World of Faerûn - 5. Staffel von Kyle (Ghosts Of Apocalypse) ================================================================================ Kapitel 17: Folge 88: Der Weg des Boten --------------------------------------- Die Festung vom Herrn der Untoten war für Kyren und ihre Begleiter endlich in Sichtweite. Seit dem Kampf gegen die Armee von Noss war man auf keinen weiteren Widerstand gestoßen. Die Baute war riesig, so riesig das man sie schon eine ganze Weile zuvor am Horizont gesehen hatte. Mehrere Türme ragten an den Eckpunkten des Gemäuers in den Himmel. Es war nicht von Steinen zusammengesetzt, sondern wirkte als ob man es aus einem riesigen weißen Felsen geschaffen hatte. Das Eingangstor war unbewacht und stand weit offen. Als man kurz darauf eintrat, lag noch immer der Gestank des Todes in der Luft, auch wenn die Gänge und Hallen wie leergefegt waren. Decan verhielt sich ruhig und schien keine Bedenken zu haben einfach so einzutreten. „Warte Decan! Was wenn es ein Hinterhalt ist?“, rief ihm Shane nach, worauf der Schwertkämpfer kurz stehen blieb und sich umdrehte. „Dieser Ort ist verlassen. Es gibt nichts zu befürchten.“, gab er nüchtern zurück. „Woher weißt du das?!“, wollte er wissen, die Stirn sichtlich gerunzelt. „Das Noss Armee gestoppt hat, kann nur eines bedeuten: Noss ist tot!“, erklärte er mit finsterer Miene. „Aber … das ist doch gut … oder?“, mischte sich Salina ein, doch Decan wusste die Stimmung zu dämpfen. „Ich fürchte nicht. Und wenn wir nicht bald nach Skuld kommen, werden wir nie erfahren was geschehen ist!“, meinte er beunruhigt. „Dann lasst uns den Portalraum suchen.“, kommentierte Baram das Gesprochene schulterzuckend und schritt voran. Ihnen war entgangen, dass bereits eine lechzende Bestie ihrer Spur gefolgt war. Ein Höllenhund posierte in wartender Haltung auf einen entfernten Hügel, gierig in Richtung seiner kommenden Opfer geifernd. Das Portal von dem das Mädchen gesprochen hatte, sollte überraschend einfach zu finden sein. Es lag im Zentrum der Festung und somit auch auf den Weg, den die Abenteuergruppe genommen hatte. Unterwegs traf man immer wieder auf getötete Untote aller Art. Zombies, Ghuls, selbst Vampire standen unter dem Einfluss des Herrn der Untoten. Ein ungutes Gefühl ging Kyren durch den Magen, denn sie konnte nur spekulieren, durch wen oder was all diese Kreaturen ihren finalen Tod gefunden hatten. Für den Moment jedoch beschäftigte es sie mehr das Portal in Gang zu bringen. Ein Pult vor dem steinernen Halbkreis in dem man das Portal erschaffen konnte, diente als eine Art Wählscheibe. Für einen Magiekundigen wie Kyren bedurfte es lediglich eines prüfendes Blickes um herauszufinden wie das Pult funktionierte. „Hm, dieses Pult scheint mit Magieströmen gefüllt zu sein. Wenn ich sie richtig verforme, müsste es mir möglich sein den Zielort auf Skuld zu fixieren und das Portal zu aktivieren.“, fachsimpelte sie und machte sich sogleich ans Werk. Noch während sie versuchte die Bedienung des Gerätes zu entschlüsseln, drang Shane ein immer wieder kehrendes Geräusch in die Ohren. „Hört ihr das auch?“, fragte er die anderen, die nun ebenfalls begannen in die Stille zu lauschen. Salinas empfindliches Elfengehör war das erste die das Geräusch besser bestimmen konnte. „Klingt als ob etwas langsam näher kommt. Ein Wesen auf vier Beinen.“, meinte sie, worauf Decan seiner Schwerter hervorkommen ließ. Kurz darauf zog auch Shane sein Schwert und wendete sich zu Kyren. „Mach weiter Kyren. Wir werden schon damit fertig, egal was es ist.“, sagte er mit ruhiger Stimme. Schließlich griffen auch Salina und Baram nach ihren Waffen als das Geräusch immer näher kam und sich ein Schatten an der Wand formte, die am Portalraum vorbeilief. Augenblicke später trat das Ungetüm hervor und ließ seinen Blick über die Abenteurer schweifen. Es hatte seine Beute schon länger beobachtet, doch aus irgend einen Grund hatte es keine Eile, über sie herzufallen. „Was ist das für eine Kreatur?“, fragte Salina leicht verunsichert. „Ein Höllenhund … aber etwas ist seltsam.“, erwiderte Decan ohne das Tier aus den Augen zu lassen. Auch Shane hatte schon von diesen Wesen gehört und wusste das sie bösartiger Natur waren. Als es näher trat, zögerte er nicht länger und ging zum Angriff über. Die Kreatur wich nicht einmal aus, doch Shane hatte trotzdem keinen Erfolg. Für einen Augenblick hatte er den Höllenhund zwei gespalten, doch nur Sekunden später fügte er sich wieder zusammen. Sein Treffer ließ nicht einmal Blut aufspritzen, sondern lediglich etwas Rauch. Dennoch gab der Halbelf nicht so schnell auf und versuchte es gleich noch einmal. Zu seiner Irritation änderte dies nichts am Ergebnis. Nicht nur ihm fehlten die Worte, auch Salina und Baram wussten nicht recht, was sie davon halten sollten. Decans Mimik war stärker verfinstert als üblich, denn langsam begann er zu realisieren mit was er es zu tun hatte. „Kyren, wie weit bist du?“, rief er in Richtung der Elfe. „Noch eine Minute.“, antwortete sie kurz. „So viel Zeit haben wir nicht. Öffne das Portal!“, entgegnete er mit strenger Stimme. Shane sah atemlos zwischen ihm und Kyren hin und her. „Was hat das zu bedeuten, Decan?“, fragte er aufgeregt. „Lauft, macht das ihr von hier wegkommt – ich versuche es aufzuhalten!“, gab er laut zurück und konterte im selben Moment eine Attacke des Wesen auf seine Person. Seine Treffer verpufften zu dunklen Rauchwolken, wie schon bei Shane zuvor. Er kämpfte mit ungewöhnlicher Schnelligkeit und hielt das Wesen fast kontinuierlich im Rauchwolkenzustand. Kyren tat derweil wie ihr aufgetragen und aktivierte das Portal. Sie zögerte noch einen Moment, doch als Decan seine Worte nochmals wiederholte, bestand kein Zweifel mehr wie ernst es ihm war. „Kommt schon!“, rief sie ihren Gefährten zu und lief durch das geschaffene Portal. Als alle hindurch waren, nutzte auch Decan die Gelegenheit und folgte seinen Begleitern, nicht ohne auf seinen Weg das Bedienpult mit seinem Schwert zu zerschlagen. Die Folge war ein rapid schrumpfendes Portal, durch das er gerade noch mit einem Hechtsprung entkommen konnte, während die Bestie hinter ihm ins Leere sprang. Ungläubig sah sich Baram um als er bemerkte wo er gelandet war. Die Luft war dünn und um ihn herum waren nur Berge zu sehen. Auch Salina und Shane waren etwas verwirrt, denn dieser Ort wirkte nicht wie die Stadt Skuld. Einen Augenblick später erschien auch Decan, mit dem sich zugleich das Portal schloss. Kyren erschrak ein wenig, hatte sie nicht damit gerechnet das er mit einem Hechtsprung hinzu stoßen würde, und wich zurück. „Was geht hier vor? Und wo sind wir?“, fragte Salina verwundert. Zumindest letztere Frage beantwortete ihr Kyren recht spontan. „Ich war noch nicht fertig mit der Lokalisierung. Wir sind in einem kleinen Gebirge, etwa einhundert Meilen vor Skuld gelandet. Tut mir Leid.“, meinte sie, getrübt über das Ergebnis das sie zustande gebracht hatte. Shane interessierte es jedoch viel mehr wieso es überhaupt soweit kommen musste. „Ich denke du schuldest uns noch eine Erklärung, Decan.“, sagte er und warf einen vorwurfsvollen Blick in Richtung des Schwertkämpfers, der gerade seine Schwerter in seinen Ärmeln verschwinden ließ. „Ich habe lange genug im Götterreich gelebt und ich weiß wie es sich anfühlt, wenn man etwas göttlichen gegenüber steht.“, erklärte er mit kühlem Blick. „Was hat das denn alles zu bedeuten?“, fragte sich Salina haareraufend und obwohl Shane keine genaue Antwort darauf wusste, so ahnte er wo er sie finden konnte. „Wenn wir hier stehen bleiben, werden wir es jedenfalls nie erfahren. Ich habe das Gefühl dieses Mädchen wusste ganz genau was uns widerfahren würde. Wir sollten sie schleunigst aufsuchen. Sie schuldet uns ein paar Antworten.“, merkte er nervös an. „Haben wir eine Wahl?“, seufzte Salina und stellte sich auf einen langen Fußmarsch ein. Es galt fortan das Gebirge zu verlassen und nach Skuld zu reisen. Jeder nutzte die Reise auf seine eigene Weise. Salina genoss die Landschaft, andere gaben sich ihren Gedankengängen hin. Shane wollte einfach nicht in den Kopf, was es mit all den Ereignissen eigentlich auf sich hatte. Beherzt hatte man die Herren der Elemente gejagt und stand am Ende vor einer leeren Festung. All die Mühen schienen wie vergebens, doch wusste noch niemand was ihnen noch bevor stand. An einen einfachen Abstieg war gar nicht zu denken, denn das Gebirge war sehr zerklüftet. Vegetation war praktisch nicht vorhanden und ein kühler Wind glitt über die Landschaft. Manche Passagen endeten vor einem Abgrund oder an einer Klippe, so dass man immer wieder kleinere Umwege nehmen musste. Decan schlug ein hohes Tempo vor, weswegen es umso verwunderlicher war als er auf einmal stoppte. Ein kleiner Stein purzelte einem Felsvorsprung hinab, der rechts von ihrem Weg lag und blieb schließlich vor seinen Füßen liegen. Einen Moment lang teilten seine Gefährten seinen angespannten Blick in die entsprechende Richtung, doch als dort schließlich nur eine Bergziege erschien entspannte sich Situation für sie. Lediglich Decan begann sichtlich mehr zu verkrampfen, denn sehr schnell erkannte man dass die Bergziege vor etwas geflohen war. Eine seltsame Gestalt türmte sich hinter dem Tier auf, das sichtlich verängstigt war. Ein langer Kaputzenmantel verbarg die schwarze Masse, die sich darunter verbarg, und dennoch wusste der Gotteskrieger was er vor sich hatte. Eine Berührung des Wesens reichte aus um die Ziege binnen Sekunden zu Staub zerfallen zu lassen, was nun auch Kyren und die anderen sichtlich beunruhigte. „Lauft! Lauft so schnell ihr könnt!“, schrie Decan, in ungewöhnlich emotionalen Ton. „Hrr, wer oder was immer das ist. Ich bleibe nicht hier um es herauszufinden.“, meinte Baram und lief so schnell ihn die Beine tragen konnten, dicht gefolgt von seinen Begleitern. Die Kreatur, die Jaygoyle unter den Namen Nerull kennen gelernt hatte, machte einen gewaltigen Sprung nach unten und schloss dadurch schnell auf die Abenteurer auf. Es bewegte sich nicht wie andere bekannte Kreaturen, sondern löste sich an einer Stelle auf um sich an anderer wieder zusammen zusetzten. „Decan? Es holt auf! Wir müssen was tun!“, rief Shane aufgebracht, nachdem er kurz einen Blick zurück geworfen hatte. „Das ist das Herrchen vom Höllenhund, Bursche! Wenn wir schon das Schoßtier nicht stoppen konnten, wie willst du es dann bei seinen Herren machen?“, erwiderte er zähneknirschend. Es gab keinen Weg, den man hätte folgen können, was die Flucht umso schwieriger gestaltete. Meist sprang man von Felsen zu Felsen und versuchte auf flachere Passagen auszuweichen. Salina, die in Führung lag, sah in einiger Entfernung jedoch schon das nächste Problem voraus. „Leute! Da vorne geht es abwärts!“, rief sie und ließ derweil durch einen Sprung das nächste Hindernis hinter sich. Zu allem übel tat sich vor den Abenteurern eine Schlucht auf, die mehrere hundert Meter in die Tiefe führte. Immerhin ebnete sich für Salina ein kleiner Lichtblick, denn die Schlucht war nicht unüberwindbar breit. Mit genug Anlauf, so glaubte sie, würde man es auf die andere, tiefer gelegene Ebene schaffen. „Ihr müsst springen!“, schallte es laut aus ihrem Mund heraus, während sie als erste die Schlucht in Angriff nahm. Decan folgte ihr kurz darauf und landete ebenso sicher wie sie selbst auf sicheren Boden. Der Zwergenkämpfer Baram nahm seine schwere Axt zur Hilfe und warf sie im Sprung mit voller Wucht auf die sichere Seite, ohne sie dabei loszulassen. Zwar landete er dadurch weiter auf der sicheren Seite als seine Vorgänger, aber dafür auch deutlich unbequemer. Schließlich wagten sich auch Shane und Kyren daran die Schlucht zu überwinden. Der Elfin blieb das Glück jedoch fern, denn wenige Meter vom Absprungspunkt entfernt, blieb sie mit ihrem linken Fuß an einem Stein hängen und stürzte. Shane merkte nicht was geschehen war und sprang sicher auf die andere Seite. Erst die Gesichter seiner Gefährten verrieten ihn dass etwas nicht stimmte. Als er sich umdrehte sah er, dass Kyren noch immer auf der anderen Seite war. Ihre Augen weiteten sich als die Kreatur schließlich zu ihr aufgeschlossen hatte. Im Mut der Verzweiflung versuchte sie sich das Wesen durch zwei Magische Geschosse vom Leib zu halten, doch diese verpufften wirkungslos am Ziel. Hinter sich hörte sie ihre Gefährten panisch ihren Namen rufen, doch sie war starr vor Angst und kroch nun mehr rückwärts die letzten Meter bis zum Abgrund. „Kyren! Nein!“, schrie Shane aufgelöst und wollte schon wieder zurück springen als ihn Decans strammer Griff zurück hielt. „Stopp! Das ist ein Sprung in Richtung Tod!“, mahnte er mit strengen Unterton. „Lass mich los! Ich muss ihr helfen! Sie wird sterben!“, gab er aufgewühlt zurück und riss sich los. Kyren sah sich derweil am Rande des Abgrunds, wenn gleich ihr verzweifelter Blick sich gegen die düstere Bedrohung vor ihr richtete. Für einen weiteren Zauber war keine Zeit mehr und somit schränkten sich auch die Möglichkeiten ein, lebend entkommen zu können. Kleine Tränen standen ihr in den Augen als das Wesen nach ihr griff. Zu ihrer Überraschung ging die Hand der Kreatur zunächst in Richtung ihrer Hosentasche, dort wo sie die Brosche bewahrte in dem die Elementarmächte eingeschlossen waren. Kyren schossen tausende von Gedanken und Erinnerungen durch den Kopf, aber sie fühlte dass diese Kreatur die Brosche nicht bekommen sollte. Mutig schlug sie die schwarze Hand des Wesens ab und raffte sich auf. Ihr Blick war entschlossen und sie deutete an in den Abgrund treten zu wollen. Ihr ganzer Körper zitterte vor Angst, aber ihr blieb keine andere Wahl. Nun trachtete der Griff der Kreatur nach ihrem Hals und sie wusste das sie der Tod erwartete, egal ob sie es geschehen lassen würde oder ob sie einen Schritt zurück trat. Sie fühlte die Bösartigkeit des Wesens und entschied sie sich für den letzten Weg. Sie schloss ihre Augen und ließ sich nach hinten in den Abgrund fallen. Shanes Mimik erstarrte als er sah was sie vorhatte. Er lief ihr entgegen, doch seine Füße fühlten sich immer schwerer an. „(Das kann ich nicht zulassen!)“, dachte er still in sich hinein. Das Szenario gefror vor seinen inneren Auge zu einer nicht enden wollenden Zeitlupe. Was immer es auch für Konsequenzen haben sollte, er wollte und konnte sie nicht fallen sehen. Seine Gefährten schraken erstaunt zurück als ihn auf einmal zwei Flügel aus dem Rücken schossen und er in Richtung der fallenden Elfin sprang. Kyren war nicht weit gefallen, da spürte sie wie sie zwei Hände umschlangen und sie nach oben gerissen wurde. Ungebremst schoss sie in die Wolken hinein, bevor sie realisierte das Shane seine Avariel-Flügel genutzt hatte um sie zu retten. Seine Augen waren zugekniffen, bis er spürte dass sie in Sicherheit waren. Kyren, die eben noch am ganzen Leib gezittert hatte, fühlte sich sichtlich erleichtert. Schließlich flog Shane eine Gipfelspitze an und ließ sich dort mit ihr nieder. Kyrens Herz schlug höher, nun jedoch weil sie glücklich und dankbar für seine Tat war. Shane hingegen sackte unerwartet schnell in die Knie und ließ seine Flügel wieder zurückfahren. Seine Mimik war schmerzverzerrt und er griff sich ans Herz. Seine Atmung wurde schwer und er schien von Schmerzen geplagt. „Shane? Was ist mit dir?“, fragte Kyren besorgt und kniete sich zu ihm nieder. Sie wollte nur ihre Hand auf seine Schulter legen, aber er schlug ihre Geste einfach ab. „Fass mich nicht an!“, fauchte er ungewohnt aggressiv. „Shane? Ist alles in Ordnung? Was ist los mit dir?“, fragte sie beängstigt nach. Er keuchte so sehr als bekäme er keine Luft mehr. Sein ganzer Körper schien zu verkrampfen und nur Sekunden später fiel er ihr ohnmächtig in die Arme. Shane fand sich einen Augenblick später in einer kargen, leblosen Gegend wieder. Die Erde war unbewachsen und dunkle Wolken verfinsterten den Himmel. Ein starker, kalter Wind wehte durch sein Haar und Blitze schlugen in regelmäßigen Abständen am Horizont nieder. „Was ist geschehen? Wo bin ich?“, fragte er sich laut. Orientierungslos taumelte er ein paar Schritt in der ihn fremden Gegend herum. Plötzlich spürte er eine Präsents hinter sich und hielt inne. Als er sich umdrehte sah er dort eine vertraute Gestalt, die ihm so ähnlich sah und doch sein ganzes Gegenteil war. „Sen …“, sagte er atemlos, denn es bedurfte nicht viel um ihn wieder zu erkennen. Er trug eine schwarze Rüstung und einen langen Umhang, was zu seiner dunklen Natur passte. Arrogant blickte er Shane entgegen, die Arme ineinander verschränkt. „Wen hast du erwartet?“, fragte dieser hochnäsig. „Wie kann das sein? Was hast du mit mir gemacht? Was geht hier vor …“, erwiderte er, bevor sich Sen gezwungen sah ihn zu unterbrechen. „Na, so viele Fragen. Aber wenn es dich beruhigt. Nüchtern betrachtet ist das alles nichts anderes als ein Traum. Nichts hier ist real, abgesehen von mir.“, erklärte er. „Wie …“, setzte Shane an, aber er kam nicht dazu seinen Gedanken zu vollenden. „Du hast gedacht ich wäre vernichtet? Du fragst dich wie ich existieren kann? Dabei kennst du die Antwort bereits. Wir hatten einen Deal und die Zeit rückt näher in dem du deinen Teil der Abmachung einhalten wirst.“, unterbrach ihn Sen mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht. Nach und nach realisierte Kyrens Gefährte die Zusammenhänge, die ihn in diese Lage gebracht hatten. „Du kannst es nicht ewig vermeiden, Shane. Vor vier Jahren warst du bereit dein Leben zu geben um dieses Elfenmädchen zu retten. Du kannst dich nicht ewig belügen, denn du liebst sie, mehr als du es dir bewusst ist. Du liebst sie seit dem ersten Tag an dem du auf sie getroffen bist und deshalb wirst du versagen. In dem Moment in dem du dir das eingestehst wird dein Herz so schwach werden, das ich die Kontrolle übernehmen kann. Doch keine Sorge, du wirst nicht lange leiden müssen. Ich werde dir einen letzten Blick durch meine Augen gewähren, damit du sehen kannst wie ich sie mit deinen einstigen Händen erwürge.“, meinte Sen und begann amüsiert zu lachen. „Nein … Kyren …“, ächzte Shane geschockt und griff sich ängstlich ans Herz. „Jaaaaa, der Schmerz in deinem Herzen, das bin ich. Irgendwann wird der Schmerz so stark sein das dein Herz stehen bleibt und du stirbst. Dann gehört dein Körper endlich mir und nur mir. In diesen Traum hier bist du sicher – eine Maßnahme deines Unterbewusstseins – aber es wird dich nicht ewig vor dem Unvermeidbaren schützen können.“, kommentierte seine dunkle Seite das Geschehen. Sens Konturen verschwammen in den folgenden Sekunden, doch selbst als er vollends verschwunden war hörte man noch seine Lache, die nach Blut dürstete. Shane blieb atemlos zurück. Innerlich gebrochen sackte er zusammen und schloss seine Augen, hoffend das dieser Alptraum ein Ende haben würde. Zufrieden begutachtete Adrian seine mechanische Hand und den Rest seines Körpers, der vollständig aus Metall zusammengesetzt war. Einen Schädel im Spiegel zusehen anstatt sein gewohntes Gesicht irritierte ihn noch ein wenig, aber er wusste dass es für ihn nur eine Zwischenlösung war. „Wie ich sehe hast du schon daran gedacht ihr einen neuen Körper zu erschaffen. Das ist wirklich eine gute Arbeit.“, lobte er Diron, der ganz in der Nähe stand. Dieser hatte ihn in sein unterirdisches Labor gebracht, das nur durch ein Portal zu erreichen war. Überall standen Instrumente, deren Zweck nicht erkennbar war und Reagenzien die auf erhitzten Platten vor sich hin brodelten. Kristalle erleuchteten Großteile des Höhlenraums, aber vor allem Stach das gläserne Behältnis ins Auge das sich am Ende der Unterkunft befand. Diron lenkte den Blick des Lichs jedoch schnell in eine andere Richtung, denn er war es den er nun Aufmerksamkeit entgegenbringen sollte. „Ich habe Euch befreit, nun erfüllt Euren Teil der Abmachung.“, sagte Diron mit strengen Blick. „Nein, das werde ich nicht.“, tönte er unbeeindruckt zurück. Der Nekromant schien etwas entgegnen zu wollen, ja sogar einen Zauber gegen ihn vorzubereiten, doch er wartete einen Augenblick um ihn eine Chance zu geben sich zu erklären. „Ich mag keine Forderungen mehr an dich stellen können, Diron … aber ich möchte dich noch um einen allerletzten Gefallen bitten. In dieser Hülle aus Knochen und Metall wird es mir nur schwer möglich sein deinen Wunsch zu erfüllen.“, ergänzte er mit ruhiger Stimme. „Was verlangt Ihr?“, wollte sein Gegenüber wissen. „Einen menschlichen Körper, jedoch nicht irgend einen. Ich will dass du mir einen neuen Körper zeugst, einen Körper geschaffen aus den Früchten von Mesa und Asa.“, antwortete Adrian mit zweifelhaften Unterton. Er schien sehr wohl zu wissen dass die dunklen Mächte von Mesa noch immer in Dirons Körper schlummerten, ebenso wie, wer im Besitz der guten Mächte von Asa war. „Ihr wollt doch nicht allen ernstes von mir verlangen das ich dieses Elfenmädchen schwängere?“, fragte Diron, ganz so als ob er auf den Arm genommen wurde. „Ich habe erwartet dass ein Mann wie du nicht zu solch subtilen Mitteln greifen muss. Ich bin mir sicher du kennst ... effektivere Methoden.“, gab er geduldig zurück und tatsächlich schien der Nekromant bereits zu wissen worauf er hinaus wollte. Selbst das Bild einer völlig ausgestorbenen Großstadt wie Skuld ließ Decans Blick kühl und nüchtern bleiben. Überall lagen die Kleider der Bewohner herum, denn mehr war nicht von ihnen übrig geblieben, nachdem sie von Nerull und dessen Höllenhund heimgesucht wurden waren. In diesen Augenblick war klar das die Apokalypse, so wie sie immer prophezeit wurde, bereits begonnen hatte. Obwohl er noch vor den Toren der Stadt stand, ahnte er bereits dass ihn überall dasselbe Szenario erwarten würde. Bilder und Erinnerungen drangen in sein Bewusstsein. Noch einmal hielt er sich vor Augen was mit Baram und Salina geschehen war. „Du bist allein …“, tönte auf einmal eine erstaunte Stimme hinter ihm hervor, die er dem umhüllten Mädchen zuordnen konnte. „Wo sind die anderen?“, fragte sie verwundert. „Sie haben es nicht geschafft. Was mit Shane und Kyren ist weiß ich nicht. Vielleicht konnten Sie entkommen.“, erwiderte er ungerührt, ohne sich ihr zuzuwenden. Das Mädchen schwieg einen Moment, wirkte sichtlich getroffener als der Schwertkämpfer. „Erklär mir was hier eigentlich geschehen ist und wer oder was dieses Wesen ist.“, sagte dieser und wendete sich dem Mädchen hinter sich zu. „Dann seid ihr ihm auch schon begegnet … diesem Wesen.“, dachte sie bedächtig und senkte ihren Kopf zur Seite, was er knapp benickte. „Diese Kreatur ist Nerull, der Gott des Todes … oder viel mehr ein Avatar davon. Noss muss sich die Kräfte seiner Brüder einverleibt und dabei die Kontrolle verloren haben. Nun ist er nicht mehr als eine willenlose Marionette Nerulls, die nur dafür existiert diese Welt von allem Leben zu befreien.“, erklärte sie mit gebrochener Stimme, sichtlich von den Geschehnissen mitgenommen. „Dann … habe ich also versagt …“, kommentierte Decan ihre Antwort, wenn gleich es nicht ganz schlüssig war ob es eine Frage oder eine Feststellung war. „Es tut mir Leid. Ich hätte es euch wissen lassen müssen, doch ich habe gehofft das Schicksal wäre auf eurer Seite. Dennoch, so lange Nerull noch nicht alle Kräfte seiner Brüder in die Hände gefallen sind, besteht noch eine Chance. Seine Verwandlung ist noch nicht perfekt.“, antwortete sie hoffnungsvoll. „Das heißt ich sollte Kyren suchen. Möglicherweise lebt sie noch.“, schlussfolgerte der Gotteskrieger nüchtern und griff in eine rechte Innenmanteltasche. Er holte einen silbernen Stein hervor, der zur Hälfte durchsichtig war. „Woher hast du das?“, fragte das Mädchen erstaunt, wogegen es für Decan viel überraschender war das sie wusste was er dort in den Händen hielt. „Es war ein Geschenk von einem … alten Freund.“, erwiderte er etwas zögerlich. „Es sieht so aus als würdest du Kyren allein suchen wollen …“, meinte das Mädchen, ganz so als wüsste sie was er gleich tun würde. Er erwiderte nichts und drückte den Stein zwei Mal in seiner Hand zusammen. Ein helles Licht trat daraufhin aus dem unscheinbaren Objekt hervor, das immer mehr an Intensität gewann. Wenige Augenblicke später war Decan völlig vom Licht verschwunden. Seine Konturen verschwanden im Schein und verschmolzen schließlich mit dem Stein. Nach wenigen Sekunden erlosch das Licht und alles was blieb, war ein Stein, der nun mehr in der Luft schwebte. „Viel Glück.“, dachte das Mädchen laut vor sich hin, bevor der Stein zurück in die Richtung flog, wo man Kyren vermutete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)