Phoebe's Kurzgeschichten Sammlung von Phoebe_maus ================================================================================ Kapitel 2: Eerie village ------------------------ Tabea Slider lief unruhig den holprigen Pfad zu einem kleinen Dorf entlang. Auf dem halb verwesten Ortsschild, vor einer Meile, stand unleserlich mit halb vergilbter Schrift: Coska. Das Wetter war, wie üblich, wenn Tabea auf Wanderschaft ging, einfach fabelhaft. Es schien immer alles auf ihrer Seite zu sein. Sie wanderte gerne alleine durch die Wälder und erkundschaftete die Landschaft. Diesmal hatte sie sich den Süden ausgesucht. Die anderen Himmelsrichtungen kannte sie schon. Tabea wohnte mit ihren Eltern, Geschwister gabs keine, in einem großen Haus am Rand des Lake See`s. Dieser riesige See wurde von unzähligen Bergen, weiteren Tälern und Schluchten, eingekesselt. Tabea ging in die zwei Orte weiter liegende Stadt zur Schule. Ihre Klassenkameraden wohnten auch überall in der Gegend verstreut, wie sie selbst. Bis jetzt wusste sie noch nicht, was sie auf ihrer Erkundungsreise, erwarten würde. Aber sie würde es bald heraus finden. Noch dreihundert Meter und sie kam endlich in Coska an, stand auf dem Schild, an dem Tabea gerade vorbei ging. Vor ihr erstreckte sich ein weiter Hügel, dahinter musste sich das Dorf befinden. Tabea lief vor Aufregung unbemerkt schneller und begann zu rennen. Doch plötzlich machte sie eine Vollbremsung. Wenn sie das nicht gemacht hätte, dann wäre sie mit Sicherheit über ein kleines Mädchen gestolpert, das oben auf dem Hügel auf einem großen Stein saß und in die Welt träumte. Kurz vor dem Mädchen kam Tabea zum stehen. Überrascht drehte sich das Mädchen um. Es musste mindestens im selben Alter wie sie sein. Das Mädchen hatte ein hübsches Gesicht mit vielen Sommersprossen und braunen Augen. Genauso braune, lange Haare hatte sie selbst. Sie war kaum größer als Tabea, aber trotzdem kam ihr dieses Mädchen unheimlich vor. Sie lächelte Tabea erfreut an. Und Tabea lächelte etwas verkrampft zurück. „Hi!“, sagte das fremde Mädchen. Dasselbe antwortete Tabea zurück. „Wie heißt du? Ich heiße Eugenie Patzky!“, sagte das Mädchen erwartungsvoll. „Ähm, Tabea Slider“, gab sie schüchtern zurück. „Wie alt bist du?“, fragte das Mädchen aufdringlich. So langsam fühlte sie sich in der Nähe dieses seltsamen Mädchens recht unheimlich. Warum stellte sie ihr so viele Fragen? Wohnte sie hier? Was wollte sie von ihr? „Oh! Entschuldige, wenn ich dich zu sehr bedrängt habe. Ich bin mal entschieden zu neugierig. Ich wohne dort drüben in dem großen Haus“, sagte das Mädchen und deutete mit dem Finger auf ein recht großes und altes Haus. Tabea folgte ihrem Finger und betrachtete es nachdenklich. „Ich weiß, es sieht ein bisschen baufällig aus, aber das trügt nur. Von innen sieht es wie ein saniertes neues Haus aus.“ „Aha!“, machte Tabea. „Wie alt bist du? Ich bin zehn.“ „Ich auch. Wo wohnst du eigentlich?“ „Weit weg von hier. Beim Lake See. Ich bin nur auf Wanderschaft und guck mir die Gegend an.“ „Ganz allein? Das könnte ich nicht“, rief das Mädchen namens Eugenie überrascht. „Na ja, das ist auch Ansichtssache, ich bin da eher abgehärtet“, sagte Tabea grinsend. „Ach so. Sag mal, soll ich dir mal unser Dorf zeigen?“ „O ja, gern“, rief Tabea aufgeregt. „Es gibt hier zwar nicht viel Sehenswertes, aber ... na ja.“ Eugenie lachte. Und Tabea lachte einfach mit. Die beiden Mädchen zogen durch die engen Gassen und Eugenie gab sich alle Mühe Tabea rum zuführen. Obwohl es hier wirklich nicht viel gab. Die Leute, die ihnen entgegen kamen und ihnen von den Fensterbrettern nachsahen, machten Tabea irgendwie Angst. Sie starrten sie so unwillkürlich an, als ob sie durch sie hindurch sehen würden. Das ganze Dorf war irgendwie unwillkürlich und unheimlich. Alles schwieg. Nichts rührte sich wirklich. Das einzige Geräusch, das Tabea vernahm, war das Rauschen des Windes, der durch die Kronen der Bäume zog. Tabea fröstelte. ‚Es ist so ruhig! Viel zu ruhig! Wie die Stille vor dem Sturm’, bemerkte sie in Gedanken. Eugenie sah zu ihr und lächelte. Doch plötzlich huschte ein schwarzer Schatten über ihr Gesicht. Tabea blinzelte verwundert. Hatte sie eben geträumt, oder ...? Doch Eugenie hatte sich wieder dem Weg zugewandt. Tabea hatte ein komisches Gefühl im Magen, als ob heute noch etwas passieren würde. Jedes Mal, wenn sie dieses Gefühl hatte, passierte meistens auch was. Tabea schüttelte sich und sah hinter der nächsten Ecke einen kleinen Laden, auf dem, mit gelber Schrift, BÄCKER, drauf stand. Erst jetzt bemerkte sie, wie hungrig sie geworden war. Sie lief schneller um mit Eugenie Schritt zu halten. „Eugenie! Hat der Bäcker da noch offen? Ich hab schrecklichen Hunger.“ „Ja, komm!“, sagte Eugenie tonlos. Tabea folgte ihr bis zum Bäcker. Vor der Ladentür blieb sie stehen und zählte ihr Geld. ‚Ja, das reicht’, dachte sie und betrat das kleine Geschäft. Als sie wieder raus kamen kramte Tabea in der Bäckertüte rum und holte zwei Brötchen raus. Das eine steckte sie sich in den Mund und das andere hielt sie Eugenie hin. Die nahm es zaghaft und biss herzhaft hinein. Nach einer Weile saßen beide am Rand eines tiefen Brunnens und aßen ihr Brötchen. Dabei schaute Tabea in den Brunnen und stutzte. „Da ist ja gar kein Wasser drin!“ „Ich weiß, der ist vor zisch Jahren versiegt. Jetzt hohlen wir das Wasser aus den Quellen“, erklärte Eugenie. „Ach so!“, sagte Tabea. In diesem Moment schaute sie auf ihre Armbanduhr. „Ach du lieber ... Ich muss nach Hause. Tschau, Eugenie, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder“, rief sie und lief los. „O ja, das werden wir“, sagte Eugenie lächelnd und ging zum Bäcker zurück. Tabea war noch nicht sehr weit gekommen, als sie schreckliche Schreie hörte. Erschrocken drehte sie sich um und sah zum Brunnen zurück, und dann zum Bäcker, aus dem die fürchterlichen Schreie zu kommen schienen. Dann starrte sie fassungslos auf die alten Leute, die sie ebenfalls anstarrten, und die überhaupt nicht auf die Schreie zu achten schienen. Die starrten sie nur böse an. Tabea drehte sich erschrocken um und kniff die Augen zusammen und machte sich ganz steif. Dabei zählte sie ununterbrochen immer wiederholend bis zehn. In Gedanken betete sie, dass es aufhören sollte. Als sie die Augen langsam wieder öffnete waren die Schreie wieder verstummt. Es war wieder genau so still wie vorher. Vorsichtig drehte sie sich wieder zu dem Bäcker und dem Brunnen um und stockte. Die alten Leute! Alle - alle waren sie verschwunden. Eben saßen sie doch noch auf den Bänken und hatten sie angestarrt. Und jetzt ... jetzt waren sie einfach von einer zur anderen Sekunde verschwunden. Tabea drehte sich hastig um und wollte so schnell wie möglich hier weg kommen. Entweder spinnte sie jetzt völlig, oder dieses Dorf war verhext. Aber bevor sie den nächsten Schritt tun konnte, ging das Schreien wieder los. Tabea fuhr unerwartet zusammen. Nein, sie konnte diese Schreie nicht mehr aushalten. Sie dröhnten immer wieder in ihrem Kopf wieder. Entstanden sie etwa aus ihrem Kopf? Nein, das konnte nicht sein! Sie würde doch jetzt nicht verrückt werden. Tabea schüttelte diesen Gedanken angewidert ab. Sie wollte weiter laufen. Weg von hier! Weit weg von hier! Nach Hause zu ihren Eltern. Aber diese Schreie lockten sie ... Sie konnte nicht widerstehen ... Doch, sie musste widerstehen! Sie musste einfach. Zaghaft versuchte sie den nächsten Schritt vorwärts. Doch sie kam einfach nicht weiter. Es war wie ein Magnet der sie zurück zog. Oder war es sie selbst die zurück wollte? Schnell verscheuchte sie diesen Gedanken und machte zwei hastige Schritte nach vorne. Doch plötzlich wandelte sich das Schreien in Rufen um. Es hörte sich wie - ‚Hilf mir!’ und ‚Ich brauche Hilfe!’ - an. Tabea wurde urplötzlich stocksteif. Hörte sich diese Stimme nicht wie Eugenie an? Was sollte sie jetzt tun? War das eine Falle? Ohne sich dieser Fragen richtig bewusst zu werden, drehte sich Tabea schlagartig um und rannte in Richtung Bäcker. Auf ihrem Gesicht stand sprichwörtlich das Entsetzen und es sagte: ‚Keine Angst! Ich werde dir helfen!’ Somit rannte sie auf den Bäckerladen zu. Noch beim rennen sah sie das Etwas, das vor dem Gebäude war. Doch es war schon zu spät. Sie konnte jetzt nicht mehr bremsen. Sie würde voll hineinrennen. Dort stand das Bäckerhaus. Aber es verschwamm vor ihren Augen. Und sie rannte voll in dieses ‚verschwommene’ hinein. Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber ihre Beine wollten einfach nicht stehen bleiben. Sie gehorchten ihr einfach nicht mehr. Nachdem Tabea in dem Etwas verschwunden war, veränderte sich das Bild und wurde wieder zum alten Bäckerhaus. „Hey! Wach endlich auf!“, rief eine bekannte Stimme und gab Tabea ein paar aufweckende Ohrfeigen. Erschrocken sprang das Mädchen aus einem Bett auf. Ihr erster Blick fiel auf Eugenie. „Eugenie! Ich hab dich schreien hören. Da war auf einmal dieses komische Ding, es verschwamm vor meinen Augen - hat mich aufgesaugt.“ „Das war ein Dimensionsloch, Tabea. Das hat meine Tante geschaffen. Sie ist ein Genie!“, erklärte Eugenie und klang dabei nicht mehr nach dem Mädchen, was Tabea kennen gelernt hatte. Sie zuckte daraufhin zusammen und wich ein paar Schritte von ihr zurück. „Du meinst wohl eine Verrückte! Und du scheinst auch nicht mehr ganz in Ordnung hier oben zu sein“, schimpfte Tabea und tippte sich an den Kopf. Im selben Moment verschwand das Lächeln auf Eugenies Gesicht. „Was meinst du?“, fragte sie. Doch stattdessen auf ihre Frage zu antworten rief Tabea böse: „Wahrscheinlich heißt du gar nicht mal Eugenie. Wer bist du? Und was willst du und deine Tante von mir? Ich will sofort wieder hier raus“, schrie Tabea außer sich. Sie hatte Angst und sehr viel Wut in sich versammelt. Und beides verlangte nach Freiheit. „Tut mir leid. Aber wir können dich nicht gehen lassen“, sagte plötzlich eine Frauenstimme. Vor der Tür erhob sich plötzlich eine Mitte dreizig-jährige Frau und hielt eine Schabe zwischen Daumen und Zeigefinger. „Diese lästigen Biester! Immer sind sie im Weg“, sagte die Frau, und hob sie, zur Überraschung von Tabea, hoch in die Luft und öffnete ihren Mund. Gleich darauf ließ sie die sich windende und zappelnde Schabe in den Mund gleiten. Tabea verzog angewidert das Gesicht. ‚Ich glaub mir wird schlecht’, dachte Tabea und sah gespannt zur Tür. „Gibt es hier noch mehr Kinder oder Leute wie sie?“, fragte Tabea unsicher. „Nein, nur wir drei sind hier. Es gab hier mal viele Kinder, aber die hatten leider ... nicht hier bleiben wollen. Keine Sorge, sie kamen nie hier raus. Ich habe sie zur Strafe alle in den Keller gesperrt“, sagte die Frau und schnappte sich eine dicke Spinne, die an einem Fäden am Fensterbrett hing. Mit ihr machte sie das selbe wie mit der Schabe. Das war Tabeas Chance! „Wie lange ist das her?“, fragte sie und stand vom Bettende auf. „Was her?“, fragte die Frau schmatzend. „Wie lange die Kinder schon dort unten sind? Ohne was zu essen meine ich.“ „Weiß nicht genau, das letzte Kind, ich glaube, es war ein Junge, kam vor sechs Monaten hier vorbei. Das erste müsste vor etwa Fünfzig Jahre gewesen sein, stimmts, Eugi.“ Tabea zuckte vor Schreck zusammen und machte langsame Schritte nach vorn. „Was? Lebt da überhaupt noch jemand?“, rief Tabea angewidert von dieser ekelhaften Frau. „Hast du es noch immer nicht kapiert? Wir sind Geister! Du befindest dich hier in einem Geisterdorf. Hier gibt es keine Kinder, deshalb fangen wir sie uns“, fing die Frau an und suchte wieder nach Kriechtieren. „Sie haben sie alle getötet!“, rief Tabea mit tödlicher Schärfe. „Nein! Sie wollten nicht auf mich hören. Und Kinder muss man nun mal bestrafen.“ „Sie sind vollkommen verrückt! Gehen Sie zu`nem Gehirnklempner. Aber der könnte Ihnen sowieso nicht helfen. Sie sind und bleiben verrückt. Und du auch, Eugenie!“, schrie Tabea vor Wut. Diesen Moment, der Erstarrung der beiden, nutzte Tabea und rannte so schnell sie ihre Beine tragen konnten aus dem Zimmer. Nach wenigen Sekunden reagierten die beiden und hechteten ihr nach. Doch Tabea war schneller. Sie rannte verzweifelt die Gänge entlang und versuchte angestrengt den Ausgang zu finden. Doch das Haus war wie ein Labyrinth. Überall verzweigten sich Gänge in andere. Tabea wurde fast verrückt vor Ungeduld. Plötzlich tauchte vor ihr Eugenies Gesicht auf. Erschrocken stoppte sie und wollte in der anderen Richtung verschwinden. Doch da stand plötzlich die Frau, mit wütendem Gesicht, vor ihr und packte sie. Beide schleppten sie in das Zimmer zurück und verließen wieder den Raum. Doch bevor die Frau den Raum verließ drehte sie sich noch mal grimmig zu Tabea um. „Weil du weggelaufen bist, bekommst du heute kein Abendbrot“, schloss die Frau und ging hinaus. Nachdem sie verschwunden war rannte Tabea zur Tür und rüttelte an der Klinke. Die Tür war abgeschlossen. Hastig rannte sie zu den Fenstern. Die waren auch alle verrammelt und verriegelt. Und zwar durch Bretter. Tabea hatte nun keine Chance mehr zu fliehen. Heute nicht mehr. Was würden wohl ihre Eltern sagen, wenn sie nicht nach Hause kam? Tabea hatte schreckliche Angst. Fröstelnd zwang sie sich in den Schlaf. Am nächsten Morgen wurde sie glatt aus dem Bett geprügelt. Die Frau zerrte sie einfach raus und sperrte sie im Bad ein. Dort sollte sie sich waschen. Nach ein paar Minuten klopfte jemand zaghaft an die Tür. „Bist du schon fertig?“, fragte eine Kinderstimme. ‚Das ist Eugenie!’, dachte Tabea. „Ja!“, rief sie. Die Tür wurde aufgeschlossen und Eugenie begleitete Tabea zum Frühstückstisch. Darauf standen nur Gemüsesachen. Und warme Milch. ‚Das ist ja noch schlimmer als bei uns’, dachte sie und schielte zur Terrassentür. Sie war nicht ganz zu. Vielleicht ... „Iss! Und drink! Du bekommst nur zwei Brothälften und ein Glas Milch, verstanden!?“, rief die Frau grimmig. „Ja ja!“, rief sie mürrisch zurück. Plötzlich starrte die Frau Tabea unentwegt an. „Was denn?“, rief sie schroff. „Warum trägst du deinen Rucksack überall mit hin?“ „Das kann Ihnen doch egal sein!“, schrie Tabea und sprang auf. Die Frau und Eugenie sprangen auch auf. Jetzt oder nie! Tabea sprintete zur Terrassentür, warf sie auf und rannte ins Freie. Sie hatte es fast geschafft - hatte schon fast den Hügel erreicht. Doch da hielt plötzlich jemand ihren Rucksack fest. Es war Eugenie. Sie zog und rüttelte an ihm. „Lass los, Eugenie! Lass los!“, schrie Tabea und sah die Frau auf sich zu kommen. Mit letzter Kraft löste sie sich aus den Fängen der Verrückten und floh auf den Hügel. Sie drehte sich beim Laufen noch mal kurz um und erstarrte. Eugenie - Die Frau – Verschwanden ... Sie lösten sich einfach in Luft auf. Und das Dorf verschwand ebenfalls. Alles löste sich vor ihren Augen in Luft auf. Was war das bloß? Hatte Tabea nur geträumt? Ging das unheimliche Dorf nur bis hierher? Hatte sie den Bann gelöst? Diese Hexe besiegt? Sie wusste es echt nicht. Aber eins wusste Tabea genau: „Jetzt aber schnell nach Hause!“ Aber was Tabea nicht wusste ... hinter ihr bildete sich ein dunkler und Angst erfüllender Nebel in dessen Zentrum sich eine schwarze schemenhafte Gestalt zu bilden schien und seine hässlichen Klauen nach der ahnungslosen Tabea ausbreitete ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)