Pain von -akame- (Deep Inside KyoxShinya) ================================================================================ Kapitel 1: Kyos POV ------------------- Kyos POV: Wieder und immer wieder ziehe ich sie über meine sowieso schon total malträtierten Handgelenke. Ihr kaltes Eisen blitzt gefährlich im künstlichen Licht der Badezimmerlampe, aber das stört mich nicht wirklich dabei mich noch mehr zu verletzen und verstümmeln. Es kümmert doch eh niemanden, was ich da gerade tue. Selbst wenn ich einmal zu tief schneiden würde, nicht einmal mein eigener Vater würde es bemerken. Er sieht in mir sowieso nur ein Stück Dreck, das es gerade wert ist es zu verprügeln, wenn er wieder betrunken ist, was nicht selten der Fall ist. Was kann ich denn dafür, dass meine Mutter nach meiner Geburt einfach abgehauen ist und mich kaltherzig bei ihm zurück ließ. Wen wundert es bei solch einem Mann? Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich das tue, denn allein mit den Schlägen meines Vaters käme ich klar. Ich würde eh hier ausziehen, sobald ich volljährig bin. Nun ja, ich bin verliebt! Aber wenn es nur das wäre. Nein! Ich bin unglücklich verliebt, in einen Jungen. Ja, richtig! Tooru Nishimura, auch Kyo genannt, ist schwul. Wenn das mein Vater wüsste, hätte ich sicher nicht mehr lange zu leben und das ist mein voller Ernst! Wie es dazu kam? Naja, es ist nun schon vier Wochen her und passierte so: *Flashback* Mit einem erleichterten Seufzen seitens Kyo entließ ihn die Schulglocke endlich aus dem langweiligen Unterricht. Wie er doch Mathe hasste! Aber das sah man ja schon an seinen Noten. Schnell schulterte er seine Tasche, nachdem er alles eingepackt hatte und machte sich auf den Weg zum Pausenhof, um sich wieder unter den großen Sakurabaum ins Gras zu legen und in Ruhe eine zu rauchen. Doch sein Plan wurde durchkreuzt. Als er sich gerade eine Zigarette anzünden wollte, sah er, wie sich zwei Mädchen aus der Unterstufe gefährlich schnell dem Platz näherten, an dem er saß. Genervt zog er eine seiner Augenbrauen in die Höhe, als sie vor ihm standen. Was wollten die denn von ihm? „Hallo! Ich bin Toshiya und das ist Shinya. Ich hab mich gefragt, was du immer so außerhalb machst und noch so alleine. Ich meine, du bist doch auch ein Visu, genau wie wir, aber das sieht man ja an deinem Aussehen, wie bei uns! Also wollten wir dich fragen, ob du nicht mal mit uns rüber kommen willst. So alleine ist das doch bestimmt voll langweilig und außerdem…!“ „Totchi, Luft holen!“, unterbrach das dunkelblonde Mädchen das blauhaarige Etwas bei seiner kommalosen Erzählung. Aber, Moment mal! Das waren gar keine Mädchen, das waren Jungs! Und genau als der Wasserstoffblonde dies realisierte, machte er ein ziemlich dummes Gesicht. „Also entweder er versteht nur Bahnhof, weil du mal wieder zu viel redest, oder er ist einfach zu geschockt.“, stellte der hübsche Dunkelblonde belustigt fest, als er Kyo anschaute. „Häh?“ Der Blauhaarige verstand mal wieder nichts. „Hast wohl gedacht, wir seien Mädchen. Aber das ist nicht schlimm, das passiert öfter!“, redete Shinya weiter, hockte sich graziös vor Kyo und lächelte ihn leicht an. Kyo blieb der Atem im Hals stecken. So etwas Schönes hatte er noch nie zuvor gesehen, was auch der Grund war, warum er nur ganz langsam nickte. Wieso wusste das engelsgleiche Wesen vor ihm das? Okay, sie sahen echt aus wie vom weiblichen Geschlecht, woran die Miniröcke, die sie trugen nicht ganz unschuldig waren, aber sonst wusste doch auch nie einer, was er dachte. Doch er war wohl so verblüfft gewesen, dass ihm sämtlicher Gesichtszüge entgleisten. Schnell fing er sich wieder, als er bemerkte, wie dämlich er gerade den Jungen vor sich angestarrt haben muss und nahm, um sich zu beruhigen, einen tiefen Zug seines geliebten Glimmstängels. „Ach, falls du das eben nicht mitbekommen hast, Shinya desu.“ Leicht verbeugte sich Shinya, an dem immer noch Kyos Blicke hafteten. Nun setzte sich auch Toshiya ins Gras. „Sag mal, wie heißt du eigentlich?“ „Kyo.“ Normalerweise mied er Kontakte zu anderen und wäre schon längst verschwunden, doch irgendwas hielt ihn zurück. Dieser Shinya war irgendwie komisch, bei ihm fühlte er sich ganz geborgen, als er da so vor ihm hockte. *Flashback Ende* So kam es, dass ich mich dazu durch gerungen hatte zu ihnen zu gehen und sah, dass noch zwei andere, Die und Kaoru, die durch ihre Haarfarben nicht zu übersehen waren und die in meine Parallelklasse gehen, auch zur Clique gehören – und dass Toshiya mit Kaoru zusammen ist. Okay, es ist auch nicht wirklich zu übersehen, da sie jede Pause aufeinander hocken und sich abknutschen. Mittlerweile haben wir auch eine Band, in der ich singen und meine eigen geschriebenen Texte präsentieren darf, auch wenn die anderen, als sie sie zuerst gelesen haben, etwas geschockt über die Brutalität und Grausamkeit, die in meinen Texten herrscht, waren. Es machte wirklich spaß mit ihnen und ich genoss das Leben zum ersten Mal. Doch mit der Zeit verstärkte sich dieses Gefühl, das ich hatte, als ich Shinya das erste Mal sah und bekam Angst, als ich bemerkte, dass dieses Gefühl Liebe war. Ich versuchte es zu ignorieren, doch es gelang mir nicht, es schmerzte ihn jeden Tag zu sehen und zu wissen, ihn niemals haben zu können. Deshalb fing ich an zu ritzen, um mich von dem seelischen Schmerz abzulenken. Nachdem ich der Meinung bin, dass meine Haut an den Armen genug zerfetzt ist, höre ich auf und lege die blutverschmierte Rasierklinge auf dem weißen Porzellan ab. Was für ein Kontrast das Rot zu dem Weiß, das überall in dem Badezimmer dominiert, doch ist. Aber das ist nun egal! Ich blicke hinab auf mein ’Werk’. Ja, der seelische Schmerz verebbt und ich fühle mich wieder besser, erleichterter. Ich lasse das viele Blut, das meinen Arm mit seinen neuen und alten Wunden verstecken zu wollen scheint, vom fließenden Wasser abspülen. Nun kann man deutlich die Schnittwunden sehen. Schnell verbinde ich diese noch, damit ich nicht wieder morgens heimlich mein Bettzeug wechseln muss, nachdem sich dicke, rote Flecken auf dem Laken wieder finden, wenn ich aufwache. Einmal reicht! Als ich damit fertig bin, verlasse ich das Bad und mache mich auf in mein Zimmer, wo ich mich direkt rücklings auf das Bett fallen lasse. Seufzend beschaue ich mir meine Zimmerdecke. Wieso ist mein Leben nur so beschissen? Ich stehe ein letztes Mal auf, um mich bis auf die Boxer auszuziehen. Schließlich lege ich mich unter meine Bettdecke und schlafe ein. Piepsend holt mich der kleine Unruhestifter aus meiner perfekten Traumwelt mit ihm wieder in die knallharte und kaltherzige Realität zurück. Unter stöhnen befreit sich mein Arm aus dem Deckengewirr und bringt das nervende Ding zum Schweigen. Ich habe ja so was von keine Lust auf Schule. Es ist aber immer noch besser, als meinem Herrn Erzeuger über den Weg zu laufen, da der um diese Zeit noch schläft, weil er seinen Job verloren hat und zu faul ist, sich um einen neuen zu kümmern. Es ist mir sowieso ein Rätsel, wie der Mann das ganze Geld für den Alkohol aufbringt. Außerdem würde ich ihn dann wieder sehen. Auch wenn es schmerzt, es ist wie ein Verlangen, das nie gestillt werden kann. Mit diesem Gedanken schlage ich also die Decke bei Seite und stehe auf. Frisch gewaschen, gestylt und umgezogen mache ich mir noch etwas zu essen, bevor ich mir meinen Rucksack schnappe und aufbreche. An der Schule angekommen husche ich schnell über den Schulhof. Ich falle sehr mit meiner blonden Strubbelmähne im schwarzen Meer der Schüler auf. Aber auch meine Piercings und Kleidung, die ganz in schwarz und ziemlich provokant gehalten ist, sind Schuld daran, dass sich die Schüler immer noch nach mir herumdrehen und hinter vorgehaltenen Händen über mich und auch meine neuen Freunde tuscheln. Sie müssten es doch mittlerweile gewohnt sein, dass wir uns eben nicht an die strenge japanische Norm halten und hiermit auch beweisen, dass man nicht immer gleich aussehen muss. Aber ich war es eben gewöhnt und ignoriere ihre Blicke ganz einfach. Ich steuere auf meine Freunde zu, mit einem Blick, bei dem jedes Kindergartenkind ins Koma gefallen wäre. Es ist definitiv zu früh für mich! „Hey Kyo!“, begrüßt mich Die mit abnormal guter Laune. Ich grummele ein „Morgen“ zurück, während ich immer noch meinen Killerblick auf habe. Diese Fröhlichkeit, die das wandelnde, rothaarige Colgategrinsen mal wieder an den Tag legt, ist einfach widerlich. Kami-sama, normalerweise schlafen die Leute um diese Uhrzeit noch!!! Während ich also gedanklich den Erfinder der Schule bis auf den Tod verfluche – obwohl es dafür vielleicht auch schon zu spät ist – fällt mir auf, als ich aufsehe, dass Shinya gar nicht da ist. Wieso ist mir das nicht früher aufgefallen? Scheiß Müdigkeit! Wo wir wieder beim Thema ’früh aufstehen’ und ’Schule’ wären. Damit ich mich nicht noch länger mit diesen abscheulichen Themen herumschlagen muss – und auch um ganz unauffällig zu wissen, was denn nun mit Shin war – frage ich beiläufig, während ich meine Zigarettenschachtel aus meiner Hosentasche fische und mir einen ihrer Glimmstängel anzünde „Wo ist eigentlich Shinya?“ „Hm, keine Ahnung! Der ist doch sonst auch immer der erste, der da ist! Mich hat’s eben auch gewundert, wo der so lange steckt!“, antwortet Kao auf meine gestellte Frage zwischen zwei Zungenspielen mit Toshiya. „Ach, guckt mal! Wenn man vom Teufel spricht!“, mischt sich Die, breit grinsend, in unser Gespräch ein und zeigt in Richtung Schultor. Und da kommt er auch, das engelsgleiche Wesen, das so vor Reinheit strahlt, dass man Angst hat es kaputt zu machen, sobald man es berührt. Allerdings wirkt er ziemlich abgehetzt, als wäre er den ganzen Weg zur Schule gelaufen. Aber diesen Gedanken verwerfe ich schnell wieder, nicht mal Shin schafft es mit solch hohen Schuhen die Strecke zwischen seinem Zuhause und der Schule, die zwar nicht sehr lang ist, bei der man aber trotzdem noch fünfzehn Minuten zu Fuß braucht, zu überwinden. Mit eiligen Schritten kommt er auf uns zu, nachdem er uns entdeckt hat. Angekommen fängt er direkt an sich zu entschuldigen und verbeugt sich tief. „Es tut mir Leid, bitte entschuldigt! Aber meine Mutter hat mich aufgehalten!“, schnauft er, da er immer noch völlig aus der Puste ist. „Dir auch einen guten Morgen! Ist doch nicht so schlimm. Immerhin hat die Schule noch nicht angefangen!“, beruhigte Die ihn immer noch grinsend. „Oh, entschuldigt! Ohayou Gozaimasu!“ Und schon wieder verbeugte er sich und lächelt mich an, sieht dann aber zu den anderen. Kami-sama, der ist so … kawaii!!! Andere Worte passen einfach nicht. Mein Herz klopft ganz wild. Er hat mich angelächelt!!! Kuso, ich höre mich an wie ein verliebtes Schulmädchen. Wie macht der das nur immer? Ich bin doch sonst immer so gefühlskalt, das macht mir Angst!!! Ich nehme noch einen Zug meiner Zigarette damit ich mich wieder beruhige, bevor ich sie auf den Boden schmeiße und zertrete. Ich weiß doch wie empfindlich Shin-chan auf Kippen reagiert. Es klingelt und wir gehen zusammen ins Gebäude, um unseren Wissensdurst zu stillen, der bei mir allerdings schon lange nicht mehr vorhanden ist. Langweilig fällt mir da nur ein! Und genau so ist es. Der Tag geht langsam rum. Zumindest die Zeit in der Schule, oder besser gesagt im Unterricht, zieht sich wie Kaugummi. Aber jetzt ist es ja vorbei, da es vor wenigen Minuten geklingelt hat. Wir stehen noch am Schultor, weil jeder in eine andere Richtung nach Hause muss. „Hey Leute, wie wär’s, wenn wir uns mal wieder im Club heute Abend treffen? Da waren wir schon lange nicht mehr und außerdem war Kyo noch nie mit uns mal auswärts!“, kommt es euphorisch von Kaoru, der Arm in Arm, also wie immer, mit Toshiya an der Mauer gelehnt steht. „Au ja, genau, komm schon Kyo! Heute kannst du doch mal mit kommen!“, versucht mich Toshiya mit seinem berühmt berüchtigtem Bambiblick zu überzeugen, aber ich bleibe standhaft. „Nein, lasst mal! Ich hab nicht wirklich Lust heute! Außerdem hab ich meinem Dad versprochen mit ihm heute einen DVD-Abend zu machen.“ Das ist natürlich gelogen! Mein Erzeuger und ich bei gemeinsamen Aktivitäten, wie absurd! Immer habe ich eine andere Ausrede parat, damit ich nicht mit ihnen weg gehen muss, weil ich keine Lust dazu hab noch mehr blaue Flecken von meinem Vater zu bekommen, da ich mal wieder zu spät nach Hause komme. Außerdem weiß ich nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich mehr als zwei Stunden neben Shinya aushalten müsste. „Ach komm, bitte Kyo! Wir waren noch nie gemeinsam weg.“ Nein! Bitte nicht er auch noch! Shinya, ich weiß nicht wie ich dir widersprechen soll, das schaffe ich einfach nicht. Also stimme ich doch zu. Unfair! Ein Seufzer entrinnt meiner Kehle und wir verabschieden uns. Während ich nach Hause gehe stelle ich mir vor, wie es wohl heute Abend ablaufen wird, hoffentlich betrinke ich mich nicht und plappere munter drauf los, welche Gefühle ich für unseren Chibi hege. Es ist jetzt genau sechs Uhr und in einer Stunde werde ich mich mit den anderen im Cube treffen und die wahrscheinlich peinlichste Zeit in meinem Leben überstehen müssen. Ich könnte mich dafür lynchen, dass ich zugesagt habe, aber bei Shinya kann ich einfach nicht ’Nein’ sagen. Es ist zum Haare raufen! Über dies am Nachdenken stehe ich also im Bad und mache mich fertig, wenigstens will ich gut aussehen. Was bleibt mit anderes übrig? Nachdem ich fertig bin, stecke ich mir noch eine Zigarette an. Ohne die würde ich wahrscheinlich gar nicht überleben. Auch wenn sie nicht gut für die Gesundheit sind – was mich nicht wirklich interessiert, aber vielleicht hat sich da in meinem Kopf ein kleiner Shinya festgesetzt, der mir immer seine besorgten Sprüche mitteilt, wenn ich wieder rauche. Das habe ich in letzter Zeit öfter! – beruhigen sie mich doch ungemein. Nun ja, ich glaube ich sollte mich mal langsam auf den Weg machen, sonst warten die noch auf mich, und genau das tue ich auch. Ganz leise schleiche ich mich wie eine Katze am Wohnzimmer vorbei, damit mich mein Vater nicht erwischt und verschwinde leise aus der Tür. Zum Glück ist der Weg zum Cube nicht besonders lang, denn so habe ich nicht viel Zeit um mir meine Entscheidung nicht anders zu überlegen. Ein enttäuschtes Gesicht von Shinya am Montag würde ich nicht überleben, es würde mir das Herz zerreißen. Ich komme dem Club immer näher und kann auch schon ein knalliges Rot erkennen, das kann nur Die sein! Er scheint mich auch gesehen zu haben, denn just in diesem Moment winkt er mir zu. Als ich vor ihm stehe meint er nur noch: „Na! Die anderen sind schon drinnen. Kao hat mit gesagt, dass ich hier auf dich warten soll, damit du es dir nicht wieder anders überlegst!“ Meine Güte, woher wissen die wie ich denke? „Na komm schon, schlag hier keine Wurzeln und komm rein, es ist saukalt!“ Und schon zieht mich Die am Ärmel meiner schwarzen Bluse, die ich an habe, in den Club und in Richtung einer kleinen Sitzecke, wo die anderen auch schon warten. Shinya sitzt auch dort, er sieht einfach bezaubernd aus! Der enge und vor allem kurze Minirock bringt seine Beine, die er übereinander geschlagen hat, richtig schön zur Geltung und die Seidenbluse steht ihm wirklich gut! Wenn er immer so abends in Clubs rum rennt sollte ich öfters mitkommen! Nein! Aus, Kyo! Sonst passiert noch irgendwas Peinliches. Ich würde ihn doch sowieso nur beschmutzen, diese reine Seele. Er ist zu rein, ich möchte nicht dass er kaputt geht, wenn ich ihn mit meinen Gefühlen bedränge, falls er es jemals herausfinden sollte. Lieber würde ich sterben! Da ist es wieder, dieses depressive Ich, das ich manchmal verfluchen könnte. Ich möchte den anderen doch nicht den Abend vermiesen, indem ich mit traurigem Gesicht einfach nur daneben sitze und so tue, als wäre ich gar nicht da. Aber das kann ich gar nicht, denn Die zieht mich direkt auf die Couch zwischen ihn und Kao, von dem ich auch schon in ein Gespräch über die nächste Bandprobe verwickelt werde. Dass ich dabei nicht neben Shinya sitze beruhigt mich etwas. Denn der sitzt neben Die. Der Abend verläuft auch gar nicht so schlimm, wie ich zuvor gedacht habe. Wir haben viel Spaß und lachen ausgelassen. Für wenige Minuten kann ich sogar den Druck wegen Shinya einfach vergessen. Nun sind auch schon mehrere Stunden vergangen und man merkt, dass der Alkohol seine Spuren hinterlässt. Kao und Toshiya sind eben aufs Klo verschwunden, was die da wohl machen? Ich will’s mir gar nicht vorstellen welche Stellungen sie schon durch haben! In Gedanken schüttle ich den Kopf und schaue rüber zu Die und Shin. Letzterer hat wohl etwas zu viel intus, denn es scheint als würde er schlafen, da er zurückgelehnt auf der Couch sitzt und die Augen geschossen hat. Ich versuche ihn zu beobachten ohne, dass Die etwas bemerkt, da er sich gerade mit mir am Unterhalten ist. Das kommt allerdings nur von seiner Seite, da ich ihm nicht wirklich zuhöre. Plötzlich sehe ich, wie Shinya immer mehr zur Seite rutscht und schließlich seinen Kopf auf Dies Schulter ablegt. Eifersucht keimt in mir auf, als ich sehe, dass Die aufhört zu reden, den Chibi, meinen Chibi, in den Arm nimmt und zärtlich über seine Schulter streichelt. Schnell nehme ich einen Schluck meiner Boody Mary, um mich abzulenken. ’Die sind lediglich dicht, da läuft nichts’, rede ich mir in Gedanken ein. Doch es hilft nichts. Als ich wieder zu den beiden schaue stockt mir der Atem, sie küssen sich. Innig und leidenschaftlich. Die küsst meinen Shinya. Und der erwidert es nur zu gern. Ich glaube mein Herz zerreißt, es springt in tausend Teile, ich sterbe. Ich weiß zwar, dass ich niemals eine Chance bei ihm haben werde, aber es schmerzt. Es schmerzt höllisch. Ich muss hier raus! Schnell springe ich auf und renne, an Kao und Toto, die gerade zurückkommen, vorbei, zur Tür. Der Schock steht mir ins Gesicht geschrieben, denn meine Augen sind immer noch weit aufgerissen. ’Das kann nicht sein! Nicht Shin und Die!!!’, geht es mir ständig durch den Kopf, während ich in Rekordzeit nach Hause renne. Ich merke nicht mal, dass mir Tränen die Wangen runter laufen. Endlich bin ich zu Hause. Ich schwinge die Tür so auf, dass sie gegen die Wand knallt und will in meinem Zimmer verschwinden, als sich mir mein Vater in den Weg stellt. Kuso, den hab ich total vergessen! Aber egal, soll er mich doch wieder windelweich prügeln, dann vergesse ich wenigstens den seelischen Schmerz. Und genau das tut er. „Wie kannst du es wagen einfach abzuhauen? Du hast gar keinen Respekt vor mir! Dafür wirst du büssen du kleines, wertloses Stück Dreck!“, schreit er mir ins Gesicht, nachdem er mich am Kragen genommen, gegen die Wand geschleudert hat und mich nun so fest hält, dass es mir schwer fällt Luft zu bekommen. ’Ja, tu mir weh, ich will sowieso sterben!’, schreit es in meinem Inneren. Diesen Wunsch erfüllt mir mein Erzeuger, als hätte er meine Gedanken gelesen. Er schlägt mir mehrmals ins Gesicht, sodass meine Nase anfängt zu bluten und lässt mich los. Ich falle unsanft auf den Boden und schon folgt der nächste Schlag in die Seite und einige Tritte in die Magengegend. Kein Laut dringt über meine Lippen. Dann nimmt er mich wieder am Arm hoch und schleudert mich gegen den Türrahmen der Wohnzimmertür. Ich will sterben! Keuchend lege ich meinen Kopf genau gegen die Kante, des Türrahmens, sodass mein Kopf zerbersten müsste, sobald er wieder dagegen tritt. „So! Du willst also dein armseliges Leben beenden? Da kann ich dir aushelfen!“, brüllt er und hebt seinen Fuß um mir mit voller Wucht ins Gesicht zu treten. Ich schließe meine Augen, so ist also mein Ende? Wenigstens werde ich nicht mehr leiden! Ein beruhigendes Gefühl überkommt mich. Doch, wo bleibt der Schmerz, da ist nichts. Hat er es sich doch anders überlegt und will sehen wie ich langsam leidend zu Grunde gehe. Unsicher öffne ich meine Augen wieder und sehe… Shinya? Was macht er denn hier? Die anderen sind auch da und kümmern sich um meinen Vater. Shinya bemerkt, dass ich wach bin und fällt mir um den Hals. Weint er etwa? Wegen mir? Das kann nicht sein, er liebt doch Die! Das habe ich eben selber schmerzhaft mitbekommen. „Oh Gott, Kyo! Ich dachte du wärst tot! Ich hatte solche Angst um dich, wir alle!“, schluchzt er während er meinen Kopf vorsichtig zu sich hochzieht und mich fest hält. Er vergräbt sein Gesicht an meiner Schulter. Nun bemerken auch die anderen Shinyas Handeln und auch, dass ich wach bin. Mein Vater ist wohl in Ohnmacht gefallen, kein Wunder, wenn drei Leute gleichzeitig auf ihn losgehen. Er bewegt sich auch nicht, aber das ist mir völlig egal. Mit leeren Augen sehe ich seinen leblos scheinenden Körper an, Shinya hält mich immer noch fest. Es tut so gut. Aber das ist es nicht und darf es auch nicht sein, meine Gefühle drohen mich zu erdrücken, wenn ich an den Augenblick im Club denke. Schon wieder kommen mir Tränen in die Augen. Ich versuche gegen sie anzukämpfen, aber ich bin zu schwach. Ich will doch nicht vor den anderen heulen, besonders nicht vor ihm! Meinem Engel, der nicht mehr mein Engel ist, es vielleicht auch nie war und nie sein wird. Schmerz, das ist das einzige, was ich fühle. Er zittert. „Schnell Totchi, hol einen Krankenwagen! Kyo hat schon viel Blut verloren!“, ruft Kao während er sich zu uns runterkniet und mich besorgt mustert. Shinya und ich sind immer noch am Weinen, warum kann er nicht auf hören. Dann würde es mir vielleicht auch leichter fallen, mich nicht noch mehr vor den anderen zu blamieren. Ich will keine Gefühle zeigen, vor niemanden! Kuso, Shin hör endlich auf zu weinen, es tut mir weh dich so zu sehen, nur wegen mir, einem wertlosem Stück Dreck, das es nicht wert ist zu leben und über es zu trauern! Du beschmutzt dich nur selber! Totchi rennt schnellen Schrittes zum Telefon. „Nein! Kei…nen … Kranken…wagen!“, bringe ich keuchend hervor. ’Lasst mich einfach hier sterben’, will ich noch sagen, aber dafür sind die Schmerzen zu groß. Shinya hebt seinen Kopf, sieht mich erschrocken an. „Kyo, bist du lebensmüde? Du hast schon zu viel Blut verloren! Wir müssen einen Krankenwagen holen!!!“, schreit er mich hysterisch an, immer noch weinend, hilflos. „O-o…nega…i!“, ich bekomme keine Luft, fange an zu husten. Shinya ist mit der Situation überfordert, das sieht man an seinem Gesichtsausdruck. Warum fällt es dir so schwer, dich zu entscheiden, Shin. Lasst mich einfach hier liegen und sterben. Onegai! „Wir sollten ihn mit zu einem von uns nehmen! Das wäre das Beste, glaube ich!“, schaltet sich nun Die ein. Die anderen schauen ihn an, ich schließe erschöpft die Augen. Nein! Ihr sollt mich verrecken lassen, verdammt! Ich mache euch viel zu viele Umstände, ich bin es doch gar nicht wert! Wie oft denn noch? „Er kommt mit zu mir!“, meint Shinya bestimmend, keine Einwände von den anderen. Nein! Bitte nicht Shinya! Ich weiß nicht, wie ich das überleben soll! Iie, onegai! Und schon nimmt mich Die auf den Arm um mich nach draußen zu tragen. Warum hört ihr denn nicht auf mich? Shinya! Plötzlich wird es schwarz um mich. Leicht nehme ich einen mir bekannten Geruch wahr. Es ist so weich und warm, ich fühle mich geborgen. Moment, ich liege in einem Bett! Ich kann das Bettlaken unter meinen Händen fühlen. Wie kann das sein, ich bin doch tot! Oder doch nicht? Aber wo bin ich? Nur langsam, wie eine zähe Masse kommen mir wieder die Geschehnisse von eben in den Sinn, …aber eben? Wie viel Zeit wohl vergangen sein mag? Vorsichtig öffne ich meine Augen, Schmerz durchdringt meinen Körper. Mit tun mein Magen und die Seite weh! Es ist dunkel, es scheint wohl Nacht zu sein. Ich brauche einige Minuten um durch das spärliche Licht zu erkennen, dass ich in Shinyas Bett liege und … Er neben mir?! Oh, Scheiße! Ich liege neben Shinya… in seinem Bett!!! Er sieht so friedlich aus beim Schlafen, so schön! Ich versuche aufzustehen und unter Schmerzen gelingt mir das auch. Mein Blick fällt auf die leuchtende, digitale Anzeige von Shinyas Wecker. 3.42Uhr, schon so spät? Egal, ich stehe auf und gehe langsam zur Tür, mein Vater hätte auch etwas sanfter sein können. Diesmal ist es richtig schlimm! Leise mache ich die Tür auf, damit ich Shin-chan nicht aufwecke und schlüpfe hindurch. Genauso wie durch die Wohnungstür. Immer noch humpelnd besteige ich den Fahrstuhl und fahre in die Oberste Etage. Die Türen öffnen sich schnell, als ich angekommen bin, jetzt muss ich nur noch die Treppe hinauf gehen und schon bin ich auf dem Dach. Genau das tue ich auch. Langsam mache ich die schwere Eisentür auf und trete in die Nacht hinaus. Es ist sehr windig und die Klamotten, die ich immer noch anhabe, halten mich nicht wirklich warm. Aber das macht nichts. Ich werde gleich sowieso nichts mehr von der klirrenden Kälte spüren. Mit vorsichtigen Schritten gehe ich näher zum Rand des Daches, zum Glück ist kein Geländer da, sonst müsste ich auch noch mit den Schmerzen klettern! Ich sehe hinunter, das Haus müsste ungefähr 20 Stockwerke besitzen, wenn ich also hier runterspringe, dürfte unten nicht mehr als ein kleiner Matschhaufen von mir übrig sein. Auf Schönheit habe ich eh nie geachtet, Hauptsache es geht schnell! Es tut mir leid Shinya und auch die anderen, bitte trauert nicht um mich! Ich breite meine Arme aus, will mich fallen lassen, als ich ein Geräusch hinter mir vernehme. „Kyo, was machst du da?“, dringt Shinyas hysterische Stimme an mein Gehör. „Warum bist du gekommen, ich wollte dir den Anblick ersparen, sonst wäre ich aus deinem Zimmerfenster gesprungen!“, entgegne ich ihm kühl. „Nein, bitte! Das darfst du doch nicht machen. Du bist so egoistisch! Was ist mit uns, was ist mit mir?“, du weinst, das höre ich an deiner Stimme. „Was mit dir ist, fragst du? Du hast doch Die, was soll da mit dir sein? Ihr werdet nicht um mich trauern, denn ihr habt ein glückliches Leben. Ich hingegen nicht. Das, was in unserem Haus vorgefallen ist, das, was ihr gesehen habt, das passiert jeden Tag! ...“ „Ritzt du dich deshalb?“, unterbricht er mich. Geschockt drehe ich mich herum. „Ja, ich weiß davon! Ich habe es einmal gesehen, als der Ärmel deines Pullovers bei einer Bandprobe nach oben gerutscht ist! Ich wollte dich auch drauf ansprechen, aber es hat sich nie die passende Gelegenheit geboten.“, er blickt nach unten, er weint immer noch. „Warum weinst du?“, frage ich ihn. „Na weil ich nicht will, dass du stirbst! Ich könnte nicht leben ohne dich!“, schreit er mich an. Habe ich richtig gehört? Ohne mich könnte er nicht leben, aber das hieße dann doch…! „Shinya, es ist zu spät! Du kannst mich nicht mehr aufhalten! Außerdem liebst du doch Die!“ „Nein, tue ich nicht! Das vorhin war nur ein Ausrutscher, ich hatte zu viel Alkohol getrunken und gedacht du seiest es, der mich küsst.“, Shinya wird immer leiser. „Es ändert aber nichts an der Situation, selbst wenn ich dich auch liebe! Es ist zu spät!“, ich drehe mich wieder herum. „Nein, Kyo halt! Wenn du mich doch auch liebst, können wir doch glücklich werden! Bitte wirf dein Leben nicht weg! Onegai Kyo onegai!“ Shinya fleht mich an, ich höre Schritte hinter mir. Eigentlich will ich ja gar nicht sterben, nicht nach seinem Geständnis, aber ich habe schon immer alles durchgezogen und dieses Mal werde ich auch keinen Rückzieher machen! Plötzlich legen sich zwei Arme um meinen Bauch. Shinya zieht mich sanft vom Rand weg. Er schluchzt immer noch unentwegt. „Bitte nicht, Kyo! Tu mir das nicht an!“ Ich kann nicht mehr, ich lasse meinen aufkommenden Tränen freien Lauf und drehe mich um. Shinya nimmt mich in den Arm und wir beide lassen und auf dem Boden nieder, schluchzend und uns fest haltend. Nach einigen Minuten, in denen wir uns beruhigt haben lockert Shinya seinen festen Griff um mich um mir in mein Gesicht zu sehen. Sanft streichelt er meine Tränen weg, was ich bei ihm auch tue. Wir sehen uns tief in die Augen und kommen uns immer näher. Plötzlich berühren sich unsere Lippen, ein Feuerwerk bricht in mir aus, so weich! Verlangend nach mehr lecke ich ihm über die Lippen und er gewährt mir den Einlass in sein Territorium. Ich ziehe ihn näher zu mir und beginne seine Zunge leicht zu necken. So geht es immer weiter, bis wir uns schwer atmend von einander lösen müssen. Wir sehen uns glücklich an, Kami-sama, du bist so schön Shinya! Ich nehme ihn wieder in den Arm, er schmiegt sich an meine Brust und flüstert: „Ai shiteru, Kyo, ai shiteru!“ “Ai shiteru mo, Shinya!” Hiermit wurde der schlimmste Tag meines Lebens mit seinem Geständnis zum schönsten Tag. O*W*A*R*I Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)