Schatten von -Snowdrop- (NEUES KAPITEL IST ON!) ================================================================================ Kapitel 6: Heute vor zehn Jahren -------------------------------- Abgefahren Wie viele Jahre es nun schon her ist? Ich weiß es nicht mehr. Irgendwann habe ich aufgehört sie zu zählen, Um mir nicht noch tiefer in meine Wunden zu schneiden. Doch vergessen werde ich dich nie. Nein, deshalb lebe ich ja schließlich noch. Um jeden Tag in Qualen zu durchleben, Um meine gerechte Strafe zu erhalten. Wenn ich darüber nachdenke, Du hast mich nie gemocht. Im Gegenteil! Du hast mich gehasst. Das hast du mir ja oft genug Mit deinen harten Worten zu verstehen gegeben. Immer und immer wieder hast du es mir gesagt, Und doch konnte ich nicht loslassen. Ja, ich habe dich geliebt. Aber meine Liebe war eine einzige Qual Mein Leben hätte ich für dich gegeben, Durch die Hölle wäre ich gegangen, Ans Ende der Welt wäre ich dir gefolgt, Wenn du mich nur gelassen hättest. Wenn du meine Gefühle zugelassen hättest. Aber das hast du ja nicht. Was bin ich doch naiv gewesen! Dir gab ich mein ganzes Glück, Dir gab ich mein Lachen. Und ich dachte, Dass wir während der langen Zeit Tatsächlich Freunde geworden wären. Wir drei. Doch wie es scheint, Hast du uns nie als Freunde angesehen, Eher als Klotz am Bein. Ja, mehr waren wir nicht für dich. Und obwohl wir uns so nah waren, Waren wir uns doch gleichzeitig fern. Deshalb hast du dich auch nicht darum gekümmert, Wie wir uns gefühlt haben, als du fortgingst und unser Team im Stich ließt. Fortgingst, um stärker zu werden. Doch für dich hieß Stärke etwas vollkommen anderes als für uns. Für dich hieß Stärke Die Leute, die zu dir gehalten haben, Umzubringen. Was für ein Narr du doch gewesen bist! Und du hast kein einziges Mal zu uns zurückgesehen. Ich weiß noch genau, Dass in dieser Nacht der Vollmond schien, So als ob er deinem Herzen Licht spenden und mich trösten wollte. Doch dir war alles egal! Dir war egal, welchen Preis du für diese Stärke zahlen musstest. Dir war egal, wie tief du uns verletzt hast. Wie schwach du doch warst! Wäre auch nur ein Funken Stärke in dir gewesen, Wärest du bei uns geblieben Und hättest deinen Hass zügeln können. Ich weiß, dass du dich genauso nach Liebe gesehnt hast wie jeder andere. Ich habe es an deinem Blick gesehen. Ich wusste zwar nicht, wohin dich deine Gedanken trugen, Doch ich wusste, dass dir die Liebe fehlte. Aber ich war doch da! Du hättest dich nur umsehen müssen, Den Blick etwas vom Boden heben müssen Und schon hättest du mich gesehen, Bereit dir jeden deiner Wünsche zu erfüllen. Ich habe jahrelang darauf gewartet, Dass du mich endlich ansehen würdest, Doch stattdessen hast du dich immer mehr von mir entfernt, Sodass ich in einem dichten Nebel verschwunden bin. Hilflos weinte mein Herz im Stillen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, Denn ich hatte nun verstanden, Dass es keinen Platz für mich in deinem Herzen gab. Wie hilflos und verzweifelt ich mich gefühlt habe, Als du einfach gegangen bist. Und doch konnte ich dich nicht loslassen, Konnte dich nicht einfach gehen lassen. Auch wenn dadurch die riesige Wunde, Die du mir zugefügt hast, Niemals heilen wird. Auch wenn ich ewig an meinem gebrochenem Herzen leiden werde. Ich konnte dich nicht einfach so gehen lassen! Nicht dich, den ich so geliebt habe. Es gibt nichts, dass ich nicht tun würde, Um deine Stimme noch einmal zu hören Oder in deine Augen zu sehen. Nichts, dass ich nicht tun würde Um eine zweite Chance zu erhalten. Ich wünschte, Ich könnte dich nur noch einmal in meine Arme schließen Und die Sehnsucht nach dir in meinen Augen verbergen, Die sich immerzu mit neuen Tränen füllen. Obwohl ich schon längst keine Tränen mehr haben sollte, Weinen sie noch immer. Sie weinen um dich, Genauso wie mein Herz es tut. Noch heute frage ich mich, wie es passieren konnte. Wie wir uns soweit voneinander entfernen konnten. Wie aus Kameraden Feinde wurden. Wir haben den falschen Zug gewählt. Jeder einen anderen. Und alle fuhren sie aneinander vorbei, In verschiedene Richtung. Doch es gibt keine Rückfahrt für uns. Der Weg führt nur noch nach vorne. Die Zeit bleibt weder stehen, Noch lässt sie sich zurückdrehen. Der letzte Zug ist schon lange abgefahren. Ohne uns, Denn wir haben ihn verpasst. So wurden wir Feinde, Obwohl ich dich noch immer liebte Und er in dir seinen besten Freund sah. Wir standen auf zwei verschiedenen Seiten, Für die eine Schlacht unvermeidlich war. Diese Schlacht war die Schlacht, In der unsere Träume aufeinander trafen. Jeder kämpfte für seinen eigenen Traum. Und obwohl ich wusste, Dass mein Traum nie Wirklichkeit werden würde, Habe ich dennoch gekämpft. Es war alles unausweichlich, Es lief im Endeffekt darauf hinaus, Dass wir uns wieder gegenüberstanden. Auge in Auge. An diesem Tag, An dem sich der Himmel blutrot färbte, Habe ich solange wie noch nie in deine Augen geblickt. In deine pechschwarzen und eiskalten Augen. Er hatte mir gesagt, ich solle nicht aufgeben und gelächelt. So wie er gelächelt hat, Als du ihn getötet hast, Ihm auf brutalste Weise dein Schwert in die Brust gerammt hast. Er war blutverschmiert und doch hat er gelächelt, Als er zu Boden fiel. Damals habe ich um ihn geweint. Weil du ihn getötet hast, Obwohl er an dich geglaubt hatte, Obwohl er dich nur zurückbringen wollte. Zurück zu mir... Doch du hast ihn getötet, Sein Vertrauen missbraucht. Ich saß neben ihm, Als er mir erneut sagte, dass ich nicht aufgeben dürfe, Mit einem schwachen Lächeln im Gesicht. Ich hielt seine blutbefleckte Hand, Als er seinen letzten Atemzug aushauchte. Ich schloss ihm für immer die Augen. Meinem besten Freund, Der sich auch als deiner gesehen hatte. ... Heute noch kann ich dein warmes Blut an meinen Händen spüren. Heute noch sehe ich dein blutverschmiertes Gesicht vor mir, Mit vor entsetzten geweiteten Augen. Heute noch kann ich den kühlen Regen, Der sich mit dem Blut der Toten mischte, Auf meinem Körper spüren. Der Himmel hatte um sie geweint - Aber vor allem hatte er um euch geweint. Und ehe ich überhaupt richtig wahrnahm, Was ich dir angetan hatte, War es auch schon zu spät. Auch du bist an jenem Tag in meinen Armen gestorben. Das was ich getan habe, Werde ich mir nie verzeihen. Du warst die Person, Die ich abgöttisch geliebt habe und immer noch liebe. Und doch habe ich dich getötet, Mit meinen eigenen Händen. Ich weiß, dass es meine Pflicht war, Den Feind zu töten. Aber dich wollte ich nie verletzen. Niemals! Und doch habe ich es getan Und diese Erinnerung zerreißt mein Herz immer wieder auf´s Neue. Wieviele Tränen habe ich schon vergossen, Wieviele Qualen durchlitten? Allein der Klang deines – eurer – Namen schmerzt. Doch ich werde weiterleben und nicht zu euch gehen. Das habe ich ihm versprochen! Ich werde nicht aufgeben. Auch, wenn unser Team schon längst nicht mehr besteht. Auch, wenn ich die einzige von uns dreien bin, Die noch am Leben ist, So werde ich nicht aufgeben. Ich werde euch beide in meinem Herzen weiterleben lassen. Zudem muss ich weiterleben, Um für meine Schuld zu büssen. Und auch wenn ich jeden Tag höllische Schmerzen erleide und Tränen vergieße, So werde ich nicht den leichteren Weg nehmen Und alldem ein Ende bereiten. Denn das wäre feige! Diese Schmerz ist das Einzige, was uns noch verbindet, Alle anderen Ketten, die uns einst verbanden, Sind schon längst in einem blutroten Meer versunken. Und sie werden nie wiederkehren. Nie wieder! Die Träume, die ich nun träume, sind dunkel und kalt. Es gibt nur noch Tränen in meinem Leben, Denn das Lachen habe ich schon lange verlernt. Ich fühle, wie ich innerlich jeden Tag mehr zerbreche, Doch ich will es mir nicht eingestehen. Stattdessen will ich mich einfach nur verstecken, Weil ich euch so vermisse. Könnte ich doch nur die Zeit zurückdrehen, Zurück zu den unbeschwerten Jahren, Die wir miteinander verbracht haben. Doch die Räder der Zeit halten nicht an. Nicht für mich und nicht für uns. Ich kann nichts dagegen tun. Diese verdammten Räder drehen sich einfach nur weiter. Ihnen ist egal, wie ich es mir dabei geht. Ihr bleibt stehen und ich gehe weiter, Bis ich euch eines Tages nicht mehr sehen werde, Wenn ich mich umdrehe. Doch das will ich nicht! Ich will euch nicht vergessen Und deshalb blicke ich dem nächsten Morgen nur mit Trauer entgegen, Denn alles andere wäre Verrat an euch. Es gibt keine größere Sünde mehr, Die ich noch begehen könnte, Denn ich habe sie ja schön längst begangen. Hätten wir es verhindern können? Hätten wir den Lauf des Schicksals ändern können? Vor allem aber: Hätten wir es getan, wenn wir gewusst hätten, wie es endet? Fragen über Fragen. Und auf keine werde ich eine Antwort erhalten. Wisst ihr eigentlich, Wie sehr ich euch vermisse? Warum ist es bloss so schwer Lebewohl zu sagen, Wenn es dazu kommt? Warum konnte ich es nicht? Warum bin ich bloss so schwach? Das Licht der Sonne verblasst, Der Vollmond ist schon aufgegangen und es hat angefangen zu regnen. Ich weiß gar nicht mehr, Wie lange ich hier schon stehe, Mit den weißen Rosen in der Hand und dem Blick auf dein Grab gesenkt. Sein Grab ist neben deinem, Ein Strauß weißer Rosen liegt darauf. Meine Kleidung ist schon ganz durchnässt, Doch das macht mir nichts mehr aus. Krank werden kann ich gar nicht mehr, Denn das bin ich schon seit Jahren. Langsam beuge ich mich zu der Marmorplatte herunter, Und lege den Blumenstrauß auf dein Grab. Schnell huscht mein tränenverschleierter Blick zu seinem Grab Und dann zurück zu deinem. Auch ich werde irgendwann hier neben euch liegen. Dann sind wir wieder zusammen, so wie früher. Es wird zwar noch lange dauern, Bis ich meine Schuld abgebüsst habe, Doch mein Herz ist stets bei euch, Wo immer ihr auch seid. Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder. Vielleicht wird es einen Neubeginn für uns geben. Vielleicht werden wir auch über unsere alten Fehler hinwegsehen können. Vielleicht können wir dann frei sein wie der Wind Und einfach mal Gut und Böse vergessen. Vielleicht wirst du irgendwann meine Hand festhalten, wenn ich sie dir reiche. Vielleicht wirst du deinen Blick dann doch heben und uns endlich sehen. Mich, die dich von Herzen liebt, Und ihn, der immer an dich glaubt. Vielleicht können wir dann endlich jeden Tag, der uns geschenkt wird, lieben Und nicht an das Morgen denken. Vielleicht... Doch bis dahin wird noch viel Zeit vergehen. Ich hoffe, Ihr wartet auf mich, In eurem dunklen Meer. Ich hoffe, Dass jede einzelne meiner Tränen eure Wunden heilen kann Und wenigstens etwas Licht in eure Dunkelheit bringen kann. Vorsichtig hebe ich meinen Blick Und betrachte den Vollmond. Immer wenn der Vollmond am Himmel leuchtet, Hinterlässt er ein Gefühl von Einsamkeit in mir. Das wird sich wahrscheinlich auch nie mehr ändern. Der Regen wird stärker und verdeckt meine Tränen. Ich schließe die Augen Und spüre die Regentropfen auf meinen Augenlidern. Jetzt weiß ich wieder, weshalb es regnet. Der Himmel weint wieder, so wie er es vor zehn Jahren getan hat. Denn heute vor zehn Jahren seid ihr gestorben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)