Himmel und Erde von Idhren (nur Regen verbindet) ================================================================================ Prolog: -------- ~*~*~*~ Auch wenn ich kein begnadeter Coldplay-Fan bin, habe ich zu diesem Prolog viel das Lied "Fix You" gehört sowie das wunderschöne X-Theme "Sadame", beides passt meiner Meinung nach ganz gut. Dazu möchte ich bitte noch sagen, dass dies (wie immer bei mir) eine fiktive Geschichte ist mit keinerlei historischen Bezügen oder Bezügen zu realen Personen, sehe aber persönlich meine Figuren als Japaner/innen vor mir (das sage ich jetzt auch nur, weil ich hier ausnahmsweise keinerlei Beschreibungen der Charaktere innerhalb der Story gegeben habe). Und nu - viel Spaß! ~*~*~*~ Ich konnte seine Anwesenheit spüren. Ich war nicht in der Lage, mich umzudrehen, aber ich wusste, dass er da war. Hätte ich versucht, das stetig prasselnde Geräusch des Regens auszublenden, so wäre sein Atem hörbar gewesen. Mein Herz schien nicht aufhören zu wollen, mir das Blut im Galopp durch die Adern zu pumpen, doch auch wenn ich es kaum aushielt, zwang ich mich dennoch, mich nicht umzudrehen. Trotzdem sah ich das Bild vor mir, sein Bild, das mir zeigte, wie er da hinter mir stand. Seine Waffe locker in der rechten Hand, die Augenbrauen zusammengezogen, jede Faser seines Körpers angespannt – wenn es auch nicht so aussah -, darauf wartend, dass ich mich endlich umdrehte und ihm mein Gesicht zeigte. Sein Atem musste in der kalten Luft sichtbar sein. Es schnürte mir die Kehle zu und machte meinen Mund trocken, doch ich ballte die Hände zu Fäusten und drehte mich nicht um. Der Regen fiel unaufhörlich auf uns nieder, ich weiß nicht, wie lange ich dastand und lauschte, ob er endlich umkehrte, den Weg, den er gekommen war, zurückging. Aber alles was ich hörte, alles, was ich wahrnehmen konnte, war wie die unendlich vielen Wassertropfen unaufhörlich auf die Blätter der Bäume aufkamen und dort in kleine Perlen zersprangen. Durch die Wolken war der Tag schon recht dunkel für einen Nachmittag, doch ich konnte die Sonne trotzdem hinter den Schwaden sehen, eine breite Sichel im Südwestem, nicht weit über einer Baumkrone. Was sollte ich nur tun? Ich konnte mich nicht zu ihm umdrehen, wie hätte ich dann meinen Plan fortführen können? Aber konnte ich ihn und alles was war einfach so hinter mir lassen? Er wartete noch immer… Die Sonnensichel wurde schmaler, während wir noch immer da standen ohne uns zu rühren. Nur das Wasser, das aus unseren Haaren, der Kleidung und von den Nasen tropfte, machte mir klar, dass diese Szene nicht in der Zeit eingefroren war und wir nicht ewig so stehen bleiben konnten. Es wurde dunkler, und ich hob den Kopf zum Himmel, schloss die Augen und fühlte mich seit langem das erste Mal wirklich lebendig und frei, wenn auch eine Kette, die mich fesselte, noch nicht gesprengt war. Dass das Licht jedoch mitten am Tag erstarb und es langsam Nacht wurde, trieb eine Erkenntnis tief in mein Bewusstsein: Die Zeit des Umbruchs war jetzt, und wenn auch alles um mich herum sich änderte, so würde ich doch stets den Wunsch verspüren, meinen Weg zu gehen, der von hier wegführte. Jetzt, nicht morgen, so sehr es mich auch innerlich zerriss… Tief in meinen Gedanken versunken war ich für einen Augenblick vollkommen allein im Regen, nichts war da, was ich hätte wahrnehmen können. Dann aber legten sich warme Arme auf meine kalte, nasse Haut, er hatte sich hinter mich gestellt und mich umarmt. Ich biss mir auf die Lippe. Er hatte nach der imaginären Kette gegriffen und sie festgehalten. Meine Augen begannen, heiß zu werden. Sein Atem war leicht zu hören, als er mich an sich drückte. Nicht fest, nein, es war ein sanftes Halten, das es mir noch schwerer machte. Ich wollte heraus schreien, was er mir damit antat, wollte mich umdrehen und ihn ohrfeigen, damit er endlich begriff, wollte mich losreißen und weglaufen, wollte laut heulen und ihn sehen lassen, wie ich litt, wollte ihm weh tun, damit er mich hasste und ich gehen konnte. Doch ich blieb stumm. Ich tat nichts. Die Tränen liefen mir heiß über die Wangen, aber ich konnte mich nicht wehren gegen das, was er tat, was er mir antat. Als das Tageslicht endgültig erstarb hauchte er meinen Namen. Mitten in der Nacht, die es am Tag geworden war, fehlte mir alle Kraft, auch nur einen Finger zu rühren. Ich wollte fallen, denn ich wusste, dass er mich auffangen würde. Er drehte mich sanft um, zog mich an sich, sah mir kurz in die Augen und küsste mich innig. Weinend schloss ich die Augen, dennoch ließ ich es geschehen. Wie auch sollte ich auch etwas entkommen, nach dem ich tief in meinem Inneren verlangte? Aber ich spürte seinen starken Körper an meinem zitternden, seine warmen Hände auf meiner kalten Haut und wusste, dass wir einander nicht vergessen könnten, aber auch nicht miteinander leben durften. Ich erwiderte seinen Kuss, der Regen und die tiefe Nacht als einzige Zeugen der Liebe, die ich aufgeben musste. Langsam, ohne dass ich verlangte, löste ich mich von ihm und legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. „Du musst mich ziehen lassen“, flüsterte ich flehend und wagte es nicht, ihn dabei anzusehen, aus Angst, er könne in meine Seele blicken und die Sehnsucht darin entdecken, die ich auch vor mir zu verbergen versuchte. „Lass mich ziehen. Halte mich nicht länger – zeige mir, dass du mich liebst, so sehr, wie ich dich liebe.“ Die letzten Worte hauchte ich ihm ins Ohr, dann stieß ich ihn sanft weg und ging den Pfad, auf dem ich endlose Augenblicke gestanden hatte weiter. Die Kette war gerissen, doch wir hielten beide einen Teil von ihr in den Händen. Als der Tag wieder erwachte und das Licht zunahm verschwand ich zwischen den Bäumen, er aber sah mir nach und stand weiter auf der Lichtung im Regen, der langsam, ganz langsam weniger wurde. Er griff nach seiner Waffe, die er hatte fallen lassen, drehte sich um und ging zurück. Mit einer unbeschreiblichen Sehnsucht im Herzen fasste er einen Entschluss, von dem ich erst Jahre später erfahren sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)