt hierher!?“ Ein leicht gereiztes Stöhnen brachte ich hervor und lief an ihm vorbei. „Ja, und deshalb wollte ich was für sie kochen. Aber ich krieg einfach nichts zustande, die Küche war vorhin der reinste Saustall!“ Sanji machte keine blöden Kommentare oder sonst was, sondern klopfte mir brüderlich auf die Schulter. „Mach dir nichts draus, ich helf dir ja schon.“ Klar wusste ich, dass er mich nicht hängen lassen würde, von daher lächelte ich ihm dankbar zu. „Danke, Kumpel.“ sagte ich noch, dann ging ich aus dem Zimmer raus, da es für zwei Leute in der Küche schon recht ungemütlich wurde. Der würde sich jetzt erstmal ein bissel austoben, doch gleich darauf ertönte seine Stimme schon wieder, wobei ich mich schon an den Tisch gehockt und einen Katalog geschnappt hatte. „Hey, wo willst du hin? Ich dachte, ich sollte dir HELFEN und dir nicht die Arbeit GANZ abnehmen!?“ Wie ein begossener Pudel stand er im Türrahmen und glotzte mich fragend an, doch nur lässig meinte ich. „Ach komm, das kannst du doch ohne mich tausend Mal besser. Ich versau eh nur wieder alles.“ Ein paar Sekunden war er geblockt, doch verschwand dann nachdenklich in der Küche. Das hatte wohl gesessen, und zumal auch noch gestimmt, was ich gesagt hatte. Zufrieden blätterte ich den Katalog durch, es lief alles wie geschmiert. Als später Robin kam, konnte ich ihr stolz das kleine Festschmaus präsentieren. Natürlich traute sie mir nicht zu, dass ich das gemacht haben konnte, sondern vermutete dahinter ein Küchenservice oder so, aber das war mein Geheimnis. Ein gelungener Tag und ich saß mit der unglaublichen Schönheit am Essenstisch, sie war so der Hammer, das hatte sogar mich beim ersten Hingucker umgehauen. Dass sie mir jetzt in meiner kleinen Bude Gesellschaft leistete und mit mir aß, war nur die Krönung von alledem. Ihre langen Beine hatte sie übereinander geschlagen und war trotzdem so zurückhaltend wie immer, doch so geheimnisvoll und mit diesen durchdringenden Augen konnte ein Mann ihr einfach nicht widerstehen. Doch obwohl sie das wusste, war sie nicht wie ein billiges Luder, sondern wollte etwas Ernstes und sah sich genau die Typen an, mit denen sie sich abgab. Ich war heilfroh, dass sie bei mir nicht oberflächlich war. Sie hatte nicht über mich geurteilt wie es schon so manche Tussen gemacht hatten, sondern mich erstmal vorher besser kennen gelernt. Ich war kein Macho, so wie es mir viele zutrauten, die mich nicht besser kannten, sondern konnte ernst und tiefgründig sein, nur ließ ich immer den Faulpelz und Langschläfer raushängen. Dass sie mich schon von vornherein durchschaut hatte, fand ich bemerkenswert und dass sie sich nicht von meinem Verhalten hat blenden lassen, was auch noch verblüffend dazu. Wir haben uns ja schon besser kennen gelernt, und es konnte meines Erachtens nach nur etwas Langandauerndes mit uns beiden werden. Sanjis Sicht Ich lief von Zorro nach Hause, echt komisch, auf was für Ideen dieser Trottel manchmal kam. Aber wann bat er mich schon mal um Hilfe?, also von daher konnte ich ihm ja mal helfen. Außerdem fand ich es schön, so auch mal in gewisser Art Respekt für mein Kochtalent zu bekommen, zumal es sich um Zorro handelte. Zorro, der sonst nie ein Lob oder ein Dankeschön von sich hören ließ und gerade jetzt hatte er mich um Unterstützung gebeten, echt krass. Solange er meine Arbeit nicht als die seine ausgeben würde, wäre es ja okay und ich brauchte auch keinen heißen Wind darum zu machen. Dass er mich als ganz normaler Freund gefragt hatte, ob ich vorbei kommen könnte, fand ich recht schön, das war eine Seltenheit, die ich deswegen nur umso mehr genoss. Fröhlich schlenderte ich auf meine Haustür zu und öffnete diese auch sogleich. Ich hatte leider noch Hausaufgaben auf, aber würde danach Nami besuchen! Darauf freute ich mich wie blöd und konnte mich nicht recht zusammenreißen, um auf gescheite Lösungen zu kommen. Immer wieder musste ich an sie denken, ich sah ihr Gesicht ganz deutlich vor mir und stellte mir vor, dass ich sie gerade zum Lachen gebracht hätte, doch das alles nützte mir nichts, denn dadurch wurde ich nicht schneller mit der Arbeit fertig. Plötzlich klingelte das Telefon und ich musste mich dorthin begeben. Fast noch wäre ich über meinen Fuß gestolpert, doch nichts passierte. „Hallo?“ fragte ich, nachdem ich den Hörer abgenommen hatte. „Hallo, Sanji.“ vernahm ich Seulgis Stimme und mir kam es vor, als würde mein Herz für einen Schlag aussetzen. „Wie geht’s dir?“ erkundigte sie sich, tat ganz so, als ob nichts los wäre. „Ganz gut, ich hab aber leider keine Zeit.“ log ich schnell, doch ließ es mir nicht anmerken. „Och, Schade. Was machst du denn gerade? Oder wo musst du hin?“ Die Wahrheit sollte ich ihr besser nicht sagen, beschloss ich kurzerhand. „Ich geh noch zu Freunden, wir wollen zusammen für die Schule lernen.“ So ganz stimmte das zwar nicht, aber egal. Ich wollte sie abschütteln, das konnte doch nicht sein, dass sie mich einfach so anrief, das mochte ich überhaupt nicht. „Und wann kommst du mich das nächste Mal besuchen?“ wollte sie wissen, doch mir ging ihre Anhänglichkeit echt auf die Nerven und mir wurde es echt unangenehm. Ich saß auch so was von in der Zwickmühle, was sollte ich da groß machen? „Demnächst mal wieder, versprochen. Ich muss jetzt leider gehen, bin schon auf dem Sprung.“ drängelte ich absichtlich, um sie dann auch abzuwimmeln. Nach noch kurzem Hin- und her konnte ich dann auch auflegen und lief ruhig an den Tisch zurück. Jetzt war es eh für mich geplatzt, die Hausaufgaben konnte ich mit so einem dicken Kopf nicht machen. Mir stand’s bis hier, dass sich Seulgi andauernd bei mir meldete. Sie kam mir schon regelrecht wie eine Klette vor, und seit sie mir die Narbe verpasst hatte, hatte sich echt eine Antisympathie für sie entwickelt. Klar hatte ich Gewissensbisse, immerhin war es auch teils meine Schuld, dass sie so geworden ist, wir hatten eben viel zusammen durch gemacht, aber sie konnte oder wollte einfach nicht einsehen, dass ich mit der Vergangenheit abgeschlossen hatte und jetzt mein eigenes Leben leben wollte, in dem sie keinen Platz an meiner Seite hatte. Seit das mit Nami angefangen hatte, war ich auch Pola los, das hatte ich alles ENDLICH hinter mir. Es wäre unmöglich gewesen, wenn das mit Pola angedauert hätte, und ich dabei mit Nami zusammen sein wollte. Doch das war Geschichte, ich hatte es echt geschafft, war mit dem Mädchen meines Herzens zusammen. Ich Glückspilz, sie liebte mich auch noch und es hätte alles nicht besser werden können. Nur störte mich Seulgi immer wieder bei meinem Glück und holte mich von Wolke Sieben runter, was ich unfair fand. Sobald ich ihre Stimme hörte, bekam ich irgendwie ein schlechtes Gewissen, sie gönnte es mir einfach nicht, dass ich meine Freiheit hatte und sie wegen ihrer Erblindung in jeder Hinsicht eingeschränkt war. Aber wenn das ihr Schicksal war, konnte ich doch auch nicht groß was dran ändern und sie sollte mich zumindest mal in Frieden lassen. Ruckartig beschloss ich, meine Hefte zu packen und zu Nami zu gehen. Sie würde sicher mit mir die Hausaufgaben zusammen machen und ich würde gleichzeitig ein wenig Zeit mit ihr verbringen, also ein weiser Entschluss. Auf der Straße schien die Sonne auf mich runter und ich spürte die Wärme, die sie mir schenkte. Heute war wieder ein so schöner Tag und ich konnte einfach nicht glauben, wie krass mein Leben eigentlich verlief. Bei mir ging es echt wellenförmig auf und ab, nach oben und nach unten. Auf einmal blieb ich stehen und mir machte eine Sache wirklich schwer zu schaffen, ich musste richtig darüber nachdenken. Hatte ich Nami überhaupt verdient? Den Gedanken verdrängte ich genauso schnell, wie er gekommen war, natürlich hatte ich sie verdient, sonst würde sie mich ja nicht lieben, und setzte meinen Weg auch schon weiter fort. Doch erneut schob sich etwas zwischen meine Gedanken und ich blieb schon wieder stehen. Durch die ganze Geschichte war ich doch total verschandet, hatte mich wildfremden Frauen angeboten und meinen Körper verkauft, ich war doch total beschmutzt, verdorben, wieso sollte Nami so einen wie mich abkriegen? Doch schon wieder setzte ich meinen sturen Willen durch und blendete diese Fragen aus, lief mit energischen Schritten weiter. Manchmal hasste ich mich für solche Gedanken! Dann kam ich auch schon bei Nami Zuhause an, doch mein Körper wollte nicht dorthin gehen. Es war so leicht, ich bräuchte nur zu klingeln und alles wäre in bester Ordnung, ich hatte auch schon Sehnsucht nach ihr, doch mein Körper ließ sich nicht anspornen, um zu ihrer Haustür zu gehen. Ich spürte etwas, das ich schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Angst. Ich musste automatisch an Seulgi denken, grad, weil sie heute angerufen hatte, dass war gar nicht gut. Wieso hatte ich sie damals so geliebt? Sie war das hübscheste, klügste und lebensfroheste Mädchen, das ich je kennen gelernt hatte. Und dann? Alles ist kaputt gegangen und sie hat gelitten. Meinetwegen hatte Seulgi sehr gelitten und war mir immer treu geblieben, wobei ich total vom rechten Weg abgekommen bin. Seitdem habe ich sie nie wieder richtig lachen gesehen, und wenn, dann waren es nur gestellte Lachen. Sie war total zur Simulantin mutiert, zeigte kaum noch, was sie wirklich empfand. Sie wollte nie, dass jemand ihren Schmerz sah, den ihr ihre Krankheit oder ich zugeführt hatten und darum hatte sie einen Schutzwall um sich herum aufgestellt. Ich habe mitgewirkt, dass sie ihr Lachen verloren hatte und auf einmal bekam ich diese scheiß Angst. Ich hatte so Schiss davor, dass Nami auch einmal so enden könnte wie Seulgi, dass sie auch ihr schönes Lachen verlieren könnte. Ich seufzte und setzte dann einen Fuß in die Richtung des Hauses. Diese Angst musste ich aber in Kauf nehmen, wenn ich das Glück mit Nami behalten wollte. So weit würde es außerdem nicht kommen, so was war nur einmal im Leben möglich, und das war schon bei Seulgi; und Nami hatte damit nun wirklich nichts am Hut. Ich wusste so oder so, dass ich schon gleich darauf nicht mehr an das alles denken würde, denn bei ihr vergaß ich alle meine Sorgen, was noch so eine Wunderheilung bei ihr war. Das konnte niemand anderes bewirken, außer sie. erstellt am 30.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 59: Encounter --------------------- Kapitel 59: Encounter Lysops Sicht Nach der Schule hatte sich Nami an meine Versen geheftet und ich drehte mich geschlaucht zu ihr um. „Was ist los?“ Engelsgleich stand sie da und sah mich mit ihren großen, braunen Augen an. „Duuu, Lysop?“ Bei ihrer Tonlage merkte ich schon, dass sie etwas von mir wollte, bestimmt etwas zum Reparieren. „Was ist?“ fragte ich gelangweilt und zögerte, bevor ich meinen Weg fortsetzte. „Darf ich dich um einen Gefallen bitten?“ Wunderbar, was hatte ich gesagt? Resignierend seufzte ich und sah sie trostlos an. „Was denn?“ Freudig kam sie mir näher und fasste nach meiner Hand. „Ich wusste, auf dich ist Verlass!“ Schnell zog ich meine Hand wieder weg und fauchte zurück. „Jaja, schon gut!“ „Du kriegst auch was dafür, versprochen!“ bot sie mir noch schnell an, aus Angst, ich würde meine Hilfe zurücknehmen. Ich wurde hellhörig, sie wollte mich... belohnen? Wie denn, mit was? Etwa einem Kuss? Schnell schüttelte ich innerlich meinen Kopf, auf so was konnte mal wieder nur ich kommen! „Was denn?“ wollte ist wissen und sie lächelte mich breit an. „Wir haben doch nächste Woche diesen Klassenausflug, da habe ich ein super Angebot für dich.“ Sie zwinkerte mir helmsich zu und meine Neugierde war endgültig geweckt. „Sag’s schon!“ drängelte ich und nach kurzem Kichern –warum kichern alle Mädchen eigentlich?- hatte sie sich wieder im Griff und beugte sich ein Stück zu mir vor, um es noch geheimnisvoller zu gestalten. „Ich bin mir sicher, dass Vivi bei der Busfahrt neben Ruffy sitzen will und deshalb werde ich mich wohl neben Kaya setzen.“ Als Kayas Name fiel, sprang mein Herz einen kleinen Hüpfer nach oben. Was hatte sie denn jetzt damit zu tun? „Aber wenn du mir jetzt hilfst, werde ich alles so arrangieren, dass sie sich im Bus neben dich setzen wird! Okay?“ Nami hatte zu Ende gesprochen und sah mich erwartungsvoll an, wobei ich einmal vor Aufregung in die Hände klatschte. „Das ist super!“ reagierte ich viel, viel, VIEL zu voreilig und lief gleich darauf schon rot an. Ich Depp! Aber Nami kicherte bloß wieder und freute sich mit mir. „Schön, dass du dich so leicht überreden lässt.“ meinte sie lieb zu mir und ich konnte es noch kaum glauben, ich würde neben Kaya sitzen! Nami holte mich ziemlich schnell aus meinen Gedanken, denn so ganz ohne Einsatz würde sie mir nicht das Ticket für den Sitzplatz rausrücken. „Also, ich hab da eine Bitte...“ Bald darauf waren wir bei mir zu Hause in meinem Zimmer, ich saß an meinem Computerschreibtisch und Nami stand hinter meinem Stuhl, war auf der Lehne abgestützt und verfolgte meine Handlungen, die ich mit der Maustaste vollführte. Klick, klick, neues Fenster öffnen, weiterleiten, klick, ich war die ganzen Abläufe schon so gewohnt, dass meine Finger nur so über die Tastatur flitzten. Es dauerte nicht lange, und ich hatte es herausgefunden, wozu war ich denn sonst das Computergenie unserer Clique? Ein Meister im Hacken, ohne zu übertreiben. Ich schmiss meinen Drucker an und druckte alle nötigen Daten aus. „Hier, das McBader-Krankenhaus. Im Zimmer 328.“ las ich vom Blatt ab und reichte es ihr. „Danke, Lysop.“ sagte sie nebenbei, als sie sich die Adresse noch mal anguckte. Da stand es Schwarz auf Weiß. Wozu sie das brauchte? Und was für ein Zusammenhang war da mit Sanji? Ich hatte keine Ahnung, aber hauptsache meine Arbeit würde sich für mich rentieren. In mich hineingrinsend verabschiedete ich Nami und sie verließ mein Appartement. Wie nach getaner Arbeit klatschte ich mir die Hände ab und schlurfte ins Esszimmer. Namis Sicht Mit Seulgis Adresse im Geldbeutel machte ich mich auf dem Weg ins McBader-Krankenhaus. Das lag ganz schön weit außerhalb der Stadt, aber war mit den Buslinien kein großer Umweg mit Umsteigen. Es dauerte nicht lange, bis ich es erreichte und gleich an der Rezeption wurde mir gesagt, in welchem Stockwerk sich das Zimmer 328 befand. Ich suchte in den elendig langen und weiß-orange gestrichenen Gängen nach einem Fahrstuhl, bis ich ihn endlich gefunden hatte, ich war auf der richtigen Spur. Über Seulgi würde ich noch näher an Sanji rankommen, denn von sich aus würde er mir nichts von seiner Familie erzählen, schätzte ich. Ich sah schon im Gang kleine Türschildchen, Nummer 314, 316, 318, immer weiter, mir kamen drei oder vier Personen entgegen, dann kam 326 und die 328. Perfekt, ich war angekommen. Alle Türrahmen sahen identisch aus und der Geruch war überall gleich, ich glaubte nicht, dass es mir gefallen würde, dort zu leben. Aber ich war an meinem Ziel erreicht und tapste zur Tür hin, als diese plötzlich geöffnet wurde und ein großer, stämmiger Mann vor mir stand. Mit einem gewaltigen, blonden Bart und Knollnase, kleinen Augen und vielen Falten trat er mir entgegen und seine dunkle Stimme erhob sich, als er mich bemerkte. „Wer sind Sie?“ Er hatte natürlich gleich gesehen, dass ich keine Krankenschwester war, und ich trat erstmal drei kleine Schritte zurück, um an Distanz zu gewinnen. Der Mann konnte ganz gut Seulgis Vater sein, Moment, da ratterte es blitzschnell in meinem Kopf, also war das auch Sanjis Stiefvater! „Ich bin eine... Freundin von Seulgi.“ versuchte ich glaubwürdig rüberzukommen, doch trotz meines unschuldigen Lächelns verzog der Mann vor mir keine Miene. Shit, der wusste wohl über ihren Freundeskreis Bescheid, also war das ein Schuss in den Ofen! „Und wie kommt das, dass ich Sie hier noch nie gesehen habe?“ Ich musste unmerklich schlucken und blockte alles ab. „Also, ich bin eine Freundin von Sanji und er hat mir von Seulgi erzählt. Ich wollte sie gerne mal kennen lernen, wenn Ihnen das nichts ausmachen würde...“ redete ich um das Thema herum und wurde nur skeptisch dabei beobachtet. „Eine Freundin von Sanji?“ Seinen Tonfall mochte ich nicht wirklich, aber er war nicht sauer oder so. „Ja.“ Ich wollte ihm nicht gleich unter die Nase binden, dass ich seine Freundin war, immerhin ging das ihn noch nichts an. Es sei denn, Sanji würde mich bei ihm vorstellen, wobei ich mir jetzt von vorneherein ein schlechtes Bild zugeschrieben hatte. Echt klasse. „Meine Tochter möchte aber jetzt keinen Besuch.“ wies er mich ab und es war aussichtslos, da anzufangen zu protestieren. Dennoch versuchte ich es, immerhin hatte ich mir die Mühe mit Lysop gegeben und es ging hier um meinen Sanji. „Achso... auch nicht ganz kurz?“ Mit einem undefinierbaren Blick äugte er mich an und ich musste den Schwanz einziehen. „Auch nicht ganz kurz.“ wiederholte er meine Worte und erwartete von seiner Haltung her, dass ich nun ganz klein beigeben und einen Rückzieher machen würde. Normalerweise war ich in solchen Dingen standhaft, doch der Typ hatte mich nun mal dummerweise abgefangen und ich hätte mich auch nicht erst noch irgendwo verstecken können, um später zu Seulgi gehen zu können, denn vielleicht hätte sie es dann ihrem Vater erzählt und das wäre nicht so gut. Ich entschloss noch im selben Moment, sie unter Umständen ein anderes Mal zu besuchen und wandte mich vom Zimmer 328 ab. Ich spürte noch die bohrenden Blicke des Mannes auf meinem Rücken lasten, als ich den Gang entlang lief, doch ließ mir nichts anmerken. Verließ ich das Krankenhaus eben, ich hatte bestimmt nichts verpasst. Ich würde so oder so an Sanjis Tagebuch rankommen, bestimmt hatte er fiese Gedanken über so einen Stiefvater aufgeschrieben. Wenn ich die lesen würde, hätte ich wenigstens schon mal ein Bild vor Augen. Da fiel mir noch etwas Wichtiges ein... es konnte doch gut sein, dass Sanji auch etwas über seine Drogenphase aufgeschrieben hatte, oder? Mir war in den letzten Tagen irgendwie total entfallen, dass ich das herausfinden wollte, aber durch das ganze Herzflattern war ich echt mega abgelenkt!... Jetzt wollte ich erst recht wissen, was los war, also würde ich ihn einfach mal ganz direkt danach fragen. Ich meine, mir würde er es doch bestimmt sagen, immerhin liebten wir uns und hatten keine Geheimnisse voreinander. Wieso sollte er mir verschweigen, dass er mal Drogen genommen hatte? Meines Erachtens nach hatte ich ein Recht darauf, es zu erfahren. erstellt am 31.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 60: Simplicity ---------------------- Kapitel 60: Simplicity Ruffys Sicht Wir hatten einen Test geschrieben, sowie auch einen zurückbekommen. In Geschichte hatte ich eine gute Note, mich interessierte das total viel, und bei einer Zwei Plus konnte man echt nicht meckern! Dann hatten wir Musik geschrieben, über das mittelalterliche Musikverständnis und das war auch total einfach. Der Lehrer, den wir da hatten, war immer ein total witziger Typ. Bei dem passte ich immer... oder sagen wir meistens auf. In der Pause redeten alle über die Tests und ich war voll gut dabei. Dann kam es aber auf kommenden Montag zur Sprache, weil da der Kursausflug war. „Ruffy, sitzen wir nebeneinander?“ fragte mich Vivi ganz dolle lieb von der Seite und ich wurde wieder ganz gummiweich. „Ja, klar!“ freute ich mich direkt im kommenden Augenblick und drückte sie an mich. Manchmal hatte ich noch diese kleinen Gefühlsausbrüche, da fand ich sie so toll und hübsch und lieb, dass ich sie immer wieder blitzartig an mich drücken musste. Am Anfang fand sie das noch überraschend, aber war jetzt okay und normal. Die anderen fanden dass dann auch immer lustig und stichelten Vivi damit, aber meiner Schönen machte das nichts aus. Wenn ich auch nur in ihre hübschen Augen sah, vergaß ich die halbe Welt um mich herum. Bei Nami entschuldigte sie sich dann, dass sie nicht neben ihr sitzen würde, aber das war für unsere gemeinsame Freundin kein Problem. Sie sah irgendwie andauernd zu Lysop oder zu Sanji, vielleicht hatten die beiden ja im Test bei ihr abgeschrieben und sie wollte als Gegenleistung etwas einkassieren. Hah, so gut kannte ich Nami schon und so weit konnte ich auch denken, um so was vermuten zu können! Von wegen, ich und naiv, hihi.^ ^ „Und, was macht ihr dieses Wochenende?“ warf Sanji ein und jeder beteiligte sich gleich an der Frage. „Ich geh noch mal jobben, dann kann ich mir ein neues PS2-Spiel kaufen.“ freute sich Lysop, er machte immer irgendwas als Mechaniker bei einem Bekannten von ihm. Zorro murrte irgendetwas, von wegen er hätte keine Zeit und Nami meinte: „Ich kann auch nicht, bin bei einem Freund.“ Apropos Freund, Freundin, ich wandte mich an Vivi. „Kommst du dann morgen zu mir?“ Als sie nickte freute ich mich wieder wie blöd, ich fand es richtig schön, wenn wir uns außerhalb der Schule trafen. Mit einem Mal kam ein kräftiger Wind auf und wir stellten uns alle mit dem Rücken dazu hin. „Boah.“ sagte Lysop und ich hielt meinen Hut fest, den ich an dem Tag ausnahmsweise aufgesetzt hatte. Zu Vivi herübersehend, dah ich, dass ihr sprichwörtlich die Haare um die Ohren flogen und sie fielen ihr total ins Gesicht. Ich nahm wieder ihre Hand und zog sie zu mir, keine Ahnung wieso, aber ich wollte sie nahe bei mir haben. Auch die anderen schmollten ein bisschen und warteten ab, bis sich der Wind gelegt hatte und so kam es dann auch. Irgendwie fiel mir auf, dass es heute schon wieder nicht nach Zigaretten roch. Sanji hatte seit Kurzem aufgehört zu Rauchen, was ich ganz klasse fand. Davon gehen nämlich nur die Lungen kaputt und sonst hätte er garantiert noch Probleme gekriegt, wenn er so weitergemacht hätte. Ich wollte ihn gerade darauf ansprechen, doch Nami redete dann plötzlich mit ihm. „Soll ich was mitbringen?“ Sanji nickte und ich wollte gerne wissen, um was es ging, doch da mischte sich Zorro ein. „Hey, Ruffy, Robin hat mir was vorgeschlagen, was wir am Mittwoch machen könnten.“ Die große Schwarzhaarige, also seine neue Freundin? „Ja? Was denn?“ war ich gespannt darauf, und er freute sich richtig. Ich sah Zorro gerne so fröhlich, denn ansonsten war er ein zurückhaltender Typ. „Sie kennt da so ’nen coolen Platz, wo wir dann hinkönnen. Wenn alle Zeit haben machen wir das auch, okay?“ Klar war ich damit einverstanden, immer für was Neues offen. „Glasklar!“ strahlte ich ihn an und Vivi drückte zeitgleich meine Hand. Da klingelte es schon zum Pausenende, bevor ich fragen konnte, was das für ein Vorschlag war, denn wir begaben uns zurück zum Klassensaal. Würde ich ihn eben dort fragen, auch kein Problem. Sanjis Sicht Auf dem Weg zum Klassensaal strahlte ich Nami an. Dank ihr hatte ich wieder gute Chancen, zumindest mein Fachabi zu bestehen. „Was ist?“ lächelte sie mich wissbegierig an und ich wollte sie am Liebsten in die Arme schließen, aber war geduldig. Ich beugte mich zu ihr rüber und flüsterte in ihr Ohr, dass ich sie liebe. Verliebt nahm ich ihre Hand in meine und beschloss, sie nicht mehr loszulassen. Würden die anderen sehen, dass wir Händchen hielten, war es mir egal, dann wären sie zumindest aufgeklärt. „Du, Sanji?“ hörte ich wieder einmal ihre bezaubernde Stimme, doch dieses Mal in einem gewissen Unterton, und sah in ihre schönen Augen. „Ja?“ Wir blieben im Schulgang stehen, die anderen waren mit Planung für die kommende Woche beschäftigt und somit gut abgelenkt. „Sag mal, ... darf ich dir eine Frage stellen?“ meinte sie letztendlich, da sie wohl nicht so direkt fragen wollte. „Immer doch.“ Bot ich ihr großzügig an und war neugierig. „Ähm...“ Ihr Blick war gesenkt, was hatte sie nur auf dem Herzen? Sie sah so hübsch aus, wirklich zum Verrücktwerden. „Besucht du... manchmal deine Mutter?“ fragte sie mich leise und ihre Worte trafen mich auf den ersten Schlag. Wie kam sie denn darauf!? Ich hatte eine Schocksekunde, in der ich glaubte, meine Stimme verloren zu haben, denn mit so was hatte ich garantiert nicht gerechnet. Nicht von Nami an so einem idyllischen Schultag. „Nami... du weißt, dass...“ ...meine Mama gestorben ist. Wieso fragte sie das? Sie antwortete mir langsam sprechend. „Ja, weiß ich. Ich meine ... ob du manchmal ... an ihr Grab gehst?“ Über so was Ernstes hatte ich noch nie mit ihr gesprochen und ich wollte es auch gar nicht. Okay, von ihr aus gesehen wollte sie ein bisschen mehr über mich erfahren, aber darüber reden konnte ich einfach nicht. Ich konnte nicht. Natürlich merkte ich, dass Nami vorsichtig bei dem Thema war, um nichts Falsches zu sagen, aber es bildete sich schon ein ganz schön großer Kloß in meinem Hals. Sollte ich ihr darauf etwa antworten? Wenn ich jetzt antwortete, würde sie weiterfragen und das mochte ich nicht. Ich wollte mich bei ihr nicht unwohl fühlen, also weg mit dem Thema. „Ja, aber darüber möchte ich nicht reden.“ sagte ich mit kühler Stimme, auch wenn ich sie nicht abblitzen lassen wollte. „Okay.“ Sie streichelte meine Hand um mir verständlich zu machen, dass es wirklich okay war, dass sie darauf schon vorbereitet war, also dass ich abblocken könnte. Die Lehrerin kam auch schon die Treppe hoch und alle machten ihr Platz. Ruffy wandte sich noch schnell zu mir. „Sanji, hast du’s mitgekriegt?“ „Hm? Was denn?“ tat ich so, als wäre kein Chaos in meinem Körper, und er entgegnete mir: „Herr Raul hat uns Jungs angeboten, eine Fußballmannschaft zu trainieren! Da machen wir alle mit!“ Herr Raul war unser Sportlehrer und ich fand dass eigentlich eine gute Idee, ich mochte Fußball. „Und wann geht’s los?“ erkundigte ich mich und bekam ein „In drei Wochen fängt er an. Morgen lässt er eine Liste zum Eintragen in der Klasse rumgehen.“ zur Antwort. „Kostet das auch was?“ war mein einziges Bedenken, doch er stellte es frei. Super. Manchmal beneidete ich Ruffy noch, da er so ganz ohne Sorgen lebte und immer so gut drauf war. Ich persönlich war noch manchmal in mich gekehrt, und immer wieder machten mir bedrückende Fragen zu schaffen. Jetzt war es Nami, die sie mir stellte und es fiel mir schwer, ihr auszuweichen, aber ich konnte noch nicht so leicht über Mamas Verschwinden reden. Sie war tot, aber ich hatte es noch so im Gefühl, als wäre sie nur eine Zeit lang fort gegangen und ich würde sie schon im nächsten Jahr wieder sehen. Und die Wahrheit, das Wissen, dass es doch nicht so war, machte mir solche Probleme. Alle Schüler waren nun im Klassensaal drinnen und ich hielt Nami, die mit mir die letzte vor der Tür war, kurz zurück, um sie an mich zu drücken und ihre Wärme zu spüren, für einen kurzen Moment. Sie erwiderte die Umarmung auch, und mich plagte wieder die Frage, wie ich ihr hundertprozentig zeigen konnte, wie sehr ich sie liebte? erstellt am 01.06.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 61: Pilfer 1/7 ---------------------- Kapitel 61: Pilfer Samstags - gegen 14.00h bis 15.00h Sanjis Sicht Noch geschlagene zehn Minuten standen wir im Türrahmen und küssten uns zum Abschied, bis Nami dann wirklich gehen musste. Sie war zum Mittagessen vorbeigekommen und wir hatten uns einen gemütlichen Vormittag gemacht, an dem ich ihr mal wieder bewiesen hatte, was für ein Meister im Kochen ich war, denn Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen. Heute hatte sie mich nicht auf irgendetwas angesprochen so wie am Vortag schon, worüber ich erleichtert war. Das zeigte mir, dass sie mich verstand und meine Gefühle respektierte und sie mir nichts abverlangte. Ich hatte den Tisch noch mit ihr zusammen abgedeckt, also brauchte ich nur noch den Abwasch zu machen. Doch immer wieder glitten dabei meine Gedanken ab, zu Mama hin. Wieso nur musste mich Nami darauf ansprechen? Irgendwie stimmte mich das traurig, obwohl es doch keinen Grund dazu gab. Es war so, wie es war, und weiter? War es der Fakt, dass es sich einfach nur um Nami handelte? Sie sollte sich aus meiner Vergangenheit raushalten, ansonsten würde sie darin herumwühlen und alte Wunden von mir aufreißen, soviel stand für mich fest. Nein, danke, dass brauchte nicht sein. Nami stand für mich für die Zukunft, also wollte ich nicht, dass sie mit meiner Vorzeit etwas zu tun hatte, und ich hoffte, dass sie sich auch daran halten würde, ohne, dass ich wieder mit dem Thema anfangen müsste. Ich ging in mein Zimmer und lief zum Regal. Da holte ich Mamas Foto raus, den schönen Rahmen, und sah sie mir genau an. Wirklich gut hatte ich sie nicht kennen gelernt... dafür hatte mir die Zeit gefehlt. Hatte uns die Zeit gefehlt. Mich plagten so oft noch immer fürchterliche Schuldgefühle, ich war total traurig, hatte ihr nie richtig gesagt, dass ich sie lieb hatte. Mir kam es immer so vor, als hätte sie sich nie richtig um mich gekümmert, dabei war ich immer nur so auf mich selbst beschränkt, dass ich mich nie in ihre Lage gesetzt hatte. Sie wusste, dass ich ohne Papa aufwuchs und hatte deshalb unsere kleine Familie mit Jeff und Seulgi aufgestellt und als das dann alles instabil wurde, wohnte ich zwar nicht mehr Zuhause, aber behielt meine Freiheit. Irgendwie war das ja ein schwerwiegender Fehler, und ich finde, sie hätten mich härte an den Zügeln nehmen sollen, ganz klar. An dem Punkt war es total verantwortungslos, immerhin wussten sie ja nicht, was ich anstellen würde. Ich hätte mir damals genauso gut auch das Leben nehmen können, aber ist ja nie so weit gekommen... zum Glück! Ansonsten hätte ich Nami nie kennen gelernt, und irgendwo sind die Erfahrungen ja auch gut, die ich gemacht hatte, denn ohne sie wäre mein Leben ganz anders verlaufen und ich wäre nicht so, wie ich heute war. Mir fiel das Fotobuch wieder ein, das sich in meinem Nachttisch befand. Mamas Foto legte ich wieder auf die Rückseite zurück und wollte mir mein Sammelwerk heraussuchen. Nami hatte mich mal drauf angesprochen, aber ich konnte es ihr nicht zeigen. Was würde sie bloß von mir denken, wenn sie ausschließlich Bilder von Seulgi sehen würde? Das kam ja für mich schon komisch rüber... hätte ich niemals diese Liebe für sie empfunden... Ich hatte schon überlegt, dass Buch einfach kaputt zu machen wie zum Beispiel durch Verbrennung oder in der Badewanne einweichen zu lassen – aber man sollte Erinnerungen erhalten, so gut es ging. Von Mama hatte ich nichts übernommen und es im Nachhinein bereut, also war die Beseitigung meines Fotobuches keine gute Lösung. Ich hatte auch daran gedacht, es vielleicht Seulgi zu geben, da sie es nie gesehen hatte. Sie würde es so oder so nie sehen können, fiel mir ironischer Weise ein und es wäre wahrscheinlich gut, wenn es in ihrer Obhut wäre. Sie sollte die freie Entscheidung haben, was damit geschehen sollte. Ich guckte, wo das grün eingeschlagene Buch war, doch es befand sich nicht mehr an seinem üblichen Platz. Wo war es denn hin? Ich suchte auch in der unteren Schublade und in dem kleinen Seitenschränkchen, ob ich es vielleicht da rein getan hatte, aber da war nichts. Ich hatte es mir seit Ewigkeiten nicht angesehen, also konnte es nicht weit weg sein. Wobei, Nami hatte es doch mal rausgeholt und vielleicht woanders hingelegt? Ich sah an allen möglichen Orten nach, wo man ein Buch hintun könnte, aber ich hatte sie doch gebeten, es dahin zurückzulegen –oder? Sollte sie es etwa eingesteckt haben? Nein, so was würde sie nicht machen... höchstens aus Versehen, fiel mir ein. Jedoch war mir das ganz und gar unangenehm, denn selbst wenn sie es zu Hause bei sich in der Tasche finden würde, wäre ihre Neugierde sicherlich groß genug, dass sie es öffnen würde... schließlich wusste sie ja nicht, was sich da drin befand. Oh Shit, die Erkenntnis, dass sich das Buch in ihren Besitz befindet, war mir mehr als nur unbehaglich! erstellt am 02.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 62: Doubtful 2/7 ------------------------ Kapitel 62: Doubtful Samstags - gegen 14:20h Namis Sicht Mit klopfendem Herzen setzte ich mich auf die Parkbank und schnaufte einmal durch. Das Wetter war mild und es kamen regelmäßig Leute an mir vorbei. In Klauen war ich schon immer eine Expertin gewesen, aber da mein ’Opfer’ dieses Mal Sanji war, fand ich nicht so prickelnd. Aber was hätte ich andres tun sollen, denn von sich aus hätte er mir nie etwas von sich erzählt. Solange ich das Buch rechtzeitig zurück in Sanjis Wohnung schmuggelte, war es ja okay. Ich griff auf solche Mittel zurück, da ich keinen anderen Weg gesehen hatte, und ich würde es jetzt schnell lesen, dann zurückbringen, bevor er es merkte. Mit dem Gedanken, was er nicht wusste, konnte ihn auch nicht heiß machen, konnte ich mein schlechtes Gewissen befriedigen. Ich holte das Buch raus und legte es auf meinen Schoß. Das eine Foto, was ich schon mal zu Gesicht bekommen hatte, hing halb unten raus, das lag wohl total lose drin. Ich holte mir die Pinzette aus dem Geldbeutel und nahm mir das blöde Schloss vor. Ich drehte einige Zeit daran rum, bis irgendwann das siegreiche Geräusch ertönte und das Buch zum Öffnen nur noch aufgeschlagen werden musste. Also schlug ich neugierig die erste Seite auf, doch da war alles ganz schön verschmiert. Mit Bleistift war öfters etwas vorgeschrieben und wieder wegradiert worden, aber was da gestanden hat, wusste ich nicht. Ich blätterte die nächste Seite um, wo auch schon Bilder zu sehen waren, auf allen vieren war Seulgi drauf. Hatte er ein Fotoalbum von ihr angelegt? Auf dem einen Bild war sie mit Sanjis Mutter zu sehen und beide hatten ihren Arm um die Schulter des anderen gelegt, auf dem Foto daneben saß sie am Computer, sah jedoch lächelnd in die Kamera, auf einem trug sie einen Bademantel und saß auf dem Bett, auf dem Letzten schnitt sie eine lustige Grimasse. In der Hoffnung, auf der nächsten Seite andere Bilder zu sehen, blätterte ich um, doch schon wieder waren ausschließlich Bilder von seiner Stiefschwester zu sehen. Noch mehr Fotos, wo sie im Bademantel Sitzposen machte, und so langsam fragte ich mich echt, was das sollte! Wieder blätterte ich um, da war ein Bild, wo man ihre Augen ganz nahe sah und dann einige Bilder, wo sie in einem schönen Sommerkleid vor Kindern in der Hocke saß und sich um sie kümmerte. Dann Bilder, wo sie mit Winterjacke in der Stadt rumlief, dann welche in einem Herbstwald beim Spaziergang, auf keinem Bild, bis auf dem ersten, sah ich eine andere erwachsene Person, geschweige denn den großen, blondhaarigen, alten Mann vom Krankenhaus. Also hatte er die ganzen Fotos so gemacht, dass sie niemand zu sehen gekriegt hatte. Und da Sanji auf keinem Bild zu sehen war, hatte er sie geschossen und logischerweise ins Buch hier reingeklebt. Aber was verdammt noch mal sollte das!? Wenn ein Junge so ein Buch anlegte, dann nur für seine Freundin oder heimliche Liebe, oder als Äußerstes noch als Geschenk, aber nicht einfach so als Tagebuch. Und wenn es ein Geschenk gewesen wäre, wäre es doch nicht mehr in seinem Besitz, oder? Oder konnte er es Seulgi nicht mehr geben, weil sie sowieso blind war? Mir kam das alles ziemlich unwirklich vor und ein flaues Gefühl breitete sich in mir aus. Okay, ich verstand, wieso er es mir nicht zeigen wollte, aber was hatte das nur zu bedeuten? Wenn ich nicht wüsste, dass die beiden stiefverwandt sind, hätte ich klipp und klar gesagt, dass er in sie verliebt war... wobei das doch möglich war... aber das traute ich ihm gar nicht zu. Nein, so war Sanji nicht drauf, seit ich ihn kannte war er immer auf alle möglichen Mädels fixiert und erst durch mich treu geworden. Oder? Wieso konnte mir nicht einfach einer sagen was los war? Ich wusste nicht, von wem ich hätte Auskunft kriegen sollen und seufzte wegen meinem gescheiterten Versuch. Ich würde das Buch zurück zu Sanji bringen, bei ihm klingeln und sagen, ich hätte etwas bei ihm vergessen und falls er kurz weggegangen sein sollte, würde ich den Schlüssel nehmen und mir selbst aufschließen. Ein ganz einfacher Plan. Ich wollte mich schon auf den Weg zu ihm machen, doch dann kam mir erneut eine Idee. Ich könnte zu Seulgi gehen, vielleicht war ihr Vater ja dieses Mal nicht da, und würde genau das machen, was ich mir schon das letzte Mal vorgenommen hatte. Mit neu gefasstem Mut machte ich auf der Stelle kehrt, lief zur Bushaltestelle und erstmal im Bus drinnen, sah ich mir die ganzen Fotos noch mal an. Schon seltsam, dass Sanji so etwas gemacht hatte, es stand nicht mal Text oder so dabei, wann und wo die Bilder aufgenommen wurden. Aber sie sah da noch jünger aus, also war es schon eine Weile her. Sie musste da so um die sechzehn gewesen sein, auf älter schätzte ich sie nicht. Hoffentlich war sie auch so nett, wie sie mir auf den Fotos erschien, und irgendwie mischte sich wieder eine Eifersucht in mir auf. Sanji hatte von mir gar keine Bilder, ich sollte ihm mal Passfotos geben, damit er mich auch immer bei sich hatte. Ob er für mich auch so ein Buch anlegen würde? Aber darauf ansprechen konnte ich ihn ja schlecht, das musste er wenn schon von sich aus machen. Aber das fand ich eher für unwahrscheinlich, aber na ja. Ich verstand das Fotobuch nicht, mir war das noch zu zweideutig und bevor ich voreilige, falsche Schlüsse zog, wollte ich mir bei dem Fotomodell persönlich Aufklärung holen, falls sie überhaupt etwas von dem Buch wusste. gegen 15.10h Sanjis Sicht Aufgewühlt schlüpfte ich in meine Schuhe und ging aus dem Haus. Toll, heute war Samstag und die Busverbindungen nicht so ideal, und an der Haltestelle sah ich, dass meiner gerade erst abgefahren ist und ich rund eine halbe Stunde zu warten hatte. Na super! Resignierend und ungeduldig setzte ich mich hin und wartete. Vielleicht war es ja auch bloße Einbildung von mir und es wäre alles nur halb so schlimm. Bei meiner blühenden Fantasie konnte es gut sein, dass ich mir nur das Schlimmste vorstellte, und in Wirklichkeit war alles in bester Ordnung. Aber allein schon die Möglichkeit, dass Nami zu Seulgi gehen könnte, nagte an mir und ich brauchte Bestätigung. Seulgi einfach anrufen ging nicht, denn in der Mittagsruhe von 12-15h wurden keine Telefonate durchgestellt, also doppelter Mist. Ich tippte mit meinen Fingern auf meinem Oberschenkel herum, sah mürrisch die Straße hinab, aus welcher der nächste Bus kommen sollte. Jetzt hätte ich eine Zigarette gut brauchen können, um mir die Zeit zu vertreiben. Warum nur hatte ich keine in meinen Taschen dabei? erstellt am 03.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 63: Rival 3/7 --------------------- Kapitel 63: Rival Samstags - gegen 15.25h Namis Sicht Ich kam zum McBader-Krankenhaus und ließ denselben Weg hinter mir, den ich schon einmal zu Zimmer 328 geschritten bin. Keine der Krankenschwestern ermahnte mich, da ich ohne weiteres zum Fahrstuhl lief, von daher war ich von keiner Seite her bedrängt. Ich stand bald darauf vor der Tür und schaute durch das geriffelte Milchglasfenster, konnte jedoch keine Person erkennen, die dort im Raum stand. Also durfte auch nicht Sanjis Stiefvater drinnen sein, darum nahm ich meinen Mut zusammen und klopfte dreimal an. „Ja?“ ertönte die Stimme einer Jugendlichen und ich drückte die Türklinke nach unten. Rechts zur Tür stand ein gewöhnliches Krankenhausbett an der Wand, gegenüber von der Position, in der ich stand, war ein großes Fenster und in der linken Zimmerwand befand sich noch eine Tür, die wahrscheinlich zum Bad führte. „Wer ist da?“ fragte mich die vermutliche Seulgi, die aufrecht im Bett saß und ihren Kopf in meine Richtung gedreht hatte. Sie musste es sein, aber ihre braunen Haare waren zusammengebunden und da ich die Länge nicht sehen konnte, war ich mir im ersten Moment nicht sicher. Dennoch trat ich ins Zimmer ein und schloss die Tür hinter mir, bevor jemand sah, dass diese offen stand. „Hallo.“ sagte ich freundlich, doch Seulgi verzog keine Miene. „Wer bist du?“ wollte sie wissen und mir schien nicht so, als ob sie blind wäre, denn ihre Gesichtsrichtung war gut auf mich abgestimmt, so wie bei einem sehenden Menschen. „Ich heiße Nami. Entschuldige, dass ich ohne Anmeldung einfach hierher gekommen bin.“ Da sie nichts sagte, hieß es, dass sie erwartete, dass ich weiter sprach, da ihr das noch nicht genügte. Also hang ich schnell noch ein paar Sätze hinten dran, zur Erklärung. „Ich bin eine Freundin von Sanji und er hat von dir erzählt. Da dachte ich, ich könnte dich mal besuchen kommen. Ich hoffe jetzt natürlich, dass dir das nicht unangenehm ist...“ sprach ich um den heißen Brei herum und hoffte, dass sie sich mir gegenüber etwas öffnen würde. Sie reagierte dann auch, glücklicherweise etwas entgegenkommender. „Er hat von mir gesprochen?“ Sie wusste wohl, dass er nicht sehr oft über sie sprach und war wohl deswegen überrascht. „Ja, hat er. Aber er weiß nicht, dass ich dich heute besuche, das hab ich vorhin ganz spontan beschlossen.“ Eigentlich stimme das alles ja, also brauchte ich kein schlechtes Gewissen wegen der vermeintlichen Lüge zu haben. „Das finde ich nett von dir.“ sagte sie mit weicher Stimme und im selben Moment war ich froh, ihre harte Schale geknackt zu haben. Sie zeigte mit ihrem Zeigefinger links von mir, wohin ich auch sah, und da standen zwei Stühle. „Du kannst dir da einen Stuhl nehmen und dich zu mir setzen.“ Sie war ja richtig nett, ich folgte ihrem Angebot und setzte mich neben ihrem Bett hin. Ich hatte immer noch nicht so ganz das Gefühl, dass sie wirklich erblindet war, aber es war wahrhaftig so, sie hatte sich eben nur perfekt an ihre Umwelt angepasst. „Du bist eine Freundin von Sanji?“ fragte sie und ich erwiderte, noch immer Abstand haltend. „Ja, wir gehen schon seit einem Jahr in dieselbe Klasse.“ „Achso.“ Sie drehte ihren Kopf von mir weg, sah, also wenn man das ’sehen’ nennen konnte, auf die vom Bett gegenüber liegende Zimmerwand, dann sprach sie wieder. „Ich finde es wirklich nett von dir, dass du mich besuchst, wobei wir uns gar nicht kennen.“ Freundlich schnitt ich ihr das Wort ab. „Klar, denn sonst hätte ich dich vielleicht gar nicht kennen gelernt. Außerdem wollte ich dich mal treffen, um mit dir zu reden.“ Sie zog die Augenbraue hoch, drehte ihren Kopf zu mir. „Wieso denn?“ Was redete ich eigentlich um die wichtige Sache herum, aber wenn ich mich jetzt so ins Gespräch rein gewurschtelt habe, musste ich wieder rauskommen und dabei ein anderes Thema ansteuern. „Na, weil ich mal Sanjis Stiefschwester kennen lernen wollte.“ In meine Stimme legte ich einen nicht aufmüpfigen Tonfall, denn ich wollte ihr ja vermitteln, dass ich aus netten Absichten gekommen war. „Hmm. Was hat er dir denn von mir erzählt?“ lächelte sie und ich war froh, dass sie mich nicht komisch fand. Immerhin war es das erste Mal, dass ich zu einer wildfremden Person ging, um mit ihr über einen gemeinsamen ’Bekannten’ zu sprechen. „Also“ fing ich an und überlegte. Ja, was wusste ich über sie? Dass sie Stiefgeschwister waren, dass sie blind war, hier im Krankenhaus lag, dass Sanji viele Fotos von ihr geknipst hatte und ich sie heimlich um ihre Schönheit beneidete. Ihr Gesicht war echt makellos, und das obwohl sie etwas blass wirkte. Ich hatte sie ja gesehen, auf den Bildern, wie hübsch sie da war! Ich sprach weiter. „Er hat mir nur erzählt, dass du... na ja dass du eben seine Stiefschwester bist und... dass du leider nichts mehr sehen kannst.“ Ouh, das wollte ich nicht aussprechen! Aber es war doch so. „Und noch was?“ erkundigte sich Seulgi, doch das war alles. Zum Glück nahm sie mir das nicht übel, dass ich ihre Behinderung so offen ausgesprochen hatte, also kam sie damit klar. Ich schüttelte den Kopf, aber dann hakte ich ein „Nein.“ hintendran, da sie mein Kopfschütteln ja nicht sehen konnte. „Schade.“ „Du, Seulgi?“ fragte ich, das war das erste Mal, dass ich sie direkt bei ihrem Vornamen genannt hatte. „Ja?“ Sie kratzte sich unauffällig im Nacken und es lösten sich auch ein paar einzelne Haarsträhnen aus ihrer Frisur. „Ich bin auch noch wegen etwas anderem gekommen.“ Während ich redete, zog ich aus meiner Tasche das Buch heraus und legte es auf meinen Schoß. „Ja?“ hatte ich sie gespannt gemacht und ich wusste nicht, was ich jetzt machen sollte: entweder ihr das Buch in die Hand geben, dass sie es abtasten konnte, oder ihr mündlich davon erzählen sollen? Mit einem Mal kam eine Blockade in mir auf, vielleicht wollte Sanji ja nie, dass sie es zu Gesicht kriegt oder davon erfährt. Wenn ich jetzt davon ausging, dass Sanji doch in sie verliebt gewesen wäre, und deshalb das Album angelegt hatte, dann hätte er es ja verheimlicht und ihr nie gezeigt. Deshalb sollte ich ihr besser nichts davon sagen, ich meine, sie würde ihm so oder so erzählen, dass ich hier gewesen bin, und das reichte an Diskussionsstoff. Er musste dann nicht noch mitbekommen, dass ich ihr sein Buch unter die Nase gehalten hätte, das wäre wohl zu viel des Guten. Also ließ ich es wieder schnell in meine Tasche gleiten und stützte meinen Kopf auf die Hände ab, wohingegen es sich meine Ellenbogen auf meinen Oberschenkeln gemütlich gemacht hatten. „Also... ich wollte gerne wissen, ob du mir etwas über Sanji erzählen kannst.“ äußerte ich mich und ließ es so klingen, als wäre es für mich nicht unendlich interessant, sondern als wäre es bloßes Interesse als Zweck zum Gesprächsstoff. „Was magst du denn wissen?“ Ich stellte mich ganz schön clever an, ich wusste ja, dass seine Mutter gestorben war und er danach Drogen genommen hat, aber das konnte ich ja wohl schlecht alles auf den Tisch ausbreiten, das musste ich alles von ihr hören. Nur wie sollte ich sie dazu bringen, dass sie mir das alles mit den gegebenen Zusammenhängen verriet? „Also... ich weiß nicht. Wie seine Kindheit so war, wenn du das weißt? Also, ich denke mal, dass du mir das einfach so erzählen kannst, immerhin kenne ich ihn schon lange genug.“ „Und wieso fragst du ihn dann nicht selbst?“ konterte sie und war auf einmal säuerlich drauf. Sie sollte nicht denken, dass ich nur wegen Informationen über ihn gekommen bin, auch wenn es so war. „Ich glaube, er möchte nicht davon erzählen. Aber das heißt ja nicht, dass er nicht möchte, dass ich es weiß.“ plapperte ich vor mich hin und hoffte, sie irgendwie austricksen zu können. „Ich werde dir aber nichts erzählen.“ blockte Seulgi kühl ab und das setzte mir ein Stich ins Herz. Also war ich umsonst gekommen? „Und warum nicht?“ fragte ich geduldig und war immer noch freundlich, an ihrer Stelle hätte ich es mir ja auch nicht erzählt. Von daher war es gut, dass sie keine Singdrossel war und nicht jeder dahergelaufener Person alles über ihn erzählte, sobald man sie danach fragte, aber es ging hier doch um mich. Vielleicht sollte ich ja mit meinem Ass im Ärmel herausrücken und ihr stecken, dass ich Sanjis Freundin war. Das würde vielleicht einige Tatsachen ändern. „Du, sag mal... -du heißt Nami, oder?“ Ich erwiderte ein „Ja.“ und Seulgi sprach weiter. Ihr Kopf war nach unten geneigt, aber ihr Gesicht in meine Richtung gedreht. „In was für einem Verhältnis stehst du zu Sanji? Wenn dich das alles so brennend interessiert und du sogar zu seiner kleinen Schwester kommst, muss er dir ja ganz schön viel bedeuten.“ stellte sie fest und ich fühlte mich für eine Sekunde ertappt. Dennoch hatte sie Recht und ich überlegte schon, ihr alles zu verraten, weshalb ich gekommen war und dass er mir wirklich unendlich wichtig war. Aber ich hatte dann doch Zweifel, denn vielleicht wusste sie gar nicht, dass er mal Drogen genommen hatte, denn vielleicht hatte sie damals wegen ihrer Erblindung so einen Schock und war so mit sich selbst beschäftigt, dass Sanji ihr nicht noch zusätzlich mit seinen Problemen gekommen ist und es ihr zu liebe verschwiegen hat und sie bis heute nie etwas davon mitgekriegt hatte. Oder? Jedenfalls musste ich leichte Andeutungen machen, um herauszufinden, was sie wusste, und was ich dann von ihr hören konnte, musste ich aus ihr herauslocken. Hoffentlich kam währenddessen niemand ins Zimmer rein, das wäre ganz und gar nicht gut. „Also, ich mag ihn schon sehr, -“ Sie unterbrach mich plötzlich mit einer konkreten Frage, die mich etwas überrumpelte. „Bist du in ihn verliebt?“ „Was?“ kam die Gegenfrage wie von selbst aus meinem Mund und ich war froh, nicht sofort bejaht zu haben. „Ob du in ihn verliebt bist!?“ Ich konnte absolut nicht deuten, ob sie das nur wissen wollte, um auf dem neusten Stand der Dinge zu sein oder ob sie beleidigt war, da ich an ihrem Bruder interessiert war. Man will ja immer aufpassen, mit welchen Leuten die Schwester oder der Bruder ausgeht, also war das vielleicht eine Art Beschützerinstinkt von ihr, der gerade ans Tageslicht kam. „Ja, ich liebe ihn.“ gab ich zu, denn es wäre ja echt blöd, wenn ich jetzt der Frage ausweichen würde und ihr später verklickern wollte, dass ich mit ihm zusammen war. Es dauerte einen Moment, bis Seulgi nachgedacht hatte, um mir zu antworten. „Dann rate ich dir, ihn zu vergessen.“ Was sollte das denn jetzt? Sagte sie das auf einmal aus Antisympathie oder was steckte dahinter? „Wieso denn?“ Ich ließ mich nicht aus der Ruhe bringen, aber hören wollte ich so was trotzdem nicht gern. „Weil kein Mädchen eine Chance bei ihm hat.“ Mit einem mitfühlenden Lächeln fügte sie noch hinzu: „Ich kann verstehen, dass du dich in ihn verliebt hast, aber er ist schon vergeben.“ Moment mal! Er war, ihren Worten nach, vergeben? Nicht, dass er ihr erzählt hatte, dass er eine Freundin hat, also mich, und Seulgi gerade dachte, ich wäre eine andere. Ja, so musste sie es meinen und wusste nicht, dass >ich< Sanjis Freundin war, denn so hatte ich mich ja nicht von vorneherein vorgestellt. Damit keine Missverständnisse aufkamen, korrigierte ich sie. „Ich weiß, dass er vergeben ist, weil... - weil wir zusammen sind.“ Irgendwo war es mir schon peinlich, erst jetzt mit der Sprache herauszurücken, aber es war nun mal so, auch wenn ich es Schade fand, dass sie nie die Freundin ihres –Bruders sehen konnte. „Du bist mit ihm zusammen?“ fragte sie erstaunt nach, um sich zu vergewissern. Wieder hätte ich beinahe genickt, doch bejahte dann laut. Sie zögerte innerlich und ich war gespannt, was jetzt kam. „Er hat mir gar nicht erzählt, dass er eine Freundin hat.“ sagte sie leise, eher zu sich selbst, als zu mir und es fiel ein Groschen. Wenn er ihr nicht erzählt hatte, dass er vergeben war, wieso hatte sie dann vorhin zu mir gesagt, dass ich bei ihm keine Chance hätte? Ein ganz, ganz blöder Gedanke schob sich in meinen Kopf, doch ich rappelte mich nicht auf, ihn überhaupt erst zu denken. „Seulgi?“ fragte ich, um ihre Aufmerksamkeit wieder zu gewinnen, doch sie sah nicht zu mir auf. „Seulgi, würdest du mir etwas von der Zeit erzählen, wo ihr zusammen gewohnt habt?“ wollte ich ganz normal wissen, doch ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und sie sah wütend zu mir. „Nein, werde ich nicht!“ kam es unfreundlich von ihr und normalerweise wäre ich bei so einer Antwort in Abwehrposition gegangen, doch ich wollte nicht gegen sie kontern. “Na schön, brauchst du auch nicht, aber du kannst mir doch etwas von dir erzählen, nicht?“ Ich blieb nett, wollte ja nicht, dass sie gegen mich stand, aber das brachte wohl nichts. „Ich warn dich, du hast ihn nicht verdient! Lass bloß deine Finger von ihm!“ motzte sie und ich war etwas verwundert, weshalb sie Sanji so in Schutz vor mir nahm. Sie hatte ihm doch nichts vorzuschreiben und so ließ ich garantiert nicht auf mir herumhacken. Was sollte das denn, was fiel ihr überhaupt ein, ihn mir schlecht machen zu wollen? Ich liebte ihn, er mich auch und alles war wunderbar. „Wieso denn, wir sind doch schon zusammen.“ Ich wollte sie nicht anzicken, aber sie ließ mir ja keine Wahl, deshalb rieb ich es ihr nochmals unter die Nase. Ich war lange genug höflich gewesen, aber das ließ ich mir garantiert nicht bieten. „Aber er gehört dir nicht! Du wirst ihn in Ruhe lassen, verstanden!?“ Mir klappte echt der Unterkiefer runter. Sie wollte mir verbieten, mit Sanji zusammen zu sein!? Hallo? Sie saß doch bloß wie ein Sack Mehl in ihrem Bett, wusste nicht mal, wen sie vor sich hatte und erteilte mir Befehle. Ich hätte jederzeit auf sie losgehen können, dann wäre sie mir auch völlig ausgeliefert, aber natürlich hätte ich das nie getan. Dennoch hatte sie eine ganz schön große Klappe, obwohl sie mir körperlich gesehen ganz schön hilflos ausgesetzt war und bestimmt die Unterlegene sein würde. „Sag mal, warum sagst du das alles? Wieso willst du nicht, dass ich mit Sanji zusammen bin?“ fragte ich trotzig, doch es kam wieder nur Drohungen. „Weil er dir nicht gehört, hab ich doch gesagt!“ Und was für ein Recht nahm sie sich heraus, ihn zu verdinglichen? Er war ein Mensch und keine Sache, die man in Besitz nehmen konnte! „Aber Seulgi, ich -“ „Hör mir mal gut zu, Nami: du lässt Sanji in Zukunft in Frieden, okay?“ „Ich-“ Ich konnte gar nicht richtig aussprechen, sie war richtig taff. „Du weißt gar nichts von ihm! Schön, du gehst seit einem Jahr mit ihm auf dieselbe Schule und ihr seid seit kurzem zusammen, aber du kennst ihn nicht richtig! Du weißt gar nichts von ihm!“ gaffte sie mich an und ich stierte zurück, doch meine Blicke konnten ihr nichts anhaben. Für so schwach und hilflos, wie ich sie hielt, war sie doch nicht und ich brauchte echt ein paar Sekunden, bis mir wieder Wörter einfielen. Das fand ich echt unfair, mir vorzuhalten, dass sie ihn besser kannte als ich und mehr von ihm wusste, aber das hieß noch lange nicht, dass sie mich zurechtzuweisen hatte, ob ich mir bei ihm was erhoffen konnte, oder nicht. Er war mein Freund, wir liebten uns und da brauchte sie nicht dazwischen zu funken. Ich fand es plötzlich eine saudoofe Idee, hierher gekommen zu sein, vielleicht würde sie ihm verpetzen, dass ich sie runter gemacht hätte oder sonst was und einen Augenblick lang hatte ich Angst, dass er dann ihr mehr Glauben schenken würde als mir. Doch ich konterte. „Und du hast keine Ahnung von uns, wir lieben uns! Du brauchst mir nicht so ein Unsinn zu erzählen, ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass ich ihm vertrauen kann! Da brauchst du mir nichts zu verbieten! Und wieso bist du auf einmal so gegen mich!? Ich hab dir nichts getan!“ Doch noch während ich das aussprach, spürte ich Stiche in meinem Herzen... wenn ich ihm so makellos vertraute, wie ich es gerade behauptete, dann wäre ich ja sicherlich nicht zu Seulgi gekommen, das war echt ne lasche Ausrede von mir. Aber das konnte sie ja nicht ahnen und sprach aufgebracht weiter. „Ich sag’s dir, du wirst es noch bereuen! Wenn du wüsstest, was los wäre, würdest du ihn bestimmt links liegen lassen! Vor solchen Enttäuschungen will ich ihn nur beschützen!“ Schon wieder griff sie auf ihre Schwesterposition zurück, was mir tierisch auf den Keks ging. Aber jetzt hatte ich sie soweit, ich könnte mehr erfahren, wenn ich sie noch weiter weich klopfen würde. Wenn sie so was schon befürchtete, sollte sie mir auch schon sagen, was denn nun in Wirklichkeit los war. „Seulgi, lass uns doch in Ruhe miteinander reden.“ versuchte ich sie zu besänftigen, doch es hatte keinen Zweck, sie war immer noch so aufgebracht wie zuvor. „Nami, ich denke, du gehst jetzt besser!“ Sie war total stur und noch immer trotzig und ich wusste nicht, wie lange ich bei ihr hartnäckig bleiben konnte, dennoch versuchte ich es. „Seulgi, ich möchte bitte wissen, was mit Sanji los ist! Kannst du mir denn gar nichts sagen? Ich meine es wirklich Ernst mit ihm, ich war noch nie so in einen Jungen verliebt.“ Ich war total beherrscht und wirkte gelassen, doch das schien gar nicht erst bei ihr durchzukommen. Sie war völlig aufgelöst, aber ebenso mit Energie geladen, dass ich nicht einschätzen konnte, wie lange es noch dauern würde, bis ihre Laune umschlagen würde. Doch was sie dann sagte, warf mich völlig aus der Fassung, das konnte doch nicht wahr sein! „Aber du wirst ihn nie so lieben können wie ich es tue!“ erstellt am 04.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 64: Delay 4/7 --------------------- Kapitel 64: Delay Samstags - gegen 16.05h Sanjis Sicht Verdammt, trödelte der Bus vor sich hin! Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis ich endlich an der richtigen Haltestelle aussteigen konnte und mich zum Krankenhaus begab. Mein Handy hatte ich natürlich auch vergessen, also konnte ich nicht bei Nami zu Hause anrufen, um zu checken, ob sie auch dort war. Aufgeregt joggte ich die letzten hundert Meter, bis ich dann im Eingangsbereich angelangt war. Die Frau an der Rezeption kannte mich nicht, es war nicht die Braunhaarige, also gut so. Ich wollte hier keinem begegnen den ich kannte und hatte auch ganz bestimmt keinen Nerv dazu, in dem Moment freundlich zu sein. Ich kam im richtigen Flur an und ging auf Seulgis Zimmer zu. Wie ich dieses verpisste Krankenhaus manchmal hasste! Alles sah gleich aus, so als würde hier die Zeit anhalten und es entscheidet zwischen Leben und Tod. Die Ärzte meinen immer, alles richtig zu machen, doch wenn es nicht so ist, ist alles verkackt. Mama konnten sie auch nicht helfen, Seulgi würde auch nicht mehr gesund werden, also was sollte das hier schon...so ein Dreck! Kurz vor ihrer Tür angekommen verlangsamten sich meine Schritte. War das nicht albern von mir, hierher gekommen zu sein? Nami war garantiert nicht hier, wieso sollte sie auch? Das war doch nur pure Fantasie meinerseits, echt bekloppt. Warum hatte ich Angst, dass die beiden jemals aufeinander treffen würden? Dass Seulgi Nami erzählt, was war? Das war doch meine Aufgabe, sie einzuweihen, aber unsere Beziehung war viel zu frisch, als dass ich ihr schon alles anvertrauen konnte. Noch brauchte Nami nichts zu wissen, ich wollte es doch erstmal einfach nur genießen, mit ihr zusammen zu sein. Nichts desto Trotz klopfte ich an die Tür, obwohl Nami bestimmt nicht hier war, aber wenn ich schon mal zu Seulgi kam, würde ich mich für die nächsten zwei Wochen nicht blicken lassen müssen und hätte meine Ruhe. Ich kam herein und Seulgi lag auf einer Seite im Bett und ihr Rücken zeigte zu mir. Leise schloss ich die Tür hinter mir und lief um die Matratze herum, sodass ich ihr Gesicht sehen konnte, doch sie schlief nicht, da sie die Augen offen hatte. Oder konnten Blinde mit offenen Augen schlafen? „Wieso bist du gekommen?“ nuschelte sie zu mir und ich merkte schon, dass etwas nicht stimmte. „Ist was passiert? Was ist los?“ fragte ich sie direkt, anstatt auf ihre Frage einzugehen. Dennoch antwortete sie nicht und ich kniete mich vor sie hin, um meinen Arm auf ihre Schulter zu legen. Ich hatte ihr Gesicht direkt vor meinem, aber sie rührte sich nicht. „Seulgi?“ Das gefiel mir ganz und gar nicht, dass sie so abweisend war, also könnte doch was gewesen sein... „Seulgi war jemand hier?“ Ich zögerte noch, doch da wieder keine Antwort von ihr kam stand ich auf, drehte ich mich um hundertachtzig Grad um, ging einen Schritt zum Fenster und sah nach draußen. Sie konnte echt nerven, aber ich brauchte bei ihr eben Geduld. Im Park unter mir war nichts Besonderes los und ich atmete einmal tief ein –und aus. „Bekomme ich eine Antwort?“ fragte ich im groben Ton, ließ des Öfteren meine Stimme bei ihr spielen. Aber genauso wusste ich auch, dass sie mir umso weniger antworten würde, wie ich meine Stimmbänder anhob. „Seulgi, war jemand hier: ja oder nein!?“ Ich war wirklich gereizt, wenn Nami echt hier gewesen sein sollte, wollte ich das auch gefälligst wissen! Ich wartete weiter, Sekunden verstrichen und auf einmal rief sie: „JA! Es war Jemand hier und ich glaub du weißt auch ganz genau, wen ich meine!“ Mein Blick gleitete im Raum herum und traf sie, doch es brachte natürlich nichts. Sie saß aufrecht und wie angewurzelt in ihrem Bett und hatte den Kopf nach unten gesenkt, ein für mich übliches Bild. Sie schien wütend zu sein, doch staute lieber alles in sich an, anstatt alledem Luft zu machen. „Was habt ihr miteinander geredet?“ fragte ich sie, was hätte Nami denn zu ihr sagen sollen? Und lag ich bei der Vermutung, dass es Nami war, überhaupt richtig? Jedenfalls hatte sie nicht Seulgis Adresse, höchstens, wenn sie die bei mir Zuhause im Adressbuch nachgeschlagen hätte... „Sanji, ich will nicht, dass du mit ihr zusammen bist!“ meinte sie verbittert, doch bei ihren Worten wurde ich nur sauer, sie hatte sich da nicht einzumischen! Gerade wollte ich den Mund aufmachen, um ihr meine Meinung zu geigen, doch sie plagte weiter: „Sanji, ich weiß, dass du mich noch liebst! Wieso machst du mit dere rum, obwohl wir doch zusammen gehören??“ Geradezu verzweifelt tat sie, aber mir tat sie eher nur abwegig Leid. Mit ihr war es vorbei, aber sie konnte es nicht einsehen, sie weigerte sich einfach dagegen. Aber ich gehörte ihr nicht, ich hatte freie Wahl zu entscheiden, in wen ich mich verliebte. Und ich hatte mir Nami ausgeguckt, wegen vieler Gründe. „Seulgi, sagst du mir jetzt was ihr geredet habt?“ fragte ich nochmals, doch mir wurde dann klar, dass ich von ihr keine Antwort kriegen würde. Was sollte ich noch dort? Um das Thema drum herum reden, und am Ende würde eh nichts dabei rauskommen? Seulgi war mir echt piepegal, in meinem Kopf geisterte nur Nami herum, die vielleicht ein falsches Bild von mir haben könnte. So wie Seulgi manchmal die Sachen verdrehte zog ich lieber Leine und wollte zu Nami nach Hause. gegen 16.55h Nojiko hatte mir die Haustür geöffnet, doch Nami war laut ihr nicht da. Also machte ich mich nachdenklich auf den Nachhauseweg, auf ihrem Handy hatte ich es erfolglos probiert. Wo könnte sie nur hingegangen sein und was dachte sie jetzt über mich? Ich hatte nicht den geringsten Peil, was Seulgi ihr an den Kopf geworfen haben könnte und war ratlos. Was bei allen guten Geistern hatte sie nur geritten, zu Seulgi zu gehen!? Ich verstand es nicht, sie brachte mich immer wieder zum Staunen... zwar liebte ich sie, doch fühlte mich ein wenig von ihr hintergangen. Vielleicht hatte sie es mir ja absichtlich nicht gesagt, weil sie... ach, keine Ahnung. Nachdenklich und lustlos lief ich durch den kleinen Anlagepark in unserem kleinen Viertel und ließ mich dort auf einer Bank nieder. Ich sah in den Himmel und überlegte echt ernsthaft, ob ich mir Kippen kaufen sollte, das hätte mir sicherlich gut getan. Ich wusste, dass meine Gedanken mich nur vom eigentlichen Thema ablenken wollten und ich mich mit der Sehnsucht nach Nikotin bloß abnabeln wollte, doch ich wurde zurück ins Hier und Jetzt geholt, zu meinen Problemen, da ich einen Rotschopf entdeckte: das schönste Wesen, dass es unter der Sonne gibt. Ich sprang auf die Beine und lief zu ihr, wobei Nami mich noch nicht erkannt hatte. Doch sie merkte dann auch, dass jemand schräg über die Wiese zu ihr kam und sah mich völlig überfordert an. So ein Zufall, sie hier getroffen zu haben, dass sie auch hier einen Spaziergang machte. „Was machst du denn hier?“ fragte sie mich und ich wiederum hätte mir eine andere Begrüßung erhofft. „Ich war vorhin bei dir, aber Nojiko sagte, dass du weg bist. Ich wollte schon nach Hause, aber hab dich dann hier gesehen. Und du?“ Leider, leider lächelte sie mich nicht an, ihre wunderschönen Augen strahlten nicht diesen Glanz aus, den sie mir die letzten Wochen immer geschenkt hat und diese Erkenntnis tat mir furchtbar weh! Dennoch blieb ich lieb mit ihr, ich wollte mich ja auf keinen Fall mit ihr auseinandersetzen oder gar streiten! Niemals, sondern sie ganz einfach nur in den Arm nehmen und an mich drücken. „Ich hab ’nen Spaziergang gemacht.“ Sie konnte mir nicht ansehen, dass ich wusste, dass sie bei Seulgi war, und ich wollte sie auch nicht darauf ansprechen, aber musste wissen, was sie ihr aufgetischt hatte. Wenn ich Nami nicht direkt darauf ansprechen würde, würde sie mich vielleicht blöd von der Seite angucken oder sonst was machen, keine Ahnung was von mir denken und das wollte ich natürlich nicht. „Nami?“ fing ich vorsichtig an und hatte ihr völlige Aufmerksamkeit. „Hm?“ kam es von ihr und mir war unbehaglich zumute. Vielleicht würde sie es abstreiten, aber das glaubte ich dann doch nicht. „Sag mal... warst du heute bei Seulgi?“ merkte ich leicht an, doch Nami fühlte sich einen Augenblick von mir ertappt und wandte ihr Gesicht von mir weg. Ich konnte meine Zunge gar nicht halten, sie sprach ganz einfach in flüssigem Ton für mich, formte jedes einzelne Wort. „Was wolltest du von ihr? Wieso bist du dahin gegangen?“ Mein Blick fiel auf ihre Tragetasche und mein Buch kam mir wieder in den Sinn, hatte sie es nun gesehen oder nicht? „Woher willst du das wissen?“ meinte sie nur und sah mich aus zwei missmutigen Augen an. Sie konnte sich wohl denken, dass ich mit Seulgi schon Kontakt hatte und es von ihr wusste, aber gab es dennoch nicht zu. „Wieso warst du dort? Und hast du mein Buch vielleicht eingesteckt?“ „Welches Buch?“ tat sie verwundert und es verletzte mich noch mehr, dass sie sich so unwissend anstellte. „Komm schon Nami, ich bin doch nicht blöd. Warum hast du das gemacht!?“ Sie hatte es bestimmt aus Versehen eingepackt, aber dass sie jetzt ihren kleinen Krankenbesuch leugnete, fand ich unfair von ihr. „Na schön, ich war bei deiner Schwester.“ Stiefschwester, wenn schon. „Und?“ forderte ich sie zum Weiterreden auf, und sie ging meiner Bitte nach. „Weil du mir nie was von dir erzählst, Sanji. Ich wollte wissen, was mit dir los ist und hab gedacht, dass sie mir vielleicht ein bisschen was erzählen kann. Aber...“ Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und mir lief es kalt den Rücken hinunter. Sie brauchte nicht mehr weiter zu sprechen, ich wusste schon den Rest, aber ich musste es wohl erst hören, bis ich Zwei und Zwei zusammenzählen konnte. Sie wusste es, und hielt mich wahrscheinlich für widerlich und abartig. Sie würde nie verstehen, wie das mit Seulgi und mir damals war und das konnte ich echt gut verstehen; wenn mir irgendjemand so was erzählt hätte, würde ich ihn auch für bescheuert erklären, was mit der eigenen Stiefschwester anzufangen. Hätte ich das alles nicht selbst erlebt, würde ich auch sagen, dass das nur im Film vorkommt, aber das gab es wirklich. „Sprich weiter.“ sagte ich monoton und steckte meine Hände in die Hosentaschen, da mussten wir jetzt durch. „Kannst du mir mal erklären, was das alles soll?“ kam es anklagend von ihr, doch ich stellte mich blöd. „Was meinst du?“ Das war ja auch echt eine Zwickmühle bei uns beiden, ich hatte auch nicht vor, die Schere zwischen uns noch weiter zu spannen, aber wenn sie sich trotzig stellte, konnte ich das auch. „Also ich fand das ganz schön hart, was sie mir da erzählt hat.“ äußerte sie sich und mir wurde immer mulmiger und heißer zu Mute. Ich fühlte mich wie beim Gang zum Schafott, wieso folterte mich diese Anspannung nur so total? Es war so, als wenn etwas von Außen mit feinen Nadeln auf mich einstochern würde, nur empfand ich das nicht als körperlichen Schmerz von Außen, sondern der ging mir bis unter die Hautoberfläche. „Erstmal möchte ich wissen, warum du in meinem Buch rumgeblättert hast. Wenn du es aus Versehen eingesteckt hast, kein Problem, aber es dann auch noch zu lesen find ich echt nicht in Ordnung von dir, Nami.“ Normalerweise war ich nie böse mit ihr, aber das überschritt einfach meine Grenzen. Sie hatte doch mal gefragt, ob sie das lesen durfte und ich hatte es ihr nicht erlaubt, weshalb hatte sie nicht auf mich gehört? „Hab ich doch schon gesagt; weil du mir nie was von dir erzählst und ich auch mal wissen wollte, woran ich bin.“ Sie hatte eindeutig die falschen Worte benutzt, aber ich konnte das nicht einordnen. Woran sie war? Es klang mir wie ein Vorwurf, das alles sollte nicht noch weiter ausarten. Ich liebte sie doch, meine Güte, wieso hatte sie das auch getan? „Sanji, warum hast du mir denn nie etwas davon gesagt!?“ fragte sie vorwurfsvoll und fixierte mich mit enttäuschtem Blick. Ich konnte es einfach nicht, mir war das zu früh. Ob ich es ihr überhaupt jemals gesagt hätte, war fraglich, da ich einfach nicht darüber reden wollte. Ich verband mit Seulgi so viel Negatives, klar, auch Schönes, aber überwiegend Sachen, die nicht so gut für mich waren und wollte damit nichts mehr zu tun haben. Würde ich die verschlossene Kiste jetzt ihretwegen wieder aufmachen und darin herumwühlen müsste ich alles nochmals durchkauen und darauf hatte ich einfach keinen Bock. „Es geht dich eben nichts an.“ sagte ich kühl und blieb stur, doch Nami wurde dadurch noch säuerlicher. „Hallo, wir sind doch zusammen, Sanji! Wie soll mich das da nichts angehen!? Ich möchte vielleicht auch mal wissen, was mit dir los ist, kannst du das nicht verstehen?“ Ich trotzte ihrem Blick, sie konnte sich einfach nicht in meine Lage rein versetzen, genauso wenig wie ich mich in ihre. Wenn ich nur wüsste, wie viel sie wusste, hätte ich das meiste wohl geschickt umrudern können, aber das wurde wohl jetzt nichts. Da ich nichts entgegnete, ergriff sie wiederholt das Wort. „Sanji, was ist nur los mit dir? Wenn du mir nie was sagst und jetzt immer noch alles verschweigst... –wie soll ich dir denn da vertrauen?“ Ich sah sie an, aber hatte keine Antwort darauf. Was sollte ich denn machen, ihr meine halbe Kindheit vor die Füßen ausschütten oder was? Sie wollte Verständnis und Aufklärung, aber die bekam sie nun mal nicht von mir. „Nami...“ Mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können, aber fand es auch ganz schön ungerecht von ihr, dass sie jetzt die Vertrauensfrage stellte. „Sanji, wenn das so weiter geht...“ Sie sah verloren in mein Gesicht, suchte Vertrauen, aber ich konnte ihr nichts dergleichen zeigen. Ich war auf das Thema bezogen eben verschlossen und sie hatte das zu akzeptieren, basta. Wieso liebte sie mich nicht so bedingungslos wie ich sie? Wieso wollte sie das alles nur wissen? „Nami ich werde dir alles ja noch erzählen, aber... nicht jetzt...“ Leicht schüttelte sie den Kopf, war enttäuscht von mir und ich sah keinen Ausweg mehr, mich aus der ganzen Geschichte rauszureden. „Nami ich liebe dich doch...“ versuchte ich es auf die weiche, beruhigende Art, aber es funktionierte nicht ganz. „Ich liebe dich ja auch, aber ich muss dir auch vertrauen können. Ich weiß doch schon alles, wieso kannst du es nicht mal mehr von dir aus... mir schildern?“ Ich sog die Luft ein, das war echt viel verlangt und dazu hätte ich über meinen Schatten springen müssen. Vielleicht glaubte sie aber auch nur, alles zu wissen und plusterte sich aus Verzweiflung so auf, oder Seulgi hatte wirklich alles ausgeplaudert. Blöderweise fiel mir auch die Ironie ihrer Worte auf, sie fragte, wie sie Mir vertrauen kann, wobei Sie doch in meinem Buch geschnüffelt hat. Sie hätte genauso gut zu mir kommen können und mich fragen sollen, was das sollte, als sich direkt zu dem Fotomodell zu begeben. Natürlich wollte ich Nami nicht wegen so einer dummen Auseinandersetzung... verlieren... das Wort an sich tat mir schon weh... Ich wollte sie nicht wegen dieser Diskussion gleich verärgern oder dass sie dann weglief, aber ich kam da nicht mehr raus. „Nami bitte versteh mich doch: es war nun mal alles so aber es ist vorbei! Ich will nicht andauernd darüber reden sondern nach vorne sehen!“ Jedoch verstand sie mich immer noch nicht, war nur aufgeregt und wusste wohl nicht mehr, wie sie mich zu überreden versuchen sollte. „Sanji – okay, aber wenn du...“ Mir reichte es langsam wirklich, ich unterbrach sie sogar beim Sprechen, was ansonsten noch nie meine Art war. „Können wir nicht einfach das Thema abhaken!? Ich will nicht, dass du dauernd damit wieder anfängst! Ok?“ „Sanji ich-“ „Sei einfach still! Wir lassen’s dabei, okay!?“ Meine Hände lagen offen vor ihr, ich wollte ihr die Wahl lassen: entweder nicht mehr darüber reden, oder nicht mehr darüber reden. Sie wollte noch mal den Mund aufmachen, aber ließ es dann, mit der weisen Vorahnung, dass ich den Rest unseres Gespräches abblocken würde, so wie eben auch. Enttäuscht von mir griff sie in ihre Tasche und holte das Fotobuch raus, um es mir gleich darauf in die Hand zu drücken. „Hier.“ Sagte sie nur plump und hang sich die Tasche über die Schulter. Widerwillig hatte ich es angenommen und sah sie irritiert an, doch einen letzten, verblendeten Blick schenkte sie mir und drehte sich dann um. Sie lief den gekieselten Weg zurück und ich brauchte einen Moment, bis ich in die Puschen kam, um ihr nachzulaufen. „Nami jetzt warte doch mal, es war nicht so gemeint!“ Sie drehte sich ein letztes Mal zu mir um und sah mich so böse an, wie noch nie zuvor. „Ich hab aber die Nase voll von dir! Ich hab dir deine Chance gegeben, mir alles zu erklären, aber das hast du verpatzt! Das hast du jetzt davon!“ Sie wandte sich nochmals schnell von mir ab und lief weiter, ich hatte es echt vermasselt. Ich wollte ihr wieder hinterher, doch war so down und unzufrieden mit mir und der Welt, dass ich es bleiben ließ. Noch einige Sekunden stand ich da und sah ihr nach, wie sie an mehreren Leuten vorbeilief und ihre schönen orangenen Haare mit ihren Schritten wippten und eine Wut stieg in mir an, nur konnte ich nicht einordnen ob ich auf mich selbst sauer war, oder auf Seulgi. Es wäre leicht gewesen, meiner kleinen Schwester alles in die Schuhe zu schieben, aber Nami war wirklich mitbeteiligt und nicht ich trug ausschließlich die Schuld. Dennoch brachte ich es einfach nicht über mich, auf sie sauer zu sein, denn daran, dass sie eben zu den Maßnahmen gegriffen hat, ließ sich jetzt auch nichts mehr ändern und als sie mich oder besser gesagt wir uns zur Rede gestellt hatten, hab ich’s verbockt. Innerlich kochend stapfte ich aus dem Park raus, musste zusehen, wie ich das wieder geradebiegen konnte und unterdrückte aufkommende Tränen. Ich wollte nicht mehr wegen einem Mädchen weinen, vor Allem nicht wegen Nami... aber sie hatte mich soweit in der Hand, dass meine komplette Gefühlswelt von ihr und ihrem ganzen Handeln gesteuert wurde. 08.06.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 65: Solace 5/7 ---------------------- Kapitel 65: Solace Samstags, gegen 17.20h Vivis Sicht Ich lag auf dem Rücken im Bett und ließ meine Stoffente an mich schmusen, während ich mit der anderen Hand den Telefonhörer an mein Ohr hielt. „Das war so toll, nur leider warst du nicht dabei.“ sagte Ruffy den ersten Teil fröhlich, doch dann schmollen, als er mir vom Ausflug mit Ace erzählte. „Ja, fand ich echt schade, dass ihr mich nicht mitnehmen konntet.“ entgegnete ich mit einem Lächeln, auch, wenn er es durch die Leitung nicht sehen, aber dafür eben erahnen konnte. „Ich freu mich dann auf nachher!“ war seine gute Laune sofort wieder da und ich drehte mich auf den Bauch, immer noch im Bett liegend. „Vivi, du hast Besuch!“ hörte ich von außerhalb meines Zimmers, es war Papa, der mich rief. Einen kurzen Moment deckte ich die Unterseite des Hörers zu, um zu antworten. „Wer denn?“ Ruffy nuschelte etwas durch die Schnecke, aber ich achtete in dem Augenblick nicht darauf. „Es ist Nami!“ kam die Information von oben und ich entgegnete ihm nochmals. „Sie soll runter kommen!“ Zum Hörer gewandt lächelte ich wieder und sah Ruffys Bild vor meinen Augen, wie er wohl an der Strippe nach mir lauschte. „Du, Schatzi, ich muss auflegen, hab grad Besuch bekommen.“ „Och, schade! Ich würd gern noch deine Stimme hören...“ war er enttäuscht, doch ich gab ihm einen Kuss durch die Leitung, machte dazu ein Schmatzgeräusch. „Ich liebe dich...“ sagte ich mit einem Kribbeln in der Magengegend und Ruffy erwiderte es. „Ich hab dich auch unendlich lieb, fühl dich von mir geküsst.“ sagte er, so süße Worte von meinem sonst so verspielten Freund zu hören fand ich unglaublich schön. „Okay.“ sagte ich in leisem Ton und musste nach einem „Tschüss.“ auflegen, da schon die Tür aufging und mein Gast hereinkam. Gerade setzte ich mich aufrecht hin, als ich Nami sah und auf dem zweiten Blick sofort merkte, dass sie etwas hatte. „Hi.“ sagte sie flüchtig und kam direkt auf mein Bett zu. „Hi. Was ist denn los?“ fragte ich vorne weg und bemerkte, dass meine Freundin traurig und wütend war, ebenso auch erschöpft und fertig mit sich selbst und der Welt. Sie sah mich nicht direkt an, sondern ließ sich bloß auf der Bettkante nieder und starrte auf den Fußteppich, der in meinem Zimmer ausgelegt war. Ich rutschte neben sie ran und legte meine Hand auf ihre Schulter, deutete ein leichtes Rütteln an. „Ist was passiert?“ hörte ich mich besorgt fragen und erwartete eine Antwort, doch Nami blieb ganz still. Ich sah ihr Profil und auch, dass ihre Augen glitzerten, also würde sie gleich anfangen zu weinen. Liebevoll legte ich mein Kinn auf ihrer Schulter ab, um sie ganz nah neben mir zu haben und sah sie aus großen, treuen Augen an. Sie drehte dann auch wirklich ihr Gesicht zu mir hin, um meinen Blick abzufangen, doch anstatt, dass sie lachen oder zumindest lächeln würde, lief ihr die erste Träne die Wange hinunter. „Nami... was hast du denn?“ forderte ich sie sachte zum Reden aus und der Knoten war geplatzt. „Es ist wegen Sanji! Er ist so blöd!“ klagte sie, mit vor Weinen brechender Stimme, und sah auf ihre Hände. Es war Liebeskummer, was sie hatte, okay, aber was hatte er ihr angetan? „Was hat er denn gemacht?“ Sie wischte sich die Tränen weg, gab jedoch beim Weinen keinen Ton von sich. Sie war echt tapfer, wenn ich wegen einem Jungen geknickt war, hatte ich mich immer im Kopfkissen oder bei meiner Ente ausgeheult. „Er... ach Vivi, ich kann dir das jetzt nicht erzählen...!“ „Komm schon... mir kannst du’s doch sagen.“ versuchte ich sie zu überreden, aber sie schüttelte energisch den Kopf. „Nein.“ Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten und sie unterdrückte weitere Tränen und zog mehrmals die Nase hoch. Gerne wollte ich ihr helfen, aber wenn sie mir nicht sagen wollte, was los war, musste ich sie irgendwie anders trösten. Sie zu löchern, damit sie es mir erzählt hätte, wäre bloß doof gewesen, denn sie wollte nur Verständnis und nicht ausgefragt werden wie bei einem Verhör. „Nami, er ist es aber nicht Wert, dass du jetzt seinetwegen weinst. Du solltest dir zu gut deswegen sein.“ So hatte sie mich immer aufgemuntert und bei mir funktionierte es auch immer, aber hatte bei meiner Freundin wohl nicht denselben Effekt. „Doch..!.. Er ist es aber Wert!“ protestierte sie und weitere salzige Flüssigkeit floss ihr hübsches Gesicht hinab. Okay, wenn sie an ihn hang, musste ich es anders versuchen. Vielleicht sollte ich sie anders ablenken und Sanji dabei in Schutz nehmen? Auch, wenn ich es nicht okay von ihm fand, dass er sie jetzt zum Weinen gebracht hatte. gegen 17.35h Namis Sicht Ich saß auf Vivis Bett und es tat wirklich gut, jemanden bei mir zu haben. Sie strich mir über den Rücken und brachte mir auch Taschentücher, sodass ich meine Nase putzen konnte. „Nami, egal, was war, das renkt sich bestimmt wieder ein.“ tröstete sie mich, doch es half nicht wirklich was. „Ja...“ sagte ich missmutig und rieb mir mit dem Unterarm über die heißen Augenlieder. „Du solltest nicht wegen einem Typen weinen, Nami. Auch wenn du verliebt bist.“ sprach meine beste Freundin mit beruhigender Stimme, doch sie hatte keine Ahnung. Dennoch tat es mir richtig gut, sie einfach nur bei mir zu haben und dass sie sah, dass es mir dreckig erging. Allein die Tatsache, dass ich vor ihr flennen konnte und sie mir helfen wollte, tat schon gut. Vivi kümmerte sich echt lieb um mich, ich wusste auch, dass nicht mehr in ihrer Macht stand, aber ihre Fürsorge reichte schon vollkommen. Ein Glück, dass ich sie hatte, sonst wäre ich wohl aufgeschmissen gewesen. Da Ruffy nachher noch zu ihr kam, wollte ich das Feld räumen, obwohl Vivi meinte, dass ich hätte bleiben können. Ich wusste, dass sie sich um mich bemühte und wollte, dass es mir gut ging, aber ich wollte nicht, dass sich auch noch Ruffy um mich Sorgen machte. „Ich ruf dich dann heut Abend an...“ verabschiedete sich meine beste Freundin an der Haustür von mir und ich nickte aufgemuntert. „Danke, dass ich kommen konnte.“ sagte ich ganz ehrlich und fand es Schade, dass ich ihr nicht alles erzählt hatte. „Immer doch... ist doch selbstverständlich.“ lächelte sie mich lieb an und umarmte mich ein letztes Mal, bevor ich mich dann wirklich auf den Nachhauseweg machte. Ich war wohl echt unfair zu Sanji, hatte in seinen Sachen herumgewühlt und war bei Seulgi, ohne sein Einverständnis, aber was sie mir erzähl hat war echt furchtbar für mich. Sie liebte Sanji und hatte obendrein behauptet, dass er sie auch noch immer lieben würde, was aber nicht stimmte, denn er liebte mich! Und selbst wenn sie mal zusammen waren, musste das mit denen vorbei sein, ich verstand auch nicht, weshalb sie mir das alles unter die Nase rieb! Das alles hatte mich ganz schön umgehauen, und dass sie diese Grundhaltung hatte, dass kein anderes Mädchen das Recht hätte, sich in Sanji zu verlieben, war schon krank genug. Ich glaubte echt, dass das Mädchen ein Rad abhatte, aber konnte das als Außenstehende nicht genau beurteilen. Irgendwas musste sie ja haben, wenn sich Sanji in sie verliebt hatte und die beiden wohl heimlich zusammen waren, und durch ihre Krankheit war das dann auseinander gegangen. Ehrlich gesagt klang das alles für mich eher wie ein schlechter Film, eine Seifenoper, eine Telenovela, irgend so ein Herzschmerzquatsch, nur dass ich wirklich an der Sache zu knabbern hatte, da der Hauptdarsteller mein Freund war. Sanji liebte mich aber war jetzt sauer, dass ich ihn hintergangen hatte und Seulgi wollte ihn am Liebsten wieder für sich haben und manipulierte uns mit Worten. Klar, hatte ich ihr somit gut in die Hände gespielt, da ich das Buch geklaut hatte und zu ihr gekommen war, aber mich dann so fertig zu machen hätte ich ihr ja nicht zugetraut. Ich hatte mir Informationen gewünscht, aber nicht geglaubt, dass das alles in einem Streit enden würde. Seulgi war sich ihrer Situation bewusst, dass sie nichts ausrichten konnte, aber wollte trotzdem um Sanji kämpfen. Woher nahm sie nur diese Hoffnung, dass er jemals zu ihr zurückkehren würde? Liebte sie ihn sooo sehr? Obwohl das schon alles ein oder zwei Jahre her war? „Aber du wirst ihn nie so lieben können wie ich es tue! Und er liebt mich auch, daran kannst du nichts machen! Lass am Besten deine Flossen von ihm!“ Ich war total überrumpelt und hatte sie wie blöd angeglotzt, aber sie hatte erbarmungslos weiter gezetert. „Ich schwör’s dir, du wirst ihn nie bekommen! Er könnte nie irgendein Mädchen so lieben, wie mich!“ Das alles klang so eingebildet, so falsch und selbstbewusst, dass ich es ihr sogar ansatzweise geglaubt hatte. Wenn sie so auf seine Liebe baute, musste da wirklich was gewesen sein, das war mir in dem Moment klar geworden. Ich wollte kontern, aber hatte keine Chance dazu, wobei ich mich im Nachhinein aufgeregt hatte, Sanji und mich nicht besser verteidigt zu haben. „Glaub mir, was wir beide zusammen durchgemacht haben hat uns so fest zusammengeschweißt, dass kannst du nicht kaputt machen! Du wirst ihn nie so gut kennen wie ich, weil du eben gar nichts von ihm weißt! Lass ihn am Besten fallen, du hast sowieso keine Chance mehr!“ Zwar hatte ich ihn dann doch noch verteidigt, aber Seulgi setzte immer wieder darauf, dass sie zusammen gehörten und ich sie nie auseinander kriegen würde. Sie war der Meinung, dass Sanji vielleicht glaubte, sich neu verliebt zu haben, aber früher oder später würde er wieder klar im Kopf werden und zu ihr zurückkommen. Echt megakrank, diese Vorstellung! Sie tat mir sogar einen Moment Leid, sich so an ihn zu klammern, aber sie hatte mich so angestichelt, dass ich dann im Park, wo ich Sanji getroffen hatte, ihn voll runter gemacht hatte. Ich selbst wurde so gehetzt, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie ich es auf ihn übertragen hatte, wobei Sanji eigentlich nichts für das alles konnte. Ich war selbst Schuld und hatte alles daran gesetzt, hinter seinem Rücken ein wenig Detektiv zu spielen, dass ich alles versaut hatte. Ich hatte ihn einfach so stehen lassen, ohne eine Rechtfertigung dafür zu haben. Ich fühlte mich echt superschlecht deswegen, aber konnte ihn an dem Tag nicht mehr sehen. Für mich war die halbe Welt untergegangen und ich konnte nur hoffen, dass es am nächsten Tag besser aussehen würde. erstellt am 09.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 66: Achieve 6/7 ----------------------- Kapitel 66: Achieve Sonntags - gegen 9.40h Sanjis Sicht Ich wachte total aufgebracht in meinem Bett auf und mein allererster Gedanke war: Nami. Was sollte ich tun? Es ging alles zu Bruch, bevor es überhaupt angefangen hatte! Ich wusste es, ich wusste es die ganze Zeit, dass eine neue Liebe nur neue Probleme bringen würde! Nach Seulgi wollte ich keine Andere mehr, hatte nur Frauen kennen gelernt, die ihre wilden Triebe ausleben wollten und behandelte sie mit meiner Machoart, also verteilte ich Komplimente wie andere Beschimpfungen, um der Welt einfach mal in den Arsch zu treten und um mir selbst zu zeigen, dass ich mich nicht unterkriegen ließ. Ich sah es wie eine Probe an, dass ich nicht irgendwie meinen Hass auslebte sondern genau das Gegenteil tat, nämlich einfach mal zu allen nett war, obwohl ich mir im Hinterkopf immer vor Augen hielt, dass ich nur heuchele und es nicht Ernst meinte. Alle Frauen gingen mir an die Niere und das ließ ich mir nicht bieten, aber wollte nie offen zeigen, was ich von der Sache hielt, sondern wehrte mich passiv dagegen. Zwar half das nichts, aus der Sache raus zu kommen, aber konnte wenigstens mit mir selbst vereinbaren, dass es so ginge. Dann fing die Schulzeit wieder an und alles wurde besser, viel, viel besser, ich war stolz auf mich, weil ich wusste, dass ich davon wegkommen konnte und dann war irgendwann der Tag da. Die aufblühende Freundschaft mit Ruffy, Zorro, Nami und Lysop wurde für mich immer schöner, bis ich ein Liebesgefühl merkte, das kam mir vor wie ein Wunder. Ich hatte in meinem Bett gelegen und an den Vortag gedacht, wo wir alle weg waren und immer wieder schoben sich Bilder von Nami in meine Gedanken, und dazu kam dann dieses Gefühl. Ich wollte es erst gar nicht deuten, sagte mir aber dann, dass ich es zulassen sollte und dann stand es für mich irgendwann fest, dass ich in sie verliebt war. Mit neuer Freude und Zukunftsperspektive blickte ich jedem Tag entgegen und wollte gerne in ihrer Nähe sein, aber nicht zu auffällig, da ich dachte, ich hätte sowieso keine Chance bei ihr und ich nicht wollte, dass die anderen von meinen Gefühlen Wind bekamen. Aber jetzt sah alles anders aus, Nami war auch in mich verliebt, dieses Glück hätte ich nie mehr für möglich gehalten und wäre dafür gestorben, es noch mal spüren zu können. Doch jetzt war alles verbockt und ich wusste nicht mehr, was zu tun war. Davor lief immer alles so, wie es eben kam, aber jetzt musste ich mal die Ruder selbst in die Hand nehmen und mich ein wenig um sie bemühen. Nami war es doch Wert, um sie zu kämpfen, oder? Ich liebte sie und sie hatte mich so glücklich gemacht, dass ich ihr und mir das einfach schuldig war. Ich würde heute zu ihr gehen, das von gestern ausbügeln und alles wäre wie vorher... eine schöne Illusion. Erstmals musste ich zu Seulgi und aus ihr rausquetschen, was sie Nami erzählt hatte und danach erst zu ihr gehen. Wenn wir wirklich füreinander bestimmt waren, so wie ich die ganze Zeit an unserem Stern festgehalten hatte, dann würden wir auch diese kleine Krise bewältigen können. Ich packte meine Sachen und wollte wieder zum blöden Krankenhaus, wenn Jeff da wäre, hätte ich gute Chancen darauf, Antworten zu kriegen. Jeff war auf meiner Seite und über ihn konnte ich an Antworten von Seulgi kommen, er war mein Ass im Ärmel. gegen 11.30h Wie einfach hatte ich es mir eigentlich ausgemalt? Dass sie wie ein Wasserfall reden würde, oder was? Seulgi stand mit dem Rücken an der Fensterwand gelehnt und hatte die Arme ineinander verschränkt, wohingegen ich meine in die Hosentasche gesteckt hatte und auf der Bettkante saß, mit dem Gesicht zu ihr gewandt. „Du willst es wohl nicht wahrhaben, aber ich sage dir, sie ist nicht die Richtige für dich.“ meinte meine ach-so-liebe Stiefschwester und ich ließ einen Pfff-Laut von mir. „Du sollst dich nicht in mein Leben einmischen, hast du das noch immer nicht kapiert!?“ entgegnete ich ihr, zumal sie meine Nerven sowieso schon überstrapazierte. „Was soll ich denn andres machen, etwa zusehen, wie du in dein Verderben rennst!?“ jammerte sie theatralisch und biss sich auf die Lippen. Ich konnte es heute noch immer nachvollziehen, mal in sie verliebt gewesen zu sein, aber schüttelte den Gedanken sofort wieder weg. Es war mir von Anfang an bewusst gewesen, dass sie eine echte Schönheit war, aber sie hatte sich vom Charakter her total verändert... woran ich unter Anderem Schuld war. Ich fragte mich die ganze Zeit, weshalb sie denn immer noch Gefühle für mich hatte? Wie konnte das bei ihr immer noch anhalten, wobei ich schon seit Ewigkeiten davon los war? „Sanji, es gibt kein Mädchen, nirgendwo auf der ganzen Welt, die dich genauso liebt wie ich. Vielleicht mag dich diese Nami ja sehr, aber sie wird dich nie so glücklich machen können wie ich. Bitte, du musst mir glauben!“ Ich spürte ganz deutlich den Pulsschlag in meiner Schläfe und betrachtete das Häufchen Elend, das gegenüber von mir stand, mit kritischem Blick. Sie konnte nichts, rein gar nichts beurteilen, sie kannte Nami überhaupt kein bisschen. Null. Ich wurde beim Zuhören richtig sauer, aber blieb wie versteinert auf meinem Platz sitzen. „Seulgi, kannst du mir bitte sagen, was du ihr erzählt hast?“ Ich blieb gelassen, sah gelangweilt aus dem Fenster, wobei ich nur ein paar Baumwipfel in der Ferne erblickte. „Dass wir beide zusammen gehören und sie dich in Ruhe lassen soll.“ Meine Hand, die sich in der Hosentasche befand, umschloss die Zigarettenschachtel, die ich mir auf dem Hinweg besorgt hatte. Jetzt wusste ich es, sie hatte also nichts von der Zeit nach Mamas Tod erzählt. „Okay.“ schloss ich ab, mehr brauchte ich nicht zu wissen. „Wie: okay?“ kam es von meiner Gegenüber und ich hielt noch einen Moment inne, bevor ich eine überflüssige Antwort abgab. „Das war das letzte Mal, dass du dich in meine Angelegenheiten eingemischt hast. Falls du das noch mal irgendwann machst, komm ich dich nie wieder besuchen.“ Meine Worte trafen sie, schmerzten ihr, aber das war mir egal. Zwar wusste ich, dass ich das nie einhalten würde, aber sprach die Drohung trotzdem aus. Ich würde immer wieder zu ihr kommen, weil ich an ihrem Zustand Mitschuld trug und es ihr gegenüber das einzig Faire war. Ich zwang mich selbst jedes Mal dazu, um mit mir selbst ins Reine zu kommen. Ich kam nicht, weil sie es war, weil wir mal zusammen waren und auch nicht, weil ich sie mal geliebt hatte, es ging mir nur um diesen einen, egoistischen Grund. Mehr nicht. Die Tür öffnete sich und Jeff kam rein, das hörte ich allein schon an den Geräuschen seiner Schritte, brauchte mich dafür nicht umdrehen. Ebenso wenig hatte ich ihn hier gebraucht, denn war alleine an das gekommen, weshalb ich zu Seulgi gegangen war. „Hallo Sanji.“ ertönte seine raue, alte Stimme und ich stand auf, immer noch mit dem Rücken in seine Richtung zeigend. „Das sagst du doch nur so...“ meinte Seulgi kleinlaut und verschränkte ihre Finger ineinander, doch ich wandte mich von ihr ab, drehte mich zu Jeff um. „Ich war nur auf’m Sprung hier, bin wieder weg.“ Ohne ein Wort zu verlieren kam Jeff ins Zimmer rein, so, dass ich genügend Platz hatte, an ihm vorbei zu laufen und den Raum zu verlassen. Seulgi hörte natürlich, wie sich meine Schritte von ihr entfernten und war verstummt. Ich öffnete die Tür und lief unter dem Rahmen hindurch, als ich sie noch leise sagen hörte: „Papa... ich verliere ihn... tu doch was!“ Ich lief den langen, weiß-orange gestrichenen Flur entlang und trug eine riesige Last mit mir. Nami wusste, dass mit Seulgi und mir was war, aber nichts weiter. Okay. Aber sie würde es erfahren, wenn sie sich weiter darum bemühen würde, falls ich sie überhaupt noch interessierte... hoffentlich hatte sie mich nicht aufgegeben! Sie wollte wissen, was ich schon alles durchgemacht hatte und ich fand, dass sie auch das Recht hatte, es zu erfahren. Sie sollte wissen, dass ich mal mit Drogen in Verbindung stand und ich würde es ihr persönlich sagen. Danach würde ich wissen, wie sehr sie mich liebte, und dann hätte ich Gewissheit, ob ich nochmals eine Beziehung eingehen konnte. Sie sollte wissen, wie beschmutzt ich war und wenn sie das hinnehmen und darüber hinweg sehen konnte, waren wir auch füreinander bestimmt. Ich würde es ihr beibringen, das war jetzt mein Entschluss, bevor sie es wieder über wen andres erfahren würde... Ich war extrem aufgeregt und schwitzte, mein Körper war ein einziger Wackelpudding. Mir war mulmig zumute und ich hatte Lampenfieber, obwohl ich mich schon so oft auf den Weg zu Nami gemacht hatte. Es zogen am Himmel dunkle Wolken auf, vielleicht ein schlechtes Omen, und das angenehm warme Wetter wurde von einem warmen Wind begleitet. erstellt am 10.05.2007 4Kolibris, Elena Kapitel 67: Trustfulness 7/7 ---------------------------- Kapitel 67: Trustfulness Sonntags - 12.15h Namis Sicht Von mir hatte die Lustlosigkeit Besitz ergriffen und aus Frust saß ich nur auf der Couch und guckte Fern, wobei nichts Gescheites lief. Es passierte rein überhaupt nichts, ich starrte andauernd auf die Uhr, die momentan viertel nach Eins zeigte und aber ansonsten sich nicht von der Stelle zu rühren schien. Meine Langeweile nahm stetig zu und ich starrte abwechselnd an die Wand und an die Decke. Ich konnte nicht über gestern nachdenken, war viel zu zerfressen. Mir hing alles aus den Ohren raus und ich könnte mir so was von in den Hintern beißen, ich war doch echt unmöglich! Alles mit Sanji war aufs Spiel gesetzt, ich hatte mich auf jedem Fall bei ihm zu entschuldigen, um überhaupt noch eine Chance bei ihm zu haben. Als es an der Haustür klingelte, stand ich mit einem Seufzen auf, wobei ich Mühe hatte, meine schweren, müden Glieder hochzukriegen. Nojiko war seit qualvollen zwei Stunden mit Ace weg, davor konnte ich wenigstens bei ihr rumjammern. Ich schleppte mich zur Tür und war genervt, das war bestimmt die Post... aber hatten wir nicht Sonntag? Mit einem unbewussten Herzklopfen machte ich die Tür auf, denn eine klitzekleine, aber höchst unwahrscheinliche, dennoch existierende Möglichkeit bestand doch, dass es Sanji sein konnte? Auch, wenn ich den Gedanken genauso schnell abgehakt hatte, wie ich die Tür geöffnet hatte, rutschte mein Herz blitzschnell in die Hose. Ich hatte Recht, ausnahmsweise mal! WAAAH! Mit den Händen in den Hosentaschen stand er im Türrahmen und sah mich unter seinem Seitenscheitel aus an. „Hi.“ kam es über seine so schönen Lippen, seine Schultern waren lässig gesenkt und sein Gesicht war etwas feucht, erst jetzt fiel mir auf, dass es nebenbei regnete. „H-hi.“ stammelte ich überrascht und in meiner Brust wurde es brennend heiß, genauso wie sich in meinem Bauch Krabbelkäfer vermehrten. Ich musste mein halbes Gewicht am Türrahmen abstützen, damit meine Knie nicht nachgaben, hoffentlich sah das nicht komisch aus. Augenblicklich hatte ich meinen Blick gesenkt, da ich dem seinen nicht ausgesetzt sein wollte, wobei das ja schon längst der Fall war. Es breitete sich eine unangenehme Stille aus und es nieselte immer weiter, bis mir einfiel, ihn ins Haus zu bitten. „Äh... magst du nicht reinkommen?“ Mir kam es so vor, als hätte ich ihn aus seinen Gedanken rausgeholt und er sah mich unsicher an. Ihm war also nicht aufgefallen, dass er nass wurde, während wir da rumstanden und auch nicht, dass ich verzweifelt nach Worten gesucht hatte. „Ja... okay.“ entschied er sich und kam in den Eingangsflur herein. Allein schon die Tatsache, ihn in meinem Rücken zu wissen, ließ mir schwummerig Zumute werden. Wir ließen uns in der Küche nieder und ich schenkte uns beiden war zu Trinken ein. Erstmal schwiegen wir noch, doch dann fing Sanji an zu reden. „Morgen haben wir ja den Klassenausflug.“ erwähnte er und wartete wohl, dass ich darauf einging. „Ja.“ sagte ich einfallslos und hasste mich gleich darauf für diese läppische Antwort. Au Backe, das konnte heiter werden... grübelnd sah ich auf den Fußboden, anstatt in sein schönes Gesicht. „Mit wem läufst du dann in ’ner Gruppe?“ wollte er wissen und ich rollte meine Augen zur Seite, da ich weiter überlegte. Mit Vivi und Ruffy, einem Pärchen? Nein, eher nicht. Mit Lysop und Zorro, zwei Chaoten? Höchst unwahrscheinlich. Ich wollte ja die ganze Zeit schon mit Sanji gehen und wenn ich mich geschickt anstellte, würde es vielleicht noch klappen. „Weiß noch nicht.“ gab ich von mir und nahm noch einen Schluck aus meinem Glas, wobei ich mich blöd fühlte, jetzt etwas vor Sanji zu trinken. Schon allein an sich war ich ein blöder Mensch, oder nicht? Von Natur aus ungeschickt, sobald mein Schwarm in der Nähe war. Einen Moment lang war noch Stille, dann ertönte wieder seine Stimme. „Magst du vielleicht einen Spaziergang machen?“ Ich war heilfroh über seine Frage, besser nahm ich es an, als zu widersprechen. Schüchtern nickte ich mit dem Kopf, bereute es zutiefst, ihn gestern angeschnauzt zu haben. Ich fand es ungeheuer mutig von ihm, dass er nochmals zu mir gekommen war, denn ich hätte ihn im Prinzip wieder runter machen können. Er rappelte sich auf, da er zuvor an der Schrankwand gelehnt stand, und lief vor mir in Richtung Haustür, um in seine Schuhe zu schlüpfen. Draußen nieselte es immer noch, doch ich war viel zu sehr mit Sanjis Anwesenheit beschäftigt, als daran zu denken, einen Schirm mitzunehmen. Glücklicherweise hatte mein kurzärmliges T-Shirt eine Kapuze, auch, wenn diese ein bisschen zu kurz war. Ich zog sie nicht auf, sondern machte die Haustür zu und kam neben Sanji, der schon vor dem Haus auf mich wartete, um mit ihm die Straße entlang zu laufen. Die ersten fünfzig Meter waren wir wieder still, wobei ich mir einen Sprechansatz überlegte. Das Wasser prasselte sachte auf den Asphalt, ein für mich übliches Bild und ich guckte gen Himmel, so, als ob ich dort eine Frage auf mein Problem erhaschen könnte. „Sanji?“ Der Angesprochene blickte zu mir, dennoch hielt ich meine Augen fest geradeaus gerichtet. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen...“ Leider war meine Stille nicht so standhaltend wie meine Körperhaltung, aber davon ließ ich mich nicht abbringen. „Ich wollte dir dein Buch nicht wegnehmen...“ Ein ’es tut mir Leid’ hätte ich noch ranbringen wollen, aber Sanji ergriff das Wort. „Schon okay.“ Stutzig sah ich ihn an, verzieh er mir ohne weiteres? Oder meinte er es in irgendeiner Weise ironisch? Nein, nicht er, nicht Sanji. Mein Herz klopfte mir eine Nummer zu schnell und ich wandte meinen Kopf wieder von ihm weg, er sah für meinen Geschmack einfach eine Nummer zu gut aus. „Es war aber nicht okay von mir...“ sprach ich schuldbewusst weiter und hoffte, dass er mir glaubte. Die andren kannten alle meine Schaupielerfähigkeiten und ich befürchtete, dass mir Sanji das nicht abnehmen würde, aber er glaubte mir. „Ich bin ja froh, dass du dich überhaupt entschuldigst... bitte mach so was einfach nicht noch mal...“ sagte er leise und mir fiel ein Brett vor den Kopf, natürlich würde ich so was nie wieder tun! „Mach ich nicht.“ sagte ich ehrlich gemeint und er schien erleichtert darüber zu sein. Ein Glück war er genau so gestrickt, wie er war. Weitere Minuten liefen wir einfach nur geradeaus, kamen irgendwie an den Rand des kleinen Anlageparks und unsere Schritte verlangsamten sich dort. Wie hatte ich nur so einen toleranten und süßen Freund wie ihn verdient? Allerdings musste ich anmerken, dass wir weder Händchen hielten, noch sonst wie Körperkontakt hatten. Es waren kaum Leute unterwegs und unter einem Eichenbaum fanden wir Überdachung vor dem Nieselregen. „Ist dir kalt?“ fragte er mich und tatsächlich war mir erst ein paar Sekunden zuvor eine kalte, innere Gänsehaut über den Rücken gelaufen. Der Sommerregen war eisig, obwohl die Temperaturen an sich voll okay waren. „Es geht.“ sagte ich nur, aber wollte sein Angebot ja nicht ablehnen. Ich hatte das aus purer Höflichkeit gesagt, aber das wusste Sanji glücklicherweise; nicht, dass er dachte, dass ich ihn nicht brauchte oder so. „Also... du wolltest mehr von mir wissen, richtig?“ fing er plötzlich von sich aus an und verwundert schaute ich zu ihm. Er brauchte eigentlich nichts mehr sagen, ich wollte doch seine Entscheidung akzeptieren und... „Wenn du magst, erzähl ich es dir.“ Nach dieser Aussage schluckte er erstmal und ich fühlte mich unwohl, das hatte ich jetzt meiner Meinung nach nicht verdient! „Das brauchst du nicht.“ widersprach ich seinem Angebot, aber Sanji fühlte wohl so etwas wie einen Drang, jetzt doch alles loszuwerden. Wenn er sich etwas vorgenommen hatte, ließ er sich wohl nicht mehr davon abbringen, was nur ein weiterer Punkt wegen meiner Liebe zu ihm war. Ich liebte ihn nämlich wegen seinem Charakter, wegen allem. „Doch, dann ist es gesagt. Es gibt so einiges, was du wissen solltest...“ Er schaffte mir Spannung, bei der schönen Atmosphäre wurde ich echt wieder neugierig. Er suchte wohl nach Worten, jedenfalls entstand wieder eine längere Pause. Das mit Seulgi brauchte er mir nicht mehr zu sagen, immerhin war es ja abgeschlossen und damit hatte ich nichts zu tun und keine Erlaubnis gehabt, da rumzuforschen. Aber er wollte wohl wirklich alles noch mal sagen, ansonsten würde er nicht so darauf beharren. „Also....... ach.“ Ein letztes Mal atmete er normal durch, dann sah er in meine Augen, um sich zu sammeln. Er hatte sooo unendlich schöne Augen und ich senkte kurzfristig meinen Blick um ein paar Millimeter, bevor ich der Versuchung unterlag, mich in ihnen zu verlieren. Auch ich sog die frische Luft in meine Lungen und hielt sie dort kurz fest, bis ich wieder ausatmete. „Das mit Seulgi ist ja echt... also... war keine reife Leistung.“ stotterte er vor sich hin und hatte Probleme, seinen Satz gescheit rüber zu bringen. Ich sah in sein schüchternes Gesicht und fand ihn auf einmal wieder total süß und verletzlich, denn irgendwie tat er mir Leid, weil er sich nicht zu rechtfertigen brauchte oder sonst was –nicht vor mir. Ich überlegte noch, meinen Arm auf seinen Unterarm zu legen, doch ließ es sein, da er weiter sprach. „Also... als meine Mutter mit Seulgis Vater zusammengezogen ist... da war es für Seulgi und mich nicht so, dass wir uns nicht gleich als Geschwister gesehen haben, sondern... na ja, dass wir wie in ’ner WG auf einmal zusammen wohnten.“ Während er sprach sah er in die Baumkrone und auch ich hatte ein Blatt fixiert, um mir das Muster genauer anzusehen. „Naja... ist halt mehr draus geworden.“ schloss er ab und senkte seinen Kopf wieder, um zu mir zu blicken. Ich sah ihm standhaft entgegen und überlegte, ob ich darauf eingehen oder die Sache dabei belassen sollte. Um uns herum regnete es weiter und ich sehnte mich nach einem normalen Gespräch mit ihm, ohne sich Sorgen zu machen, wie der andere reagieren könnte und ohne das Wissen, dass etwas geklärt werden musste. Ich hatte ihn hintergangen und musste es wieder gut machen, denn das, was er mir gerade so locker in zwei, drei Sätzen gesagt hatte, war sicherlich viel intensiver und tief schneidender, als es in Wirklichkeit war. „Ja... es ist okay.“ meinte ich mit zugeschnürter Stimme und musste mich kurz räuspern. Einen Augenblick lang starrte ich auf den Boden und dachte nach, ich wollte gerne mehr erfahren, aber das konnte ich mir nicht leisten, nicht nach meiner Aktion. Auch Sanji war die Sprache verschlagen, da er nichts mehr von sich gab, aber das machte ja nichts. Solange alles wieder in Ordnung kam, fühlte ich mich abgesichert, ich wollte Sanji ja nicht verletzen und um Himmels Willen auch nicht verlieren! „Sanji...?“ Er blickte zu mir und in seinen Augen lag etwas, das ich nicht deuten konnte, aber er war noch nicht fertig, das spürte ich. Sein Mundwinkel zuckte kurz und einen aufflackernden Moment erkannte ich seine Lachfalten, die so tief in sein Gesicht einschnitten, welche ich so liebte. Ich wollte näher bei ihm stehen, nicht einen Meter Entfernung zu ihm haben, dafür war ich zu sehr auf seine Nähe angewiesen. Was hatten wir denn schon groß gemacht? Wir hatten uns seltene Male nach der Schule getroffen und zusammen gegessen, waren spazieren und sonst? Wir waren gar nicht lange genug zusammen, um auf ’schöne Zeiten’ zurückblicken zu können, das alles war zwar megaschön aber noch gar nicht ausreichend. Es war viel zu frisch mit uns, als dass es jetzt auseinander gehen könnte und ich wollte das ja nicht gefährden. „Nami, ich...“ Er fuhr sich durch die blonden Haare und suchte nach Worten, aber konnte es mir beim besten Willen nicht sagen. „Weißt du...“ Seine Stimme war ganz ernst, aber noch immer lieb. „...ich hab viel Mist gebaut, nachdem meine Mama gestorben ist.“ Wir beide schluckten wohl, diese Aussage bekräftigte ihn zum Weitersprechen. „Also...“ Seine Hand wanderte in seinen Nacken und er rieb ihn sich, wohl so ein Stressding. „Ich hab...“ Innerlich wusste ich irgendwo schon, was er mir gestehen wollte, aber war noch viel zu begriffsstutzig, um zu kapieren, auf was er hinaus wollte. „Ich kam mit der ganzen Sache nicht klar, weil meine Mama eben weg war und... dann ist das mit Seulgi und mir auseinander gegangen, das war ziemlich viel für mich...“ erklärte er mir und kratzte sich an der Wange. „...damals...“ murmelte er und sah traurig aus, klar, dass er keine schönen Erinnerungen hatte. Ein paar Sekunden wich er noch meinem Blick aus, doch fasste sich dann wieder. „Nami... ich muss dir noch... was sagen.“ Meine völlige Aufmerksamkeit galt ihm, ich hang an seinen Lippen, auch, wenn die eine von einer Narbe verzogen war, und lauschte ihm. „Also... vielleicht wäre es besser, wenn ich es... dir zeige.“ dachte er seinen Gedanken laut und genierte sich noch einen Moment lang, was wollte er mir denn zeigen? Aber er beschloss, es doch durchzuziehen und trat einen Schritt leicht zu mir näher. Mein Herz fand das natürlich ganz toll und ich roch wieder seinen guten Duft, aber als ich die Bewegung seiner Hände bemerkte, fand ich das schon etwas... eigenartig. Sie ruhten nämlich auf Sanjis Unterleib, etwas oberhalb des Reißverschlusses und es sah mir so aus, als ob er diesen öffnen wollte. Aber da musste ich mich doch irren, nicht? Ich sah zu ihm hoch und merkte, dass er im Gesicht gerötet war und wäre alles normal gewesen, hätte ich ihm einen Kuss aufgedrückt. „Vertraust du mir?“ fragte er mich plötzlich ganz leise, ich konnte ihn ja gut genug verstehen, so nahe, wie er bei mir stand. Ansatzweise nickte ich, aber wusste nicht, was er meinte. „Okay...“ sagte er mehr zu sich selbst als zu mir und machte tatsächlich seinen Hosenverschluss auf. Ich fragte mich, was das sollte aber rührte mich keinen Zentimeter von ihm weg, er wusste schon, was er tat und wir waren hier in der Öffentlichkeit. ...Wobei der Baum, unter dem wir uns befanden, nicht gerade viel in sich reinblicken ließ, zumal sich bei dem Wetter kaum jemand im Park aufhielt. Sanji hatte die weite Hose nun offen, aber sie fiel ihm nicht runter, wie ich annahm. Er griff sich da irgendwie rein und mir wurde das peinlich, was sollte das denn nur verdammt? Dennoch drehte ich meinen Kopf nicht weg, sondern sah in sein Gesicht und auch, wie ihm mehrere feuchte Strähnen hinein hingen. Er holte seine Hände wieder hervor und fasste nach meinen, ich ließ es mit mir machen, wozu auch wehren? „Okay... wenn du mir vertraust...“ Er wollte sich räuspern, aber unterdrückte es. „Ich vertrau dir auch, Nami.“ Ein zurückhaltendes Nicken verdeutlichte ihm, dass er nun mit meinen Händen tun konnte, was immer er wollte und genau das setzte er auch in die Tat um. Er kam noch näher an mich heran und stand so vor mir, wie bei einer Umarmung, es gab nur noch einen ganz kleinen Zwischenraum zwischen unseren Oberkörpern. Ich hätte mit Leichtigkeit meine Arme um seine Hüfte legen können, wenn er sie nicht festgehalten hätte. Er führte meine Hände mit seinen verschlossen in die Region seines Hosenansatzes und wollte da wohl... reinfassen? Wollte er etwa, dass ich ihm in die Hose griff? Mein Herz klopfte wie wild und ich malte mir das Blödeste überhaupt aus, war Sanji der Typ für so was? Wollte er wirklich, dass ich jetzt, hier, einfach so sein bestes Stück anfasste? Und was wollte er mir zeigen, war etwa etwas nicht in Ordnung? Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit und ich sah nur auf meine Fußspitzen, um nicht dorthin zu gucken, wo gerade meine Hände verschwanden. Wider Erwarten ging unsere Exkursion nicht senkrecht in die Tiefe, sondern wanderte an die Hüften. Es war nur meine linke Hand in Einsatz, die andere hatte sich wie von selbst auf Sanjis untere Bauchmuskelreihe gelegt, sie war nicht nötig. Eine Hand reichte und sie wanderte tiefer, sogar unter die Boxershorts und fuhr immer an der Haut entlang und die Frage, was das sollte, stemmte sich in mir auf. Nein, er war kein Perversling und wollte mir etwas mitteilen oder so... wir waren an einer Stelle angelangt, oberhalb des Oberschenkels direkt an der Seite und das war keine, ich wiederhole: keine Haut, also nichts, das dahin gehörte, was bei Menschen üblich war! Es waren Wunden, er war verletzt, aber Was waren das für Dinger? Klein und rund, wie, als wenn etwas mehrmals aufgekratzt wäre und zu dumm nur, dass ich es nicht sehen konnte. Ich fühlte da drüber, so, es fühlte sich wie Löcher an... was wollte Sanji mir eben zeigen, das sollte ja meine Erklärung für alles sein... für... Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter und mit einem Ruck hatte ich meine Hand wieder herausgezogen, da mir ein ekelhafter Gedanke in den Sinn kam. Was war das!? Etwas betroffen sah nicht nur ich, sondern auch Sanji, aus und ich starrte auf den Boden, hielt mit meiner rechten Hand die linke fest. Meine Güte... das waren doch nicht etwa Einstichstellen von einer Spritze? Moment mal... er hatte doch Drogen genommen... aber Was für welche!? Mit einer Spritze? Machten meine Gedanken da einen Ausflug in die Fantasiewelt oder lag ich nahe an der Realität? Unsicher sah ich zu Sanji hoch, doch er guckte fassungslos auf den mit Gras übersäten Boden. Hatte ihn meine Reaktion geschockt oder was hatte er? Stimmte meine Vermutung etwa? Nein, das war nicht möglich. Nicht Sanji! Wobei die Krankenschwester... nein, sie musste sich geirrt haben, ganz sicher. Nebenbei fiel mir auf, dass er die Hose schon wieder zu gemacht hatte und ich fand mich wieder abstoßend, denn er hatte mir etwas Wichtiges gezeigt und mich an seine Intimsphäre rangelassen, doch ich Trottel hatte mal wieder überreagiert! „Sanji...“ fing ich vorsichtig an und wartete, bis er mir aus verletzten Augen entgegen blickte. War er seelisch verletzt oder wegen dieser Wunden? „Hm?“ kam es extrem leise von ihm und ich hatte Angst, dass er sich von mir zurückziehen könnte, wenn ich mich nicht bei ihm entschuldigen würde. „War das...“ Mein Blick machte ihm klar, was ich annahm, was das gewesen sein könnte, was er mir gerade gezeigt hatte und er nickte unsicher. Nein, das konnte nicht wahr sein, aber ich hatte Recht. Diese Erkenntnis legte sich in Zeitlupentempo schwer in meinem Magen nieder und wartete darauf, verdaut zu werden. „Du...“ Schon fast flüsterte ich, meine Stimme war einfach zu beschlagen, um gescheit mit ihm zu reden. Verschwollen sah er mich an und am meisten hätte ich mich sicherlich über ein Lächeln von ihm gefreut... aber mir war ja noch nicht mal selbst danach zumute. „Du hast mal Drogen genommen, oder?“ Meine Sorge um ihn kam zum Vorschein und sein scheuer Blick gab es zu. Bei dem Gedanken, dass er das wirklich getan hatte, wurde mein Herz noch schwerer und ich ganz traurig, da fragte man sich doch, wie scheiße sich Sanji erst fühlen musste, wenn es mir schon so ging? Ich rieb ihm über die Hand und umarmte ihn dann, einfach so. Erleichterung überkam mich, als er die Umarmung auch noch annahm und ich schloss vorübergehend die Augen. Es war wahr, aber er war clean, glaubte ich. So, wie er mich an sich drückte, war die Welt für mich wieder in Ordnung, nur leider hatte das an sich nichts Gutes, gleich zu Beginn einer Beziehung so ein Tief zu erleben. Feuchter Wind blies an uns vorbei und ich trat wieder zurück, um in sein Gesicht zu blicken. Diese Seite an ihm... davor, dass er so still war und mir seine Gefühle offen darlegte, bekam er Heidenrespekt von mir. Ich wollte mich länger an ihn ankuscheln, aber war noch immer geschockt, obwohl ich das alles schon wusste. Auch, wenn man die Wahrheit schon weiß, ist es meistens anders, wenn man sie nochmals nachträglich von jemand anderes erfährt. Mir wurde schwindelig und ich sah auf den Boden, mir war das wohl etwas zu viel. Behutsam strich mir Sanji einmal über die Stirn und sein Blick war auf mich gerichtet, doch ich konnte jetzt nicht in seine Augen sehen. „Ich...“ begann ich, doch fand nicht die richtigen Worte. „Das war wohl etwas viel für dich...“ sprach mein Liebster und ich nickte leicht. „Willst du, dass ich dich nach Hause bringe?“ Zwar hatte er mich durch das Nieseln nach Hause begleitet, dennoch fanden wir kein weiteres Gesprächsthema mehr, um von der eigentlichen Sache abzulenken. Er hatte seine Hand auf meinen Rücken gelegt, so wie ich meine auch auf seinen, aber es war nicht das gleiche, wie sonst immer. Nach der fast stummen Verabschiedung lief ich wie traumatisiert auf mein Zimmer und hockte mich aufs Bett. Zwar war mir nicht mehr schwindelig, aber ich hatte den Eindruck, als würde sich mein Zimmer wie von selbst drehen. Stimmt, morgen war der Klassenausflug, da wollte ich ja neben Sanji sitzen... weshalb auch immer ich genau in dem Moment daran dachte. erstellt am 14.06.2007 4Kolibris, Elena Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)